Retroblatt - 3/2018 - Das Vintage-Magazin vom Retrokiosk

Page 1

t t a l b O R T RE

RETRO KIOSK

3/2018

unbezahlbar

retrokiosk.net


Hausarbeit

Damals

URBAN

retro-things

Sowjet-chic

der chronist

Tipp mal wieder

RETRO-Lampen

Volksbad

Impressum: Herausgeber/Redaktion/V.i.S.d.P: Roman Steiner, Stötthamerstr. 12, 83339 Chieming. E-Mail: kontakt@retrokiosk.net, Fax: +49 3222 3945980, impressum.retrokiosk.net. Druck: SPEEDY`S Kopie + Druck Helminger GmbH, St-Georg-Str. 1, 83278 Traunstein. Das Retroblatt ist ein nicht-kommerzielles Projekt. Genannte Marken gehören den jeweiligen Eigentümern. Alle Rechte vorbehalten. Technische Angaben beruhen auf Informationen der Hersteller und sind ohne Gewähr.


Klassisches Fam ilienbild in den 50 er Jahren: Eine vollautomat ische Waschmas ch ine ist noch eine Sensatio n und Stolz der H ausfrau.

in den : Staubsauger sind en Rakete auf Kufen htige Erscheinung uc w ch no en hr 50er Ja uft. atenzahlung geka R it m n de er w d un Bilder: © Unternehmensarchiv Miele, Siemens Historical Institute

Schau mal, Schat z. Paar vor einem Schaufenster mit Staubsaugern, 19 58

Damals eine Bes onderheit: Ein Ges chirrspüler, hier als A uf-Tisch-Gerät. 19 63

Mit voller Freude und vo llem Kühlschrank: Familie mit Einbaukühl schrank. 1960

Hausarbeit

Damals


URBAN Verlassene Orte haben für Urban Explorer eine ganz besondere Anziehungskraft. Die „Urbexer“ sind Gäste bei einem Naturschauspiel. Von Roman Steiner.


Bilder: © Manuela Unterbuchner

Nicht ungefährlich ist es in der Ruine des alten Pumpwerks, südlich des Starnberger Sees. Das Gebäude ist in einem desolaten Zustand: Teile des Dachs fehlen, Sträucher wachsen durch die verbliebenen Fensterrahmen, der Vandalismus zeigt sich an den Resten der Einrichtung. Wie das Internet berichtet, war das Pumpwerk knapp 20 Jahre in Betrieb und versorgte ein Bundesbahnkraftwerk mit Kühlwasser, in den 70er Jahren wurde es stillgelegt. Die einstige Funktion der Räumlichkeiten ist nur noch grob zu erahnen. Und dennoch übt genau dieser Zustand eine besondere Faszination für Manuela Unterbuchner aus. Die 30-jährige Fotografin ist seit sechs Jahren regelmäßig an sogenannten Urbex-Motiven anzutreffen. Urbex, die verkürzte Form von Urban Exploration, steht für das Erkunden und Dokumentieren verfallener und sich selbst sowie der Natur überlassener Orte. Es ist der Reiz des Vergessenen und Unperfekten, der Urban Exploration so interessant macht. Und so studieren immer mehr Stilleben, die ausschließlich die Natur komponiert. Denn Veränderungen am Objekt, Vandalismus oder Diebstahl sind für urbane Entdecker ein NoGo. Alles soll sich selbst und der Natur überlassen bleiben. Und das die spannende Bilder komponiert, beweisen die Bilder von Urbexerin Manuela Unterbuchner. www.manuelaunterbuchner.de


Bild: © wohnform60.ch

Schalt mal den Astronautenhelm an! Weltron-Anlagen aus den 70er Jahren gefallen mit Ihrer runden Form. Das hier gezeigte Modell 2004 gab es auch in weißer und gelber Farbe. Dazu passend gab es zur Erweitung ebenfalls runde Kugellautsprecher.

Bild: © wohnform60.ch

retro-things

Nochmal 70er: Der Volkseigene Betrieb Uhrenwerke Ruhla produzierte in der damaligen DDR diesen poppigen Wecker aus Kunstoff mit mechanischem Werk. Ruhla ist kein Kunstname, sondern eine Stadt in Thüringen mit langer Tradition im Bau von Uhren und bis heute als Uhrenstadt ein Begriff. Den Plastwecker gab es auch in gelb und grün.


sowjet-CHIc Die Sowjetunion gibt es nicht mehr. Aber viele Dinge aus dem damaligen Leben. Einfach und langlebig konzipiert, bunt und auf eigene Art charmant. Einige Dinge von einst finden jetzt Ihren Weg in den Alltag zurĂźck oder sind es wert, ihn wieder zu finden. Von Roman Steiner.


Yantar, Wostok, Raketa und Co. Zahlreiche, meist mechanische Uhren wurden in der Sowjetunion gebaut, einige Firmen bestehen bis heute. Uhren der Marke Wostok wurden meist für das Militär produziert und zeigen oft militärische Zifferblatt-Motive. Raketa-Uhren aus St. Petersburg - der Name Raketa wurde zu Ehren Juri Gargarins gewählt - haben den Ruf, äußerst zuverlässig zu sein. Klassische Elemente mit bunten Farben hat man bei der Tischuhr der Marke Yantar (Bild) kombiniert.

Roly-Poly-Figur Generationen von Kindern wurden mit dieser Figur, der „Nevalyashka“ (Die, die niemals liegt) groß. In verschiedenen Größen, Farben und Erscheinungsformen wippen die Stehaufmännchen, wenn Sie angestupst werden. Je nach Modell erklingt beim Wippen auch eine Klingel im Bauch der Figur, ehe sie in Ihre stehende Position zurückkehrt. Die klassische „Nevalyashka“-Figur gibt es bis heute. Sie hat nichts von Ihrer Anziehungskraft bei den kleinen Spielpartnern verloren.

Matrjoschka Viele haben sie beim Gedanken an Russland mit als erstes vor dem geistigen Auge: Die eiförmigen Holzpuppen, bunt bemalt und ineinander schachtelbar. Heute gibt es das beliebte Souvenir in den unterschiedlichsten Varianten, sogar satirische Matrjoschkas mit Politikergesichtern erscheinen inzwischen. Die klassischen Figuren aus der Sowjetzeit sind zwar auch bunt, aber meist hinsichtlich der Farben nicht so grell wie ihre heutigen Nachfahren.

Bilder: © HarlanVintageStore

Raketenstolz Zum Start der Rakete „Wostok“ erschien 1961 diese Skulptur. Solche Statuen gab es vor allem nach dem Erfolg der „Sputnik“-Rakete. Der kalte Krieg trieb Ost und West an, sich mit Ihren Raumfahrtprogrammen zu messen. Entsprechend stolz war man über eigene Erfolge.


Olympia 1980 Die Olympischen Sommerspiele fanden 1980 in Moskau statt. Während der Westen die Spiele boykottierte, waren diese für die Sowjetunion und Ihre Bruderstaaten die Möglichkeit, sich in der Propaganda auch durch den sportlichen Wettbewerb intensiv darzustellen. Entsprechend der beigemessenen Bedeutung dieser Olympiade erschien eine Vielzahl von Gegenständen in Olympia-“Branding“. Von der Fotokamera bis zur Milchkanne, von Abzeichen bis zum Notizbuch.

Drück Genosse! Ein Beispiel für die meist einfache aber langlebige Konstruktion ist diese DynamoTaschenlampe aus den 70er Jahren, die noch heute funktionsbereit ist. Das meist schlichte, der Funktion untergeordnete Design macht heute viele Gebrauchsgegenstände kommunistischer Produktion für Retro-Fetischisten so interessant. Die zweckmäßige Gestaltung hat Ihren eigenen Reiz und lässt sich zudem einfach reparieren.

Nadia Harlan war schon in der Schule von historischen Dingen fasziniert. Das Sammeln alter Gegenstände wurde zu Hobby und Leidenschaft. Die Ukrainerin ist regelmäßig auf Ausstellungen und Auktionen unterwegs, immer auf der Suche nach alten Objekten, möglichst mit besonderer Geschichte. Als Nadias Wohnung eines Tages mehr und mehr einem Museum glich, war es Ihre Tochter, die sie auf die Idee brachte, einen Shop für Ihre „Vintage Things“ zu eröffnen. Eine erfolgreiche Idee. Nadias Stücke, meist aus den 50er bis 80er Jahren der ehemaligen Sowjetunion finden Ihre Liebhaber. Über das Internet gehen alte Uhren, Radios, Spielzeug aber auch Alltagsgegenstände wie Milchkannen oder Wasser-

kocher in die ganze Welt. Stilsicher findet Nadia dabei die Dinge, die ein authentisches Vintage-Feeling versprühen. Des öfteren wird Sie gezielt angefragt, einen ganz bestimmten Wunsch zu erfüllen, etwas Besonderes zu finden. Meist gelingt Nadia dies. Ihr geübtes Auge erkennt Nachgemachtes schnell. Auch weiß Sie, wo Sie zu suchen hat. Für die Kieverin ist es immer noch etwas Besonderes, Ihr Hobby zum Beruf gemacht zu haben. So wird es den HarlanVintageShop wohl noch länger geben und Milchkannen mit Olympia 1980-Logo, Militäruhren von Wostok und klimpernde Stehaufmännchen werden auch weiterhin Ihren Weg in die Welt finden. www.etsy.com/shop/HarlanVintageStore


DER CHRONIST Der Fotograf Gerhard Gäbler hielt jahrzehntelang Alltagsszenen in der DDR fotografisch fest. Seine Aufnahmen porträtieren die Verhältnisse eines heute vergangenen Landes. Von Roman Steiner.


Gerhard Gäbler „Zeit ohne Wiederkehr“ Fotografien aus der DDR von 1978 bis 1990, mit einem Essay von Bernd Lindner, Bildband Mitteldeutscher Verlag, ISBN 978-3-95462-458-4 Preis: 24,95 Euro

Gerhard Gäbler, geb. 1952 in Leipzig, arbeitete in einem Chemiewerk bei Dresden als er 1976 mit dem Fotografieren begann. Allgemeingültiges fotografisch durch Einzelfälle zu erzählen, das Lebensgefühl in einem Moment zu porträtieren, dies kennzeichnet die Bilder Gäblers. 143 solcher Momente von 1978 bis 1990 sind in dem Bildband „Zeit ohne Wiederkehr“ zu entdecken. Eine Chronik längst vergangener Zeitepochen, eines entfernten, heute fremden Landes. Die Verhältnisse einer sozialistischen Gesellschaft, authentisch und ungestellt dokumentiert. Gerade diese Authentizität sorgt dafür, dass der Betrachter dicht in das Alltagsgeschehen jener Zeit eintauchen kann. Gäblers Bilder schaffen es, das Lebensgefühl jener Menschen zu erzählen. Bilder, die die Tristresse und den Stillstand bebildern, aber auch Momente der persönlichen Freude. www.mitteldeutscherverlag.de

Rechts: Auf einen Neuwagen wartet man Jahre in der DDR, Gebrauchtwagen sind teuer. Da muss der Trabi möglichst lange flott gehalten werden. Rechts: Für den Braunkohlebergbau musste das Dorf Eythra bei Leipzig weichen. Arbeiter vor Säulen, die einst zum Schloss Eythra gehörten. Zweites von Rechts: Sektdusche zur Öffnung des Brandenburger Tors.

Bilder: © Gerhard Gäbler/Mitteldeutscher Verlag

Links: Allgegenwärtig sind die sozialistischen Parolen, den tristen Alltag verändern sie aber auch nicht.


Bild: © www.etsy.com/shop/PopDekorVintage

TIPP MAL WIEDER Viele haben es noch nie gemacht, andere zuletzt vor Jahrzehnten: Schreibmaschine schreiben.

höher. Wer aber dann mit flottem Tempo unterwegs ist, fühlt sich wie der Fahrer eines Oldtimers: Kräftiger Klang und in Vintage-Farben lackiertes Metall, Was heute fast jedes Gerät kann, sogar über Sprach- am besten im typischen 70er Orange. Für rund 50 eingabe, kann auf einer alten Erika, Tippa oder Let- Euro bekommt man ein gut erhaltenes Modell auf tera zu einem völlig neuen Erlebnis führen. Hier den bekannten Gebrauchtportalen. Hier empfiehlt kommt derselbe Effekt wie bei zahlreichen anderen sich eine Reiseschreibmaschine, da diese aus heunostalgischen Geräten zum Tragen: Durch die Redu- tiger Sicht am ehesten noch tatsächlich portabel zierung auf eine Funktion wird diese zu einem völlig ist und zudem im schicken Köfferchen beziehungsneuen Erlebnis. Das klassische „Hacken“ auf den weise Täschchen daher kommt. Als „Update“ sollte alten Maschinen macht so Spaß. Keine Pop-Ups mit man seiner Schreibmaschine neue Farbbänder und Update-Meldungen, keine Menüleiste mit gefühlt Korrekturstreifen gönnen. Abgesehen von Resthundert Funktionen. Eine Tastatur, eine Schriftart. beständen in Schreibwarengeschäften, findet man Da bleibt mehr Zeit zu überlegen, was man denn passende Bänder auf den üblichen Online-Platteigentlich schreiben möchte. Wohl auch deshalb formen für rund 10 Euro. Unbezahlbar ist der Look klapperten und klappern viele Autoren noch lange eines solchen, handgetippten Briefes. Ein ehrliches Zeit nach der Salonfähigkeit des Computers wei- Unikat, das keiner Clipart bedarf. Wer sich hiervon ter mit Ihrer Schreibmaschine. Zugegeben: Etwas dann schlecht trennen kann, kann - ganz altmodisch Übung verlangt das „analoge“ Schreiben: Der An- - mit Kohlepapier einen Durchschlag mittippen. ST schlag ist in der Regel kräftiger, die Tasten liegen


Bilder: © Lars Godau/Woody & Pecker

retro-LAMpen Der Internetstore Woody & Pecker befasst sich auf kreative Art und Weise mit Geräten der Vergangenheit. Aus alten Kameras, Tonbandgeräten oder Projektoren entstehen Retro-Lampen. Statt Objektiv oder Tonband sitzt nach erfolgtem Umbau ein Leuchtkörper an prominenter Stelle. Alte Schalter und Knöpfe werden nach Möglichkeit beim Umbau mitgenutzt. So lässt sich mit dem Pegelregler einer alten Grundig Stenorette eine Glühbirne, die nach der Modifizierung aus einem der beiden Spulenteller ragt, dimmen. Für Liebhaber der alten Zeiten ist eine solche Lampe ein wunderbares Wohnaccessoire. Und ein Unikat. Denn die Retro-Lampen entstehen von Hand und nach Verfügbarkeit der historischen Geräte. Der Vintage-Trend bei der Interieurgestaltung hält sich ungebrochen. Lars Godau, Gründer von Woody & Pecker, entwickelte die Idee, alten Geräten wieder neues Leben einzuhauchen. Analoge Kameras und Tonbandgeräte wurden einst in großen Stückzahlen produziert, dienen heute aber meist aufgrund der veralteten Technik oder fehlendem Wissen zum Betrieb nur noch als Dekoobjekte. Nach einigen Probe-Umbauten startete der Leipziger vor

rund drei Jahren seinen Retro-Lampenbau. Ist ein optisch möglichst gut erhaltenes Gerät gefunden, muss Lars für den Umbau zunächst die Teile auseinandernehmen. Die alten Bauteile werden aus dem Inneren entfernt, eine Lampenfassung eingebaut. Schalter, die wieder genutzt werden sollen, werden angeschlossen. Nach dem Zusammenbau erfährt die Oberfläche der rund 50 bis 70 Jahre alten Geräte eine behutsame Aufarbeitung.

Lars Godau Über das Internet gehen Lars Upcyclinglampen in die ganze Welt. Zwischen 90 und 350 Euro kosten die fertig umgebaute Lampen. Nachschub an alten Gehäusen hat Lars noch ausreichend. Und auch die Nachfrage ist nach wie vor ungebrochen. ST www.kameralampe.de


VOLKSBAD Das Müller‘sche Volksbad ist das Jugendstil-Juwel in der Bäderlandschaft Münchens. Seit 1901 steht der Badetempel an der Isar seinen Besuchern offen.


Adresse: Rosenheimer Str. 1, 81667 Muc Preise (derzeit): 2,20 - 4,50 Euro

Bilder: © SWM - Stadtwerke München/Robert Götzfried/Jorge Royan

Seinerzeit war das Volksbad eine Schenkung des Ingenieurs Karl Müller an die Stadt München mit der Auflage, ein Bad für das unbemittelte Volk zu bauen. In aufwändiger Kleinarbeit wird es bis heute in nahezu allen Details originalgetreu erhalten. Nirgendwo sonst in München lässt es sich das ganze Jahr über so stilvoll baden und saunieren. Wer im Müller‘schen Volksbad seine Bahnen zieht, der erlebt „Bad-Kultur“ im ursprünglichsten Sinn. Das Becken (18 x 11 m) der kleinen Schwimmhalle, anno dazumal den Damen vorbehalten, ist wohltemperiert. Sportlichere Temperaturen finden die Schwimmfans im 31-m-Becken der ehemaligen Herren-Schwimmhalle vor. Die besondere Attraktion: das römisch-irische Schwitzbad. Anders als in der Sauna erwärmt sich der Körper hier langsam in verschieden temperierten Warmlufträumen (40, 60, 80° C). Aus einer Zeit, als das eigene Badezimmer noch seltener Luxus war, stammen die Wannen- und Brausebäder im Volksbad. Die Schwimmhalle ist von Montag bis Sonntag von 7:30 Uhr bis 23 Uhr, die Sauna von 9 bis 23 Uhr geöffnet. An einigen Tagen ist das Angebot rein Damen vorbehalten. www.swm.de


Bild: © caferestaurantdauphine.nl

In Amsterdam findet man gegenüber des Bahnhofs Amstel das Cafe Restaurant Dauphine. In einer ehemaligen Renault AutoWerkstatt lässt es sich heute in offener Athmosphäre dinieren. Der Name Dauphine stammt vom gleichnamigen Automodell Renaults aus den 50ern.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.