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„Verschiedenheit bringt uns dazu über unseren Tellerrand hinaus zu schauen“ Fragen an Sebastian Runde

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„Verschiedenheit bringt uns dazu über unseren Tellerrand hinaus zu schauen.“

Wie erleben Sie in Ihrem Arbeitsalltag Verschiedenheit? In erster Linie denke ich, dass die Menschheit sich zu sehr auf Verschiedenheit fokussiert und damit überhaupt erst Verschiedenheit dort entstehen lässt, wo ursprünglich gar keine ist. Selbstverständlich erleben wir täglich im sozialen Bereich Verschiedenheit. Sei es kulturell, religiös, politisch oder auch innerhalb der verschiedenen Generationen. Ich erlebe täglich glücklicherweise zum einen die Mehrheit, die immer toleranter mit diesem Thema umgeht. Es gibt aber auch die andere Seite, die leider immer radikaler dagegen ist. Diese beiden Meinungen driften immer weiter auseinander. Die Leidtragenden sind wie so häufig unsere Kinder. Denn die Kleinsten und Jüngsten unter uns fühlen sich hin und her gerissen ohne genau zu wissen, welche die richtige Seite ist. Gibt es eine konkrete Situation, die Ihnen dazu einfällt? In der Tat erlebe ich immer wieder, dass zum Beispiel im Kollegium allein die Generationen schon viel Verschiedenheit mit sich bringen. Da ist vielleicht die ältere Generation, die sagt ,,Das haben wir immer schon so gemacht!“ oder auch die jüngere Generation, die glaubt, ohne ihr mobiles Endgerät nicht mehr lebensfähig zu sein. Gerade in der Pädagogik und der kindlichen Entwicklung gibt es jedoch in der Regel kein „Richtig“ oder „Falsch“, eher anders bzw. verschieden. Und das ist auch gut so! Wo empfinden Sie Verschiedenheit als Bereicherung? Ohne Verschiedenheit würde unser lösungsorientiertes und damit kreatives Denken deutlich weniger von Nöten sein. Verschiedenheit bringt uns dazu über unseren Tellerrand hinaus zu schauen und ist damit ein elementares Bildungselement. Von anderen zu lernen oder auch seine eigene Kompromissfähigkeit zu steigern, weil man gesehen hat, dass „verschieden“ nicht „schlecht“ bedeutet, sondern sogar bereichernd ist. Ich liebe es gerade in meinem Job, verschiedenste Meinungen und Wahrnehmungen in den unterschiedlichsten Situationen zu hören. Es hat mich schon so oft auf Schlussresultate gebracht, auf die ich sonst nie gekommen wäre. Wo ist Verschiedenheit manchmal schwierig? Verschiedenheit wird natürlich dann zum Problem wenn radikal, egoistisch und keineswegs umsichtig Meinungen gelebt werden. Wenn Menschen Verschiedenheit als Zielscheibe nutzen und auf das Anderssein mit dem Finger zeigen: Ein täglicher Kampf in Klassen, auf dem Schulhof oder beim Mittagessen. Selbst in Kindertageseinrichtungen kommt es vor, dass verschiedenste Werte und Normen von Eltern vorgelebt werden und diese Kinder Verschiedenheit/Andersartigkeit nicht akzeptieren können oder dies sogar verspotten. Am Ende gibt es vielleicht sogar Verschiedenheiten, die als solches gar nicht da sein sollten, da keine Einigung oder Kompromisse gefunden werden können. Verschiedenheiten dürfen nämlich nicht die Meinungsfreiheit, die Gleichberechtigung oder sonstige menschliche Rechte verletzen. Empfinden Sie sich auch manchmal selbst als verschieden oder anders? Ich glaube, jeder kennt das Gefühl, in eine Situation des Lebens zu platzen und sich ganz plötzlich anders zu fühlen. Das Gefühl, zu gut oder zu schlecht gekleidet zu sein, sich zu viel oder zu wenig vorbereitet zu haben oder oder oder… Ich selbst habe mich sehr früh in meinem Leben für diesen Beruf entschieden und relativ schnell eine Ausbildung nach der nächsten absolviert, so dass ich eine relativ junge Leitung bin. Das sind die Menschen nicht gewohnt. In der Regel kann ich grundsätzlich als erste Amtshandlung bei neuen Eltern, Ämtern, Gewerken o.ä. eine kurze Rechtfertigung einplanen, dass ich erstens tatsächlich die Leitung bin und ich zweitens weiß, jünger zu sein als andere in meinem Beruf...

Verschieden sein in Kiel: Ausländer*innen, die 2018 in Kiel lebten: Türkei 4.406, Haiti 1, Norwegen 77, Polen 2.053, USA 248, Island 15, Staatenlose 63 Einwohner gesamt: 247.548

Der 30-jährige Sebastian Runde ist Sozialfachwirt und Systemischer Berater. Er leitet die DRK Kindertageseinrichtung Pavillon in Schwentinental. In seiner Freizeit widmet er sich seinem fünfjährigen Sohn und der Musik.

Ab ins Blaue

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