Magazin für Christen im Gesundheitswesen 4/2012
Heilige Momente
ChrisCare
ChrisCare
Heilige Momente Heilige Momente DEMENZ
AUGENBLICK
BEGEGNUNGEN
T TEN E P KOM END R E I R I INSP AH N S I X PRA
NÄCHSTENLIEBE
GEBURT & TOD GEWAND ALLTAG WUNDER IM KREIßSAAL TIERE ALS SEGEN SEELE
BETTLER
GOLDENE STUNDEN HEIL-LAND
GEDANKEN DES HERZENS
GÖTTLICHES
PATCHWORK-SPIRITUALITÄT
November 2012 // (D) € 5,80 // (A) € 6,00 // (CH) SFr 10.30 // www.chriscare.info // ISSN 1869-9944 // ZKZ 18 381
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S. 3 S. 4 S. 6 S. 14 S. 17 S. 22 S. 26 S. 28 S. 30 S. 32 S. 35 S. 38 S. 41 S. 42 S. 43 S. 44 S. 47 S. 49 S. 50
INHALTSÜBERSICHT
Editorial Kunst: Im Gewand des Menschen Erfahrungsberichte zu „Heilige Momente“, Teil 1 Heilige Momente im Umgang mit Demenzkranken Erfahrungsberichte zu „Heilige Momente“, Teil 2 Kirche als Heil-Land ChrisCare Sammelseite „Existenziell“ herausgefordert – ein Erfahrungsbericht Wenn Göttliches auf Alltägliches trifft Christen im Gesundheitswesen (CiG) Nachrichten Ärztliche und pastorale spirituelle Begleitung im Gespräch Impressum Termine Gastkommentar: Was wir denken und was ist Im Angesicht meiner Feinde Literaturrezensionen ChrisCare Geschenkabo bestellen Leserbriefe + Glosse: Eilige und heilige Momente
Inhal t
Herausgeberkreis: Sr. Patricia Baumann (Untermarchtal), Pflegeheimleiterin; Pastor Frank Fornaçon (Ahnatal), Redaktion ChrisCare;
Dr. theol. Astrid Giebel (Berlin), Pastorin und Krankenschwester, Referentin Diakonie Bundesverband; Bettina Gundlach (Aumühle), Ärztin im Sozialpsychiatrischen Dienst, Vorstand Christen im Gesundheitswesen (CiG); Günther Gundlach (Aumühle), Geschäftsführer CiG;
Annette Meussling-Sentpali (München), Dipl.-Pflegewirtin, MScN, Referentin Caritasverband (München), Fortbildung Caritas; Dr. med.
Georg Schiffner (Aumühle), Internist, Vorsitzender CiG; Hans-Arved Willberg (Karlsruhe), Theologe und Pastoraltherapeut; Dr. med. Monika Windsor (Berlin), Anästhesistin, palliative care
Fachbeirat: Dr. theol. Peter Bartmann (Berlin), Gesundheitsökonom, Diakonie Bundesverband; Reinhild Bohlmann (Hofgeismar), Bund
freiberuflicher Hebammen Deutschlands BfHD e.V.; Prof. Dr. med. Andreas Broocks (Schwerin), Ärztl. Direktor Carl-Friedrich-Flemming-Klinik, HELIOS-Kliniken; Ulrike Döring (Wiesbaden), Vorsitzende Arbeitsgemeinschaft christlicher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen in Deutschland e.V.; Paul Donders (Niederlande), Leitung xpand international; Prof. Dr. theol. Ralf Dziewas (Bernau), Theologisches Seminar (Fachhochschule) Elstal; Heribert Elfgen (Aachen), Physiotherapeut, Dipl. Musiktherapeut; Claudia Elwert (Karlsruhe), Physiotherapeutin, Mitarbeiterin Zentrum für Gesundheit-Therapie-Heilung; Sr. Hildegard Faupel (Springe), Theologin, Pädagogin; Dr. med. Martin Grabe (Oberursel), Chefarzt Psychosomatik Klinik Hohe Mark, Vorsitzender Akademie für Psychotherapie und Seelsorge e.V.; Dr. med. René Hefti (Langenthal), Chefarzt SGM Klinik Langenthal, Ltg. Forschungsinstitut Spiritualität & Gesundheit; Sr. M. Basina Kloos (Waldbreitbach), Franziskanerin, Generaloberin; Sr. Anna Luisa Kotz (Untermarchtal), Vorstand Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul; Reinhard Köller (Aumühle), Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren; Pfarrer Ulrich Laepple (Berlin), Referent Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste; Dipl.-Kfm. Cord Meyer (Reinbek), Hauptgeschäftsführer Albertinen-Diakoniewerk e.V.; Dr. med. Gabriele Müller (Frankfurt a. M.), Anästhesistin am Schmerz- und Palliativzentrum Rhein-Main; Rolf Nussbaumer (Herisau), Schule für christliche Gesundheits- und Lebensberatung; Weihbischof Thomas Maria Renz (Rottenburg), Diözese Rottenburg-Stuttgart; Dr. theol. Heinrich-Christian Rust (Braunschweig), Pastor der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde Braunschweig, Friedenskirche; Dr. med. Claudia Schark (Tübingen), Internistin, Geriatrie, Oberärztin Reha-Klinik Böblingen; Oberin Andrea Trenner (Berlin), Oberin Johanniter Schwesternschaft; Dr. phil. Michael Utsch (Berlin), Psychotherapeut, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
EDITORIAL
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Liebe Leserin, lieber Leser, heilige Momente. Das sind in unserem Leben die kostbaren Gelegenheiten, mit dem Ewigen in Berührung zu kommen. Wenn Eltern und die begleitende Hebamme dem Neugeborenen das erste Mal in die Augen schauen, dann ist das pures Glück und zugleich ein heiliger Moment. Wenn das Leben eines Menschen endet, dann spüren die Anwesenden etwas von der Endlichkeit, die uns von der Ewigkeit trennt. Es sind die Augenblicke, in denen (fast) jedem die Tränen kommen vor Glück, vor Schmerz oder Ergriffenheit. Die Übergänge des Lebens wecken in uns die Sehnsucht nach Schutz und Segen, nach einer helfenden Hand, die auch jenseits der Grenze noch festhält. Wer an Gott glaubt, der wird in solchen Momenten beten. Wer Gott nicht kennt, der wird trotzdem berührt. Ihm könnte es helfen, wenn ihm andere die Sprache des Glaubens vermitteln. Wie viele Kerzen werden in den Kirchen und in den Räumen der Stille angezündet, weil Menschen ausdrücken möchten, wie ihnen ums Herz ist. Es ist gut, wenn solche Rituale den Gefühlen eine Form geben. Die Kranken, die von unseren Leserinnen und Lesern begleitet werden, erleben häufig Grenzsituationen, in denen ihnen das Heilige in Glück und Unglück begegnet. Als Christen haben wir die Chance, dem Unausprechlichen Ausdruck zu verleihen und zur Sprache zu bringen, was der uns anvertraute Mensch nicht formulieren kann. Und wir können Rahmenbedingungen schaffen, damit heilige Momente erlebbar werden. Reden wir angesichts des Geheimnisvollen nicht nur allgemein vom Heiligen, sondern werden wir konkret, dann verliert das Heilige seinen Schrecken: Haben wir den Mut, angesichts der Grenzen von Gott zu reden, oder die Heilige Schrift zu Wort kommen zu lassen. Wer an der Grenze des Lebens den Psalm 23 betet, der gibt dem Hörer die Chance, einzustimmen. Und wenn wir Jesus ins Gespräch bringen, der uns mit Gott verbindet, dann helfen wir manchem, von einem allgemeinen Gottesglauben zu der persönlichen Gewissheit zu kommen: Gott meint es gut mit mir, wie er es gut mit Jesus meinte. Als Mitarbeitende, die Menschen in existentiellen Lebenslagen begleiten dürfen, haben wir selbst öfter als andere die Chance, heilige Momente zu erleben, vorausgesetzt, wir haben gelernt, auf diese Zeit zu achten, in der die Gegenwart Gottes aufleuchtet. Wir sind privilegiert und beschenkt. Ihre
Frank Fornaçon,
Annette
Pastor und Chef-
Meussling-Sentpali,
redakteur von
Dipl.-Pflegewirtin
ChrisCare
MScN
P.S.: Wie Sie mit ChrisCare eine Freude machen können, lesen Sie auf Seite 49.
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KUNST
Im Gewand des Menschen Zur Entstehungsgeschichte des Bilder-Zyklus von Christa-Maria Weber-Keimer Im Herbst des Jahres 1995 besuchte ich die damals 80jährige Malerin Christa-Maria Weber-Keimer in ihrem Atelier in Bad Ems. Zu der Zeit war ich als Jugendpfarrer eingebunden in die Vorbereitung der HeiligRock-Jugendwallfahrt 1996. Auf die Frage von Frau WeberKeimer, womit ich mich denn zurzeit so beschäftigen würde und meinem Hinweis auf die Heilig-Rock-Wallfahrt, wurde die ansonsten so vornehme Dame doch irgendwie ungehalten. „Was? Mit so einem Unsinn beschäftigen Sie sich? Bisher hab’ ich Sie für ganz vernünftig gehalten.“ Und sie meinte damit die Fragwürdigkeit von Reliquien und den Kult darum. Es beruhigte die Künstlerin etwas, als ich ihr versicherte, dass es sich bei dem bevorstehenden Ereignis um eine Christuswallfahrt handeln werde, wo die Frage nach der Echtheit der Reliquie eine ganz randständige sei. Und so kamen wir dazu, uns darüber zu unterhalten, welchen Zugang ich selbst denn zu dieser Wallfahrt und dem Symbol des Heiligen Rockes habe. Mich bewegte damals sehr die Entdeckung, dass bei allen Stellen in den Evangelien, in denen Kleidung Jesu eine Rolle spielt, es sich um Stellen mit zentralen Aussagen über Jesus Christus handelt: die Windeln bei der Geburt; das Gewand des Heilands, dessen Saum die blutflüssige Frau berührt; das schneeweiß gewordene Gewand bei der Verklä-
rung; die Kleidung, die Jesus ablegt und den Schurz, den er bei der Fußwaschung anlegt; der Spottmantel bei der Dornenkrönung; das ungenähte Gewand, das bei der Kreuzigung verlost wird; die Leichentücher, in die der Leichnam Jesu eingehüllt wird und die am Ostermorgen im leeren Grab zurückbleiben. Es entwickelte sich ein wirkliches, tiefes Glaubensgespräch zwischen Frau Weber-Keimer und mir, ein Austausch über die Bedeutung, die Jesus Christus im eigenen Leben hat. Und am Ende stand dann meine Bitte, die Malerin möge sich doch mit ihren Mitteln einmal diesen Schriftstellen zuwenden, was sie dann auch gerne annahm. Mir war da noch nicht so richtig bewusst, dass ich damit einen Bilder-Zyklus „bestellt“ hatte. Einige Wochen später schrieb mir Frau Weber-Keimer, dass sie sich sehr intensiv mit dieser Thematik befasse, dass ihr die Gestaltung der Bilder aber noch nicht so ganz klar sei. Denn sie wolle doch keine historischen „Bildchen“ malen, sie sollten doch HEUTIG sein. Und wiederum wenige Tage später rief sie ganz aufgeregt an: “Jetzt hab’ ich’s: Zeitung! Ich werde die Bilder auf Zeitungspapier malen. Denn nichts ist heutiger als die Zeitung von heute.“ Und sie fügte dann noch hinzu: „Aber die Verklärung werde ich nicht malen. Das kann man nicht malen!“ Im Januar 1996 konnte ich dann die Bilder in Bad Ems abholen.
Dieses HEUTIG zeigt sich sehr deutlich in der Geburtsszene: Jesus, in Windeln gewickelt, liegt auf den Börsennachrichten der FAZ. Oder bei der Verspottungsszene: An den Zeitungsartikeln und Überschriften, die Frau Weber-Keimer als Hintergrund gewählt hat, sieht man, dass zur Entstehenszeit gerade Karnevalszeit war. So überschreitet die Künstlerin klar die Grenze zwischen sakral und profan, ja macht eigentlich deutlich, dass es für Jesus Christus diese Grenze gar nicht gibt. Das erste Mal öffentlich gezeigt haben wir diesen Zyklus dann auch nicht in einer Kirche, sondern in einem Restaurant. An einem Ort, wo heutige Menschen sich aufhalten. Bei der Heilig-Rock-Wallfahrt 1996 wurden die Bilder gezeigt im Raum der Stille im Jugendzentrum Mergener Hof, in Trier. Und wenn ich dies noch anfügen darf: Für mich persönlich bedeuten die Begegnungen mit Frau WeberKeimer und der Entstehungsprozess der Bilder mit zu den schönsten Erlebnissen meines Lebens.
Pfarrer Ralf Braun, Direktor des Exerzitienhauses St. Thomas, www.sanktthomas.de
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Der Zyklus von Christa-Maria WeberKeimer „Im Gewand des Menschen“ entstand 1996 in Vorbereitung auf die Heilig-Rock-Wallfahrt 1996 in Trier. Er enthält 7 Bilder zu biblischen Szenen, in denen Kleidung Jesu eine Rolle spielt. Ein Kartenset mit den Bildern im DINA5-Format (8,90 €) sowie eine CD-ROM mit den Bildern (11,90 €) sind, jeweils zzgl. der Versandkosten, erhältlich beim Exerzitienhaus St. Thomas, D – 54655 St. Thomas, Tel. +49 6563 960700, st.thomas.exerzitienhaus@bistum-trier.de.
„Heilung“ aus dem Zyklus „Im Gewand des Menschen“ von Christa-Maria WeberKeimer (Privatbesitz), Foto: Simone Verfürth
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ERFAHRUNGEN
Barbara Hennig, Supervisorin DGSv, Spiritualin, Geistliche Frauengemeinschaft Kloster Wennigsen e.V., Trainerin für das Projekt DiakonieCare für Pflegeberufe – Selbstsorge, Spiritualität und
Heilige Momente?! Was mich persönlich berührt und geprägt hat
Existentielle Kommunikation (EKS)
Es gibt Momente besonderer Offenheit, Präsenz und Durchlässigkeit. Ich kann sie nicht herstellen. Ich kann sie nicht festhalten. Dennoch haben sie eine verändernde Kraft in sich. Vor Jahren besuchte ich Elisabeth im Krankenhaus. Sie war krebskrank und ihr Sterben lag nicht mehr fern. Ich brachte ihr einen kleinen segnenden Bronzeengel mit, der sich gut in der Hand halten ließ. „Vielleicht“, so dachte ich, „kann er trösten.“ Einige Tage später besuchte ich Elisabeth wieder. Sie strahlte mich an und bedankte sich für mein Geschenk. „Es tut mir so gut, ihn in der Hand zu halten. Es ist, als hätte er mich meinem Engel näher gebracht. Weißt du, ich spüre in den letzten Tagen, dass Engel durch mein Zimmer schreiten. Ich habe keine Angst mehr vor dem Tod.“ Einige Tage später starb sie friedlich. Diese Begegnung hat mich berührt und ermutigt. Es war die Art und Weise, wie Elisabeth immer mehr in ihr Sterben einwilligen und loslassen konnte. Mit innerer Freiheit
und Freude sprach sie von dem Übergang. Für sie war sicher: Sie wurde erwartet. Für mich war es die erste Erfahrung mit dem Sterben eines Menschen. Obwohl wir nicht befreundet waren, war eine große Nähe entstanden. Es freute mich, dass der kleine Bronzeengel so hilfreich war. Symbolisch wurde er für Elisabeth zur „handfesten“ Vergewisserung der tröstenden Zusage Gottes: „Er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen…“ (Psalm 91,11). Ein „heiliger Moment“? Elisabeth hat die befreiende Erfahrung machen dürfen, sich zutiefst loslassen zu können und sich in Gottes Hand geborgen und getragen zu fühlen. Und ich in meiner Unsicherheit war hineingenommen worden in diese intime Nähe und spürte etwas von dem Geheimnis, das ihr bevorstand. Ein zweites Beispiel: Es gibt Situationen, die hinterlassen tiefe Spuren und treffen „ins Mark“. Wir lebten als Pfarrfamilie in einem Pfarrhaus auf dem Dorf. Unsere
drei Kinder waren noch klein. Ein Mutter-Kind-Treffen war gerade zu Ende, die Kinder nörgelig und „bettreif“. Mein Mann war unterwegs, als es an der Tür klingelte. Draußen goss es in Strömen. Ich öffnete die Tür, und ein Obdachloser stand vor mir. Mir war unwohl. Wochen zuvor war ein Pfarrerehepaar ganz in der Nähe von einem Obdachlosen mit einem Beil erschlagen worden. Ich war im Zwiespalt: Der Mann tat mir Leid, im Hintergrund jedoch hörte ich die fordernden Stimmen der Kinder, gleichzeitig holte mich die ängstigende Fantasie ein. Mit den Worten „Warten Sie. Ich hole etwas“ ließ ich ihn vor verschlossener Tür stehen. Verschämt drückte ich ihm etwas Geld in die Hand und wollte mich verabschieden, als er mich fragte, ob er nicht bei dem Regen ins Haus kommen könnte. Ich verneinte und entschuldigte mein Verhalten mit meiner Angst. Da schaute er mich mit traurigen Augen an und sagte: „Ich bin doch auch nur ein Mensch.“ Er drehte sich um. Ich schloss die Tür. Schlagartig fiel mir das Wort aus dem Matthäusevangelium ein: „Was
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Manchmal können wir mit kleinen Gesten mehr bewirken, als wir glauben. Leider auch mit den nicht so schönen Gesten.
immer ihr für einen meiner Brüder getan habt – und wäre er noch so gering geachtet gewesen – das habt ihr für mich getan. (...) Ich war hungrig und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben; ich war ein Fremder, und ihr habt mich nicht aufgenommen…“ (Matthäus 25, 40, 42– 43). Nicht mal einen Hund würde ich bei diesem Wetter nach draußen schicken. Wie gerne hätte ich die Situation rückgängig gemacht! Vor wenigen Wochen holte mich dieser zwanzig Jahre zurückliegende Vorfall unvermittelt ein. Unter der Dusche packte mich die Erinne-
rung an den Obdachlosen. Ich war erschüttert und erlebte meine tiefe Angewiesenheit auf Vergebung und Gnade. Es zog mir den Boden unter den Füßen weg. Ich fühlte mich zurückgeworfen auf mich selbst und in meinem Wesen zutiefst erkannt. Ein heiliger Moment, der aus einem unheiligen Verhalten vor langer Zeit entstanden war? Zwei Erfahrungen aus meinem Leben – waren es heilige Momente oder nicht? Objektiv ist das schwer nachvollziehbar. Nur der Mensch, der solche Augenblicke erlebt, kann sie als solche deuten und beschreiben. Sie weisen hin auf eine andere Wirklichkeit. In sakralen Räumen
und heiligen Orten ist etwas davon spürbar. Doch manchmal ereignen sich heilige Momente unvermittelt im Hier und Jetzt meines profanen Alltags. Ich werde herausgerissen aus dem Alltäglichen. Es bricht etwas auf in mir und lässt mich auf besondere Weise aufhorchen. Was kann ich tun? Ich kann mich für solche Erfahrungen öffnen: „Wir brauchen dem Heiligen nicht erst mühsam Raum zu brechen, wir haben ihm nur Raum zu lassen. Es ist alles da.“1 Maria Jepsen (1992 – 2010 evangelische Bischöfin in der Nordelbischen Kirche); Zitat aus: Te Deum – das Stundengebet im Alltag. September 2012, S. 106 1
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Urs Ellenberger, Pflegefachmann Psychiatrie mit höherer Fachausbildung Pflege ist als Leiter Pflege und Behandlungen in der Klinik SGM Langenthal tätig. Abschluss mit Eidg. Fachausweis Führungsfachmann 2010. Abschluss Diploma of Advanced Studies Psychische Gesundheit an der Fachhochschule Bern 2011. MAS
Gefäße für heilige Momente im Alltag Beispiele aus der Praxis in der Klinik SGM Langenthal
mental health in Ausbildung.
„Was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun“, Jesus in Johannes 14,14. In unserer Klinik können sieben „Gefäße“ klar herauskristallisiert werden, in denen gehäuft außerordentlich geistliche Situationen geschehen. Am Häufigsten geschehen solch heilige Momente im regelmäßig stattfindenden Abendmahl, bei dem unser Seelsorger mit den Patienten und Patientinnen gemeinsam das Abendmahl feiert. Auch in der Seelsorgegruppe, in der sich die Patienten und der Seelsorger mit einem Thema auseinandersetzen, treten solche gesegneten Momente häufig auf. In der täglichen Therapiestunde mit den Patienten und Patientinnen erleben wir ebenfalls regelmäßig außergewöhnliche, gesegnete Augenblicke. Weitere „Gefäße“, in denen heilige Momente in einer überdurchschnittlichen Häufung auftreten, sind die von der Pflege geleitete Sonntagsandacht mit Patienten, Abteilungsgebete
unter Mitarbeitenden sowie das Hörende Gebet in der Klinikleitung, welches schon manche Wegweisung lancierte. Und zum guten Schluss natürlich das wohl Eindrücklichste mit sehr großer Effektivität, das authentisch und offen durchgeführte persönliche Dank- und Fürbittegebet, direkt mit dem Patienten.
Beispiele aus der Praxis Tarife der Tagesklinik Die psychiatrischen Tageskliniken in der Schweiz geraten zunehmend wegen Kostengründen unter Druck, da die Krankenkassen die Tarife senken. Im Mai 2012 informiert die Geschäftsführung in der Mitarbeitenden-Informationsveranstaltung über die neuen Leistungsaufträge und die Forderungen, die wir gegenüber dem Kanton zu erfüllen haben. Auch zeigt der Geschäftsführer die Problematik der Finanzen im Kontext der Tarife auf. Nach seinen Informationen leitet er in
eine Danksagung und Fürbitte ein. Er dankt Gott, dass wir ohne Vorbehalte auf der Spitalliste sind und spricht eine Bitte um Schutz und Führung sowie nach finanzieller Existenzsicherheit, insbesondere durch bessere Tarife in der Tagesklinik. Die Veranstaltung dauert danach noch rund eine Stunde. Am Tag darauf informiert er die Klinikleitungsmitglieder darüber, dass in der Zeit, als wir die Infoveranstaltung durchführten, innerhalb 20 Minuten drei große von einander unabhängige Krankenkassen schriftlich per Mail den Tarif der letzten Jahre bestätigten. Dies sichert einen Teil der Tagesklinikerträge, da rund ein Drittel unserer Patienten bei diesen großen Kassen versichert sind. Solche Situationen können der Unwahrscheinlichkeit wegen nicht als Zufall abgetan werden. Gelobt und gepriesen sei der Herr, unser Gott in seiner Größe und Güte!
Der Streichpsalter Ein Patient berichtet: „In der Musiktherapie wurden wir aufgefordert, ein
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Das Wesentliche im christlichen Glauben besteht nicht darin, was du tust, sondern in deiner Fähigkeit zu empfangen.
Instrument zu wählen. Meine Wahl fiel auf den Streichpsalter, ein brettartiges Ding von hässlicher Gestalt. Niemand würde wohlklingende Töne daraus erwarten. Als ich aber darauf zu spielen begann, erklang eine geradezu himmlische Musik. Sofort fühlte ich mich sehr wohl, obschon ich kaum über musikalische Fähigkeiten verfüge. Ich konnte nicht aufhören, darauf zu spielen und versank vollkommen in dieser Musik. So bekam ich ein Bild von mir selber, welches eindringlich zu mir gesprochen hat: „Du bist dieser Streichpsalter, dies ist das Bild, das du von dir selber hast. So siehst du dich und genauso nimmst du dich selber wahr, du betrachtest nur das Äußere, empfindest dich als
völlig wertlos, hässlich, unzulänglich und nutzlos. Es ist aber Gott, der auf dir spielt und er empfindet deinen Klang genauso wohlklingend wie du den des Streichpsalters“. Was hässlich und geringgeachtet ist, darf aufgehen und zum herrlichen Schmuckstück werden. Dies war nun eine Erfahrung, wie ich sie noch nie machen konnte. Viel zu viel Kopflastiges, was nicht zu funktionieren schien, blockierte mich. Dieses Erlebnis ist etwas, das mir bleibt, worauf ich zurückgreifen kann und ich mich erinnern werde. Dies war der beste Tag seit Therapiebeginn, den ich erleben durfte. In der Musiktherapie ging es mit meiner Energie und Stimmung rasant bergauf. Ich wurde auf dem Boden meines
Herzens tief berührt. Tiefe Freude und Zuversicht und ein Gefühl von Wärme durchströmte meinen Körper und meine Seele.“ – Gott berührte diesen Patienten und wirkte heilend!
Hilfe bei Personalengpass Eine Sozialarbeiterin fällt längere Zeit aus. Es gelingt mir rasch, eine Sozialarbeiterin für eine befristete Zeit anzustellen. Anfang Juli frage ich bei ihr nach, ob sie auch noch den September bei uns abdecken könne. Sie verneint dies, weil sie bei ihrem Hauptarbeitgeber ab September ihre Stellenprozente erhöhe. Anfang August führe ich eines meiner regelmäßigen Gespräche mit der ausgefallenen Mitarbeiterin, in welchem sie
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mir mitteilt, dass sie bis Ende September krankgeschrieben sei. Dieser Umstand macht mich rat- und hilflos. Ich sitze auf meinem Bürostuhl, sehe gen Himmel, hebe die Hände und rufe zu Gott; „Was soll ich tun, ich kann das nicht selber lösen. Bitte, Vater im Himmel, hilf mir und fülle das Loch im September auf“. Genau eine halbe Stunde später erhalte ich von der Mitarbeiterin, welche befristet angestellt ist, eine Mailanfrage, ob ich sie im September immer noch brauchen würde. Im Gespräch teilt sie mir mit, dass die Stellenprozenterhöhung im anderen Betrieb nicht klappe und sie gerne bei uns einen weiteren Monat arbeiten möchte. Mein Gebet wird sofortig erhört und mein größtes Problem ist gelöst. Halleluja, preiset den Herrn, denn er ist mächtig.
Gottes Liebe im Abendmahl Der Seelsoger unserer Klinik berichtet: „Wir feiern Abendmahl in der Klink. Wir stehen im Kreis und ich gehe bei allen vorbei, breche ein kleines Stück Brot ab und lege es in die offenen Hände. Ich sage: ‚Das Brot bringe ich dir vorbei, weil das Wesentliche im christlichen Glauben nicht darin besteht, was du tust, sondern in deiner Fähigkeit zu empfangen. Du brauchst also nur deine Hände zu öffnen. Die offenen Hände sind das Gegenteil von Fäusten. Wir machen gerade keine Fäuste: nicht gegen andere Menschen, auch nicht gegen uns selber und auch nicht gegen Gott‘. Ich schaue jedem ins Gesicht und sehe nicht nur offene Hände, sondern auch offene Augen, manche lächeln, aber manchmal sehe ich auch Tränen. Es fließt Wärme zwischen uns und Nähe ereignet sich. Der Kelch mit dem Traubensaft wird
im Kreis herum gegeben. Ich ermutige die Anwesenden, einander einen Segen weiterzugeben, wenn sie den Kelch weiterreichen. Ich höre Sätze wie: ‚Dir sind deine Sünden vergeben und Du sollst leben und gesund werden‘. Ich spüre, das sind heilende Worte, die nicht nur erklären und analysieren, sondern dem andern im Namen Jesu, d.h. in seinem Geist und in seiner Autorität, Kraft und Frieden zusprechen. Am Schluss halten wir uns an den Händen. ‚Du bist nicht allein, da sind Hände neben dir. Wir bilden miteinander den Leib Christi‘. Es ist ein heiliger Moment, und ich spüre, ich kann den Menschen bewusst machen, was sie auch noch sind, abgesehen von ihrer psychischen Erkrankung: nämlich Gottes geliebte Kinder, ihm oft viel näher als ‚Gesunde‘ und schwach und durchlässig genug, dass er durch sie hindurch wirken kann.“
Näher bei Gott in der Physiotherapie Mehrere Patientinnen erlebten bei der Einzel-Körperwahrnehmung in der Physiotherapie, dass sie sich außerordentlich gut selbst wahrnehmen konnten und ein intensives Gefühl hatten, Gott nahe zu sein. Dieses verbesserte Körpergefühl war bei einigen Patientinnen nachhaltig über mehrere Tage fühlbar gewesen.
In der Maltherapie Einige Patienten äußern sich zu Bildern, die während der Maltherapie entstanden sind. Sie dokumentieren Heilige Momente. „Es darf Raum einnehmen, es darf Platz einnehmen. Jesus beleuchtet und deckt gleichzeitig zu. Das bin ich, das kann mir keiner aufzwingen, ich darf
sein.“„Da gibt es einen Weg, über diesen Fels führt ein Weg, ich sehe ihn ganz deutlich auf diesem Bild. Er ist da, ich muss ihn nur gehen. Gott hat mich geführt und er wird mich weiter führen. Jetzt kann ich weiter leben.“ „Das sind heilige Momente“, so die Therapeutin, „wo ich als Maltherapeutin beteiligt bin und sie miterleben darf. In solchen Augenblicken wird mir bewusst, dass ich als Therapeutin nicht alles selber machen muss und kann. Auf so tiefen Erlebnissen liegt Gottes Segen, und es berührt mich sehr, so nahe an seinem Geschehen und Wirken mithelfen zu dürfen.“
„Die Klinik SGM Langenthal ist eine anerkannte, christliche Fachklinik für Psychosomatik, Psychiatrie und Psychotherapie mit stationären, tagesklinischen und ambulanten Behandlungsangeboten. Wir behandeln unsere Patientinnen und Patienten auf der Basis einer wissenschaftlich orientierten, fachlich fundierten und menschlich engagierten Medizin. Unsere Klinik bietet den nötigen Schutz und die Geborgenheit für eine umfassende Genesung.Unser Therapiekonzept stützt sich auf ein Behandlungsmodell, in welchem Krankheit und Heilung als vielschichtiges Geschehen mit biologischen, psychologischen, sozialen und spirituellen Anteilen verstanden wird. Unsere fachliche Kompetenz ist mit einem ganzheitlich christlichen Menschenbild verbunden. Sie sind unabhängig von Ihrer Konfession oder Glaubenszugehörigkeit bei uns herzlich willkommen!“ (aus der Selbstvorstellung der Klinik)
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Wunder im Kreißsaal Hebammen berichten
Am Ende unseres Hebammenworkshops wurden wir gefragt, ob wir Erlebnisse zu diesem Thema für ChrisCare berichten würden. Schon beim Austausch unserer Erinnerungen spürten wir die Heiligkeit, Größe und Güte Gottes. Das Wunder einer Geburt ist an sich immer ein heiliger Moment. „Auch nach mehr als 2000 Geburten ergreift mich immer noch das Staunen der Kinder, das ich in ihren kleinen Gesichtern sehe, wenn sie beginnen ihre neue Umgebung, das Gesicht der Mutter, des Vaters, mich selbst, zum ersten mal wahrzunehmen.“ „Manchmal trete ich voll Ehrfurcht einen Schritt zurück, wenn Eltern ihr Kind zum ersten Mal selbst bestaunen und überwältigt von Freude, Erleichterung und Dankbarkeit einfach nur heftig zusammen weinen müssen. Das sind heilige Momente einer kleinen Familie, die ich auf gar keinen Fall stören will.“ „Jedes mal berührt mich der Augenblick, wenn ein Kind von der Mutter voll inniger Liebe aufgenommen wird. Einmal sprach eine Mutter mit ihrem Kind so zärtlich in ihrer eigenen Muttersprache. Den Sinn konnte ich nur erahnen, dem Klang ihrer Worte hätte ich stundenlang
lauschen können. Völlig abrupt wurde ich aus meiner Andacht gerissen, als mich die Mutter plötzlich wieder anredete und um so etwas Banales wie ein Glas Wasser bat! Der heilige Moment war vorüber.“
einfach nur so herausgeflutscht! Diese Frau teilte nicht meinen Glauben an Jesus Christus und doch hat er sich uns in diesen schweren Momenten offenbart und wunderbar eingegriffen. Ihre Dankbarkeit war rührend!“
„Ich erlebe immer wieder, dass die Seele der Frau unter der Geburt auch sehr ungeschützt ist, es ist wie wenn sie blank liegt. Wenn die Kreißende alleine mit der Hebamme sein kann, kommt es oft vor, dass sie sich ihr öffnet und anvertraut. Eine Frau konnte trotz guter Presswehen ihr Kind einfach nicht gebären, sie konnte es buchstäblich nicht raus lassen. Die Erinnerung an eine vergessen geglaubte, schlimme verbale Verletzung ihres Partners, der bei der letzten Geburt dabei gewesen war, hatte sie plötzlich völlig überrollt. Zwischen den Presswehen weinte sie und erzählte mir, warum sie sich nicht öffnen konnte. Ich war für einen kurzen Augenblick völlig ratlos und geschockt. Doch dann hörte ich mich plötzlich sagen: ‚Du musst dem Klaus (Name geändert) vergeben, dann kannst du locker lassen.‘ Das kam einfach nur so aus mir heraus. ‚Ja, ja, das will ich, das will ich! Ich will dem Klaus vergeben!‘ Die Frau schrie das förmlich heraus. Zwischen den Presswehen sprach sie mir nach: ‚Jesus, in deinem Namen vergebe ich dem Klaus!‘. Sofort ist das Kind mit der nächsten Wehe
„Schon fast am Ende der Geburt ihres 6.Kindes hörten plötzlich die Wehen auf. Die vorausgegangen Geburten waren sehr schnell und komplikationslos verlaufen. Ich musste wohl medikamentös, sprich mit einem Wehentropf, eingreifen, informierte das Ehepaar und ging kurz hinaus. Wieder zurück im Kreissaal war plötzlich eine kräftige Wehe da. Strahlend erklärte mir der Ehemann: ‚Wir haben soeben dafür gebetet!‘ Das hat mich beschämt, denn ans Beten hatte ich noch gar nicht gedacht. Nun beteten wir um jede weitere Wehe, sechsmal und das Kind war da! Gebet – was für ein Wehentropf! Wir standen auf heiligem Boden!“ „Ein Ehepaar hörte Lobpreismusik während der ganzen Zeit der Geburt. Wenn ich den Kreissaal betrat, fühlte ich mich so aufgehoben, so geborgen und sicher. Dieses zu erleben war für mich ein heiliger Moment.“ „Ich war selbst kurz vor dem Mutterschutz, als eine Frau als Notfall
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ERFAHRUNGEN
Jede Geburt ist ein heiliger Moment für die Mütter, doch auch bei routinierten Hebammen gibt es besonders heilige Momente.
eingeliefert wurde und ich sie in der 30. Schwangerschaftswoche entbinden musste. Das Frühgeborene atmete nicht und voll Entsetzen sah ich, wie es blau und dann grau wurde. ‚Das Kind stirbt! Das Kind stirbt!‘, dachte ich unentwegt. Zwei anwesende Ärzte versuchten sofort, doch leider vergeblich, die Beatmung und Intubation. Der Tubus ging einfach nicht rein. ‚Das Kind stirbt! Das Kind stirbt!‘, war alles, was ich denken konnte. Dabei stellte ich mich plötzlich hinter den Arzt, stütze ihn mit meinen Händen und betete halblaut in anderen Sprachen. Ich weiß bis heute nicht, warum ich das tat. Der Gedanke, dass mich die Ärzte für völlig verrückt halten müssen, schoss mir auch noch durch den Kopf, aber ich tat es trotzdem, betete weiter. Ganz unvermittelt schrie das Kind plötzlich und fing an zu atmen. Es brauchte keinen Tubus und nur relativ wenig Sauerstoff, bis es völlig stabil und rosig war. Das war ein Wunder. Wir sahen Seine Herrlichkeit!“
„Ich betreute eine Frau, die zum zweiten Mal ihr Kind durch eine Fehlgeburt verlor. Das Ehepaar war am Boden zerstört und völlig verzweifelt. Was sollte ich sagen, wie konnte ich helfen? ‚Können Sie beten? Ich will Ihnen nichts überstülpen, aber wenn sie beten können und wollen, schreien Sie zu Gott!‘ Ich fühlte mich einfach gedrängt, dies zu sagen. Heftig nickten beide und wir beteten zusammen. Ich bat den Herrn dann auch noch um ein weiteres, ein gesundes, lebendes Kind. Als ich aus dem Kreissaal ging, hatte ich einfach das tiefe Empfinden, diesen Eltern alles gegeben zu haben, was Gott ihnen durch mich geben wollte. 18 Monate später brachte die Frau ein reifes, gesundes Kind zur Welt und ich durfte nochmals ihre Hebamme sein. Das war eine große Freude – heilige Momente des Jubels! Es hat mich tief berührt, dass dieses Ehepaar nochmals den Mut fand, eine weitere Schwangerschaft zu wagen!“
„Eine liebe Freundin von mir bekam ihr 7. Kind und ich habe sie in der Schwangerschaft und Geburt begleitet. Das Baby war gerade geboren, als ich auch schon sah, dass es ein Kind mit Down Syndrom ist. Zunächst waren die Ärzte im Nebenraum noch mit ihm beschäftigt, denn es atmete nicht gleich richtig. Sie sagten mir, dass ich der Frau nichts von dem Verdacht erzählen sollte, da sie erst den endgültigen Nachweis durch das Genlabor abwarten wollten. Es war ihnen wichtig, dass die Mutter zuerst das Kind annehmen und lieben sollte, ehe sie den Befund erfahren würde. Nun hatte ich ein dickes Problem, denn ich war mir sicher, dass meine Freundin mich fragen würde, ob alles in Ordnung sei. Ich konnte und wollte sie auf keinen Fall belügen. So brachte ich das Kind zu den Eltern und sagte einfach: ‚Ihr müsst jetzt stark sein, ich glaube Euer Sohn hat das Down Syndrom.‘ Einen kurzen Moment war es totenstill, dann nahm die Mutter ihr Kindlein aus meiner Hand an ihre Brust und meinte
ERFAHRUNGEN
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ganz ruhig: ‚Gott macht keine Fehler.‘ In diesem Augenblick war unser ganzer Kreissaal mit der Herrlichkeit des Himmels erfüllt. So ist es übrigens bis heute geblieben, wo dieses Kind hinkommt, geht der Himmel auf!“ „Nicht immer sind wir Hebammen Zeugen vom Beginn des Lebens. Wir erleben auch das tiefe Leid, wenn ein kleines Leben zu Ende geht, bevor es noch recht begonnen hat. Wenn die Hoffnungen, Wünsche und Träume liebender Eltern in Scherben liegen und sie gar von ihrem Kind Abschied nehmen müssen, noch bevor sie es begrüßen konnten. Besonders
betroffen war ich, als eine Mutter zum zweiten Mal ein Kind völlig unerwartet im letzten Drittel der Schwangerschaft verlor. Sie war zur Routineuntersuchung beim Facharzt gewesen. Es waren keine Herztöne mehr zu hören, das kleine Herz hatte einfach aufgehört zu schlagen, keiner wusste warum. ‚Das darf doch nicht zweimal passieren, Herr! Wie soll diese Frau das verkraften?‘ Ich war so erschüttert, mir fehlten die Worte, was konnte ich der Mutter nur Gutes tun? Auch nach Dienstschluss musste ich immer daran denken. Ich ging in den Wald und pflückte Maiglöckchen. Später fiel mir eine Karte in die Hände: ‚Hoffnung ist
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nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht. Hoffnung ist die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.‘ Ich fühlte mich so hilflos. Trotzdem habe ich am nächsten Morgen diese Karte mit den Maiglöckchen ganz zaghaft den verwaisten Eltern gegeben. Ihre Reaktion war überwältigend. Niemals hätte ich gedacht, dass meine kleine Geste ihnen so viel bedeuten würde! Das waren heilige Momente unter Tränen.“ Bärbel zum Felde, Damaris Köppel, Elfriede Lochstampfer und Sabine Rosemann, Teilnehmerinnen am Hebammenworkshop von CiG 2012
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Ergotherapeutin fachliche Unterstützung im Rahmen von Arbeit und Beschäftigung zu bieten? Haben Sie Erfahrung in der Betreuung von psychisch erkrankten Menschen und fühlen Sie sich von Gott in diesen Dienst berufen? Dann könnten Sie in unserer Einrichtung �Haus Bethanien“ in Düsseldorf bald unsere neue Mitarbeiterin sein! Wir bieten Ihnen • eine Beschäftigung in Vollzeit (39 Stunden) • eine klare Ausrichtung des Betreuungsauftrages an christlichen Wertmaßstäben • eine Vergütung nach BAT/kirchliche Fassung • fachliche Weiterbildung • eine Unterkunft bzw. Unterstützung bei der Wohnungssuche Wir wünschen uns von Ihnen • dass Ihre persönliche Glaubensbeziehung zu Jesus Christus im Umgang mit den Bewohnerinnen zum Ausdruck kommt • die Bereitschaft, sich auf die Lebenswelt psychisch kranker Menschen einzulassen, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen und mit ihnen gemeinsam Hilfeziele zu entwickeln. Die Stelle ist zunächst auf zwei Jahre befristet. Bitte bewerben Sie sich bitte umgehend bei Frau Kreb, Einrichtungsleiterin Haus Bethanien Kleinschmitthauser Weg 54 • 40468 Düsseldorf • Telefon 0211/650446-0 E-Mail: zkreb@wohnheimbethanien.de Homepage: www.wohnheimbethanien.de
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REFLEXIONEN
Heilige Momente in der Begegnung mit Menschen mit Demenz von Geertje-Froken Bolle Über etwas schreiben, worüber sich letztlich nicht schreiben lässt – Erhard Weiher spricht vom „Geheimnis des Lebens“1. Wenn ich im Folgenden versuche, etwas zu schreiben zu spirituellen oder heiligen Momenten in der Begegnung mit Menschen mit Demenz, dann ist es wohl eher ein Herantasten an ein Geheimnis, ein NachWorten-Suchen, ein stammelndes Erahnen einer Wirklichkeit, die unser aller Verstehen übersteigt. Heilig Wann nennen wir etwas heilig? Momente, in denen etwas ganz und heil erfahren wird. Momente, in denen wir spüren: Gott ist da. Gott ist nahe. Manchmal bin ich Gott nahe, wenn ein anderer Mensch mir nahe kommt. Momente, in denen Menschen berührt werden, angerührt werden vom Leben. Momente, in denen etwas ins Schwingen kommt im Miteinander. Wenn ich Menschen frage, welche Momente sie als heilig erleben, sind es oft Momente im Zusammenhang mit dem Geborenwerden und mit dem Sterben. „Als mein Sohn geboren wurde und ich ihn das erste Mal im Arm hatte“. – „Als meine Mutter starb und ich dabei sein durfte“. Das Wort heilig stammt vom Wort „Heil“, „der göttlichen Sphäre zugeordnet“ liest man bei Wikipedia, vom
Profanen abgesondert. Im Englischen haben wir im Klang diese Verbindung von ganz und heilig in den Worten whole und holy noch erhalten. Immer wenn ich die Liedzeile von Libby Roderick höre: „How could anyone ever tell you, you were anything less than beautiful, how could anyone ever tell you, you were less than whole“2, dann höre ich das „holy“ in dem „whole“ gleichsam mit.
Einander begegnen Manchmal gelingt es, dass unser Innerstes berührt wird. Dass wir mit unserer ganzen Person beteiligt sind. Dass wir angesprochen sind in unserem Innersten. Da werden wir getroffen. Berührt. Nichts anderes ist Begegnung. In der hebräischen Bibel und im Neuen Testament finden wir eine Fülle von Geschichten, in denen Menschen so berührt werden. Wo wir Menschen in Tiefe und Würde begegnen, wenn wir Gott begegnen, dann begegnen wir auch uns selbst. Gott klingt durch unser Gegenüber hindurch. Wo die Liebe wohnt und Güte, da wohnt Gott. Unter Begegnung verstehe ich die Berührung von Menschen in ihrem Wesen, auf einer tieferen Ebene. Sie kennen das alle: ein Treffen, wo Sie danach sagen, da ist etwas ins Schwingen gekommen, da hat etwas gefunkt. Dabei ist mit Wesen und Tiefe nicht der Inhalt gemeint, über den Sie sprechen. Es geht nicht darum, dass ein Gespräch erst an Tiefe gewinnt, wenn Sie über schwerwiegende Lebensthemen sprechen.
Heilige Momente in der Begegnung mit Menschen mit Demenz Immer wieder erlebe ich hier heilige Momente. Da reiche ich einer demenzkranken Frau den Abendmahlskelch – und sie trinkt ihn in großen Zügen leer, so als könne sie nicht genug kriegen an Lebensfülle, strahlt über das ganze Gesicht, als hätte sie Leben pur sich einverleibt. Und ich spüre, ja, das stimmt doch zu dem, was im Abendmahl geschieht, da begegnet uns der Messias, da treffen wir auf Leben pur – und welch angemessene Haltung,
REFLEXIONEN
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Bei Menschen mit Demenz zeigt sich oft ganz deutlich, direkt und unverblümt das Innere, die Seele.
die dieser Frau in ihrem anderen Bewusstseinszustand gelingt. Eine demenzkranke Frau, die ich im Krankenhaus besuche, schaut mit strahlenden Augen meine Kette an, fasst sie an, eine Silberkette mit winzigen Farbpunkten in den Regenbogenfarben. Ich erzähle von eben diesen Farben, von den wunderbaren Farben des Regenbogens, unterhalte mich mit ihr (die selber verbal nicht mehr dazu in der Lage ist, und doch ist es kein Monolog) – und da
ist Berührung da und Begegnung. Mein Erleben ist: da ist Gott nahe, wo ein Mensch, der ganz von einer Krankheit verhangen zu sein scheint, plötzlich ganz da ist, weil er berührt und sich innerlich berühren lässt. Da schwingen die Seelen. Ich erinnere mich an den Moment, als meine Mutter (die die letzten zehn Jahre ihres Lebens schwer an Demenz erkrankt war) auf ihrem Sterbebett aus voller Kraft meine Hand gedrückt hat – und dann hat sie aufgehört zu atmen.
Ich erinnere mich an eine 80-jährige Frau, deren Worte nach und nach verschwinden, die sagt „Da leuchtet die Liebe durch die Blumen“, weil sie sich über den Blumenstrauß ihrer Tochter so freut. Und da ist die Frau, die mir gestern im Garten der Klinik über den Weg lief, an einem wirklich goldenen Herbsttag, mich anstrahlte und „Herbstfrühling“ sagte. Da ist der Mann, der beim gemeinsamen Singen plötzlich aufwacht, hinter dem Schleier der Demenz auf-
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REFLEXIONEN
taucht, und mit großer Sicherheit in Tonlage und Worten eine Stimme im Kanon singt. Das sind Momente, die lassen uns etwas erahnen von dem, dass da mehr ist. Ich erlebe solche Momente, in denen Begegnung mit demenzkranken Menschen gelingt, immer als kleine Wunder, als heilige Momente, als etwas zutiefst Spirituelles, Geistvolles. Vielleicht ist Ihnen das auch schon begegnet – Sie begleiten einen Menschen mit Demenz und machen diese Erfahrung, dass Sie in besonderer Weise berührt werden. Dass sie etwas erfahren, das Sie nur schwer in Worte fassen können. Etwas, das unser aller Verstand übersteigt – und wo manchem das Wort „heilig“ in den Sinn kommt. Weil es nicht so einfach in unsere Welt zu passen scheint. Weil da gleichsam
nicht. Und vielleicht bin ich deshalb so gerne in der Nähe von Menschen mit Demenz – weil ich solche heiligen Momente mit ihnen oft erlebe. Warum auch immer. Das kann ich nicht wirklich erklären, wohl aber davon erzählen.
Die Goldene Stunde In Berlin-Schöneberg haben wir im Geistlichen Zentrum Demenz aus dieser Erfahrung heraus ein Ehrenamt auf den Weg gebracht, „Die Goldene Stunde“3. Ulrich Kratzsch beschreibt das so: „Die Goldene Stunde ist ein Lauschen auf die Gedanken des Herzens. Indem wir für eine kleine Zeit uns zurücknehmen, um die Welt des Erkrankten fühlend anzunehmen, machen wir die unmittelbare Erfahrung, dass Menschen, die jeden Kontakt zur Welt, selbst zu nahen Menschen und Angehörigen verloren zu haben scheinen, sich von vertrauten Liedern,
„Die Goldene Stunde ist ein Lauschen auf die Gedanken des Herzens.“
In der Begleitung von Menschen mit Demenz zeigt sich oft ganz deutlich, direkt und unverblümt das Innere, das, was Menschen in der Tiefe bewegt, die Seele. Und sie tut das in einer Sprache der Symbole. Diese besondere Sprache schafft Zugang zur spirituellen Dimension im Menschen, zu der Dimension, die eine Offenheit zur Transzendenz in sich trägt. Gerade da, wo wir die Sprache dementer Menschen, ihre Bilder, ihr Tun nicht sofort verstehen, lohnt es sich, hineinzugehen, zu verstehen zu suchen. Oft erschließt sich uns im Hineingehen, dass es nicht „Spinnerei“ ist, sondern vielmehr existentiell gesprochen, dass wir unverstellten Bildern der Seele begegnen. Heilige Momente bleiben unverfügbar, bleiben ein Geschenk. Wir machen uns auf, um einem Du zu begegnen. Und wir entdecken, was uns beide heil macht. In der Begegnung, im Du – da, wo Gott uns im Menschen neben uns trifft. Wir können uns um Achtsamkeit bemühen, das spirituelle Hören lernen, in die Begegnung gehen. Ob wir solche heiligen Momente erleben, das ist und bleibt unverfügbar, das können wir nicht machen. Ein wundervolles Geschenk, wo es geschieht. Erhard Weiher, Das Geheimnis des Lebens berühren, Stuttgart, 2. Aufl., 2009 2 Libby Roderick, CD How Could Anyone, 1988 3 siehe www.glaube-und-demenz.de 4 Ulrich Kratzsch, Die Goldene Stunde, in: Junge Kirche 3/2010, Focus Demenz, S.22 1
etwas aus der Transzendenz einbricht. Vielleicht beschreibt es der eine so :„Da hat mich der Heilige Geist berührt.“ Eine andere sagt: „Das war ein ganz wertvoller, besonderer Moment – da war etwas.“ Ich bin sehr dankbar, wenn ich solche Momente erfahre. Weil ich weiß, dass ich sie nicht machen kann, dass sie uns geschenkt werden oder auch
Gedichten und Gebeten anrühren lassen, dass sie anfangen, mitzuschwingen, einzustimmen, Gebete mitzusprechen und Lieder mitzusingen, dass sie damit auf einer Ebene ihres Selbst angesprochen werden, die tiefer liegt als der Intellekt, dass etwas wieder zum Bewusstsein kommt, was völlig verschüttet schien. Und auch wir kommen in dieser Gegenwart mit den Gedanken des Herzens in Berührung.“4
Geertje-Froken Bolle, tätig als Pfarrerin und Klinikseelsorgerin in den Kliniken im Theodor-Wenzel-Werk in Berlin-Zehlendorf
ERFAHRUNGEN
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Sichtweisen Norbert Jeutner, Arzt in Berlin
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Heiligkeit statt Heilige Momente Erfahrungen aus einer psychiatrischen Institutsambulanz
Heilige Momente? Sollte eigentlich kein Problem sein, darüber zu schreiben, dachte ich leichtsinnig. Schließlich erfahre ich doch oft Gottes Geist in der Arbeit mit meinen Patienten in unserer psychiatrischen Institutsambulanz. Und als katholischer Christ begegnet mir Heiliges allenthalben: in der heiligen Messe, in Anbetung und Eucharistie; wir kennen heilige Orte, zu denen wir pilgern können, heilige Zeiten, die wir feierlich begehen, unser Kalender ist voller Namenstage von Heiligen und heilig ist die Kirche im Glaubensbekenntnis. Aber beim Nachdenken wuchsen die Zweifel: Kenne ich wirklich heilige Momente? Nicht Momente des Friedens, von Erfüllung und Freude, Dankbarkeit und Erleichterung, unser täglich Brot sozusagen – nein, sondern Heiligkeit!
der eine sofortige Aufnahme erzwingen will, obwohl wir kein Bett für ihn haben. Ich habe mir fest vorgenommen, das ohne Polizeigewalt durchzusetzen und ertrage seine Drohungen und Beschimpfungen, bis er sich mit einem Termin zufrieden gibt. Ich hatte gute Absichten und war heftig gedemütigt worden. Plötzlich kam ein starkes Gefühl von Christi Schmerz über die Verschmähung durch die Seinen.
Im Katechismus heißt es, die Heiligkeit sei der Brennpunkt des göttlichen Mysteriums. Ein packendes Bild: Heiligkeit in brennender Intensität.
Oder an den sich selbst verletzenden jungen Mann mit Suizidabsichten, der jetzt in aller Zerbrechlichkeit und Beschämtheit von seinem Ringen um die Anerkennung seiner Eltern spricht. Ich achte dabei auf jedes meiner Worte, darauf, emotional immer die richtige Entfernung auszutarieren. Schließlich kann er seinen Suizidplan wenigstens verschieben. Alltägliche, beinahe unbedeutende Situationen, aber im Inneren hat sich viel bewegt.
Dieser Intensität nachspürend, kommen Erinnerungen an die psychiatrische Notaufnahme: An den aggressiven alkoholkranken Mann,
In dieser Überforderung, das ist mir klarer geworden, kann es passieren, dass ich etwas von Gottes Heiligkeit verspüre.
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ERFAHRUNGEN
Frank Fornaçon, Pastor und Chefredakteur von ChrisCare
Tiere sind ein Segen im Heim Resonanz aus unterschiedlichen Pflegeeinrichtungen
„Ein Hund, das ist ein Herz auf vier Beinen“, heißt es. Wer Herz zeigen kann, der ist auf den Stationen eines Altenpflegeheims immer willkommen. Das gilt nicht nur für Besucher, sondern auch für deren vierbeinige Begleiter. Überall haben Tiere Einzug gehalten. Sie bevölkern dauerhaft oder gelegentlich die Stationen und Wohnbereiche. Da lebt zum Beispiel ein Papagei im Emmi-Seeh-Heim der AWO in Freiburg im Breisgau, liebevoll versorgt von einigen Bewohnerinnen, die täglich bei ihm vorbeischauen, um mit ihm zu plaudern. Von Tieren profitieren auch die Bewohner des Altenpflegeheims Maria Hilf in Untermarchtal. Schwester Partricia Baumann ist beeindruckt von Miezi, einer Katze, die zur wertvollen Mitarbeiterin des Heims wurde. „Eigentlich können unsere Bewohner ihre Haustiere nicht mit ins Heim bringen. Aber bei Miezi war es eine Ausnahme“, erinnert sich die Heimleiterin. Die Besitzerin hatte nur noch wenige Wochen zu leben. „In dieser Zeit hat die Katze sich das ganze Heim erobert und besuchte alle Wohnbereiche.“ Dabei fiel den Mitarbeitenden auf, dass Miezi sich
stets vor die Zimmertüren setzte oder bei den Bewohnern zu finden war, denen es extrem schlecht ging, weil sie sich aufs Sterben vorbereiteten. Auch als ihre Halterin starb, saß die Katze auf ihrer Bettdecke. Sie ließ sich nicht bewegen, fortzugehen, sondern krallte sich an der Bettdecke fest. Die Katze mit der großen Empathie wurde für ein dreiviertel Jahr zur von vielen geliebten und gerne gesehenen Begleiterin. Schließlich hat sie das Heim verlassen und verschwand. Für kurze Zeit war ein Kaninchen eine große Hilfe. Schwester Patricia: „Zu uns kam eine schwerkranke Frau, die nach dem Klinikaufenthalt nicht mehr in die eigene Wohnung zurückkehren konnte. Sie war außerordentlich verschlossen, sprach kein Wort und wenn wir sie ansprachen, schloss sie zudem die Augen. Wir waren ratlos.“ Auch ihre einzige Angehörige, eine Nichte, fand keinen Zugang, bis einer Mitarbeiterin die rettende Idee kam. Das Kaninchen aus dem Gartenstall könnte vielleicht helfen. Vom Stall kam es auf den Schoss der Bewohnerin, wo es geduldig ausharrte. Zunächst streichelte die Frau das Kaninchen nur. Aber nach drei
Stunden – die Frau fühlte sich ganz unbeobachtet – begann sie mit dem Tier zu sprechen: „Ja dir geht’s wie mir. Dich sperren sie auch hier ein.“ Damit war der Weg gefunden, mit der Bewohnerin zu kommunizieren. „Fragten wir das Kaninchen, ob es durstig sei, antwortete die Frau und wir konnten ihr zu Trinken geben.“ In den nächsten acht Tagen war die Dreiecksbeziehung der einzige Weg, miteinander zu sprechen. „Dann konnten wir wieder direkt kommunizieren“, erinnert sich Schwester Patrica. Die guten Erfahrungen mit dem Kaninchen gaben schließlich in Untermarchtal auch den Anstoß für die Planung eines Sinnesgartens mit einem kleinen Tierpark. „Wir sind überzeugt, dass es auch den Enkeln und Besucherkindern viel leichter fällt, gemeinsam mit den Bewohnern die Tiere zu besuchen und so das große Schweigen zu überwinden, das oftmals Angehörige von an Demenz erkrankten Bewohnern befällt,“ freut sich die Heimleiterin auf das neue Projekt. Um den Einsatz von Tieren optimal zu gestalten, gibt es inzwischen
ERFAHRUNGEN
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Sichtweisen
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Eindrücke aus dem Pflegeheim „Maria Hilf“ in Untermarchtal: Tiere sind hier fester Bestandteil der Pflege.
zahlreiche Kurse für sogenannte Besuchshunde. Speziell für die Fortbildung von Mitarbeitenden in der Altenpflege hat der Diözesan-
Caritasverband Köln in Zusammenarbeit mit der Kuratorium Deutsche Altershilfe eine Weiterbildung entwickelt, die befähigt, den Einsatz
von Tieren zu initiieren, zu planen, durchzuführen und Erfolgskontrollen vorzunehmen. (Informationen: www.tiere-oeffnen-welten.de)
„Tiergestützte Therapie“ findet nicht nur in der Praxis immer mehr begeisterte Anhänger. Auch die Wissenschaft befasst sich mit dem Thema. Der Europäische Dachverband für tiergestützte Therapie mit Sitz in Wien definiert auf seiner Internetseite (www.esaat.org) „Tiergestützte Therapie“: Sie umfasst bewusst geplante pädagogische, psychologische und sozialintegrative Angebote mit Tieren für Kinder, Jugendliche, Erwachsene wie ältere Menschen mit kognitiven, sozial-emotionalen und motorischen Einschränkungen, Verhaltensstörungen und Förderschwerpunkten. Sie beinhaltet auch gesundheitsfördernde, präventive und rehabilitative Maßnahmen. Basis der tiergestützten Therapie ist die Beziehungs- und Prozessgestaltung im Beziehungsdreieck Klient – Tier – Bezugsperson. Tiergestützte Therapie beinhaltet Methoden, bei denen Klienten mit Tieren interagieren, über Tiere kommunizieren oder für Tiere tätig sind. Die Durchführung erfolgt zielorientiert anhand einer klaren Prozess- und Themenorientierung unter Berücksichtigung tierethischer Grundsätze mit anschließender Dokumentation und fachlich fundierter Reflexion.
Allgemeine Ziele sind 1. die körperlichen, kognitiven und emotionalen Funktionen wiederherzustellen und zu erhalten, 2. die Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Durchführung von Aktivitäten und Handlungen zu fördern, 3. das Einbezogensein in die jeweiligen Lebenssituation zu fördern und 4. das subjektive Wohlbefinden zu verbessern.
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ERFAHRUNGEN
Heilige Momente im Berufsalltag Dietlind Prodehl, Meißen, Assistentin im Kinder- und Jugendärztlichen Dienst des Gesundheitsamtes
Zuerst fallen mir vielfältige Begegnungen mit Patienten ein aus meiner stationären Zeit als Krankenschwester. Oft ereigneten sich besondere Augenblicke im Nachtdienst – ohne den gewohnten Tageslärm. Manchmal mittendrin. Ich denke an ein Ehepaar. Die Frau teilt mit ihrem schwerkranken Mann das Zimmer. Sie möchte ihn in den letzten Tagen seines Lebens nicht allein lassen. Einige wortkarge, aber zutiefst berührende Momente gegenseitiger Achtsamkeit haben sich mir eingeprägt. Für einige Tage und Nächte wird dieses Zimmer für mich zum heiligen Ort. Ich denke an einen Bauern, der nach einem Arbeitsunfall für drei Monate ans Bett gefesselt war. In seinen schlaflosen Nächten da zu sein und mit ihm Gefühle der Hilflosigkeit und Ungeduld zu spüren, hat sich für mich überraschend und bereichernd ereignet.
Ich denke an die Begleitung einer sterbenden Frau. Die letzten Worte, die ich von ihr verständlich vernahm: „Ich höre Lobgesang.“ Eine andere Dimension von Wirklichkeit trifft meine Welt im Dasein an ihrer Seite. Heute arbeite ich mit Kindern. Ich denke an das kleine Mädchen, das ängstlich in die Sprechstunde kommt und gar nichts von sich zeigen mag. Viel später ein flüchtiges Lächeln. Sie fasst meine Hand und nimmt sich, was ihr Sicherheit verschafft. Vorsichtig öffnet sie sich. Ich denke an den kleinen Jungen, der mich stürmisch vereinnahmt mit seinem Jetzt. Kinder, die mich berühren oder unbeschwert fröhlich einladen, dahin zu kommen, wo sie gerade sind. Wenn sich dann Begegnung auf Augenhöhe ereignet, empfinde ich einen heiligen Moment. Ich denke an Prozesse des eigenen Kennenlernens, an Erfahrungen des Versöhntwerdens mit meinem Menschsein, mit Verletztem oder Versagen. Ich denke an Prozesse der Umkehr, in denen meine festgefahrenen Bahnen Korrektur erfah-
ren. Ich denke an Versöhnung nach einem Streit. Ich denke an schweigende Spaziergänge in der Natur und das Öffnen aller Sinne für das Augenblickliche, denke an Zeiten, in denen ich mir des Ansehens von und bei Gott sicher bin. Vollständig ist die Aufzählung noch lange nicht. Nach heiligen Momenten kann ich Ausschau halten, glaube ich, aber ich kann sie nicht erzeugen. Es sind wache Momente, in denen mich Staunen oder Ehrfurcht ergreift. Nichts übertönt das Gegenwärtige, dem meine Aufmerksamkeit gehört. Echtheit zeigt sich und meine Begrenztheit erlebt Öffnung. Raum, Zeit und Wertigkeiten bekommen eine andere Bedeutung. Für mich sind heilige Momente durchdrungen von der Anwesenheit dessen, der sagt: „Ich bin euer Gott, der für euch da ist“ (2.Mose 3,14). Charakteristisch erlebe ich den Frieden, der mein Verstehen, der meine Vernunft weit übersteigt (Philipper 4,7). Vielleicht sind heilige Momente in jedem Tag zu entdecken? Ich möchte sie nicht übersehen.
ERFAHRUNGEN
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Sichtweisen
Christine Körbel,
Syke, Leitung Diakonie-Pflegedienst
Da ist eine krebskranke Frau, gerade mal 47 Jahre und nicht mehr in der Lage, sich selbst zu versorgen und vollkommen auf fremde Hilfe angewiesen. Oder ein junger Mann mit Hirntumor, verstorben im letzten Monat in den Armen seiner verzweifelten Mutter. Mir fällt auch die alte Dame ein, die friedlich im Alter von 98 Jahren „zu unserem Herrn“ ging; ein besonderer heiliger Moment, diesen „Übergang“ in der Familie miterleben zu dürfen.
Genauso empfinden auch die Mitarbeiter diese Grenzen der Hilflosigkeit und Ohnmacht, suchen Rat und Zuspruch. Wie tröstlich ist dann der Vers aus 2.Korinther 12, 9, in dem es von Gott heißt: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“. Nicht auf mich und meine Fähigkeiten kommt es an. Ich darf schwach, klein und begrenzt sein, und werde trotzdem gebraucht – dort, wo Gott mich hinstellt und ich mich an ihm festmache. Dann erlebe ich „Heilige Momente“, wenn Gott Menschen in ihrem Leid tröstet, Schmerzen lindert und Tränen trocknet, meine und die der anderen.
Esther Frost, Heb-
Seit acht Jahren leite ich den Diakonie-Pflegedienst und habe viele Menschen und Schicksale erlebt und begleitet. Ich bin verantwortlich für die Wirtschaftlichkeit unseres Pflegedienstes. Zurzeit arbeiten 42 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserer Einrichtung. Neben dem finanziellen Kostendruck und den schwierigen Rahmenbedingungen möchte ich für die hilfesuchenden Menschen und Mitarbeiter da sein und Zeit haben, die sich nicht in Kennzahlen, Umsatz oder Gewinnmaximierung ausdrücken lässt. Dieser Umgang mit schwerstkranken und sterbenden Menschen fordert von mir einen großen seelischen Einsatz. Oft bin ich in Gesprächen mit diesen Menschen an meine Grenzen gestoßen. Gerade dann, wenn ich jüngere Menschen begleite oder Menschen mit sehr starken Schmerzen, fühle ich mich hilflos und werden mir meine Grenzen des Helfens bewusst.
amme/Familienhebamme, Rotenburg an der Fulda
Ich bin sehr gerne Hebamme und freue mich immer wieder über das Wunder der Geburt. Aber es gibt auch Tage, da steht plötzlich die Verantwortung wie ein großer Berg vor mir. Eine werdende Mutter mit ihrem Kind durch die Geburt zu begleiten, braucht Weisheit. Wenn mich diese Verantwortung erschrecken will, bin ich so dankbar, direkt mit Jesus darüber reden zu dürfen. Ich erzähle ihm, was mich bewegt und dass ich fest mit ihm an meiner Seite rechne.
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Von einem eindrücklichen Erlebnis möchte ich berichten. In der Betreuung einer Patientin, die bereits schon einen Kaiserschnitt hatte, kam es zu Diskussionen mit dem diensthabenden freiberuflichen Anästhesisten. Dieser wollte erst gar nicht heimfahren, sondern gleich die Indikation zum weiteren Kaiserschnitt haben. Nach mehreren Stunden verließ der Anästhesist unfreundlich das Krankenhaus. Im Geburtsverlauf gab es gehäuft Situationen, die fast zum Kaiserschnitt geführt hätten. Bei dieser Geburt habe ich sehr viel Zeit im Flehen um Gottes Hilfe verbracht. Das Kind wurde dann auch gesund und ohne Komplikationen geboren. Ich war begeistert, dass wir so viel Hilfe erfahren durften. Wir hatten einen zuverlässigen Herrn, der uns in den Launen anderer Menschen nicht allein gelassen hat. Als Mutter und Kind auf Station verlegt waren, bin ich mitten in der Nacht in mein Auto gestiegen und habe die Musik angemacht. Da erklingt das Lied – Halleluja, Jesus tut Wunder... – ich musste lachen und laut mitsingen. Für mich ist es ein Wunder, wenn ein kleiner Mensch geboren wird, wenn ich bei jeder Geburt um Gottes Nähe wissen darf und auch, dass seine Zusage, an meiner Seite zu bleiben nicht verfällt. In Mathäus 28, 20 sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Das macht meinen Alltag und Dienst so wertvoll.
Kurzberichte
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REFLEXIONEN
Kirche als Heil-Land von Paul M. Zulehner Heute gibt es in der (katholischen) Kirche und ihrer Theologie eine engagierte Skepsis gegenüber der einseitigen Verlagerung der kirchlichen Aufgabe von der Mystik auf die Moral. Im Interview mit Peter Seewald aus dem Jahre 1996 vermerkt der Papst: „Richtig ist, dass für viele Leute von den Worten der Kirche am Schluss nur einige Moralverbote – hauptsächlich aus dem Bereich der Sexualethik – übrig bleiben… Vielleicht ist in der Richtung auch zu viel und vieles zu oft gesagt worden – und nicht mit der nötigen Verbindung von Wahrheit und Liebe.“1 Viele zeitgenössische Theologen fordern daher die Wende zu einer „therapeutischen“ Sicht des Evangeliums.2 Sie betonen, dass es Kernaufgabe der Kirche sei, in der Nachfolge des Heilands „Heil-Land“3 zu werden. Wer in den Lebensraum einer kirchlichen Gemeinschaft eintritt, kann aufatmen (Apg 3,20), das Haupt erheben (Lk 21,28). Er wird nicht Opfer von „ekklesiogenen“, also kirchengemachten Neurosen4, seelischen Beschädigungen. Wie die Kirche in ihren Gemeinschaften und Personen in der Nachfolge des Heilands zum HeilLand werden kann, soll anhand der Meditation einer Heilungsgeschichte aus dem Evangelium verdeutlicht werden. Auch diese Erzählung hat ein mittelalterlicher Buchmaler in dem berühmten Evangeliar von Echternach ins Bild5 gesetzt und dabei versucht, die Betrachter dazu zu gewinnen, sich auf diese Begebenheit einzulassen.
„Als Jesus von dem Berg herabstieg, folgten ihm viele Menschen. Da kam ein Aussätziger, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde. Jesus streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will es, werde rein! Im gleichen Augenblick wurde der Aussätzige rein. Jesus aber sagte zu ihm: Nimm dich in Acht! Erzähl niemand davon, sondern geh, zeig dich dem Priester und bring das Opfer dar, das Mose angeordnet hat. Das soll für sie ein Beweis (deiner Heilung) sein.“ (Mt 8,1-4)
Der Aussätzige Der Aussätzige ist vom Künstler an den Rand gezeichnet: an den Rand des Lebens, an den Rand der Gesellschaft. Er geht gleichsam „in die Knie“. Es war kein gutes Leben mehr. Alles, was Leben intensiv und lebenswert macht, fehlte ihm6: • Er hatte buchstäblich kein „Ansehen“. Näherte sich ihm jemand, musste er schon von Weitem warnen, er solle fernbleiben und sich ihm nicht nähern. Ein Leben ohne Ansehen und damit Begegnung ist kein Leben.
• Der Aussätzige konnte „nichts mehr machen“. Sein Leben war vorgeprägt, der Ausgang vorhersehbar – elender Tod mit einem Sterben auf Raten. Gestalten konnte er nichts mehr. Das ist typisch für die Welt vieler Kranker, dass sie die Gestaltungsmacht über das Leben verlieren. Ein Leben ohne (Gestaltungs-)Macht, in dem man nichts mehr machen kann, ist kein Leben. • Und schließlich gehörte er nicht mehr dazu. Unser deutsches Wort „Aussatz“ für seine Krankheit bezieht sich auf deren soziale Seite. Er war hinausgesetzt aus der Gemeinschaft der Lebenden in die Isolation des Vereinsamten. Ein Leben ohne Heimat und Gemeinschaft ist kein Leben. So überrascht es auch nicht, dass die rabbinischen Gelehrten in der Zeit Jesu die Aussätzigen zu den Toten zählten. Es ereignete sich eine Art „Tod vor dem Tod“, ein „sozialer Tod“ mitten im Leben, das keines mehr ist. Dennoch: Als der Aussätzige vom Wunderheiler Jesus hört, müssen alle Regeln zurücktreten. Er nähert sich Jesus und streckt ihm – so der Buchmaler – voll von Hoffnung seine lebensleeren Hände entgegen.
Jesus Jesus enttäuscht ihn nicht. Er hält sich nicht an die Vorschriften, sobald es um das Leben und Überleben eines Menschen geht. Jesus trägt nicht zufällig in seiner Linken die Gesetzesrolle. Er bringt von Gott her – also vom Berg herab – das neue Gesetz Gottes, wie einst Moses die steinernen Gesetzesta-
REFLEXIONEN
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feln vom Berg Sinai gebracht hatte. Was Jesus tut, so die Auskunft der Schriftrolle, ist die Proklamation jenes Gesetzes Gottes, das allemal höher steht als das, welches Menschen gemacht haben. Selbst die heiligsten Gesetze, wie die Heiligung des Sabbats, müssen zurücktreten, wenn es um den Menschen und dessen „Leben im Frieden“ (1 Kor 7,15), das Uranliegen Gottes geht; nicht einmal Tiere waren ausgenommen. Das menschliche Gesetz „brechend“ geht Jesus auf den Aussätzigen zu – der Buchmaler zeigt die bewegten Füße Jesu. Sodann gibt Jesus dem Aussätzigen all das, wenigstens im Augenblick der Begegnung, was dieser zum Leben braucht: • Er sieht ihn mit offenen und wachen Augen an. Die Lebensmacht Jesu, schon mit der göttlichen Gloriole gemalt, springt aus diesen Augen auf den „toten“ Aussätzigen über. Dem Unansehnlichen gibt Jesus Ansehen. Das schafft Leben. Denn alles wirkliche Leben entstammt der Begegnung, so Martin Buber. Niemand von uns kann sich selbst ins Gesicht schauen. Wir brauchen dazu immer einen Spiegel. Der beste Spiegel für den Menschen ist der Mitmensch. Nicht zuletzt deshalb spricht die Genesis vom „Erkennen“, wenn Adam mit Eva im Fest der Liebe zusammenkommen und einen Sohn zeugen: „Adam erkannte Eva, seine Frau; sie wurde schwanger und gebar Kain. Da sagte sie: Ich habe einen Mann vom Herrn erworben“ (Gen 4,1). Auch Maria sagt bei der Verkün-
Jesus nimmt sich eines Aussätzigen an.
„Dem Unansehnlichen gibt Jesus Ansehen“
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REFLEXIONEN
digung durch den Engel, dass sie keinen „Mann erkenne“ (Lk 1,34). Die Feste erotisch-sexueller Liebe, die Menschen einander zugewandt begehen, sind sensible und verletzliche Orte des Erkennens, wer jemand als Frau, als Mann ist. • Dann streckt Jesus sein Hand aus und berührt den „Toten“. So kommt Leben in diesen, weil ihn die schöpferische Hand Gottes berührt. Diese Schöpferhand malte Michelangelo eindrucksvoll im Bild von der Erschaffung Adams; Jesus trägt als Wunderheiler diese schöpferische Kraft Gottes in sich – wie auch manch andere Menschen, denen sie von Gott verliehen ist. Die heilende Berührung ermächtigt den Toten zu neuem Leben. Er erhält neuerlich die Gestaltungsmacht eines gesunden Menschen. Und um das für alle aktenkundig zu machen, schickt Jesus den Geheilten zum Priester und lässt das Opfer der Wiederaufnahme darbringen (heute hätte Jesus ihn ins Meldeamt geschickt). All das, was da in der Begegnung passiert, ist eine kleine „Auferweckung“ von dem Tod, der inmitten des Lebens zuschlägt. Die einfühlsamen Bibelleser haben das auch immer so verstanden. So werden in der mittelalterlichen Kirche St. Georg zu Obernzell auf der Insel Reichenau im Bodensee in Fresken auf der einen Seite alle Totenerweckungen durch Jesus dargestellt. Die Heilung des Aussätzigen findet sich unter diesen Totenerweckungen. Indem Jesus einen Aussätzigen heilt, betreibt er eine „Praxis der Auferweckung“.
Die Männer hinter Jesus Doch noch einmal zurück zu dem Bild im Evangeliar von Echternach. Hinter Jesus malt der Benediktinermönch zwei Männer. Es sind Petrus und Johannes, tragende Säulen der Kirche. Petrus steht nach alter Interpretation für das Recht, Johannes für die Liebe. Die Farben der Kleidung Jesu sind auf beide verteilt. Und wieder zeigt uns der Künstler mit einfühlsamer Aufmerksamkeit die Füße der beiden. Auch sie gehen. Und das in einer Doppelbewegung: Sie gehen zunächst hinter Jesus her. Das alte spirituelle Wort dafür heißt „Nachfolge Christi“, in der Spur Jesu gehen. Die Amtsträger als die Repräsentanten der sich im Bild abzeichnenden Kirche sind beauftragt, diese Spurtreue der ihnen anvertrauten, ja manchmal aufgelasteten kirchlichen Gemeinschaften zu sichern. Ganz früh hießen die Christen die „Anhänger des (neuen) Weges“ (Apg 9,2). Aber die beiden gehen nicht nur hinter Jesus her, sondern dadurch auch in Richtung des Aussätzigen. Und um es nicht zu übersehen: Alle kommen sie vom Berg herab (Mt 8,1). Der Berg steht symbolisch für die Nähe zu Gott, zum Himmel. Christen sind stets – wie Jesus selbst – zugleich Gott und den Menschen nahe7. Sie können Gottes- und Nächs-
tenliebe nie voneinander trennen. Wellnessspiritualität ist ihnen genauso fremd wie reiner Sozialaktionismus. Dann zeigt uns der Buchmaler das, was die Kirche zur Kirche macht. Petrus schaut seine rechte Hand an. Zuvor sah er, wie Jesus den Aussätzigen be-hand-elt hat. Petrus hat die Lehre verstanden. Kirche sein heißt, den Menschen in der Art Jesu zu behandeln. Also: auf diesen zugehen, vor allem zu denen am Rand, zu jenen, die ganz unten sind. Dann ansehen, berühren, ermächtigen, beheimaten und damit ins Leben zurückführen. Eine Praxis der Auferstehung aus den vielen kleinen Toden zu betreiben.8 Die Kirche ist somit, das ist die Vision, berufen, in der Nachfolge Jesu Anwältin des bedrückten und beschädigten Lebens9 zu sein. Wo sie im Sinne Jesu handelt, verwirklicht sich Gottes Absicht für die Menschen, die seit jeher heißt: „Lebe!“ Dabei macht die Kirche nicht nur helfende Diakonie. Sie übt auch politische Diakonie. Denn es geht der Kirche nicht nur darum, den Opfern des Unrechts und des Schicksals zu helfen. Ihr liegt vielmehr auch daran, dass es morgen weniger Opfer gibt. Sie sorgt sich damit um gerechtere und lebenswertere Verhältnisse für alle Menschen. Sie gibt, so der große Gründer der Katholischen Arbeiterbewegung, Kardinal Cardijn, den Hungernden nicht nur Fische, sondern lehrt sie fischen. Die wirksamste Form der Nächstenliebe ist die Politik. Angesichts einer sich heute in der Kirche breit machenden weltfremden Frömmigkeit wundert sich Papst Benedikt XVI.: „Oft
REFLEXIONEN
fragt man sich wirklich, wie es kommt, dass Christen, die persönlich gläubige Menschen sind, nicht die Kraft haben, ihren Glauben politisch stärker zur Wirkung zu bringen.“10
Und wir heute? Und nochmals zur Darstellung im Evangeliar. Zu diesen drei Gruppen des biblischen Ereignisses gesellt der Buchmaler noch Zeitgenossen. Sie unterscheiden sich deutlich in ihrer Kleidung von den biblischen Akteuren. Das ist die diskrete Predigt des Benediktinermönchs. Er fordert durch das Bild den Betrachter, die Betrachterin auf: Lass auch du dich auf diese Bewegung des biblischen Geschehens ein. Steig nächtens mit Jesus auf den Berg, um mit Gott allein zu sein und die Gesinnungen des Herzens Gottes in dich aufzunehmen. Und wenn du dann in den hellen Tag eintrittst, komm vom Berg herab und geh – hinter Jesus her – auf jene Menschen zu, die heute „Aussätzige“ sind. Auch heute sind viele am Rand des Lebens und der Gesellschaft. Sie sind „down“, knieweich, unten.
am Werk. Menschen werden diskriminiert. Große Teile der Menschheit hungern und dürsten. Es gibt Kranke, Pflegebedürftige, Kinder, welche das angestrengte Leben der Erwachsenen stören. Menschen sind in Gefahr, in reichen Gesellschaften „überflüssig“ zu werden (Hans Magnus Enzensberger11). Die menschheitsalten Diskriminierungen sind längst nicht überwunden: zwischen Juden und Griechen (die rassistische), Sklaven und Freien (die ökonomistische) und zwischen Frauen und Männern (die sexistische) (vgl. Gal 3,28). Ein Traum von Kirche: Zumindest auf dem Boden der Kirche darf es solche menschheitsalte Diskriminierungen nicht geben – sind wir doch „einer“, nämlich „Christi Leib“ geworden. Manch eine und manch einer mag fragen, wo er oder sie selbst in diesem Bild „vorkomme“. Eine erste Erfahrung mag sein: In dem Aussätzigen, welcher der Heilung durch Jesu Berührung bedarf. Der Malermönch aber versetzt uns auch in die Gruppe hinter Jesus. Als Geheilte können wir heilsam werden für andere. Eine Vision für unsere Kirche!
Dr. phil, Dr. theol. Paul M. Zulehner, Wien, Priesterweihe 1964, Studien der Philosophie, katholischen Theologie und Religionssoziologie. Habilitation für Pastoraltheologie und Pastoralsoziologie. Seit 1984 auf dem
Der „Aussatz“, das Ausgesetztsein, mag heute neue Gesichter haben, aber vor allem in seiner sozialen Zerstörungskraft ist er nach wie vor
weltältesten Lehrstuhl für Pastoraltheologie in Wien. Mitglied der Österreichischen und Europäischen Akademie der Wissenschaften.
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Anmerkungen: Ratzinger, Joseph: Salz der Erde. Christentum und katholische Kirche an der Jahrtausendwende. Ein Gespräch mit Peter Seewald, Stuttgart 1996. 2 Bahnbrechend in dieser Thematik waren Drewermann, Eugen: Wort des Heils Wort der Heilung. Von der befreienden Kraft des Glaubens. Gespräche und Interviews, Hg. Bernd Marz, Düsseldorf 1989. – Baumgartner, Isidor: Pastoralpsychologie. Einführung in die Praxis heilender Seelsorge, Düsseldorf 1990 3 Beranek, Markus: Gemeinde als HeilLand. Erfahrungen heilsamer Gemeindepraxis im Rahmen der Studie „Gemeinde als Heil-Land“ und theologisch-spirituelle Perspektiven, Wien 2002. 4 Grom, Bernhard: Ekklesiogene Neurosen?, in: StdZt 5 (2005) 5 Evangeliar von Echternach, 1040. Das Blatt befindet sich heute in der Bibliothek Royale in Brüssel. 6 Zu diesen „Lebensheiligtümern“: Schmidtchen, Gerhard: Was den Deutschen heilig ist. Religiöse und politische Strömungen in der Bundesrepublik Deutschland, München 1979. – Zulehner, Paul M.: Religion im Leben der Österreicher. Dokumentation einer Umfrage, Wien 1981. – Diese Urwünsche nach einem Namen, nach Macht und Heimat, also nach Wurzeln und Wachsen, sind der Stoff vieler Mythen und Märchen, nicht zuletzt aber der drei evangelischen Räte Jesu: Zulehner, Paul M.: Leibhaftig glauben. Lebenskultur nach dem Evangelium, Freiburg im Breisgau 1989. 7 So der Titel des unter Bischof Franz X. Eder für das Bistum Passau in Kraft gesetzten Pastoralplans. 8 Zulehner, Paul M.: Auferweckung schon jetzt. Skizze zu einer europäischen „Befreiungstheologie“, Meitingen 1984. 9 Zulehner, Paul M.: Kirche – Anwalt des Menschen. Wer keinen Mut zum Träumen hat, hat keine Kraft zum Kämpfen, Wien 1981. 10 Benedikt XVI.: Licht der Welt, 76. 11 Enzensberger, Hans Magnus: Die große Wanderung. Dreiunddreißig Markierungen; mit einer Fußnote „Über einige Besonderheiten bei der Menschenjagd“, Frankfurt am Main 1992 1
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Menschen, die aus der Hoffnung leben, sehen weiter. Menschen, die aus der Liebe leben, sehen tiefer. Menschen, die aus dem Glauben leben, sehen alles in einem neuen Licht. Lothar Zenetti
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ERFAHRUNGEN
„Existenziell“ herausgefordert Ein Erfahrungsbericht
„Existenziell“ herausgefordert wurde ich nach über 20 Jahren in eigener Praxis, und zwar durch eine Anfrage, ob ich meine wirtschaftliche Existenz auf eine neue Grundlage stellen würde. Die Uelzener Lebenshilfe wollte ein gemeinnütziges Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) gründen, um die medizinische und psychologische Betreuung von Behinderten im eigenen Verein zu haben. Dafür sollten mindestens zwei Praxissitze gewonnen werden, davon ein kinderärztlicher – meiner! Erst dachte ich nicht daran, meine Selbständigkeit aufzugeben, wollte wie bisher arbeiten, lediglich in Kooperation. Doch es gab keine sinnvolle Lösung dafür, meinen Praxissitz als „Staat im Staate“ einzuführen, der einzig logische Weg schien, ihn zu verkaufen und – im selben Sitz – angestellt zu werden. Die Begeisterung war dahin, als ich den von einer externen Kanzlei entworfenen Vertrag las. Ich konnte mich mit den vorgesehenen Bedingungen nicht anfreunden. Das war mir alles zu eng, ich war Freiheit gewohnt. Also sagte ich ab. Nun lag aber dem Geschäftsführer der Lebenshilfe sehr viel an meiner Mitarbeit, und alles, womit ich nicht leben konnte, ließ er Punkt für Punkt ändern – und ich unterschrieb. Das MVZ wurde zum 1.12.2011 gegründet, am 1.1.2012 starteten wir in neuen Räumlichkeiten. Da unser Praxisteam identisch blieb, änderte sich für die bisherigen
Patienten nicht viel: Wir waren eben umgezogen. Und zwar nur einen Katzensprung von den alten und abgewohnten Räumen entfernt, die in einem Haus ohne Aufzug in der ersten Etage lagen. In der neuen, hellen, geräumigen und ebenerdigen Praxis kann man mit dem Kinderwagen oder Rollstuhl bis ins Sprechzimmer fahren! Denn mit der Einbindung in die Lebenshilfe wuchs die Verantwortung für Kinder mit Behinderungen aller Art. Nicht leicht, aber wichtig!
Mein Risiko war der langfristige Mietvertrag für die alten Räume. Doch meldete im Vorfeld ein Physiotherapeut, dessen Praxis auf derselben Etage lag, Interesse für eine Erweiterung an. So übernahm er umgehend meinen Mietvertrag, und da er umbauen wollte, brauchte ich nichts zu renovieren, gab nur die Schlüssel ab. Was habe ich nun davon, angestellt zu sein? Unter den gegebenen Umständen die gleichen Freiheiten wie zuvor, z.B. frei zu bestimmende Arbeits-, Notdienst- und Urlaubszeiten. Ich bin unkündbar bis zum Renteneintritt. Es ist in ähnlichem Sinn wie vorher „meine“ Praxis, mir anvertraut in Haushalterschaft gegenüber Gott. Ich muss aber nicht mehr Arbeitgeber und Unternehmer sein und trage das Geschäftsrisiko nicht mehr. Die Praxis gehört nicht einem gewinnorientierten Konzern, es wird also kein ungesunder „Spardruck“ auf unsere Arbeit ausgeübt.
Die mich schon lange latent begleitende Frage, was am Ende meiner Praxistätigkeit werden soll (denn ich gehe inzwischen stark auf die 60 zu), ist schlagartig gelöst: Ich werde nicht händeringend einen Nachfolger suchen müssen, nicht bangen, ob der Sitz in unserem überversorgten Gebiet überhaupt neu besetzt werden darf. (Dies ist in einem MVZ gewiss leichter.) Ich gebe irgendwann einfach die Schlüssel ab! Ich sehe Matthäus 6,33 erfüllt: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit; das Übrige wird euch zufallen.“ Der Schwerpunkt meines Berufs liegt zunehmend
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Eindrücke von Dr. Günther Riedl in seiner heutigen Kinder- und Jugendarztpraxis
in der Berufung, diese ist unabhängig von meinem „Status“. Und es gibt eine tröstliche Erkenntnis für die unter uns, die „nur“ angestellt sind: Es ist nicht wichtig, ob man angestellt ist, sondern wie man sich anstellt. Und für alle ist wichtig, dass wir den „Kairos“, den gegebenen Zeitpunkt ergreifen, wenn der Herr uns eine Änderung unserer Arbeit oder Arbeitsform nahelegt. Dann werden wir nicht später vor die Wand laufen, sondern jetzt offene Türen einrennen!
Dr. Günther Riedl, Kinder- und Jugendarzt, Uelzen
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DIALOG
Wenn Göttliches auf Alltägliches trifft Die Energie des heiligen Augenblicks Zeit und Raum gehen ineinander über. Farben und Zeichen sind eins und doch verschieden. Perspektiven und die Schwerkraft existieren nicht mehr. Musik durchströmt das Sichtbare. Das Bildhafte wird hörbar. Alles webt sehr lebendig durch das Sein. „Polyphone Strömungen“ nannte der Künstler Paul Klee sein 1929 gemaltes Aquarell. Und je länger man es betrachtet, desto mehr gewinnt man den Eindruck, dass Klee wiedergeben will, was seine Seele zuvor geschaut hatte. In einem heiligen Moment. Es ist eine unsichtbare Welt, die alles umschließt und die in allem wiederzufinden ist. Göttliches trifft Alltägliches. Und so lautete ja auch das künstlerisches Credo des ehemaligen Düsseldorfers: „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.“ Da geht es der Kunst wie der Diakonie: Hilfebedürftige und Helfer berichten immer wieder von heiligen Momenten, in denen bei ihren Begegnungen Göttliches in das Alltägliche einbricht. Eine unwahrnehmbare Welt wird sichtbar. Und sei es auch nur für kurze Augenblicke. Schon seit Jahrhunderten unterscheiden Mystiker zwischen der Person Gottes und Energien, die Gott in die Welt fließen lässt. In heiligen Momenten treffen Hilfebedürftige und Helfer auf diese Energien – die ihren Ausgang in Gott selbst haben. Und das bleibt nicht ohne Wirkung. Für beide.
Wie bei jener jungen Krankenschwester auf der Kinderstation einer Klinik, die mir ein besonderes Erlebnis berichtete. Ein durch seine Mutter mit dem HI-Virus infizierter Säugling lag auf der Isolierstation. Immer und immer wieder schrie und wimmerte das Kind. Natürlich wurde es klinisch gut versorgt. Aber es blieb für sich. Allein. Ohne längeren Kontakt mit anderen Menschen. Schließlich entschied sich jene Krankenschwester, die Nähe des Säuglings zu suchen. „Ich konnte gar nicht anders“, berichtete sie. Zunächst mit Abstand. Schließlich hielt sie es vor innerer Bewegung nicht mehr aus. Sie nahm den Säugling auf den Arm. Hautkontakt. Streicheln. Lächeln. Liebe Worte. Es entstand eine Vertrautheit. Regelmäßig hatten nun die Pflegeperson und das Kind Berührung. „Wir haben uns beide verändert“, meinte sie. Die Energie, die zwischen beiden zu spüren war, machte eine unsichtbare Welt sichtbar, die auch eine klinische Isolierstation nicht ausschließt. Göttliches im Alltäglichen.
Heilige Momente in der Diakonie entgrenzen Ohne Zweifel: Kirche ist der Ort, an dem viele Menschen persönliche und gemeinschaftliche Begegnungen mit dem Göttlichen machen können. Hier erwarten sie auch neue Begegnungen mit der unsichtbaren Welt Gottes. Christliche Konfessionen sind ja gerade durch bestimmte Erfahrungen ihrer Gründer mit dem Heiligen entstanden. Rituale, Zeichenhandlungen und gewisse Versammlungsabläufe
geben ihre ursprünglichen Erfahrungen mit dem Heiligen weiter. Sie laden uns ein, es ihnen gleichzutun. Sie grenzen aber auch aus – denn maßgebend ist die Art und Weise, wie der jeweilige Gründer das Heilige nun mal erlebt und tradiert hat. Da geht die Diakonie einen Schritt weiter. Der heilige Ort ist hier die Begegnung zwischen Hilfebedürftigen und Helfern. Unabhängig von Riten, Zeichenhandlungen, Versammlungen und Gebäuden. Auch der persönliche Glaube ist nicht unbedingt die Voraussetzung. Die unsichtbare Welt wird sichtbar, die voraussetzungslos Hilfebedürfte und Helfer umgibt. Dabei kann das Heilige so intensiv diese Begebenheit umfassen, dass Jesus sich mit den Hilfebedürftigen selbst identifiziert: „Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Matthäus 25,31ff). Aber eben auch in die Helfer versetzt er sich hinein. Zum Beispiel in den barmherzigen Samariter (Lukas 10,25ff), von dem Karl Barth in seiner Auslegung zum Gleichnis sagt, dass Jesus hier zunächst von sich selbst spricht. Bewegt erzählen die Hinterbliebenen von den letzten Wochen des verstorbenen Vaters. Ein wahrhafter Christ. Die Begleitung hatte bis zum Schluss die Mitarbeiterin eines Hospizdienstes übernommen. Übrigens keine Christin. Vermutlich stand sie der buddhistischen Religion nahe. Aber durch ihre liebevolle und respektvolle Art konnte der sterbende Vater in die Arme Jesu „heimgehen“.
DIALOG
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Der göttliche Nachbar Rainer Maria Rilke bittet:
„Du, Nachbar Gott… Ich horche immer. Gib ein kleines Zeichen. Ich bin ganz nah. Nur eine schmale Wand ist zwischen uns…“
Heilige Momente in der Diakonie und ihre dunklen Seiten Ein Gottesbild zerbricht. Mitten im großen Schmerz nach einer OP. Mitten in aller Sinnlosigkeit nach dem Tod des geliebten Kindes. Mitten in der Einsamkeit einer lang andauernden Krankheit. Mitten im Aufbrechen einer lange in der Seele eingeschlossenen traumatischen Erfahrung. Mitten im Scheitern als Mitarbeiter der Pflege oder der Kinder- und Jugendhilfe. Es zerbricht das Bild des starken Gottes. Es ist die Vorstellung eines Gottes, der doch Gebete von frommen Leuten erhören muss und angeblich alle Gebrechen heilen kann und will. Und manchmal geht dabei auch die jahrzehntelange Gewissheit kaputt, dass Gott uns im Leiden besonders nahe sein will. Dunkelheit der Seele und zerrinnender Glaube bestimmen das Leben. Es ist die fürchterliche Entdeckung, dass Gott sich jeglicher Erfahrung entzieht, gerade dann, wenn man ihn doch am meisten braucht. „Deus absconditus – der verborgene Gott“, nannte Martin Luther diesen Gott.
Das gilt es auszuhalten. Allein. Gemeinsam. Denn in der Erfahrung des verborgenen Gottes liegt auch die Möglichkeit für den heiligsten Moment in der Diakonie verborgen. Sie kennt den, der die Gottesabwesenheit erlebt hat und der heute auch denen nahe ist, die angesichts des Zerbruchs ihres Gottesbildes nicht mehr glauben können und wollen. Jesus Christus der Gekreuzigte. Der Gottesknecht, wie er in Jesaja 53 beschrieben wird, dem trotz Krankheit, Schmerz und Anfeindungen die Gottverlassenheit zugemutet wurde. Auf ihn weist Diakonie hin. Führt zu ihm. Vermittelt sein Bild. Und hält die Gottverlassenheit des Hilfebedürftigen und des Helfers aus. Und hofft und wartet und betet, dass er sichtbar wird. Das sind für mich die wahrhaft heiligen Momente. Sie war eine geschätzte und erfolgreiche Krankenschwester. Eine starke Frau, die mit einem starken Gott lebte. Sie erkrankt. Diagnose Lungenkrebs. Unheilbar. Es bricht alles zusammen. Auch ihr Glaube. Als junger Gemeindepastor besuche ich sie. Regelmäßig. Es ist eine Begleitung zum Sterben. Wir beide wissen es.
Auch mein Glaube beginnt langsam zu zerbrechen. Alle Gesprächsmethoden, alle Meditationen, alle Gebete, alle Deutungsversuche helfen nicht mehr weiter. Schließlich sitze ich nur noch schweigend neben ihrem Krankenbett. Irgendwann folge ich dem inneren Impuls und lese ihr und mir die Geschichte der Kreuzigung Jesu aus Markus 15 vor. Unvergessen, was dann passiert. Langsam sagt die Schwerkranke: „Er hat das auch erlebt, was ich erlebe. Ich erlebe nicht mehr Gott. Das hat er auch erlebt. Ich erlebe nicht mehr Gott. Aber der Gekreuzigte. Er versteht mich. Er ist da.“ Und in allem Schmerz und Fragen. In der Dunkelheit des Glaubens beginnt ganz zaghaft ein Friede sie zu umfassen. Und mich auch. Es ist der Friede des Gekreuzigten. Göttliches bricht ein. Eine sonst unwahrnehmbare Welt wird sichtbar.
Michael Borkowski, Pastor und Therapeut, Geschäftsführer des Diakoniewerkes Kirchröder Turm, Hannover
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CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN
CiG hat ein neues Logo! ...und berichtet über die Vorbereitungen zum 4. Christlichen Gesundheitskongress
Altes Logo
Neues Logo
Nach einem intensiven Prozess des Austausches innerhalb der Mitarbeiterschaft von CiG – beginnend auf dem 3. Christlichen Gesundheitskongress – haben wir unser altes Logo „verjüngt“. 25 Jahre haben wir das bisherige Logo geführt, das bereits kleine Veränderungen in dieser Zeit erfuhr. Jetzt sind wir glücklich über den neuen Wurf: Das Logo ist eine „runde Sache“ und dynamisch – voller Schwung. So wünschen wir uns auch die Weiterentwicklung unserer CiG-Bewegung! Wie gefällt Ihnen das neue Logo?
Stadthalle Bielefeld
4. Christlicher Gesundheitskongress
4. Christlicher Gesundheitskongress vom 27.– 29. März 2014 in der „Stadthalle Bielefeld“
Das Bewusstsein für die Bedeutung der Spiritualität im Gesundheitswesen wächst vielerorts. Die Kirchen sind neu als Partner im Gesundheitswesen gefragt. Mit ihrem Angebot, Gemeinde als „heilende Gemeinschaft“ zu erfahren, können sie einen hoffnungsvollen Beitrag in unserer Gesellschaft und für das Gesundheitswesen leisten.
CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN
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Termine 28.11. Hamburg, Fortbildungsabend „Als Christen psychisch kranke Menschen begleiten in Gesundheitswesen und Gemeinde“ 1.12. Berlin, CiG Akademie „Alternative Heilverfahren aus christlicher Sicht“ 17.1. – 9.2. Sittensen, CiG Akademie „Gesunder Umgang mit Krankheit – Schritte der Heilung gehen“ / Abendveranstaltungen 7. – 12.2. Gnadenthal, CiG Akademie „Ökumenische Exerzitien“ 17.2. Hamburg, Patientengottesdienst, Ev. Kirchengemeinde St. Johannes, Glinde 2.3. Hamburg, CiG Akademie, „Therapeuten-workshop“ (Physio-, Ergotherapeuten, Logopäden) 12. – 14.4. Kloster Nütschau / SH, CiG Akademie, „Gesunder Umgang mit Krankheit – Schritte der Heilung gehen“ 27.4. Münster, CiG Akademie „Alternative Heilverfahren aus christlicher Sicht“ 1. – 5.5. Hamburg, Ev. Kirchentag, „Patientengottesdienst“ 6. – 9.6. Dassel, „Jahrestagung Christen im Gesundheitswesen“
Die Erfahrungen der ersten drei Christlichen Gesundheitskongresse 2008, 2010 und 2012 haben uns ermutigt, den Weg fortzusetzen und ein breites Forum für engagierte Christen aus Gesundheitswesen, Kirche und Gesellschaft auf einem vierten Kongress anzubieten. Dialog, Seminare, inspirierende Vorträge, die fröhliche Atmosphäre einer großen christlichen Tagungsgemeinschaft und die Förderung der Vernetzung werden auch diesen Kongress prägen.
Alle bisherigen Kongresse wurden von den Kongressteilnehmern mit einer Gesamtbenotung „gut bis sehr gut“ bewertet. Das spornt uns natürlich an, auch für den folgenden Kongress viel Engagement und Kreativität einzubringen. Der 4. Christliche Gesundheitskongress wird vom 27.– 29. März 2014 in der „Stadthalle Bielefeld“ stattfinden. Bitte vermerken Sie sich schon heute diesen Termin. Die Rahmenbedingungen sind vor Ort insge-
Besuchen Sie uns auf unserer Homepage www.cig-online.de, hier finden Sie weitere Termine und Infos!
Die Veranstaltungen der Akademie werden dezentral meist in Zusammenarbeit mit den CiGRegionalgruppen angeboten. Wenn Sie in Ihrer Region ein Seminar initiieren wollen, nehmen Sie gern mit uns Kontakt auf. Weitere Infos: www.cig-online.de.
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CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN
samt so vorteilhaft, dass wir uns im Kongressvorstand für Bielefeld ausgesprochen haben. Neu ist die Bildung eines Kuratoriums, das mit Vertretern wichtiger Einrichtungen in Gesundheitswesen und Kirche den Vorstand beraten wird. CiG wird den Kongress zentral mit verantworten und mit gestalten, sowohl seitens der Geschäftsführung (Günther Gundlach), des Kongress-Büros (in der Geschäftsstelle von CiG), der Mitarbeit im Vorstand (Cord Meyer, Dr. Georg Schiffner) sowie zahlreicher Referententätigkeiten. Auch die finanzielle Letztverantwortung wird bei CiG liegen. Dies ist nur möglich durch eine breite Unterstützung: In Vorstand, Kuratorium und Trägerkreis wird der Kongress gemeinsam entwickelt und getragen. Letztlich bedarf es aber der breiten Unterstützung auch durch Sie, liebe Leser – mit Ihrer Werbung, Ihrer Mitgestaltung auf dem Kongress und gern auch Ihrer Unterstützung im Förderkreis Christen im Gesundheitswesen. Seien Sie herzlich eingeladen! Die Vorbereitungen laufen und im Dezember wird es eine erste Programmplanung geben. Nennen Sie uns Themen, die Ihnen für den 4. Christlichen Gesundheitskongress wichtig sind. Gerne nehmen wir Ihre Anregung in unsere Überlegungen auf.
Die Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN stellt sich vor (CiG) e.V. ist eine bundesweite konfessionsverbindende Initiative von Mitarbeitern unterschiedlicher Berufsgruppen im Gesundheitswesen: Pflegende, Ärzte, Therapeuten, Mitarbeiter aus Management und Verwaltung, Seelsorger, Sozialarbeiter und weitere Berufsgruppen des Gesundheitswesens. Basis der Zusammenarbeit sind die Bibel, das apostolische Glaubensbekenntnis sowie die Achtung des Einzelnen in seiner jeweiligen Konfessionszugehörigkeit. Wir CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN wollen
• einander fördern, unseren Glauben im Berufsalltag zu leben, • zur Neubelebung an der Bibel orientierter Werte im Gesundheitswesen beitragen, • Patienten und Kollegen die heilende Liebe Jesu Christi erfahrbar machen, • in Einheit mit Kirchen und Gemeinden den biblischen Auftrag von Diakonie, Caritas und Heilungsdienst in unserem Land wahrnehmen. Die ökumenische Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN verbindet seit über 25 Jahren Christen im Umfeld des Gesundheitswesens – inzwischen rund 10.000 in regionaler sowie in bundesweiter Vernetzung. Das Rückgrat unserer Arbeit sind die CiG-Regionalgruppen, die von Mitarbeitern vor Ort geleitet und verantwortet werden und die sich in unterschiedlichen, z.B. monatlichen Abständen treffen. Beruflicher Austausch, biblischer Impuls und Gebet sind wiederkehrende Bestandteile der Treffen. Einige Gruppen bieten Regionalveranstaltungen an, zu denen öffentlich eingeladen wird. Kontakt zu den Regionalgruppen vermittelt die Geschäftsstelle. Die bundesweit ausgerichtete Arbeit von Christen im Gesundheitswesen wird von Mitarbeitern aus unterschiedlichen Gesundheitsberufen verantwortet und geleitet. In der Geschäftsstelle in Aumühle bei Hamburg wird die Arbeit koordiniert. Hauptamtliche, geringfügig Beschäftigte und rund 130 Ehrenamtliche sorgen für die Umsetzung von Projekten und unterstützen die Arbeit des Bundesweiten Leitungskreises. Die Arbeit von CiG finanziert sich wesentlich aus Spenden. Ein Kreis von z.Zt. 500 Förderern bildet hierfür die Grundlage, indem sie den gemeinnützigen Verein jeweils mit einem Mindestbeitrag von 10 € im Monat finanziell unterstützen.
Förderer können an den Fortbildungsseminaren der CiG-Akademie für den ermäßigten Beitrag teilnehmen und erhalten das ChrisCare-Abo kostenfrei. Wir laden Sie herzlich ein, dem Förderkreis beizutreten! CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN e.V.
Günther Gundlach, Geschäftsführer Christen im Gesundheitswesen
Bergstraße 25, D-21521 Aumühle Tel.: (+49) (0) 4104 917 09 30, Fax: (+49) (0) 4104 917 09 39 Email: info@cig-online.de, Internet: www.cig-online.de
NACHRICHTEN
Unangebracht?
Ärztliches Gebet willkommen
Gebet verbessert das Verhältnis zum Arzt
Oklahoma: Im University of Oklahoma Health Sciences Center gehört es zum Standard, dass den Patienten vor Augenuntersuchungen ein christliches Gebet angeboten wird. In einer jetzt bekannt gewordenen Studie mit 567 Patienten zeigte sich, dass das Angebot auf ein positives Echo stieß: 53% wünschten das Gebet. Auf die Frage, ob Mediziner ein solches Angebot unterlassen sollten, antworteten 90% mit Nein. Von denjenigen, die in ein Gebet einwilligten, meinten 90%, sie seien überzeugt, dass das Gebet ihr Verhältnis zu ihrem Arzt positiv beeinflusst. Mehr im: Southern Medical Journal 101 (2): 138-141
Kompetenz
rende Begegnung – vorausgesetzt, man kann, mag, darf und sieht in diesem Lern- und Entfaltungsprozess für sich einen Sinn.“ Die Mitarbeiterin am Institut Dialog Ethik in Zürich plädiert für einen ganzheitlichen Zugang zur Pflege, in der es wesentlich auf einen Zugang zum Sinn ankomme. Ein existenzanalytischer Zugang, wie er bei Viktor Frankl zu finden sei, ist „eine Möglichkeit für eine Sprache und einen kategorialen Bezugsrahmen, der die Sinnfrage im konkreten Lebens- und Leidensbezug des fragenden Patienten aufnimmt. Sie kommt damit der Forderung von Pflegenden entgegen, Sinn in einer Weise zu thematisieren, die sowohl einem säkularen, konfessionell offenen und multikulturellen Pflegeverständnis entspricht, wie auch Zugänge zum eigenen spirituellen Erleben anbietet“.
Zürich: Die promovierte Pflegefachfrau Dorothee Bürgi kommt in einem Beitrag in der Zeitschrift Spiritual Care (1-2012) zu dem Schluss: „Tuendes Begleiten hat die Qualität einer professionellen Kompetenz. Gefährte sein hingegen signalisiert ein Beziehungsangebot und die Offenheit für eine tiefe und berüh-
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ten tun gut daran, die Spiritualität/ Religiosität der Patienten zu beachten und zu respektieren und ihre eigene Haltung zu diesem Thema, wenn nötig, transparent zu machen. Ein offener Umgang mit Spiritualität/ Religiosität in der Psychotherapie bis hin zum Einsatz von spirituellen/ religiösen Interventionen erscheint unter Beachtung ethischer Grundsätze sinnvoll – es bleibt jedoch zu beachten, dass in der Psychotherapie das Ziel spiritueller/religiöser Interventionen ein psychologisches bzw. psychotherapeutisches ist“. Die Zeitschrift widmet ihre Ausgabe 3 dem Schwerpunktthema Spiritualität und Religiosität. Mehr: www.psychotherapeutenjournal.de
Interkulturell
Migrantenpsychiatrie
Intervention
Wichtig für Therapie
Integrationsbeauftragte einstellen
Spiritualität in der Pflege
Plädoyer für ganzheitlichen Zugang
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Religion nur soziokultureller Hintergrund?
Würzburg/Marburg: Spiritualität bzw. Religiosität sind sowohl für Patienten als auch für Psychotherapeuten ein Thema. Darauf weisen in der Fachzeitschrift Psychotherapeutenjournal (3 – 2012) die beiden Wissenschaftler Matthias Richard (Würzburg) und Henning Freund (Marburg) hin. Dementsprechend werde sie in der Psychotherapie entweder „nur“ als soziokultureller Hintergrund oder auch als ein für die Störung relevanter Faktor (als Belastung oder Ressource) immer wieder eine Rolle spielen. Die beiden Autoren: „Psychotherapeu-
Berlin: Der wachsende Anteil an Migranten an der Bevölkerung erfordert eine höhere Sensibilität für die religiösen Anliegen dieser Gruppe beim Aufenthalt im Krankenhaus. Darauf macht die Deutsche Gesellschaft für Psychatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde in einem Positionspapier aufmerksam. Der Fachverband „möchte erwirken, dass die für die Versorgung verantwortlichen Träger des Gesundheitswesens in ihren Institutionen das Amt eines Migrations-/Migranten-/Integrationsbeauftragten schaffen, um dadurch wirksame und nachhaltige Verbesserungen in der Versorgung von Patienten mit Migrationshintergrund einzuleiten“. Die Psychiater
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NACHRICHTEN
fordern insbesondere interkulturelle Kompetenzen, um angemessen mit den fremden Lebensdeutungen und Glaubenswelten der Migranten umgehen zu können. In einer Stellungnahme der Evangelischen Zentrale für Weltanschauungsfragen (Berlin) wird darauf hingewiesen, dass gerade Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft bereits über grundlegende Erfahrungen in der Berücksichtigung religiöser Bedürfnisse der Patienten verfügen. Mehr: ww.dgppn.de
wie sehr wir durch therapeutische Rituale, wie das Einnehmen einer Tablette beeinflusst werden können. Diese Erkenntnis sollte uns dazu führen, bei einfachen medizinischen Problemen auch einfache Mittel auszuprobieren.“ Mehr unter: www.uzh.ch/news/articles/2012/ die-innere-apotheke-aktivieren.html
Arbeitsalltag Schärferes Profil in Bethel
Placebos
Innere Uhr aktivieren
München: Welchen Einfluss hat die Religiosität auf die Länge des Lebens? Dieser Frage geht der Mediziner René Hefti in einem Beitrag für die Zeitschrift Spiritual Care (2 2012) nach. Er beschreibt, wie die kürzere Lebenserwartung von Männern möglicherweise auf eine andere Form von Religiösität gegenüber den Frauen zurück zu führen ist. Besonders eine Vergleichsstudie von Ordensleuten in Bayern ist auffällig, in der – anders als in der Allgemeinbevölkerung – der Unterschied nicht so ausgeprägt ist. Hefti plädiert in seinem Beitrag für weitere Untersuchungen, stellt aber auch fest, dass die Spiritualität als lebensverlängernder Faktor ernst genommen werden muss.
Christliches Selbstverständnis
Scheinmedikamente zur Heilung
Zürich: Margrit Fässler vom Institut für Biomedizinische Ethik der UZH plädiert dafür, Placebos vermehrt für die Behandlung zu nutzen. Man könne auf diese Art die Innere Uhr aktivieren. Anlässlich einer Tagung zum Placebo-Effekt Anfang August im Tessin, wurde die Ärztin interviewt. Als Ethikerin hält sie den Einsatz von Placebos unter bestimmten Umständen für gerechtfertigt: „Wenn ein Patient darüber aufgeklärt ist, dass er eine Therapie erhalten wird, die höchstwahrscheinlich vor allem über Placebo-Effekte oder die Unterstützung von Selbstheilungskräften wirkt, ist meiner Meinung nach auch bei schwerwiegenderen Beschwerden nichts dagegen einzuwenden.“ Sie verweist auf zwei Studien, die zeigten, dass Patienten auch dann positiv auf Scheinmedikamente reagieren, wenn sie vorher darüber aufgeklärt wurden. „Das zeigt,
Bielefeld: Über die Stärkung des christlichen Profils der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel berichtet die evangelische Nachrichtenagentur idea. Zitiert wird der Vorstandsvorsitzende Pastor Ulrich Pohl, der ankündigt: „Jedes Haus bekommt einen Beauftragten für geistliches Leben“. Bethel reagiert damit auf eine Mitarbeiterbefragung, in der 39% der Befragten in ihrem Arbeitsalltag ein christliches Selbstverständnis erkennen konnten. Der Wert ist besser als in der 2004 erfolgten Erhebung, als 26% der Befragten dieser Meinung waren.
Lebenserwartung
Langlebigkeit durch Religion?
Schenkt der Glaube mehr Lebensjahre?
Fürsorge
Spiritual Care hilft
Spirituelle Fürsorge am Lebensende
Baltimore: Am Johns Hopkins Hospital in Baltimore wurden Patienten und Mitarbeiter onkologischer Stationen zur Bedeutung von Spiritual Care am Lebensende befragt. 78% der Patienten, 72% der Ärzte und 85% der Pflegenden waren der Meinung, dass Spiritual Care als routinegemäßes Angebot Krebspatienten am Lebensende helfe. Allerdings gaben nur 25% der Patienten an, selbst Spiritual Care erfahren zu haben. Für die Mitarbeiter war die größte Schwierigkeit die Abgrenzung zwischen professioneller Zuwendung und spiritueller Fürsorge. Mehr im: Journal of Clinical Oncology, May 21 10.1200/JCO.2011.40.3766
NACHRICHTEN
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Partnerschaft
Sexualität und Zufriedenheit
Der Glaube beeinflusst das Liebesleben
München: „Konfessionsgebundene Menschen, die in Partnerschaften leben, gaben eine insgesamt höhere Lebenszufriedenheit an, berichteten seltener über das Auftreten sexueller Funktionsstörungen und häufiger von Konflikten im Umgang mit Masturbation gegenüber nicht konfessionsgebundenen.“ Zu diesem Schluss kommt eine Pilotstudie von Wolfgang Weig und Jantje Kramer (beide Georgsmarienhütte) in der Zeitschrift Spiritual Care (2-2012). Sie schreiben, dass Frauen „in den Tübinger Skalen zur Sexualtherapie und im Partnerschaftsfragebogen von Hahlweg eine stärkere Bedeutung den Faktoren Zärtlichkeit und Kommunikation für ihre sexuelle Zufriedenheit“ zumessen. Die beiden empfehlen weitere Untersuchungen, da ihre Studie zwar wesentliche Hinweise liefere, jedoch auf noch zu geringen Fallzahlen beruhe.
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Kinder- und Jugendarzt für Praxis gesucht! Für unsere (mittel-)große Kinderärztepraxis in Kiel suchen wir etwa ab Sommer 2013 (gern ab Mai, evtl. aber auch später) einen jüngeren engagierten und qualifizierten Kinder- und Jugendarzt mit Freude am Patienten-Kontakt und Lust am Weiterentwickeln eines christlich geprägten, interdisziplinären und familienorientierten Praxiskonzepts. Wir bieten eine langfristige Anstellung mit der evtl. späteren Möglichkeit, die Anstellung in einen Gemeinschaftspraxis-Anteil/KV-Sitz zu verändern. Für Rückfragen: Heimo Polchau, Lehmberg 7, 24103 Kiel, Tel.: 0431-240024-2
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REPORTAGE
Ein Tagungsbericht Ärztliche und pastorale spirituelle Begleitung im Gespräch „Spiritual Care“ als Herausforderung für die Seelsorge Was bedeutet es für die Seelsorge, wenn sich Gesundheitsfachkräfte – also Ärzte, Pflegekräfte, Psychotherapeuten und Sozialarbeiter – in spiritueller Begleitung fortbilden? Die Krankenbetreuung und Sterbebegleitung war über viele Jahrhunderte eine zentrale kirchliche Aufgabe. Wenn nun nicht nur die körperliche und psychologische Betreuung durch medizinische Fachleute geleistet wird, sondern sie auch die geistliche Begleitung (sic!) übernehmen, verweist dann „Spiritual Care“ auf die unaufhaltsame Säkularisierung der Industriegesellschaften? Über diese Fragen wurde im September 2012 auf einer Tagung der Evangelischen Akademie zu Berlin auf der Insel Schwanwerder mit dem Titel „Krankenhausseelsorge oder ‚Spiritual Care’“ kontrovers debattiert. Besonders die Fraktion der Krankenhausseelsorger war stark vertreten – manche empfinden das ärztliche Agieren auf diesem Gebiet als ein „Fischen in fremden Gewässern“ und sehen die Professionalisierungsbemühungen auf diesem Feld als methodisch unzureichend und verfehlt an. Andere wiederrum erleben durch den Trend „Spiritual Care“ eine Aufwertung der SeelsorgeProfession, deren Perspektive nun mehr Gehör geschenkt würde. Nicht wenige wiederum beklagten, dass in ihrem Haus dieser neue Trend einer stärkeren Einbeziehung der spirituellen Dimension überhaupt noch nicht angekommen sei und nicht vorkäme. Ein niederländischer (freikirchlicher) Theologe, der zum Leitungskreis des europäischen Fachverbandes für spirituelle Begleitung gehört, stellte
den in mancherlei Hinsicht weiteren Entwicklungsstand in den Niederlanden vor. Dort wurden vor einiger Zeit Qualitätsstandards spiritueller Begleitung als verbindlicher Teil der Palliativversorgung festgelegt, die insgesamt zu einer Aufwertung der Krankenhausseelsorge beigetragen haben. Es wurde angeregt darüber diskutiert, ob und wie solche Anregungen auf das deutsche System anzuwenden sind. Die Tagung machte deutlich, dass das Konzept „Spiritual Care“ jedenfalls breiter aufgestellt ist als die klassische Krankenhausseelsorge. Dort werden Patienten durch Vertreterinnen oder Vertreter einer einzelnen Religionsgemeinschaft begleitet, deren religiöser Hintergrund transparent ist. Zum
wurde auf der Tagung unterschiedlich beantwortet. Entscheidend scheint die Beantwortung dieser Frage von der Spiritualitäts-Definition abzuhängen. Während die Schweizer Psychotherapeutin und Theologin Monika Renz Spiritualität als ein Beziehungsgeschehen versteht, das im permanenten Zustand eines „Wackelkontakts“ besonderer Pflege bedürfe, warb der Münchener Theologe Traugott Roser für einen weiten, offenen Begriff ohne Beliebigkeit, der wie ein roter Faden die heute weit verbreitete Patchwork-Spiritualität zusammenhalte. Der Bonner Theologe Eberhard Hauschildt warb für eine bessere Vernetzung und Kombination vom Gesundheitssystem und den Religionsgemeinschaften. Dazu sei aber eine pluralitätskompatible Theologie
„Patchwork-Spiritualität“ Selbstverständnis von Spiritual Care gehört ein interdisziplinärer Ansatz: Pflegende, Sozialarbeiter und Ärztinnen und Ärzte sind gemeinsam in die spirituelle Begleitung von Patienten eingebunden. Spiritual Care versucht, religionsübergreifend auf die spirituellen Bedürfnisse einzugehen, ohne sich auf ein bestimmtes Bekenntnis festzulegen.
wichtig. Im Gegensatz zu Roser wollte Hauschildt die Seelsorge nicht als einen festen Bestandteil im professionellen Team sehen, weil dadurch wichtige theologische Funktionen aufgegeben würden. Lieber verortete er sie im Gegenüber des Gesundheitssytems, wo sie besser ihrer prophetische, kritische und glaubensfördernde Aufgaben gerecht werden könnte.
Ob solch eine weltanschaulich neutrale Begleitung jedoch überhaupt möglich sei und die spirituelle Begleitung des Patienten nicht eine weltanschaulich/religiöse Übereinstimmung mit dem Behandelnden voraussetze,
Heilungsangebote der Kirchen Aber auch historische Aspekte kamen auf der Tagung zur Sprache. Lange bevor die Medizin sich der spirituellen Dimension des Krankseins zugewandt hat, wurde von den
REPORTAGE
Kirchen die heilenden Wirkungen von Gottesdiensten, Sakramenten und kirchlicher Gemeinschaft praktiziert. In Großbritannien gibt es seit über 100 Jahren eine Heilungsbewegung in den Kirchen, die den Heilungsauftrag Jesu ernst nimmt (vgl. z.B. Matthäus 10,1.8). In der anglikanischen Tradition existiert seit jeher ein intensiver Dialog zwischen Medizinern und Theologen. Im anglo-katholischen Bereich entstanden Geschwisterschaften des Heilungsdienstes, seit 1915 etwa die St. Raphael-Gilde. In den USA wurde 1932 der angelikanische St-Lukas-Orden gegründet. Auch er verfolgt das Ziel, Gesundheitsfachkräfte und Krankenhausseelsorger zu einer ordensähnlichen Fürbitt- und Arbeitsgemeinschaft zusammenzuschließen. Es ging ihm um die Wiederbelebung des urchristlichen Heilungsauftrages der Kirche, den sie durch Fürbitte für die Kranken und die biblische Handauflegung in enger Zusammenarbeit mit Psychiatern, Ärzten und Psychologen pflegten. Noch heute ist die Vereinigung in den USA mit über 7500 Mitgliedern aktiv (www.orderofstluke.org). Der starke gesellschaftliche Trend zur Gesundheitsoptimierung und Wellness hat die Kirchen weiterhin beschäftigt und angeregt, eigene Initiativen auf den Weg zu bringen. Die Anglikanische Kirche von England beauftragte eine Kommission von Expertinnen und Experten aus Theologie, Kirche, Gemeinden und Medizin, eine Dokumentation zum Heilungsauftrag und -dienst der Kirchen zu erstellen, die im Jahr 2000 unter dem Titel „A time to heal“ veröffentlicht wurde. Neben theologischen Grundlagen der Heilung werden dort zahlreiche Möglichkeiten und Praktiken kirchlicher Rettungs-
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Evangelische Akademie zu Berlin auf der Insel Schwanwerder
dienste dargestellt. Diese umfassende ökumenische Studie hat auch in Deutschland Auswirkungen gezeigt.
Integrationsansätze von Medizin und Seelsorge Wie die Tagung sichtbar machte, verläuft die Zusammenarbeit von ärztlicher und pastoraler Betreuung häufig nicht so reibungslos, wie aus Patientensicht eine ganzheitliche Behandlung wünschenswert wäre. Zu unterschiedliche Menschenbilder, Gesundheitsideale, Behandlungsmethoden, fachliche Rivalitäten und Ausbildungstraditionen stoßen hier aufeinander. Zahlreiche Initiativen haben versucht, Brücken zwischen Medizin und Theologie zu bauen und in interdisziplinärer Kollegialität die Krankenversorgung zu optimieren. Es wurde auf der Berliner Tagung deutlich, wie sehr sich buddhistische, esoterische und christliche Sterbebegleitung voneinander unterscheiden. Vertreter eines ersten deutschen buddhistischen Hospizkonzeptes stellten ihre Arbeit vor. In einer klosterartigen Gemeinschaft sollen ab dem kommenden Jahr auch Sterbende aufgenommen und begleitet werden. Durch die dort angewendete „LiebendeGüte“-Meditation sei es möglich, negative Gefühle zu überwinden.
Nach buddhistischer Lehre seien nämlich zwei Dinge am Lebensende wichtig. Zum einen, einen versöhnten Lebensrückblick ohne Groll und Bitterkeit vornehmen zu können. Zum anderen sei der Geisteszustand zum Todeszeitpunkt entscheidend dafür, in welcher Form man wiedergeboren werde. Wenn allerdings Sterbebegleitung zur Reinkarnationshilfe verwendet wird, setzt das nicht alle Beteiligten unter Druck? Hier ermöglichen die christliche Auferstehungshoffnung und das Vertrauen auf die voraussetzungslose Annahme des Sünders eine andere Begleitungshaltung. Auf der Tagung war spürbar, dass sich an vielen Orten Christen vermehrt in das professionelle Gesundheitswesen einbringen in der Überzeugung, damit einzigartige und unverzichtbare Beiträge für eine ganzheitliche Pflege einzubringen. Eine weitere und bessere Vernetzung solcher Initiativen ist wichtig, um diesen wichtigen Dienst noch besser auszuführen.
Dr. phil. Michael Utsch, Berlin, Psychotherapeut, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
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Herausgeber und Verlag: ChrisCare erscheint im Verlag Frank Fornaçon, Ahnatal, und wird von Christen im Gesundheitswesen e.V. herausgegeben. Chefredaktion: Frank Fornaçon (FF) (V.i.S.d.P.), Korrektorat Julia Fornaçon. Die Beiträge wurden sorgfältig ausgewählt, dennoch übernimmt die Redaktion keine Haftung für die Inhalte. Verantwortlich ist der jeweilige Autor. Zur leichteren Lesbarkeit wird bei Begriffen, die männlich und weiblich gemeint sind, in der Regel eine gemeinsame Form verwendet, z.B. „Patienten“. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt der Verlag keine Haftung. Copyright: Christen im Gesundheitswesen e.V., ChrisCare wird in CareLit ausgewertet: www.carelit.de
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Beilage: Schönblick; St. Benno Verlag; SCM Bundes-Verlag Heft 1/2013 erscheint mit dem Thema „Die Kraft innerer Bilder“ im Februar 2013.
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5. – 10.12.2012: Santiago di Chile, Nurses Christian Fellowship International World Congress, www.cnm.org.uk 6. – 7. 12.2012: Hannover, Wie viel Wissen tut uns gut? Frühzeitige Diagnostik bei Demenz, www.zfg-hannover.de 17.12.2012: München, Spiritualität am Lebensende, www.caritas-institut.de 7. – 12.2.: Gnadenthal, CiG Akademie, „Ökumenische Exerzitien“, www.cig-online.de 14. – 20.2.: St. Thomas/Eifel, Heilwerden durch Fasten und Schweigen, www.sanktthomas.de 16. – 17.3.: Rorschach, Saline Solutions, Authentisches Christsein im medizinischen Alltag, www.ageas.ch 8. – 11.5.: Würzburg, Zeit.Geist.Zeitgeist – Neue Herausforderungen in Psychotherapie und Seelsorge, www.akademieps.de 4. – 5.3.: Hamburg, Ich bleib an deiner Seite – Palliativpflege und Sterbebegleitung, www.albertinen-akademie.de 14. – 16.3.: Hannover, Wie der Glaube zum Körper findet, Focusing als spiritueller Übungsweg, www.stephansstift.de 18. – 20.4.: Berlin, 3. Caritas-Kongress, www.caritas.de
Die Evangelische Lukas-Stiftung Altenburg – Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik – plant, in Kooperation mit der Klinik für Kinderund Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Jena (Leitung: Prof. Dr. B. Blanz) ab dem 1. Januar 2013 eine Tagesklinik für Kinderund Jugendpsychiatrie mit 12 Behandlungsplätzen in Altenburg zu betreiben. Zur Verstärkung des Teams der neuen Tagesklinik in Altenburg ist zum 1. Januar 2013 die Stelle eines
Facharztes (m/w) für Kinder- und Jugendpsychiatrie und
Assistenzarztes (m/w) in Weiterbildung (z. B. Kinder- und Jugendpsychiatrie, Erwachsenenpsychiatrie, Pädiatrie) sowie
Mototherapeuten/Dipl.-Sportwissenschaftler (m/w) zu besetzen. Für weitere Informationen verweisen wir auf unsere Internetinformationen unter www.kjp.uniklinik-jena.de und www.lukasstiftung-altenburg.de Wenn wir Ihr Interesse geweckt haben, senden Sie bitte Ihre Bewerbungsunterlagen an die Evangelische Lukas-Stiftung Altenburg Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Chefarzt Dr. Christian Schäfer Zeitzer Straße 28, 04600 Altenburg www.lukasstiftung-altenburg.de
Christliche Heilkunde – Zugänge
24. – 25.4.: Birmingham/UK, Faith in Health and Healing, Integrating the church with health services, www.anglicanhealth.org
Christliche Heilkunde integriert die körperliche, psychische, soziale und spirituelle Dimension des Menschen unter besonderer Berücksichtigung ihrer Wechselwirkungen. Sie unterstützt auf der Basis des christlichen Menschenbildes eine umfassende Lebensentfaltung in Bezug auf Vorsorge, Beschwerdelinderung und ganzheitliche Heilungsprozesse.
26. – 27.4.: Dudenhof/Pfalz, Seminar: Seelsorge für mich und andere (Parish Nurcing – ein neues Angebot der Seelsorge), www.visavis-gemeindediakonie.de 1. – 5.5.: Hamburg, Ev. Kirchentag, „Patientengottesdienst“, www.cig-online.de 3. – 4.6.: Rummelsberg, „Nehmen Sie die Menschen wie Sie sind, andere gibt es nicht.“ Theologisch-ethischer Studientag, www.rummelsberger.de 22. – 24.11.: Rummelsberg, Spiritualität & Resilienz: Kontemplation als Weg in die Kraft, www.rummelsberger.de 17.12.: München, Tagesseminar: Spiritualität am Lebensende, www.caritas-institut.de 18.12.: München, Tagesseminar zu Humor in der Pflege: „BewusstseinserHeiterung“, www.caritas-institut.de 28.1.: München, Beginn Fortbildung Ethische Fallbesprechung (6 Tage), www.caritas-institut.de
Die acht Autorinnen und Autoren waren Referenten der Christlichen Gesundheitskongresse 2008 und 2010. 9,80 € (D), 103 Seiten, Paperback, Verlag Frank Fornaçon, www.VerlagFF.de. Zu beziehen über jede Buchhandlung. ISBN 978-3-940232-06-9
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GASTKOMMENTAR
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Was wir denken und was ist Selbst wenn das Denken verfällt, gibt es eine Kommunion, die tiefer reicht. Anfang April sorgte eine Schlagzeile für Aufruhr. Ein Priester in Italien verweigerte einem behinderten Kind die erste Heilige Kommunion. Begründung: Der Knabe sei nicht fähig, das Geheimnis der Eucharistie richtig zu verstehen. In mir bleiben bewegende Momente der Erstkommunionfeier mit geistig behinderten Kindern und Jugendlichen lebendig: D. tobt im Altarraum herum, schlägt sich an die Brust und kreischt dabei. Dann wirft er sich auf den Boden und bleibt für eine Weile ruhig, bis er wieder aufsteht. Die Kommunion verweigert er. Er isst nichts aus Händen von Fremden. Und doch ist er dabei. A. schleicht sich während des Hochgebets langsam an mich heran, zupft mich am Messgewand und hält mir grinsend das Liedblatt vors Gesicht und ruft: „Singen!“ Sie ist dabei. Wie ich die Kinder anspreche, mir aber gerade ein Namen entfällt, sagt S.: „Du hast aber auch kein Hirn mehr.“ Auch sie ist dabei. G. wiederum dreht sich im Kreis, freut sich daran, wie sich das Gewand weitet wie bei einem Derwisch, und strahlt über das ganze Gesicht. Er ist voll und ganz dabei. Kommunion, Communio, Gemeinschaft: Ich erlebe sie in solchen Fällen zusammen mit den Eltern ganz stark. Es sind Eltern, die sich auch schon einmal die Frage gefallen lassen mussten, weshalb sie denn das Kind nicht haben wegmachen lassen, als sich während der Schwangerschaft eine Behinderung abzeichnete. Die Frage, ob diese Kinder die Heilige Kommunion gültig empfangen, beschäftigt mich nicht. Ich staune vielmehr darüber, auf welch unterschiedliche Weise diese Kinder das Erlebnis der Erstkommunionfeier wahrnehmen. Verwirrendes Staunen lösen in mir auch Begegnungen in Seniorenheimen und Pflegestationen für Demenzkranke aus. Persönlichkeiten, mit denen ich mich vor einiger Zeit angeregt unterhalten konnte, haben sich verändert. Sie tauchen in eigene geistige Welten ab, erleben Geschichten, zu denen ich keinen Zugang habe. „Hol eine große Zange und zersäge die Ketten!“ Ein betagter Mann, ganz dicht am unteren Bettende im Rollstuhl sitzend, sieht mich mit verzweifeltem Blick an. Er erzählt von Ketten und Panzertüren und geheimnisvollen Gestalten, die ihn bewachen, und fingert nervös am Rollstuhl herum. Erst
da bemerke ich die festgeklemmten Handbremsen. Ich löse sie. Sein verzweifelter Blick entspannt sich zu einem breiten, verlegenen Lächeln.
Wenn Geist zerfällt Es erscheint mir, um ein Bild zu verwenden, als ob die Böschung eines Ufers nach und nach unterspült würde. Kleine Fetzen, mit allem, was darauf lebt, werden fortgespült. Die großen Zusammenhänge, zusammengeklammert durch die Vernunft, zerbröseln in kleine Inseln. Jede hat ihr Eigenleben. Es sind ganz unterschiedliche Welten, in denen sich manche Betagte bewegen. Äußerst selten und nur für kurze Augenblicke gelingt es, in diese Welten einzusteigen. Gefangen in der Vorstellung, die Welt zusammenhängender Gedanken wäre die einzig wahre Welt, verwirrt die Begegnung mit geistig behinderten oder altershalber verwirrten Menschen. In banaler Naivität stelle ich mir die Frage: Wo und wie kann Gottes Geist wirken, wenn der menschliche Geist gar nicht voll entwickelt ist oder wenn er langsam zerfällt? Wir denken die Welt und meinen, die Welt sei so, wie wir sie denken. Wir identifizieren uns mit unseren Gedanken und verwechseln unser Denken mit dem, was ist. Gottes Geist jedoch lässt sich nicht einsperren in die Gedanken. „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, Spruch des Herrn.“ So erfährt es Jesaja (55,8). An ihn knüpft Jesus an, wenn er sagt: „Wer Durst hat, komme zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt. Wie die Schrift sagt: Aus meinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen“ (Joh 7,38). Gottes Geist ist nicht einfach gedankliche Klarheit. Er ist Lebensquelle jenseits aller Vernunft. Diese innere Quelle fließt, selbst wenn keine klaren Gedanken gefasst werden können. Die Wellen der Gedanken wogen an der Oberfläche des menschlichen Daseins. Sie kommen und gehen. Tief darunter liegt der Ozean des Geistes, der bleibt, selbst wenn das Denken zerfällt. Es gibt eine Kommunion jenseits der Erkenntnis, eine Kommunion, die tiefer reicht. Der Geist der Liebe, die Lebenskraft von allem, was ist, fließt – selbst wenn der Zugang zum Geist der Wahrheit erlischt. Erich Guntli, Priester, Buchs, Kanton St.Gallen
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MEDITATION
Im Angesicht meiner Feinde von Ulla Franken Der 23. Psalm, meditiert in den Wochen von der Krebsdiagnose bis zur Operation Der HERR ist mein Hirte, An diesen fünf Worten versuche ich mich festzuhalten, hier in dieser Röhre, damit ich nicht in Panik verfalle allein im Raum und in dem engen und doch riesigen Gerät. Vor zehn Tagen habe ich die Diagnose bekommen: Brustkrebs, bösartig, drei Zentren in der rechten Brust, befallene Lymphdrüsen in der Achselhöhle. Jetzt sucht die Aufnahmeröhre über mir nach Metastasen in meinen Knochen. Das erste Mal seit diesen zehn Tagen bin ich wirklich allein. Nein, ich will dieses Wort nicht denken: allein. Und doch schleicht es sich in alle Sätze, die ich denken kann in dieser Situation. In einem findet das Schreckenswort keinen Platz: Der Herr ist mein Hirte.
mir wird nichts mangeln. Sätze über meine Zukunft werden unweigerlich zu Fragesätzen. Fragezeichen stehen auf einmal überall da, wo mir bis gerade eben die Punkte und Ausrufezeichen noch so sicher plaziert schienen. Mir wird nichts mangeln: fast erscheint mir dieser Satz zynisch. Denn es wird mir an einer Brust mangeln, sogar an der schöneren von meinen beiden. Es wird mir an Gesundheit mangeln, denn auch, wenn ich diese Krankheit besiege, werde ich mich nie wieder als so gesund ansehen können wie bisher. Es wird mir an Unbeschwertheit mangeln, an
der Lebenslust, die die Realität, ja, sogar die Möglichkeit des Todes für Zeiten völlig vergessen lässt. Ob es sein kann, dass ich „Ich“ bleibe, neu werde trotz all dieser Mängel? Ob es sein kann, dass all diese Mängel sein können, ohne dass sie mein Leben, mein Ich-Sein, bestimmen? Dann wäre dieser Satz nicht mehr zynisch, dann wäre er ein Hoffnungssatz: mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. In der Urlaubswoche vor der Operation kann ich das glauben und spüren. Auf der Decke im Gras neben meinem Mann kann ich es spüren und im weiten Blick über das Meer vor meiner geliebten Insel. Und doch bleiben Fragen. Warum trifft mich diese Krankheit? Warum tut mein Gott mir das an? Tut Er mir das an, oder ist es jemand anderes, etwas anderes, was diese Krankheit zu verantworten hat? Bin ich es selber, bin ich schuld? Oder ist Er der, der mich verflucht? Dann will ich auch über Ihn fluchen können, gegen Ihn schreien, mich Seiner Führung verweigern. Lieber will ich glauben, dass mein Gott der Gott dieses Psalmverses ist, der, der mich in aller Not segnet mit Seiner Kraft und den Genüssen Seiner Schöpfung. Mein Gott soll Friede heißen, Gerechtigkeit, Trost, Leben, nicht Schuld, Strafe oder Fluch.
Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Die Überlebens- und Bewältigungsgröße in schweren Krisen ist nicht das Individuum, sondern das Paar, sagte neulich in einer Radiosendung über Geiselopfer ein Polizeipsychologe. Ja, ich bin froh, dass ich zu einem Paar gehöre, dass mein Mann nicht geflüchtet ist wie die Männer vieler anderer Frauen in vergleichbarer Situation, die ich bei meinen Krankenhausaufenthalten kennengelernt habe. Dass er bei mir ist als ein Du zum Anfassen, zum Hören, zum gemeinsam Weinen und trotz alledem zum zusammen Lachen. Und ich bin froh, dass mein Gott noch nicht geflüchtet ist aus meiner Seele, dass er mir geblieben ist und ich an Ihn denken kann als Quelle von Kraft, Hoffnung und Trost.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Feinde: Dieses Wort hatte ich aus meiner Sprache eigentlich gestrichen. Unbemerkt müssen sie mir schon Monate, vielleicht Jahre ganz nahe gewesen sein, hatten sich in mir, in meinem Körper eingenistet und ihn für ihre Zwecke missbraucht. Und doch waren sie nur auf Monitoren und unter Mikroskopen zu sehen. Wäre da nicht jetzt nach der Operation die lange Narbe, wo bisher meine rechte Brust war, wären diese Feinde immer noch unfassbar, unbegreiflich. Jetzt kann ich zumindest den Kampfplatz sehen und anfassen, die Wunden
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Der Herr ist mein Hirte, er war die Quelle von Kraft, Hoffnung und Trost auf dem Weg durch das finsterne Tal.
fühlen und betrauern, den Verlust begreifen: Meine Feinde haben ein Angesicht bekommen. Und mit jedem Mal, wo sie sich nicht mehr verstecken können, bin ich dem Sieg über sie ein Stück nähergekommen.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Sechs Wochen nach der bisherigen Chemotherapiebehandlung beginnen meine Haare langsam wieder zu wachsen. Jeden Millimeter, jede Nuance der Dunklerfärbung auf meinem monatelang kahlen Kopf beobachte ich voller Hoffnung, aber
auch voller Sorge. Denn die nächste Behandlungseinheit steht kurz bevor. Wird sie die zarten Haarpflänzchen wieder zunichte machen? Wird sich das bis heute für mich traumatische Erlebnis des Haarausfalls noch einmal wiederholen?
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar. Viele liebe Menschen haben an mich gedacht in den letzten Monaten, haben mir geschrieben, mich besucht, mich beschenkt, für mich
und für meine Familie gebetet: Viel Gutes und Barmherzigkeit haben mich begleitet. Wie sehr dies alles geholfen hat zum Leben und Standhalten, können die einzelnen vielleicht gar nicht ermessen. Und doch war mir jedes dieser Worte ein Wahrheitszeichen dieser großen Hoffnung und Zusage und wird es mir weiterhin sein auf dem Weg, der noch zurückzulegen ist: Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.
Amen.
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Aktion Weihnachtsliebe.
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LITERATURREZENSIONEN
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Wer nur auf die Löcher starrt, verpasst den Käse Dieses Buch fiel mir in die Hände, und von dort gab ich es erst gelesen wieder heraus – es gehört zu den Büchern, die ich innerhalb weniger Stunden „verschlang“. Das passiert mir u.a. bei unglaublich wahren Geschichten aus dem Leben, wie diese eine ist. Sabine Zinkernagel, Pfarrfrau in einer kleinen Stadt in den neuen Bundesländern, erzählt vom Leben mit ihren beiden Söhnen, von denen jeder ein Original für sich ist. Das ist eigentlich nichts Ungewöhnliches. Doch beide sind im Abstand von ca. 3 Jahren mit dem gleichen Gendefekt auf die Welt gekommen und leben mit unterschiedlichen geistigen und körperlichen Einschränkungen. Diese Herausforderung steckt „man“ nicht einfach so weg, doch die Autorin und Mutter dieser Jungs – selber von einer chronischen Erkrankung betroffen – versteht es, mit viel Humor und Ehrlichkeit davon zu berichten, wie ihr Familienleben sich vom Zeitpunkt des Wissens um die Diagnose bis heute, wo ihre Söhne um die 20 Jahre alt sind, gestaltet. Sie erzählt von Tiefschlägen, Höhepunkten und „heiligen“ Momenten, die entstehen, weil sie diese besonderen Söhne hat. Aber auch Fragen, Zweifel, Kämpfe und Heilungsprozesse haben ihren Platz – in regelmäßigen Abständen schreibt sie einen „offenen Brief an Gott“. In einzigartiger Weise begreift der Leser, dass diese Briefe ein Hinweis darauf sind, dass neben allen lebensbejahenden Momenten und äußerst humorvollen Erlebnissen im Leben auch Momente ohne Antworten und fast ohne Hoffnung zu finden sind. Tiefe Ehrlichkeit prägt die Atmosphäre des Buches, das Leben wird weder bejammert noch beschönigt. Ob es sich um die vielfältigen Talente ihrer Jungs als Sprachgenies, Sportler, Weltenbummler, fantasievolle Gärtner oder was auch immer dreht – stets geht die Autorin offen auf die manchmal scheinbaren Begrenzungen der Söhne ein, die sie jedoch als Anlass benutzt, um herauszufinden, welche neuen Möglichkeiten und Fähigkeiten sich dahinter verbergen. Ehrliche Dankbarkeit zollt sie auch den guten Möglichkeiten unseres Gesundheitssystems und kreativen Therapeuten, Pädagogen und engagierten Nachbarn, die zu Wegbegleitern geworden sind – das sind Dinge, die man selten so lesen kann. Themen aus Ethik und Glaube-im-Alltagsleben finden genauso ihren Platz wie Grenzerfahrungen (Umgang mit Tod und Verlust). Die eigenen Grenzen der Autorin sind allgegenwärtig, doch sie versteht es zu beschreiben, dass auch hier Chancen liegen, andere Menschen zu ermutigen – und immer mit viel Humor erzählt. Beim Lesen des Buches ist mir deutlich geworden, dass jeder Mensch auf dieser Welt lernen muss, mit seinen Begrenzungen zufrieden zu leben, oder neue Möglichkeiten darin zu entdecken. Niemand ist davor sicher, irgendwann im Leben mit Dingen konfrontiert zu werden, die zu Grenzen werden, sei es durch Krankheit, besondere Lebensumstände oder unerwartete Wendungen im Leben. Ich wurde neu ermutigt, im Vertrauen auf Gott nicht die Löcher im Käse zu betrauern, sondern den Käse drum herum zu genießen – schmeckt lecker! Magdalene Günther Sabine Zinkernagel, Wer nur auf die Löcher starrt, verpasst den Käse, Aus dem Leben mit zwei besonderen Kindern, 158 Seiten, gebunden, € [D] 14,90 • SFr 22.50 • € [A] 15,40, ISBN 978-3-86256-027-1, Neufeld Verlag
Jesus Christus, der Arzt Pater Benedikt Schwank lobt den Autor in einem Geleitwort: „Er zeigt uns jenen Arzt, der ohne Berührungsängste für Frauen genauso da ist wie für Männer: als ihr Heiland. Dabei weist der Autor eindrücklich auf, wie in Jesus das Urbild jenes göttlichen Arztes in Erfüllung geht, dass schon am Sinai angekündigt wurde: ‚Denn ich bin der Herr, dein Arzt‘“. Das Buch des Berner Frauenarztes Roland Moser schildert facettenreich das Arztsein Jesu. Im Ruhestand hat Moser Theologie studiert und bringt in seinem Werk die beiden Sichtweisen des Neutestamentlers und des Arztes in einen fruchtbaren Dialog. Anhand von fünf Wundern zeigt er, wie Jesus sowohl spricht als auch behandelt, indem er Kranken das Heil zusagt und durch körperlichen Kontakt vermittelt, was er zugesagt hat: Das Heil für den ganzen Menschen. Das Buch lohnt die Lektüre. Der Autor lädt zum interdisziplinären Dialog ein, dessen Bedeutung und Möglichkeit er mit seinem Buch unterstreicht. Frank Fornaçon Roland W. Moser: Jesus Christus, der Arzt, Krankheit und Heilung in der Bibel, Freiburg/Schweiz (Paulusverlag), 2012, 191 Seiten, ISBN 978-3-7228-0822-2
1/2010
Heilkraft des Glaubens AKTUELL
BETEN
ERFAHRUNG
HEILVERFAHREN INFORMATION
SEELSORGE
GESUNDHEITSKONGRESS
PFLEGE
GESUNDHEIT
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ÖKUMENISCH SPIRITUALITÄT WACHSEN
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PATIENTEN
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ALTERNATIVE
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DIE RECHTE STERBENDER
HUMOR PATIENTEN
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Kraf tquellen erschließen erschließen Kraftquellen EXERZITIEN
CHRISTLICHE SPIRITUALITÄT
VERGEBUNG
ChrisCare
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CHRISTLICHE HEILKUNDE
SPIRITUELLER NOTFALLKOFFER
4/2011
1/2012
Spiritualität All tag Spiritualität imim Alltag FEIERN
ERFAHRUNGEN
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WAHRNEHMUNG ALLTAG
FRÖMMIGKEIT
HEFATA SPANNUNGSFELD
LEBENSREGEL
AUFMERKSAMKEIT WISSEN & WEISHEIT
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VIELFALT
METHODEN
1/2011
PID HEILSAMES VERTRAUEN IN GUTEN HÄNDEN ZUVERSICHT
MUSLIME BEIM
SEGEN
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LEBEN MIT KREBS
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1/2012
2/2012
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HEILUNG
ÖKONOMIE
KIRCHE ALS SERVICEAGENTUR
NATURHEILPRAXIS
HIOB
WACHKOMA
Krisen bewäl tigen N! Krisen bewältigen WIE EIN SCHMETTERLING IM KÄFIG HEILUNG
PATIENTENGOTTESDIENSTE
KRISE ALS CHANCE
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IFF
DER LIEBE GOTT KRISE
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ChrisCare
KARRIERE PFLEGE VERANTWORTUNG HILFE NACH KALKÜL
SEELSORGE FÖRDERT LEBENSQUALITÄT
Magazin für Christen im Gesundheitswesen
Existentiell herausgefordert Existentiell herausgefordert GLAUBE
LEBENSGRENZEN MENSCH SEIN CHRISTUS MEDICUS BEDÜRFTIGE
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1/2011
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4/2010
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WIDERSTANDSKRAFT
Heilen einer Heilen inineiner mul tikul turellenGesellschaft Gesellschaf t multikulturellen
SOAKING MUSIC
GEBETSTAGE SCHMERZ & SPIRITUALITÄT ERFÜLLENDE ARBEIT
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GEDANKEN
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KRAFTQUELLE IM PFLEGEALLTAG
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DEPRESSION
SCHMERZFORSCHUNG
INFORMATION
SCHWERE STUNDEN ETHIK VERSÖHNUNG PALLIATIVSTATION RAUM DES HEILENS HALT DURCH DEN GLAUBEN VIS-À-VIS GEPFLEGTE UND PFLEGENDE
VERSORGUNGSSTRUKTUREN
LICHTBLICKE
WOCHENENDE FÜR KRANKE
WERTEMANAGEMENT HILFE PASSION & COMPASSION REMBRANDT BEISTAND NÄCHSTENLIEBE
BURNOUT KRISEN ÜBERWINDEN TIEFE ANGST ERMUTIGUNG KRAFTRESERVEN AUSWEG GOTTES HAND HEILIGER GEIST BELASTUNGEN MEDITATION KRANKENGEBET MAMMON ALLTAG AUFTRAG UND SEGEN
BEDÜRFNISSE BETROFFENER
LEBEN MIT MS
AUS
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3/2011
Am Lebensende
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Magazin für Christen im Gesundheitswesen
HEILIGER GEIST
SPIRITUALITÄT
DEM
Magazin für Christen im Gesundheitswesen
Leid und Schmerz Schmerz Leid und
LIEBE
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Am Lebensende Am Lebensende
STREIT
HEBAMMEN
BERNER KONGRESS HAUSGEMEINSCHAFT
INNERE HEILUNG
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RATIONIERUNG
ChrisCare
MEDIZIN ANSTOSS
Spiritualität im Alltag
Heilkraf t
ChrisCare
3/2010
Krisen bewältigen
Magazin für Christen im Gesundheitswesen
2/2010
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Magazin für Christen im Gesundheitswesen
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Existentiell herausgefordert
Magazin für Christen im Gesundheitswesen
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RUBRIK
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4/2010 Heilen in einer multikulturellen Gesellschaft
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1/2011 Besser miteinander 2/2011 Krisen bewältigen
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3/2011 Am Lebensende 4/2011 Kraftquellen erschließen 1/2012 Spiritualität im Alltag 2/2012 Berufung – Karriere und das liebe Geld 3/2012 Existentiell herausgefordert
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Existentiell herausgefordert
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Existentiell herausgefordert Existentiell herausgefordert hier öffnen
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LESERBRIEFE + GLOSSE
Leserbriefe Ihre Meinung in unserem Magazin ChrisCare ist eine gute Zeitschrift zum Weitergeben. So hab ich sie zum Lesen mit zur Chemotherapie genommen. Während meiner Therapiebetreuung stellte sich heraus, dass die Schwester gläubig war. Ich habe die Zeitschrift gleich dort gelassen und ihr geschenkt. Sie hat sich riesig gefreut, weil sie CiG und die Zeitschrift nicht kannte. Da ihr Sohn auch in der Ausbildung zum Krankenpfleger stecke, hat er sie auch gleich mitlesen dürfen. Darum freue ich mich, dass ich kostenlos Exemplare zum Weitergeben bestellen kann, und hoffe, dass die neuen Leser auch Abonnenten werden. Macht weiter so! Brunhild Wehner, Hannover
Als Besucher des 3. Christl. Gesundheitskongresses habe ich mich sehr darüber gefreut den Vortrag von Prof. Moltmann zum Thema „Christuserfahrungen in Krankheiten und Heilungen“ als Druckversion in ChrisCare nachlesen und nachbearbeiten zu können. Auch nach vielen Jahren Erfahrung in der Medizin lohnte sich für mich die neuerliche theoretische Auseinandersetzung mit den Themen Krankheit und Gesundheit. Mich hat sehr bewegt, wie er diese Themen aus den verschiedenen Perspektiven vielschichtig und tiefgründig in ihrer komplexen Problematik unter besonderer Berücksichtigung theologischer Sichtweisen durchdacht und wieder gegeben hat. In klarer, dazu schöner Sprache, kommt er zu bildhaften, verständlichen und tragenden Aussagen, die mein Verständnis von dem, was Krankheit und Gesundheit ist, erweitert haben. Seine Definition von Gesundheit als „Kraft zum Menschsein“ in gesunden und kranken Zuständen, als „Bejahung des Lebens und des Sterbens im großen Ja Gottes, als die Annahme von Leben und Tod im weiten Raum Gottes“, insbesondere bei chronischen und schweren Krankheiten, eröffnet dem Gläubigen eine neue Perspektive mit weitem Horizont. Ganz besonders bewegt haben mich seine Aussagen, wie wir in Krankheit und Gesundheit als Betroffene und auch in der Begleitung persönliche Christuserfahrungen machen können. Krankheit und Sterben bringen uns in Christus' Nähe, unser Leiden verbindet sich hier mit seinem Leiden am Kreuz, in Heilungserfahrungen „erleben wir einen Vorschein der Auferstehung der Toten“. Kann es einen größeren Trost und bessere Hoffnung geben? Dr. Carsten Boger, Berlin
Glosse Eilige und heilige Momente Einen Moment mal. Was bedeutet das eigentlich? Man sagt dazu auch „ein Augenblick“ oder „Nu“ – ohne Artikel, nur in Verbindung mit „im“: Etwas geschieht im Nu, ganz eilig. Momente vergehen schnell – sie können aber auch heilig werden. So ist es bei den Augen-Blicken Jesu. Doch die Menschen der Gegenwart erleben Momente nur als kurze Pause beim Übergang von einer Sache zur nächsten: Moment bitte, gleich geht’s weiter. So eine Unterbrechung stört, denn sie hält auf. Wir wollen Zeit gewinnen! Wofür eigentlich? Um noch schneller zu werden? Auf jeden Fall werden wir dadurch schneller „fertig“. Ein Soziologe sagt: „Alle tun so, als sei die ständige Beschleunigung ein Naturgesetz. Aber das stimmt nicht. Das Ganze funktioniert nur, weil wir alle mitmachen.“ Ein Film vom September 2012 heißt „Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Die Menschen merken, dass beschleunigter Zeitgewinn zum Verlust geworden ist. In der Weihnachtsvorbereitung brauchen wir eine Fülle eiliger Momente, um punktgenau zum Fest die heiligen zu haben. Wenn wir sie dann überhaupt noch empfinden. Wie, wenn wir schon jetzt nicht einen, sondern ein Moment erleben, in dem sich etwas dreht? Ein „Dreh-Moment“! Jesus will uns ansehen, weil wir hoch in seinem Ansehen stehen. Wenn wir uns zu seinem Blick hinwenden, werden wir im Anschauen seines Bildes verwandelt in sein Bild (2. Kor. 3,18). Alles Ansichts-Sache! Man kann sogar eilig heilig unterwegs sein. Von den Hirten heißt es, dass sie eilend kamen, um Jesus zu sehen. Dann gingen sie hin und schenkten Menschen, denen sie vom Kind erzählten, heilige Augen-Blicke. Im Mitteilen unserer Begegnung mit dem Lebendigen werden auch wir unseren Nächsten heilige Augen-Blicke bereiten. Statt krank vor Eile wird in uns und ihnen etwas heile.
Dr. med. Günther Riedl, Uelzen
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