Magazin für Christen im Gesundheitswesen 3/2012
Existentiell herausgefordert
ChrisCare
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Existentiell herausgefordert Existentiell herausgefordert
LEISTUNGSDRUCK BEISTAND ANSPANNUNG STRESS GEFAHR GRENZSITUATIONEN PRIORITÄTEN ENTSCHEIDUNGEN BUND DER LIEBE
BERUFUNG MITGEFÜHL
ARBEITSBEDINGUNGEN
ANERKENNUNG BURNOUT KOSTEN
HILFE WELTSORGEN NOT ARBEITSPLATZ BEREITSCHAFT MACHTLOS
August 2012 // (D) € 5,80 // (A) € 6,00 // (CH) SFr 10.30 // www.chriscare.info // ISSN 1869-9944 // ZKZ 18 381
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Inhalt S. 3 S. 4 S. 6 S. 9 S. 12 S. 17 S. 20 S. 25 S. 28 S. 30 S. 33 S. 35 S. 37 S. 38 S. 41 S. 43 S. 44 S. 47 S. 48 S. 50
Editorial Kunst: Das unsichtbare Band der Liebe Trotzdem ja! – Viktor Frankls Beitrag zur Bewältigung von Leid Vom Leistungsdruck zur Fruchtbarkeit Christuserfahrungen in Krankheiten und Heilungen Existentiell herausgefordert: Drei persönliche Berichte Krankheit – was geht in uns vor? Spiritualität und die Verantwortung konfessioneller Unternehmen Der Zünder muss raus Christen im Gesundheitswesen (CiG) Ich bete gerne für Kranke Nachrichten Leserbrief Literatur: Gedicht und Buchtipps Impressum & Glosse: Existenziell herausgefordert Dem Ende ins Auge sehen... Hingehen, wo die Not am größten ist Termine: Tagungen, Seminare & Konferenzen Herzensangelegenheiten Die Frauen packen es
Inhal t
Herausgeberkreis: Sr. Patricia Baumann (Untermarchtal), Pflegeheimleiterin; Pastor Frank Fornaçon (Ahnatal), Redaktion ChrisCare;
Dr. theol. Astrid Giebel (Berlin), Pastorin und Krankenschwester, Referentin Diakonie Bundesverband; Bettina Gundlach (Aumühle), Ärztin im Sozialpsychiatrischen Dienst, Vorstand Christen im Gesundheitswesen (CiG); Günther Gundlach (Aumühle), Geschäftsführer CiG;
Annette Meussling-Sentpali (München), Dipl.-Pflegewirtin, MScN, Referentin Caritasverband (München), Fortbildung Caritas; Dr. med.
Georg Schiffner (Aumühle), Internist, Vorsitzender CiG; Hans-Arved Willberg (Karlsruhe), Theologe und Pastoraltherapeut; Dr. med. Monika Windsor (Berlin), Anästhesistin, palliative care
Fachbeirat: Dr. theol. Peter Bartmann (Berlin), Gesundheitsökonom, Diakonie Bundesverband; Reinhild Bohlmann (Hofgeismar), Bund
freiberuflicher Hebammen Deutschlands BfHD e.V.; Prof. Dr. med. Andreas Broocks (Schwerin), Ärztl. Direktor Carl-Friedrich-Flemming-Klinik, HELIOS-Kliniken; Ulrike Döring (Wiesbaden), Vorsitzende Arbeitsgemeinschaft christlicher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen in Deutschland e.V.; Paul Donders (Niederlande), Leitung xpand international; Prof. Dr. theol. Ralf Dziewas (Bernau), Theologisches Seminar (Fachhochschule) Elstal; Heribert Elfgen (Aachen), Physiotherapeut, Dipl. Musiktherapeut; Claudia Elwert (Karlsruhe), Physiotherapeutin, Mitarbeiterin Zentrum für Gesundheit-Therapie-Heilung; Sr. Hildegard Faupel (Springe), Theologin, Pädagogin; Dr. med. Martin Grabe (Oberursel), Chefarzt Psychosomatik Klinik Hohe Mark, Vorsitzender Akademie für Psychotherapie und Seelsorge e.V.; Dr. med. René Hefti (Langenthal), Chefarzt SGM Klinik Langenthal, Ltg. Forschungsinstitut Spiritualität & Gesundheit; Sr. M. Basina Kloos (Waldbreitbach), Franziskanerin, Generaloberin; Sr. Anna Luisa Kotz (Untermarchtal), Vorstand Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul; Reinhard Köller (Aumühle), Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren; Pfarrer Ulrich Laepple (Berlin), Referent Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste; Dipl.-Kfm. Cord Meyer (Reinbek), Hauptgeschäftsführer Albertinen-Diakoniewerk e.V.; Dr. med. Gabriele Müller (Frankfurt a. M.), Anästhesistin am Schmerz- und Palliativzentrum Rhein-Main; Rolf Nussbaumer (Herisau), Schule für christliche Gesundheits- und Lebensberatung; Weihbischof Thomas Maria Renz (Rottenburg), Diözese Rottenburg-Stuttgart; Dr. theol. Heinrich-Christian Rust (Braunschweig), Pastor der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde Braunschweig, Friedenskirche; Dr. med. Claudia Schark (Tübingen), Internistin, Geriatrie, Oberärztin Reha-Klinik Böblingen; Oberin Andrea Trenner (Berlin), Oberin Johanniter Schwesternschaft; Dr. phil. Michael Utsch (Berlin), Psychotherapeut, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
EDITORIAL
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Liebe Leserin, lieber Leser,
was würden Sie denken, wenn wir diese Ausgabe von ChrisCare „Existentiell provoziert“ genannt hätten? „Provocatio“ ist im Lateinischen die „Herausforderung zum Kampf“. Provokativ gesagt: „Existentiell herausgefordert“ klingt spannend, aber doch auch irgendwie schön. Heroische Fantasien entstehen da bei mir. Geballte Siegerfäuste, in letzter Minute gewonnene Spiele, leidenschaftliche Plädoyers aus Politikermündern, große Taten. Die nächste Qualifikationsrunde für unsere tapferen Fußballhelden. Provoziert Sie das? In diesem Heft geht es um schwere Leidenserfahrungen. Das sind doch nun wirklich andere Herausforderungen als Fußballturniere! Allerdings. Aber was macht den Unterschied? Die Provokation. Wirklich existentiell herausfordernd ist erst das, was uns bis zum Übermaß provoziert. Der große Psychotherapeut und KZ-Häftling Viktor Frankl, lässt uns Heidi Schönfeld in ihrem lesenswerten Beitrag „Trotzdem ja“ (S. 6-8) wissen, behauptete, im Leben jedes Menschen gäbe es ein „Auschwitz“. Eine provozierende Aussage! Ich kann sie erst bejahen, wenn ich mir das reale Auschwitz zur persönlichen existentiellen Provokation werden lasse. Ich bin nicht Hiob, aber dort war Hiob. Wäre es nicht ein bisschen billig, Auschwitz nur eine „existentielle Herausforderung“ zu nennen? Existentiell provozierend ist das, worauf es ganz einfach keinen Reim gibt, weil es zu schrecklich und erschütternd ist. Vielleicht haben wir im Berufsalltag hiervor am meisten Angst – dem Leid unserer Patienten so nahe zu kommen, dass wir selber existentiell erschüttert und in unserer Professionalität zutiefst verunsichert sind. Aber auch die Not des eigenen Berufs- und Lebensweges kann unser Selbstbild ins Wanken bringen. Hier beginnt manches Mal die Suche nach dem, was uns auch in schweren Leiderfahrungen halten und tragen kann – und wenn dies glückt, vielleicht die Entdeckung eines neuen Lebensfundamentes sein kann. Wir hoffen, Sie spüren es den Beiträgen ab, dass sie der Provokation des Leidens nicht ausweichen, sondern sich auseinandersetzen. Jeder auf seine Weise. Trotzdem mag Sie, liebe Leser, manches daran provozieren. Das ist auch gut so und kann nicht anders sein, wenn es um diese Themen geht. Lassen Sie sich herausfordern. Ihre
Dr. med. Georg Schiffner, Hans-Arved Willberg,
Chefarzt Geriatrie-
Theologe M. Th,
zentrum und Pallia-
Pastoraltherapeut
tivbereich
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KUNST
Das unsichtbare Band der Liebe Die Johannesminne zu Heiligkreuztal
Die schönste Definition der Kirche verdanken wir Augustinus, der sie als das unsichtbare Band der Liebe bezeichnet. Ein unsichtbares Band der Liebe umspannt auch die beiden, die Sie auf dem Bild sehen, Christus und Johannes. Sie betrachten mit mir eine der schönsten Darstellungen der innigen Verbundenheit zwischen Jesus und dem Jünger, den er liebte und der ihn liebte. Es ist ein anmutiges und von einzigartiger Ruhe bestimmtes Bild. Ein Andachtsbild. Ein Sehnsuchtsbild. Ein Vollkommenheitsbild. Man kann es nicht sehen, ohne berührt zu werden, angerührt von einer Sehnsucht, die keine andere Botschaft kennt als die der Erfüllung durch die Liebe. Hier ruht einer ganz und gar an der Seite seines Herrn. Seine Augen sind geschlossen. Der Kopf ist angelehnt. Seine Hand liegt in der Hand des Meisters, schwebend, leicht, voller Zartheit. Die Johannesminne, wie man diese Plastik auch nennt, steht, überraschend klein, in einer Nische im Chor des alten Zisterzienserinnenklosters in Heiligkreuztal bei Riedlingen an der Donau. Aus Nussbaum geschnitzt, entstand sie Anfang des 14.Jahrhunderts. Sie erzählt vom Gespräch der Herzen. Wir sehen Christus, golden und silbern gewandet, mit ruhigen, offenen Augen. In ihm ist Gott gegenwärtig. Der andere, kleiner, grün und rot gewandet, Farben seiner irdisch-menschlichen Lebensweise, zugleich Farben der Liebe und der Hoffnung, jener Tugenden, die das Leben bestehen lassen, trägt einen goldenen Umhang, Zeichen für das wahre Gewand, das Gott ihm verlieh, den Glauben, der Glaube, der ihm die Zuversicht gibt, sein Herz am Herzen Jesu ruhen zu lassen. Er, der Lieb-
lingsjünger, an die Brust seines Herrn gelehnt, erscheint überraschend im Johannesevangelium zu Beginn des Passionsweges Jesu. Im Abendmahlsaal im Vorschein des Verrats durch Judas hören wir zum ersten Mal von ihm, unterm Kreuz begegnen wir ihm wieder. Beim österlichen Mahl ist er zugegen, die Stimme der Wahrheit, der Zeuge der göttlichen Liebe. Man hat ihn mit Johannes identifiziert, aber noch mehr ist er ein Sinnbild des wahren Jüngers, steht er für einen jeden von uns. Für einen jeden von uns, nicht in der Vielgeschäftigkeit seiner Weltsorgen, sondern von seinem Innersten zeugend, von dem, was sein Herz bewegt. Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott. Das Herz spricht zum Herzen. Die Liebe
können. „Durch die Liebe rauben wir der Zeit, die uns tötet, ein paar Stunden, die wir uns manchmal zum Paradies, manchmal zur Hölle machen. In beiden Fällen dehnt sich die Zeit und hört auf, ein Maß zu sein. Jenseits von Glück und Unglück, auch wenn sie beides umfasst, ist die Liebe Intensität; sie schenkt uns nicht die Ewigkeit, aber das Leben selbst, diesen Augenblick, in dem die Tore von Zeit und Raum sich etwas öffnen: Hier ist dort und jetzt ist immer“, lesen wir bei dem Literaturnobelpreisträger Octavio Paz. Die Johannesminne schenkt den Blick auf die vollkommene Liebe, die Gott selber ist inmitten unserer irdischen Begrenzungen, den Augenblick, in dem die Tore von Zeit und Raum sich öffnen:
„Heilig ist mir dieser Ort, hier will ich unter den Menschen wohnen!“
Christi fließt über auf den Jünger, den er liebt und der ihn liebt. Hier hat es sich erfüllt, das Bleiben, das Bleiben in Jesu Liebe, auf dass meine Freude in euch bleibe.
Hier ist dort und jetzt ist immer. Ein Bleiben, das große Bleiben, das Bleiben in ihm, der uns Gott bezeugt, Jesus Christus, das Bleiben in Gott selbst, der die Liebe ist.
Liebe, von wie viel Glück, von wie viel Sehnsucht, von wie viel Enttäuschung zugleich ist da die Rede. Liebe, die erwacht im Zauber der Vertrautheit, die sich entfaltet in der Treue wechselseitigen Wohlwollens, die sich vollendet in der Reife der Gewissheit einander zu gehören und so oft gebrochen wird. Liebe, die unser Innerstes bewegt und am Guten festhalten lässt. Liebe, in und dank der wir allein den Tod bestehen
Bleibt in meiner Liebe, damit meine Freude in euch bleibe. Bleibt, das will sagen, bleibt in der empfangenen Liebe. Bleibt im Strom, der in Gott seinen Ursprung hat. Bleibt in der Freude. Seid dankbar für alle Momente der Ruhe, für alle Zeichen der Güte, für die Begegnung der Herzen. Was immer Menschen, was immer uns die Natur, die Musik, die Ideen oder Vorbilder geben, wo sie uns wirklich im Guten erreichen,
KUNST
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berührt uns Gott. Alle Liebe steht in seiner Liebe, alle Liebe kommt aus seiner Liebe und führt auf ihn hin. Das herrlich Schöne, die Güte, die Versöhnung, die heimatlichen Momente, das Aufatmen im Frieden sind Geschenke Gottes, Zeichen seiner Liebe. Wir müssen sie nur zulassen und in den Tagen des Leids ihrer erinnern, all die Wunder der Freude, die Gott bereitet. Doch was ist Liebe?
Symbolgeschichte: Zwei Brüder „Zwei Brüder wohnten einst auf dem Berg Morija. Der Jüngere war verheiratet und hatte Kinder. Der Ältere war unverheiratet und allein. Die beiden Brüder arbeiteten zusammen. Sie pflügten ihre Felder zusammen und streuten gemeinsam das Saatgut auf das Land. Zur Zeit der Ernte brachten sie das Getreide ein und teilten die Garben in zwei gleich große Stöße – für jeden einen Stoß Garben. Als es Nacht geworden war, legte sich jeder der beiden Brüder bei seinen Garben zum Schlaf nieder. Der Ältere aber konnte keine Ruhe finden und dachte bei sich: Mein Bruder hat Familie, ich dagegen bin allein und ohne Kinder und doch habe ich gleich viele Garben genommen wie er. Das ist nicht recht! Er stand auf und nahm von seinen Garben und schichtete sie heimlich und leise zu den Garben seines Bruders. Da legte er sich wieder hin und schlief ein. In der gleichen Nacht – geraume Zeit später – erwachte der Jüngere. Auch er musste an seinen Bruder denken und sprach in seinem Herzen. Mein Bruder ist allein und hat keine Kinder. Wer wird in seinen alten Tagen für ihn sorgen? Und er stand auf, nahm von seinen Garben und trug sie heimlich und leise hinüber zu dem Stoß des Älteren. Als es Tag wurde, erhoben sich die beiden
Holzplastik eines unbekannten Künstlers aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Kloster Heiligkreuztal in Oberschwaben
Brüder und jeder war erstaunt, dass die Garbenstöße die gleichen waren wie am Abend zuvor. Aber keiner sagte zum anderen ein Wort. In der zweiten Nacht wartete jeder ein Weilchen, bis er den anderen schlafen wähnte. Dann erhoben sich beide und jeder nahm von seinen Garben, um sie zum Stoß des anderen zu tragen. Auf halbem Weg trafen sie einander und jeder erkannte, wie gut es der andere mit ihm meinte. Da ließen sie ihre Garben fallen und umarmten einander in herzlicher und brüderlicher Liebe. Gott im Himmel aber schaute auf sie herab und sprach: Heilig ist mir dieser Ort, hier will ich unter den Menschen wohnen!
Was ist das – Liebe, dies unsichtbare Band? Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm (1. Joh 4,16), Gott selber, wie er in Jesus Christus für uns erstrahlt, der da spricht: Bleibt in meiner Liebe, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde (Joh 15,9.11).
Pfarrer Dr. Dieter Koch, Korb-Steinreinach
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HINTERGRUND
Trotzdem ja! Viktor Frankls Beitrag zur Bewältigung von Leid
Die Logotherapie gilt als die dritte große Schule der Wiener Psychotherapie. Nach Freuds Psychoanalyse (Suche nach Lust als Hauptthema) und Adlers Individualpsychologie (Suche nach Macht) legt Frankl bei der Suche nach dem Sinn den Dreh- und Angelpunkt sowohl seiner theoretischen Grundlegung (Existenzanalyse) als auch der praktischen Anwendung einer sinnzentrierten Therapie, der Logotherapie (gr. logos, hier übersetzt als „Sinn“). Die Suche nach Sinn wird von Frankl verstanden als das zentrale Grundmotiv menschlichen Lebens. Sinn in je einer ganz konkreten Situation bedeutet hier das jeweils Bestmögliche für mich und mein Umfeld. Sinn ist die Aufgabe, die jedem in seiner persönlichen Lebenslage abverlangt ist, und zwar nicht von außen, nicht von anderen, nicht von Vorschriften, nicht von Pflichten. Dass das Leben nach unserem Tun oder Aushalten fragt, spürt ein Mensch, der hinhört, ganz tief in sich, gesprochen gleichsam von der innersten seiner inneren Stimmen. Sinn ist keineswegs einfach nur ein „Bauchgefühl“, Sinn ist andererseits mehr als eine kühle „Kopfsache“. Sinn ist eher eine Weisheit des Herzens, die beides überschreitet. Sinn spannt den Bogen zwischen mir und meinen besten Möglichkeiten.
Beobachtungen im KZ Frankl hat sein Konzept schon in den 1930er Jahren entworfen, musste aber erst drei Jahre in vier verschiedenen KZs überleben, um es als „Ärztliche Seelsorge“ publizieren zu können. Psychologisch hochinteressant ist, was er als persönlichen
Erfahrungsbericht über diese leidvolle Zeit geschrieben hat. „Trotzdem Ja zum Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das KZ“ ist bis heute ein Weltbestseller. Das schmale Büchlein mit dem auf den ersten Blick tragischen Thema ist vielleicht eines der größten Mut-Mach-Bücher, die es gibt. Möglicherweise kann man in diesem Bericht schon eines der ersten „Resilienzbücher“ überhaupt sehen. Anders ist es schwer zu erklären, warum ein Buch mit einem KZ-Thema besonders in Amerika die enorme Popularität als eines der meistgelesenen Bücher bekam. 1991 war es unter den ersten zehn Titeln, von denen die Leser der New York Times sagten: Dieses Buch hat mein Leben am meisten beeinflusst. Wenn man es selbst gelesen hat, wundert einen das nicht mehr. Hier bezeugt einer, dass Leben auch unter unsäglich schweren Lebensumständen nie seinen Sinn verlieren kann, hier sagt einer allem Leid zum Trotz Ja zum Leben. Wenn man danach sucht, wie ein „Trotzdem Ja“ inmitten der bedrückenden Umstände gelingen konnte, stößt man neben anderen Hinweisen auf folgende Beobachtung Frankls. Zwischen Weihnachten und Neujahr 1944 kam es über das „normale“ KZ-Sterben hinaus zu einer Art Massensterben unter den Häftlingen. Viele hatten sich der naiven Hoffnung hingegeben, an Weihnachten würden sie wieder daheim sein. Als dieses Datum verstrichen war, fanden überdurchschnittlich viele der Häftlinge keine Kraft mehr zum Weiterleben. Das Ziel in der Zukunft hatte die Häftlinge vorher in furchtbaren Umständen aufrecht erhalten. Frankl paraphrasiert dazu einen Satz von Nietzsche:
„Wer um ein Warum weiß, erträgt fast jedes Wie.“ Das ist zutiefst richtig – was aber, wenn dieses Warum verloren geht? Das Datum verstrich und der Zusammenbruch kam umso heftiger. Wichtige Ziele geben uns enorme Kraft für vieles, aber Ziele können verloren gehen, zu Ende sein, verstreichen. Es muss noch eine andere Quelle für Resilienz geben.
In einer neuen Richtung fragen Frankl kippt nach dieser Passage die Fragestellung einfach um: Nicht wir haben Ansprüche an das Leben zu stellen, sondern umgekehrt: Das Leben stellt die Fragen! Verlangt ist von uns keine kluge philosophische Antwort. Unser Leben, unser Tun oder auch unser Ertragen in der jeweiligen Lage ist die Antwort. Im KZ fand der eine die Kraft zum Durchhalten, weil es eine Aufgabe gab, die „draußen“ noch darauf wartete, von ihm erfüllt zu werden. Den anderen trug der Gedanke an einen Menschen, den er liebte und für den er da sein wollte. Letzte, schwerste und höchste Sinnmöglichkeit war, das bittere Schicksal als das einzig im Weltall nur einem selbst auferlegte Los zu betrachten und aufrecht zu tragen, wenn es möglich war. Lassen wir uns von Frankl sagen, dass unser Wohl und Wehe nicht vom Erreichen von Zielen abhängen darf, so kostbar sie auch sein mögen, so stark sie uns machen: Ziele sind verlierbar. Oder sie wandeln sich im Lauf des Lebens und lösen einander ab. Frankl betont, dass wir ständig die vom Leben Befragten sind, dass es immerfort darum geht, eine gute Antwort zu leben in allen Situationen, in die das Leben uns stellt: Ob als
HINTERGRUND
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Logotherapie
Wie kann man in einer ausweglosen Situation einen neuen Sinn finden, um neue Kraft zu schöpfen, um durchzuhalten?
reicher Erbe oder als Habenichts, ob jung und stark oder gebrechlich und alt, ob als Vater kleiner Kinder oder als alleinstehende Frau. Wir sind in jeder Situation gefragt nach dem Bestmöglichen, das von uns – für uns und unser Umfeld! – gelebt werden kann, nach einer Tat, die gerade von uns gekonnt und verlangt ist, nach unserer Liebe zu den Mitmenschen, zu Schönheit und Kunst, und wenn uns nichts mehr übrig bleibt: nach dem tapferen Erdulden eines leidvollen Schicksals, wenn daran gar nichts mehr verändert werden kann. Frankl unterscheidet deutlich: Triebe „treiben“ den Menschen, aber der Sinn, gleichsam die Forderung, die Werte an uns stellen, der zieht uns in seine Richtung. Das vergleicht er mit dem physikalischen Phänomen, dass Eisenspäne von einem Magneten angezogen werden – so zieht den Menschen auch die Spannung,
die zwischen seinem Sein und seinem Sollen besteht.
Das Beispiel hinkt an einem Punkt: Während Eisenspäne sich nicht in Gegenrichtung zum Magneten bewegen können, kann das ein Mensch durchaus: Er mag noch so stark spüren, welche Aufgabe ihn und niemanden anderen als ihn und zwar genau in diesem Moment ruft – aber er kann trotzdem in eine andere Richtung gehen. Psychohygienisch ist ein dem Sinn zuwiderlaufendes Leben allerdings krisenanfällig. Seelisch gesund kann der leben, der vom Sinn getragen wird, und zwar egal, ob ihm Leid widerfährt oder nicht. Man kann die Größe menschlichen Leids nicht messen und vergleichend abwiegen. Auch wenn bei uns die Qual der KZs zur Vergangenheit gehört, wütet heute noch genug Leid in Vielen. Frankl sagte einmal, dass
wohl jeder Mensch „sein eigenes Auschwitz“ erlebe. Wer wollte dem widersprechen? Viel von dem Leid ist selbstverschuldet, ein andermal trifft es einen aus heiterem Himmel: Der Arbeitsplatz geht verloren, Krankheiten brechen aus, ein naher Mensch stirbt, man wird Opfer feindseligen Verhaltens der Mitmenschen. Es leiden die Verlassenen, die psychisch Kranken, die Einsamen, die völlig Überarbeiteten oder die von Langeweile Gelähmten. Unser Schicksal haben wir oft genug nicht in der Hand. Wir haben aber mindestens ein Mitspracherecht. Unsere letzte und unverlierbare Freiheit ist es, wie wir selbst auf einen Schicksalsschlag reagieren: Wir können verzweifeln, mit Aggression reagieren oder tapfer selbstbestimmt agieren. Wir können uns auch auf die Suche nach dem Sinn machen, der manchmal im Leid verborgen sein
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HINTERGRUND
kann. Oder wir können sinnwidrigem Leid selbst einen Sinn verleihen.
Ein Beispiel aus Palästina Ein einfacher Mann aus Palästina hat das vor nicht langem auf beeindruckende Weise getan. 2005 spielte im Flüchtlingscamp Jenin im Westjordanland Ahmed, der Sohn des Automechanikers Ismael Khatib, mit anderen Kindern auf der Straße. Die Buben ahmten Räuber und Gendarm nach mit einer Plastikpistole, die ein israelischer Soldat für eine wirkliche Waffe hielt. Er schoss dem Kind in den Kopf. Im Krankenhaus von Haifa konnte nur noch der Hirntod des 12jährigen festgestellt werden. Dem Vater wurde am Bett seines Kindes gesagt: Im Krankenhaus befinden sich mehrere Kinder in kritischen Situationen. Im Unterschied zu seinem eigenen Sohn könnten diese noch durch eine Organspende gerettet werden. Nach
Er hätte vielleicht mit einem Attentat israelische Leben auslöschen können und eine unselige Blutrache entfachen. Dieser palästinensische Automechaniker hat einen anderen Weg gewählt. Aus dem bösen Schicksal, das sein Kind und damit die ganze Familie getroffen hat, ließ seine Entscheidung Gutes erwachsen. Dem sinnwidrigen Tod eines spielenden Kindes wurde im Nachhinein Sinn verliehen: Fünf kranken Kindern wurde neues Leben geschenkt, unter anderem dem kleinen Töchterchen aus einer ganz streng orthodox jüdischen Familie. Der palästinensische Vater hat ein „Trotzdem Ja“ zum Leben gesagt, hat seinem Sohn dadurch ein immaterielles und unvergängliches Denkmal gesetzt und wurde zum Botschafter des Friedens in friedloser Zeit. Das macht den Tod seines Sohnes nicht rückgängig, macht seinen Schmerz auch nicht geringer – ist aber eine
Wir können uns auch auf die Suche nach dem Sinn machen, der manchmal im Leid verborgen sein kann.
einer Weile gab Ismael Khatib seine Einwilligung zur Spende der Organe seines toten Kindes. Dass man sein Kind sterben sieht, gehört wohl zum Schwersten, was Eltern widerfahren kann. Ein Sinn liegt darin sicher nicht, wenn das Leben eines 12jährigen Kindes so grausam ausgelöscht wird. Wer wollte es verurteilen, wenn Eltern daran zerbrechen? Vater und Mutter von Ahmed hätten sich in nicht endender Trauer in ihr Leid verschließen können. Mehr noch, der Vater hätte am Totenbett seines Sohnes auch blutige Rache schwören können, sich einer bewaffneten Gruppe Aufständischer anschließen.
großartige Antwort auf die schwere Frage, die ihm aufgegeben war. Dieses tapfere Verhalten eines einfachen Mannes ist vor allem deshalb bekannt geworden, weil über diese Geschichte ein berührender Dokumentarfilm gedreht worden ist. Es gibt aber tagtäglich ebenso tapfere Geschichten von Menschen, von denen niemand erfährt, weil sie nicht verfilmt werden. Ich denke da an die ältere Dame, die bei einer harmlosen Routineoperation von einem heimtückischen Krankenhauskeim infiziert wurde und fast starb. Überwiegend ihre
Wirbelsäule wurde gravierend geschädigt. Nach einem leidvollen Jahr im Bett, schließlich im Rollstuhl bis hin zum stützenden Korsett, fand sie vom Sterbenwollen wegen großer Verzweiflung über ihr zerbrochenes vorheriges Leben zurück und eroberte sich neues. Am Anfang stand die Freude, im Frühling wieder den Vögeln zuhören zu können, dann der Stolz über den ersten kleinen Spaziergang ohne fremde Hilfe und schließlich ein neues Lebenskonzept: Statt der früheren wöchentlichen Stammtischrunden, der gewohnten Klage über Alterszipperlein und dem Tratsch über die Prominenten der bunten Blätter, musste das neue Leben nun anders werden. Aufmerksam suchte sie: Wo gab es jemand, der eine Vorleserin brauchte? Wo war ein Bewohner eines Seniorenheims, der gerne besucht werden möchte? Die neue Blickrichtung half zu einem Leben, das auch mit der Schädigung lebenswert war, wenn nicht noch lebenswürdiger und heller als vorher. Der Sinn unseres Daseins geht unter keinen Umständen verloren, er wechselt von Augenblick zu Augenblick, die Fragen des Lebens enden nie. Unser Dasein ist vital ausgespannt zwischen Sein und Sollen, wir sind gelockt hin zu unseren besten Möglichkeiten. Sinnorientiert leben, das ist weder ein Ego-Trip noch übereifrige Selbstaufopferung. Sinn überfordert niemanden, weil er ganz und gar zum jeweiligen Individuum mit seinen Fähigkeiten und zur Situation passt. Er ist die Quelle für ein Leben in innerer Stärke und Widerstandsfähigkeit, egal was kommt: Trotzdem Ja!
Dr. phil. Heidi Schönfeld, Praxis für Psychotherapie nach dem Heilpraktikergesetz, Bamberg
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Vom Leistungsdruck zur Fruchtbarkeit Geistlich wachsen in Beruf und Berufung
Wir haben zum einen die Notwendigkeit, unsere Arbeitsbedingungen anzuschauen und die gegebene Strukturen, in denen wir arbeiten, in den Blick zu nehmen, zu analysieren und Veränderungstrategien zu entwickeln. Ebenso wichtig ist es aber auch, unser persönliches Leben anzuschauen und uns zu fragen, wie wir trotz des vorhandenen Leistungsdrucks, dem wir täglich ausgesetzt sind, nach innen, also geistlich wachsen können, um in diesem System Gesundheitswesen, wie wir es derzeit vorfinden, nicht nur zu bestehen, sondern auch geistlich wirken zu können – wie wir – biblisch ausgedrückt – im Sinne der Christlichen Heilkunde fruchtbar sein können.
ten dadurch an die Grenze ihrer physischen und psychischen Belastbarkeit. Als Folge davon wechseln nicht wenige ihren Arbeitsplatz oder landen im Burnout und werden krank.
Sind wir in einer Spirale ohne Ende gefangen oder zwingt uns der äußere Leistungsdruck nicht auch, in der Beziehung zu Gott zu wachsen? Könnte der uns auferlegte Leistungsdruck nicht auch zu einer Chance werden in allem, was uns am Arbeitsplatz Not macht, noch mehr auf Gottes Gnade und Hilfe zu vertrauen? Und wie geht das? Diesen Fragen lohnt es sich nachzugehen.
Wir sind Menschen unserer Zeit. Als solche definieren wir uns größtenteils über das, was die Gesellschaft vorgibt, über die Leistung. Wir haben alle den Satz verinnerlicht: Ich bin das, was ich leiste. Also muss ich mir alles verdienen: Anerkennung, Dankbarkeit, Herzlichkeit und Existenzrecht, ja, sogar Liebe.
Werfen wir zuerst einmal einen Blick auf den Leistungsdruck, dem jeder von uns in unterschiedlicher Weise ausgesetzt ist. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Leistung groß geschrieben wird – auch im Gesundheitswesen. Das bekommen wir jeden Tag zu spüren. Infolge der immer kürzer werdenden Durchschnittsverweildauer im stationären Bereich steigt die Zahl der zu behandelnden Patienten permanent. Gleichzeitig werden Personalstellen gnadenlos gestrichen. Immer weniger Mitarbeiter müssen immer mehr Arbeit schultern. Die Mitarbeiter gera-
Burnout kann zum einen durch Veränderungsstrategien wirksam begegnet werden. Viel schwieriger scheint es mir mit dem hausgemachten, persönlichen Erfolgs- und Leistungsdruck umzugehen, der uns meist seit Kindertagen begleitet und so tief prägt, dass er uns schon zur zweiten Natur geworden ist und wir kaum dagegen ankommen.
• Dabei ist Leistung an sich etwas durchaus Positives. Wer etwas leistet, der bringt es auch zu etwas im Leben. Kein Unternehmen, kein Betrieb kann es sich leisten, nichts oder zu wenig zu leisten. Leistung muss sein. Das beginnt schon in der Schule. Schüler, die keine Leistung erbringen, haben auch keine guten Ausbildungs- und Berufschancen. Aber: Bin ich das, was ich leiste? Ist meine Identität von meiner Leistung abhängig? Wie sieht das bei mir aus? Wie bin ich geprägt? Welche Verhaltensmuster habe ich? • Wer sich über die Leistung definiert, und das tun wir alle in
irgendeiner Weise; der gerät leicht in eine Sinnkrise, wenn er in Grenzsituationen gerät, in denen er nichts mehr leisten kann: Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter… • Wer sich über die Leistung definiert, der muss sich selbst und anderen beweisen, wer er ist und wie gut er ist, der sucht über die Arbeit Anerkennung, Wertschätzung und Zuneigung zu bekommen. • Wer sich über die Leistung definiert, der meint im Leben nichts geschenkt zu bekommen, der hat nie die Erfahrung gemacht, um seiner selbst willen geliebt und angenommen zu sein, von Menschen und von Gott; der muss sich alles selber verdienen, auch die Liebe. In unserer Gesellschaft steht die Leistung sehr hoch im Kurs. Doch in der Bibel finden wir dieses Wort nirgends. Dafür taucht ein anderes Wort umso häufiger auf – das Wort: Fruchtbarkeit – Frucht bringen. Was damit gemeint ist, zeigt uns der Blick auf drei Bibelstellen, die in enger Verbindung zueinander stehen. Eine Stelle, in der „Fruchtbarkeit – Frucht bringen“ häufig vorkommt, ist Joh 15,1-9. Der Abschnitt beginnt mit einem sogenannten „Ich-bin-Wort“, das für die Selbstoffenbarung Jesu typisch ist. „Ich bin der wahre Weinstock und
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Indirekt weist er bereits auf den gewaltsamen Tod Jesu am Kreuz hin.
Wenn in der Bibel vom Weinstock oder vom Weinberg die Rede ist, dann wusste jeder in Israel, dass das Volk damit gemeint war.
mein Vater ist der Winzer“ (Joh 15,1). In diesem Ich-bin-Wort offenbart sich Jesus in seinem ganzen Wesen und in seiner Sendung. Hier sagt er uns, wer er wirklich ist und wozu er in die Welt gekommen ist. Wenn in der Bibel vom Weinstock oder vom Weinberg die Rede ist, dann wusste jeder in Israel, dass das Volk damit gemeint war. Zwei Stellen im Alten und im Neuen Testament zeigen uns die Bedeutung der Metapher vom Weinstock. Beide Textstellen stehen in engem Zusammenhang mit Joh 15,1-9: In Jesaja 5,1-7 steht das bekannte Lied vom Weinberg Gottes. Das Volk Israel wird darin als Weinstock und Weinberg Gottes bezeichnet, als Weinstock, den Gott, der Herr, selbst auf einer fruchtbaren Höhe gepflanzt hat. All seine Liebe und Pflege hatte er diesem Weinstock zukommen lassen, doch die erhofften Früchte bleiben aus. Israel richtet sich nicht nach den Geboten und Weisungen Gottes und muss schließlich als Folge für seinen Ungehorsam ins Exil. Die schüt-
zenden Hecken und Zäune des Weinbergs sind eingerissen. Seine Mauern sind zerstört, der Weinberg ist für jedermann, für Fremde und Eindringlinge, zugänglich und wird ausgeplündert. Wilde Tiere trampeln auf ihm herum. Der Weinberg wird zum Ödland – ein Bild – für das Leben im Exil. Eine weitere Textstelle ist das bekannte Gleichnis von den bösen Winzern in Mk 12,1-12. Es stellt eine wichtige Verbindung her zwischen der alttestamentlich-jüdischen Weinstock/ Weinberg-Bildrede aus Jesaja 5 und dem Ich-bin-Wort Jesu in Joh 15,1. Auch hier ist vom Weinberg Israel die Rede, von Gott, dem Weinbergbesitzer, und von der Unwürdigkeit der Pächter (des Volkes Israel). Diese vertreiben einen Knecht nach dem anderen aus dem Weinberg und töten schließlich sogar den Sohn des Pachtherrn. In ihrer Habgier wollen sie die Früchte an sich reißen und den Weinberg in ihren Besitz bringen. Obgleich Jesus im Gleichnis von den bösen Winzern noch nicht mit dem Weinberg identisch ist, hat dieser Text bereits einen christologischen Bezug.
Während im Weinberglied in Jesaja 5 das Volk Israel der Weinstock bzw. der Weinberg ist, nimmt in Joh 15,1 Jesus für sich in Anspruch, wahrer Weinstock zu sein. Jesus tritt also an die Stelle des Volkes Israel, das in seiner Funktion als Weinberg Gottes versagt hat und die erwarteten Früchte nicht erbracht hat. Jesus, der wahre Weinstock, lebt die Beziehung zu Gott, seinem Vater, wie Gott, der Winzer, es vom Volk Israel eigentlich erwartet hat. Ganz mit Gott und ganz mit den Menschen verbunden, redet und tut Jesus nichts aus sich heraus, sondern nur das, was er vom Vater hört. Nur so erfüllt er dessen Willen, sein Leben bringt Frucht. Weinstock und Reben, Gott und Mensch, bilden eine untrennbare Einheit. Getrennt von Gott vermögen wir keine Früchte zu tragen. Die Reben verdorren und werden abgehauen. Jesus zeigt uns also, wie Fruchtbringen geht. Mit seiner ganzen Existenz gibt er sich hinein in die Beziehung zu Gott und zu uns Menschen. Denken wir uns die Beziehung Jesu zu seinem Vater als Vertikale und seine Beziehung zu den Menschen als Horizontale, haben wir das Kreuz vor uns, das in der Kunst oft auch als Weinstock dargestellt wird, an dem Jesus hängt und an ihm die ganze Menschheit, für die er sein Leben hingegeben hat. Die Trauben, die gekeltert werden, sind ein Bild für die Erlösungstat Jesus, für sein Blut, das er für uns und für die vielen vergossen hat. Seine Hingabe am Kreuz, sein Leiden, sein Sterben und seine Auferstehung sind die größte Frucht der Liebe, die er uns schenkt.Wir müssen also nichts aus uns selbst heraus tun, um Frucht zu bringen. Wir brauchen nur wie die Reben am Weinstock in Jesu Liebe bleiben, tun, was Jesus getan hat.
ZUM THEMA
Nicht unsere Leistung, unser Machen und Tun ist gefragt, sondern unser Sein und Bleiben in Christus. Johannes betont es immer wieder: „Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch“, oder: „Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht, denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun.“ Aus dem Einssein mit Jesus, aus er Liebe zu ihm und zu den Menschen und zur Welt, erwächst das wahre Handeln als eine Frucht, die bleibt. Der Jesuitenpater Piet van Breemen schreibt: „Nicht die Aktivität rechtfertigt uns, sondern die Rechtfertigung aktiviert uns.“1 Mit der Leistung will der Mensch alles selber machen. Er will letztlich die Fäden selbst in der Hand und alles im Griff haben. Das wiederum bewirkt Stress, Spannung bis hin zum Burnout. Beim Fruchtbringen geht es darum, sich dem göttlichen Geheimnis, seiner Liebe und Fürsorge anzuvertrauen und zu glauben, dass Gott uns auch in den schwierigsten Arbeitsbedingungen seine Hilfe nicht verwehrt. Diese Erfahrung verschafft uns Entspannung und Zuversicht trotz so manch herber Herausforderung. Fruchtbringen geht zusammen mit dem kontemplativen Element in unserem Leben, mit der Fähigkeit zu Muße und Stille, zum scheinbaren Nichtstun, während Leistung nicht gut dazu passt. Wir kennen alle an uns die aktive Seite. Wir planen, organisieren, bringen vieles auf den Weg. Das ist gut und recht, aber haben wir auch schon unsere kontemplative Seite entdeckt? Können wir noch innehalten, wahrnehmen, schauen, staunen, schweigen, Stille aushalten und in diesen „heilsamen Zeiten dazwischen“ die Gegenwart Gottes erspüren und wahrnehmen? Gelingt es uns, einfach mal nichts zu tun und in diesem Nichtstun schöpferische Ideen zu entwickeln, die uns nie in
den Sinn gekommen wären, wenn wir unsere rastlose Aktivität nicht unterbrochen hätten? Um im biblischen Sinn Frucht zu bringen, gilt es diesen Raum des Schweigens und des stillen Verweilens zu kultivieren. Kontemplative Menschen sollen wir werden. Der Theologe Karl Rahner hat schon vor Jahren prophezeit: „Der Christ des 21. Jahrhunderts wird ein Mystiker sein oder er wird nicht mehr sein.“ Für mich ist das der Schlüssel zu der Frage, wie wir als Christen im Gesundheitswesen in den derzeit gegebenen Strukturen nicht nur einigermaßen überleben, sondern gut leben und Zeugnis geben können. Es geht um ein immer tieferes Hineinwachsen in die Christusbeziehung, um eine Umwandlung des ganzen Menschen in Christus. Das fordert uns heraus, neue Akzente in unserem Leben zu setzen. Es gilt geistliche Prioritäten zu setzen. Franz Jalics, ein erfahrener Exerzitienmeister und geistlicher Leiter des Meditationszentrums Gries, hat für das geistliche Leben eine Prioritätenliste erstellt, die sicher nicht leicht zu leben und umzusetzen, aber sehr heilsam ist.
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heißt: Bewegung. Es folgt als dritte Priorität das Gebet, die Zeiten des stillen Verweilens vor Gott. Die vierte Priorität gilt dem Leben in Beziehung, in Gemeinschaft, – Ehe, Familie, Freundeskreis. Und erst an letzter Stelle, man höre und staune, steht die Arbeit. Es mag für manchen von uns – ich schließe mich hier mit ein – ein heilsames Erschrecken sein, wenn wir diese Prioritätenliste wirklich ernst nehmen. Aber es ist lohnenswert, sich diese Reihenfolge immer wieder vor Augen zu führen und notwendige Korrekturen vorzunehmen. Schließlich werden wir als Christen im Gesundheitswesen auch, aber nicht nur an unserer Leistung gemessen, sondern in erster Linie an unserem Lebenszeugnis, an der Art und Weise, wie wir einander als Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz begegnen, einander achten und wertschätzen und an unserem Umgang mit den Kranken und deren Angehörigen, mit denen, die uns anvertraut sind, ob sie uns nun sympathisch sind oder nicht. Unsere Liebe sei Tat, sagt Vinzenz von Paul. Ja, wir werden als Christen an der Liebe erkannt. Das ist unsere Berufung und Sendung.
„Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Winzer.“ Joh 15,1 Er sagt: Um gut beten zu können und in der Liebe Jesu zu bleiben, muss ich meine Geschöpflichkeit ernst nehmen. Die erste Priorität setzt daher bei unserem Bedürfnis nach genügend Schlaf an. Wer nicht genügend schläft, kann nicht mehr kreativ sein, ist irgendwann ausgepowert und kann auch nicht mehr richtig beten. Die zweite Priorität
Piet van Breemen, Referat, Quelle unbekannt. 1
Ute Wolff, Pastoralreferentin und Klinikseelsorgerin, Ostfildern
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HINTERGRUND
Christuserfahrungen in Krankheiten und Heilungen Verschiedene Perspektiven I. Ist eine Krankheitserfahrung auch eine Christuserfahrung?
war selbst vor 5 Jahren monatelang in Kliniken und weiß, wovon ich rede. Das ist unumgänglich und ein „Sachzwang“. Ich sage das mit Hochachtung und Mitgefühl mit den Ärzten, die mir das Leben gerettet haben.
1. Aus der Perspektive des Arztes Das ist zwar nicht die erste Perspektive, in der Krankheit wahrgenommen wird, aber die öffentlichste, weil wir sie für die wichtigste halten: Kommt ein Patient zum Arzt, wird dieser seine Daten aufnehmen, seine körperlichen Funktionen messen, ihn mit Röntgenstrahlen etc. durchleuchten, um sich ein Bild über die Beschwerden zu machen. Dann wird er die aufgenommenen Fakten als Symptome einer Krankheit deuten. Hat er die zutreffende Diagnose erstellt, kann die Therapie beginnen. Wird die Krankheit überwunden oder besiegt, wie man sagt, dann ist der status quo ante wiederhergestellt und der Patient wird als „gesund“ entlassen. ln dem Maße wie es gelingt, die Krankheit vom kranken Menschen zu isolieren und die Kausalkette vom Erreger bis zu den typischen Auswirkungen in einem Krankheitsprozess in den Griff zu bekommen, wird gezielte Therapie möglich. Der kranke Mensch wird auf ein typisches Krankheitsbild gebracht und als „Fall“ dieser Erkrankung behandelt. Der kranke Mensch selbst mit seiner Seele, seiner Lebensgeschichte und seinem Innenleben wird – abgesehen von psychischen Erkrankungen – kaum berücksichtigt, oft sogar bewusst ausgeblendet. Im „Sprechzimmer“ eines Arztes wird heutzutage wenig gesprochen, weil es zu viel Zeit kosten würde und bei Krankenkassen nicht abgerechnet wird. Die „Klinik ist wesentlich stumm“, wie Paul Lüth in seiner „Kritischen Medizin“ schon 1972 bemerkte. Ich
2. Aus der Perspektive des kranken Menschen „Krankheiten als solche gibt es nicht. Wir kennen nur kranke Menschen“, schrieb Ludolf von Krehl in seiner „Pathologischen Physiologie“ schon 1930. Das ist aus der Perspektive eines Arztes gewiss ungewöhnlich, aus der Perspektive der Patienten aber stimmt es. Erwachen wir eines Morgens krank, dann sagen wir: „Ich bin krank“, und: „Ich fühle mich nicht wohl“. Wir erfahren eine Störung im Verhältnis zu uns selbst: Das Ich ist krank, mein Selbstgefühl ist angegriffen. Meine Person ist betroffen. Wir beginnen immer mit dieser Wahrnehmung des Krankseins, erst mit dem lokalisierenden Bewusstsein können wir dann sagen: „Ich habe Herzbeschwerden“. Damit verschieben wir die Krankheit vom Sein in das Haben. Wir gewinnen Distanz und erheben unser Ich aus dem Kranksein. Durch Distanz zur Krankheit kann ich mich auf sie einstellen und mich so oder so zu ihr verhalten. Gleichwohl gewinne ich nie die objektive Distanz zu meiner Krankheit wie die fremde Person eines Arztes. Die Krankheiten, die ich habe, bleiben im Lebenskreis meines Daseins. Wie objektiv und unpersönlich sie auch in der Klinik behandelt werden, Krankheiten sind Teil meines persönlichen Lebens und ich muss sie nicht nur erleiden, sondern kann sie auch durch die Kraft meiner Person, durch meinen Glauben und meinen Lebenswillen beeinflussen, andere können sie
durch ihre Liebe zu mir beeinflussen. Der Patient ist und bleibt die Person seines Lebens. Jede Krankheit ist ein Teil meiner Lebensgeschichte, und ich muss sie so akzeptieren, wenn ich sie erleben und verstehen will. Gewöhnlich nehmen wir Krankheitszeiten nur als Störungen unseres normalen aktiven Lebens wahr und vergessen sie so schnell wie möglich. Damit verpassen wir, was sie uns sagen wollen. Unser Leben wird oberflächlich und ärmer, wenn wir nur unsere gesunden Zeiten schätzen. Spätestens bei Alterserkrankungen merken wir das. ln den Erfahrungen von Krankheit und Gesundheit gibt es jedoch wesentliche Unterschiede. Einen haben wir schon erwähnt: Es ist das Kranksein und Krankheiten haben. Erstaunlicherweise gibt es das bei der Gesundheit nicht. Ich sage: „Ich bin gesund“, aber nicht: „Ich habe Gesundheiten“. Krankheiten gibt es im Plural, Gesundheit nur im Singular; Krankheiten sind vielfältige Störungen und Leiden, Gesundheit ist ihnen gegenüber ganzheitlich: „Ich bin gesund“. Darum können wir auch nur wenig über die Beschaffenheit unserer Gesundheit sagen. Sind wir nicht krank, dann spüren wir unser Gesundsein gar nicht. Gesund ist man, wenn die Organe schweigen, hat einmal jemand gesagt. Gesundheit ist wie das Glück eher ein Zustand, der uns trägt. Erst wenn wir krank werden erkennen wir, was Gesundheit ist.
3. Aus der Perspektive Jesu Das erste, was nach den Evangelien Menschen an Jesus erlebten, war die Heilkraft des göttlichen Geistes. Darum werden nach den Evangelien Menschen in Jesu Nähe nicht als „Sünder“ wie bei Paulus, sondern als Kranke offenbar. Aus den Winkeln und Schatten, in die man sie verdrängt
HINTERGRUND
hatte, kommen sie hervor und suchen die Nähe Jesu. „Am Abend aber, als die Sonne untergegangen war, brachten sie zu ihm allerlei Kranke und Besessene, und die ganze Stadt versammelte sich vor der Tür, und er half vielen Kranken, die mit Seuchen beladen waren, und trieb viele Dämonen aus“ (Mk 1, 32 ff.). „Dämonen“ sind personal vorgestellte Mächte der Zerrüttung und der Zerstörung. Ihnen ist die Lust am Quälen eigen. Wenn der Messias kommt, sagt die alte jüdische Hoffnung, dann werden diese Quälgeister von der Erde verschwinden und die Menschen werden wieder gesund und vernünftig leben können. Wunderbare Krankenheilungen gab es in der Antike oft. Es gibt auch in unserer modernen Welt der wissenschaftlichen Medizin Spontanheilungen, wie man sie nennt. Bei Jesus aber stehen sie in einem besonderen Horizont: Sie gehören zur Ankunft des Reiches Gottes. Wenn der lebendige Gott zu seiner Schöpfung kommt, dann müssen die Mächte der Qual weichen, die gequälten Geschöpfe werden gesund. Das Reich des lebendigen Gottes vertreibt die Bazillen des Todes und breitet die Keime des Lebens aus. Es bringt nicht nur Heil in einem religiösen Sinne, sondern auch Gesundheit in körperlicher Erfahrung. ln der Heilung der Kranken wird das Reich Gottes leibhaftig. Der Lebensgeist macht lebendig, was krank liegt und sterben muss. Auch wenn viele von uns heute keinen persönlichen Zugang zu diesen Geschichten von den Krankenheilungen Jesu haben, weil sie selbst nichts Vergleichbares erlebt haben, werden wir mit ihrer Hilfe doch verstehen können, dass die Lebenskraft Gottes unsere Körper durchdringen will, und werden die organische Seite des Reiches Gottes begreifen. Wie alle schweren Krankheiten Vorboten des Todes sind, so müssen wir auch die Krankenheilungen Jesu als Vorboten verstehen: Sie sind Vorboten der
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In jeder Heilung erleben wir etwas von Auferstehung.
Auferstehung. Erst mit der Wiedergeburt dieses sterblichen Lebens zum ewigen Leben wird vollendet, was Jesus an den Kranken getan hat. ln jeder schweren Krankheit ringen wir mit dem Tod. ln jeder Heilung erleben wir etwas von Auferstehung: „Wir fühlen uns wie neugeboren“ und dem „Leben wiedergeschenkt“. So wird es sein, wenn geschieht, was wir uns nicht vorstellen können, weil wir es noch nicht erfahren haben: die Auferstehung und das Leben der zukünftigen Welt. Als man einen kranken Jungen zu ihm bringt, beschwört Jesus den Vater: „Wenn du doch glauben könntest! Alle Dinge sind möglich dem, der glaubt“. Der Vater des Jungen antwortete unter Tränen: „Ich glaube ja, Herr, hilf meinem Unglauben“ (Mk 9, 23- 24). Dieses bisschen ungläubigen Glaubens genügt. Jesus „ergreift den Jungen bei der Hand, richtet ihn auf; und er stand auf“. Noch stärker sprechen die Geschichten der kranken Frauen: Da ist die „blutflüssige Frau“ (Mk 5, 25 ff). Sie schleicht sich durch die Menge von hinten an Jesus heran und fasst seinen Rock an: „Wenn ich nur sein Kleid anrühre, würde ich gesund werden“, sagt sie sich. Sie macht durch ihre
körperliche Berührung Jesus „unrein“, wie man damals dachte, holt sich aber ihre eigene Heilung von ihm. Jesus „fühlte alsbald an sich selbst die Kraft, die von ihm ausgegangen war“. Er sieht sie an und sagt: „Meine Tochter, dein Glaube hat dich gesund gemacht, geh hin in Frieden.“ Wenn wir diese verschiedenen Perspektiven vergleichen, stellen wir fest: Jesus nimmt Krankheit aus der Perspektive der kranken Menschen wahr. Er therapiert nicht Krankheiten, sondern heilt kranke Menschen. Er setzt auf die Heilkraft des Heiligen Geistes und auf die Kraft des menschlichen Glaubens.
II. Gesundheit aus verschiedenen Perspektiven Hier können wir die verschiedenen Begriffe nicht einzelnen Personengruppen zuordnen. Es handelt sich vielmehr um Vorstellungen von Gesundheit, die ferner oder näher zum menschlichen Personkern liegen.
1. Sigmund Freud und andere definierten Gesundheit als „Arbeits- und Genussfähigkeit“ Ist ein Mensch in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt und in seiner Genussfähigkeit behindert, gilt er als „krank“. Sind beide Fähigkei-
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HINTERGRUND
ten wieder hergestellt, kann er als „gesund“ bezeichnet werden. Diese schlichte, aber gebräuchliche Definition von Gesundheit entspricht exakt der industriellen Leistungsgesellschaft, die ihre zentralen Werte auf Produktion und Konsum ausrichtet. Vormoderne Gesellschaften und außereuropäische Kulturen pflegen andere Werte und haben darum andere Begriffe von Gesundheit, z. B. soziale Begriffe. Das tritt bei der Ausbreitung westlicher Medizin in Asien und Afrika besonders deutlich in Erscheinung. Auch in der westlichen Welt macht diese Gesundheitsdefinition viele Menschen nicht gesund, sondern krank, stigmatisiert sie und macht sie im Alter „wertlos“ und zu „überflüssigen Menschen“.
Anhand dieses Ideals steigen die Ansprüche der Menschen an die Gesundheitssysteme ins Unermessliche. Das Ideal des allseitigen Wohlbefindens ist eine Utopie, und nicht einmal eine besonders humane Utopie. Es ist die Utopie von Leben ohne Leiden, vom Glück ohne Schmerz und einer Gemeinschaft ohne Konflikte. Es ist die Utopie vom Leben ohne Sterben, denn nur ein unsterbliches Leben könnte „vollkommenes Wohlbefinden“ geben. Gesundheit und körperliche wie geistige Unversehrtheit sind in der Tat Menschenrechte, auf die jeder Mensch Anspruch hat. Aber ein „Zustand“ beschreibt nicht die gesunde Lebenskraft zum Menschsein. Wird Gesundheit als ein erreichbarer Zustand beschrieben, erweckt sie unerfüllbare Ansprüche
Gesundheit ist hier kein Zustand, sondern „die Kraft zum Menschsein“ in gesunden und in kranken Zuständen.
2. Die internationale World Health Organization hat eine erweiterte Definition aufgestellt: „Gesundheit ist ein Zustand des vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.“ Dies ist eine Maximaldefinition, die in der Negation gut ist, in der Position aber weit über das Menschenmögliche hinausgeht. Gilt nur der als „gesund“, der sich im Zustand vollkommenen und allseitigen Wohlbefindens befindet, dann sind alle Menschen mehr oder weniger krank, denn sie alle existieren nicht im Paradies. Gemessen an dem Ideal „sozialen Wohlbefindens“ gibt es keine „gesunden“ Gesellschaften, die solches garantieren könnten.
der Menschen an sich selbst, wie der gegenwärtige Trend in den reichen Ländern zum Fitnesskult, Diätwahn, Anti-aging-Maßnahmen usw. zeigt. Ansprüche an das Gesundheitssystem wachsen und entlasten sie von der eigenen Verantwortung für ihren Zustand. Muss nicht eine Gegenbewegung zur Rettung der Menschlichkeit darin einsetzen, dass Gesundheit und Krankheit wieder personalisiert und Altern und Sterben als Teile des Lebens akzeptiert werden? Dieser Vorschlag führt zu anderen Definitionen der Gesundheit.
3. Sieht man Krankheit nur als Funktionsstörung bestimmter körperlicher Organe an, dann ist Gesundheit ein störungsfreier Zustand.
Schwere und lange Krankheiten betreffen aber den ganzen Menschen. Gesundheit heißt in dieser Perspektive „nicht die Abwesenheit von Störungen, sondern die Kraft, mit ihnen zu leben.“ Gesundheit ist hier kein Zustand, sondern „die Kraft zum Menschsein“ in gesunden und in kranken Zuständen. Diese seelische Kraft, wie man früher sagte, zeigt sich in der Fähigkeit zum Glück und zum Leiden, zur Freude und zur Trauer, aufs Ganze gesehen, in der Kraft zur Annahme des Lebens und zur Hingabe des Lebens. Es ist, theologisch gesprochen, die Bejahung des Lebens und des Sterbens im großen Ja Gottes, die Annahme von Leben und Tod im weiten Raum Gottes. Gesundheit und Krankheit sind in diesem Verständnis nicht immer Gegensätze. Es gibt Menschen, die im Umgang mit ihrer Krankheit sehr gesund sind und Gesundheit ausstrahlen. Wird dagegen Gesundheit als Zustand allgemeinen Wohlbefindens als gängige menschliche Einstellung verbreitet, dann können krankhafte Einstellungen der Menschen zu ihren gesunden und kranken Zuständen entstehen, weil Menschsein dann mit Gesundsein gleichgesetzt wird. „Hauptsache gesund“, sagt man dann, und Krankheiten sollen nicht sein. Das kann dazu führen, dass Kranke aus dem öffentlichen Leben verdrängt werden und Krankheiten als Katastrophen angesehen werden, die dem Menschen Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl rauben. Der moderne Gesundheitskult, WellnessReligion, produziert dann genau das, was er überwinden will, nämlich die Angst vor dem Kranksein. Anstatt Krankheit und Gebrechen zu überwinden, entwirft er ein Ideal von allgemeinem Wohlbefinden, aus dem Kranke und Gebrechliche ausgeschlossen sind. Wenn sich dann Gesunde von Gebrechlichen und Behinderten, Alten und Arbeitsunfähigen abwenden,
HINTERGRUND
verurteilen sie diese zum „sozialen Tod“. Beziehungen zu ihnen werden abgebrochen und ihre Wertlosigkeit wird angeprangert. Was der Gesundheit des Lebens dienen sollte, macht die Ausgeschlossenen krank.
werden, um sinnvoll zu leben. Leben ist in sich selbst gut, weil es von Ewigkeit her geliebt, bejaht und gerechtfertigt ist. Es bedarf keiner Selbstrechtfertigungen, weil es die große Angst um das Selbst nicht geben muss.
Die Gesundheitsdefinition der World Health Organization ist darum so missverständlich, weil in ihr von allem, aber nicht vom Tod die Rede ist. Wenn aber nicht an das Sterben des Menschen gedacht wird, ist jede Gesundheitsdefinition illusionär. Wie Geborenwerden ist Sterben ein Teil des Lebens. Schwere Krankheiten führen oft in Lebenskrisen hinein. Unter solchen Lebenskrisen verstehen wir Sinnkrisen. Der Kranke versteht sein Leben nicht mehr, weil das Kranksein ihm die bisherigen Vertrauensgrundlagen seines Lebens entzieht, auf die er sich verlassen hatte. Er oder sie reagiert darauf mit Wut auf sich selbst und Aggression gegen andere und fällt zuletzt in tiefe Resignation und Apathie. Wenn man spürt, dass man sein Vertrauen nicht mehr auf seine Gesundheit, seine Tüchtigkeit oder Schönheit setzen und sein Selbstwertgefühl nicht mehr aus seiner Leistung oder seiner Lust gewinnen kann, bricht man zusammen oder man gewinnt die Kraft zum Leben aus einem größeren Vertrauen und einer tieferen Selbstachtung.
Die „Kraft zum Menschsein“, von der wir gesprochen haben, ist die große Bejahung durch Gott, in die hinein man leben und sterben kann. Menschliches Leben wird menschlich als angenommenes, bejahtes und geliebtes Leben, darum kann man es selbst in seiner Endlichkeit annehmen und in seiner Gebrechlichkeit lieben. ln diesem Glauben erfahren Menschen eine große Freiheit gegenüber den Wechselfällen des Lebens. Das ist der „einige Trost im Leben und im Sterben“, von dem der Heidelberger Katechismus spricht. Man wird daraus folgern können, dass dem Leben nicht dient, was im Sterben nicht tröstet.
Eine Lebenskrise dieser Art bietet die Chance, das Vertrauen des Herzens von den bedrohten und entzogenen Gütern abzuziehen und auf tragfähigen Boden zu stellen. Jene Selbstgerechtigkeit, die durch die Eitelkeit guter Werke und dem eigenen Leistungsstolz aufgebaut wird, findet sich auch in der Selbstgerechtigkeit, die durch das Vertrauen auf die eigene Tüchtigkeit entsteht und zum angstvollen Kult um die eigene Gesundheit führt. Menschliches Leben ist kein Mittel zum Zweck, es lebt, weil es gelebt wird. Man muss nicht „gebraucht“
Gesundheit in der Perspektive Jesu: „Alle, die ihn anrührten, wurden gesund“ (Mt 14, 36). „Dein Glaube hat dich gesund gemacht“ (Mk 5, 34). Was heißt nach den Evangelien „gesund“ und „gesundmachen“? Das Besondere in den Heilungen Jesu und im Glauben liegt nicht nur in der Rückkehr der Funktionstüchtigkeit, dass also die Blinden sehen und die Stummen reden und die Lahmen wieder gehen können, auch nicht nur in der Rückkehr aus einem kranken Zustand in die Normalität, wie das Wort: „Die Gesunden brauchen des Arztes nicht“ denken lässt, sondern zuerst im Ganzwerden. Jesus macht das Kaputte „heil“, er macht es ganz. Ricarda Huch nannte Jesus darum den „Ganzmacher“. Ein ganzer Mensch zu werden, ergreift Seele und Leib. Ganzwerden heißt im Englischen auch „becoming whole“ und das ist mit „holy“, heilig, verwandt. Die Ganzheit eines Menschen bedeutet Harmonie seiner Organe und seiner Seele, und diese Harmonie
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besteht in der Einigkeit des Menschen mit sich selbst. Da aber kein Mensch wie Robinson auf einer Insel lebt, ist diese Einigkeit mit sich selbst auf die Anerkennung durch andere Menschen angewiesen. Werde ich geschätzt und anerkannt, kann ich im Frieden mit mir selbst sein. Werde ich geliebt, kann ich mich selbst lieben. Werde ich geachtet, kann ich mich selbst achten. Weil ich in verschiedenen Sozialbeziehungen existiere und mich selbst in vielfältigen Perspektiven erkenne und meine Lebensgeschichte sich seit meiner Geburt verändert, ist die Kategorie des Ganzseins eigentlich eine theologische Kategorie: „Allein Gott sieht mich in meiner Ganzheit“ (Psalm 51). Nur Gott sieht mich wie ich war und wie ich geworden bin. Im Gedächtnis Gottes ist meine Lebensgeschichte präsent. Werde ich von Gott anerkannt und geliebt, dann bin ich im Frieden mit mir selbst und ein ganzer Mensch. Darum treibt Jesus die Dämonen aus, die den Menschen zerreißen und Teile des Menschen beherrschen. Wer besessen lebt, ist nicht er selbst; wer in Ängsten existiert, ist zerrissen. Menschen werden erst im Frieden Gottes „gut, ganz und schön“ (Elisabeth Moltmann-Wendel). Darum gehören zu den Heilungen Jesu auch die Sündenvergebungen. ln ihnen werden die quälenden Gewissensbisse und Selbstzweifel vertrieben, in ihnen wird das verunglückte Gottes-Verhältnis der Sünder durch Gott selbst zurechtgebracht. Die Gegenwart des Gottesgeistes in der Person Jesu macht die Heilkraft seines Lebens und Versöhnungskraft seines Leidens aus. „Gesund“ im Sinne Jesu sind die Menschen des Friedens, die gottgeliebten Menschen: „saved and sound“.
III. Krankheit und Gesundheit als Christuserfahrungen Ich habe dargestellt, wie sehr unsere inneren Einstellungen zu Krankheit und zu Heilungen Krankheitsverläufe und Gesundungen beeinflussen.
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HINTERGRUND
Prof. Dr. theol. Jürgen Moltmann, Jahrgang 1926, verheiratet, 1967 bis 1994 Professor für Systematische Theologie an der Eberhard-KarlsUniversität Tübingen.
Zum Schluss möchte ich fragen, wie wir im Glauben an Christus unsere Krankheiten und unsere Heilungen erleben. Weil aber der Glaube beides auf uns selbst bezieht, frage ich lieber, welche Christuserfahrung wir im Kranksein machen und welche Christuserfahrung in unseren Heilungen verborgen liegen. Christus ist auch bei uns, wenn unser Glaube schwach wird. Christus ist auch bei denen, die nicht glauben. Christus ist da, bevor wir an ein Krankenbett treten. Nicht wir bringen Christus zu den Kranken, wir entdecken ihn zusammen mit den Kranken.
1. "Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen" (Jes 53, 4) ...sagt der Prophet Jesaja vom leidenden Gottesknecht, den Christen von Anfang an im leidenden und gekreuzigten Jesus gesehen haben. Also erfahren wir in unseren Krankheiten nicht nur uns selbst als Erkrankte, sondern auch Jesus „der unsere Krankheit trug“. Das heißt doch: Leidenszeiten führen mich tief in seine Passion hinein. An dem, was ich erleide, nehme ich wahr, was Jesus erlitten hat. Jede im Glauben bewusste Krankheitserfahrung führt uns immer tiefer in die Christuserkenntnis hinein. Wir erfahren nicht nur Christus bei uns, sondern auch uns bei Christus. Unsere Schmerzen bringen uns in seine Schmerzen. Er ist bei uns, wir sind bei ihm. Das ist auf wunderbare Weise auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald
in Colmar zu erkennen: Er stand einst in einem Hospital für Pestkranke. Die Todkranken sahen ihre Pestbeulen auf dem Leib des verrenkten und gekreuzigten Christus. Er trug ihre tödliche Krankheit und sie nehmen an seinen Schmerzen teil. Das offenbart eine tiefe Christusgemeinschaft im Kranksein. Und noch etwas ist hier wichtig: das Tragen. Das ist eine alte Gotteserfahrung Israels: Gott ist nicht wie ein allmächtiger Herrscher vom Himmel her, sondern eher wie ein geduldiger Knecht, der sein Volk trägt und auf seine Schultern legt. „Unser Gott ist ein Gott, der trägt“ (D. Bonhoeffer). Im Auszug der Kinder Israels aus der Knechtschaft in Ägypten ist Gott nicht nur der, der voran geht, sondern der, der sein Volk trägt. Welche Bilder werden dafür verwendet? Ein weibliches Bild: „Trag es in deinen Armen wie eine Mutter ihr Kind trägt, in das Land, das du ihren Vätern versprochen hast“ (4. Mos 11, 12). Dann ein männliches Bild: „Du hast gesehen, wie der Herr, dein Gott, dich getragen hat, wie ein Mann seinen Sohn trägt, durch alle Wege, die ihr gewandert seid“ (5. Mos 1, 31). Gott ist ein Gott, der trägt, darum kann man sich auf ihn verlassen. Das ist auch ein Trost im Alter, wenn die eigenen Beine einen nicht mehr tragen: „Ja, ich will euch tragen bis zum Alter hin und bis ihr grau werdet. Ich will es tun, ich hebe und trage und errette“ (Jes 46, 3- 4). Jochen Klepper hat daraus ein schönes Lied gemacht (EG 380): „Ja, ich will euch tragen, bis zum Alter hin. Und ihr sollt einst sagen, dass ich gnädig bin.“ Je mehr einem im Alter die eigenen Kräfte verlassen, um so mehr spürt man, dass man getragen wird. Das ist eine ganz wunderbare Gotteserfahrung und viel mehr zu preisen als alle Altersbeschwerden, über die wir ständig klagen. Und wenn wir sterben, sterben wir in Jesu Tod hinein. Er geht mit uns in
das „finstere Tal“ und wir sind bei ihm in Gethsemane und auf Golgatha. Die Sterbeerfahrung ist eine Christuserfahrung, die wir nur im Sterben machen können. Darum ist sie einzigartig und einmalig. Leben und Sterben im weiten Raum Christi ist ein Trost, der uns trägt.
2. Wenn wir nach einer schweren Krankheit wieder gesund werden, wie erleben wir die Heilung? Als Rückkehr in unser Leben vor der Erkrankung oder als ein neu geschenktes Leben? Wäre es nur die Rückkehr in das alte Leben, dann hätten wir nichts gelernt. Spüren wir, dass ein neues Leben beginnt, dann erleben wir die Heilung als Ermutigung und als Ermächtigung („empowerment“) zum neuen Leben. Dann ist die Heilung eine Auferstehungserfahrung. Calvin sagte: Wir erleben viele Tode und viele Auferstehungen. ln schweren Krankheiten ringen wir mit dem Tod, denn sie sind Vorboten des Sterbens. ln jeder Heilung erleben wir einen Vorschein der Auferstehung der Toten. Kranke brauchen Trost und Beistand und Geduld, um ihre Krankheit zu ertragen. Dafür sind Krankenhausseelsorger, Krankenschwestern und Besuche der Familien da. Aber ebenso wichtig ist es, Heilung zu erfahren und zu erkennen, was man mit diesem neuen Lebensanfang machen soll. Aber dann sind die Kranken nicht mehr da. Ärzte sehen die Geheilten selten wieder. Nur in den Rehabilitationszentren geht es auch um die Ermutigung und Ermächtigung zum neuen Lebensanfang nach der Krankheit und nicht nur um die Wiederherstellung der Körperkräfte. Die wahre Rehabilitation heißt: „lncipit vita nova“. Heilung ist Ermächtigung zum Leben im Geist der Auferstehung Jesu Christi. Professor Moltmann hielt dieses Referat beim 3. Christlichen Gesundheitskongress 2012 in Kassel
ERFAHRUNGEN
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Existentiell herausgefordert Drei persönliche Berichte
Schwester Sabine Götz, Gefängsnisseelsorgerin in Frauenjustizvollzugsanstalt Gotteszell in Schwäbisch Gmünd
Schwäbisch Gmünd, Frauenvollzugsanstalt Gotteszell
In der Tiefe des menschlichen Seins „Gottes Dinge geschehen von selbst. Die wahre Weisheit besteht darin, der Vorsehung Schritt für Schritt zu folgen.“
Diese Worte unseres Ordensgründers Vinzenz von Paul kamen mir in den Sinn, als ich meine Ansprache zur Einsetzung als Gefängnisseelsorgerin vorbereitete. Seit acht Monaten arbeite ich in einer Frauenvollzugsanstalt. Täglich beginne ich meine Arbeit mit dem Sichten der Anträge der Frauen. Aus der Flut dieser Anträge muss ich herausfiltern, wer heute „dran ist“. Dabei versuche ich täglich neu, das Wirken Gottes in meiner Arbeit wahrzunehmen und herauszuspüren, was Gottes Wille dabei ist.
Nun heißt es, den täglichen Spagat zu leben zwischen den Bedürfnissen und Nöten der Frauen und dem, was im Gefängnis erlaubt ist. Dies lässt mich an meine eigenen Grenzen kommen und ist für mich täglich eine existentielle Herausforderung. Mit leeren Händen, jedoch im Vertrauen, dass ER mit mir ist, begegne ich diesen Frauen. „Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“, sagte Jesus.
Für mich bedeutet das: Ich muss mich hinab beugen in die Tiefen des menschlichen Seins bei den Frauen. Dort, wo Not, Angst, das Elend verborgen ist. Ich harre und halte dort
mit ihnen aus, um so die größte Not zu lindern.
In der Ohnmacht dem anderen begegnen und diese Ohnmacht aushalten heißt für mich, der Anderen zum Christus zu werden und die Andere wird mir zum Christus. Ohne Gott, seine Hilfe kann ich mir meine Arbeit nicht vorstellen. Vor jedem Gespräch halte ich inne und bitte IHN um gutes Gelingen. So darf ich immer wieder erfahren, dass ER mir die richtigen Worte in den Mund legt, dass seine Liebe spürbar ist. Schritt für Schritt versuche ich seiner Vorsehung zu folgen. Ich vertraue darauf, dass wir, ER und ich, auch in Zukunft miteinander unterwegs sind.
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ERFAHRUNGEN
Claudia Schwarz, Krankenschwester, Wenzendorf
Ich mag meinen Job als Krankenschwester auf der Intensivstation. Ich liebe es, Menschen zu helfen. Da unsere Patienten auf Hilfe angewiesen sind, ist es oft auch eine dankbare Arbeit. Ich sehe mich in der Position, dass es meine Aufgabe ist, dem Patienten den
sehe und das Krankenhaus immer effizienter und standardisierter handeln muss. Dadurch wird die Achtung vor dem einzelnen Menschen und seine individuellen Bedürfnisse eingeschränkt. Oft frage ich mich: Was ist das Ziel unseres Handelns? Schaffen wir es mit Hilfe aller Beteiligten, die Lebensqualität des Patienten zu verbessern oder versuchen wir das Leben zu verlängern, ohne die Bedürfnisse des Einzelnen mit einzubeziehen. Wo bleibt die Achtung vor dem Menschen – vor Gottes Schöpfung? Überschreiten wir seine
Sterben ist Teil des Lebens: Sollte man bei stark leidenden Menschen immer gegen den Tod ankämpfen oder sie auch einfach gehen lassen können?
Aufenthalt neben allen medizinischen und pflegerischen Handlungen so angenehm wie möglich zu machen. Jedes Lächeln, aufmunternde Worte, Zeit zum Zuhören, Lagerung verändern, das zugeschnittene Brot, kann die Zeit mit all den Kabeln, Kanülen, Infusionsschläuchen, Schmerzen und Einsamkeit erleichtern. Herausgefordert bin ich, wenn ich die Summe des Leides und des Leidens auf der Station und im Krankenhaus
gegebenen Grenzen, wenn wir Patienten mit scheinbar aussichtslosen Heilungschancen auf der Intensivstation versorgen, um medizinisch gute Ergebnisse zu erzielen? Besonders herausgefordert fühle ich mich, wenn unser Team zur Wiederbelebung gerufen wird und wir einen alten Menschen wieder ins Leben zurückholen, ohne seine genaueren Umstände zu kennen. Stellt sich nach der „erfolgreichen“
Reanimation heraus, dass dieser eine Patientenverfügung hat oder eine umfangreiche Krebsdiagnose, frage ich mich, ob wir Gott jetzt ins Handwerk gepfuscht haben. Ich glaube, dass Gott Zeit und Raum bestimmt und alles seine Zeit hat. Andererseits ist es auch ein Geschenk, was mit der heutigen Medizin alles möglich ist. Wo ist also die Grenze zwischen Fortschritt und den natürlichen bzw. von Gott gesetzten Grenzen? Als Krankenschwester bin ich in einer entspannteren Rolle als die Ärzteschaft, denn ich bin in der ausführenden Position und muss nicht die Entscheidung in Verantwortung treffen. Ich hätte mich aber gerne hin und wieder für einen Abbruch der Therapie entscheiden wollen, um den Patienten in Frieden sterben lassen zu können. Jesus liebt es, den Menschen zu helfen. Er wusste, was jeder Einzelne, dem er begegnete, braucht. Wir helfen auch von Herzen gerne, aber wir haben nicht den Überblick über das Ganze, so wie Gott es hat. Also müssen wir nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden und das kann uns mit Gottes Hilfe gelingen. Ich versuche, jeden Dienst sehr bewusst in Gottes Hand zu legen und ich genieße es besonders, in einem katholischen Krankenhaus zu arbeiten, mit zum Teil gläubigem Personal, zwei Ordensschwestern und Pastoren, die regelmäßig die Patienten besuchen. Als Trost in den herausfordernden Situationen bin ich sehr dankbar, dass ich die Patienten im Gebet Gott abgeben kann und dann darauf vertrauen kann, dass unser Vater sich um sie kümmern wird.
Sichtweisen ERFAHRUNGEN
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Dr. med. Ulf Lenk,
Hausarzt, Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für
Anästhesiologie, Karlsruhe
„Piep – Piep – Piep – Einsatz für Christoph 43“. So kommt es aus dem Funkalarm-Piepser des Rettungshubschraubers. So fängt jeder Einsatz an. Und dann heißt es für mich als Notarzt: Alles stehen und liegen lassen, laufen, in 2 Minuten müssen wir in der Luft sein, auf dem Weg zum Patienten. Auf dem Weg zum Hubschrauber Hangar kommen die Gedanken: Was wird mich erwarten? Ist es wieder ein Routineeinsatz? Oder kommt etwas Besonderes auf mich und das Team zu? Diese Woche gab es in Karlsruhe eine Geiselnahme, bei der ein Arbeitsloser sich und vier weitere Menschen erschoss, als seine Wohnung zur Zwangsräumung aufgesucht wurde. Das hat bei mir einen „Flash-Back“ ausgelöst. Bei vielen „Routineeinsätzen“ als Notarzt ist vor allem der Patient existentiell herausgefordert. Bei solchen Einsätzen jedoch bin ich auch als Arzt mit dem ganzen Team in extremer Weise existentiell herausgefordert. Ich erinnere mich an einen Einsatz, bei dem uns auf dem Anflug „Schießerei“ und „Eigensicherheit beachten!“ gemeldet wurde. Toller Tipp: Beim Landeanflug sehen wir zwei auf dem Boden eines Betriebsgeländes liegende Personen, aber keine Polizei und auch noch keinen Rettungswagen. Was ist, wenn der Schütze noch herumläuft und uns auch bedroht?
Als Notarzt wird man oft an Tatorte und Unfallplätze gerufen, bei denen man nicht nur um das Leben des Verletzten bangt, sondern sich teilweise selbst in Gefahr begibt.
Was tun? Warten in der Luft, bis die Polizei kommt? Oder weiter weg landen mit der Konsequenz, dass auch der Patient dann weiter getragen werden müsste…? Also doch landen und vorsichtig sein unter Inkaufnahme des Risikos. Es stellte sich heraus, dass der Unternehmer des Betriebsgeländes der Schütze war, er zuerst seine Ehefrau anschoss und anschließend Selbstmord verübte. Leider verstarb auch seine Ehefrau kurz nach der Landung im Klinikum. Oder ein anderer Einsatz, bei dem der Patient unter einen LKW geraten war. Ich musste darunter kriechen, um ihn dort zu beatmen, es rieselte der Diesel aus einer defekten Treibstoffleitung. Der LKW war noch
nicht hundertprozentig gesichert und der Treibstoff könnte sich entzünden (durch weggeworfene Zigarettenkippen oder ander Funken). Trotzdem blieb keine Wahl, der Patient lebte noch, aber bekam dann einen Atemstillstand. Also, Stoßgebet, dann doch unter den LKW kriechen. Leider hat auch dieser Patient schlussendlich nicht überlebt. Als Arzt und als Christ bin ich so immer wieder auch persönlich existentiell herausgefordert. Als Christ weiß ich, dass Jesus dies auch war – für mich am Kreuz. „Niemand hat größere Liebe als der, der sein Leben hingibt für seine Freunde“ (Joh 15,13).
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HINTERGRUND
Krankheit – was geht in uns vor? Seelische Prozesse und biblische Hilfen
Es kann sein, dass wir über weite Strecken unseres Lebens mit Krankheit relativ wenig zu tun haben, bis diese plötzlich in unser Leben einbricht. Körperliche Krankheit ist eine Grunderfahrung des Lebens, die jeden Menschen trifft, allerdings in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Viele erleiden schwerere Erkrankungen erst in höherem Lebensalter, manche schon von Jugend oder Kindheit an. Wir stoßen in Deutschland und in der Schweiz auf ein diagnostisch und therapeutisch leistungsfähiges Gesundheitswesen, wo unsere körperlichen Beschwerden in der Regel ernst genommen werden und versucht wird, Hilfe zu geben. Was allerdings den seelischen Umgang mit der Krankheitssituation anbelangt, die Ängste und Hoffnungen, Aggressionen und Depressionen, Wunschträume oder Verzweiflung – in diesen Bereichen geschieht häufig deutlich weniger Hilfestellung. Unser Gesundheitswesen ist relativ stark auf eine mechanistische Sicht des Menschen ausgerichtet. Die Krankheit wird hierbei nicht selten vorrangig als „Defekt in der Körpermaschinerie“ verstanden – seelische Prozesse der Krankheitsverarbeitung dabei weniger beachtet. Nicht selten fühlt sich der Kranke mit Fragen der Krankheitsverarbeitung allein gelassen. Anders ist die Situation in vielen christlichen Gemeinden: Kranke erfahren hier häufig ein größeres Maß an Anteilnahme, Trost und Gebet. Nicht selten fehlt jedoch ein tiefergehendes Verständnis für medizinische und seelische Vorgänge im Kranken.
Egal ob Gesundheitswesen oder christliche Gemeinde: In der Begleitung Kranker – oder im eigenen Durchleben von Krankheit – ist es wichtig zu verstehen, was bei Krankheit in uns seelisch vorgeht. Zu einem Weg der Heilung im ganzheitlichen Sinn gehört es, unsere seelischen Reaktionen in der Krankheitsverarbeitung wahrzunehmen und mit ihnen in guter Weise umgehen zu lernen. Im Folgenden werden fünf Phasen der Krankheitsverarbeitung vorgestellt, wie sie zuerst zusammenfas-
Weise reagieren. Dies gilt genauso für Menschen mit christlichem Glauben. Die Bibel jedoch beschreibt weiterreichende Möglichkeiten der Krankheitsverarbeitung in der gelebten Beziehung zu Gott, die neue Dimensionen der Heilung eröffnen.
Krankheit verletzt uns seelisch In unser Leben einbrechende Krankheit verunsichert uns nicht nur, sie verletzt uns auch zutiefst seelisch. Wir tragen unbewusst oder halbbewusst in uns die Vorstellung, ein Recht auf Glück, Gesundheit und Erfolg im Leben zu haben. Die Gesellschaft prägt uns von Kindheit an, z.B. durch Leitbilder nach dem Motto „jung – dynamisch – erfolg-
Von einer schweren Krankheit plötzlich selbst betroffen zu sein, löst in uns verschiedene Ängste und Reaktionen aus.
send von der Schweizer Ärztin Dr. Elisabeth Kübler-Roß beschrieben und in der Folge von anderen Autoren modifiziert wurden. Die Beschreibung erhebt weder Anspruch auf Vollständigkeit noch muss jeder Kranke diese Phasen in der geschilderten Weise durchlaufen. Oft wiederholen sich bereits durchschrittene Phasen wieder oder werden parallel durchlebt. Trotzdem ist es hilfreich, sich diese Vorgänge strukturiert zu vergegenwärtigen, weil viele Menschen in Krankheit auf diese oder ähnliche Art und
reich“ oder Leitworte, wie „Hauptsache gesund!“. Aber auch ein von der Bibel abgeleitetes, nicht hinreichend umfassendes Glaubensverständnis bringt eine Vorstellung mit sich, als Kind Gottes dürfe und könne uns nichts Böses und in diesem Sinne auch keine Krankheit zustoßen. Durch schwere Krankheit geschieht oft tief in uns eine Verletzung unserer vermeintlichen Lebensrechte. Lebenspläne sind in Frage gestellt. Ein tief sitzendes
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KRANKHEIT Gefühl von erlittenem Unrecht taucht auf, die Krankheit würde uns einen Teil unseres Wertes als zu achtende, leistungsfähige Person rauben.
Krisenhaftes Auf und Ab von Hoffnungen und Enttäuschungen
Vertiefung von Glaube und Gotteserfahrung
Verleugnung
Verleugnung vor Gott
Aggression
Hadern mit Gott
Verhandeln
Verhandeln mit Gott
Depression
Umkehr zu Gott
Annahme
Hören auf Gott und Nachfolge
Unsere Reaktionen auf Verletzung Was sind normalerweise menschliche Reaktionen auf erlittene Verletzung? • • • •
Verdrängung – Verleugnung Zorn – Aggression Verhandeln mit dem Schicksal Depression – Aufgeben
Diese Reaktionen sind weder gut noch schlecht, weder falsch noch richtig. Sie treten einfach auf, weil wir Menschen sind mit menschlichen Reaktionsmustern. Die Frage ist nicht, ob so eine Reaktion sein darf oder nicht – sie darf sein. Die Frage ist vielmehr: Was machen wir mit unseren seelischen Reaktionen? Wie ehrlich erkennen wir sie? Wie sehr geben wir Gottes Geist Raum, unsere seelischen Reaktionen für Heilungsprozesse nutzbar zu machen? Die nebenstehende Abbildung gibt stichwortartig psychische und spirituelle Reaktionsmöglichkeiten auf Bedrohung durch Krankheit wieder: Die beschriebenen menschlichen Reaktionen im psychischen Bereich sind verbunden mit einem krisenhaften Auf und Ab von Hoffnungen und Enttäuschungen. Im spirituellen Bereich kann es zu einer krisenhaften Vertiefung von Glaube und Gotteserfahrung kommen, wenn die seelischen Reaktionen in der Beziehung zu Gott mit biblischer Hilfe durchlebt werden.
Verdrängung – Verleugnung Die häufigste Spontanreaktion auf tiefergehende Verletzung ist das Verdrängen: „Das muss ein Irrtum sein!“ – „Ich kann niemals so schwer erkrankt sein, ich war doch bisher immer gesund.“ – „Es wird schon wieder alles gut werden!“ Die seelische
Besserung? Verschlechterung? Chronifizierung? Linderung? Ausheilung? Behinderung? Wiederherstellung?
Lebenssattheit
Erwartung
Sterben
Sterben und Auferstehung
Krankheitsverarbeitung – seelische Prozesse und biblische Hilfen (Quelle: © Christen im Gesundheitswesen)
Reaktion des Verdrängens entspricht einer Schutzfunktion unserer Seele. Wir brauchen sie im gewissen Maße, um nicht alles denkbar Negative auf uns zu beziehen. In der Krankheitsverarbeitung tritt diese Reaktion häufig auf, sie muss allerdings in einem behutsamen Prozess der Aufklärung überwunden werden, damit Krankheitsverarbeitung positiv geschehen kann. Auch als Christen zeigen wir oft die selbe Spontanreaktion. Wir haben aber die Chance, diese in unserer Beziehung zu Gott zu durchleben. Gar nicht selten geschieht dies mit einem „frommen Anstrich“: „Mir als Kind Gottes kann so eine schwere Erkran-
kung nicht zustoßen!“ Möglicherweise wird ein Christ in Konfrontation mit schwerer Erkrankung biblische Zusagen des Schutzes und der Heilung Gottes proklamieren: „Fallen auch tausend zu deiner Seite…, so wird es doch dich nicht treffen… dir begegnet kein Unheil,… denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen“ (Psalm 91,7,10f), „in seinen Wunden sind wir geheilt“ (Jesaja 53,5), „wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden“(Markus 16,17f). So wichtig es auch ist, unser Leben an den Verheißungen der Bibel auszurich-
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ten, kann doch die vorschnelle und einseitige Auslegung der Heilungszusagen Gottes zu einer Verleugnung der Krankheitsbedrohung vor Gott führen. Die Beziehung zu Gott ist in dieser Phase gekennzeichnet von keinem echten Dialog, sondern von einer Kommunikation im Sinne einer „Einbahnstraße“: Gott werden biblische Heilungszusagen vorgehalten, ohne ausreichende Offenheit, auf Gottes souveräne Antwort zu hören. Verleugnung ist ein anstrengender Zustand. Obwohl sie mehr unbewusst als bewusst geschieht, kostet es viel innere Kraft, die objektive Wahrheit zu verdrängen. Dieser unbewusste Spannungszustand sucht nach Wegen der Lösung. Dies kann entweder im Auftreten neuer psychosomatischer Beschwerden bestehen oder auch in der Aufdeckung der Realität im Sinne eines schlagartigen Erkennens. Oftmals findet jedoch ein Prozess des Ringens um Erkennen der Wahrheit statt, der Zeit benötigt. Außenstehende Begleiter sollten diese dem Erkrankten zubilligen. In der Gestalt des Hiob schildert die Bibel einen Menschen, der von schwerer Krankheit bedroht ist. Eine Reaktion der Verdrängung scheint nicht direkt berichtet zu werden, bei genauerem Hinsehen fällt jedoch eine fast vorschnelle Bemerkung des Hiob auf: „Der HERR hat´s gegeben, der HERR hat´s genommen. Der Name des HERRN sei gelobt. Nehmen wir das Gute an von Gott, sollen wir dann nicht auch das Böse annehmen?“ (Hiob 1,21; 2,10). Da nach dieser Äußerung des Hiob sich 37 Kapitel des Haderns und Ringens mit Gott anschließen, in denen diese gelassene Glaubenshaltung kaum wiederzufinden ist, könnte doch eine Verleugnung vor Gott mit beteiligt gewesen sein. Zumindest hat Hiob offensichtlich zunächst die ganze Tragweite seiner Situation nicht vollständig an sich heranlassen können, was dann in der Folge prozesshaft in der Krankheitsverarbeitung vor Gott geschieht.
Aggression – Zorn „Warum ich?“ – „Womit habe ich das verdient? Ich habe doch niemandem etwas zu Leide getan! Das ist ungerecht!“ Aufbrechende Emotionen der Aggression in der Krankheitsverarbeitung stellen ebenfalls eine wichtige Phase dar. Die Aggression ist dabei eigentlich gegen die Verletzung durch die Krankheit gerichtet, trifft allerdings häufig die Umgebung des Kranken. Somit wird diese Phase der Krankheitsbewältigung für alle Beteiligten zu einer anstrengenden, oft konfliktreichen Phase. In der Bibel findet sich ebenfalls Aggression in der Beziehung zu Gott: das Hadern mit Gott. David beschreibt in den Klagepsalmen in intensiver Form Gebete des Haderns. Und auch Hiob durchlebt diese Phase der Krankheitsverarbeitung sehr intensiv. 35 von 42 Kapiteln des Buches Hiob widmen sich der Frage „Warum ich?“ im Gespräch mit den
Dialog zwischen Mensch und Gott, auch hier findet Kommunikation im Sinne einer „Einbahnstraße“ statt. Der von Krankheit Betroffene ist noch nicht fähig, in das Hören auf Gottes Reden hineinzufinden. „Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen“, mahnt das Neue Testament (Epheser 4,26). Hadern mit Gott kann zur Verhärtung des Menschen gegenüber Gott und Mitmenschen führen, auch gegenüber sich selber, wenn der Erkrankte in der aggressiven Reaktion stehen bleibt. Als normaler Teil der Krankheitsverarbeitung kann Hadern aber auch zu einer Vertiefung von Glauben und Gotteserfahrung führen: „Gott ist so unumstößlich in Seiner Liebe zu mir, dass auch mein Hadern mit Ihm Ihn daran nicht hindert, mich weiter zu lieben.“ In diesem Sinne bleiben weder der Psalmist noch Hiob im Hadern stehen, sondern sie entwickeln sich auch in ihrer Gottesbeziehung weiter.
„Ich gebe mich und meine Krankheit in Gottes Hand.“ drei Freunden und Gott. Für Christen in Krankheitserfahrung ist es wichtig, sich diese Emotionen zuzugestehen als normaler Prozess in der Krankheitsverarbeitung, wovon auch die Beziehung zu Gott mit betroffen ist. Auch von Jesus Christus sind Situationen überliefert, wo er zornig reagierte. Zorn ist aus biblischer Sicht natürlich und „erlaubt“. Es gibt jedoch deutliche Hinweise zum Umgang mit Zorn, z.B. „lasst euch durch den Zorn nicht zur Sünde hinreißen“ (Psalm 4,5; Epheser 4,26). Dies meint, „achte darauf, dass du dich im Zorn nicht von Gott trennst, das dein Zorn sich nicht anhaltend zwischen Gott und dich stellt.“ Auch in der Phase des Haderns mit Gott besteht meistens kein echter
Verhandeln Im krisenhaften Auf und Ab von Hoffnungen und Enttäuschungen erlebt der Kranke häufig Zeiten des Verhandelns mit dem Schicksal: „Wenn ich wieder gesund werde, dann werde ich das und das Gutes tun“ oder „dann will ich mit der schädlichen Lebensweise aufhören“. Auch in der Bibel wird der von Krankheit oder Krise getroffene Mensch mit Zeiten des Verhandelns geschildert. Im Wissen um die Person Gottes verhandelt er jedoch nicht mit dem Schicksal, sondern mit Gott selber. Hier liegt der Beginn eines echten Dialoges. Die Einbahnstraße der Kommunikation mit Gott wird verlassen. Gott mischt sich ein, fängt an zu reden, wenn wir dies zulassen und bereit sind, zu hören. Am biblischen Beispiel
HINTERGRUND
Hiobs finden wir im Kapitel 38 den Umschwung von der „Einbahnstraßenkommunikation“ zum Dialog deutlich markiert: „Da sprach Gott…“ Wenn wir uns in dieser Phase der Krankheitsverarbeitung erleben, sollten wir uns nicht schuldig fühlen. Wir dürfen mit Gott verhandeln, wie es z.B. auch von Abraham vor der Vernichtung von Sodom und Gomorrha berichtet ist. Entscheidend ist, dass wir zum Hören auf Gott finden, dass aus unseren zunächst zornig gefärbten Vorhaltungen Gott gegenüber die Bereitschaft zum Hören auf sein Reden wächst und damit neue Gottesbegegnung und -erfahrung möglich wird.
Depression und Annahme In den folgenden Phasen werden die Unterschiede zwischen den Möglichkeiten in der Krankheitsverarbeitung von Nichtchristen und Christen deutlich. In der Phase der Depression herrschen bei ernsthaft Erkrankten häufig Gedanken vor wie: „Es hat alles keinen Sinn mehr.“ – „Ich kann sowieso nichts ändern.“ – „Ich gebe auf.“ Diese als reaktive Depression bezeichnete seelische Verhaltensweise ist oft in der Leidverarbeitung zu beobachten. Sie muss nicht in eine das ganze Leben betreffende Depression führen, wie es häufiger bei Schwerstkranken und Sterbenden zu finden ist. Sie kann sich auch überwiegend auf die mit der Erkrankung enger verbundenen Lebensbereiche beziehen, z.B. mit den resignativen Gedanken: „Mit dieser Erkrankung werde ich immer leben müssen.“ – „Die Krankheit wird mein Leben immer beeinträchtigen.“ Diese Resignation kann sehr lange anhalten und die fünfte Phase der Krankheitsverarbeitung, die Annahme der Krankheit, dominieren. Obwohl das wünschenswerte Ziel der Krankheitsverarbeitung die konstruktive Annahme der Krankheitssituation ist, kommt es bei vielen Menschen zu einer Verhärtung und Verbitterung in
der Resignation, gemischt mit immer wieder aufbrechenden vorausgegangenen Phasen der Krankheitsverarbeitung. Zuletzt kann eine doch das ganze Leben ergreifende Grundhaltung vorherrschen, die den Kranken in der Resignation fesselt. Es ist die Phase der Depression und der resignativen Annahme, die am wenigsten seelische Kraft kostet. Hier liegen Erwartungen und Hoffnungen auf Veränderung nahe dem Nullpunkt. Weitere Enttäuschungen sind kaum möglich. „Selig, die nichts erwarten, denn sie können nicht enttäuscht werden“. Es kann dazu kommen, dass chronisch Kranke sich in ihrer Krankheitsrolle fest einrichten und sogar Hilfsangeboten nicht nur Resignation, sondern Widerstand entgegen bringen. Dies wird zu einem hartnäckigen Heilungshindernis.
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ten. Hiob erlebt Gottes Reden mit dem Auftrag, für seine drei Freunde Fürbitte zu tun. In der Nachfolge des Gehörten geschieht Veränderung: „Da wandte Gott das Geschick Hiobs“ (Hiob 42,10).
Hören auf Gott Der Schweizer Arzt, Tiefenpsychologe und Christ Dr. Paul Tournier, schreibt in seinem Buch „Bibel und Medizin“, dass bei Krankheit zwei Diagnosen gestellt werden müssen: eine „kausale“ und eine „finale“. Die kausale Diagnose versuchen wir medizinischnaturwissenschaftlich zu beantworten. Die finale Diagnose kann Antwort auf die Frage geben: Was kann ich in dieser Krankheitssituation lernen? Was will Gott mir sagen? Im Folgenden sind einige Aspekte der Deutung einer Krankheitserfahrung stichwortartig skizziert (siehe Kasten S. 24).
Hingabe und Nachfolge In der Phase der reaktiven Depression führt die christliche Perspektive weiter. Durch die Blickrichtung zu Gott kann der Kranke im begonnenen Dialog mit ihm zu einer anderen Schlussfolgerung kommen – nicht: „Ich gebe auf“, sondern „Ich gebe mich und meine Krankheit in Gottes Hand. Ich gebe meinen Widerstand gegen das auf, was Gott zugelassen hat. Ich überlasse mich ohne Vorbehalt ihm und erwarte, dass er mir den weiteren Weg deutlich machen wird.“ Bei Hiob finden wir: „Ich will dich fragen, du belehre mich. Vom Hörensagen nur hatte ich von dir vernommen, jetzt aber hat mein Auge dich gesehen“ (Hiob 42,4f). In der Krankheitsverarbeitung braucht der an Gott glaubende Mensch nicht in reaktiver Depression zu verharren, wenngleich auch dieses seelische Erleben durchaus auftreten kann. Es besteht aber die Chance, in der Hinwendung zu Gott aus der Depression herauszufinden und anstelle einer resignativen Annahme des Krankheitsgeschehens über das Hören auf Gott in die aktive Gottesnachfolge einzutre-
Nicht zu jeder Zeit ist uns eine weiterhelfende Deutung der Krankheitserfahrung zugänglich. Gott ist nicht zwingbar und wir sind auch nicht jederzeit für Sein Reden aufnahmebereit. Immer jedoch sind wir eingeladen, die Gegenwart Gottes wahrzunehmen, in der Glauben an Seine umfassende Fürsorge wachsen kann: „Ich verstehe zwar nicht, warum ich so schwer erkrankt bin und wie mein Weg weitergeht. Aber Gott hat den Überblick. Er macht keine Fehler. Er wird auf seine Art und Weise mein Leben zum Guten weiterführen.“ Manches Mal kann es eine Hilfe sein, mit anderen Christen zusammen die Krankheitssituation vor Gott zu bringen, um das Reden Gottes über Gebetseindrücke, seelsorgerlichen Rat und Fürbitte von Mitchristen besser wahrzunehmen. Vielfach haben hier kranke Christen positive Erfahrungen gemacht. Vor einem „Überstülpen“ von „seelsorgerlichen Erkenntnissen“ oder „Gebetseindrücken“ ist jedoch zu warnen: Reden Gottes in der Krankheit kann in der Tiefe nur der Kranke selber
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HINTERGRUND
erfassen. Seelsorger, Pflegende, Therapeuten, Ärzte usw. sind lediglich Helfer in diesem Geschehen.
SIGNALFUNKTION UND DEUTUNG VON KRANKHEIT
Reifeprozesse Wir durchlaufen also in der seelischen Verarbeitung einer Krankheitserfahrung Reifeprozesse. Diese brauchen Zeit, die wir uns und einander zugestehen sollten. Es geht nicht darum, wie schnell wir einzelne Phasen der Krankheitsverarbeitung durchleben, sondern vielmehr darum, wie ehrlich wir darin vor Gott, uns selber und möglichst auch unseren Mitmenschen sind. In Psalm 139,23f betet David: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz, prüfe mich, und erkenne mein Denken! Sieh her, ob ich auf dem Weg bin, der dich kränkt, und leite mich auf dem altbewährten Weg!“ Wir können Gott darum bitten, unserer Seele zu helfen, gesunde Schritte der Krankheitsverarbeitung weiterzugehen. Dann ist die Chance des Wachstums- und Reifeprozesses groß, der uns – wie Hiob – dahin führt, die Krankheitssituation ohne Bitterkeit und Resignation als Tatsache anzunehmen und gleichzeitig im Hören auf Gottes Reden für Veränderung und Heilung offen zu sein, diese zu erbitten und daran mitzuwirken.
Aus biblischer Sicht ist eine Krankheits-Situation interpretationsbedürftig: Sie beinhaltet häufig ein Signal, eine Botschaft, die für das gesamte Leben des Menschen von Bedeutung sein kann.
Sieben mögliche Aspekte: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
„Stop-Schild“ – Signal zum Innehalten Erinnerung an die Begrenztheit meines Lebens Anruf Gottes in meinem Leben mit dem Ziel der Hinwendung zu Ihm Erkennen einer individuellen Botschaft Gottes an mich Einladung zu einem umfassenden Versöhnungs- und Heilungsprozess der Lebensgeschichte Aufforderung zu Korrekturen meiner inneren Haltung oder meines Lebensstiles Wahrnehmen neuer Gaben und Aufgaben, z.B. wachsende Sensibilität und Liebe für die Schwachen und Kranken um mich herum
Einen Sinn der Krankheit kann in der Tiefe nur der Kranke selber erfassen. Aus biblischer Sicht sollte er die Frage danach an Gott stellen, eine Antwort von Ihm erwarten. Pflegende, Therapeuten, Seelsorger, Ärzte usw. sind nur Helfer in diesem Geschehen.¹
Der Krankheitsausgang
wir auch als Christen nach wie vor Krankheit, die zum Versterben führt. Obwohl Heilung aus der Hand Gottes immer wieder zeichenhaft in das Leben von Menschen hineinkommt, wird jeder Mensch eines Tages versterben („Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen“ Psalm 90,12).
Die geschilderten Prozesse der Krankheitsverarbeitung sind unabhängig vom Ausgang der Krankheit. Gerade die Ungewissheit über die Weiterentwicklung und den „Endzustand“ der Krankheit bedingt unsere Art der Krankheitsverarbeitung. Führt die Krankheit zu Besserung, Verschlechterung, Chronifizierung, Linderung, Ausheilung, Behinderung, Wiederherstellung, Versterben? Obwohl die Bibel keinen Zweifel daran lässt, dass Gott immer in Richtung Heilung wirkt, müssen wir akzeptieren, dass Gottes Verständnis von Heilung umfassender und manches Mal auch anders zu sein scheint als unser eigenes. In der von Gott abgefallenen Schöpfung erleben
Auch in der Perspektive des sterbenden Menschen werden die weiterführenden Möglichkeiten von Menschen, die in einer geheilten Gottesbeziehung leben, deutlich. In der Trennung von Gott kann bestenfalls ein Empfinden von Lebenssattheit vor dem herannahenden Tod auftreten. Die humanistische Sterbebegleitung sieht hier eines ihrer Ziele, die „friedliche“ Annahme des nahenden Todes. In der geheilten Beziehung zu Gott erlebt der sterbende Mensch mehr: Die Perspektive reicht über das Versterben hinaus in die Erwartung des Kommenden hinein. Wie Paulus im Neuen Testament beschreibt, kann die Sehnsucht nach
Gott auch angesichts des Todes wachsen und das Sterben als Hingabe an Gott gelebt werden. Die Bibel bezeugt, dass das menschliche Sein hierin nicht endet. Nach dem Sterben folgt die Auferstehung! Mit Jesus Christus zusammen dürfen wir in andauernder untrennbarer Gemeinschaft mit Gott die Ewigkeit verbringen.
Dr. med. Georg Schiffner, Aumühle, Chefarzt Geriatriezentrum und Palliativbereich, Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand, Hamburg, Vorsitzender CiG e.V.
siehe auch P. Tournier: Vom Sinn unserer Krankheit, Herder Verlag 1979; Bibel und Medizin, Humata Verlag Der Text ist ein Auszug aus: CiGDenkanstoß Nr. 2 „Skizzen zu Krankheit – Gesundheit – Heilung“, zu Beziehen über die Geschäftsstelle von Christen im Gesundheitswesen, Bergstraße 25, 21521 Aumühle 1
HINTERGRUND
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Spiritualität und die Verantwortung konfessioneller Unternehmen Strategische Kulturentwicklung als Gestaltungsauftrag
„Ich gehe davon aus, dass wir nicht zufällig ‚in der Onkologie‘ arbeiten, sondern dass wir hier etwas zu suchen haben, dass uns etwas hergeführt hat, angezogen hat, uns fasziniert, uns ‚Sinn‘ zu geben scheint, uns hindert hier fortzugehen, wenn wir hier arbeiten. ...Alles, was Menschen packt, was sie ruft, innerlich bewegt, über sich hinaustreibt, hat etwas Spirituelles – höhere Kräfte sind hier am Werke, Auserwähltsein, Weihe, Heiligkeit und Elitäres kommen hier zusammen. Und so hat das, was Kräfte des Lebendigen freisetzt und tiefe Erfahrung möglich macht, stets auch die Schattenseiten der Verführung bzw. Verführbarkeit. ...Es bedarf der Erkenntnis, dass es sich außer dem ‚Medizinischen‘ und dem ‚Psychologischen‘ auch um spirituelles Erleben und Erfahren handelt, beim vom Tode bedrohten Patienten ebenso wie bei uns“ (Wehkamp 1993, 72ff.). Die Zahl psychischer Belastungserkrankungen bei Mitarbeitenden im Gesundheitswesen ist in den letzten Jahren rapide angestiegen. Wenn die Seele unter dem Druck, der Vertaktung und einer erlebten inhaltlichen Entleerung des Berufsalltags zu leiden droht, ist gerade seitens konfessioneller Unternehmen Handeln gefragt. Eine besondere Hoffnung liegt derzeit in der Wiederentdeckung von Spiritualität und Religiosität als Kraftquelle im Medizin- und Pflegeberuf. Im heutigen Gesundheitsmarkt jedoch sind Spiritualität und Religiosität für Mitarbeitende eine ambivalente Ressource, sie sind Stärke und Schwäche zugleich.
Mitarbeitende in Therapie, Betreuung und Pflege begegnen beruflich immer wieder hautnah der Erfahrung von Verletzbarkeit und Vorläufigkeit. Im Umgang mit menschlichen Krisen müssen sie das Erleben integrieren, als Helfer nicht auf der sicheren Seite zu stehen, sondern „von heute auf morgen selber in eine existentielle Krise geraten“ zu können (Strittmatter 2010). Um in solidarischer Beziehung zu den Betroffenen bleiben zu können, müssen sie diese existentiellen Erfahrungen immer wieder sinnvoll in ihr Leben integrieren. Was psychoanalytisch als „Übertragung“ verstanden werden kann, hat eine existentielle und spirituelle Dimension – auch für diejenigen, die konfessionslos und religiös nicht vorgeprägt sind. Gelebte Spiritualität und Religiosität in Antwort auf die erlebten Ängste am Arbeitsplatz sind so gesehen wichtige Resilienz- und Copingfaktoren (vgl. Hagemann 2012). Wer solchen Rückhalt hat, kann sich besser auf Menschen in ihrer Not einlassen, ohne mit
Abwehr, Ausblendung und Zynismus zu reagieren (Lubatsch 2008). Schon die Wahl eines helfenden Berufs verweist in ihren persönlichsten Motivationsfaktoren oft auf eine tief ethische, zuweilen spirituelle Dimension, die dann ihre Entsprechung im Arbeitsalltag sucht. Ihre wichtigste Kraft- und Sinnquelle ist die Gratifikation, die aus der Betreuungsbeziehung selbst erwächst (Zwack / Abel / Schweitzer 2011). Viele Ärzte und Pflegende benennen auch heute als Berufsmotiv eine starke Ergriffenheit vom besonderen beruflichen Tätigkeitsfeld menschlicher Nothilfe, die früher als „Berufung“ bezeichnet wurde (vgl. Wettreck 2003). Auch wenn die Berufsentscheidung eine bewusste und willentlich freie ist, wird sie zugleich wesentlich von einer Wertebindung geleitet, die mit dem Erleben einhergehen kann, genau dies tun zu müssen (vgl. Joas 1999,16). In dieser Werte- und Selbstbindung liegt eine eigene, kraftgebende Form persönlicher und gemeinschaftlicher Spiritualität (vgl. Eingangszitat), auch
Abbildung 1: PGD-Kultur-Kompass, eigene Darstellung
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wenn sie auf den ersten Blick wenig gemein hat mit Spiritualität und Frömmigkeit im volkskirchlichen Kontext (vgl. Steffensky 2006). Nun bringt gerade die tiefe motivationale Bindung an den helfenden Beruf auch eine besondere Verletzlichkeit mit sich. Unter den heutigen Rahmenbedingungen von verkürzten Liegezeiten, Standardisierung und Kennzahlenorientierung erleben viele Pflegende und Ärzte ihr berufliches Ethos auch in konfessionellen Unternehmen unter Druck. Viele haben das Gefühl, mit den eigenen Werten immer weniger in der Arbeit vorzukommen und der schnellen Abfolge menschlicher Schicksale nicht mehr gerecht zu werden. Ihnen fehlt es an Raum für ernsthafte Zuwendung und seelisches Einstellen, um die Andersartigkeit und Bedürftigkeit des anvertrauten Menschen jeweils neu wahrnehmen zu können. Zudem wird immer wieder von der Sorge berichtet, die hohe persönliche Selbstbindung und Hingabe würde ausgenutzt
Ungeregelte Delegationsmöglichkeit an Kollegen, Seelsorger, Psycho(onko)logen
und teilweise sogar als „planbare Mehrleistung“ in der wirtschaftlichen Kalkulation „verrechnet“. Die Wiederentdeckung der Spiritualität in Medizin und Pflege als Dimension ganzheitlicher Versorgung, aber auch als Kraftquelle der Mitarbeitenden trifft heute also mitarbeiterbezogen auf eine ambivalente Situation. Wer Mitarbeitenden Spiritualität und Religiosität als neue berufliche Ressource anempfiehlt, ohne die notwendigen kulturellen Rahmenbedingungen im Arbeitsalltag zu schaffen, riskiert, dass diese Mitarbeitenden demotiviert werden und ggfs. langfristig noch ungeschützter ausbrennen. Was Not tut, sind kulturell und spirituell „mutige“ Sozial- und Gesundheitsunternehmen, die die Motivationsund Sinnebene, Werte, Spiritualität und Religion als organisations- und führungsrelevante Themen neu im Alltag verorten und bewusst gestalten. Aktuelle Forschungsergebnisse unterstreichen, dass Spiritualität und
Religiosität als Resilienz- und Copingfaktoren wirksam werden, wenn sie in Passung zur Unternehmenskultur und Unternehmensstrategie erlebt werden und im Unternehmensalltag Beachtung und Raum finden (Hagemann 2012). Angesichts ihrer christlich begründeten Unternehmensidentität haben hier konfessionelle Einrichtungen eine besondere Chance und Verantwortung zugleich (Stockmeier / Giebel / Lubatsch 2012). Eine christlich orientierte, pluralitätsfähig gestaltete Unternehmenskultur unterstützt Mitarbeitende darin, sich selbst, ihrer „Berufung“ und ihren Patienten in der alltäglichen Arbeit treu zu bleiben (Wettreck 2008). Dafür stehen strategisch-kulturelle Entwicklungsschritte in der Gestaltung der Werte- und der Spiritualitätsdimension an: auf der Unternehmensebene (Unternehmensstrategie, -marke und -kultur), im Team (Team- und Bereichsentwicklung) und auf der Personenebene (Personalentwicklung).
Unsicherheit zu Unternehmensmarke und -kultur Bedeutsamkeit von seelischem Beistand, Werten und Spiritualität im Unternehmen?
Ungeklärter „Beistand“ in individueller Betroffenheit Persönliche Bewältigungsmöglichkeiten und -strategien? Existentielle Tragfähigkeit der Teamkultur und unterstützende Führung? Vorhandensein von Unterstützungssystemen wie z. B. Supervision, spirituelle Begleitung etc.?
Entwicklungsbedarfe zu individuellen Kompetenzen Kurzzeitkommunikation: Umsetzung des Zuwendungsanspruchs angesichts knapper Zeit (verbal, nonverbal) Kommunikation mit Schwerkranken in existentiellen Krisen: Sprach- und Handlungsmöglichkeiten in existentiellen und spirituellen Fragen Souveränität der Rollengestaltung: Einbezug persönlicher Spiritualität, Balance von Zuwendung und Abgrenzung
Abbildung 2: Prozess „Seelischer Beistand“ – Überlastungscluster von Mitarbeitern in der Betreuung von Menschen in existentiellen Krisensituationen
Die wohl größte Herausforderung liegt in der integralen Förderung einer konfessionell profilierten Unternehmenskultur, welche die heute notwendige Leistungsorientierung und Professionalisierung verbindet mit einer für Mitarbeiter und Patienten glaubwürdigen sinn- und werteorientierten Ausrichtung des Unternehmens im Gesamten und Einzelnen, unterlegt mit innovativen Systemen, Prozessen und Angeboten. Nachhaltig spiritualitäts-, motivations- und gesundheitsfördernd ist die erlebbare
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Literatur strategische und kulturelle Kohärenz konfessioneller Unternehmen: Wie beispielsweise kann profilbezogen von Pflegenden erwartet werden, dass sie mit Sterbenden beten, wenn niemand mit ihnen oder für sie betet, und wenn Werten und Spiritualität seitens ihrer Führung nicht persönlich Bedeutung gegeben wird? Wie kann von Mitarbeitenden erwartet werden, dass sie hinter der konfessionellen Identität ebenso aktiv stehen wie hinter den Kennzahlen und Leistungszielen des Unternehmens, wenn nicht deren Zusammenhang geklärt und erlebte Widersprüche besprochen werden? Oder wie sollen christliche Werte im Umgang mit Patienten und Bewohnern gelebt werden, wenn nicht diese auch in der Qualitäts- und Prozessentwicklung innovativ mitgedacht werden (vgl. bspw. Tessmer / Zaba / Grohé 2011). Die Themenvielfalt konfessioneller Unternehmenskulturentwicklung ist also groß (vgl. bspw. auch DW/Caritas 2011). Um systematisch zu konkreten Ansatzpunkten zu kommen, gilt es, ausgehend von der Unternehmensidentität und der Unternehmensstrategie zunächst die kulturelle Ausgangslage eines Unternehmens zu analysieren. Für die Paul Gerhardt Diakonie e.V., Berlin und Wittenberg haben sich nach ausführlichen Gesprächen und Analysen sieben strategisch relevante Kulturdimensionen ergeben, die auf einem „KulturKompass“ abgebildet wurden, der auch als Instrument zur Team- und Bereichsentwicklung genutzt werden kann (vgl. Abb. 1). Aufsetzend auf den Kulturdimensionen wurde ein umfassendes Portfolio konkreter Prozesse und Maßnahmen zur diakonischen Profilierung der Unternehmenskultur in der heutigen Gesellschafts-, Marktund Unternehmensrealität entwickelt (Wettreck / Drews / Rothe 2012b).
Antwort auf die engen Taktungen des Arbeitsalltags und die Steigerung der Fallschwere wurde an der Unternehmensakademie (www.pgdakademie.de) das Seminar „3-Minuten-Gespräch“ entwickelt, in dem Mitarbeitende darin geschult werden, Ängste von Patienten und Bewohnern auch in kurzer Zeit aufzunehmen und ein Stück weit Beistand zu leisten, ohne sich selbst zu überfordern (s. Abb.2). Nachhaltig als „Seelischer Beistand“ wirksam wird dies jedoch erst in einem integralen Gesamtsystem, in dem existentielle und spirituelle Fragen im Team mitgetragen werden und Seelsorger und Psychologen verlässlich als Back-up-Funktionen zur Verfügung stehen, um schwierige Begleitungsprozesse weiterzuführen (vgl. Wettreck / Drews-Galle / Rothe 2012a). Vor allem aber müssen Führungskräfte lernen, die Motivation, Achtsamkeit und existentielle Tragfähigkeit ihrer Mitarbeitenden aktiv zu unterstützen, und hierfür selbst kulturelle und spirituelle Gestaltungskompetenz entwickeln.
Dr. phil. Rainer Wettreck, Ev. Theologe und Psychologe, seit 2009 Theologischer Vorstand der Paul Gerhardt Diakonie e. V., Berlin und Wittenberg, Direktor der Paul-Gerhardt-Stiftung sowie der Paul Gerhardt Diakonie-Akademie, Wittenberg.
Veronika Drews-Galle, M. A. der Soziologie, Psychologie und ev. Sozialethik, arbeitet bei der Paul Gerhardt Diakonie e. V., Berlin und Wittenberg. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Personalstrategie und Führungskräf-
Eine dieser Maßnahmen ist der Prozess „Seelischer Beistand“. In
teentwicklung, Unternehmenskultur und Unternehmensethik.
Diakonisches Werk der EKD / Deutscher Caritasverband e. V. (Hrsg.) (2011): Rahmenbedingungen einer christlichen Unternehmenskultur in Caritas und Diakonie. Hagemann, Tim (2012): Auswirkungen im Beruf. Arbeit, Gesundheit, Spiritualität & Religiosität. ChrisCare 1/2012. Joas, Hans (1999): Die Entstehung der Werte, Frankfurt a.M.. Lubatsch, Heike (2008): Spiritualität von Pflegepersonen – eine Literaturrecherche, Hannover. Steffensky, Fulbert (2006): Management und Spiritualität – oder Ökonomie mit Kopf, Herz und Seele. Vortrag DEKV Jahrestagung, DEKV Verbandsmitteilungen 02/2006. Stockmeier, Johannes / Giebel, Astrid / Lubatsch, Heike (Hrsg.) (2012): Geistesgegenwärtig Pflegen. Existenzielle Kommunikation und Spirituelle Ressourcen im Pflegeberuf. Neukirchen-Vluyn. Strittmatter, Gerhard (2003): Angstbewältigung bei Patienten und Mitarbeitern. Forum DKG 1/03, 24-29. Tessmer, Günter / Zaba, Okan / Grohé, Christian (2011): Konzept einer vorausschauenden Kommunikation in der palliativen Behandlung von Patienten mit pneumologisch-onkologischen Erkrankungen. Pneumologie 2011; Heft 65, S. 503–509. Wehkamp, Karl-Heinz (1993): Spiritualität und Sinnfindung in der onkologischen Medizin. In: Strittmatter, Gerhard (Hrsg.): Die Kunst, im psychoonkologischen Bereich zu arbeiten. Ergebnisbericht der 10. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Psychoonkologie e.V. vom 27.-30.9.1992, Münster, S. 72-77. (Auszug) Wettreck, Rainer (2003): „Am Bett ist alles anders“ – Perspektiven professioneller Pflegeethik, Münster, 2. Aufl. Wettreck, Rainer (2008): Spiritualität, Werte, Organisation – diakonische Identität und Profilierung im Gesundheitsmarkt, Wege zum Menschen WzM 5.2008. Wettreck, Rainer / Drews-Galle, Veronika / Rothe, Katja (2012a): Existentielle Kommunikation systemisch gedacht – „Seelischer Beistand“ als Profilmerkmal diakonischer Unternehmen. In: Stockmeier, Johannes / Giebel, Astrid / Lubatsch, Heike (Hrsg.): Geistesgegenwärtig Pflegen. Existenzielle Kommunikation und Spirituelle Ressourcen im Pflegeberuf, Neukirchen-Vluyn. Wettreck, Rainer / Drews-Galle, Veronika / Rothe, Katja (2012b): Strategische Kulturentwicklung. Motor für Motivation, Leistung und Mitarbeitergesundheit. KU Gesundheitsmanagement 7/2012. Zwack, Julika / Abel, Christoph / Schweitzer, Jochen (2011): Resilienz im Arztberuf – salutogenetische Praktiken und Einstellungsmuster erfahrener Ärzte. In: Zeitschrift Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie 2011; 61(12), S. 495-502.
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ERFAHRUNGEN
Der Zünder muss raus Defusing und Debriefing nach traumatischen Erfahrungen
Wer am Flughafen Zürich oder in Frankfurt ankommt, der hat oft einen Urlaub hinter sich oder war geschäftlich unterwegs. Einige Fluggäste kommen aus ganz anderen Situationen: Sie haben in Ländern Asiens oder Afrikas gelebt und interkulturell gearbeitet. Viele von ihnen haben lange Zeit Elend miterlebt oder wurden selbst Opfer von seelischer und körperlicher Gewalt. Um ihnen bei der Wiedereingliederung in Europa zu helfen, gründeten 1997 Fachleute in Deutschland MemberCare (www.membercare.de). Annemie Grosshauser ist eine von ihnen: Leben und Dienst in Krisenländern hat äußerst bereichernde, aber auch existentiell herausfordernde Aspekte. Von 1982 bis 2000 haben wir als Familie in Ländern wie Somalia, Pakistan und Afghanistan im Bereich der Nichtregierungsorganisationen (NRO) gearbeitet (in letzteren sind wir nach wie vor als Consultants tätig). Schwerpunkte waren Waisenarbeit, Drogenrehabilitation, HIV/AIDS Prävention und Förderung von Kleinstunternehmen.
„Loss and Change“ (Verlust und Veränderung) in der Literatur an Bedeutung gewonnen haben. Zu dem Fremden, das zwar mit der Zeit vertrauter wird, kommen befremdende oder auch traumatisierende Erfahrungen, wie mangelnde medizinische Versorgung, Auseinandersetzungen oder Naturkatastrophen. Manches haben wir persönlich erlebt, wie die Bedrohung mit Waffen, lebensbedrohliche Krankheiten, Erdbeben und Evakuierung. Auch im gewohnten Lebensumfeld erfahren wir viel Verlust und Veränderung, sei es beispielsweise durch Umzug, Heirat, Krankheit, Tod eines geliebten Menschen oder auch durch den Hormonwechsel in der Menopause – jedoch findet dies weitgehend im eigenen Kulturkreis statt und dies ist ein entscheidender Unterschied. Hier stehen uns andere Ressourcen zur Verfügung als im Krisenland. Neben dem therapeutischen Gespräch sind gerade auch bei traumatischen Erfahrungen Defusing und Debriefing hilfreiche Methoden, um Betroffene bei der Aufarbeitung des Erlebten zu unterstützen.
Von einem Konsumland in ein Krisengebiet zu gehen, ist eine Herausforderung.
Ich fand diese Gesprächstechnik zum Beispiel sehr hilfreich, wenn Frauen in gewissen Einsatzländern auf der Straße sexuell belästigt wurden. Diese entwürdigende Erfahrung kann schnell zu Wut und Bitterkeit führen, die sich auf das Land und den Dienst belastend auswirken. Daher ist es wichtig, diese „Bombe“ so schnell wie möglich zu entschärfen, bevor sie weiteres zerstört. Zusätzlich biete ich auch Gebet für Heilung der verletzten Seele und Freisetzung des Herzens an, denn Heilwerden und Loslassen gehören eng zusammen, um wirklich unbelastet vorwärts gehen zu können. Das Debriefing-Modell wurde von Mitchell (1983) für Noteinsatzteams entwickelt, die durch ihre herausfordernden Einsätze der Gefahr einer Traumatisierung ausgesetzt sind. Diese Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen (SBE) hat zum Ziel, die psychische Belastung zu verringern und die Verarbeitungszeit zu verkürzen. Seit vielen Jahren wird dieses Verfahren auch bei anderen Berufsgruppen eingesetzt und aufgrund des teilweise geringen Erfolges auch kritisiert. Das Problem liegt aber meines Erachtens weniger im Verfahren als in der verantwortungsvollen Durchführung und der Klientel-Auswahl. Das Debriefing wurde für Noteinsatzteams konzipiert, Berufsgruppen, die für diesen Job aus-
überwin
Verlust und Veränderung
Als Psychologin habe ich einheimische Frauen wie auch interkulturelle Einsatzkräfte unterstützt, die persönliche Krisen oder traumatische Ereignisse durchlebten. Das Leben in einem fremden Kulturkreis, die Auseinandersetzung mit anderen Glaubensinhalten, das Erlernen einer neuen Sprache, der Verlust von Freunden, beruflicher Identität und Gewohntem, das Sicherheit vermittelt hat – all dies sind Aspekte, die unter dem Begriff
Erlebtes in Gesprächen verarbeiten Defusing kommt aus der Militärsprache und bedeutet „Entschärfung“, das heißt, der Zünder wird aus der Bombe entfernt. Im übertragenen Sinne bedeutet dies, die emotionale Bombe zu entschärfen, der betroffenen Person Raum und Zeit zu geben, das Erlebte auszusprechen und zu verarbeiten. Der Zuhörer hinterfragt nicht, er bietet auch keine Lösungen an, sondern hört primär zu.
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ERFAHRUNGEN
gebildet und sich des Risikos bewusst sind. Diese Gruppe ist durchaus vergleichbar mit interkulturell arbeitenden Teams in Krisenländern, die sich dazu berufen fühlen und sich bewusst auf diesen Einsatz vorbereiten. Für diese Menschen ist es ein echter Segen, wenn sie durch geschulte und krisenerfahrene Mitarbeiter die Möglichkeit haben, ihre traumatischen Erfahrungen in einem strukturierten und vorurteilsfreien Prozess verarbeiten zu können. Diesbezügliche Untersuchungen unterstreichen die Effektivität des Verfahrens innerhalb dieser Berufsgruppen.
emotionalen Reaktionen wahrzunehmen und zuzulassen. Als nächstes wird über typische Stressreaktionen gesprochen und betont, dass traumatische Stressreaktionen eine normale Reaktion gesunder Menschen auf ein abnormales Ereignis sind!
Sieben Phasen im Basis-Modell
Diese Form der Erst-Verarbeitung von traumatischen Erlebnissen ist eine
Das Basis-Modell baut auf einem strukturierten Prozess mit sieben Phasen auf. Die traumatisierte Person oder Gruppe wird dabei behutsam von der kognitiven zur emotionalen Verarbeitungsebene geleitet und dann wieder durch hilfreiche Instruktionen auf die kognitive Ebene zurückgeführt und stabilisiert. Die ersten zwei Schritte sind äußerst wichtig und können den Stabilisierungsprozess entscheidend mit beeinflussen. Vor dem Treffen sammelt der Debriefer Informationen zu dem Geschehen, berücksichtigt mögliche Krisenfaktoren im Leben des Betroffenen vor dem Ereignis, informiert sich über die Erwartungen der Organisation und reflektiert für sich, ob er die geeignete Person für diese konkrete Aufgabe ist. – Beim Treffen zum geeigneten Zeitpunkt stellt er sich persönlich vor, erklärt ausführlich den Debriefing-Prozess und klärt Fragen und Erwartungen. Dadurch wird ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, das den Betroffenen Sicherheit gibt.
In der nächsten Phase werden u.a. persönliche Bewältigungsstrategien und gesunde Selbstfürsorge angesprochen und mögliche nächste Schritte überdacht. Am Ende werden noch offene Fragen geklärt und ein evtl. Nachsorge-Plan besprochen.
einem entlegenen Ort durch den Albtraum eines sexuellen Missbrauchs ging. Sie war zutiefst erschüttert und benommen. Der sorgsame Debriefing-Prozess hat es ihr ermöglicht, das Geschehene auf verschiedenen Ebenen zu reflektieren. So ein Prozess kann manche Fehlwahrnehmungen korrigieren und falsche Schuldgefühle entlarven. Gefühle wie „die Welt ist nicht sicher“ können neu durchdacht und relativiert werden. Eigene Entlastungsstrategien können erkannt und mit Unterstützung umgesetzt werden. Wichtig ist die weitere Begleitung von Traumatisierten über einen längeren Zeitraum; je positiver dieser
Debriefing Modell Kognitive Ebene Vorgeschichte klären
Nachsorge -Plan
Kontakt + Einführung
Was ist geschehen Fakten + Gedanken
nden In den nächsten beiden Schritten spricht die Person über die traumatische Erfahrung, zuerst über die Fakten des Geschehens und die Gedanken, die sie dabei bewegt haben. Dieser Schritt bereitet den Weg, die
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Bewältigungsstrategien
Emotionale Ebene
Aufklärung über Symptome
Emotionale Reaktionen
enorme Hilfe für Betroffene. Ich habe viele Menschen im interkulturellen Dienst durch diese Debriefing-Methode unterstützt und ihre Fortschritte erlebt. Aber auch hier möchte ich betonen, wie wichtig darüber hinaus das heilende, reinigende und befreiende Gebet ist, um jegliche zerstörende Ansatzpunkte zu entmachten.
Prozess der Auseinandersetzung mit dem Trauma stattfindet, desto größer ist die Chance für posttraumatisches Wachstum, das die Person nicht nur zu einem „Überlebenden“ macht, sondern zu einem Überwinder.
Annemie Grosshauser,
Reflektion auf mehreren Ebenen
Dipl. Psych., Mem-
Ich erinnere mich an eine junge Frau im interkulturellen Dienst, die in
ber Care Consultant, Aumühle
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CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN
Wo treffen Sie Christen, die vom Fach sind? Die Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN stellt sich vor
Wir CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN wollen
Günther Gundlach, Geschäftsführer Christen im Gesundheitswesen
• einander fördern, unseren Glauben im Berufsalltag zu leben, • zur Neubelebung an der Bibel orientierter Werte im Gesundheitswesen beitragen, • Patienten und Kollegen die heilende Liebe Jesu Christi erfahrbar machen, • in Einheit mit Kirchen und Gemeinden den biblischen Auftrag von Diakonie, Caritas und Heilungsdienst in unserem Land wahrnehmen. Die ökumenische Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN
(CiG) e.V. ist eine bundesweite konfessionsverbindende Initiative von Mitarbeitern unterschiedlicher Berufsgruppen im Gesundheitswesen: Pflegende, Ärzte, Therapeuten, Mitarbeiter aus Management und Verwaltung, Seelsorger, Sozialarbeiter und weitere Berufsgruppen des Gesundheitswesens. Basis der Zusammenarbeit sind die Bibel, das apostolische Glaubensbekenntnis sowie die Achtung des Einzelnen in seiner jeweiligen Konfessionszugehörigkeit.
verbindet seit über 25 Jahren Christen im Umfeld des Gesundheitswesens – inzwischen rund 10.000 in regionaler sowie in bundesweiter Vernetzung. Das Rückgrat unserer Arbeit sind die CiG-Regionalgruppen, die von Mitarbeitern vor Ort geleitet und verantwortet werden und die sich in unterschiedlichen, z.B. monatlichen Abständen treffen. Beruflicher Austausch, biblischer Impuls und Gebet sind wiederkehrende Bestandteile der Treffen. Einige Gruppen bieten Regionalveranstaltungen an, zu denen öffentlich eingeladen wird. Kontakt zu den Regionalgruppen vermittelt die Geschäftsstelle.
Die bundesweit ausgerichtete Arbeit von Christen im Gesundheitswesen wird von Mitarbeitern aus unterschiedlichen Gesundheitsberufen verantwortet und geleitet. In der Geschäftsstelle in Aumühle bei Hamburg wird die Arbeit koordiniert. Hauptamtliche, geringfügig Beschäftigte und rund 130 Ehrenamtliche sorgen für die Umsetzung von Projekten und unterstützen die Arbeit des Bundesweiten Leitungskreises. Die Arbeit von CiG finanziert sich wesentlich aus Spenden. Ein Kreis von z.Zt. 500 Förderern bildet hierfür die Grundlage, indem sie den gemeinnützigen Verein jeweils mit einem Mindestbeitrag von 60 € im Jahr finanziell unterstützen.
Förderer können an den Fortbildungsseminaren der CiGAkademie für den ermäßigten Beitrag teilnehmen und erhalten das ChrisCare-Abo kostenfrei. Wir laden Sie herzlich ein, dem Förderkreis beizutreten! CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN e.V.
Bergstraße 25, D-21521 Aumühle Tel.: (+49) (0) 4104 917 09 30 Fax: (+49) (0) 4104 917 09 39 Email: info@cig-online.de, Internet: www.cig-online.de
CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN
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Patientengottesdienste Die Medizin braucht den Impuls der Kirche und des Glaubens
Dr. Volker Brandes im Gespräch mit einem Gottesdienstbesucher
Seit 2005 führten wir, einige befreundete Ärztinnen und Ärzte von CiG, Patientenseminare mit dem Thema „Christliche Heilkunde“ in den Praxisräumen der urologischen Gemeinschaftspraxis Dres. Brandes / Preusse in Hamburg durch. Die zunehmende Anzahl der teilnehmenden Patienten inspirierte uns, Patientengottesdienste in praxisnahen Kirchengemeinden zu initiieren. Hierdurch konnte der geistliche Aufbruch unter den Patienten in die ortsnahen Kirchengemeinden (evangelische, katholische und freikirchliche Gemeinden) geleitet werden und die entsprechenden Gemeinden in die entstandene Dynamik mit einbezogen werden. Eine zunehmende Anzahl von Ärzten aus Praxen und Kliniken luden ihre Patienten zu den Patientengottesdiensten ein. Aktuell werden die Patientengottesdienste von 19 Ärzten/innen und ihren Patienten in Zusammenarbeit mit Pastoren und Mitarbeitern der jeweils gastgebenden Gemeinde gestaltet. Der Initiatorenkreis der
Eine volle Kirche bei einem der Patiengottesdienste
Patientengottesdienste besteht aus Ärzten unterschiedlicher konfessioneller Zugehörigkeit, die in gegenseitiger Wertschätzung konfessionsverbindend zusammenarbeiten. Die ärztliche Zusammenarbeit erfährt eine besondere Vertiefung durch die gemeinsame geistliche Arbeit. Kranke Menschen sollen ermutigt werden, neben den Möglichkeiten der modernen Medizin auch die Impulse und Hilfen des christlichen Glaubens in Anspruch zu nehmen.
mat. Vor allem chronisch Kranke, insbesondere krebskranke Menschen sollten einen Raum geistlicher Ermutigung finden. Dies geschieht insbesondere durch die ermutigenden Erfahrungsberichte schwer kranker Patienten während der Gottesdienste. Die persönlichen Beiträge der mit gestaltenden Ärzte über die Bedeutung des Glaubens in ihrem Berufsalltag geben einen Einblick in die Verletzlichkeit und Bedürftigkeit der eigenen Person.
Die bisherigen 17 Patientengottesdienste haben Patienten miteinander und mit den Kirchengemeinden des Südostens Hamburgs in Verbindung gebracht. Einige Patienten suchten erstmalig in einer der beteiligten Kirchengemeinden eine geistliche Hei-
Die musikalische Gestaltung erfolgt durch ein immer größer werdendes Team von Patienten und Ärzten. Die Predigt wird vom jeweiligen Pastor der gastgebenden Gemeinde gehalten. Besonderen Zuspruch findet das Angebot der Segnung und der KrankensalAnzeige
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CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN
Termine 5.9. Uelzen, „Hilfe wir werden älter!Gesundheit im Älterwerden“ 22.9. Chemnitz, CiG-Akademie, „Christliche Heilkunde – eine ‚Not-wendende‘ Erweiterung für Medizin und Krankenbegleitung?“
Kreuzkirche Hamburg Billstedt
bung am Ende der Gottesdienste. Von den 130-200 Besuchern der Patientengottesdienste lassen sich ein Drittel bis die Hälfte segnen, hierunter auch viele kirchenferne Patienten. Als Initiatoren waren wir sehr erfreut über das herzliche Willkommen seitens der Kirchen. Der basisökumenische Impuls dieser Gottesdienste bringt evangelische, katholische und evangelisch-freikirchliche Christen miteinander in Verbindung. Das Initiatoren-Team steht im regelmäßigen Austausch darüber, die Gestaltung der Gottesdienste und das Gesamtprojekt weiterzuentwickeln. Eines unserer Ziele ist es, den ärztlichen Initiatorenkreis in Zukunft noch zu erweitern und auch andere Kirchengemeinden der Region als gastgebende Gemeinden zu gewinnen. So fand im vergangenen Jahr in der Hauptkirche St. Michaelis, dem „Wahrzeichen Hamburgs“, ein erster Patientengottesdienst mit rund 400 Besuchern statt, der so positiv aufgenommen wurde, dass der Kirchenvorstand eine jährliche Fortsetzung angefragt hat. Des Weiteren ist es uns ein Anliegen, mit dem Modell „Patientengottesdienste“ Ärzte und Pastoren auch anderer Regionen zu ermutigen, Ähnliches ins Leben zu rufen. Kirchennahe und kirchenferne Patienten werden durch diese Gottesdienste gleichermaßen angesprochen. Bei einigen Patienten ist der Glaube der
Pastor Dr. Reinhard Steffen
Kindheit verschüttet worden und bricht in der Krise ihres Lebens wieder hervor, bei anderen werden Glaubensfragen erstmalig jetzt im Alter relevant, wieder anderen tut das Segnungsgebet und die herzliche Atmosphäre der Patientengottesdienste gut. Viele Menschen kommen in diese Gottesdienste trotz eines „Bruches“ mit Kirche, der irgendwann in ihrem Leben stattgefunden hat. Ohne eine Zusammenarbeit zwischen Medizin und Kirche läge dieser kostbare Bereich brach!
29.9. Frankfurt / Main, CiG-Akademie, „Christliche Heilkunde – Glaube im Alltag leben“ 29.9. Dresden, „Hormone natürlich ins Gleichgewicht bringen“ 19.– 21.10. Kloster Nütschau / SH, CiG-Akademie „Gesunder Umgang mit Krankheit – Schritte der Heilung gehen“ 20.10. Stuttgart, CiG-Akademie, Fachgruppe Therapeuten (Physio-, Ergotherapeuten und Logopäden) 26.– 28.10. Rotenburg / Fulda, CiG-Akademie, Fachgruppe Hebammen 28.10. Geesthacht, Patientengottesdienst, Ev.-Luth. Christus Kirche, Düneberg 18.11. Hamburg, Patientengottesdienst, Hauptkirche St. Michaelis 28.11. Hamburg, Fortbildungsabend „Als Christen psychisch kranke Menschen begleiten in Gesundheitswesen und Gemeinde“
Dr. med. Volker Brandes, Facharzt für Urologie, Hamburg
Besuchen Sie uns auf unserer Homepage www.cig-online.de, hier finden Sie weitere Termine und Infos!
In einer Broschüre sind einige Beiträge der Patienten, welche die bisherigen Patientengottesdienste mit gestaltet haben, vorgestellt (zu beziehen über info@cig-online.de). Im Rahmen des 34. Deutschen Evangelischen Kirchentags 2013 in Hamburg soll ebenfalls in Zusammenarbeit mit CiG ein Patientengottesdienst angeboten werden. In der rechten Spalte „Termine“ sind die nächsten Patientengottesdienste aufgeführt. Nähere Angaben dazu finden Sie auf unserer Homepage: www.cig-online.de
Die Veranstaltungen der Akademie werden dezentral meist in Zusammenarbeit mit den CiGRegionalgruppen angeboten. Wenn Sie in Ihrer Region ein Seminar initiieren wollen, nehmen Sie gern mit uns Kontakt auf. Weitere Infos: www.cig-online.de.
PORTRÄT
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Ich bete gerne für Kranke Eine Frau im Hospizdienst
Wenn das Telefon klingelt und der Hospizdienst dran ist, lässt Angelika Greulich (53) in der Regel alles andere stehen und liegen, wenn sie nicht gerade unterrichtet. Denn Menschen in Not auf ihrem letzten Lebensweg beizustehen, das hat bei der Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache Priorität. Schwerkranke brauchen Beistand und Nächstenliebe.
Meist wird sie in die Lungenfachklinik Löwenstein bei Weinsberg in Württemberg gerufen. Wer dort liegt, dem geht es schlecht. Viele haben Lungenkrebs. Angelika Greulich drängt niemandem den christlichen Glauben auf. Doch wenn nach einigen Besuchen Vertrauen entstanden ist, dann bietet sie an, für den Patienten zu beten oder ihn zu segnen. Ihre Erfahrung: Dafür sind viele offen. Sie fragt dann, wofür sie beten soll.
Wünsche können sich ändern Mitunter ändern sich sogar die Wünsche. Etwa bei ihrer ersten Patientin überhaupt. Das war vor 13 Jahren. Bei einer Frau in ihrem Alter funktionierte die Lunge nicht mehr. Die Patientin wartete auf eine Operation mit ungewissem Ausgang. Ihr Wunsch: Sie wollte nur noch in Frieden und ohne Schmerzen sterben. Angelika Greulich hat dafür gebetet. Nach einigen Tagen ging es der Frau besser. Da wollte sie dann plötzlich lieber gesund werden. Also beteten beide darum. „Am Ende konnte die Frau nach einigen Wochen entlassen werden“, freut sich Angelika Greulich. Etliche Monate später erhielt sie einen Brief, in dem sich die inzwischen Geheilte für die Gespräche und Gebete bedankt. Diesen Brief hat Angelika Greulich immer noch in ihrer Bibel liegen.
Entlastung
Wenn Todesfurcht verschwindet In einem anderen Fall wollte eine Kranke, die nicht mehr reden konnte und mit Hilfe einer Maschine beatmet werden musste, im Beisein ihrer zwei Söhne sterben. Das Problem: Einer der beiden kam nur einmal im Jahr vorbei. Angelika Greulich setzte alle Hebel in Bewegung. Tatsächlich sei der Wunsch der Frau, die sie fast drei Jahre lang begleitet hat, schließlich in Erfüllung gegangen.
ihr darum, Patienten und den oft überlasteten Angehörigen so etwas Erleichterung zu verschaffen. Sie macht das sehr gern: „Es ist ein absolutes Vorrecht, Menschen in solchen Krisensituationen beistehen zu dürfen. Jesus sagt in Matthäus 25,36: ‚Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht.’ Daran können wir erkennen: Gott selbst identifiziert sich mit den Kranken!“
Der Tod meiner Mutter Trotz dieser positiven Erfahrungen weiß Angelika Greulich natürlich, dass Gott nicht alle Kranken heilt. Ihr Hauptanliegen ist deshalb: „Ich möchte gerne, dass Menschen Frieden mit Gott erfahren, sich aussöhnen mit ihm und ihren weiteren Lebensweg – ob in Krankheit oder in Gesundheit – annehmen können.“ Dazu betet sie mit manchen Patienten den 23. Psalm, ein Vaterunser oder spricht den Aaronitischen Segen (4. Mose 6,24–26). Das hat Folgen: Sie hat erlebt, dass Panik und Todesfurcht verschwinden und Kranke in Frieden sterben können. Auch wer kein Gebet wünscht, den besucht sie weiter. Es geht
Der Anlass, sich um Sterbende zu kümmern, war der Krebstod ihrer Mutter, die vor 21 Jahren im Alter von 59 gestorben ist. Angelika Greulich räumt ein: „Ich habe den Tod meiner Mutter damals nicht gut verkraftet.“ Sie hat zunächst Trauerseminare besucht und zwei Jahre später eine Ausbildung zur Hospizbegleiterin gemacht. Das hat ihr geholfen, den Tod der Mutter zu verarbeiten. Heute leitet sie in ihrer Baptistengemeinde in Schwäbisch Hall mit ihrem Ehemann das Segnungsteam. Klaus Rösler, Aßlar, Redakteur
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NACHRICHTEN
Begleiten
Spiritualität studieren
Donau-Universität Krems
Krems: Ein neuer Studiengang „Spirituelle Begleitung in der globalisierten Gesellschaft“ wird von der Donau-Universität Krems in Österreich angeboten. Der bewusst überkonfessionell gestaltete Studiengang führt zum Master of Arts. Er ist für alle Berufsgruppen geeignet, die sich im medizinischen und seelsorgerlichen Bereich mit Patienten befassen, deren Spiritualiät ernst genommen werden sollte. Es geht, so die Universität, um die „Vermittlung von professionellen Fähigkeiten, Kenntnissen und Kompetenzen in der spirituellen Begleitungstätigkeit, speziell bei der Begleitung von Menschen in Lebenskrisen und an Übergängen, in Leid und Trauer, von Schwerkranken und Sterbenden“. Mehr: www.donau-uni.ac.at/religion/ spirituelle-begleitung
Hilfe und Wohl
nen aus Gengenbach zum Dienst übergeben wurden: „Wir wollen durch diesen Bau nach unserer Art beitragen zur praktischen Lösung der sozialen Frage durch Werke christlicher Nächstenliebe, indem wir Hilfe bieten allen Bedürftigen ohne Unterschiede der Konfessionen. In diesem erhabenen Sinne möge es bestehen und wirken, viele, viele Jahre zum Hilfe und Wohle der Menschen: Das walte Gott!“ (aus der Gründungszeit 1903). Diese Zielsetzung hat die Schwestern aus Gengenbach und die Mitarbeiter der Nehemia Initiative stark verbunden. Die Großzügigkeit der Schwestern, diese Häuser der Nehemia Initiative zum Dienst anzuvertrauen war, ein wesentlicher Grund, warum sich Dienste so gut entwickeln konnten. Eine Etage mit 11 Räumen innerhalb dieser Gebäude stand zur Verfügung, um die Vision eines „Heilungszentrums“, heute Zentrum für Gesundheit – Therapie – Heilung, Wirklichkeit werden zu lassen.
Einfluss
Religiöses Verhalten, Diabetes und Bluthochdruck in Kanada
Doppeljubiläum in Baden
20jährige Jubiläumsfeier der Initiative
Karlsruhe: Mit einem Dankgottesdienst feierte die Nehemia Initiative am 8.Juli ihr 20jähriges Jubiläum und staunte noch einmal über das große Geschenk der Häuser, die ihnen vor 10 Jahren von den Franziskanerin-
Gesundheit durch Glaube beeinflussbar?
Ontario: Forscher der McMaster Universität haben den Kanadischen Community Health Survey ausgewertet und dabei einen Zusammenhang zwischen religiösem Verhalten und dem Auftreten von Koronaren Herzerkrankungen, Bluthochdruck und Diabetes festgestellt. Die Daten von 1629 erwachsenen Bürgern der Province Saskatchewan zeigten, dass die Häufigkeit
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des Besuchs religiöser Veranstaltungen einen deutlichen Einfluss auf die Untersuchten hat. Herzerkrankungen traten bei jenen um 27% seltener auf, die mindestens 3-4 mal jährlich Gottesdienste besuchten. Wer wöchentlich eine religiöse Veranstaltung aufsuchte, hatte sogar ein um 40% geringeres Risiko, an Diabetes zu erkranken. Auch Bluthochdruck trat seltener auf, wenn die Patienten an Gottesdiensten teilnahmen. Mehr unter: Journal of Religion and Health DOI 10.1007/s10943-012-9609- 6
Hilfe statt Beihilfe Ärzte gegen Beihilfe zum Suizid
Freitod-Begleitung in Deutschland
Berlin: Jede Beihilfe zur Selbsttötung sollte in Deutschland verboten sein. Dafür haben sich die Bundesärztekammer und der Bundesverband Lebensrecht (beide Berlin) in getrennten Stellungnahmen ausgesprochen. Ihrer Ansicht nach ist ein Entwurf des deutschen Bundesjustizministeriums nicht ausreichend. Dieser sieht nur ein Verbot von „gewerbsmäßiger Förderung der Selbsttötung“ vor. Der Grundsatz, dass Suizid und die Beihilfe zur Selbsttötung in Deutschland nicht strafbar sind, soll laut dem Entwurf bestehen bleiben. Die Bundesärztekammer bekräftigte jetzt eine Entschließung des Deutschen Ärztetags, wonach es Medizinern verboten ist, Patienten auf deren Verlangen zu töten oder Hilfe zur Selbsttötung zu leisten. Auch der Bundesverband Lebensrecht lehnt eine „wie immer geartete Förderung des Selbstmordes“ ab. In einem
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NACHRICHTEN
Land, das die Würde des Menschen zur unantastbaren Verpflichtung erklärt habe, müsse auch eine ehrenamtliche oder anders organisierte Hilfe bei der Selbsttötung verboten werden. In der Stellungnahme der Lebensrechtler heißt es weiter, der Wille zur Selbsttötung weise meist darauf hin, dass der Betroffene die nötige und mögliche Hilfe und Unterstützung seiner Mitmenschen nicht bekommen habe und sich allein gelassen fühle. Benötigt würden daher Hilfen zum Leben. Hintergrund für das Gesetzesvorha-
ben sind Aktivitäten des Schweizer Sterbehilfevereins Dignitas, der auch in Hannover ein Büro unterhält. Nach Angaben der Deutschen Hospizstiftung (Dortmund) verlangt Dignitas mindestens 5.600 Euro für eine Freitod-Begleitung.
Eröffnung
Hospiz für Kinder und Jugendliche
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Begleitung unheilbar kranker Kinder
Bielefeld: Das erste evangelische Hospiz für unheilbar kranke Kinder und Jugendliche in Deutschland ist am 2. Mai in Bielefeld eröffnet worden. Die Einrichtung der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel bietet bis zu zehn Plätze. Die Baukosten von 5,2 Millionen Euro wurden durch Spenden finanziert. Ziel des Hospizes ist es, „eine liebevolle Begleitung unheilbar kranker Kinder und ihrer Familien“ zu ermöglichen. Für den Aufenthalt der Kinder kommen die Krankenkassen auf. Die erwarteten Kosten von rund 800.000 Euro jährlich für die Unterbringung der Eltern und Geschwister sollen durch Spenden gedeckt werden.
Passgenauigkeit Über 2.000 qualifizierte Kandidaten aus allen Berufsfeldern, u.a. Heil- und Pflegeberufe
Wirtschaftlich
Medizin kein Tauschgeschäft
Fon (05 61) 9 38 75-12
Marktdenken in der Medizin
Freiburg i. Br.: Am 7. Mai veranstaltete der Förderverein Dialog Ethik
Freiburg ein gut besuchtes Kolloquium mit angeregten Diskussionen. In einem spannenden und aufrüttelnden Referat widmete sich Prof. Giovanni Maio der Tendenz der Ökonomisierung in der Medizin. Prof. Maio ist Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin an der Universität Freiburg (D). Er machte deutlich, was es bedeutet, wenn das Marktdenken in der Medizin Überhand nimmt. Die Tendenz, dass die Medizin der Wirtschaft dient und dieser untergeordnet ist, stellt einen Paradigmenwechsel dar, den sich die Gesellschaft nicht ernsthaft wünschen kann. Und trotzdem ziehen (fast) alle in diese Richtung. Mehr unter: www.egm.uni-freiburg. de/institut/Mitarbeiter/maio/heilenals-managment.pdf
Bezahlung
Pflege: Anstrengend, aber befriedigend
Studie über Arbeitszufriedenheit
Düsseldorf: Trotz hoher Belastungen sind die Beschäftigten in Pflegeberufen mit ihrer Arbeit oft zufrieden. Einer Studie zufolge empfinden Pflegende ihre Arbeit häufig als zufriedenstellend und interessant, wie die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung am Dienstag in Düsseldorf mitteilte. Die 3.550 Befragten hatten jeweils ihre Zufriedenheit im Beruf, ihre Zufriedenheit mit dem Gehalt, ihre Belastung bei der Arbeit sowie die Langeweile auf einer Skala von eins bis fünf bewertet. Eins stand dabei für einen besonders niedrigen Wert. Ungeachtet jeweils hoher Werte für
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körperliche Belastung und Stress mit 3,8 beziehungsweise 4,0, lag die Arbeitszufriedenheit mit 3,3 nur knapp unter dem Durchschnitt für alle Berufe, der 3,4 beträgt. Langeweile empfanden die Beschäftigten in der Pflege kaum, hier gab es mit 1,9 einen sehr niedrigen Wert, wie aus der vom Evangelischen Pressedienst kommentierten Studie hervorging. Nach wie vor ist jedoch die Bezahlung in den Pflegeberufen ein Problem. Obwohl es große Unterschiede beim Gehalt gibt, die von zahlreichen Faktoren wie Berufserfahrung, Arbeitsstandort und Pflegesparte, aber auch Beschäftigungsverhältnis und Geschlecht abhängen, sind die wenigsten mit ihrem Gehalt zufrieden. So bewerteten die Befragten ihr Gehalt laut der Stiftung lediglich mit 2,4.
Behandlung
Empfindlichkeit Beten hilft bei Schmerz
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Leserbrief Zu CC 2 2012: Standpunkt
Schmerztoleranz ist beeinflussbar
Niederlande: Niederländische Forscher haben einen Zusammenhang zwischen Gebet und Schmerzempflindlichkeit festgestellt. Wer öfter betet, kann besser mit Schmerz umgehen. Die Schmerztolerenz ist höher und der Schmerz hat keine so große Bedeutung. Befragt wurden 202 Schmerzpatienten, die seit mindestens 15 Jahren unter Schmerzen litten. 71% unter ihnen waren Frauen mit einem Durschnittsalter von 52 Jahren. Mehr im Journal of Behavioral Medicine, 34:542-549.
Frage nach Religion ist o.k.
Sterbeprozess
Religiöse Ärzte zurückhaltender
Glaube ist Teil der Psyche
Genf: Psychiatrische Patienten, die an einer Schizophrenie leiden, akzeptieren es gerne, nach ihrer Religiosität befragt zu werden. In einer Untersuchung wurden 78 Patienten befragt, von denen 38 in einer traditionellen Untersuchung ohne ein besonderes Gewicht auf religiösen Fragen und 40 mit einem solchen befragt wurden. Die Mediziner beobachteten, dass bei 2/3 der Patienten, die nach ihrer Religiösität befragt wurden, für den Behandlungsprozess wichtige Erkenntnisse zu Tage gefördert wurden. (Mehr in: Psychiatric Services 62(1):79-86)
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Unterschiede in der Behandlungsweise
London: Ärzte, die sich selbst als nichtreligiös bezeichnen, sind eher bereit, vermehrt sedierende Medikamente im Sterbeprozess zu geben. Sie sind auch eher bereit, medizinische Maßnahmen zu ergreifen, die das Leben beendeten. Das ergab eine unter anderem von der Queen Mary University of London 2010 veröffentlichte Studie aus Großbritannien, an der fast 3000 Mediziner teilgenommen haben.
Bei der Kontroverse über das „Wie“ des Heilungsauftrages der Kirche (S. 26-29, Heike Ernsting – Georg Schiffner) kann der Hinweis hilfreich sein, dass Kirche – verstanden als die communio sanctorum (Gemeinschaft der Heiligen, d. Red.) – primär den missionarischen Auftrag hat, Jesus Christus als Retter in der Kraft des Heiligen Geistes zu bezeugen (Mk 1,32-39), damit Millionen von Menschen allein in Deutschland nicht in die ewige Verlorenheit gehen.
Zugleich wird sie sich – weil Jesus die Not der Menschen bis in die Eingeweide erschüttert (Mt 9,36) (die deutsche Übersetzung „Mitleid“ wird dem griechischen Wort in seiner Tiefe nicht gerecht) – seinem ganzheitlich – heilenden Auftrag (Mt 10,7-8) stellen. In dieser Balance wird sie „den Gesundheitskult unserer Gesellschaft nicht spirituell überhöhen“, sondern das Reich Gottes kraftvoll in unserer Zeit erfahrbar machen (vgl. Apg 2, 38-43), wodurch sich umso eher Menschen retten lassen. Da Jesus in seiner unergründlichen Liebe den ganzen Menschen retten und heilen will, wird es ihm eine Freude sein, wenn Mitarbeiter aus dem professionellen Gesundheitswesen gemeinsam mit Mitarbeitern aus dem gemeindlichen Dienst die ihnen gegebenen und erworbenen Fähigkeiten in der Kraft des Heiligen Geistes zum Heil der Hilfesuchenden einsetzen (vgl. 2.Mose 15,26). Dr. med. Christian Wermann, Bad Salzuflen
Ich schäme mich Was sage ich einem Menschen, der am Ende ist? Was sage ich ihm unter vier Augen in seine Sorgen am Grab der Liebe in sein Alleinsein am Krankenbett in seine Schmerzen im Todeskampf in seine Angst? Sage ich auch: Kann man nichts machen es erwischt jeden einmal nur nicht den Mut verlieren nimm’s nicht so schwer vielleicht ist’s morgen schon besser sage ich das? Sage ich nichts als das? Ich sollte doch kennen den einen und einzigen Namen der uns gegeben ist unter dem Himmel Ich kenne ihn auch und doch schweige ich. Ich schäme mich. Lothar Zenetti
edicht
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LITERATUR
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Spiritualität in den Gesundheitsberufen Dieses Buch stellt in überzeugender Weise die Bedeutung der Integration spiritueller Aspekte in die Betreuung von Patienten im etablierten Gesundheitswesen dar. Ausgehend von zahlreichen wissenschaftlichen Forschungsarbeiten zum Zusammenhang von Spiritualität, Religiosität und Gesundheit wird umfassend vermittelt, wie mithilfe einer spirituellen Anamneseerhebung Fachleute im Gesundheitswesen Zugang zu spirituellen Bedürfnissen und Ressourcen ihrer Patienten bekommen können. Wichtige Fragen in Bezug auf Chancen und Risiken von Gesprächen über den Glauben und Gebet mit Patienten werden dargestellt und die Einbeziehung von kompetenten Seelsorgediensten erörtert. Auch die patientenbezogene Zusammenarbeit mit Gemeinden und Glaubensgemeinschaften wird skizziert. Dem Buch ist eine weite Verbreitung zu wünschen. Für unsere Situation in Deutschland kann es – wie bereits im Vorwort angedeutet – wichtige Anregungen zur weiterführenden Diskussion geben, z.B. angesichts häufig anderer Glaubenssozialisation der Patienten oder Präsenz und Ausbildung von Fachseelsorgern als in den USA. Auch stellen sich weiterführende Fragen zur Praxis einer spezifisch christlichen Spiritualität in den Gesundheitsberufen, die sich lohnen engagiert zu diskutieren. Georg Schiffner Harald A. Koenig, Spiritualität in den Gesundheitsberufen, Ein praxisorientierter Leitfaden, Bearbeitet und mit einem Vorwort von René Hefti, Kohlhammer-Verlag 2012, 234 Seiten, € (D) 39,90, SFr 53.90
In der Tiefe gehalten „Als ich mit 17 in eine psychiatrische Klinik kam, war das zugleich das Ende eines unbeschwerten Lebens. Und es war der Anfang eines Lebens mit Angst, mit Schwäche, mit Medikamenten. Eines Lebens, in dem ich oft verzweifelt war – und das sich trotz allem lohnt.“ Aufgrund einer psychischen Erkrankung verlief das Leben von Rosemarie Dingeldey ganz anders, als sie es sich gewünscht hatte. Ärzte, nahe Angehörige und Medikamente halfen ihr. Und der Kontakt zu Gott: Rosemarie Dingeldey weiß, dass er sie in den Tiefen ihres Lebens gehalten hat; auch dann, wenn sie davon nichts spüren konnte. Wie fühlt es sich an, wenn die Seele Alarm schlägt? Die Autorin hat gelernt, ihre Grenzen zu bejahen und sich an ihrem Leben zu freuen. Sie macht Betroffenen und Angehörigen Mut, psychische Krankheiten anzunehmen und sich selbst verstehen zu lernen“. Neufeld Verlag Bereits in ihrem Vorwort beschreibt Rosemarie Dingeldey, wie andere Menschen (Christinnen) ihren Umgang mit „ihrer“ Krankheit nicht verstehen und sie korrigieren wollen: Sie solle dies nicht so formulieren und die Krankheit nicht festhalten, als gehöre sie zu ihr. Eindrucksvoll berichtet sie von ihren eigenen Lernerfahrungen im Verstehen und Nicht-Verstehen dessen, was in ihrer Seele vor sich geht: Sie lernt das Sich-selbst-verstehen und Sorgsam-auf-sich-selbst-achten, auf ihre Seele, mit der zusammen Gott sie geschaffen hat. Einige Lebensträume kann sie durch ihre Erkrankung nicht verwirklichen, andere werden durch Hilfen wie eine gute professionelle Behandlung, ihre eigenen „Lernerfolge“ und mit Unterstützung ihrer an sie glaubenden Angehörigen sehr wohl möglich und erfüllen sich. Dabei legt sie ihr besonderes Augenmerk auf das Zusammenwirken von Veranlagung, lebensgeschichtlicher Prägung inklusive des ihr vermittelten Gottesbildes und äußeren Begebenheiten, die sie sehr wohl zu beeinflussen lernt. Gott wird in ihrer Biografie bzw. im Erleben ihrer psychischen Erkrankung immer mehr zu ihrem engsten Vertrauten, sie erzählt und erklärt ihre wachsende große Dankbarkeit IHM gegenüber in ihrer Schwäche und trotz allem Leid: ER mache keine Fehler, auch wenn sie einige Fragen, die sie IHM gern stellen möchte, nicht ausblendet und diese sich „für ihr Lebensende aufspart, wenn sie Gott von Angesicht zu Angesicht schaut“. Allgemein verbreitete Missverständnisse über „psychische Erkrankung und Christsein“ führen auch in ihrem Leben zu zusätzlichen Verletzungen und Schwierigkeiten durch andere Menschen, aber es ist hilfreich, welche Erklärungen und Hilfen Frau Dingeldey beschreibt, die ihr und ihren Angehörigen das Leben leichter und trotz und mit der Krankheit sinnvoll und lebenswert, ja lohnenswert machen. Dazu gehören auch kurze Exkurse zum besonderen Umgang mit Medikamenten bei psychisch erkrankten Menschen. Ich habe mir gleich mehrere Textstellen dick und fett markiert und weiß schon einige „kranke“ und „gesunde“ Menschen, denen ich die Lektüre dieses Buches sehr ans Herz lege – ein Muss für alle, die mit psychisch kranken Menschen zusammenleben oder sie begleiten – im Beruf, in der Gemeinde oder im privaten Umfeld! Bettina Gundlach Rosemarie Dingeldey, Es war, als würde ich fallen…Leben mit einer psychischen Erkrankung, Neufeld Verlag, Schwarzenfeld, 2011, € (D) 9,90, SFr 15,60, € (A) 10,20
WW.PFLEGE-WISSENSCHAFT.INF
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Monika Heller-Meier Wissensorientierte Spitalführung Effizientes Lernen und Arbeiten mit Computerunterstützung Die elektronische Datenverarbeitung führte zu einer Veränderung im Informations- und Kommunikationssektor. Im Gesundheitswesen sind die multimedialen Errungenschaften im Systemprozess anzupassen. Die heutige Vielfalt in der Informationstechnik ist für den Einzelnen fast nicht mehr überschaubar. Mit einer Internetplattform kann die Kompetenz der Mitarbeitenden im Spital durch den Austausch von Informationen und Wissen entscheidend verbessert werden. Dieses Buch ist gedacht als Leitfaden für die Umsetzung einer Wissensplattform im Spital. Sie kann aber auch als Muster benutzt werden, wie eine Idee im Spital, in der Pflege oder in der Gesundheitsförderung wissenschaftlich angegangen und umgesetzt werden kann. ISBN 978-3-9814259-7-0 | € 28,90 | 168 Seiten Martin Braun Schmerzmanagement in der Pflege Erhebung der Versorgungsqualität Das Erleiden von Schmerzen ist für Patienten ein zentrales, angstbesetztes Thema. In vielen Krankenhäusern gibt es ein gut funktionierendes Schmerzmanagement. Dennoch bleibt man vielerorts unter den Möglichkeiten einer zeitgemäßen Schmerztherapie. Gleichzeitig gewinnt das Qualitätsmanagement in der Krankenhauslandschaft zunehmend an Bedeutung. Im Zentrum der Studie steht die Frage, wie sich Ergebnisqualität in der Pflege im Bereich Schmerzmanagement aus Patientensicht messen lässt. Dieser Anspruch wird Schritt für Schritt anhand der Konstruktion eines aus der Literatur hergeleiteten und praktisch überprüften Fragebogenindex eingelöst. 80 Seiten | € 16,90 | ISBN 978-3-9814259-4-9 Hubert Kolling: Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte „Who was who in nursing history“ Band 5
Sabine Steffan IT in der Pflegeausbildung Empirische Struktur- und Prozessanalyse zum informationstechnologischen Unterricht innerhalb der schulischen Pflegeausbildungen Seit Jahren wird in allen Bereichen des Gesundheitswesens versucht, durch den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien Kosten zu senken und die Versorgungsqualität zu steigern. Eines der gesetzlich geforderten Ausbildungsziele in den Pflegeberufen ist folgerichtig der Erwerb von Kompetenzen im Bereich dieser Technologien. Ziel dieses Buches ist es daher, theoretische Grundlagen sowie die praktische Umsetzung dieser Grundlagen zu analysieren und Empfehlungen für einen qualifizierten informationstechnologischen Unterricht zu entwickeln. 242 Seiten | € 29.80 | ISBN: 978-3842307360 Martin Nagl-Cupal Den eigenen Beitrag leisten Eine Studie zur Krankheitsbewältigung von Angehörigen auf der Intensivstation Der Aufenthalt eines Familienmitglieds auf der Intensivstation bedeutet eine existentielle Erfahrung für die Familie. Anhand von drei betroffenen Familien, die in dieser Arbeit näher vorgestellt werden, untersucht der Autor, welche Erfahrungen Familien auf Intensivstationen machen, wie es ihnen geht und was ihnen hilft. Die Studie veranschaulicht, welche massiven Emotionen im Spiel sind, wenn Familien Angst um das Leben eines Familienmitglieds haben. Vor diesem Hintergrund entfalten sich umfangreiche Strategien, die sowohl auf den Umgang mit eigenen Emotionen abzielen, wie auf das hilfebedürftige Familienmitglied. 205 Seiten | € 28,90 | ISBN: 978-3-9814259-2-5
Claudia Mischke: Ressourcen von pflegenden Angehörigen Entwicklung und Testung eines Assessmentinstruments Pflegende Angehörige werden für die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen immer mehr an Bedeutung gewinnen. Allerdings ist das Wissen darüber, welche Ressourcen sie zur Bewältigung dieser – für sie neuen – Lebenssituation einsetzen bzw. über welche sie verfügen minimal. Erkenntnisse hierüber können jedoch wichtige Hinweise für eine zielgerichtete Beratung und Unterstützung von pflegenden Angehörigen geben. Das vorliegende Buch widmet sich diesem Thema: Im Mittelpunkt steht die Entwicklung und Testung eines Instruments, das einen ressourcenorientierten und gesundheitsfördernden Ansatz verfolgt und als Hilfsmittel in der Beratung von pflegenden Angehörigen eingesetzt werden soll. 252 Seiten | € 29,80 | ISBN 978-3-9814259-5-6 Lernwelten Didaktik und Bildungsverständnis Pädagogik in der Pflegeund Therapieausbildung Auf welches Wissen greifen Lehrende zurück, wenn sie unterrichten? Woran orientieren sie sich? Wie gelangt neues didaktisches Wissen in die Unterrichtspraxis? Dies sind nur einige Fragen und Problemstellungen, mit denen sich die Pädagogik (nicht nur) in der Pflege beschäftigt. Ihr Anliegen ist nicht die Propagierung einer neuen Didaktik, sondern die kritische Reflexion dessen, was in der Pflege geschieht. Neben grundlegenden Einführungskapiteln kommen in diesem Band Pflegedidaktiker/innen und Praktiker/-innen zu Wort; theoretische Überlegungen werden so um konkrete Praxisbeispiele ergänzt. 396 Seiten | € 39.80 | ISBN: 978-3-9814-2590-1
Doris Pfabigan: Würde und Autonomie in der geriatrischen Langzeitpflege Eine philosophische, disziplinenund methodenübergreifende Studie zu Fragen eines selbstbestimmten und würdevollen Alterns
Der fünfte Band des renommierten Lexikons erscheint im Rahmen der Buchreihe Pflegewissenschaft bei hpsmedia. Wie bereits Band 1-4 bietet dieses Werk dem Nutzer die Möglichkeit, sich einen ersten Überblick über Leben und Werk historischer Persönlichkeiten aus der Pflege zu verschaffen. Das Biographische Lexikon ist längst ein Standardwerk für die Ausbildungseinrichtungen und Hochschulbibliotheken im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege geworden. Band 1-3 wurden herausgegeben von Horst-Peter Wolff, ab Band 4 ist Dr. Hubert Kolling der Herausgeber. Band 6 ist bereits in Planung.
Die Achtung der Würde und Autonomie in der Geriatrie wird immer wieder eingemahnt. Was darunter jedoch genau zu verstehen ist, bleibt in den klassischen Pflegetheorien weitgehend im Dunkeln. Die Fragestellung, wie auch im hohen Alter ein würdevolles Leben ermöglicht werden kann, ist vor dem Hintergrund komplexer sozialer, medizintechnischer und demographischer Entwicklungen zu sehen. Die Autorin fügt der Untersuchung jedoch noch eine häufig vernachlässigte Perspektive hinzu – die des betroffenen Menschen. Anhand von Interviews wird dargestellt, wie pflegebedürftige alte Menschen und deren Angehörige die Möglichkeiten der Selbstbestimmung erleben und was nach ihrem Empfinden zur Bewahrung der Würde beiträgt.
328 Seiten | € 34.80 | ISBN: 978-3-9814259-1-8
256 Seiten | € 29,80 | ISBN 978-3-9814259-3-2
Edith Kellnhauser Eine außergewöhnliche Pflegekarriere Ausbildung zur Krankenschwester in Deutschland, England und den USA, dreijährige Pflegetätigkeit in Ägypten, zwanzigjährige professionelle Pflegetätigkeit sowie nebenberufliche Studien in den USA, Promotion in Deutschland, Reisen durch Mexiko, Südamerika und Japan, Gründungsdekanin der Pflegestudiengänge an der Katholischen Fachhochschule Mainz – Die Lebensgeschichte von Edith Kellnhauser liefert interessante Einblicke in eine außergewöhnliche Pflegekarriere und gibt spannende Impulse für die eigene berufliche Weiterentwicklung. 276 Seiten | € 29,80 | ISBN 978-3-9814259-8-7
Glosse
IMPRESSUM + GLOSSE
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Existenziell herausgefordert
Impressum Herausgeber und Verlag: ChrisCare erscheint im Verlag Frank Fornaçon, Ahnatal, und wird von Christen im Gesundheitswesen e.V. herausgegeben. Chefredaktion: Frank Fornaçon (FF) (V.i.S.d.P.), Korrektorat Julia Fornaçon. Die Beiträge wurden sorgfältig ausgewählt, dennoch übernimmt die Redaktion keine Haftung für die Inhalte. Verantwortlich ist der jeweilige Autor. Zur leichteren Lesbarkeit wird bei Begriffen, die männlich und weiblich gemeint sind, in der Regel eine gemeinsame Form verwendet, z.B. „Patienten“. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt der Verlag keine Haftung. Copyright: Christen im Gesundheitswesen e.V., ChrisCare wird in CareLit ausgewertet: www.carelit.de Redaktionsanschrift: Verlag Frank Fornaçon, Am Gewende 34, 34292 Ahnatal, Deutschland, Tel.: (+49) (0) 56 09 806 26, Fornacon-Medien@web.de, www.verlagff.de Gestaltung: Frank.Communication., Alemannenstraße 2, 78224 Singen, Deutschland, www.frank-com.de Druck: Graphische Werkstatt von 1980 GmbH, Yorkstraße 48, 34123 Kassel, Deutschland Anzeigenverwaltung Deutschland und Österreich: Verantwortlich: Günther Gundlach, Christen im Gesundheitswesen e.V., Aumühle, Bergstraße 25, 21521 Aumühle, Tel.: (+49) (0) 4104 91 709 30, Fax: (+49) (0) 4104 91 709 39, info@cig-online.de, www.cig-online.de. Anzeigenverwaltung Schweiz: Verantwortlich: Niklaus Mosimann, bvMedia Christliche Medien, Rämismatte 11, Postfach 128, CH-3232 Ins, Tel.: (+41) (0) 43 288 80 15 werben@bvmedia.ch, www.bvmedia.ch. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 1/2010. Trotz sorgfältiger Prüfung kann der Verlag keine Verantwortung für die veröffentlichten Anzeigen, Beilagen und Beihefter übernehmen. ChrisCare erscheint jeweils in der Mitte eines Quartals. Preise: Einzelheft € (D) 5,80, € (A) 6,00, SFr (CH) 10.30. Jahresabonnement (4 Ausgaben) € (D) 19,20, € (A) 19,80, SFr (CH) 31.30 jeweils zuzüglich Versandkosten. Anschriftenänderungen sind rechtzeitig vor Erscheinen des nächsten Heftes dem ChrisCare-Aboservice in Deutschland, der BMK Wartburg Buchhandlung in Österreich oder bvMedia in der Schweiz mitzuteilen. Die Post liefert Zeitschriften nicht automatisch an die neue Anschrift.
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Hier geht es nicht um Existenz im Sinn der wirtschaftlichen Lebensgrundlage, so wichtig diese auch ist. Wirklich existenziell wird es erst, wenn wir die tiefere Wortbedeutung anwenden: Existenz als „Vorhandensein“. Dabei geht es für jeden um alles. Bisweilen sehen wir diese Existenz bedroht durch Krankheit oder Unfall; doch leben wir, wenn’s geht, danach weiter wie zuvor. Im Normalfall sind wir ja nicht bedroht… Irrtum! Von Geburt an ist unsere Existenz am Schwinden, weil sie auf den Tod zugeht. Aber ist das nicht eine lebensfeindliche Überlegung? Das Ende ist doch nicht in Sicht! Es ist wie bei einer Startbahn, die sich schier endlos vor dem langsam anrollenden Flugzeug erstreckt. Das Flugzeug ist das Leben, die Startbahn die Lebenszeit. Nur keine Panik, wir haben noch Jahrzehnte. Also dümpeln wir vor uns hin, schauen uns um, rollen gelassen von einem Tag zum andern. Warum sollten wir gerade jetzt beschleunigen, um abzuheben? Doch Leben ist gefährlicher als Rauchen: Rauchen kann tödlich sein, Leben ist es mit Sicherheit. Einmal hat die Bahn ein Ende. Danach kommt das Grün und wir beißen ins Gras. Was hieße es zu beschleunigen, so lange es noch geht? Es hieße zu bedenken, dass wir sterben müssen, um daraus klug zu werden (Psalm 90,12). Unser Flugzeug hat Funk, die Verbindung zum Himmel steht und es gilt: „Wer den Namen des Herrn (Jesus) anrufen wird, soll gerettet werden“ (Röm. 10,13). Die lebensrettende Beschleunigung geschieht augenblicklich, wenn ein Mensch seine Existenz in Jesu Hände legt. Dadurch gewinnt sie himmlische Qualität, kann nicht mehr am Boden zerstört werden. Sind Sie schon klug geworden? Es wäre doch jammerschade, wenn nach Ihrem „Ausrollen“ Post für Sie käme und den Stempel erhielte: „Empfänger verstorben, neue Adresse unbekannt.“ Dr. med. Günther Riedl, Uelzen
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ERFAHRUNGEN
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Dem Ende ins Auge sehen... Erfahrungen aus der Palliativmedizin
„Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen“(Mt 18,20)
Eigentlich bin ich als Ärztin immer existentiell herausgefordert, weil ich nicht wie eine Maschine leben und arbeiten will. Gott sei Dank ist das Leben aber nicht immer „aufregend“. Im Umgang mit den Patienten spüre ich natürlich die Herausforderung: Entscheidungen müssen getroffen werden, häufig schnell, häufig mit schwerwiegenden Konsequenzen. Ich habe lange in Anästhesie und Intensivmedizin gearbeitet und inzwischen auch seit Jahren in der Palliativmedizin. Mir ist sehr deutlich geworden, dass die Beziehungen zu meinen Patienten einen sehr großen Einfluss auf Entwicklung und Verlauf ihrer Erkrankungen haben können, bzw. auf ihr Wohlbefinden und ihre Lebensqualität. Das wirkt bis in das Leben ihrer Angehörigen. Umgekehrt bin auch ich ebenfalls betroffen und existentiell herausgefordert. Ich vermittle die Gewissheit, das Vertrauen, alles Menschenmögliche zu tun, was für die Kranken sinnvoll ist. Dazu muss ich sie, ihre Wünsche kennen, muss über heikle Themen
wie das Sterben sprechen. Oft ruft es Beruhigung und Dankbarkeit hervor, eben über all das sprechen zu können, alles was zu erwarten, zu befürchten und zu behandeln möglich ist. Oft erfordern diese Gespräche auch Mut und Überwindung meinerseits, da ich unvorhergesehene Reaktionen der Betroffenen befürchte. Wichtig scheint mir, so früh wie möglich ins Gespräch zu kommen, um nicht unter dem Druck einer eingetretenen Gefahr wie Blutung, akute Atemnot, plötzliche Lähmungen etc. entscheiden zu müssen. Fragen tauchen auf wie: „Jetzt ins Krankenhaus?“, „Auf die Intensivstation oder nicht?“ Für den Patienten, für mich, für die Pflegenden und Angehörigen ist es wichtig und beruhigend zu wissen: Bei akuter Verschlechterung des Gesundheitszustandes geht es entweder ab ins Krankenhaus oder wir haben uns entschieden, zuhause zu bleiben und hier die Situation zu verbessern soweit möglich. Sehr viele der Schwerkranken möchten gern zuhause bleiben.
Kranken die Zeit bekommen, die sie brauchen. Selbst würde ich bei akuter Gefahr gern schnell und bestens versorgt werden. Die Schwierigkeit tritt ein, wenn auch nach intensiver Behandlung keine Besserung eintritt. Wann soll die Behandlung beendet oder begrenzt werden? Sorgenvoll und unruhig werde ich, wenn ich diese Gespräche nicht führen kann, wenn sie abgelehnt, verschoben werden, ihnen ausgewichen wird. Dann spüre ich die Notwendigkeit, dass ich selbst für diese Personen bete und Freunde bitte mitzubeten, dass sich eine Situation, ein Knoten löst. Immer ist dann eine Wende eingetreten, zumindest ist Friede in mein unruhiges Herz gefallen. Wenn ich selbst so krank wäre, würde ich gern von kompetenten und liebevollen Menschen behandelt und begleitet werden. Mir ist über viele Jahre klar geworden, dass im Bibelwort: „Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen“(Mt 18,20) Gott die Zusage macht, dass er da ist, wo Menschen in seiner Liebe handeln, d.h. in der gegenseitigen Liebe leben. Wenn Gott da ist, dann ist auch Licht da, dann kann ich vertrauensvoll annehmen, dass die richtige Behandlung gewählt wird, und muss nicht auf Biegen und Brechen versuchen, alles selbst in der Hand zu behalten und zu steuern. Und ein zweiter guter Tipp ist – für alle Lebenslagen –, in der Gegenwart zu leben. Das mindert die Sorgen und hilft in Gott zu sein: „Jeder Tag hat seine eigene Plage…“
Dr. med. Monika Windsor,
Ich sehe Gottes Güte auch darin, dass nicht alles Schreckliche passiert, was passieren könnte, und dass die
Anästhesistin, arbeitet in der Palliativmedizin, Berlin
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ERFAHRUNGEN
Hingehen, wo die größte Not ist Von Peru bis Mecklenburg
Wir haben die Erfahrung gemacht, je mehr wir uns existentiell herausfordern lassen, umso stärker können wir den Segen Gottes erfahren. Mir fallen da schnell mehrere Beispiele ein. Als wir 1991 nach erfolgreich bestandenem Medizinstudium zu siebt in einem 22 Jahre alten Armeelastwagen (Hanomag) von Nürnberg Richtung Südafrika aufbrachen, wussten wir noch nicht, wohin Gott uns genau führen wollte. Das Ziel, nämlich unterwegs eine Stelle als sogenannter „Arzt im Praktikum“ anzutreten, fanden wir erst ganz am Schluss unserer Reise, nachdem wir drei Monate quer durch Afrika gefahren
waren, im kleinen Königreich Lesotho. Dazwischen lagen eine Serie an unvergesslichen Erfahrungen, auch Leid, unter anderem war meine Frau Heike im Kongo (Zaire) an Malaria erkrankt. Die medizinischen und geistlichen Erfahrungen in Maseru, der Hauptstadt Lesothos, im Queen Elizabeth II Hospital und in der Arbeit mit der nationalen Zoe Bible Church waren eine hervorragende Grundlage für unseren weiteren Werdegang. Nach der anschließenden erfolgreichen Vollapprobation an der Universität in Erlangen ging es im Mai 1994 nach einem relativ kurzen Aufenthalt in Deutschland weiter nach Peru. Finanziell und im
1991 in Südafrika aus der Zeit als „Arzt im Praktikum“
Auch in Deutschland ist das Evangelium lange nicht überall Alltag: Das neueste „Projekt“ befindet sich in Parchim (Mecklenburg-Vorpommern)
wahrsten Sinne des Wortes existentiell wurden wir erneut enorm herausgefordert. Wir hatten gerade wieder in Deutschland Fuß gefasst, ich arbeitete in einer Allgemeinarztpraxis und war froh, in der damals sehr angespannten Arbeitsplatzsituation als Arzt arbeiten zu können, nachdem ich zuvor zwei Monate bei einer Firma als interner Postbote tätig gewesen war. Unser Sohn war gerade vier Monaten alt und in Peru wütete zu der Zeit noch die maoistische Terrorgruppe Leuchtender Pfad. Wohl auch wegen unserer vorherigen Auslandsaufenthalte fehlten uns die finanziellen Unterstützer, um das von der Missionsgesellschaft geforderte monatliche Gehalt für uns als Familie zusammen zu bekommen. Mein Arbeitgeber bot mir damals einen ansehnlichen Betrag an, wenn ich bei ihm in die Praxis einsteigen würde, und trotzdem machten wir uns auf und erlebten die bisher reichste und segensreichste Zeit unseres Lebens in Puno, einer Stadt im Hochland Perus, wo wir in sozialmissionarischen missionalen Gemeindeprojekten tätig waren. Als unsere Pionierarbeit dort zum Abschluss gekommen war, gab es mehrere neue aktive Gemeinden, die in peruanischen Händen bis heute sowohl evangelistisch als auch sozial hervorragend weiter in die Gesellschaft hineinwirken und die wir auch heute noch etwa alle zwei Jahre für mehrere Wochen besuchen. Schließlich fragten wir uns erneut, wo Gott uns als nächstes gebrauchen wolle. Immer wieder war uns in christlichen Artikeln zur Situation in Deutschland aufgefallen, wie zunehmend schlechter die geistliche Situation in der Heimat war. Damit kristallisierte
ERFAHRUNGEN
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Dr. Roland Baumann mit einigen Bewohnern von Puno, einer Stadt im Hochland Perus
sich unser nächstes Ziel immer mehr heraus. Wie in Peru war es uns wichtig, in Deutschland dahin zu gehen, wo die größte geistliche und materielle Not war. Es war für uns offensichtlich, dass diese Kriterien auf Ostdeutschland und dort wiederum besonders auf den Norden zutreffen würden. Aus diesem Grund zogen wir 2003 nach mehreren Erkundungsreisen in die Kleinstadt Parchim in Mecklenburg-Vorpommern. Die bisher größte, jetzt eher geistliche Herausforderung lag und liegt immer noch vor uns: der Versuch, areligiöse Konfessionslose mit dem Evangelium zu erreichen. Nachdem ich zwei Jahre als Arzt in der Abteilung Innere Medizin im örtlichen Krankenhaus tätig war, arbeite ich seit 2006 in einer eigenen Praxis als Facharzt für Allgemeinmedizin. Sonntäglich treffen wir uns seit 2003 in unserem
Haus zu einem Gesprächskreis, zu dem wir insbesondere sogenannte Konfessionslose einladen, um sie mit Gott bekannt zu machen. Nach dem eher erweckungsmäßigen Erleben in Peru fällt uns die Arbeit manchmal nicht leicht. Um Anregungen für diese Herausforderungen zu bekommen, habe ich mittlerweile bei der UNISA einen Master in Theologie erworben. Das Beispiel einiger Besucher, die mittlerweile eine Bekehrung erlebten, sowie zwei Taufen sind für uns Mut machende Wunder. Wie geht es weiter? Wir wissen es noch nicht, sind aber immer am Fragen. Sollte vielleicht die arabische Welt unsere nächste Herausforderung sein? Bei all dem Geschilderten war uns Psalm 119,105 immer wieder wichtig: „Dein Wort ist meines
Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.“ In vielen Herausforderungen hat Gott uns Schritt für Schritt geführt und Gottes Wort und seine Führung in den jeweiligen Herausforderungen waren weniger ein Scheinwerfer, den wir uns oft genug gewünscht hätten, als vielmehr eine „Leuchte“, vielleicht eher eine Taschenlampe. Nur indem wir Schritt für Schritt in die Herausforderung gingen, wurden neue Tritte erkennbar und ein Weg wurde gangbar.
Dr. med. Roland Baumann, Allgemeinmediziner und Hausarzt in Parchim
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2/2010
Heilkraf t MEDIZIN ANSTOSS
2/2010 Macht und Ohnmacht 3/2010 Leid und Schmerz
AKTUELL
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1/2010 Heilkraft des Glaubens
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Macht undOhnmacht Ohnmacht Macht und
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LEITUNG
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ANGEHÖRIGE
RATIONIERUNG
LIEBE
STREIT
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2/2010 Macht und Ohnmacht
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1/2011 Besser miteinander
WERTE
IMPULSE
GOTT ZUWENDUNG
1/2010 Heilkraft des Glaubens
4/2010 Heilen in einer multikulturellen Gesellschaft 2/2011 Krisen bewältigen
1/2010
Heilkraft des Glaubens
Magazin für Christen im Gesundheitswesen
Magazin für Christen im Gesundheitswesen
4/2010
3/2010
VERGRIFFEN!
3/2011 Am Lebensende 4/2011 Kraftquellen erschließen
Leid und Schmerz Schmerz Leid und
1/2012 Spiritualität im Alltag
LEBEN MIT MS LICHTBLICKE
SCHMERZFORSCHUNG
WOCHENENDE FÜR KRANKE
GLAUBE
2/2012 Berufung – Karriere und das liebe Geld
GOTT
STATIONSALLTAG
KRAFTQUELLE IM PFLEGEALLTAG
WERTEMANAGEMENT
LEIDEN
Heilen einer Heilen inineiner mul tikul turellenGesellschaft Gesellschaf t multikulturellen
SOAKING MUSIC
EUROPA
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KULTURSENSIBLE PFLEGE
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PASSION & COMPASSION REMBRANDT BEISTAND NÄCHSTENLIEBE
AFRIKANER HEILEN IN
AUFTRAG DER CHRISTEN
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2/2011 Krisen bewältigen
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Spiritualität All tag Spiritualität imim Alltag KIRCHEN EHRENAMT SYSTEME
HEFATA GESUNDHEIT KOSMAS & DAMIAN SPANNUNGSFELD FEIERN
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ERFAHRUNGEN
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LEBENSREGEL
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1/2012 Spiritualität im Alltag
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4/2010 Heilen in einer multikulturellen Gesellschaft
3/2010 Leid und Schmerz
Besser miteinander
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TERMINE
3/2012 CHRISCARE
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Termine Tagungen, Seminare & Konferenzen
11.–14.10.: Schwäbisch Gmünd, Begabt, Behindert, Berufen, 11. Tagung des PerspektivForums Behinderung, www.perspektivforum.org
5.–8.11.: Lachen – Speyerdorf bei Neustadt/Weinstraße, Schulungsseminar Gemeindediakonie, www.visavis-gemeindediakonie.de
18.–21.10.: Monbachtal, 41. Tagung für Fach- und Führungskräfte in Pflege und Behindertenhilfe: „Nicht ratlos bleiben“ – Menschen im Spannungsfeld Pflege begleiten, www.karlshoehe.de
5.–11.11.: Schwäbisch Gmünd, Trauer verstehen, Trauernde begleiten, www.dt-seminare.de
Magazin
8.–22.9.: St. Wolfgang, Salzkammergut, Bibelsemiar: Wenn die Seele schweigt, schreit der Körper. Psychosomatische Zusammenhänge, www.gruene-au-christen.eu 15.9.: Zürich, Netzwerktagung, Netzwerke von Begleitung, Beratung, Therapie und Seelsorge, www.netzwerktagung.ch 16.–20.9.: Schwäbisch Gmünd, Gesund und vital, Erlebnisprävention, www.schoenblick-info.de
17.9.: Hannover, „Würde fängt schon beim Frühstück an“, Ethische Ideale und die Wirklichkeit in Pflegeeinrichtungen, www.zfg-hannover.de 19.9.: München, Palliative Care bei Menschen mit Demenz, www.caritas-institut.de
21.–23.9.: Berlin, Krankenhausseelsorge oder Spiritual Care?, www.eaberlin.de
22.9.: Chemnitz, „Christliche Heilkunde – eine ‚Not-wendende‘ Erweiterung für Medizin und Krankenbegleitung“, www.cig-online.de 27.–29.9.: Hamburg, Jahrestagung AG Ethik in der Medizin: Ethik und Psyche, www.aem-online.de 29.9.: Dresden, „Hormone natürlich ins Gleichgewicht bringen“, www.cig-online.de
29.9.: Frankfurt / Main, „Christliche Heilkunde – Glaube im Alltag leben“, www.cig-online.de
29.–30.9: Hasliberg, Herbsttagung der AG evangelischer Ärztinnen und Ärzte der Schweiz, www.ageas.ch 3.–5.10.: Wisen/Olten, Brennen ohne Auszubrennen, Burn-out-Prophylaxe in der (christlichen) Sozialen Arbeit, www.icptp.ch 9.10.: München, Palliative Care bei Menschen mit Behinderung, www.caritas-institut.de
19.–21.10.: Kloster Nütschau/SH, CiG-Akademie, „Gesunder Umgang mit Krankheit – Schritte der Heilung gehen“, www.cig-online.de 20.10.: Stuttgart, CiG-Akademie, Fachgruppe Therapeuten (Physio-, Ergotherapeuten und Logopäden), www.cig-online.de
13.11.: Dornstadt, Spirituelle Impulse für Menschen mit Demenz, www.diakonisches-institut.de 18.11.: Hamburg, Patientengottesdienst, Hauptkirche St. Michaelis, www.cig-online.de 21.–23.11.: Amden, Gebetsretraite mit Christen im Dienst am Kranken-Team, www.cdkschweiz.ch
24.10.: Aarau, Tagesseminar: Besucht die Kranken, www.cdkschweiz.ch
26.11.: Zürich, Ethik für den Berufsalltag: Das Modell „7 Schritte Dialog kompakt“, www.dialog-ethik.ch
25.–26.10.: Hannover, Lebensqualität (im) Alter, Gerontologische und ethische Perspektiven auf Alter und Demenz, www.zfg-hannover.de
26.–27.11.: Berlin, Public Health Genomics, Das Genom als Faktor in der öffentlichen Gesundheitsversorgung?, www.eaberlin.de
26.10.: Zürich, Bad News – So überbringen Sie schlechte Nachrichten, www.dialog-ethik.ch
28.11.: Hamburg, Fortbildungsabend „Als Christen psychisch kranke Menschen begleiten in Gesundheitswesen und Gemeinde“, www.cig-online.de
26.–28.10.: Rotenburg/Fulda, CiG-Akademie, Fachgruppe Hebammen, www.cig-online.de 27.10.: Spenge bei Herford, Validation mit Naomi Feil, Umgang mit desorientierten Menschen, www.beraterpool-owl.de 27.10.: Mainz, Gesundheit am Arbeitsplatz, Seminar für Führungskräfte, www.acf.de 28.10.–1.11.: Rothenburg o.d.T., Heilwerden in Gottes Gegenwart. Netzwerk Inkarnation und Seelsorge, www.nis-netzwerk.de 1.–2.11.: Rochester, Minnesota, Mayo Spiritual Care Research Conference, http://calendar.cne-registration. com/events/2012-mayo-spiritual-careresearch-conference/
5.–10.12.: Santiago di Chile, Nurses Christian Fellowship International World Congress, www.cnm.org.uk 6.–7. 12.: Hannover, Wie viel Wissen tut uns gut? Frühzeitige Diagnostik bei Demenz, Tagung, www.zfg-hannover.de 17. 12.: München, Spiritualität am Lebensende, www.caritas-institut.de 16.–17.3.2013: Rorschach, Saline Solutions, Authentisches Christsein im medizinischen Alltag, www.ageas.ch 8.–11.5.2013: Würzburg, Zeit.Geist.Zeitgeist – Neue Herausforderungen in Psychotherapie und Seelsorge, www.akademieps.de
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HINTERGRUND
Herzensangelegenheiten Zur Spiritualität des Herzens
Wesen begründete Geborgenheit im Wir, da spürt der im Wesen Begründete die Zugehörigkeit zu einem ihn bergenden Ganzen durchströmt von Liebe“ (Dürckheim 1973, 94). So kann der Mensch aus Beliebigkeit zu Offenheit und Verbundenheit finden – dies ist eine weitere heilsame Wirkung der Spiritualität des Herzens.
Das Herz ist die Quelle des Lebens im Menschen, der Ort, in dem Gott innewohnt.
Es ist die große Suche und Sehnsucht des Menschen, Gott in seinem Inneren zu finden. In seinem Inneren mit dem verbunden zu sein, aus dem alles kommt, in dem alles gründet und zu dem alles strebt. Der innere Ort, an dem im jüdischchristlichen Glauben diese Verbundenheit sich vollzieht, ist das Herz des Menschen. Das Herz ist die innere Wirklichkeit, wo Gott dem Menschen nahekommt, ihm innewohnt. 1. Das Herz ist ein Realsymbol der christlichen Spiritualität und des christlichen Glaubens. Es ist, was es bezeichnet. Es ist das vitale Zentrum im Menschen, von ihm aus strömt Leben in den Körper. Das Herz ist die Quelle des Lebens im Menschen und deshalb ist das Herz der Ort, der die Quelle allen Lebens erfahren kann. Deshalb ist es das Herz, wo der Geist des lebendigen Gottes zum Menschen kommt. So kann der Mensch, der sich erstarrt fühlt, durch eine Spiritualität des Herzens zu seiner Lebendigkeit finden. Dies ist die erste heilsame Wirkung.
2. Das Herz schafft den Grundrhythmus des Lebens. Ruhe und Erregung werden durch den veränderten Rhythmus des Herzens spürbar. Auch hierin ist das Herz der Schnittpunkt zwischen Seele und Leib (vgl. Servan-Schreiber, 49-68). Durch die Rhythmisierung des Lebens wird Halt und Maß auch für die Seele gegeben. Vor allem in der Praxis des Herzensgebetes ist dieser Rhythmus von großer Bedeutung. Für Menschen, die in Unruhe leben oder sich getrieben fühlen, kann die Rückbesinnung auf diesen Grundrhythmus große Bedeutung haben. Dies ist die zweite heilsame Wirkung der Spiritualität des Herzens. 3. Das Wesen des Herzens ist die Offenheit: Von überall her empfängt es und nach allen Seiten verströmt es sich. In dieser Offenheit ist es die spirituelle Mitte und Zeichen der Freiheit des Menschen – also seines Personseins. Im Herzen findet der Mensch zu seinem Wesen. Gerade darum erfährt der Mensch im Herzen seine Zugehörigkeit und Verbundenheit. Wie Karlfried Graf Dürckheim es formuliert: „Die im
4. Darüber hinaus ist das Herz der Ort der tiefen Entscheidungen des Menschen. Hier kann der Mensch Mut auch für die schwierigen Schritte im Leben fassen. Im Herzen kann der Mensch Klarheit gewinnen da er dort spürt was das Seine ist. Wenn Alfried Längle schreibt: „Ein vollgültiger und daher auch mächtiger Wille ruht auf der Emotionalität auf“ (Längle 2010, 63), so bedeutet dies im spirituellen Sinne, dass nur ein mit dem Herzen abgestimmter Wille ein vollgültiger ist. Hier trifft der Mensch die grundlegendste Entscheidung; sich zu öffnen zur Welt und zum Anderen hin oder sich zu verschließen. „Ja“ zu sagen zu seiner Transzendenz oder „Nein“. Das Herz ist auch der Angelpunkt, von dem aus der Mensch eine Neuausrichtung seines Lebens verwirklichen kann. Dies ist biblisch gesprochen die Möglichkeit der Umkehr. Darin liegt die vierte heilsame Wirkung. 5. Das Herz ist auch der innere Rückzugsraum, die innere Burg. Dorthin gelangen die äußeren Sorgen nicht. Hier gehört der Mensch ganz sich. Im Herzen kann der Mensch in sich ruhen und strahlt dann auch diese Ruhe in seiner Umgebung aus. Hierin erlebt der Mensch die fünfte heilsame Wirkung.
HINTERGRUND
6. Das Herz ist auch der Raum, in dem der Mensch Freude und tiefes Glück empfindet. Erst wenn die Freude oder das Glück das Herz erreicht hat, sind wir wirklich glücklich. Das Herz ist der Resonanzraum der Emotionen. So eröffnet ein lebendiges Herz die Möglichkeit glücklich zu sein. Die Spiritualität des Herzens eröffnet nicht nur den Zugang zur Herzensdimension, sondern in Erfahrung der Nähe Gottes erschließt es auch Quellen des Glücks. Dies ist die sechste heilsame Wirkung. 7. Das Herz ist die Dimension im Menschen, die vor der Trennung in Seele und Leib liegt. Das Herz ist Leib und zugleich Spiegel der Seele. Karl Rahner schreibt hierzu: „Herz liegt im Sprachfeld der ganzmenschlichen Worte, das heißt es bezeichnet eine menschliche Wirklichkeit, insofern sie gerade dem ganzen Menschen als leiblich-geistiger Person zukommt“ (Stierli 1954, 168). So kann der Mensch im Herzen wieder zu seiner ursprünglichen Ganzheit und Mitte finden; jenseits der Zerrissenheit seiner Affekte oder widerstrebenden Neigungen. Dies ist die siebte heilsame Wirkung. 8. Gerade im Herzen wird der Mensch aber auch seiner Kreatürlichkeit inne. Tiefe Angst um die eigene Existenz erfährt der Mensch als Enge des Herzens. Anders gewendet erfährt sich der Mensch in seiner Kreatürlichkeit auch als Geschaffener und tiefer als von Gott Gewollter. Er kann im Herzen das grundlegende „Ja“ zu seinem Leben vernehmen und den Zuspruch zu seiner Existenz. So in seiner Existenz sich gesehen zu wissen und angenommen zu sein, das ist die achte heilsame Wirkung. 9. So sehen wir zunehmend, wie der Zugang zum Herzen des
Menschen in die Tiefe führt. In der letzten Entzogenheit gelangt er in die Tiefe des Geheimnisses, das der Mensch sich selber immer ist. Im Herzen erfahren wir uns nicht nur in der Offenheit unserer Existenz, sondern auch als ein Wesen des unabschließbaren Horizontes, gerade darin kommen wir noch einmal dem unendlichen Gott und seinem unergründlichen Geheimnis nahe. So hat in der Tiefe des Herzens die Abgründigkeit des Menschen eine andere Dimension. Es ist nicht die Entzogenheit des Unterbewussten und nicht der Abgrund der Ohnmacht angesichts der Schicksalshaftigkeit des Lebens, sondern der Abgrund der tiefsten Sehnsucht im Menschen, der Gottessehnsucht. Gerade dort in der Tiefe des Herzens und im Geheimnis seiner selbst, erfährt sich der Mensch als Ebenbild Gottes. Dies ist die neunte heilsame Wirkung der Spiritualität des Herzens. 10. Mit der Liebe ist das zentrale Motiv genannt, dass die Spiritualität des Herzens in seinen verschiedenen Formen immer wieder umkreist. Die Liebe ist die Quelle und das Ziel christlicher Spiritualität und das Herz der Sitz aller Liebe. Alles vorher Genannte: Offenheit und Bezogenheit, Verbundenheit und Geheimnis und Sehnsucht –- all dieses findet sich in der Liebe auf besondere Weise wieder. Liebe aus ganzem Herzen ist das zentrale, ja das einzige Gebot, in dem alle anderen enthalten sind. Andererseits ist die Liebe als Gabe Gottes in der Person und im Leben Jesu sichtbar geworden. Durch Gottes Geist ist seine Liebe in das Herz des Menschen ausgegossen (Römer 5,5). In der Liebe kommt der Mensch zur Entfaltung und Erfüllung. Dies ist die letzte und tiefste heilsame Wirkung des Herzens.
3/2012 CHRISCARE
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Thomas Schukai (49 Jahre), DiplomTheologe, Krankenpfleger und Psychotherapeut (HP) lebt in Hamburg und ist in der Sozialpsychiatrie und als selbstständiger Therapeut tätig
Literatur Cassians, J. (1984) Ruhe des Herzens. Sartory, G., Sartory, T. (Hg) Freiburg i.Br.: Herder Dürckheim, K. Graf (1973) Vom Doppelten Ursprung des Menschen. Freiburg i.Br.: Herder Jungclaussen, E. (2004) Hinführung zum Herzensgebet. Freiburg i.Br.: Herder Längle, A. (2010) Gefühle – erwachtes Leben. In Längle (Hg): Vom Leben berührt. Kongressbericht 2010 der GLE Wien. Wien: GLE, 59-71 Servan-Schreiber, D. (2006): Die neue Medizin der Emotionen. München: Goldmann Stierli, J. (1954) (Hg): Cor Salvatoris – Wege zur Herz Jesu Verehrung, Freiburg i.Br.: Herder
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INTERNATIONAL
Die Frauen packen es Nach dem Beben die Cholera In den Dörfern fehlt es an allem
„Weißt du, was es bedeutet im allerletzten Land zu leben?“ Haiti gehört zu den Ländern, die immer das Schlusslicht sind. Bei der Wirtschaftsleistung (seit 1980 geht es ständig bergab), bei der Lebenserwartung, beim Gesundheitsindex und in der Armutsstatistik. Und: Hat man jemals von einem Olympiateilnehmer aus Haiti gehört? Nur bei der Rate der HIV-Infizierten und Aids-Kranken führt das Land in der Karibik die Statistiken an. Der Mann, der uns die Frage stellt, lehrt an der Universität von Nordhaiti Landwirtschaft und weiß, wovon er spricht. Die Menschen in den abgelegenen Dörfern bei Cap Haitien haben keine Hoffnung, jemals aus ihrer Armut herauszukommen. Jedenfalls schaffen sie es nicht aus eigener Kraft. Viele können weder lesen noch schreiben. Die meisten sprechen nur die Landessprache Kreol und können sich nicht auf Französisch verständigen. Mit dem Erdbeben von 2011 kam die Cholera bis in die entlegensten Landesteile. Flüchtlinge aus dem Katastrophengebiet brachten sie mit. Wenn den Müttern die Kinder unter der Hand wegsterben, stirbt auch der letzte Funken Hoffnung. Geld für Medikamente fehlt genauso wie die grundlegendsten Hygienestandards: sauberes Wasser – Fehlanzeige. Eine Latrine für dreihundert Haushalte – die Regel. Da macht es einen Unterschied, wenn die Frauengruppen der
haitianischen Bapistengemeinden ein Dorfbesuchsprogramm gestartet haben. Die Initiative ging von den sozial engagierten Frauen aus, die nicht nur die eigenen Gemeindemitglieder im Blick hatten. Das erste Geld für die hauptamtlichen Beraterinnen und ihre ehrenamtlichen Helferinnen sammelten die Frauen seit Jahren unter sich. Dann stieg der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden ein und bezahlt Gehaltsanteile und das Fahrtgeld der Beraterinnen für die Touren mit abenteuerlichen Mopedtaxis. Mit diesen Gefährten sind auch Besucher aus Deutschland in die abgelegen Dörfer gefahren. Stolz steht dort die junge Frau vor Gästen und berichtet, was der Sozialdienst der baptistischen Frauen für ihr Dorf bedeutet: „Die Beraterin ist für uns wie eine Mutter geworden“, erzählt sie. Die Besucher erfahren, wie mühsam es war, die Frauen zu einer Kooperative zusammen zu schließen, aber: „Jetzt sind wir 60 Frauen und drei Männer und wir haben im ersten Jahr unseres Programms eigenhändig 35 Latrinen gegraben“. Die deutschen Besucher hören später, dass an fast hundert Orten solche Selbsthilfegruppen ins Leben gerufen wurden. Und es geht nicht nur um Latrinen, sondern auch um Gartenbau, Familienplanung und Gesundheitsvorsorge. Der Erfolg ist nicht ausgeblieben: Die Infektionsrate ist deutlich zurückgegangen.
Im Dorfgemeinschaftshaus trifft sich die Frauengruppe
Einfach aber effektiv: Latrinen helfen gegen Cholera
Noch bestimmen Notunterkünfte das Leben vieler Menschen auf Haiti Die Katastrophe: Haiti wurde im Januar 2010 von einem schweren Erbeben heimgesucht, das 300 000 Menschen das Leben kostete und Millionen im Großraum Port au Prince obdachlos machte. Allein in der Universität starben 300 Krankenpflegeschülerinnen und Schüler unter den Trümmern ihrer Schule. Das Land profitiert seitdem von einer beispiellosen internationalen Hilfe, ohne dass dadurch die ohnehin großen wirtschaftlichen und politischen Probleme des ärmsten Landes Amerikas und seiner etwa 11 Millionen Einwohner auch nur ansatzweise gelöst würden.
Frank Fornaçon, Ahnatal. Der Autor war im Juli 2012 in Haiti, um Hilfsprojekte für Erdbebenopfer zu besuchen.
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Christliche Heilkunde – Zugänge Christliche Heilkunde integriert die körperliche, psychische, soziale und spirituelle Dimension des Menschen unter besonderer Berücksichtigung ihrer Wechselwirkungen. Sie unterstützt auf der Basis des christlichen Menschenbildes eine umfassende Lebensentfaltung in Bezug auf Vorsorge, Beschwerdelinderung und ganzheitliche Heilungsprozesse.
40 Jahre MASA in Lateinamerika Dietrich Weiand beschreibt eine begeisternde Geschichte vom großartigen Handeln Gottes in Lateinamerika. Menschen werden verändert und bekommen Hoffnung für ihr Leben. Lesen Sie, was Gott durch MASA in diesen 40 Jahren bewirkt hat!
Die acht Autorinnen und Autoren waren Referenten der Christlichen Gesundheitskongresse 2008 und 2010. 9,80 € (D), 103 Seiten, Paperback, Verlag Frank Fornaçon, www.VerlagFF.de. Zu beziehen über jede Buchhandlung. 19,90 Euro (D), 228 Seiten, zahlreiche Fotos Verlag Frank Fornaçon, www.VerlagFF.de Zu beziehen über jede Buchhandlung ISBN 978-3-940232-03-8
ISBN 978-3-940232-06-9
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ZEIT. FÜR GESPRÄCHE. Wir sind für Menschen da, die sich wie wir kirchlich und sozial engagieren. Ihnen hören wir zu und setzen uns für sie ein. Miteinander finden wir Lösungen, die ihren Alltag sicherer und ihr Leben lebenswerter machen. Denn gute Beratung braucht Gespräche. Wir sind für Sie da. Telefon 0800 2 153456 www.vrk.de * Kostenlos aus deutschen Telefonnetzen.
Menschen schützen. Werte bewahren.