Rostislav Komitov Portfolio

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Portfolio Studium

Die Rolle eines Architekten besteht nicht darin, ein Gebäude zu erbauen, sondern einen Organismus in tektonischer Form zu erschaffen. Dieses unabhängig lebende Gefüge resultiert aus der Zerlegung, Reflektion und erprobten Neuzusammensetzung der Gesamtheit des Schöpfers. Der Vorgang dieses psychischen Erzwingens verlangt eine Disposition auf der geistigen Ebene des Denkenden. Bei der Entwicklung einer tektonischen Komposition ist einzig die Frage nach dem Warum relevant, denn darin sind auch das Wie und Was enthalten. Es beginnt die Suche nach dem Fundament der eigenen Wahrnehmung. Die Komponenten dieses geistigen und gleichsam baulichen Ausgangspunkts verleihen dem Gedanken einer architektonischen Vision Gestalt.

Rostislav Komitov

In diesem kleinen Buch stelle ich jene Projekte vor, die meine Prägung darstellen. Dies sind auch gleichsam die Entwurfsarbeiten, während deren Bearbeitung das Meiste meines Wissens in dem Gebiet des Architektur bezogenen Denkens entstanden ist. Die Entwürfe, die Sie hier vorfinden, zeichnen sich nicht durch weltbewegende Innovation aus. Die Entwürfe, die Sie hier vorfinden, sind eine Auseinandersetzung mit dem, was vor mir war, der Theorie des architektinischen Schaffens; mit dem, das um mich herum ist; mit dem, was mich ausmacht. Die Entwürfe, die Sie hier vorfinden, stellen den Versuch dar, Geschichten zu erzählen, Mysterien zu erschaffen, Sehnsüchte auszusprechen und Fragestellungen zu formulieren. Die Entwürfe, die Sie hier vorfinden, sind ein Teil von mir.


Portfolio von Rostislav Komitov Mobil: 0041 (0) 76 8173858 e-mail: rostislav@komita.net web: www.komita.net


TABELLARISCHER LEBENSLAUF

Ausbildung

2004-2012- Architekturstudium an der RWTH Aachen, freie Vertiefung, Diplom mit Auszeichnung 1999-2004- Fremdsprachengymnasium “Joan Exsarch”, Varna. Vertiefung: Deutsch und Malerei, Abi mit Auszeichnung 1998-2004- private Mal-, und Zeichnenunterricht bei Christo Christov, Krassen Berbenkov, Maria Tsoeva 1992-1999- Grundschulausbildung OU “Georgi Rakovski”, Varna 1985 - geboren in Varna/Bulgarien

Studium (Entwurfauswahl)

2013- Springorum Denkmünze- Preisträger 2012- EAP- Nominierung der Diplomarbeit “Das Haus meiner Selbst” 2012- Das Haus meiner Selbst- Lehrstuhl und Institut fürWohnbau bei Prof. Wim van den Bergh (selbstgewähltes Diplom­thema) 2011/12- Fünf Neue Dörfer- Lehrstuhl und Institut für Städtebau bei Prof-Wachten (städtebaulicher Entwurf) 2011- Kunsthaus- Lehrstuhl für Konstruktives Entwerfen bei Prof. Mirko Baum (konstruktiver Entwurf) 2010- LaVie99- Lehrstuhl für Bauplanung und Baurealisierung bei Prof. Sabine Brück (Hochbauentwurf) 2009/10- XELLA (Studentenwettbewerb)- Nominierung des Entwurfes “Neues Museum für alte Meister” 2009/10- Neues Museum für alte Meister- Lehrstuhl für Bauplanung und Baurealisierung bei Prof. Sabine Brück (Hochbauentwurf) 2008/09- Friedhof Vertikal- Lehrstuhl für Bauko 3 bei Prof. ­Vladimir Lalo Nikolic (Hochbauentwurf)

Bürotätigkeit, Praktika

seit 2014 Berufstätig in der Schweiz als Freier Mitarbeiter 2012-2014 Mitarbeit bei “marte.marte architekten”, Österreich 2012- Mitarbeit bei “Humblé / Martens ”, Maastricht ­(Holland) 2011- Mitarbeit bei “Hahn Helten und Assoziierte”, Aachen 2010- Baupraktikum bei “SMK GmbH”, Varna­(Bulgarien) 2009- Büropraktikum bei “3N arch­itekten”, Berlin 2008- Regiepraktikum an der Oper Bonn; Leitung: Werner Schröter; Oper: Powder Her Face von Thomas Adès

Sonstige Tätigkeiten

WS 2011/12- Mitarbeit­am Lehrstuhl für “Bauplanung und Baurealisierung” als­­Tutor der Studierenden im ­Masterstudiengang, betreuter Entwurf: Céste la Mode 2010-2012- Mitarbeit am Lehrstuhl für Bauplanung als­Tutor im Gebiet Einführung in das Entwerfen 2009- Organisation und Durchführung der Modemesse “thekey.to”, Berlin 2008-2009- selbstständige Tätigket und Mitbegründer der Firma “fairactivities“- Messebau, Innengestaltung, Möbelbau, Print Design, Berlin 2008- Zusammenarbeit mit Univ.- Prof. Dipl. Ing. Vladimir Lalo Nik­olic 2008- Tätigkeit als Bühnenbildner unter der Regieleitung von Jan David Schmitz (Regieassistent an der Oper, Bonn) zu “Rigoletto” von Giuseppe Verdi 2008- Regiepraktikum an der Oper Bonn; Leitung: Werner Schröter; Oper: Powder Her Face von Thomas Adès 2007-2008- Tutor am Lehrgebiet BAUKO3 bei Prof. Vladimir Nikolic

Veröffentlichungen

2012- das Haus meiner Selbst (Eigenausgabe) 2012- Die Gedanken eines Unwissenden (Eigenausgabe) 2011- Serie A- vertreten mit: ­LaVie99 2010- BUCH (Eigenausgabe) 2010- das haus. gebrauchsanweisung (Eigenausgabe) 2010- Serie A- vertreten mit: Neues Museum für alte Meister 2009- ELLE (bulgarische Ausgabe)- Interview 2008- Hausleeren III Porträt einer­Entwurfslehre- vertreten mit: Friedhof Vertikal; Bühnenbild Lucia di Lammermoor 2007- terra nova- Landschaftsplanung und Städtebauent­wicklung

Computer-Kenntnisse

Sehr gute Kenntnisse: AutoCad; VectorWorks; Adobe InDesign; Adobe Illustrator; Adobe Photoshop; SketchUp; Vray, Abis, ArchiCad Gute Kenntnisse: Adobe Dreamweaver; Microsoft Office; Adobe Acrobat Grundkenntnisse: Cinema4D; Rhino Operationssysteme: Mac OS; Microsoft Windows


Diplomzeugnis:





Empfehlungsschreiben von Univ. -Prof. Dipl. Ing. Mirko Baum:



Empfehlungsschreiben von Univ. -Prof. Dipl. Sabine Br端ck:




Empfehlungsschreiben von Univ. -Prof. Dipl. Wim van den Bergh:




Empfehlungsschreiben von Professor N.N. i.V. ir. Fred HumblĂŠ:




An dieser Stelle spreche ich all denen meinen Dank aus, die mich während meines Studiums immer unterstützt haben. Diese Menschen haben mich geliebt, geprägt, motiviert, ausgebildet. Blagodat Komitov Albena Komitova Rumena Komitova Julian Betram Univ.-Prof. Dipl. Ing. Mirko Baum Univ.-Prof. Dipl. Ing. Wim van den Bergh Univ.-Prof. Dipl. Ing. Sabine Brück Professor N.N. i.V. ir. Fred Humblé Univ.-Prof. Dipl. Ing. Vladimir Lalo Nikolic Architecte DPLG Ariane Wilson Das Team des Lehrgebiets für Bauplanung und Beurealisierung an der Fakultät für Architektur der RWTH Aachen: Jens Kampermann Dipl. Ing. Mirjam Patz Dipl. Ing. Barbara Sandleben


Portfolio

Rostislav Komitov


BodyLook Sommer 2009, Standbau, Düsseldorf BodyLook Sommer 2009, Loungebereich, Düsseldorf TheKey.to Sommer 2009, Gesamtgestaltung, Berlin Atelier Killian Kerner, Berlin Möbeldesign

Sämtliche Projekte


STANDBAU BODYLOOK, DÜSSELDORF 2009





LOUNGEBEREICH BODYLOOK, DÜSSELDORF 2009




VERANSTALTUNG THEKEY.TO, BERLIN 2009



ATELIER KILLIAN KERNER, BERLIN 2009




MĂ–BELDESIGN

CUBE Materialien: Pappe, Filz 2009

MASK Materialien: Pappe, Filz 2009


OMAS KOMODE Materialien: Pappe, Filz 2009

TAKE IT EASY Materialien: Pappe, Stahl, MDF 2009


S채mtliche Projekte


Ispiriert wurde dieses Architekturspiel von Georges PerecsWerk “Das Leben. Gebrauchsanweisung”.

Es sind nicht Perecs Geschichten, die mich faszinieren. Es ist das Romangerüst und dessen Systematik, welches mich inspiriert. Es ist die Verschmelzung von Realität und Fiktion.

La Vie 99 Ziel. Die Entwicklung einer Architekturmaschine, bei der die grundsätzliche Systematik Perecs in architektonischer Weise umgebaut und entwickelt wird. Ziel. Ein Gebäude zu zeichnen (zu entwickeln), das sich grundsätzlich selber entworfen hat. Ziel. Die Verschmelzung von Architektur und Fiktion in einem Körper, dessen architektonische Prägnanz in der Unzertrennlichkeit von Konzeption und Konstruktion besteht. Ziel. Stapelung architektonischer Mittel und Aussagen. Ziel. Untersuchung des Verhältnisses von Raum und Unraum. Ziel. Der Versuch die Willkür (den Zufall) zu kontrollieren, zu systematisieren. Ziel. Das gezielte Einsetzen der Intertextualität im architektonischen Sinne. Ziel. Die architektonische Übersetzung kritischer Begriff e wie: Macht und Manipulation. Ziel. Das Einbringen von Raumsymbolen, deren Überfl üssigkeit das Theaterhafte und Spielerische dieses Architekturexperimentes unterstreicht. Ziel. Es ist die 99, die das Ganze bewegt.


Der Entwurf stellt ein Gebäude dar, dessen architektonische Prägnanz in der Unzertrennlichkeit von Konzeption und Konstruktion besteht. Alle Gebäudeteile (seien es Innen- oder Außenraum) entstehen anhand einer “Architekturmaschine”, die die grundsätz­liche Systematik Perecs im architektoni­schen Sinne zitiert, gleic­hzeitig und teilweise unabhängig, und teilweise abhängig voneinander, wodurch dem Verfasser des Ent­wurfes Grenzen ­gesetzt werden, mit denen dieser umgehen muss, um ein funktionierendes Gebäude entwickeln zu können. Durch die Anwendung unterschied­licher Architekturtypen (Raumund Raum­elementeigenschaften) und vor allem ­durch deren zufällige Verschmelzung entstehen Architekturabsurditäten, die dem Ganzen einen Charakter verleihen, der sich der Realität zu ent­ziehen scheint. Und dennoch ergeben die Raumzellen und deren Kompositionen durch das Einmischen des Verfas­sers einen überlegten architektoni­ schen Sinn. Es wird versucht den Begriff der ­“Intertextualität” in Architektur zu übersetzen, indem unterschiedliche Architekten und deren Arbeitsweisen zitiert (nicht kopiert!) werden: Der “Modulor” von Le Corbusier und der Voyeurismus in dessen Architektur; Adolf Loos und die Manipulation (Haus Müller); Aldo Rossi und der Neoklassizismus in der Zeit der Postmoderne. Nicht nur Architekten werden interpretiert, sondern auch musikalische Werke: Steve Reich und “Music for 18 Musicians” und die Aufeinanderstapelung (Verkomplizierung) von “Samples”. Grund der Anwendung von Musik ist deren mathematische Präzision und konstruktive Vielfalt. Dadurch wird der Effekt des Aufeinanderstapelns zu einem Leitmotiv des Arbeitsvorgangs, da in jedem Gebäudeteil die architektonischen “Samples” immer zu erkennen sind, obwohl diese konstruktiv eine Einheit bilden.

Die Architekturmaschine. Entwickelt wurde ein System, das auf dem Prinzip des Zufalls basiert. Dabei werden anhand eines Zufallsgenerators Zahlenkombinationen erstellt, die nach ihrer Auswertung in ein speziell für das Spiel entwickeltes Schema eingesetzt werden. Das Schema weist die Form eines Quadrates auf, unterteilt in 9 Hauptfelder, die jeweils aus weiteren 9 ­(Unter-)­Feldern bestehen. Jedes S­chema stellt eine Raumzelle dar (siehe „RAUMPROGRAMM“). Jede Raumzelle wird von 9 Kategorien (Hauptfelder) bestimmt, dabei besitzt jede Kategorie 9 Subkategorien (Unterfelder) und jede Subkategorie weist 9 Variationen auf, die konkrete räumliche Eigenschaften darstellen. Durch das Eintragen der Zufallszahlenkombinationen in die 9x9-Quadrate werden die Eigenschaften einer Raumzelle ermittelt. Das Haus besteht aus insgesamt 81 Wohnzellen, die auf 9 Appartements verteilt sind. Demnach muss der Vorgang der Auswertung von 9x9-Quadraten (eine Zelle) insgesamt 81 Mal durchgeführt werden (für alle 81 Zellen). Jede Zellenposition in dem Gebäudegerüst (siehe „RAUMPRGRAMM“) wird ebenfalls per Zufall ermittelt. Auf diese Weise entsteht nach einem geregelten und dennoch kreativen Vorgang ein Gebäude, durchdrungen von mehreren Gebäudeelementen (Treppe, Wohnungen, Zellen, Verkehrsflächen, Wände, Böden, Fenster, Decken etc.). Ziel ist es, durch das Einzeichnen der generierten Bewegungsrahmen, das Gebäudegerüst aufzulösen, bis die Nutzung und das Gebäudegerüst ineinander verschmolzen sind.


I:

position geschoss

4

5

farbton

8

IV:

zuganzahl 1.zug

6

3.zug 4

3.zug.eig E.G/sit.

5

VII:

austritt

material

1

2

modul

stärke

9

6

Das Spielschema besteht aus 9 Quadraten, die 9 Kategorien entsprechen. Jedes der Quadrate besteht aus 9 weiteren, denen insgesamt 81 Subkategorien zuzuordnen sind. In weiteren 9 Schemata mit dem gleichen Erscheinungsbild sind die 729 (9x81) Variationen zu den Subkategorien eingetragen, wobei jede Variation einer jeden Subkategorie einer Zahl von 1 bis 9 entspricht.Wird z.B. in Kategorie 3 (Boden) in der Subkategorie 3 (Farbton) die 3 (Cyan) angezeigt, bedeutet dies, dass der Boden in der jeweiligen Zelle Cyan (oder eine Färbung, die auf der grundsätzlichen Tonalität des Cyans basiert) sein oder ein Element in Cyan aufweisen muss. Das Schema besteht, wie oben erwähnt, aus 9 Quadraten (Kategorien), die schachbrettartig gefärbt sind. Diese Farbigkeit teilt die Kategorien in 2 Gruppen ein: Gruppe 1 (dunkelgrau): Bezieht sich auf die Eigenschaften der jeweiligen Zelle. Gruppe 2 (hellgrau): Bezieht sich auf die Gerüst-, Darstellungs- und Klassifizierungseigenschaften

DAS SPIELSCHEMA

zellnummer: 43 koordinaten: 1/4 appartement: 1

zelle

ecke

1

zellentyp charakter material

3

wandmenge freiheit?

6

treppenhaus/55

2.zug

2

1.zug.eig 2.zug.eig

1 freiheit

7

wand

farbton

5

+elemente >position >>art

4

freiheit

8

II:

2

9

7

3

9

8

3

7

appartement

position geschoss

4

app.typ 6

farbton

9

austritt 3

+licht 1

modul

9

1.

9

4.

1

7.

6 raummenge

1

charakter material

8

wandmenge abstrakt.

5

V: decke

material farbton

2

>position >>art

6

anbindung freiheit

7

VIII:

abstufung

2.

3.

8

5.

6.

2

8.

9.

5

4

III:

2

3

7

8

4

5

3

7

boden

austritt material

7

+möbel 6

modul

5

VI:

a 6

d 5

g

7

austritt

8

anzahl

3

verhlt.

9

farbton

3

b

e

h

IX:

material

position

anschlag

4

8

>position >>art

4 2

anbindung freiheit 9 1

abstraktion>II c

1 2

f

8 3

i

9

4

fenster

farbton

1

5

größe

6

7

>ebene

2


SPIELERL

ÄUTERUNG


Die Vernichtung einer Struktur, des Gerüstes. Grundsätzlich ist es an dieser Stelle wichtig zu erläutern, dass das starke Gebäudegerüst keineswegs den Ausgangspunkt dieses Entwurfes darstellt. Im Gegenteil, hier gilt es, dieses Gerüst zu “vernichten”, indem man es durchdringt, um sich Wege und Räume zu schaffen. - Gerüst: konstruktiver und konzeptioneller Grundbaustein; Die Höhe des Gebäudes b­ asiert auf einem mathematischen und geometrischen Regelwerk: Die Gerüstgrundmaße werden dem “Modulor” entnommen und stellen die zweithöchste Zahl in diesem System dar: 1,83m. Die Hohlräume, in denen die Zellen positio­niert werden, übernehmen die höchste Zahl vom Modulor: 2,26m (somit wird das Gerüst den Zellen untergeordnet). Durch die Aufeinanderstapelung der insgesamt 12 Geschosse(1 Untergeschoss, 11 reguläre Geschosse) kommt man auf die entsprechende Gebäudehöhe von 45,26m. - Der Gebäudegrundriss spiegelt das Spielschema wider, indem jedes Geschoss grob aus 9 Zellen (2,26/2,26/2,26m) besteht, die es zu bespielen gilt. Der Gebäudeschnitt wird in 4 Hauptquadrate unterteilt, bestehend aus 3 Geschossen mit jeweils 9 Zellen pro Geschoss. Das erste “Quadrat” stellt das Podest des Gebäudes dar. Die restlichen 3 “Quadrate” machen den Wohnbereich aus. Diese innere Geometrie wird wiederum im Wohn-Trakt in sich aufgelöst, indem die Quadrate durch die Appartements, die über mehrere Geschosse gehen, und die Treppenzüge durchdrungen werden. - Das Gebäudegerüst dient vor allem auch dazu, die Zellen unterzubringen, die später die Räume der Wohnungen bilden. Die Positionierung der insgesamt 81 (9x9) Wohnzellen wird per Zufall generiert (siehe Spielschemen der jeweiligen Zellen). Pro Geschoss gibt es insgesamt 9 Zellen mit den Grundmaßen 2,26/2,26/2,26m. Jede Zelle kann in ihrer Grundsubstanz nicht existieren (dies gilt auch für alle andere Gebäudekomponenten), da diese mit den Daten vom Spielschema zusätzlich verändert und umgebaut werden. Jede Grenzebene der Zelle (Wände, Boden, Decken, Fenster) verändert ihre Position, indem diese in den Gerüstbereich eintritt bzw. aus dem Zellenbereich austritt. Man spricht von Expansion des Raumes und vom Miteinbeziehen des Unraumes (des Gerüstes) in den Gesamtkontext. Jede Zelle hat 4 Grenzebenen: Boden, Decke, Wände und Fenster. Jede dieser Ebenen weist einen eigenen Charakter auf (beachte die Spielschemen der jeweiligen Zellen).



FUNKTIONSSYSTEM DES WOHNAUSES

Das Gebäudegerüst wird von mehreren G ­ ebäudekomponenten durchdrungen: - Gerüst. Das Gerüst macht keineswegs das Gebäude aus, es ist ein weiterer Bestandteil des Gebäudeentwurfes. Alle restlichen Gebäudekomponenten greifen ins Gerüst ein und schaffen sich somit Platz. Als Bespiel nehmen wir e­ inen ­Apfel, in dem es einen Wurm gibt. Der Apfel (das Gerüst) weist von außen kaum Veränderung auf. Dabei zerfrisst der Wurm (die Gebäudekomponenten + Verfasser) das Innere, ohne die Struktur des Apfels im Ganzen zu zerstören. Das Gebäudegerüst, bzw. das Raumgerüst hat eine wesentliche konstruktive und konzeptionelle Bedeutung.



- “Die Stadt in der Stadt” ist die Leitidee, die maßgebend für die Posi­ tionierung und Ausrichtung des ­Gebäudes ist. Dabei ist das Ver­halten einer Stadt in der Landschaft zu beachten und zu betrachten, bzw. der Umstand wie sich diese Stadt als System stark von der Umgebung trennt und sich eine eigene “Realität” zu schaffen scheint. - Das Gebäude ist den Himmels­achsen nach positioniert. Dabei wird das Gerüst zusätzlich um 99° um seine eigene Achse verdreht. - Das Gebäude betont seinen ­städtischen Charakter, indem es sich der Umgebung vollkommen entzieht und sich eine eigene “Insel” schafft. Dabei zieht sich die neu entstandene Struktur in die Höhe, was das Gebäudeverhalten in der Stadt übertrieben widerspiegelt. Durch seine “Entziehung” von der ­Umgebung wirkt das Gebäude souverän und unabhängig. Dieser starke Eindruck wird durch die “Offenheit” der ersten 3 Geschosse (des Podestes) aufgelockert.

LAGEPLAN

Adresse: Rue Florimont NEU: rue ±99, 1 4000 Liege (Lüttich) BELGIEN


GRUNDSTÜCKSAUFTEILUNG

- Die Eingangsebene des Gebäudes steht 11cm über dem umliegenden Straßenniveau. Durch raumhohe Öffnung wird dem Erdgeschoss (2P) Durchgangscharakter verliehen. - Der Podestbereich des Gebäudes (Untergeschoss(1P), Erdgeschoss (2P), 1 Obergeschoss (3P)) ist frei zugäng­lich. Hier ist der rohe Zustand des Gebäudes erkennbar und wahrnehmbar. - Das Podest spielt eine verbindende Rolle (eine Straße), was durch dessen offenen Charakter und Zugänglichkeit nochmals verstärkt wird. Im Erdgeschoss kann man die Gebäudeinsel durchqueren und auf die andere Gebäudeseite gelangen. - Der Rest des Grundstücks wird, wie im Lageplan zu erkennen, verteilt und an Dritte verkauft. Allerdings gibt es bei dem Grundstück strikte städtebauliche Vorgaben: das Gebäude darf die Traufhöhe der umliegenden Gebäude von ca. 12m nicht übersteigen; Das Gebäude muss über eine Tiefgarage verfügen, die für die Bewohner des Wohngebäudes “99” zugänglich ist. - Die neuentstandene Straße wird “rue±99” genannt. - Das Gebäude bzw. das Gebäudegerüst verdankt seine Geometrie der grafischen Umsetzung des Spielschemas (3x3 Quadrate) und der architektonischen Umsetzung der modularen Menschenmaße von Le Corbusiers “Modulor” (siehe GEBÄUDETYP/STRUKTUR).



ANSICHT WEST


DIE FASSADE

ANSICHT OST

- Die Fassade ist ein weiterer Gebäudeteil, der sein grundsätzliches Aussehen dem Zufall zu verdanken hat. Allerdings wird auch hier (wie bei allen anderen Gebäudebestandteilen) vieles vom Verfasser des Entwurfes bestimmt. Die Fassade weist zwar die Grundzüge des Gebäudegerüstes auf, löst sich aber gleichzeitig stark davon, indem unterschiedliche Fensterformate (Fenster im Treppenhaus) oder auch Öffnungsarten eingesetzt werden. Davon gibt es insgesamt 4 Arten: 1. Die volle Öffnung (Fenster von Wohnungen 2,26/2,26m); 2. die keine Öffnung; 3. Die perforierte Öffnung, die eine Mischung von den ersten 2 Öffnungsarten darstellt (bestehend aus 25 kleinen Fenstern (0,16/0,16m). Die Fenster sind auf einem 9x9 Raster verteilt, wobei jedes zweite Feld geschlossen wird); 4. Die kleine Öffnung im Treppenhaus, die den Eingang einer bestimmten Wohnung signalisiert (Öffnungen in dem Treppenhaus: Außenmaß: 1,29/1,29m, Innenmaß: 099/0,99m). Es ist zu beachten, dass auf allen 4 Fassaden insgesamt 99 Öffnungen zu finden sind (der Arten 1,3,4). Auf jeder Ansicht des Gebäudes findet sich auch eine bestimmte Anzahl an perforierten Öffnungen (Art 3). Pro Fassadenansicht müssen 99 (Art 3)kleine Fenster vorhanden sein, deren Position von dem Zufallsprinzip bestimmt wird. Die Fassadenoberfläche stellt einen weiteren Versuch dar, die Systematik des Gerüstes zu durchbrechen, indem die Prägnanz des starken Rasters des Gebäudegerüstes anhand einer horizontalen Schichtung (insgesamt 99 Schichten) des weißen Sichtbetons beruhigt wird.


- Das Treppenhaus ist ein Gebäudeteil, dessen Bewegungsrahmen vom Zufall generiert wird (siehe hierzu unter SPIELREGELN; Gruppe 2, Kategorie 4). Bei diesem “Gebäudesample” ist das Thema des Durchdringens und des teilweisen Zerstörens des Gerüstes am besten erkennbar. Die Treppe weist eine gewisse “Zügigkeit” auf (jeder Zug springt durch das Gebäudegerüst wie der Springer im Schachspiel). Jeder Zug (unabhängig von der Menge der Züge) kann an einer bestimmten Position ankommen (die Positionen sind in den Ecken des Gerüstes verteilt, siehe entsprechendes Pikto). Diese Position bezieht sich auf eine Zelle, in deren Schema erläutert wird, wie viele Züge es zum nächsten Geschoss geben müsste, wo die nächste maßgebende Zelle den weiteren Vorgang bestimmt. Die grundsätzliche Kleinteiligkeit des Treppenhauses wird nochmals betont, indem jeder der Treppenzüge eine eigene Atmosphäre aufweist, die im Spielschema vorgegeben wird. - Die Appartements werden wiederum vom Zufall geprägt. Bei der Erstellung der Appartementkompositionen sind bestimmte Regeln zu beachten (siehe SPIELREGELN; Gruppe 2; Kategorie 2), wie z.B. die gewisse Mehrgeschossigkeit einzelner Zellen oder auch über wie viele Geschosse sich das jeweilige Appartement ausstreckt. Bei den Wohnungen ist es wichtig zu beachten, dass deren Kompositionen (z.B. Erschließung) von den Gegebenheiten abhängig sind, die die Zellen ausmachen. Dadurch bilden sich Flure, Bäder oder Essnischen, die unterschiedliche Breiten aufweisen.

ERDGESCHOSS Eingangsebene Maßstab 1:150


1.WOHNGESCHOSS / 2. OBERGESCHOSS Wohnungen 1 und 4 Maßstab 1:150


2.WOHNGESCHOSS / 3. OBERGESCHOSS Wohnungen 2, 3 unn 4 Maßstab 1:150


3.WOHNGESCHOSS / 4. OBERGESCHOSS Wohnungen 2 und 2 Maßstab 1:150

- Möbel und deren räumliche Bedeutung. Die Möbelelemente spielen eine wesentliche Rolle und nehmen einen wichtigen Platz ein. Diese sind Raumelemente, die zu einem großen Teil vorgegeben sind (siehe Spielregeln; Gruppe 1; Kategorien 3,5,7). Durch das Platzieren von festeingebauten Gegenständen in den jeweiligen Räumen wird das Leben des Bewohners stark beeinträchtigt, da dieser gezwungen ist, mit dem eingebauten Möbelstück zu leben. Dies ist das Resultat der Untersuchung der Begriffe “Manipulation in der Architektur” und “Ausübung von Macht in der Architektur”. Dadurch wird der indirekte Dialog zwischen dem Bewohner und dem Architekten deutlicher, indem der Bewohner im Grunde ­gezwungen ist, die Choreografie der Architektur zu tanzen. Ein weiteres Raumelement, das das Leben des Bewohners stark beeinträchtigt ist das “zufällige” Einsetzen von Spiegeln- und Öffnungselementen. Dies ist wiederum ein direktes Zitat von Le Corbusier und dem Voyeurismus seiner Moderne. Durch solch einen Eingriff wird der Bewohner zu einer Art Gegenstand, der zu der Wohnung gehört, also sieht man sich nicht selber, sondern im Zusammenhang mit seiner Umgebung.


WOHNUNG 9 Blick ins Wohn,- und Esszimmer



SCHNITT AA Maßstab 1:150



SCHNITT BB Maßstab 1:150



SCHNITT CC Maßstab 1:150



GRUNDRISSLEGENDE


Das Gebäudegerüst wird von mehreren G ­ ebäudekomponenten durchdrungen: - Gerüst. Das Gerüst macht keineswegs das Gebäude aus, es ist ein weiterer Bestandteil des Gebäudeentwurfes. Alle restlichen Gebäudekomponenten greifen ins Gerüst ein und schaffen sich somit Platz. Als Bespiel nehmen wir ­einen ­Apfel, in dem es einen Wurm gibt. Der Apfel (das Gerüst) weist von außen kaum Veränderung auf. Dabei zerfrisst der Wurm (die Gebäudekomponenten + Verfasser) das Innere, ohne die Struktur des Apfels im Ganzen zu zerstören. Das Gebäudegerüst, bzw. das Raumgerüst hat eine wesentliche konstruktive und konzeptionelle Bedeutung. - Podest. Das Podest ist der unterste Bereich des Gebäudes, bestehend aus 3x9 Zellenräumen, welche nicht mit Zellen besetzt werden. Dabei besteht die grobe Gebäudegeometrie aus 4 aufeinander gestapelten Quadraten mit jeweils 3x9 Zellen (also 4x3x9), wobei das erste Quadrat in seinem rohen Zustand belassen wird. Die restlichen 3 Quadrate verlieren ihre geometrische Prägnanz, da diese vom Spielverfahren und dem Verfasser bzw. durch das Anlegen von Treppenzügen und Appartements verzahnt werden. Die Funktion des Podestes ist es, die Gebäudestruktur (das Gerüst) in ihrem Rohzustand zu zeigen und somit das Spiel einfacher zu veranschaulichen. - Treppenhaus. Der Weg, den das Treppenhaus “geht”, wird mit dem Zufallsgenerator ermittelt (siehe SPIELREGELN, Gruppe 2, Kategorie 4 (“Treppenhaus”)). Von hier aus werden die Wohnungen erschlossen. Dabei ist zu beachten, dass jeder Appartementeingang durch ein Fenster im Treppenhaus erkennbar wird. Pro Geschoss kann die Treppenhauslänge variieren. Dies hängt davon ab, wie viele Treppenzüge pro Geschoss ermittelt wurden (es sind bis zu 3 Treppenzüge pro Geschoss möglich). Dabei ist zu beachten, dass immer nur der letzte Treppenzug auch eine Treppe darstellt (ansonsten Gang). Jeder Treppenzug hat eine andere Atmosphäre, die in der Kategorie 8 (Subkategorien 2 bis 4)jedes Zellenschemas erläutert wird. - Appartements. Im Haus gibt es ins­gesamt 9 Wohnungen mit den ­folgenden Größen: 1 Wohnung x 3 Zellen, 3 Wohnungen x 11 Zellen, 5 Wohnungen x 9 Zellen. Die Entstehung der Appartementgrößen und deren Positionen werden im Zellenschema der maßgebenden Zelle (die Eingangszelle) erläutert. Das Zusammenstellen der Appartements ist vom Verfasser abhängig. - Zelle. Das Gebäudegerüst besteht aus insgesamt 108 (99 + 9) Hohlräumen, die die Zellenpositionen darstellen. Dabei befinden sich 9 der Zellenräume unterhalb des Straßenniveaus und 99 bilden den sichtbaren Teil des Gebäudes. Jede Zelle weist die Größe 2,26/2,26/2,26m auf. Jede Zelle ist ein Raum. Dieser Raum kann in jede Richtung expandieren, wobei die Zellenelemente (Boden, Decke, Wand, Fenster) in den Gerüstbereich eingreifen müssen, aber nicht in den eigentlichen Zellenbereich hineingreifen dürfen (die Zelle darf nicht kontrahieren). - Zellenelemente: Wand, Boden, Decke, Fenster. Jedes dieser Elemente stellt eine Grenze dar, die den Zellencharakter ausmacht. Diese Elemente verändern ihre Position und ihre restlichen Eigenschaften (Matrial, Farbton, etc.) nach dem Zufallsprinzip. - Elemente in den Elementen. Jedes der Zellenelemente (Boden, Decke, Wand, Fenster) “besitzt” weitere eingebaute Elemente (Möbel auf dem Boden, Leuchten an der Decke, Spiegel und Öffnungen in den Wänden, zu öffnende Fenster in den Fensterebenen), deren Position, Größe und Verhältnis zueinander vorgegeben sind. Ziel dieser Elemente ist es, einen indirekten Dialog zwischen Architekt und Nutzer entstehen zu lassen, bei dem die Grundregel der Manipulation in der Architektur übertrieben dargestellt wird.


La Vie 99

Lehrstuhl f端r Bauplanung und Baurealisierung / Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Sabine Br端ck Sommersemester 2010


Die Sonne in Beton einsperren

Kunsthaus Architekton

Der Häuserblock zwischen den Bergsteingasse, Bartholomäusstraße und dem Bethlehems Platz gilt als Dokument der komplizierten Bebauungsentwicklung der Prager Altstadt. Die Grundrissform dieses Häuserblocks kopiert im Wesentlichen die Form eines mittelalterlichen Gehöfts, welches an einem alten Handelsweg entstand. Dieser Weg stellte im Mittelalter eine wichtige Verbindung zwischen der Prager Burg und der im Süden, außerhalb der Stadtmauer, gelegenen Burg „Vyšehrad“ dar. Während der Verdichtung der Stadtbebauung - die mit der steigenden Bedeutung Prags (1212 verlieh Kaiser Friedrich II. Böhmen den Status eines Königreichs) ansetzte - wurde auch das Gehöft allmählich zu einem Häuserblock ausgebaut, der schließlich im 19. Jahrhundert aus drei zweigeschossigen Häusergruppen (Nr. 309, Nr. 349 und Nr. 350) bestand. Zu den größten und umstrittensten Umbaumaßnahmen Prags gehört die 1893-1913 durchgeführte Sanierung der Prager Altstadt, die u.a. dazu führte, dass fast die gesamte Bausubstanz des jüdischen Viertels spurlos verschwand. Diese Sanierung betraf teilweise auch den Häuserblock an der Bergsteingasse. Das Haus Nr. 349 wurde abgerissen und ein fünfgeschossiges neobarockes Miethaus wurde anschließend an seiner Stelle errichtet. Als „Zeugnis“ des nur teilweise realisierten Blockumbaus blieb an der exponiertesten Block-Ecke eine enge, verwinkelte und durch unterschiedlich hohe Bauobjekte begrenzte Baulücke über, die nun seit mehr als 100 Jahren auf eine - den örtlichen Gegebenheiten entsprechende - Baulösung wartet. Aufgabe dieses Entwurfs ist in der räumlich komplexen Baulücke an der Bergsteingasse eine Kunstgalerie zu entwickeln, die sich harmonisch und sinnvoll in das Gesamtensemble des Häuserblocks einfügt und die - formal wie auch funktional - der außerordentlichen Ecksituation eine neue Qualität verleiht. Es entstand eine Architektur, die sowohl eine ästhetisch hochwertige Außenwirkung (das Plastische) sowie eine erlebnisvolle Innenwirkung (das Räumliche) hat und nicht zuletzt den gegenwärtigen Bauanforderungen gerecht ist.


„In meiner suprematistischen Architektur sehe ich den Anfang einer neuen Baukunst. Sie soll anders sein, als die bisherige Architektur, die nur zweidimensional denke, die nur die Fassade gestalte und den räumlichen Körper nicht als solchen sehe.“ schreibt 1927 der russische Maler Kasimir Malewitsch, dessen Interesse sich - nachdem seine malerischen Experimente an einen vorläufigen Endpunkt gelangt sind - der Erschließung der dritten Dimension zuwendet. Mit dem Begriff „Architekton“ bezeichnet er seine architektonischen Entwürfe (Gipsmodelle), die nicht funktional sondern nur Darstellungen räumlicher Strukturen sind. Zur Bedeutung der Begriffschöpfung „Architekton“ äußert sich Malewitsch nicht direkt, er unter­ scheidet jedoch zwischen architectonic, der zwecklosen Bauform, und architectural, dem materiellen Ausdruck eines bestimmten Zwecks. Mit einem „Architekton“ wird also nicht die ma­ terielle ­Konstruktion, sondern der Raum in seiner grundlegenden tektonischen Struktur erforscht.

Kasimir Malewitsch Schwarzes Quadrat 1915







ERDGESCHOSS MaĂ&#x;stab 1:200

6

1. Eingangstreppe 2. Eingangsbereich 3. Foyer 4. Verkauf 5. Garderobe 6. Mehrzweckraum 7. Treppenraum


5 3

4

2

7

1


2. OBERGESCHOSS Ausstellungsbereich Maßstab 1:200 1. OBERGESCHOSS Ausstellungsbereich Maßstab 1:200


4. OBERGESCHOSS Ausstellungsbereich Maßstab 1:200 3. OBERGESCHOSS Ausstellungsbereich Maßstab 1:200



FOYER Erdgeschoss


AUSSTELLUNGSBEREICH 1. Obergeschoss



SCHNITT AA Maßstab 1:200


SCHNITT BB Maßstab 1:200


FENSTERDETAIL Außenschale und Innenschale Textilbeton 40mm (Ton-Sand-Basis, um der Farbigkeit der Außenfassade zu entsprechen). Von Außen wird der Kasten unbehandelt gelassen und ist somit als eigenständiges Element wahrnehmbar. Einzig wird die Schale (sowie auch der Rest der Sichtbetonwand) mit einer Schicht Glimmer angestrichen, wodurch ein höherer Witterungsschutz entsteht. Der Kasten wird von einem Rahmen gehalten, welcher einerseits zur Verbesserung der Festigkeit des Kastens bei­trägt und zusätzlich Platz für die Verankerungsanschlüsse (Verbindung Kasten-Wand) lässt. Der Rahmen der Schalen wird zum größten Teil mit Polystyrol-Hartschaum aufgefüllt, womit die Schale insgesamt wesentlich leichter wird und zusätzlich an Steifigkeit gewinnt. Aufbau Innen-Außenschale Als Erstes wird die Außenschale montiert. Zwischen Außen- und Innenschale wird 80 mm PolystyrolHartschaum aufgefüllt, welcher wiederum an der Wärmeisolierung der Kernbetonwand angebunden wird. Zusätzlich, aufgrund der unterschiedlichen Betonstärken und somit auch der unterschiedlichen Temperatur­unterschiede, wird noch eine Trennlage (PEFolie) auf der Hinterseite des Hartschaumes langführt. Anschließend wird die Innenschale aufmontiert. Die Ankerlöcher werden entsprechend mit fahrbig ähnlichem Material aufgefüllt. Als Abschluss des Fensterelementes wird ein sich um seine eigene Achse drehbares Fenster angebunden, das automatisch gedreht werden kann. Dies trägt dazu bei, dass der Innenraum auch unabhängig von der Klimatechnik des Gebäudes belüftet werden kann.



FASSADENSCHNITT CC Ohne Maßstab



GEBÄUDEANSICHTEN Ohne Maßstab


Kasimir Malewitsch Schwarzer Kreis 1915


Kunsthaus Architekton

Lehrstuhl f端r Konstruktives Entwerfen / Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Mirko Baum Wintersemester 2010/11


Es ist die Geschichte, diese Unvorherseh­ barkeit der Zu­kunft, basierend auf der Vergangenheit, die den Typus Dorf verkörpert und diesem den Ausdruck einer Idylle verleiht. Die Idylle, wo man frei ist von all dem, was einen Alltag ausmacht. Dies ist die Suche nach der Romanze mit dem Raum, der uns eine Geschichte zuflüstert, eine Vergangenheit verspricht und in die Bahn der Zukunft verführt.

5 Neue Dörfer

Pseudonarrative Dorfgense


DIE NATUR, DIE LANDSCHAFT, DAS DORF, DIE STADT


GEORGES PEREC Modulares System als Mittel zur Komposition komplexer narrativer R채ume


PLANUNGSGEBIET


UMZUSIEDELNDE DÖRFER OBERWESTRICH BERVERATH UNTERWESTRICH KUCKUM KEYENBERG

UMSIEDLUNGSGEBIET


5 DÖRFER

(zu umsiedelnde Dörfer)

DORFVERBINDUNGEN Ausgeprägte Vegetation findet Platz in unmittelbarer Nähe oder in den Dörfern selbst. Die restliche Fläche erweist sich als Ackerbaufläche, verfügt über keine markanten räumlichen Situationen, die städtebaulich eine signifikante Rolle spielen könnten. Keyenberg und Unterwestrich / Kuckum werden durch eine von starkem Baumbewuchs geprägte Straße untereinander in Bezug gesetzt. Es gilt, diese Verbindung der erwähnten Dorfanlagen zu erhalten, bzw. zu interpretieren. Oberwestrich dagegen zieht sich zurück, obwohl es erschließungs­ technisch von Keyenberg und Unterwestrich dominiert wird. Berverath ist als Dorf die einzig neu zu planende Struktur, die keinerlei Bezug zu den restlichen vier Dörfern aufnimmt.


PLANUNGSGEBIET Venrath Süd / Erschließung Relevante Verkehrsanbindungen, also Haupterschließ­ungs­wege, sind in diesem Plan in Schwarz dargestellt. Diese Wege bilden den Rahmen, bzw. die Grenzen, die das Planfeld formulieren. Diese Wege dürfen nicht umgeplant oder gar verworfen werden.

Von Relevanz sind folgende Dorfstrukturen: Venrath Kaulhausen Terheeg Neuhaus Autobahn Schutzwall Anhand der Pläne wird ersicht­ lich, wie sich die Straßendörfer und deren Wohnstrukturen wandeln: Von einer gewachsenen Dicht­ bebauung zu einer lockeren Einfamilienhaus-Randbebaung. Grundsätzlich fällt auf, dass aufgrund der relativ dichten Bausubstanz die Dorfstrukturen gewiss den Charakter suburbaner Siedlungen besitzen. Das heißt, die Hauptstraßen der Dörfer werden von mehrgeschossig angelegten, dicht aneinander gebauten Häusern flankiert, was den Straßenraum in seiner Präsenz deutlich verstärkt. Diese suburbane Typologie der vorhandenen Straßendörfer markiert die Problematik der Bezugslosigkeit der Strukturen zur umliegenden Landschaft, da eine sichtliche Verbindung zu der umgebenden Natur nur in der Peripherie der Dörfer wahrnehmbar ist.

PLANUNGSGEBIET Venrath Süd / Schwarzplan


PARZELLENVERGLEICH ZWEIER WOHNTYPEN IN EINEM D ­ ÖRFLICHEN ­ZUSAMMENHANG

Gewachsene Struktur - formt samt Nachbarhäusern eine eindeutige städtebauliche Situation. - Durch die Geometrie des Grundstücks entsteht eine geometrische Verzahnung zu den Nachbarparzellen.

GEBÄUDETYPOLOGIEN / VON KEYENBERG UND VENRATH


Neue Struktur - die Parzellen besitzen keine Individualität - die Parzellen bilden keine Einheit. Diese verhalten sich unabhängig voneinander, wodurch kein städtebauliches Ensemble entstehen kann.

STUDIE ZU DEN DACHABSCHLÜSSEN

Auffallend ist, dass über 90% der Häuser über ein Satteldach verfügen.

Keyenberg


KONZEPT ZUR AUFTEILUNG DER UMZUSIEDELNDEN DÖRFER

Ausgehend von der Analyse der bestehenden Dorfzusammenhänge zwischen Oberwestrich, Berverath, Unterwestrich, Kuckum und Keyenberg, nimmt die neue Dorforganisation starken Bezug auf die Vorherige. Demnach bilden Kuckum und Unterwestrich sichtlich eine Einheit. Keyenberg stellt sich Kuckum gegenüber und steht somit jeweils in starkem Bezug zu Kuckum und Unterwestrich. Oberwestrich entzieht sich, ohne jedoch seinen Bezug zu den anderen Dörfern völlig zu verlieren. Berverath dagegen wird so positioniert, dass es einen stärkeren Bezug zu den Dörfern Venrath und Kaulhausen aufnimmt. Diese Teilung der fünf Dörfer wird dadurch verstärkt, dass eine der wichtigen Verkehrsadern des Gebiets das Planungsfeld in zwei Pole halbiert. Weitere Maßnamen: - Der Schutzwall wird entlang der Autobahn weitergeführt. Somit wird zum einen eine akustische Schwelle aufgebaut und zum zweiten werden die Kanten des Feldes markanter, was dessen räumliche Präsenz verstärkt. - Es wird eine Verstärkung des Baumbestands unterhalb von Neuhaus geplant. - Eine weitere Verstärkung der Vegetation findet östlich von Berverath statt, die zum einen die Dörfer Venrath, Berverath und Kaulhausen räumlich miteinander vernetzt und gleichzeitig einen Sicht- und Schallschutz zum Tagebau hin ermöglicht. - Flurerschließung auf dem Planungsgebiet wird nicht berücksichtigt. - Die Baumbestände der vorhandenen relevanten Verkehrsanbindungen werden verstärkt. - Bei dem Anlegen der neuen Dorfgrenzen wird ein Abstand von mindestens 50 Metern zu den bestehenden Dörfern gehalten.



DIE REALITÄT UNSERER REALITÄT

no comment

ZIEL: GEMEINSCHAFTSBILDUNG


ZHERAVNA / BULGARIEN

Scherawna (auch Zheravna, Žeravna oder Jeravna geschrieben) ist ein ostbulgarisches Dorf am Fuße des Balkangebirges in der Gemeinde Kotel im Bezirk/ Oblast Sliwen. Die alten Häuser sind wegen ihrer einzigartigen Architektur unter Denkmalschutz (Architektur-Reservat) gestellt und vom Bulgarischen Tourismusverband zur Nummer 56 der 100 nationalen touristischen Objekte des Landes ernannt worden. Scherawna liegt am Fuße des östlichen Balkangebirges, an der Grenze zwischen östlichem und mittlerem Balkangebirge. Das Dorf liegt 14 km südlich von Kotel, rund 328 km östlich der bulgarischen Hauptstadt Sofia und ca. 120km westlich der Schwarzmeerhafenstadt Burgas in landschaftlich reizvoller Lage inmitten des umgebenden Gebirges. (Wikipedia)


VENRATH


ZHERAVNA


PSEUDO-NARRATIVE DORFGENESE



40

7

64

45

126

SPIELSCHEMA

Parzellengeneration DieserVorgang wird für alle Parzellen aller umzusiedelten Dörfer wiederholt

PARZELLENGRUPPE

DieserVorgang wird für alle Parzellengruppen der 5 Dörfer wiederholt


ERGEBNIS DES SPIELVORGANGS FÜR ALLE DÖRFER

Auflistung der Parzellengeometrien und der Parzellengruppen der jeweiligen Dörfer

Oberwestrich

Berverath

Unterwestrich

Kuckum

Keyenberg


FÜNF NEUE DÖRFER / MASTERPLAN RÄUMLICHE ZUSAMMENHÄNGE AUF DEM NEUBAUGEBIET Oberwestrich Berverath Unterwestrich Kuckum Keyenberg




StraĂ&#x;enbild Berverath


SCHWARZPLAN Auffallend ist der Unterschied der Dorftypologien

HAUPTERSCHLIESSUNGSWEGE DER NEUGEPLANTEN DORFANLAGEN In Schwarz dargestellt ist die neuentwickelte ErschlieĂ&#x;ungsstruktur


PROVISORISCHE HAUSVERTEILUNG 2 Erfolgt nach bestimmten Regeln (siehe Regelblatt)

PROVISORISCHE HAUSVERTEILUNG 1 Erfolgt nach bestimmten Regeln (siehe Regelblatt)

STRASSENRÄUME (IN SCHWARZ)

PARZELLENSTRUKTUR (IN SCHWARZ)


Berverath Detailauschnitt MaĂ&#x;stab 1:500 Teil 1


Berverath Schnitt AA Maßstab 1:300

Die Straße


Berverath Schnitt BB MaĂ&#x;stab 1:300

Der Platz


Berverath Detailauschnitt MaĂ&#x;stab 1:500 Teil 2



DAS DORF, DIE LANDSCHAFT, DAS DORF, DIE LANDSCHAFT, DAS DORF


5 Neue Dörfer

Lehrstuhl und Institut für Städtebau und Landesplanung / Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Kunibert Wachten Wintersemester 2011/12


Das Haus meiner Selbst

Aufgabe: Ein Wohnhaus – Die tektonische Projektion meiner Selbst. Als Archetyp ist das Wohnhaus ein Bau, der einer bloßen Nutzung unterworfen wird. Die Intention dieser Arbeit ist jedoch die Transponierung der wesentlichen Bestandteile einer menschlichen Persönlichkeit in architektonisches Vokabular, so dass letztlich die Kreation eines tektonischen Organismus entsteht. Eine architecture parlante.

Kreation: Die Rolle eines Architekten besteht nicht darin, ein Gebäude zu erbauen, sondern einen Organismus in tektonischer Form zu erschaffen. Dieses unabhängig lebende Gefüge resultiert aus der Zerlegung, Reflektion und erprobten Neuzusammensetzung der Gesamtheit des Schöpfers. Der Vorgang dieses psychischen Erzwingens verlangt eine Disposition auf der geistigen Ebene des Denkenden. Bei der Entwicklung einer tektonischen Komposition ist einzig die Frage nach dem Warum relevant, denn darin sind auch das Wie und Was enthalten. Es beginnt die Suche nach dem Fundament der eigenen Wahrnehmung. Die Komponenten dieses geistigen und gleichsam baulichen Ausgangspunkts verleihen dem Gedanken einer architektonischen Vision Gestalt.

Selbstbildnis: Ein Selbstbildnis beeindruckt nicht nur durch die formal gekonnte Darstellung der eigenen Person. Ein gelungenes Selbstportrait findet seine Rechtfertigung in der Enthüllung jener existenzieller Wesensmerkmale, die hinter dem Schein der äußerlichen Maske verborgen liegen. Ein Selbstbildnis folgt einem systematischen und regelhaften Konstrukt. Festgelegte kompositorische Merkmale wirken dabei nahezu mathematisch präzise. Jeder Strich scheint penibel festgelegt und unwiderlegbar positioniert zu sein. Doch erst der konkrete Bruch jener malerischen oder grafischen Systematik, eröffnet dem Betrachter einen Blick in das Innerste des Dargestellten. Dieser Bruch enthüllt die Suche nach der Wahrheit und ist Vorraussetzung für die gelungene Vollendung des Werks als Kreation der Schönheit, deren Erkenntnis unsere einzige Bestimmung ist. Dieser Akt des Bruchs der Regel und die sich daraus ergebende Schönheit, nenne ich Poesie.


Lieber Leser, stellen Sie sich einen Raum vor, der kein Raum ist. In diesem Raum, der kein Raum ist, gibt es drei Seiten, die Flächen sind. Zwei der sich gegenüber liegenden Seiten, die Flächen sind, sind weit voneinander entfernt. Die dritte Seite, die eine Fläche ist, in diesem Raum, der kein Raum ist, verbindet die sich gegenüber liegenden Seiten, die Flächen sind. Die erste Seite, die eine Fläche ist, ist Licht, das geschmeidig den Raum erfüllt, der kein Raum ist. Die zweite, der ersten gegenüber liegende Seite, die eine Flächen ist, ist Gold, das die erste Seite, die eine Fläche ist, in sich aufnimmt. Die dritte Seite, die eine Fläche ist, die die erste und die zweite Seite verbindet, die Flächen sind, ist ein wunderbares Kirschholz, das sanft ruht. Nehmen wir diese drei Seiten, die Flächen sind, und geben ihnen Namen. Die erste Seite, die eine Fläche ist, nennen wir Fenster. Die zweite, der ersten gegenüberliegende Seite, die eine Fläche ist, nennen wir Wand. Die dritte, die erste und zweite Seite, die Flächen sind, verbindende Seite, die Fläche ist, nennen wir Boden. Das Dazwischen in diesem Raum, der kein Raum ist, nennen wir Leere, die Nichts ist im Etwas. Das Licht, das geschmeidig den Raum erfüllt, der kein Raum ist, in diesem Raum, der kein Raum ist, ist taub, also nicht scharf. Hinter dem Fenster, das die erste Seite ist, die eine Fläche ist, ist kein Außen, also ist das Außen dieses Raumes, der kein Raum ist, ein Innen. Ist dann dieser Raum, der kein Raum ist, ein Außen des Inneren, das des Raumes, der kein Raum ist, das Außen ist? Das taube Licht, das geschmeidig den Raum erfüllt, der kein Raum ist, dringt nicht tief in die Leere, die Nichts ist im Etwas, des Raumes, der kein Raum ist, hinein. Die Lichtpartikel verlieren sich in der Dichte der konstruktiven Leere, die Nichts ist im Etwas, dieses Raumgerüstes; sie können der ersten Seite, die eine Fläche ist, die wir Fenster genannt haben, des Raumes, der kein Raum ist, nicht entweichen. So können sie die zweite Seite, die eine Fläche ist, die wir Wand genannt haben, nicht berühren. Die Leere, die Nichts ist im Etwas, verschlingt sie nahezu vollständig. Doch nicht alle! Die zweite Seite, die eine Fläche ist, die wir Wand genannt haben, die aus Gold ist, das die erste Seite, die eine Fläche ist, in sich aufnimmt, lebt auf und schimmert in sich und in den Raum hinein mit einem fast unmerklich dunkel-warmen Glanz. Der Raum, der kein Raum ist, vibriert. Seine stille Existenz kollabiert in eine melancholische Lebhaftigkeit. Doch die Leere, die Nichts ist im Etwas, ist gegenwärtig – dunkel, zart, geheimnisvoll und tief. Das Licht, das geschmeidig den Raum erfüllt, der kein Raum ist, das sich dem Fenster entzieht, wirbelt die Staubteilchen auf, verleiht diesen Volumen und Ausdruck, reflektiert von deren körniger Oberfläche, die aus weiteren, in der Luft schwebenden, unsichtbaren und unantastbaren Substanzen bestehen, in den Raum hinein, der kein Raum ist und wärmt meine utopische Vision einer Abstraktion. Der dunkle subtile Raum, der kein Raum ist, erfährt eine Metamorphose. Das Dunkel der Leere, die Nichts ist im Etwas, dieses Raumes, der kein Raum ist, verwandelt sich in Finsternis, die tief und sanft ist in ihrer abweisenden Wärme. Das Hell’ des Raumes, der kein Raum ist, wird zu einer Fläche, die rau ist in ihrer heimeligen Kühle. In dem Raum, der kein Raum ist, ist ein Stuhl, der eher ein Sessel ist, der vielleicht ein Bett ist. Auf diesem Stuhl, der eher ein Sessel ist, der vielleicht ein Bett ist, sitzt eine Frau, die alt ist und rau. Sie blickt zur ersten Seite hinüber, die eine Fläche ist, die wir Fenster genannt haben. Sie blickt ins Innere des Außen oder ins Äußere des Inneren. Die Reflektion der Frau, die alt ist und rau, in dem leuchtenden Glas, erschafft die Konturen eines weiteren Raumes, der kein Raum ist, in dem Raum, der kein Raum ist. Eine gefangene Gestalt, in einem gefangenem Raum, der kein Raum ist, in einer Vision einer Utopie. Das Gesicht der Frau ist vom Licht, das geschmeidig den Raum erfüllt, der kein Raum ist, erstrahlt. Sie bewegt sich nicht. Sie starrt in ihre eigene Gefangenschaft hinein, die nackten Arme auf den nackten Beinen; die Hände aufeinander ruhend. Ihr Körper ist von einem leichtem seidigen Kleid vor unseren Blicken geschützt. Das Gesicht, ein schweres, müdes Gesicht, blickt zum Fenster und nicht weiter. Die goldenen Haare, nach hinten gebunden, verlieren ihren


Glanz, bis sie sich in Schwärze verwandeln. Die Augen sind schwarz, schlucken die Leere, die Nichts ist im Etwas, ins sich hinein. Der Rücken dieser Gestalt in diesem Raum, der kein Raum ist, geht in die Leere über, die Nichts ist im Etwas. Allein der goldene Schleier der zweiten Seite, die eine Fläche ist, die wir Wand genannt haben, verleiht dieser leblosen, starren Existenz, eine Kontur und begründet ihr Dasein. Die Frau sitzt auf einem Stuhl, der eher ein Sessel ist, der vielleicht ein Bett ist. Unterhalb dieses Stuhls, der eher ein Sessel ist, der vielleicht ein Bett ist, ist die dritte Seite, die eine Fläche ist, die wir Boden genannt haben. Unterhalb dieses matt-rötlichen Kirschbodens, der sanft ruht, ist Gestein, das kalt ist und karg. Der Kirschboden, der sanft ruht, ist in Latten zergliedert. Jede Latte misst 165 auf 1829 Millimeter. Die Latten stehen auf einer regelmäßig darunter verlegten Konterlattung in Abständen von 267 Millimetern. Jetzt nähren wir uns der Frau, die alt ist und rau. Zuerst müssen wir eine Stufe, die 165 auf 267 Millimeter misst, überschreiten, um in diesen Raum, der kein Raum ist, zu gelangen. Die Leere, die ein Nichts ist im Etwas, umgibt uns. Nur die dritte Seite, die eine Fläche ist, gibt uns Halt und stützt unsere Anwesenheit. Die zarte Reflektion des Lichtes, das geschmeidig den Raum erfüllt, der kein Raum ist, gibt uns Sicht. Wir tragen Filzschuhe, so kommen wir nicht in unmittelbare Berührung mit diesem Raum, der kein Raum ist. Doch der Boden spricht zu uns. Der Boden, den wir so genannt haben, der die dritte Seite ist, die eine Fläche ist, die die erste und die zweite Seite, die Flächen sind, miteinander verbindet, ächzt. Ach, dieser wunderbare Kirschboden, der sanft ruht, in diesem Raum, der kein Raum ist. Hören Sie wie alles vibriert und einen stumpfen hohlen Klang erzeugt? Hören Sie, wie die Holzlatten, die 165 auf 1829 Millimeter messen, unter Ihren Filzschuhen knartzen? Und nun erfüllt sich der Raum, der kein Raum ist, mit Gesang. Hören Sie, wie die Materialien ihr Dasein manifestieren? Hören Sie diesen wundersamen Klang dieser utopischen Vision?






SPIELVORGANG Schilderung der Spielschritte



KARTE VON HIDDENSEE/GRUNDSTÜCK AN DER NORDKÜSTE


ZUGANG ZUM GRUNDSTÜCK


DAS HAUS IN DER UMGEBUNG



ERDGESCHOSS ohne MaĂ&#x;stab

1. Empfangsraum 1.1 Abstellnische 2.3 Dachterasse 3. Kochraum 4.2 Wasserspeicher 5. Nassraum 5.1 Heizkeller 6. Wohnraum 6.1 Patio 6.2 Zugang zum AuĂ&#x;enraum 7. Arbeitsraum 7.1 Modellbaunische 7.2 Abstellnische 7.3 Denknische 8. Bibliothek 9. Ort

2.3


5.1

5

4.2

6.2

6

9 1 1.1

6.1

7.2 7.3

7

8 7.1

3


1. Empfangsraum (Zugangsebene) 1.2. Garderobe 2. Essraum 2.1. Abstellnische 2.2. Patio 3. Kochraum (Zugangsebene) 3.1. SpĂźlnische 4. Schlafraum 4.1. Garderobe 5. Nassraum 5.2. Badenische 5.3. Duschnische 5.4. Abort 5.5. Waschnische 8. Bibliothek 8.1. Binderei, Druckerei 8.2. Lesenische

1. UNTERGESCHOSS Zugang zum Haus ohne MaĂ&#x;stab

5.2

2.1

8.2

2.2

3

3.1 5 5.4

4 5.3 5.5

1

1.2

2

8

8.1


2. UNTERGESCHOSS ohne Maßstab

4.1 4


ESSRAUM




WOHNRAUM


ARBEITSRAUM



SCHNITT AA ohne Maßstab

5

4.1

4

4.2


SCHNITT BB ohne MaĂ&#x;stab

4. Schlafraum 4.1 Wasserspeicher 4.2 Garderobe 5. Nassraum 5.1 Heizkeller 5.3 Duschnische 5.5 Waschnische 6. Wohnraum 9. Ort

9 4.1

5.1

5.3 4

4.2

5.5

6


SCHNITT DD ohne Maßstab

9 2.3 3

7

8

2 8.1


SCHNITT EE ohne MaĂ&#x;stab

1. Empfangsraum 2. Essraum 2.1 Patio 2.3 Dachterasse 3. Kochraum 4. Schlafraum 4.1 Wasserspeicher 7. Arbeitsraum 8. Bibiothek 8.1. Binderei / Druckerei 9. Ort

9 1

2.1

4.1

2

4


SCHNITT GG ohne Maßstab

9 7

6


6. Wohnraum 6.1 Patio 6.2 Zugang zum Außenraum 7. Arbeitsraum 7.3 Denknische 9. Ort

SCHNITT HH ohne Maßstab

9 7.3

6

6.1

6.2


SPIELVORGANG Ergebnisse mehrerer Spielvorg채nge


Ein dämmrig flackerndes Licht, das geschmeidig den Raum erfüllt, der kein Raum ist, legt sich kreisförmig über das sanft reflektierende Gold, das die erste Seite, die eine Fläche ist, in sich aufnimmt, und die Bodendielen. Am äußersten Lichtrand verbinden sich die schummrig dunklen Konturen der Frau, die alt ist und rau, mit dem finsteren Nichts des Raumes, der kein Raum ist. Stille. Aus der Stille entsteht der Klang. Das alte dunkle Holz erklingt ruhig und hingebungsvoll in Moll. Silbern schimmern die Saiten im Licht, das geschmeidig den Raum erfüllt, der kein Raum ist. Der erste Ton klingt kräftig herb. Kaum ist die schlichte Kühle und konstante Präzision der leeren d-Saite wahrgenommen, verflüchtigt sich der Klang in die Finsternis. Noch im Nachsinnen begriffen, ertönt ein neuer, intensiverer Klang. Ein rauer und dennoch fast schaurig reiner Akkord. Eine Quinte mit einem tiefen a als Grundierung. Darüber ein seufzender Kampf zwischen f und e. Immer schnellere Wechsel, nach langem Flehen gewinnt e und harmoniert mit a. Doch nur um nach einer schnellen Sechzehntelverbindung den eigentlichen Höhepunkt des Anfangs zu erreichen und sich in einem unverminderten Dreiklang aufzulösen. Dies ist die bisher lauteste Stelle. Das tiefste d wird zeitgleich mit dem darüberliegenden a reißend und kurz angespielt und dient als Basis für den Zielton f, der sich eindringlich ausbreitet. Drei Achtel leiten abwärts gerichtet zu drei weiteren ruhigeren Achteln, die leicht von einander abgesetzt sind und wieder bei f enden. Schon führt eine ganze Gruppe aus Sechzehnteln unter einem Legatobogen zur finalen Dissonanz. D ringt drei Achtelschläge mit cis und verliert. Die erste Phrase ist erklungen. Sogleich leiten drei Achtel zu einer Wiederholung der anfänglichen Akkordfolge, d a f übereinanderstehend. Von hieraus führen diesmal jedoch drei Achtel hinauf zu g. Drei freudige Sechzehntel-Legato-Paare schwingen sich auf und ab bis hin zum strahlend hellen d der a-Saite. Kaum erreicht, mahnt ein tieferes f zur Auflösung in c-Dur. F gibt seine Position natürlich nicht widerstandslos auf und streitet fast drei Achtelschläge lang mit e. Die beiden tiefen leeren Saiten c und g verlangen zur Vollendung ihres ausgeglichenen Zusammenklangs e, f kapituliert. Nun wird das Ende eingeleitet. Wie sollte es anders sein, drei Achtel beginnen und führen zu allerlei dissonanten Tonverschmelzungen, die eine friedliche Auflösung in weite Ferne zu rücken scheinen. Zunächst einen Achtelschlag f über a, hinleitend durch ein Sechzehntelpaar zu einer sich angenehm beißenden punktierten Viertelgruppe, bestehend aus b d und a. Weiter in gleicher Weise, gesteigert durch eine Verschiebung um jeweils einen Ton nach oben. Nun also g über tiefem b, durch zwei Sechzehntel weitergeleitet zu einem hohen b über leerem g und darüberliegendem f. Das hohe b klingt drei Achtelschläge, g und f sogar vier. Über diesem kernigen Grund erheben sich c und d legato auf der a-Saite und verlangen nach einem hohen e. Die Erwartung erfüllt sich, jedoch eine Oktave tiefer. Von hieraus weisen drei Achtelpaare zum versöhnlichen Schluss. Alles scheint sich nach f zu sehnen, doch so gut es geht wird eine Verzögerung inszeniert. E schiebt sich vor f, das tiefe leere c verlangsamt den Tanz, g, dann endlich f, doch nein, ein retardierendes e steigt empor und verbannt das f für einen letzten Moment, bis dieses endlich frei entschwebt. Ein triumphierendes und voluminöses f wird langsam schwächer. Fast schon verschwunden, fällt es eine Oktave tiefer. Das tiefste f, der letzte Ton, klingt vier lange Achtelschläge. Sich unendlich fortsetzend, verlässt der Klang den Raum, der kein Raum ist. Diminuendo. Morte.


Das Haus meiner Selbst

Lehrstuhl f端r Wohnbau und Grundlagen des Entwerfens / Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Wim van den Bergh Sommersemester 2012


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