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AUS DEN NIEDERLANDEN Die kleinen Leoparden sind putzmunter

KLEINTJES Blick über die Grenze

Das Motto: „Mehr Frauen auf die Straßen“ Nimwegen. Unter dem Motto „Mehr

Frauen auf die Straße!“ hat ein nationales feministisches Netzwerk überall im Land neue Straßenschilder angebracht. Mit der symbolischen Aktion wollen die Frauen darauf aufmerksam machen, dass es in den Niederlanden nur wenige weibliche Straßennamen gibt. Laut Zahlen der Nachrichtenseite „De Correspondent“, die Straßennamen untersucht hat, waren 88 Prozent der Straßen nach Männern und nur 12 Prozent nach Frauen benannt. Das muss sich ändern, fordern die Feministinnen. An Straßennamen könne man erkennen, wen und was eine Gesellschaft wichtig finde.

Großer Auftritt im Außengehege

Schwimmende Grünanlagen sind in Rotterdam zu sehen.

Urbane Natur aus Plastikmüll

Rekordversuch mit Dominosteinen Arnheim. Rekordverdächtig! In

einer Sporthalle im Stadtteil Presikhaaf baut das „Dutch Domino Team“ zurzeit einen Parcours auf, der in die Geschichte eingehen soll. Im vergangenen Jahr wurde mit 145.911 Dominosteinen der niederländische Amateurrekord gebrochen. Dieses Jahr sollen es nochmal knapp 55.000 Steine mehr werden. Wenn alles gut geht, werden sie am kommenden Samstag Stück für Stück fallen. Das Thema des Parcours ist diesmal „Wildlife“: Aus den insgesamt 200.000 Steinen werden allerlei Tierfiguren gebildet.

Ein Wechsel nach Venlo Venlo. Der deutsche Fußballprofi

Axel Borgmann wechselt zum VVVVenlo. Der Verteidiger, der gebürtig aus Mülheim stammt und schon für den MSV Duisburg und Schalke 04 kickte, hat in den Niederlanden einen Jahresvertrag unterschrieben. Die vergangenen drei Jahre war der 24-Jährige beim FC Vaduz in Liechtenstein aktiv und lief hier auch in der UEFA Europa League auf. Borgmann soll in Venlo den belgischen Kicker Leroy Labylle ersetzen, der nach Nimwegen wechselte.

Konzern schreibt rote Zahlen Amsterdam. PostNL macht Miese:

Im zweiten Quartal hat der börsennotierte Konzern, der immer noch mit dem Schrumpfen des Postmarktes zu kämpfen hat, unterm Strich eine Million Euro Verlust eingefahren. Ein Jahr zuvor waren noch 29 Millionen Gewinn verbucht worden. In Zukunft will sich das niederländische Unternehmen auf die Benelux-Länder konzentrieren und sich dafür von seiner deutschen Tochter Postcon trennen. Die Niederländer waren seit rund 20 Jahren in Deutschland aktiv.

ZAHL DES TAGES

25

Prozent: Die Hitze der vergangenen Wochen könnte dazu führen, dass Kartoffeln teurer und Pommes kürzer werden. Beim niederländischen Zulieferer „Aviko“, der Pommes, Rösti und Kartoffelflocken herstellt, fürchtet man jedenfalls eine bis zu 25 Prozent niedrigere Kartoffelernte. Genaueres könne man zwar erst im Herbst sagen. Sicher sei aber, dass die anhaltende Trockenheit „heftige Folgen“ haben werde.

FOTOS: ULRIKE WIRTZ

In Rotterdam gibt es neuerdings schwimmende Grünanlagen. Sie sind ein weiteres Beispiel sehenswerter Urban-Nature-Projekte mit Mehrwert Von Ulrike Wirtz Rotterdam. Fünf Jahre hat es gedauert, im Juli war es soweit. Seither schaukelt die erste schwimmende Grünanlage aus recyceltem Plastikmüll im Rijnhaven – direkt bei den auffälligen transparenten Halbkugeln am Ufer der Nieuwe Maas. Hier waren einst Piers für die Berufsschifffahrt, doch die sind näher an die Nordsee gerückt. Nun sind hier angesagte Adressen zum Wohnen, Arbeiten, Ausgehen. Hierher passt der erste Recycled Park gut: Schön begrünt und schön anzusehen ist dieses Urban-Nature-Projekt zu Wasser und verfolgt einen weiteren guten Zweck. „Wir begegnen damit der Verschmutzung durch Plastikmüll. Das ist weltweit ein Problem - auch für die Flüsse in Holland“, sagt Ramon Knoester, Initiator und Gründer der Recycled Island Foundation in Rotterdam. „Wer kennt nicht Bilder von Meeren mit regelrechten Plastikteppichen, dieser Plastic Soup?“, fragt er eher rhetorisch. Daher verbannen nun Hotels und Restaurants Plastikstrohhalme. Supermarktketten halten keine Plastiktüten mehr vor.

Nachhaltige Nutzung Der bereits produzierte Müll sei eine Herausforderung für Generationen, erklärt Knoester. „Ich bin Vater einer kleinen Tochter - wir müssen etwas dagegen tun.“ Rotterdam liegt an der Nordsee und an den Flüssen Niewe Maas und am Rhein-Maas-Delta. Das durch die Flüsse driftende Plastik gelangt in die Nordsee. „Darauf antwortet unsere Initiative mit solchen Recycled Parks“, so Knoester. Aber nicht nur in Rotterdam. „Wir kooperieren zum Beispiel mit Projektgruppen in Indonesien. Es gilt, im Wasser schwimmendes Plastik aufzufangen, zu recyceln und einer nachhaltigen Nutzung zuzuführen.“ Der neue Recycled Park in Rotterdam sei ein entsprechender Prototyp. „Weitere Parks werden folgen. Die Schwierigkeit ist nach wie vor, wie technisch am besten recyceln. Zudem bereitet es Probleme, wie den Plastikmüll im Wasser auffangen, damit er auf dem Weg durch die Flüsse nicht ins Meer gelang“, erklärt Koester. „Für letzteres haben wir eine auch finanziell machbare Lösung gefunden.“ Die Initiative passt zur Stadt und ihren Bürgern, die neuem gegen-

über aufgeschlossen sind und schon länger Urban-Nature-Projekte pflegen. Sie generieren Lebensqualität, indem sie mehr als nur ein Gefühl von gesundem Leben auf dem Land in die umtriebige Stadt bringen. Urban Nature gibt es in Rotterdam zu Wasser schon wegen der Lage im Delta, ebenso auf dem Boden und in luftiger Höhe – wie etwa der Dachgarten mit Restaurant und Café namens „Op het Dak“.

„Samen, Gräser, Pflanzen, der Boden - alles stammt aus der Polder“ Kristian Koreman vom Architektenbüro ZUS

Das Ganze versteckt sich im 7. Stock des Bürohauses Schieblock aus den 1950er Jahren nicht weit vom futuristischen Gebäude des neuen Hauptbahnhofs. Hier oben wachsen auf dem Dakakker auf aufgeschüttetem Mutterboden Obst, Gemüse, Kräuter, Tomaten und essbare Pflanzen zur schönen Dekoration von Speisen des Restaurants neben dem Garten. Schon am Morgen ist gut zu tun: Frühstück über den Dächern von Rotterdam. Andere Gäste kommen nur auf einen gute Tasse Kaffee oder feinen grünen Tee. Lunch und Dinner werden ebenfalls serviert – mitsamt Panoramablick. Und der Dakakker muss gepflegt werden. Derart begrünte Dachflächen haben wie die Recycled Parks einen nachhaltigen Mehrwert: Sie

dämmen und kühlen darunter liegende Wohnungen und Büros, sorgen für Frischluftzufuhr, von der das Klima in der Stadt profitiert und speichern Wasser. „Seit 2008 verfolgen wir daher ein Programm, die gut 14 Quadratkilometer Flachdach in der Stadt zu begrünen“, so Eveline Bronsdijk von der Stadt Rotterdam. Die Gemeinde ging voran, als ihr historisches Rathaus 2015 den modernen Anbau – ein Entwurf vom Architekturbüro OMA um Star-Architekt Rem Koolhaas - bekam: Sein Flachdach wurde als begrünte Dachterrasse grüne Lunge. Den Eigentümern der Immobilien mit Flachdach mache man jedoch keine amtlichen Vorgaben, so Eveline Bronsdijk – „zumal 40 Prozent der Gebäude in privater Hand sind. Das soll sich aus Überzeugung entwickeln“. Vom Dakakker war unten ein gelbes langes Etwas zu erkennen. Es führt an einem Hochhaus mit einer Shell-Tankstelle vorbei, die frühere Zentrale des Öl-Konzerns Shell. Das gelbe Band ist eine Brücke aus Holzbohlen, gehört zum Hofbogen und mündet in ein wildes, großes Grün. Dabei handelt es sich ebenfalls um ganz neue Urban Nature, die teils bis zu sieben Meter hoch liegt. Sie heißt Luchtpark und ist seit Juni offen. Der Hofbogen ist ein 1,9 Kilometer langer Spazierweg mitten durch die Stadt und verläuft teils über das Dach des früheren Hauptbahnhofs Hofplein. Der Luchtpark befindet sich in der Höhe auf stillgelegten Gleisen des alten Bahnhofs. Die Highline von New York lässt grüßen. „Alles zusammen und mehr bildet das Projekt Luchtsingel, durch das Rotterdam Nord wieder mit Downtown Rotterdam verbunden wird“, er-

Auch Schafe haben hier ihren Platz gefunden.

klärt Kristian Koreman vom Architektenbüro ZUS, der kreative und ausführende Kopf des Projekts. Im wilden, großen Garten stehen Schäfchenfiguren und ein kleiner Bauernwagen. „Demnächst halten wir echte Schafe, und sie werden von einem Schäfer betreut. Der Garten bildet eine Polderlandschaft nach. Denn Samen, Gräser, Pflanzen, der Boden - alles stammt aus der Polder.“ Die Schafe demnächst auch. Das zu wissen macht den Spaziergang noch schöner.

Zu Käse verarbeiten Weitere Urban-Nature-Vorhaben nutzen frühere Hafenareale. Wie im Maashaven der Tidal Park: Gebrauchsflächen werden zu Parks, das Ebbe und Flut ausgesetzte Land wird vor Überflutung gesichert. Wie im Merwe4Haven die Floating Farm: eine Plattform mit ökologischem High-Tech-Baukörper und nachhaltiger Milchfarm mit 40 Rindern, die von Robotern gemolken werden. Hühner gibt es; ein Stock tiefer wird die Milch zu Joghurt und Käse verarbeitet. „So kommt die Gewinnung von Lebensmitteln kommt wieder näher zum Menschen. Die Wände der Baukörper sind transparent, jeder kann also zuschauen“, so Albert Boersen, studierter Landwirt mit elterlichem Hof in Friesland. Er managt die Umsetzung der Planung, danach den operativen Betrieb der Floating Farm. Werden Kühe seekrank? „Das war früh fürs Projekt ein Thema, hat sich aber nicht gezeigt.“ Zum Verweilen einladen High-Tech hier – Fallen dort. Traps nennen die Experten der Recycled Parks nämlich die Lösung, mit der sie im Fluss Plastikmüll sammeln. Initiator Knoester: „Die floßähnliche Konstruktion wurden eigens entwickelt, ist erschwinglich und ein Prototyp für viele weitere Fallen. Sie hat unten Metallgitter, in denen sich die Plastikteile verfangen und nicht wieder lösen - auch bei Ebbe und Flut, bei Wind und Welle. Daran haben wir drei Monate gebaut.“ Die Pflanzenbehälter, die aus dem so gesammelten und danach recycelten Plastik entstehen, sind achteckige Elemente, die Stege miteinander verbinden. Sitzbänke laden ein zum Verweilen. Knoester: „Und im schwimmenden Grün unter Wasser finden die Fische hervorragende Laichplätze.“

Arnheim. Vor wenigen Tagen hatten die beiden Sri-Lanka-Leopardenwelpen aus dem Königlichen Burgers‘ Zoo ihren großen Auftritt: Knapp elf Wochen nach ihrer Geburt erkundeten sie unter den wachsamen Augen der Mutter erstmals das Außengehege. Das Geschwisterpaar ist der Nachwuchs zweier Elterntiere, die genetisch für das europäische Zuchtprogramm von großer Bedeutung sind. Leoparden haben ein großes Verbreitungsgebiet, das weite Teile Afrikas und Asiens umfasst. Innerhalb dieses Gebiets unterscheiden Wissenschaftler acht Unterarten, von denen eine der Sri-Lanka-Leopard ist. Schätzungen zufolge leben heute nicht einmal mehr 1000 Tiere dieser Unterart auf der gleichnamigen Insel. In den europäischen Tiergärten werden insgesamt 58 Sri-LankaLeoparden gehalten. Im Hinblick auf die Zukunft des europäischen Tierbestands ist es wichtig, dass die genetische Vielfalt so groß wie möglich ist. Die Mutter der beiden Arnheimer Jungen ist in dieser Population die einzige Vertreterin ihrer Blutlinie, und auch der Vater hat zuvor erst drei Junge gezeugt. Das erklärt die Bedeutung des Nachwuchses für das europäische Zuchtprogramm. Der Vater des Leoparden-Duos ist am 11. August 2008 im Burgers’ Zoo zur Welt gekommen, zog jedoch im Alter von drei Jahren in den französischen Tierpark von Saint-Martin-laPlaine um, weil sein Vater das Zuchtmännchen in Arnheim war. Zudem waren alle Weibchen im Burgers’ Zoo mit ihm verwandt. Inzwischen ist das alte Zuchtmännchen jedoch gestorben und der Arnheimer Zoo hat 2012 ein nicht verwandtes Weibchen aus dem Tierpark Emmen bekommen. Der Burgers‘ Zoo ist seit seiner Eröffnung 1913 ein Familienbetrieb. Über 600 Tierarten finden hier ein artgerechtes Zuhause.

Die Leopardenzwillinge mit ihrer Mutter im Außengelände. FOTO: OH

Furcht vor den Wölfen Arnheim. Naturschützer freuen sich über seine Rückkehr. Die christdemokratische Partei CDA Gelderland ist jedoch besorgt. Sie fragt sich, ob der Wolf, der 2015 zum ersten Mal seit 150 Jahren wieder in den Niederlanden gesichtet wurde, „in die Landschaft passe“. Tatsächlich fallen immer mehr Schafe dem wilden Tier zum Opfer: In diesem Jahr wurden bereits mehr als 130 Schafe von Wölfen gerissen, im vergangenen Jahr waren es insgesamt 21. Man müsse sich fragen, welchen Preis die Niederlande für die Rückkehr des Wolfes zu zahlen bereit sei und welchen ökologischen Mehrwert es gebe, so die CDA. Zur Not müsse man die Raubtiere abschießen.


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