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Ludwigshafen punktet mit der Wasserlage
Ludwigshafen ist neben Mannheim und Heidelberg die dritte Großstadt im Rhein-Neckar-Städtedreieck. Doch die BASF-Stadt kämpft mit den Fehlern der alten Stadtplanung. Andererseits bietet der Wohnungsmarkt mit seinen günstigen Preisen die größten Chancen für Investoren.
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Die Transformation alter Industriestandorte setzt voraus, dass die einst dominierenden Betriebe nicht mehr vor Ort sind. München und Berlin konnten sich so zu modernen Dienstleistungsmetropolen entwickeln, die Städte des Ruhrgebiets lösen sich allmählich von ihrem Kohle und Stahlerbe. Kommunen mit einem stadtprägenden Unternehmen bergen jedoch im Hinblick auf die Stadtentwicklung strukturelle Hindernisse in sich. Die mangelnde historische Bausubstanz, die architektonische Dominanz durch Fabriken und Produktionsareale sowie die Häuserstruktur mit Arbeitersiedlungen bilden Hemmschuhe auf dem Weg zu einem attraktiven Stadtbild.
Die BASFStadt Ludwigshafen, 1852 durch königlichbayerische Beamte als Industriestadt gegründet, teilt in dieser Hinsicht das Schicksal von Kommunen wie Leverkusen, Wolfsburg oder Salzgitter. BASF beschäfigt am Stammsitz Ludwigshafen 39.000 Mitarbeitende, die 2.000 unternehmenseigenen Immobilien verteilen sich auf ein Gesamtareal von zehn Quadratkilometern. Das sind weiterhin stolze Zahlen. Doch die massiv steigenden Energiepreise machen dem Chemieriesen zu schafen – und damit auch dem Immobilienmarkt in Ludwigshafen. „Bei Ludwigshafen sind wir nicht allzu positiv gestimmt. Die aktuelle Energiekrise dürfe eher negative Auswirkungen auf den deutschen Standort von BASF haben“, kom mentiert beispielsweise Arnaud Ahlborn, Geschäfsführer des auf Wohnimmobilien spezialisierten Investmentmanagers Industria. Tatsächlich gab BASF in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 für Erdgas rund 2,2 Milliarden Euro mehr aus als im Vergleichszeitraum von 2021. Die Zahl der Arbeitsplätze in Ludwigshafen, seit 1990 bereits um 30 Prozent reduziert, droht weiter zu schrumpfen.
RÜCKBAU DER BETONTRASSEN Neben der Abhängigkeit von einem maßgeblichen Unternehmen leidet Ludwigshafen unter den Fehlern der Stadtplanung aus den 1960er Jahren. Damals wurde die Pfalzmetropole von einem fächendeckenden Netz von Hochstraßen durchzogen, die dem Vorbild USamerikanischer Großstädte folgten. Doch die gut intendierte Trennung zwischen Fußgängern und Autoverkehr schlug fehl. Die teilweise schon stillgelegten Betontrassen sollen nach und nach zurückgebaut werden. Ebenso kurz vor dem Abriss steht das 2019 durch die Stadt zurückgekaufe RathausCenter, das an der Stelle des alten Hauptbahnhofs errichtet wurde und damals als gemischt genutztes Herz der Stadt galt. Bis 2024 soll das klobige Hochhaus aus dem Stadtbild verschwinden.
Mit den Sündenfällen der alten Stadtplanung geht Ludwigshafen zwar auch ironischofensiv um. Seit der 2018 erfolgten Kür als „hässlichste Stadt Deutschlands“ in der NDRSendung extra3 bietet die Stadt entsprechende Temenführungen an und folgt damit einem vom belgischen Charleroi vorgegebenen Exempel. Doch die Umgestaltung der Innenstadt ist ein langfristiger Prozess, der sich aktuell noch in der Diskussionsphase befndet. Hinzu kommt Pech für die Stadt: Das geplante Hochhaus Metropol kann wegen der Insolvenz des Investors vorerst nicht errichtet werden. Ein Bauloch prägt daher das derzeitige Bild des zentral gelegenen Berliner Platzes. In Eigenregie kann Ludwigshafen nicht tätig werden: Der Kommunalpolitik sind durch einen horrenden Schuldenstand von fast 1,5 Milliarden Euro die Hände gebunden.
ERFOLGSGESCHICHTE RHEINUFER SÜD Dass Ludwigshafen trotz aller Hypotheken der Vergangenheit auch Erfolgsgeschichten schreiben kann, beweist das Stadtquartier Rheinufer Süd. Auf ehemaligen über 30 Hektar großen Produktionsarealen sind dort in den vergangenen Jahren rund 2.000 neue, teils hochwertige Wohnungen entstanden. Direkt angrenzend haben ABRDN und der im pfälzischen Rülzheim ansässige Projektentwickler Gero Real Estate bereits 2021 die Planung und den Verkauf eines ehemaligen Industrieareals von 2,5 Hektar Größe abgeschlossen. Das so genannte LudwigsQuartier soll neben 860 neuen Wohnungen Bürofächen und einen Kindergarten umfassen. Zu den ersten Bauträgern vor Ort zählt der auf Student Housing spezialisierte Entwickler International Campus, der bis 2025 über 330 Apartments für seine Marke „Te Fizz“ errichtet. „Wir fnden Ludwigshafen sympathischer als seinen aktuellen Ruf. Entscheidend für uns sind die hohe Nachfrage nach studentischem Wohnraum und die Entwicklung des universitären Raums vor Ort. Dazu kommt die Möglichkeit, großräumig als Teil einer durchdachten Quartiersentwicklung zu bauen, sowie natürlich die direkte Nähe zum Rhein“, erklärt Michael Stapf, Chief Investment Ofcer. Ludwigshafen zählt mit einer Hochschule zwar nur rund 4.500 Studierende, doch die benachbarte Universität Mannheim kann mit einer fast dreimal so hohen Zahl aufwarten – bei klarer Wohnungsnot auf der anderen Seite des Rheins ein Pluspunkt für International Campus.
Im Herbst 2022 erfolgte außerdem auf demselben Areal der Spatenstich für das Quartier „Mein Ludwigs“ des Wiesbadener Entwicklers d.i.i. Knapp 330 Wohnungen sollen in dem verkehrsfreien Quartier mit grünen Innenhöfen entstehen. Zur Förderung des Fahrradverkehrs sollen mietbare Lastenräder bereitstehen. Schließlich hat die Stadt Ludwigshafen mit der HeinrichPeschSiedlung landwirtschafliche Flächen für den Wohnungsund Gewerbebau freigegeben. Rund 1.500 Menschen sollen in der zukünfigen Siedlung, bei der erstmalig in Ludwigshafen die planungsrechtliche Kategorie des urbanen Gebietes angewendet wird, eine enge Verbindung von Wohnund Arbeitsraum im Sinne kurzer Wege erfahren. Derzeit läuf ein Investorenwettbewerb für die Grundstücke in kirchlichem Eigentum.
AMBITIONIERTE PLÄNE Die ambitionierten Wohnentwicklungen zeigen die Zukunfsoption für Ludwigshafen auf. Denn die Stadt selbst wird nach Berechnungen des Statistischen Landesamtes RheinlandPfalz in der Bevölkerungsentwicklung bis 2035 stagnieren und bis 2060 erheblich schrumpfen. Als Entlastungsmarkt für die sehr beliebten Städte Mannheim und Heidelberg kann Ludwigshafen jedoch nicht zuletzt aufgrund der Wasserlage punkten. „Wir können uns gut vorstellen, in Ludwigshafen zu investieren, da es dort in unserem Zielsegment, Wohnungen mit mittleren und geringen Mieten, eine große Nachfrage gibt“, folgert IndustriaGeschäfsführer Ahlborn. Die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt gilt nicht für das Bürosegment, sieht man einmal von den Neubauten für die örtliche IHK und den lokalen Energieversorger Pfalzwerke ab. Mit Spitzenmieten von 13 Euro und der Dominanz öfentlicher Institutionen auf dem Mietermarkt wird der Büroneubau in Ludwigshafen in den kommenden Jahren nur im kleinvolumigen Rahmen stattfnden. «