Retroblatt - 4/2019 - Das Vintage-Magazin vom Retrokiosk

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Bild: © ebay.de/usr/highlandtrex

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8 track „Was willst du denn damit?“. Eine solche oder eine ähnliche Aussage von weniger Vintage-Interessierten ist sicher nicht ganz ausgeschlossen. Wer hört denn schließlich heute noch Kassetten, und dann noch so eine komische? Der komische und heute fast gänzlich unbekannte Tonträger heißt 8Track, zu deutsch 8-Spur-Kassette. Entwickelt von einem gewissen Herrn Lear (ja, der mit dem Learjet) und 1965 veröffentlicht, war sie vor allem in den 1960er- und 70er-Jahren verbreitet und gegen die kleinere Compact Cassette von Philips erfolgreich. Wie funktioniert eine 8-Spur-Kassette? Das Band ist als Endlosband auf einer Wickelspule im Gehäuse. Das 6,3 mm breite Band ist in 4 Sektoren aufgeteilt, die jeweils 2 Spuren haben. Insgesamt sind also 8 Mono- oder 4 Stereo-Tonspuren auf einem Band, daher der Name. Die Verbreitung des Systems, vor allem in den USA, erklärt sich durch die konzeptionsbedingte Einfachheit der Kassetten: Es gibt nur eine Wiedergaberichtung, da das Band endlos ist. Ein Zurückspulen ist technisch nicht möglich. Dies führte zu einer Vielzahl von einfach aufgebauten und daher preiswerten Abspielgeräten. Aufnahmegeräte hingegen waren äußerst selten. Auch in Autos und LKWs fand das 8-Track als eines der ersten Systeme größere Verbreitung. Fertig bespielte Kassetten bekannter Künstler waren an Tankstellen und in Supermärkten erhältlich. Zurück im Auto steckte

man die Kassette in den Schacht des Gerätes und es begann der Abspielvorgang mit übrigens doppelt so schneller Bandgeschwindigkeit wie bei einer Compact Cassette. Ist die erste Spur fertig wiedergegeben, löst ein Metallband, an dem das Endlosband zusammengeklebt ist, das Verrücken des Tonkopfs und damit die Wiedergabe der nächsten Spur aus. Die meisten Kassetten waren Stereo-Kassetten. Man konnte bei vielen Geräten die 4 Stereo-Spuren auch selbst mit Tastendruck wechseln. Jedoch wurde hier dann nicht der nächste Song von Anfang an wiedergegeben, sondern inmitten der jeweiligen Spur hinein gewechselt. In den 70er Jahren holte die Compact Cassette auf. Mit kleineren Abmessungen, einer verbesserten Qualität, längerer Aufzeichnungsdauer (durch die halbe Bandgeschwindigkeit) und schließlich der Autoreverse-Technik, die ein Cassetten umdrehen überflüssig machte, verdrängte die Cassette 8-Track. Für Vintage-Fans hat das alte System seinen ganz eigenen Charme: Die großen Plastik-Kassetten mit den bunten Covern machen etwas her, halbseitig in Wiedergabegeräte mit Holzoptik gesteckt, erklingt der Sound der 60er und 70er Jahre, so wie er auch in amerikanischen Straßenkreuzern jener Zeit tönte. 8-Track ist mehr Rock´n Roll und Zeitgeist als Cassette. Vielleicht aus deswegen, weil Sie nur in zwei Jahrzehnten intensiv verbreitet und gehört wurde. ST


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