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Nächster Halt: Selbstständigkeit
from Kinderkram 214
by Rönne Verlag
Wenn Kinder alleine reisen – Tipps und Infos von Tina Ott
Der Weg allein mit der Bahn zu Oma oder mit Gleichaltrigen ins Ferienlager ist zugleich eine wichtige Etappe Richtung Selbstständigkeit. Unterwegs werden wertvolle Erfahrungen in Sachen Unabhängigkeit gesammelt. Dass der junge Passagier, noch mehr allerdings die Eltern bei diesem Vorhaben verunsichert sind, ist ganz normal! Sich vorab gründlich zu informieren, ist in dem Fall genau so wichtig wie das notwendige Portiönchen Mut und Vertrauen.
Wann ist mein Kind soweit? Heute in sechs Wochen! Nein, das ist natürlich nur ein Scherz. Eine Pauschalantwort gibt es nicht. Denn Kinder sind so verschieden wie die Namen aller Mitreisenden in einem vollbesetzten ICE. Gerade im Grundschulalter: Der eine Erstklässler fährt schon alleine mit dem Bus zum Fußball, der andere Viertklässler mag noch nicht bei Freunden übernachten. Auch das ist ganz normal! Immer mehr Grundschulen gehen heute dazu über, Klassenfahrten von fünf auf drei Tage zu reduzieren, da viele Kinder Heimweh bekommen. Eine Tendenz, die sich vermutlich nicht zufällig zeitgleich mit dem populär gewordenen Phänomen „Helikoptereltern“ entwickelt hat. Stellt sich also nicht nur die Frage, ob mein Kind reif ist, alleine zu reisen, sondern auch, ob wir Eltern es sind? Ein Vergleich mit Freunden und Schulkameraden hilft da nicht weiter. Traue ich es meinem Kind zu, ist das schon mal gut. Bestes Indiz aber ist, wenn mein Kind von sich aus die Bereitschaft oder sogar den Wunsch signalisiert, es zu wagen.
Welche gesetzlichen Bestimmungen gibt es? Keine, wenn es darum geht, ab welchem Alter alleine gereist werden darf. Grenzen setzt allein die elterliche Fürsorge. Grundsätzlich zu empfehlen ist, Reisende unter 14 Jahren durch eine volljährige Betreuungsperson begleiten zu lassen. Zur Orientierung dienen zudem der sogenannte Taschengeldparagraf, der Jugendliche bis 18 Jahre als beschränkt geschäftsfähig erklärt – sie dürfen keine Verträge schließen, die sie nicht mit ihrem Taschengeld bezahlen können – sowie das Jugendschutzgesetz, das Jugendlichen unter 16 Jahren den Aufenthalt in Restaurants und Clubs nur bis Mitternacht erlaubt, und zwar ohne Alkoholgenuss. Übrigens gelten auch Bahnhof und Flughafen zu potenziell jugendgefährdenden Orten, falls das Kind als nicht ausreichend reif eingeschätzt wird. Bis die 18. Kerze auf dem Geburtstagskuchen steckt, haben die Eltern die Aufsichtspflicht. Diese Verantwortung gilt sozusagen auch aus der Ferne.
Was ist im Vorwege zu beachten? Der angehende Weltenbummler – und sei es erst einmal nur bis zu Opa nach Büdelsdorf – sollte in die Planung mit einbezogen werden, denn schließlich ist es seine Reise. Ist es klar, von welcher Art Reise der Nachwuchs träumt, kann gezielt geplant werden. Geht es weiter als nach Büdelsdorf, gilt: andere Länder, andere Regeln für minderjährige Reisende. So oder so sollten immer eine durch die Erziehungsberechtigten ausgestellte Reisevollmacht (siehe rechts) und ein Ausweis mitgeführt werden. Hinsichtlich Transportmittel und Unterkunft sollten alle Vorabmaßnahmen ausgelotet und verbindlich getroffen werden. So informieren beispielsweise die Deutsche Bahn (DB) und Fluggesellschaften über die notwendigen Maßnahmen und Angebote, Ermäßigungen oder Extragebühren. Hostels und Ferienwohnungsanbieter stellen oft Einverständniserklärungen als Download auf ihrer Website bereit. Und da Vorbehalte gegenüber unbegleiteten Jugendgruppen durchaus vorkommen, ist ein gegenseitiger Informationsaustausch vor Reiseantritt von Vorteil für alle Beteiligten. » www.auswaertiges-amt.de
Welche Unterkunft und welches Verkehrsmittel kommen infrage? Jugendherbergen, Campingplätze, Ferienwohnungen und Hotels nehmen keine Alleinreisenden unter 14 Jahren auf. Jüngere Reisende brauchen also eine Begleitung, die in Ferienlagern, auf Ponyhöfen etc. ohnehin gegeben ist. Als Verkehrsmittel ist „Daumen raus“ bestimmt keine Alternative. Für alles andere, was rollt oder fliegt, gibt es diverse Serviceangebote für Kinder. Und die werden umso mehr genutzt, je verstreuter eine Familie wohnt. Jedes ÖPV-Unternehmen hat allerdings seine eigenen Regeln, ab wann Kinder alleine mitreisen dürfen. Fernbusse sind verhältnismäßig streng. Die DB wiederum nimmt Alleinreisende ab 6 Jahren mit. Auf Wunsch kann ein Betreuungsservice dazugebucht werden (Kids on Tour). Hier begleiten geschulte Mitarbeiter der Bahnhofsmission die kleinen Fahrgäste – für 35,- € plus Versand plus Fahrkarte (für Geschwister günstiger). Und ab fünf Jahren darf man in der Regel alleine fliegen, Kinder brauchen allerdings einen Flugbegleiter oder Erzieher als Betreuung an Bord. Auch hier wird ein Aufpreis fällig: 60,- € für Inlands-, 100,- € für Interkontinentalflüge. Der Service ist zum Beispiel bei Lufthansa noch bis zum Alter von 17 Jahren möglich. Das Kind bzw. der Jugendliche wird vom Check-in-Schalter an betreut und dem ausgewiesenen volljährigen Abholer persönlich übergeben. Etwa 70.000 Minderjährige nutzen jährlich diesen Lufthansa-Service – Unterhaltungsprogramm und Kindermenü inklusive! Aber Achtung, ob Schiene oder Luft: Diese Tickets müssen separat gebucht werden. » www.lufthansa.com/de/de/alleinreisende-kinder » www.inside.bahn.de/kind-alleine-reisen » www.traum-ferienwohnungen.de
Welche Ferienangebote gibt es? Ohne Eltern heißt nicht gleich ganz alleine: In Schleswig-Holstein, bundesweit und länderübergreifend gibt es zahlreiche Aktiv- und Jugendgruppenangebote, Sprach- und Sportreisen, Reiterhöfe, Segelcamps, Ferienlager und mehr: » www.ljrsh.de (mit Checkliste zur Planung von Ferienfreizeiten sowie
Freizeitstättenverzeichnis) » www.ferienboerse.de (u. a. Ferienlager) » www.juvigo.de (u. a. Reiterferien, Musik- und Sprachcamps) » www.ttt-jugendreisen.de (betreute Kinderreisen ab 6 Jahren) » www.matthes.de (Schülersprachreisen nach England)
Das gehört zur Reisevollmacht
• Name des reisenden Kindes, Geburtsdatum und -ort • Reiseziel und -zeitraum • Ggf. Flug- oder Zugverbindungen und Adresse der Unterkunft • Nummer des Ausweises • Ggf. Daten der Betreuungsperson • Daten aller Erziehungsberechtigten • Ort und Datum der Ausstellung plus Unterschriften der Erziehungsberechtigten • Kopie des Ausweises