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Trost – ein wertvolles Geschenk

Trost – das klingt ein bisschen eingestaubt und gestrig. Aber was genau ist Trost? Wann brauchen Menschen Trost und was tröstet? Bei dem Wort Trost denken viele zunächst an Tränen, Trauer und Tod. Und tatsächlich verursacht der Verlust eines geliebten Menschen seelisches und körperliches Leid, das oft nur schwer auszuhalten ist. Die Betroffenen sehnen sich in ihrer Trauer nach Trost. Aber auch in anderen Situationen haben Menschen das Bedürfnis nach Trost. Auslöser kann eine schwere Erkrankung sein, das Ende einer Beziehung oder langen Freundschaft, der Verlust des Arbeitsplatzes oder jeder Abschied von Vertrautem. Verluste – die großen wie die kleinen – verunsichern und können Angst, Trauer, Wut, Schmerz und Ohnmachtsgefühle auslösen. Ist ein Kind beim Rollerfahren gefallen und hat es sich dabei das Knie aufgeschürft, läuft es in seinem Schmerz zum Vater oder zur Mutter und fordert lauthals weinend Trost ein. Wenn alles gut läuft, werden die Eltern das Kind in den Arm nehmen, es dabei vielleicht leicht wiegen und beruhigende Worte murmeln. Dann wird die Wunde gebührend versorgt, zum Abschluss gibt es ein Pflaster und kaum sind die Tränen getrocknet, geht es auch schon zurück auf den Roller. In diesem Beispiel wenden sich Mutter oder Vater dem trostbedürftigen Kind zu, nehmen seinen Schmerz ernst und geben ihm Fürsorge und Geborgenheit. Sie signalisieren damit: Ich sehe dich und dein Leid, ich bin bei dir. Und genau das macht Trost aus. Trost ist gelungene Zuwendung. Wer hingegen sein Kind mit Sätzen wie: „Ach, das ist doch halb so schlimm.“, trösten will, setzt sich über den Schmerz des Kindes hinweg und macht deutlich, dass negative Gefühle nicht erwünscht sind. Im Gegensatz zu kleineren Kindern fällt es den meisten Erwachsenen schwer, um Trost zu bitten. Sprechen sie dennoch über ihr Leid, lautet die Antwort manchmal in etwa so: „Ach, dir geht es doch gut. Denk doch mal an die Menschen in anderen Ländern, denen geht es noch viel schlechter.“ Das mag zwar richtig sein und in manchen Fällen erscheinen die Adressaten solcher Floskeln sogar getröstet, jedoch haben sie keinen echten Trost erfahren. Denn ebenso wie in dem vorangegangenen Beispiel unterdrücken die vermeintlich Getrösteten ihre Gefühle nur. Das Kind, um dem gewünschten Verhalten zu entsprechen und damit Anerkennung zu erfahren und der Erwachsene, um angesichts der Not auf der Welt nicht egoistisch zu erscheinen. Manchmal steht hinter der Antwort: „Du hast ja recht.“, und dem obligatorischen Begleitlächeln aber auch die Absicht, nicht noch mehr solch ignoranter Belehrungen ertragen zu müssen, die das Gefühl des Nichtverstandenwerdens und des Alleinseins nur verschlimmern. Gelungene Zuwendung zwischen zwei Menschen erfolgt immer auf Augenhöhe. Es geht darum, den anderen mit seiner Not zu akzeptieren und damit sein Leid zu würdigen, ohne dieses zu bewerten oder gar Lösungen anzubieten. Empathie ermöglicht es uns, die Gefühle eines anderen selbst zu erleben. Die Aufgabe des Tröstenden ist es, diese Gefühle auszuhalten und auch die eventuell damit einhergehende eigene Hilflosigkeit zu akzeptieren. Sätze wie: „Ich weiß gar nicht, was ich dir jetzt sagen soll.“, können in ihrer Authentizität viel hilfreicher sein als jeder gutgemeinte Ratschlag. Denn Trost geben bedeutet vor allem wirklich da sein und dadurch Halt geben. Insofern kann auch eine wortlose Umarmung körperlicher Ausdruck von Zuwendung sein und ausgesprochen tröstend wirken. Trost ist immer individuell, es gibt kein Patentrezept. Manche Menschen finden Trost in ihrem Glauben oder in philosophischen Texten. Für andere sind diese Schriften nichts als leere Worthülsen. Vielleicht finden diese Menschen Trost in einem Waldspaziergang, beim Anblick des Meeres, in einem guten Buch oder beim fröhlichen Spiel der Enkelkinder. Wir alle brauchen hin und wieder Trost. Aber muss Trost immer von außen kommen? Schon das eigene Bedürfnis nach Trost zu erkennen und anzuerkennen kann tröstlich sein, denn auch dadurch erfährt das eigene Leid Würdigung. Gepaart mit Selbstfürsorge eine verlässliche Trostquelle.

Foto: Antonio_Diaz

Nele Borm ist pädagogischpsychologische und PaarBeraterin, Familien-Coach sowie Hospiz- und Trauerbegleiterin in Kiel-Holtenau. www.beratungspraxis-borm.de

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