RUNNING - Das Laufmagazin 159 | Achim Achilles' Kolumne

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COOL DOWN | Das hat noch gefehlt

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WECK DEN BOCK von Achim Achilles

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chon merkwürdig, was der Mensch unter Motivation versteht; offenbar eine geheimnisvolle Kraft von außen, einen Schalter, der Unwillige in Kampfmaschinen verwandelt. Tschakka auf Serviette – und schwupps, macht er freiwillig Stabilisierungsgymnastik und liebt nasse Socken im Eisregen, bevorzugt um 21.32 Uhr. Die Forschung ist da weiter: Ob Belohnen oder Drohen oder Ermuntern – was immer von außen kommt, wirkt weder stark noch lange. Dass diese extrinsische Motivation nicht hilft, ergab jüngst eine Studie mit bayerischen Schulkindern im Hassfach Mathe. Weder der Kampf um Noten, noch Druck der Eltern, nicht mal übermäßige Intelligenz führten dauerhaft zu guten Leistungen, sondern etwas viel Einfacheres: Spaß an dem, was man treibt. Spruch: You can win if you want. Verfechter: Modern Talking, Carsten Maschmeyer, Barack Obama. Idee: Jeder kann es schaffen. Realität: Nur ich nicht.

Spruch: Niemals aufgeben. Verfechter: Lothar Matthäus, Lance Armstrong, Sarah Knappig. Idee: Ich bin super, aber die Drecksäcke da draußen wollen mich fertig machen. Realität: Die Drecksäcke machen mich fertig.

Was lernt der Freizeitsportler daraus: Ob EKG, die Peitsche der Gattin oder die Waage der Geliebten – nichts verschafft nachhaltig Energie fürs Aufraffen. Nein, Spaß muss her, Freude, Erfüllung, schlichtweg Bock auf das, was man tut. Wer sich auf nette Leute freut, auf frische Luft und eine Stunde offline, der motiviert sich selbst, der findet immer Zeit. Wer lieber auf dem Sofa liegt, hat seinen Spaßsport noch nicht gefunden. Oder ist vielleicht gar kein Bewegungstyp. Soll es ja geben. Auch gut. Motivationssprüche helfen gegen Unlust jedenfalls nicht. Der Mensch ist ja nicht doof. Es ist wie beim Zaubern: Ein Trick funktioniert, wenn der Ausgetrickste nicht kapiert, was ihm geschieht. Kennt man den Zauber, wirkt er nicht mehr. Hier eine Auswahl der schlechtesten Motivationstipps aller Zeiten, die wir in Zukunft ganz gelassen überlesen dürfen:

Spruch: Lebe Deinen Traum. Verfechter: Angela Merkel, Homer Simpson, Pur. Idee: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt. Realität: Die blöde Welt will einfach nicht gehorchen.

Spruch: Träume Dein Leben. Verfechter: Peer Steinbrück, Sylvie van der Vaart, Harald Glööckler. Idee: Realität einfach ausblenden, Realität einfach ausblenden, Realität ... Realität: Realität blendet sich immer wieder ein.

Spruch: Suche

Dir einen Sportpartner. Spruch: Melde Dich für einen Wettbewerb an. Verfechter: Achim Achilles. Idee: Scheiterpanik treibt zum Training. Realität: Die Online-Anmeldung für den Marathon hat nicht funktioniert. Dann eben Preisskat.

Verfechter: Single-Börsen. Idee: Der Partner wird mich schon antreiben. Realität: Jeder wartet auf den anderen.

Achim Achilles, Jahrgang 1964, ist Deutschlands bekanntester Hobby-Läufer – nie erfolgreich, aber immer gut gelaunt. Er lebt verheiratet mit einer verständnisvollen Frau in Berlin, läuft aber überall, wo es wehtut. Motto des Wunderathleten und Spiegel-Online-Kolumnisten: „Qualität kommt von Qual.“ Mehr von ihm gibt es auf seiner Website www.achim-achilles.de oder in seinen Bestsellern „Achilles’ Verse“, „Achilles’ Laufberater“ und „Der Lauf-Gourmet“.

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RUNNING | 1/2014

FOTO: BEATRICE BEHRENS

Das ist Achim Achilles


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