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Justine Dupont

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Simone Ashley

Simone Ashley

Sie hat Angst – und kein Problem damit. Die beste Big-Wave-Surferin der Welt weiss, sie bewegt sich in einem Bereich, in dem Instinkte überlebenswichtig sind.

The Red Bulletin: Bei der Big Waves Challenge 2023 wurdest du als Surferin des Jahres und für den besten Ride ausgezeichnet. Du hältst den Weltrekord für die grösste Welle bei den Frauen … Bist du die mutigste Frau auf dem Planeten – und im Ozean?

Justine Dupont: Das glaube ich nicht. Ich trainiere hart, um diese Wellen reiten zu können. Ich geniesse es sehr, auch wenn ich von Zeit zu Zeit Angst habe, wie jeder andere Mensch auch. Ich versuche, meine Fähigkeiten maximal zu nutzen.

Wie vergangenen Jänner in Kalifornien bei Cortes Bank, wo du eine 22 Meter hohe Welle gemeistert hast?

Bis heute der beste Surftrip meines Lebens! Alles war perfekt: die Crew, das Wetter, das Abenteuer, die Wellen … Ich hatte die Ehre, mit Lucas Chumbo, dem führenden Surfer in dieser Disziplin, zusammenzuarbeiten. Fred, mein Ehepartner, war für die Sicherheit zuständig. Es war das perfekte Szenario. Ich hätte mir nichts Besseres wünschen können.

Wie überwindest du deine Angst?

Ich ignoriere sie nicht, ich nutze sie. Sie hilft mir, mich auf den Moment zu konzentrieren. Ich achte auf alles im Wasser. Es hilft mir, mit dem Moment verbunden zu sein. Ich spüre das Salzwasser in meinem Mund, ich schaue und höre. Meine Sinne sind wach, und ich bin bereit, zu surfen und mich auf alles einzustellen.

Du sagst, Surfen sei eine Frage der Balance von Kontrolle und Loslassen.

Ich versuche, alles zu meistern, was ich kann. Zunächst ist da die Vorbereitung. Ich trainiere zweimal am Tag: einmal in der Halle und einmal im Wasser. Ich arbeite daran, die beste Ausrüstung zu haben. Das Team und ich tun alles, um das bestmögliche Sicherheitssystem einzurichten. Ich studiere akribisch die Wetterbedingungen an jedem Spot. Ich mache das, damit ich, sobald ich auf dem Brett stehe, rein intuitiv funktionieren kann. Das ist der Moment, in dem man loslässt und zum Tier wird.

Im Jänner hast du deinen Sohn Elio auf die Welt gebracht. Das ist der grösste Kontrollverlust, den es gibt, oder?

Man muss akzeptieren, dass nichts mehr so läuft, wie man es geplant hat. Elio lehrt mich jeden Tag, die Dinge so zu nehmen, wie sie kommen.

Was möchtest du ihm mit auf den Weg geben?

Ich möchte ihm die Lust vermitteln, die Welt und das Leben mit einem Lächeln auf den Lippen und offenem Geist zu erkunden. Wir werden versuchen, ihm verschiedenste Erfahrungen zu ermöglichen und jeden Moment mit ihm zu geniessen.

Dein Begleiter Fred ist auch dein Teamkollege, dein Lebensretter. Er ist es, der dich durch die Wellen zieht.

In letzter Zeit kümmert sich Fred mehr um meine Sicherheit, und andere Surfer ziehen mich an grossen Tagen hinter sich her. Wir haben ein tolles Gleichgewicht gefunden. In Nazaré surfe ich an den grossen Tagen hauptsächlich mit Lucas Chumbo und Éric Rebière, und Fred ist im Wasser, um auf mich aufzupassen. Ich vertraue ihnen. Wenn ich zu einem Spot fahre, den ich nicht so gut kenne, arbeite ich lieber mit einem einheimischen Surfer zusammen, der alle Tricks kennt.

Ich möchte noch einmal auf das Thema Angst zurückkommen. Viele versuchen, sie herunterzuspielen. Wie kommt es, dass du sie anders empfindest?

Ich sehe Angst als meine Verbündete. Man muss sie dosieren. Ein bisschen Angst hilft, wachsam und fokussiert zu sein. Das sind die Momente, in denen ich performe. Ohne Angst bin ich weniger aufmerksam. Vielleicht bin ich sogar zu selbstsicher. Das kann gefährlich werden. Ist Angst zu präsent, ist das ein Alarmsignal. Dann ist es Zeit, sich die richtigen Fragen zu stellen. Es ist auch der Moment, in dem man bewusst genug und vor allem fähig sein muss, umzukehren und auf eine andere Gelegenheit zu warten.

Denn im Zweifelsfall ist dein Gegner, der Ozean, immer der Stärkere?

Der Ozean und die Natur werden immer stärker sein als wir. Ich sehe ihn nie als Gegner. Er ist ein Partner, den ich sehr respektiere. Ich stelle mir gerne vor, dass er mich genauso respektiert wie ich ihn.

Hat sich deine Art zu surfen verändert, seit du Mutter geworden bist?

Ich arbeite hart für die kommende Saison. Eines meiner wichtigsten Ziele ist, eine schöne Welle in Nazaré zu surfen. Ich habe auch die Verantwortung, Elio zu zeigen, dass er eine Kraft ist und dass ich mit ihm in unserem Leben weiterhin Erfolg in meiner Karriere haben kann.

Instagram: @justinedupont33

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