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Leserbriefe
Zur Diskussion um die Dresdener Sonderausstellung „Hitlers Elitetruppe?“ und den Beitrag von Prof. Dr. Epkenhans in tK 6/2021 erreichte uns dieser Leserbrief von Dr. Christian Medick:
Eine historische Ausstellung findet sicher immer aus dem Blick der „Gegenwart“ statt. Sie sollte aber - sofern man nicht unter ideologischer Herrschaft lebt - nicht den politischen Zeitgeist rechtfertigen und auch nicht von einer „ehrenhaften“ pädagogischen Absicht getragen sein. Diese nämlich werden die Ausstellungsmacher von Dresden nicht leugnen können. Zur Darstellung möglichst aller historischen Aspekte sollte man der Sonderausstellung gerade in Dresden die Bombenangriffe auf diese Stadt und deren Zivilbevölkerung zumindest gedanklich gegenüberstellen dürfen, und dazu kontrastierend aktuelle Erscheinungen wie die Februarparole „Bomber Harris höre doch, Dresden gibt es immer noch“, ferner offizielle Verlautbarungen wie „Dresden sei keine unschuldige Stadt gewesen“, womit gleichzeitig mit der Industrie eine Nähe zu Hitlers verbrecherischer Wehrmacht zumindest assoziiert werden könnte und die Greuel des Bombenangriffs relativiert oder gar gerechtfertigt. Erwähnt man dazu auch noch den gegenwärtigen Ukraine- Krieg, der im Bewußtsein vieler Menschen inzwischen wohl doch etwas zurecht gerückt hat, dann dürfte der unlautere Zweck der Dresdener Ausstellung zu einem vermeintlich deutschem Alleinstellungsmerkmal nachträglich mit einem Verfallsdatum zu versehen sein. Auf S. 22 des Beitrags offenbaren zwei Passagen die Grundrichtung bzw. Absicht der Ausstellung: „Insbesondere an der Rechtslastigkeit des Verbandes ...“ und acht Zeilen später „der gleichfalls rechtslastigen Ordensgemeinschaft ...“.- Eine derart wertende Aussage muß nicht weiter kommentiert werden, aber leider kann man sich heute mit solchen Bewertungen bereits vor Gericht legitimieren. Skepsis und Kritik sind a priori zu Antipoden des „Guten“ geworden. Das zeigt sich sogar in der aktuellen Impfkampagne. Dogmatik ist in etlichen Bereichen eben auf dem Vormarsch. - Wenn übrigens das NS-Regime 1939 Europa und Welt in Brand gesetzt haben soll ..... wie nimmt sich daneben Hitlers Friedensappell (Reichstagsrede) vom Juli 1940 aus? In Stalins Krieg gegen Finnland wollte man nichts Verwerfliches erkennen. Diesen Diktator brauchte man zur Einkreisung Deutschlands. Für Prof. Epkenhans ist es offenbar logisch, wenn die von Großbritannien aus militärischen Gründen besetzte Insel Kreta nach Landung deutscher Fallschirmjäger auch gleich von Einheimischen mit der Waffe verteidigt wurde. „Nicht die Bewohner der Insel Kreta haben die Fallschirmjäger überfallen, sondern ...“ (S. 20). Wie wäre das nach der Haager Landkriegsordnung zu beurteilen? - In der Diskussion um das Vorgehen deutscher Fallschirmjäger auf Kreta hätte sich nach meiner Einschätzung auch ein Blick nach Frankreich gelohnt, nach Oradour sur Glane. Der Ort wird gerne als Musterbeispiel für deutsches Wüten unter der Zivilbevölkerung angeführt. Unvermittelt taucht in der Argumentation dieser Fall immer wieder auf, wobei verschwiegen wird, daß französische Partisanen zuvor ein Massaker in einem deutschen Lazarett angerichtet hatten. Selbst die Brockhaus-Enzyklopädie erwähnt diesen Zusammenhang nicht. Hinsichtlich militärischer Vorbilder für die Bundeswehr sollte nach Epkenhans und dem Traditionserlaß von 2018 bei bekannt gewordenen Offizieren nur noch danach entschieden werden, wie sie zum NSRegime standen, welche Rolle sie in „dessen Krieg“ gespielt haben, oder ob sie „überzeugte Demokraten“ waren (S. 22). Der als Flieger bekannte Oberst Rudel z.B. sollte nach Hitlers Vorstellungen als Berater tätig werden, er aber wollte, obwohl er ein Bein verloren hatte, weiterhin sein Leben für das Vaterland einsetzen. Ihm fehlte aus solcher Sicht die „demokratische“ Gesinnung eines Fregattenkapitäns.
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Zur Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine in tK 2/2022 erreichte uns der folgende Beitrag „Zwei Kriege“ von Peter Conrad:
Als 1941 die Wehrmacht in die Ukraine einrückte, war auch der Reichsarbeitsdienst dabei. Ihre Aufgabe war den Vormarsch durch Erbauung von Holzbrücken zu unterstützen. Im November 1941 erübrigte sich ihr Einsatz, wegen der Kälteperiode ist die Abteilung zurück in ihre Standorte gekommen. Alle Offiziere haben eine Ukrainerin als Dienstmädchen mitgebracht. Nachdem ich als Hallenser nach Bad Kösen ins KLV (Kinderland- verschickungslager) kam, war ich glücklich nach Artern von meinem Onkel aufgenommen zu werden. Mein Onkel, im Range eines Oberfeldmeisters, hat oft erzählt, er konnte sich aussuchen für wen er sich entschied. So kam Sonja, so hieß das 18 jährige Dienstmädchen, in dem Zimmer unter, wo früher auch das deutsche Dienstmädchen schlief. Bald legte sie ihre Holzpantoffel ab und ging Sontags mit Stöckelabsätzen mit mir und meinen drei Cousins spazieren. Historisch interessiert habe ich mich mit dem Problem Zwangsarbeiter ( damals Fremdarbeiter) beschäftigt. Sonja hat uns versprochen nach ihrer Ankunft in der Heimat zu schreiben. Von vielen anderen Fällen ist mir dies auch bekannt. Nie hat jemand ein Lebenszeichen von ihren ehemaligen sowjetischen Kollegen erhalten. Stalin hat alle Rückkehrer durch Filtrierlager geleitet, die meisten sind sofort erschossen worden oder sind im Gulag gelandet. Nicht weil sie für die Deutschen gearbeitet haben, sondern weil sie in Deutschland den höheren Lebensstandard kennenlernten. Vor Jahren habe ich viel recherchiert um den weiteren Lebenslauf von Sonja zu erfahren, leider ohne Erfolg. Für die Liebe die Sonja uns Kindern schenkte konnte ich mich nie revanchieren. Durch diese Lebenserfahrungen versuche ich die Lage der leidgeprüften Ukrainer zu verstehen.
Zur Buchbesprechung „Als Jakob vom Himmel fiel“ (Peter Fuhl) von Richard Drexl in tK 1/2022 erreichte uns folgende Zuschrift von Peter Baumann:
Ich habe das Buch in einer Nacht ausgelesen, weil es mir nicht nur große Freude bereitete, sondern mich auch nachdenklich machte. Bei der Lektüre fand ich mich in Gedanken in meine eigenen zwei Jahre Bundeswehrzeit vor 58 Jahren zurückversetzt, als alles „normaler“ war - ohne Denglisch, Gendergaga oder Kitas in der Kaserne, aber mit viel fairem Miteinander, Kameradschaft, Teamgeist und Motivation, um meine Hauptziele: das begehrte Springerabzeichen und den Dienstgrad Lt d.R. zu erreichen. Fuhl schildert in der ihm eigenen mal ernsten, mal humorvollen Art und Weise die Erlebnisse und Anekdoten des Wehrdienstleistenden Jakob – Monate voll mit witzigen und manchmal auch nachdenklichen Ereignissen - die mich von Seite zu Seite zum Schmunzeln brachte. Jakob erlebt seine Zeit beim „Bund“ während des „Kalten Krieges“ als sich noch der Warschauer Pakt - der „Alte Feind“ - und die NATO, zwei hochgerüstete Militärbündnisse - mit SS 20 und Pershing 2 - gegenüber standen und sich von der Barents See bis zur Adria misstrauisch beobachteten. Somit vermittelt das Buch sogar ein Stück Zeitgeschichte und Aktualität, gerade unter dem Eindruck des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine und der damit verbundenen Diskussion über eine Allgemeine Dienstpflicht. Man muss kein Ex-Fallschirmjäger sein, um Begeisterung für dieses lesenswerte Buch zu empfinden. Es bleibt sogar noch eine ganze Weile auf meinem Nachttisch liegen, denn bei besonders anregenden Büchern wie diesem blättere ich oft hin und her und lese die eine oder andere Stelle noch einmal.