COOL DOWN | Das hat noch gefehlt
DA S H AT N O C H G E F E H LT
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SMOOTH I ES von Achim Achilles
eute Morgen gab es Apfel, Paprika, Sellerie. Was halt nach einem veganen Wochenende im Kühlschrank schrumpelt. Der bittere Geschmack auf der Zunge hielt bis zum Mittag. Danach war mir schlecht. Seit wir diese Höllenmaschine haben, muss ich dicke Säfte frühstücken – unsere neueste Ernährungsreligion. Mona sagt, dass diese Smoothies gesund seien, weil Pflanzen gespeichertes Sonnenlicht seien. Kartoffeln auch? Die wachsen doch im Boden. Jedenfalls verlängern sich die Trainingszeiten deutlich, weil so ein Saftfrühstück auf nüchternen Magen ein paar ungeplante Stopps in der Botanik erzwingt, womit immerhin das Wettkampfgewicht optimiert wird. Ja, jede Zelle meines Körpers ist total glücklich.
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tisch sind sie ein Graus. Der größte Reinfall bisher war ein Kohlrabi-Rettich-Spinatblatt-Blend, den ich „Spätherbst der Verwesung" getauft habe. Kurzer kulturhistorischer Einschub: Warum muss diese unsere Gesellschaft eigentlich alles selber machen? Zahnarzt-Töchter mit Pilates-Hintergrund stricken auf einmal Überzieher für Straßenpoller, als schnatterte die Stadt im Hungerwinter 46/47, die Nachbarn links bauen Tomaten auf dem Balkon an, die Nachbarn rechts backen ihr eigenes Brot. Und das Ergebnis des Selbermachwahns ist überall dasselbe: Es dauert ewig, es kostet ein Vermögen, es schmeckt nicht und sieht meist eklig aus. Dafür bekommt man pausenlos das Zeug geschenkt und muss sich freuen, wegen der Individualität. Nie schenkt mir jemand Burger-Gutscheine.
Erster Warnhinweis beim Wegschreddern von Grünzeug: Rote Beete eignet sich nur bedingt zum Erpressen. Die Knollen sollen viel Eisen in sich tragen, aber drum herum klebt leider eine feste Schmodderkruste. Schälen? Niemals. Die roten Flossen kriegt man doch frühestens beim nächsten Schwimmtraining wieder sauber. Im blinden Vertrauen auf die Schleudertechnik unseres Wundergeräts habe ich die Beete natürlich in Gänze in den Stutzen gedrückt. Die gute Nachricht: Schon nach zwei Tagen war die spontane Monster-Diarrhö wieder verschwunden. Die schlechte: Dieser torfige Pelz klebt bis heute unter der Zunge.
Letzter Warnhinweis: Die Gemüseschleuder sofort nach dem Gebrauch reinigen, was ich neulich in der Eile des Morgens leider vergessen habe. Geht ja eigentlich ratzfatz, wenn man der Bedienungsanleitung glaubt und schon mal mit verbundenen Augen ein Atomkraftwerk demontiert hat. Belässt man den ÖkoAuswurf wegen eines plötzlichen VitaminAlzheimers dagegen im Gerät, fangen die Mikroorganismen spätestens am dritten Tag an, die Schleuder wegzutragen. „Sporen!", schreit Mona. Na und? Wir wären froh gewesen, wenn wir damals wenigstens Erreger gehabt hätten.
Zweiter Warnhinweis: nichts schreddern, was sonst nicht schmeckt. Aus Fenchel oder gar Aubergine macht selbst die beste Saftpresse keine Leckerei. Ein widerliches Gemüse bleibt auch zentrifugiert ein widerliches Gemüse. Selbst der ölpestfeste Schaum obenauf ist kein positives Aromasignal. Statt Zucchini-Zadder lieber eine Ovo-Lacto-Latte anrühren; die schmeckt auch nicht. Warnhinweis drei: unbedingt blickdichte Trinkgefäße verwenden. Was sich bei Damenstrümpfen bewährt hat, kann für den Drink aus der Heimarbeit nicht verkehrt sein. Die Wolken und Schlieren im Pressgut mögen wissenschaftlich hochinteressant sein, ästhe-
Fazit: Am liebsten mag Mona morgens geschleuderte Äpfel, mit einem Ideechen Ingwer. Dafür stehe ich doch gern eine halbe Stunde früher auf, obwohl mir Fachleute neulich im Vertrauen berichtet haben, dass man Äpfel jetzt tatsächlich fertig gepresst kaufen kann – sogar in Flaschen. Das Zeug heißt angeblich Apfelsaft, kostet einen Bruchteil, ist schneller im Glas und würde sogar nach Ingwer schmecken, riebe ich zärtlich einen Hauch der scharfen Wurzel hinein. „Nichts da“, befiehlt Mona, „wir machen unseren Saft selber.“ Natürlich Schatz. Und nächste Woche fange ich mit dem Gewächshaus im Keller an.
Achim Achilles, Jahrgang 1964, ist Deutschlands bekanntester Hobby-Läufer – nie erfolgreich, aber immer gut gelaunt. Er lebt verheiratet mit einer verständnisvollen Frau in Berlin, läuft aber überall, wo es wehtut. Motto des Wunderathleten und Spiegel-Online-Kolumnisten: „Qualität kommt von Qual.“ Mehr von ihm gibt es auf seiner Website www.achim-achilles.de oder in seinen Bestsellern „Achilles’ Verse“, „Achilles’ Laufberater“ und „Der Lauf-Gourmet“.
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RUNNING | 5/2014
FOTO: BEATRICE BEHRENS
Das ist Achim Achilles