ChrisCare 2012-1

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Magazin für Christen im Gesundheitswesen 1/2012

Spiritualität im Alltag

ChrisCare

ChrisCare

Spiritualität All tag Spiritualität imim Alltag KIRCHEN EHRENAMT SYSTEME

HEFATA GESUNDHEIT KOSMAS & DAMIAN SPANNUNGSFELD FEIERN

THERAPIE

WAHRNEHMUNG ALLTAG

ERFAHRUNGEN

FRÖMMIGKEIT

LEBENSREGEL

AUFMERKSAMKEIT WISSEN & WEISHEIT

SINN

MEDIZINFENSTER

VIELFALT

METHODEN

GEFÜHLE

VERSORGUNG

Februar 2012 // (D) € 5,80 // (A) € 6,00 // (CH) SFr 10.30 // www.chriscare.info // ISSN 1869-9944 // ZKZ 18 381


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Inhalt S. 4 S. 6 S. 8 S. 10 S. 14 S. 15 S. 18 S. 19 S. 22 S. 24 S. 26 S. 28 S. 31 S. 34 S. 39 S. 41 S. 43 S. 44 S. 47 S. 48 S. 50

Kunst: Medizinfenster – Ein „Lebensbild“ Spiritualität: alter Begriff – neue Chancen Wie (er-)leben Sie Ihren Alltag mit Gott? Fünf Berichte. Wenn Hoffnung in die Welt tritt „Gönne Dich Dir selbst!“ Offenheit für Spirituelles hilft helfen Lesetipp: Von den Wunden des Herzens Auf den Spuren der „Heiler des Umsonst“ Für andere da sein, ohne sich selbst zu verlieren Personen Arbeit, Gesundheit, Spiritualität & Religiosität Bibel: „Er hat alles wohl gemacht“ Christen im Gesundheitswesen (CiG) Nachrichten Literatur: Buchtipps Impressum & Glosse: Spiritualität im Alltag ist vielleicht… Beten während des Alltags Globale Gesundheitsrechte Termine: Tagungen, Seminare & Konferenzen Alle sind einzigartig Leserbriefe

Inhal t

Herausgeberkreis: Sr. Patricia Baumann (Untermarchtal), Pflegeheimleiterin; Pastor Frank Fornaçon (Ahnatal), Redaktion ChrisCare;

Dr. theol. Astrid Giebel (Berlin), Pastorin und Krankenschwester, Referentin Diakonie Bundesverband; Bettina Gundlach (Aumühle), Ärztin im Sozialpsychiatrischen Dienst, Vorstand Christen im Gesundheitswesen (CiG); Günther Gundlach (Aumühle), Geschäftsführer CiG;

Annette Meussling-Sentpali (München), Dipl.-Pflegewirtin, MScN, Referentin Caritasverband (München), Fortbildung Caritas; Dr. med.

Georg Schiffner (Aumühle), Internist, Vorsitzender CiG; Hans-Arved Willberg (Karlsruhe), Theologe und Pastoraltherapeut; Dr. med. Monika Windsor (Berlin), Anästhesistin, palliative care

Fachbeirat: Dr. theol. Peter Bartmann (Berlin), Gesundheitsökonom, Diakonie Bundesverband; Reinhild Bohlmann (Hofgeismar), Bund

freiberuflicher Hebammen Deutschlands BfHD e.V.; Prof. Dr. med. Andreas Broocks (Schwerin), Ärztl. Direktor Carl-Friedrich-Flemming-Klinik, HELIOS-Kliniken; Ulrike Döring (Wiesbaden), Vorsitzende Arbeitsgemeinschaft christlicher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen in Deutschland e.V.; Paul Donders (Niederlande), Leitung xpand international; Prof. Dr. theol. Ralf Dziewas (Bernau), Theologisches Seminar (Fachhochschule) Elstal; Heribert Elfgen (Aachen), Physiotherapeut, Dipl. Musiktherapeut; Claudia Elwert (Karlsruhe), Physiotherapeutin, Mitarbeiterin Zentrum für Gesundheit-Therapie-Heilung; Sr. Hildegard Faupel (Springe), Theologin, Pädagogin; Dr. med. Martin Grabe (Oberursel), Chefarzt Psychosomatik Klinik Hohe Mark, Vorsitzender Akademie für Psychotherapie und Seelsorge e.V.; Dr. med. René Hefti (Langenthal), Chefarzt SGM Klinik Langenthal, Ltg. Forschungsinstitut Spiritualität & Gesundheit; Sr. M. Basina Kloos (Waldbreitbach), Franziskanerin, Generaloberin; Sr. Anna Luisa Kotz (Untermarchtal), Vorstand Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul; Reinhard Köller (Aumühle), Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren; Pfarrer Ulrich Laepple (Berlin), Referent Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste; Dipl.-Kfm. Cord Meyer (Reinbek), Hauptgeschäftsführer Albertinen-Diakoniewerk e.V.; Dr. med. Gabriele Müller (Frankfurt a. M.), Anästhesistin am Schmerz- und Palliativzentrum Rhein-Main; Rolf Nussbaumer (Herisau), Schule für christlich ganzheitliche Heilverfahren; Weihbischof Thomas Maria Renz (Rottenburg), Diözese Rottenburg-Stuttgart; Dr. theol. HeinrichChristian Rust (Braunschweig), Pastor der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde Braunschweig, Friedenskirche; Dr. med. Claudia Schark (Tübingen), Internistin, Geriatrie, Oberärztin Reha-Klinik Böblingen; Oberin Andrea Trenner (Berlin), Oberin Johanniter Schwesternschaft; Dr. phil. Michael Utsch (Berlin), Psychotherapeut, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen


EDITORIAL

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Liebe Leserin, lieber Leser, mit Spiritualität kommt man gut an. Vor allem unter religiös aufgeschlossenen, aber nicht an Kirche interessierten Bildungsbürgern erlebt der Begriff einen Boom. Wer im Ökoladen die Aushänge am Schwarzen Brett betrachtet, der findet das ganze Spektrum spiritueller Angebote: Reiki und Selbsterfahrung, Engelbegegnungen und Lachseminare. Während so Spiritualität oft mit Esoterik gleichgesetzt wird, ist der Begriff vielfältiger. Im Kontext von Medizin, Therapie und Pflege wird Spiritualität viel mehr als anthropologische Dimension verstanden, die jedem – auch dem sich nicht als religiös oder gar esoterisch verstehenden – Menschen inne wohnt. Wenn wir in ChrisCare von Spiritualität sprechen, dann füllen wir den Begriff in seinem ursprünglichen Sinn. Da war vor allem das geistliche Leben gemeint, das durch den Geist Gottes geprägt und auf Jesus hin ausgerichtet ist. Diese Füllung ist uns wichtig, weil der Inhalt spirituellen Handelns und Denkens über die Wirkung entscheidet. Um Unterscheidung kommt man also nicht herum, wenn man sich im Markt religiöser Angebote behaupten will. Die Kriterien sind in erster Linie beim Blick ins Neue Testament zu gewinnen: Wenn da der Geist des Herrn als Geist der Freiheit beschrieben wird, ist das ein eindeutiger Prüfstein. Wo spirituelle Angebote Menschen in die Enge führen, sie zwingen und niederdrücken, da wirkt offenbar ein anderer Geist. Ein weiteres Kriterium: Der Geist Gottes verweist auf Jesus, den Herrn. Diesem ist alles untergeordnet. Und wer auf Jesus vertraut, der kann die Fülle menschlicher Möglichkeiten nutzen. Er ist frei zu forschen und zu entdecken, weil die Schöpfung Gottes Geschenk an uns Menschen ist. Der Geist Gottes ist in der ganzen Schöpfung am Werk und schafft Leben. Schließlich weckt der Geist Gottes Hoffnung und fördert unser Vertrauen. Wer in einer lebendigen Beziehung zu Gottes Kraft steht, der wird dadurch gestärkt. Aber – und da unterscheidet sich noch einmal christliche von esoterischer Spiritualität – er wird Gottes Souveränität achten und darauf verzichten, Gott zu instrumentalisieren. Nicht wir verfügen über Gott, sondern wir vertrauen darauf, dass er es gut mit uns macht. Ihre

Bettina Gundlach

Wir sind Partner:

ChrisCare

&

Frank Fornaçon


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KUNST

Medizinfenster Ein „Lebensbild“ des Künstlers Johannes Schreiter Ausnahme eines „Probefensters“, des „Physikfensters“, wurden die Entwürfe nicht zu fertigen Glasfenstern für die Heilig-Geist-Kirche in Heidelberg ausgearbeitet und als Fenster eingesetzt.

Es war im Jahre 1977, als Johannes Schreiter den Auftrag erhielt, einige Entwürfe für die zu erneuernden Fenster der Heilig-Geist-Kirche in Heidelberg anzufertigen. In den Jahren nach 1977 entstanden dann insgesamt zwölf Entwürfe zur Neugestaltung der Fenster der Kirche. Die Bild-Entwürfe zu den Kirchenfenstern erzählen keine biblischen Geschichten (nach). Und Figuren großer heiliger Frauen und Männer aus Geschichte und Gegenwart sind darauf auch nicht zu sehen. Zu den Entwürfen, die Johannes Schreiter damals fertigte, gehörte neben einem „Biologiefenster“, einem „Physikfenster“, einem „Musikfenster“, einem „Philosophieund Literaturfenster“ usw. eben auch der aus dem Jahre 1987 stammende Entwurf zu einem „Medizinfenster“, welches das Schicksal aller von Johannes Schreiter eingereichten Entwürfe teilte. Sie riefen teils Begeisterung und Befürwortung, teils Abneigung und Ablehnung hervor. Im Streit der Debatte um den Einbau der Fenster siegte dann die Partei der Kritiker der Entwürfe, die sich gegen die Ausarbeitung der Entwürfe und deren Einbau als Kirchenfenster aussprach. Mit

Jahre später vergab dann die Evangelische Kirche Hessen und Nassau den Auftrag zur Ausarbeitung des „Medizinfensters“. Der Entwurf wurde ausgeführt und damit das Fenster zum Leben erweckt. Interessierte Besucher können das Glasfenster seit 1996 in der täglich geöffneten Kirche des Elisabethstiftes in Darmstadt (Stiftskirche, Erbacher Straße 25, 64287 Darmstadt) besichtigen.

„Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder; Kunst macht sichtbar.“ So hat es der Maler und Grafiker Paul Klee (1879-1940) einmal gesagt. Fragen wir uns, was das „Medizinfenster“ – es gilt als eines der berühmtesten des Künstlers Johannes Schreiter – sichtbar macht! Links oben auf dem „Medizinfenster“ leuchtet weiß gezackt die Messlinie eines Cardiotocogramms (CTG) auf, das die Herztätigkeit eines noch ungeborenen Kindes im Mutterleib anzeigt und damit erste Lebenszeichen aufzeichnet. Darunter wird ein kleiner, blauer Stern sichtbar als Zeichen für die Geburt des Menschen. Die Wahl der Farbe Blau durch den Künstler – Zufall ist sie nicht. Die Farbe hat eine Botschaft. Blau: Das ist die Farbe der Weite des Himmels, das ist die Farbe der Tiefe des Meeres, und damit deutet sich schon an, dass sie die Farbe der Unendlichkeit ist und damit auch der Sehnsucht, die ins Unendliche geht. Blau ist die Farbe für das die Welt Überschrei-

tende, sie ist Farbe der Transzendenz und damit auch eine Farbe, die für die Wirklichkeit Gottes steht. Wenn der Künstler Johannes Schreiter – nicht ohne guten Grund – die Farbe Blau für die Stelle der Geburt eines Menschen wählt, will er damit wohl sagen: Dieses Menschenkind ist auch ein Gotteskind, Gott ist sein Woher, Gott ist sein Ursprung. Es kommt von Gott, hat sein Leben aus und von ihm. Was dann erscheint, sind helle Papierstreifen, die die aufgezeichneten Messwerte eines Elektrokardiogramms (EKG) zeigen. Wenn der Schein nicht trügt, handelt es sich dabei um die letzten Sekunden eines Menschenlebens. Erst sind die Ausschläge, die das EKG aufzeichnet, noch regel- und gleichmäßig, doch bald schon zeichnen sich erste unregel- und ungleichmäßige Messwerte ab, die Grund zur Beunruhigung sind. Das Lebensende scheint nahe zu kommen; bald wird es da sein. Der Tod wird eintreten. Er wird als eindringlicher Dauerton, der mit eingetretenem Herzstillstand ertönt, zu hören und als EKG-Nulllinie lesbar sein. Und so ist es dann auch. Das Leben geht – elektronisch messbar – zu Ende. Der Tod ist da, und ein Menschenleben zu Ende gegangen. Doch gerade an diesem Punkt verknüpft der Künstler das, wie Max Frisch (1911-1991) sagt – „trostlose“ – technologische Todesbild – die EKG-Null-Linie – mit einem Todesbild, das seine Charakteristik sowohl durch das Zeichen des Kreuzes als auch durch die Symbolkraft der Farbe Blau, die jetzt ein zweites Mal betont und bewusst vom Künstler eingesetzt wird, erhält. Die technologische Todeslinie öffnet sich jenseits des gemessenen (messbaren) Todes nach und nach zu einer zwar schmalen, sich dann doch zaghaft verbreiternden blauen Linie – die sich


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auf angebranntem Papier erstreckt, um dann urplötzlich einzumünden in ein breites blaues Farbfeld. Sichtbar gemacht ist damit die Botschaft: Wie Gott das Woher des Menschen ist, so ist Er auch dessen Wohin. Das Leben eines Menschen geht von Gott aus und es kehrt zu Ihm zurück. Diese theologische Aussage ist nicht technologisch messbar, künstlerisch darstellbar ist sie gleichwohl – sei es etwa wie in diesem Fall durch die Symbolik der Farbe Blau. Das Leben des Menschen ist umfangen von Gott, von dem es ausgeht und in den es wieder eingeht. Über den letzten Streifen Papier, der gewissermaßen die unterste Zeile des Fensters bildet, hat der Künstler einen dunklen Streifen gelegt. Durchaus denkbar, dass er damit sagen will, das Leben nach dem Tod sei messtechnisch nicht (er)fassbar, es sei kein erforschbares Objekt der wissenschaftlichen Empirie. Rechts unterhalb des Kreuzzeichens als Symbol des eingetretenen Todes ist ein Datum eingraviert. Das Datum – der 4. September 1965 – ist der Todestag des Theologen, Arztes, Organisten und Friedensnobelpreisträgers des Jahres 1952 Albert Schweitzer (1875-1965). Bekannt wurde dieser durch seine Arbeit in dem 1913 gegründeten Urwaldspital im westafrikanischen Lambaréné und durch die von ihm entwickelte und vertretene Idee einer Ethik der „Ehrfurcht vor dem Leben“. Seine Leitidee, sein Leitsatz der „Ehrfrucht vor dem Leben“ wurde unzähligen Menschen in der Welt zu einer nachahmenswerten Devise ihres Handelns. Ebenfalls eingraviert auf dem dunklen Streifen am unteren Bildrand des Fensters befindet sich die chemische Formel für das 1928 von Alexander Fleming (1881-1955) entdeckte Penicillin. Sie steht zeichenhaft für das

wissenschaftliche Bemühen, Leben zu retten. Bleibt noch zu betrachten und zu besprechen die Farbe Rot; als Farbe, die den überwiegenden Teil des Bildhinter- bzw. untergrunds auskleidet. Rot – das ist eine Farbe, die für vieles stehen kann. Im Gottesdienst der Darmstädter Evangelischen Stiftskirchengemeinde am 4. Februar 1996 sagte in seiner Predigt zur Einweihung des Medizinfensters Pfarrer Karl-Heinz Kimmel-Heinzerling zum roten Farbton des Bildhinter- bzw. -untergrunds: „Das dominierende, verschieden getönte Rot. Es wurde bisher nur erwähnt, nicht gedeutet. Es ist in der Tat vieldeutig. Es meint Blut und Wärme und Leben und Liebe und Feuer. Und: Rot ist die Farbe des heiligen Geistes, der die Kraft hat, Leben zu wandeln.“ Die Farbe Rot kann stehen für das Blut als Sitz des Lebens, wie es die Bibel bezeugt, für die Liebe zum und im Leben und nicht zuletzt für die lebenwandelnde und wohl auch lebenschaffende pfingstliche Kraft Gottes als Heiliger Geist. Gott ist – so besehen – demnach nicht der, der nur an den Rändern unseres Lebens – bei Geburt und Tod – da ist, der – wie es die Farbe Blau sinnbildlich zu verstehen gibt – als unser Woher und unser Wohin unser Dasein lediglich um- bzw. einrahmt und dazwischen nicht da wäre, so dass unser ganzes Leben zwischen Geburt und Tod sozusagen gott-los, ohne Ihn, Gott, gelebt werden müsste. Die Farbe Rot signalisiert, dass dem beileibe nicht so ist. Gott ist nicht der, der lediglich in den Ecken des Fensterrahmens da ist. Er ist der Gott, der die ganze Bildfläche des Fensters bestimmt. Und das hat wohl zu bedeuten, dass es auch in unserem Leben so ist. Gottes Dasein spannt sich über die ganze Fläche des Lebens zwischen Geburt und Tod.

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„Medizinfenster“ von Johannes Schreiter

Dr. Bernhard Sill, Professor für Moraltheologie mit Forschungsschwerpunkt in Spiritualität und Gebet, Eichstätt


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TITELTHEMA

Spiritualität: alter Begriff – neue Chancen 7 mögliche Schritte, christliche Spiritualität in den Berufsalltag einzubringen „Spiritualitäts-Begriff“ gezeigt. In Pflege, Therapie und Medizin hat insbesondere die Hospiz- und Palliativbewegung das bisher vorherrschende „Biopsychosoziale Modell“ um die Dimension der Spiritualität erweitert. Dies ist in der deutschen und internationalen Definition dieser Fachrichtung Geistliche Impulse für den Alltag als unverzichtbarer Bestandteil benannt. „Spiritualität“ ist durchaus eine In der Konfrontation mit den Grenzgute Überschrift, unter der Christen erfahrungen des Lebens – wie mit sich authentisch und zeitgemäß in unserer Sterblichkeit – hat sich das Gesundheitswesen einbringen Spiritualität als anthropologische können. Dies bedarf der Erklärung. Kategorie in der modernen Medizin Denn obwohl der Spiritualitäts-Begriff etabliert. Dies spiegelt sich u.a. in ursprünglich dem rein christlichen der Einrichtung des ersten deutschen Sprachgebrauch für das Heilig-GeistLehrstuhles für „Spiritual care“ im Wirken (sanctus spiritus) entstammt, Kontext der Palliativmedizin an der wird er heute viel allgemeiner Universität München wider. Von eingesetzt. Aspekte der Sinngebung, hier aus gehen neue Impulse in die der inneren Kraft und der Transzengesamte Medizin, zunächst insbedenzerfahrung werden assoziiert – sondere in die angrenzenden Gebiete ohne allgemein gültige Definition und der Onkologie und Geriatrie. insbesondere ohne Festlegung auf eine rein christliche Deutung. Hier entsteht ein Freiraum, gerade aufgrund der noch nicht festgelegten So haben bereits seit Jahrzehnten Begrifflichkeit mehr nach den Inhalten Gesundheitsangebote mit fernöstals nach der äußeren Form zu fragen. licher Spiritualität den deutschen „Christliche Spiritualität“ scheint sich Gesundheitsmarkt erobert. Zwischen im Gesundheitswesen leichter anspreTCM und Esoterik tummeln sich chen zu lassen als „christliche Religioseriöse und fragwürdige Angebote. sität“, die bei vielen Zeitgenossen mit Sogenannte „Alternative Heilverfahder geschichtlichen Last kirchlicher ren“ fordern zudem heraus, deren Fehlentwicklungen verbunden wird. Vereinbarkeit mit dem christlichen Menschenbild grundlegend zu prüfen. Wie aber können wir christliche Spiritualität in unseren Berufsalltag Annähernd parallel dazu hat sich einbringen? Folgende Stichworte aber eine weitere Entwicklung im können eine Hilfe sein:

1. Christliche Spiritualität persönlich leben Hier sind wir Zeit unseres Lebens Lernende und Beschenkte zugleich. Lebendige christliche Gemeinden, ein persönliches Gebetsleben und die Vielfalt christlicher Angebote zur Glaubensvertiefung bereichern unser Leben. Zweifel, Enttäuschungen und „Durststrecken des Glaubens“ gehören zu Reifeprozessen dazu, benötigen aber manches Mal gute geistliche Begleitung, die wir aktiv suchen sollten.

2. Die Vision christlicher Spiritualität im Gesundheitswesen aufnehmen Pflege, Therapie und Medizin lassen sich auch heute gut verbinden mit christlichem Glauben. Christliche Heilkunde hat 2000 Jahre Erfahrungsreichtum und zahlreiche Vorbilder, die uns inspirieren können. Gute Fortbildung braucht es hier genauso wie in anderen Bereichen unserer beruflichen Tätigkeit. Es lohnt sich, aktuelle wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu „Krankheit und Spiritualität“ wahr zu nehmen: z.B. Studien, die zeigen, dass auch heutzutage mit Erkrankungsschwere und Lebensalter die Suche nach Spiritualität zunimmt und eine positive persönliche Gottesbeziehung häufig als heilsamer Faktor erlebt wird. Meine Erfahrung ist, dass sich dies auch im Fachdialog mit Berufskollegen gut weitergeben lässt und bei seriöser Präsentation meist auf Interesse stößt.

3. Gebet im Berufsalltag aktiv gestalten Hier gilt es, einen persönlichen Weg zu finden, auch im Alltag des Gesundheitswesens das Gespräch mit Gott lebendig zu halten. Viele Christen nutzen die Zeit vor dem Arbeitsbeginn, um den Segen Gottes für ihr Tun zu


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erbitten. Vom Stoßgebet im OP bis zum Bibelvers auf dem Schreibtisch der Praxis, vom Kruzifix im Patientenzimmer bis zu den biblischen Losungen im Terminplaner – es gibt viele Möglichkeiten, die Gegenwart Gottes uns immer wieder bewusst zu machen. Bei all den Anforderungen des Gesundheitswesens ist es von großer Bedeutung, hier einen persönlich und situativ stimmigen Weg zu finden.

4. Christliche Spiritualität in die Patientenbegleitung einbringen Dies meint nicht in erster Linie das Gespräch über Glaubensfragen, sondern die innere Haltung, in der wir unseren Patienten begegnen. Mir hilft es, während einer Patientenbegleitung kurz inne zu halten und daran zu denken, dass mein Gegenüber ein von Gott geliebter Mensch ist, ja dass Christus selber gegenwärtig ist. Patienten spüren meist recht gut, mit welcher inneren Haltung wir ihnen begegnen. Und sie finden vielfältige Ausdrucksformen uns dies widerzuspiegeln.

5. Räume für Glaubensgespräch nutzen In einigen Patientenbegegnungen wird Raum entstehen für ein Gespräch über den Glauben. Wenn dies sensibel und authentisch geschieht, ist Dankbarkeit der Patienten die Regel und nicht die Ausnahme. Unter dem Stichwort, eine „spirituelle Anamnese“ erheben, ist es z.B. von medizinischen Fachgesellschaften in den USA offizielle Empfehlung, Patienten in schwerer Krankheit nach ihren spirituellen und religiösen Überzeugungen zu fragen, um hier ggfs. gezielt Unterstützung anbieten zu können. Für deutsche Verhältnisse können insbesondere zwei Fragen hilfreich sein: „Was gibt ihnen Kraft in der Bewältigung ihrer Erkrankung?“ – „Würden Sie sich im weitesten Sinn als gläubig bezeichnen?“ Der Paliativmediziner Professor Dr. Borasio in München, fand

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in einer Studie, dass 87% der Patienten letztgenannte Frage mit Ja beantworteten. Diese positive Reaktion kann wie ein Türöffner für ein Gespräch über Glaube und Gottvertrauen sein, dass wir mit ehrlicher Anteilnahme und – wo passend – durchaus persönlicher Ermutigung verbinden.

6. Angebote christlicher Seelsorge vermitteln Je nach beruflicher Situation werden wir Angebote christlicher Seelsorge vermitteln können. Hierzu ist die Vernetzung mit Seelsorgern und Geistlichen an unseren Arbeitsplätzen notwendig – und entlastend! „Ich bin nicht so einer, der jeden Sonntag in die Kirche rennt“, höre ich zwar sinngemäß von nicht wenigen Patienten als Distanzierung zur „Amtskirche“. Aber wenn ich den Seelsorger selbstverständlich als Mitglied unseres multiprofessionellen Behandlungsteams vorstelle oder ihm für seine „aufsuchende Seelsorge“ einen Hinweis gebe, kommen fast immer gute Begegnungen zustande. Geschulte Seelsorge weiß unsere Patienten in guter Weise zu begleiten – und auf ihre Art und Weise christliche Spiritualität anzubieten.

7. Christliche Spiritualität erfahrbar machen Obwohl eine Diskussion um theologische Fragen gelegentlich in Patientengesprächen auftauchen kann, ist die besondere Chance christlicher Spiritualität, zu neuen Erfahrungen zu verhelfen, die Trost und Kraft geben. Hier kann in einer geschützten Atmosphäre durchaus das Angebot eines Segnungsgebetes hilfreich sein, dass Patienten in aller Regel mit großer Dankbarkeit beantworten. „Wäre es Ihnen Recht, wenn ich jetzt um den Segen Gottes für Sie bete?“ wird nach meiner Erfahrung fast immer bejaht. „Sie wissen gar nicht, wie dankbar ich Ihnen bin!“, so die Reaktion einer Patientin nach einem kurzen persönlichen Segensgebet.

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Die Einladung zu Patientenandachten in stationären Einrichtungen ermöglichen gerade in der Krankheit neue Erfahrungen christlicher Spiritualität. Auch im ambulanten Bereich entstehen zunehmend spezielle Gottesdienste für Kranke und Notleidende – oftmals als Segnungsgottesdienst benannt. Wenn wir uns hier als Mitarbeiter im Gesundheitswesen einbringen, kann eine besonders authentische Erfahrung christlicher Spiritualität die Folge sein – und zwar für beide: für die Patienten sowie für uns als Mitarbeitende im Gesundheitswesen selber.

Dr. med. Georg Schiffner, Chefarzt Geriatriezentrum und Palliativbereich, Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand, Hamburg, Vorsitzender CiG e.V.


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TESTIMONIALS

Wie (er-)leben Sie Ihren Alltag mit Gott? Fünf Berichte Wie gut, dass ich nicht allein in den Kreißsaal geh. Ich bin sehr gerne Hebamme und freue mich immer wieder über das Wunder der Geburt. Aber es gibt auch Tage, da steht plötzlich die Verantwortung wie ein großer Berg vor mir. Eine werdende Mutter mit ihrem Kind durch die Geburt zu begleiten, braucht Weisheit. Wenn mich diese Verantwortung erschrecken will, bin ich so dankbar, direkt mit Jesus darüber reden zu dürfen. Ich erzähle ihm, was mich bewegt und dass ich fest mit ihm an meiner Seite rechne. In der Betreuung einer Patientin, die bereits einen Kaiserschnitt hatte, kam es zu Diskussionen mit dem diensthabenden freiberuflichen Anästhesisten. Dieser wollte erst gar nicht heimfahren, sondern gleich die Indikation zum weiteren Kaiserschnitt haben. Nach mehreren Stunden verließ er unfreundlich das Krankenhaus. Im Geburtsverlauf gab es gehäuft Situationen, die fast zum Kaiserschnitt geführt hätten. Bei dieser Geburt habe ich sehr viel Zeit im Flehen um Gottes Hilfe verbracht. Das Kind wurde dann auch gesund und ohne Komplikationen geboren. Ich war begeistert, dass wir so viel Hilfe erfahren durften. Wir haben einen zuverlässigen Herrn, der uns in den Launen anderer Menschen nicht allein gelassen hat. Als Mutter und Kind auf Station verlegt waren, bin ich mitten in der Nacht in mein Auto gestiegen und habe die Musik angemacht. Da erklang das Lied „Halleluja, Jesus tut Wunder...“, ich musste lachen und laut mitsingen.

Math.28,20: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Das macht meinen Alltag und Dienst so wertvoll. Esther Frost, Hebamme, Rotenburg / Fulda

Die Frage nach der Spiritualität im Alltag klopfte an, als mein alter Alltag grad mal auf Urlaub war. Ein neuer Alltag war eingezogen. Der gleiche Beruf in einem anderen Gewand. Das gleiche Leben in einem anderen Land. Ich absolviere gerade eine Fellowship in einer 8 Millionen Stadt, die nie schläft. Ein halbes Jahr Skoliosechirurgie in London. Hier kann ich viel sehen, staunen, hören. Um mich herum viele Menschen, viele Kulturen, viele Sprachen und Stimmen. Viel Lärm, viele Smartphones, viele Smartboys auf den Plakaten. Viele Möglichkeiten, viel Zerstreuung. Worauf höre ich? Auch mit meinem Fahrrad muss ich aufpassen. Dass ich nicht unter die Räder komme. Der Großstadtverkehr stinkt vornehmlich nach alten Dieseltaxis, mindestens 20.000. Euronorm Null. Nur 30 Minuten Arbeitsweg in der Großstadtluft. Schon muss ich mein Hemd waschen. Der Kragen ist grau. Der Geruch der Welt klebt an mir. Ganz von alleine. Unter Spiritualität verstehe ich das Leben in Gottes Gegenwart. Mitten in der Welt. Für die Welt. Trotz der Welt. Die Welt umgibt mich. Sie ist ganz von alleine da. In die Nähe zu Gott komme ich nicht von alleine. Die tägliche Rückkehr zu Gott muss ich einüben. Weil (bei mir) das Einüben ungemein anfällig ist für Ablenkung und Verzweiflung, brauche ich dringend Gemeinschaft. Jesus sieht das auch so.

Einer erzählt, der andere sagt, was ihm auffällt: „Warum hast du auf den Chef gereizt reagiert? Warum bist du so träge in der gestellten Aufgabe?“ Das hilft mir, Gottes Reden im Alltag zu hören. Er ist ja immer da. Ganz von alleine. Zu schnell frage ich, was ich für Gott tun kann, bevor ich bin, der ich sein soll. Dabei habe ich schon mehrfach(!) erlebt, wie das aussehen kann, wenn ich einfach nur in ihm bin: Eine Patientin war von einigen Ärzten beraten, behandelt und verunsichert worden. Nach einem herzhaften Gespräch über die notwendige Operation will ich ihr die Risiken schildern. Gelassen winkt sie ab: „Hier spüre ich jetzt, die Entscheidung ist richtig. Es ist gut so. Mehr brauche ich nicht zu wissen.“ Dr. med. Christoph Wierscher, Facharzt für Orthopädie, London

Ich genieße jeden Morgen meine Fahrt zur Arbeit, nehme die Landschaft und das Wetter, den Himmel und die aufgehende Sonne wahr und höre gern die aktuellen Nachrichten im Radio – beim Ortsschild meines Arbeitsortes jedoch schalte ich spätestens mein Autoradio aus, bete für den Tag mit seinen beruflichen Anforderungen, bete um Schutz vor (Behandlungs-)Fehlern und um die richtigen Antworten und Entscheidungen. Ich mache mir dadurch bewusst, dass ich Christ bin, nicht allein, sondern von ihm beauftragt und begleitet bin. Darum bekreuzige ich mich, bevor ich an


Wie prägt die individuelle Spiritualität den Alltag von Christen, die in Gesundheitsberufen 1/2012tätig CHRISCARE sind, 9 deren Arbeitsplatz die Klinik oder die Praxis ist? Wir haben Mitglieder von Christen im Gesundheitswesen e.V. mit unterschiedlichem konfessionellen Hintergrund gefragt, was ihnen zu diesem Thema in den Sinn kommt. Ihre Antworten sind bunt wie das Leben.

meinem Arbeitsplatz ankomme, aus dem Auto steige und den Kollegen und Patienten begegne... Am Ortseingang gibt es einen Straßenkreisel, mit dem ich ebenfalls eine konkrete Glaubenserfahrung verbinde: Als ich noch in der Akutpsychiatrie eines Krankenhauses arbeitete und manchmal mit Ängsten zum Nachtdienst fuhr, vor dem Ungewissen und manchmal auch dem Gefährlichen, was mich dort erwarten könnte, überlegte ich an diesem Kreisel, warum ich mir „das“ eigentlich antäte und wieso ich nicht um den Kreisel ganz herum und einfach wieder zurück nach Hause fahren könnte, mich entweder krank meldete oder die Arbeit kündigte… Ich erlebte dann mehrfach ganz konkret, dass ein ermutigendes Bibelwort in meinen Gedanken auftauchte, woraufhin es mir gelang, meine Ängste zu besiegen und getröstet weiter zu fahren, in dem Wissen, dass ER (Jesus selbst) Herr und Sieger ist über jede Situation und alle Angst, auch die meinige: „Wenn der Herr mit mir ist, was können mir Menschen tun…“ – „In der Welt habt Ihr Angst, aber siehe, ich habe sie überwunden“. In meinem Büro habe ich ein kleines Kreuz vor meinem PC-Bildschirm liegen, das mich immer wieder beiläufig daran erinnert, dass „Jesus bei mir ist in allem was ich tue, ebenso bei allen Patienten und Kollegen, alle Tage bis an das Ende der Welt“. Dort, wo meine Verantwortung endet, kann ich für die mir anvertrauten Menschen und Entscheidungen beten und sie Ihm anbefehlen, der die Verantwortung weiter trägt, seine Menschen liebt und Heilung in umfassenden Sinne wirken kann. Barbara Spohn, Ärztin, Hamburg

Ich arbeite im Sozialpsychiatrischen Dienst. Kontakte, Begegnungen und Erfahrungen sind vielfältig. Am Telefon ist eine verzweifelte, alleinerziehende Mutter eines 21-Jährigen. Ab seinem 16. Lebensjahr fing er an, Drogen zu konsumieren, seine Ausbildung hat er abgebrochen. Er verlangt Geld. Sie tut alles für ihn. Sie liebt ihn, ist hilflos, weißt nicht, wie es weitergehen soll. Bei der Polizei befindet sich ein 45-Jähriger. Er hatte bei seiner Lebensgefährtin seinen Suizid angekündigt. Die Polizei hat ihn aufgesucht, die Tür aufgebrochen und ihn vor einem Abschiedsbrief sitzend, alkoholisiert, aufgefunden. Ins Büro kommt ein 35-jähriger Iraker. Er ist mit seiner Frau, die im Irak im Krieg mehrfach vergewaltigt worden ist, nach Deutschland geflohen. Sie haben 2 Kinder. Jetzt ist sie weggezogen. Er weiß nicht wohin. Zuletzt war sie wegen einer manischen Psychose in Behandlung. Drei von vielen Begegnungen. Menschen, verzweifelt, am Abgrund, orientierungslos, hilfesuchend. Am Abend fahre ich nach Hause. Es geht über die Elbe. Bevor ich den Fluss überquere, ziehen an mir noch mal die wichtigsten Ereignisse, Begegnungen, Erfahrungen des Tages vorbei. Ich lasse es auf der schleswig-holsteinischen Elbseite. Mit dem Vertrauen, dass all diese Menschen und ihre Lebensgeschichten auch ein Teil Gottes und damit wertvoll, gewollt und wie auch immer begleitet sind. Während ich über die Elbe fahre, wird mir bewusst, dass unser Leben in Bewegung ist. Es ändert sich. Und vielleicht gibt es morgen Lösungen und Erklärungen, an die ich heute nicht mal gedacht habe. Auf der südlichen Seite der Elbe erwartet mich meine Familie. Schön, sie in den Armen zu haben, begrüßt und geliebt

zu werden. Die Kraft, die ich brauche und bekomme, um am nächsten Morgen wieder auf die andere Elbseite zu fahren. Andreas Adelmeyer, Sozialpädagoge, Geesthacht

„Ist es nicht herrlich?“ Spiritualität im Alltag heißt für mich, immer wieder im Lauf des Tages eine „Kontaktaufnahme“ nach oben herzustellen, um mir bewusst zu machen, das ich nicht alleine das Leben zu regeln habe! Unsere Ordensgemeinschaft wählt jedes Jahr ein Thema, das uns das Jahr über begleitet. Im letzten Jahr hatten wir einen Vers aus dem Timotheusbrief: „Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“. Dieses „starke“ Wort hat mir in unzählig vielen Begegnungen und Situationen im letzten Jahr geholfen. Wenn ich der Begleitung von Sterbenden und den Angehörigen an meine Grenzen kam und mir oft Angst und Bange war, wie ich die Situation meistern soll, da war es da. Vor wichtigen Personalgesprächen, in denen ich oft „Klartext“ reden musste und mir in der Vorbereitung schon manch belastender Gedanke die Ruhe raubte, da war es da. Gott hält für mich eine unendliche Quelle der Stärkung bereit – in allen Lebenslagen und Situationen – „Gott sei DANK“. Das Thema für dieses Jahr ist ein Wort unserer Mit-Ordensgründerin Luise von Marillac: „Ist es nicht herrlich, mit Gott an der Erfüllung seiner Pläne mitwirken zu dürfen?“ Sr. Patricia Baumann, Pflegeheimleiterin, Untermarchtal


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Wenn Hoffnung in die Welt tritt Diakonie im Spannungsfeld zwischen christlicher Hoffnung und säkularer Gesellschaft

Die Theologen haben in der Tradition die Hoffnung eine übernatürliche Tugend genannt, also eine von Gott eingegossene Haltung. Ich möchte von den natürlichen Bedingungen reden, unter denen Menschen hoffen können. Was sind unsere Bedingungen, zu hoffen, dem Leben einen Sinn abzugewinnen und in Gewissheit zu arbeiten? Man kann sich selbst nur erkennen, indem man sich vergleicht. Also versuche ich zunächst, die Welt eines Diakons zu beschreiben, eines Bruders aus dem „Gehilfeninstitut“, das Johann Hinrich Wichern 1839 eröffnet hat. Nicht nur die Kinder, mit denen er umging, auch er selber lebte in einer armen Welt. Das Brot war nicht selbstverständlich, nicht das Dach über dem Kopf der Menschen, nicht der Friede und nicht die Heilung ihrer Krankheiten. In kargen Welten denkt man nicht über die Hoffnung nach. Man hat die große Frage umgemünzt in kleine Fragen: Was werden wir essen? Wie werden wir über den Winter kommen? Wie werden wir uns kleiden? Man hatte keine Zeit für die Hoffnungslosigkeit. Karge Welten sind keine liberalen Welten. Man lebt in Zusammenhängen oder man verkommt. Die Beachtung des einzelnen Subjekts entsteht meistens nur da, wo die Grundbedürfnisse des Lebens gesichert sind. Karge Welten sind Welten hoher Disziplinierung. Strafen sind selbstverständlich. Nicht dass das Rauhe Haus eine Stelle strenger Zucht war, ist verwunderlich, sondern verwunderlich ist, dass die körperliche Züchtigung dort geächtet war. Mein Diakon, sagen wir von 1850, war ein Nesthocker. Er lebte in einer immo-

bilen Welt, zunächst wörtlich. Für ihn war ein Gang in die Innenstadt selten; der Weg nach Bremen eine große Reise. Mein Diakon kannte hauptsächlich sich selbst, seinen Ort, seinen Glauben, die Vorstellungen im Rauhen Haus. Er kannte seine Kirchenlieder und sein Evangelium. Diese seine Umwelt aber kannte er genau. Er war also ein Wissender und Unwissender zugleich. Er kannte das Seine und war nicht irritiert durch das Fremde. Er hatte Texte der Hoffnung, an denen der Zweifel kaum nagte. Mein Diakon kannte Sitten. Ich meine dies nicht moralisch. Er kannte eingeschliffene und feste Abläufe. Er wusste, dass Losungen zu lesen waren und wann sie zu lesen waren. Er wusste, dass man in die Andacht und in die Gottesdienste ging. Er hatte ein fragloses Wissen, und Alternativen waren nicht denkbar. Er war nicht irritiert durch die vielen Möglichkeiten, denn er hatte sie nicht. Er kannte weder die Last noch die Gnade des Zweifels. Mein Diakon war fest eingebunden in ein soziales System. Er lebte unter der strengen Gemeinschaft der Brüder. Was wichtig und was zu tun war, wusste er nicht für sich allein. Er hat es auch den anderen von den Lippen gelesen. Er wusste, wie man zu leben und zu denken hatte, weil er es mit anderen zusammen wusste. Er lebte in fest vorgegebenen Sozialformen und Bindungen. Er hatte eine Hoffnung, die stark war, weil er sie mit anderen teilte. Mein Diakon wusste etwas von den großen Lebensstörungen, wie es Hunger, Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit waren. Er kannte aber nicht die größte Hoffnungs- und Glaubensverstörung des letzten Jahrhunderts. Er kannte Auschwitz nicht.

Ich mache einen Sprung und besehe mir die Lebens- und Hoffnungswelt eines Diakons oder einer Diakonin, wie sie unter Ihnen sitzen. Meine Diakonin lebt, liebt, arbeitet und hofft in einer fast völlig anderen Welt. Meine Diakonin kennt Brüche. Sie ist eine Durchreisende und nicht ein Nesthocker. Sie hat vielleicht in ihrer Jugend anders geglaubt, als sie es heute tut. Sie kennt andere Lebenslandschaften als die hiesige. Sie war vielleicht einmal Marxistin, dann hat sie der Esoterik angehangen und jetzt ist sie im Rauhen Haus. Sie war vielleicht verheiratet und ist geschieden oder wiederverheiratet. Wenn sie älter ist, hatte sie vielleicht einmal eine andere Auffassung von Erziehung, von der Kirche, von Sexualität, als sie es heute hat. Sie ist nestflüchtig. Sie lebt in der Zeit der Grenzöffnungen und der Grenzübertritte, wie man sie vor 100 Jahren nicht hat denken können. Ihr Aufenthaltsort ist die Zeitweiligkeit und die Vorläufigkeit. Sie kann und muss anders mit ihrem Leben und Glauben experimentieren. Meine Diakonin ist mobil, physisch und geistig. Sie surft gelegentlich durch die verschiedensten Lebens- und Glaubenswelten und manchmal ist sie in verschiedenen zugleich. Sie liest Dorothee Sölle und Anselm Grün. Sie liest die Losungen und schöne Sätze des islamischen Mystikers Rumi. Von einem mittelalterlichen Heiligen wird erzählt, er habe die Gabe der Bilocatio gehabt, die Gabe, an verschiedenen Orten zugleich zu sein. Meine Diakonin eifert ihm nach. Meine Diakonin lebt in einer liberalen Welt. Niemand zwingt sie, die Losungen zu lesen, in die Kirche zu gehen. Sie ist freier als mein alter Diakon, und sie ist einsamer. Ihre Freiheit ist ihr kostba-


Eingebunden in ein System...

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res Gut, das sie nie mehr verkaufen darf. Ihre Einsamkeit ist eine Last, mit der sie arbeiten muss. Sie muss ihre eigene Gesetzgeberin sein. Sie muss bestimmen, was sie glaubt, wie sie lebt, wie sie fromm ist: Sie muss herausfinden, was ihre Grenzen sind. Sie muss dauernd Entscheidungen treffen, die meinem alten Diakon immer schon vorgegeben waren. Sie hat also ein hohes Gut: Sie ist in der reicheren, weniger traditionalen und kontrollierten, in einer mobilen Welt mehr Subjekt und Meisterin ihrer selbst. Sie ist freier. Aber ihre Freiheit ist ein schmerzhaftes Glück. Kurz: Meine Diakonin ist, wie wir alle sind in heutiger Zeit: Sie steht der Welt, wie sie im Titel des Vortrags genannt ist, nicht gegenüber. Sie ist eine Dame von Welt. Wir sind Kinder dieser säkularen Gesellschaft und stehen ihr nicht einfach gegenüber. Wir sind die Welt, in der wir leben. Wir alle tragen die Signatur dieser Zeit, ob wir wollen oder nicht. Wir tragen ihren Reichtum und ihre Last. Ich möchte das große Wort Hoffnung eigentlich vermeiden. Ich frage mich stattdessen, wie können Sie in dieser Welt, deren Kinder Sie sind, mit Ihrer Arbeit, mit Ihrem Gelingen und Ihren Niederlagen leben? Wie können Sie arbeiten, ohne das niederdrückende Gefühl der Vergeblichkeit dieser Arbeit? Wie können Sie es ertragen, dass Sie selbst mit Ihrer Arbeit nur Fragment sind; dass Sie also nicht die Retter der Menschheit sind? Wir leben zugleich in einer Gesellschaft, die Niederlagen nicht liebt und die die Sieger ehrt. Wir leben in einer Gesellschaft, deren Wissen groß und deren Weisheit schwach ist, eine Gesellschaft, in der vor allem Stärke und Ganzheit gewürdigt werden. Sieger sind nicht nur anderen gegenüber unerbittlich, sie sind es auch sich selbst gegenüber. Ich will ein auf den ersten Blick abwegiges

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Beispiel eines solchen unerbittlichen Ganzheitszwanges nennen: der Zwang, einen schönen Körper zu haben, und der Hass gegen sich selber, wo man sich nicht perfekt findet. Ich imaginiere die Schwierigkeiten, die Asymmetrien derer, die in Krankenhäusern, in Altersheimen, in Behindertenanstalten und Hospizen arbeiten: • Sie erleben die Asymmetrie zwischen ihrer Arbeit und ihrem persönlichen Leben. Sie leben wie alle anderen ein normales Leben, haben eine Familie, sie freuen sich an der Natur, haben gerne Urlaub und Feierabend. Zugleich erleben sie in ihrer Arbeit gehäuftes Unglück, Niederlagen, vergehendes Leben und Tod. Welche geistige und seelische Souveränität ist nötig, um dieses Leben auszuhalten, ohne in Resignation und Zynismus zu verfallen? • Sie erleben eine Gesellschaft, die sich hauptsächlich in ihrem Können und Gelingen einleuchtet. Eine Gesellschaft, deren Subjekte, sich in ihren Stärken einleuchtet; in ihren beruflichen Stärken; in ihrer Gesundheit, in ihrer Gepflegtheit und Schönheit und in ihrem Funktionieren.

Professor Dr. Fullbert Steffensky, emeritierter Professor für Religionspädagogik in Hamburg. Der Text ist ein Auzug aus einem Vortrag auf dem Brüder- und Schwesterntag des Rauhen Hauses in Hamburg. Das Rauhe Haus wurde im 19. Jahrhundert von Johann Hinrich Wichern gegründet und ist heute ein wichtiger Anbieter sozialer Dienste.

• Sie erleben eine Gesellschaft, in der Sinn durch Effektivität und Rentabilität ersetzt ist. Diese Gesellschaft ist bereit, für Effekte zu zahlen, nicht ohne weiteres für Sinn und sinnvolles Handeln. Eine Aktivität aber, welche die Kunst der Passivität nicht kennt, wird bedenkenlos, ziellos und erbar-

Wir leben in einer Gesellschaft, deren Wissen groß und deren Weisheit schwach ist.

• Sie erleben eine Gesellschaft, in der berufliche Niederlagen nicht vorgesehen sind, wie überhaupt Niederlagen nicht vorgesehen sind. Sie steht unter Siegeszwängen. Wer im Krankenhaus oder mit arbeitslosen Jugendlichen zu tun hat, hat vielleicht mehr Niederlagen als Siege zu verzeichnen.

mungslos. Die passiven Stärken des Menschen gehen verloren: die Geduld, die Langsamkeit, die Stillefähigkeit, die Hörfähigkeit, das Wartenkönnen, das Lassen, die Gelassenheit; um zwei alte Worte zu nennen: die Ehrfurcht und die Demut. Ich nenne dagegen ein zentrales Wort aus unserer Tradition: Gnade. Gnade


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heißt, dass ich bin, weil mir zu meinem Sein verholfen wird. Es ist mir erlaubt, ein bedürftiges Wesen zu sein. Das, wovon wir eigentlich leben, können wir nicht herstellen: nicht die Liebe, nicht die Freundschaft, nicht die Vergebung, nicht die eigene Ganzheit und Unversehrtheit. Ich kann Fragment sein, und ich brauche mich nicht in der Jagd nach meiner eigenen Ganzheit erschöpfen. Ich muss mich nicht selber bezeugen. „Der Geist gibt Zeugnis unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind“, heißt es im 8. Kapitel des Römerbriefes. Man kann sich nicht selbst bezeugen, ohne der Verurteilung zu verfallen. Gnade ist also nicht der Differenzbegriff zwischen dem großen Gott und dem kleinen Menschen. Gnade heißt Befreiung von dem Zwang, sein eigener Hersteller und Ganzmacher zu sein. Die erste Folge der Bedürftigkeit, die man sich eingestanden hat, wäre es, sich als Ganzer im Fragment zu erkennen. Gegen die Chaosängste alter Zeiten gab es immerhin den Glauben, dass Gott das Zerbrochene ansieht und sich dem Zersplitterten zuneigt. Man war also nicht völlig auf die eigene Ganzheit angewiesen. Die Ganzheitszwänge steigen da, wo der Glaube schwindet.

Wer an Gott glaubt, braucht nicht Gott zu sein und Gott zu spielen. Er muss nicht der Gesündeste, der Stärkste, der Schönste, der Erfolgreichste sein. Er ist nicht gezwungen, völliger Souverän seines eigenen Lebens zu sein. Wo aber der Glaube zerbricht, da ist dem Menschen die nicht zu tragende Last der Verantwortung für die eigene Ganzheit auferlegt. Es wächst ein merkwürdiges neues Leiden, das durch überhöhte Erwartung an das Leben und der Subjekte an sich selber entsteht. Mein Körper soll fit sein bis ins hohe Alter, mein Aussehen schön. Mein Beruf soll mich erfüllen und meine Arbeit soll mir ganz

gelingen. Meine Ehe soll ungetrübt glücklich sein. Der Partner soll der beste Liebhaber sein. Solche Totalitätserwartungen an eine Liebe programmieren ihr Scheitern. So ist das Leben nicht. Die meisten Ehen gelingen halb, und das ist viel. Meistens ist man nur ein halb guter Vater, eine halb gute Sozialarbeiterin, ein halb guter Therapeut. Und das ist viel. Gegen den Totalitätsterror möchte ich die gelungene Halbheit loben. Die Süße und die Schönheit des Lebens liegt nicht am Ende, im vollkommenen Gelingen und in der Ganzheit. Das Leben ist endlich, nicht nur weil wir sterben müssen. Hoffen lernt man auch dadurch, dass man handelt, als sei Rettung und Gelingen möglich. Zu handeln, als gäbe es einen guten Ausgang, sind wir einmal uns selber schuldig. Man entwürdigt sich und spricht sich selber Subjektivität ab, wenn man die Dinge zu ihrem Unglück treiben lässt.

Es gibt im Bezug zur Hoffnung eine rechte und eine linke Gefahr. Die rechte Gefahr ist der grundlose Optimismus und die Unfähigkeit, dem möglichen Unglück und Verderben ins Auge zu sehen. Die linke Gefahr; die Gefahr vor allem derer, die an den Stellen der Lebensuntergänge arbeiten. Sie sehen nur noch Unglück und sie erschöpfen sich darin, Panoramen der Untergänge zu beschreiben. Es gibt auch den schwarzen Kitsch der Unglücksbeschreibungen. Man muss auch Widersprüche wahrnehmen können und sie suchen. Nur an Widersprüchen kann man arbeiten. Genau sein in der Beschreibung des Unglücks, ist eine Bedingung der Hoffnung. Vielleicht muss der zynisch werden, der viel weiß, aber aus der Rolle des Betrachters nicht herauskommt. Die Welt und der Lauf der Dinge leuchten dem nicht ein, der nur Zuschauer ist. Einem Hungernden zu essen zu geben, einen Kranken zu waschen, ein Kind zu trösten, vor einem Giftgaslager die Straßen zu blockieren, gegen die

Zerstörung des Klimas zu arbeiten, das hat seinen Sinn in sich selbst. An dieser Arbeit nagt der Zweifel weniger als an der Seele des reinen Zuschauers. Gegen den Tod zu kämpfen, schließt Lebenszweifel aus, zumindest raubt es ihnen Kraft.

Es gibt drei Grundnahrungsmittel der Hoffnung. Das Gebet. Es ist die Stelle, an der man über die Widersprüchlichkeit der Welt und des Lebens hinauskommt. Keine philosophische Erklärung und kein theologisches System versöhnen uns mit den Widersprüchen unseres eigenen Lebens und mit der Dunkelheit Gottes. Das Gebet ist die Stelle, an der man weiter springt, als man springen kann. Was ich nicht in Worten und Argumenten sagen kann, das behaupte ich im Gebet. Dort preist man Gott für seine Güte und Treue, selbst wenn wir im Leben so Vieler seine Güte vermissen. Dort sagt man noch im Fallen die Worte des Psalms: „Du bist mein Fels, meine Hilfe, mein Schutz, dass ich gewiss nicht fallen werde“ (Ps. 62). Dort – und nur dort – ist man gewiss, dass Gott uns auf grüner Aue weidet. Das Gebet ist die Stelle der kecken Hoffnung. Das Gebet gräbt die Hoffnung in unsere Seelen. Darum kann ich mir eine Kirche, ein geistliches Leben nicht vorstellen, in dem das Gebet nicht eine zentrale Bedeutung hat. Das ist keine Flucht in die Innerlichkeit und Privatheit. Es ist eine Weise, die Lebenden und die Toten nicht aufzugeben. Das Gebet ist die eigentliche Gestalt unserer Hoffnung. Tradition. Ich beginne mit einem Bild. Unsere Enkelkinder, als sie noch klein waren, schlappten gerne in unseren Schuhen durch die Wohnung. Sie spielten, sie wären wir. Was tun wir, wenn wir im Glaubensbekenntnis sprechen, hinabgestiegen in die Unterwelt, aufgefahren in den Himmel? Was tun wir, wenn wir


...sind wir alle nur Menschen

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die anderen großen Sätze dieses Bekenntnisses oder unserer Tradition sprechen? Wir schlappen in der Sprache und in den Bildern unserer Toten durch diese Kirche. Diese Sprache passt uns nicht ganz; wir haben sie uns nicht ausgedacht. Es sind oft zu große Worte für unseren kleinen Glauben, für unsere karge Hoffnung und für unser beschränktes Verstehen. Sie ist uns so fremd, wie unsere Schuhe den Enkeln fremd sind. Sie ist uns so nah, wie unsere Schuhe den Enkeln nah sind. Ein Glück, dass man eine Fremdsprache hat, in die man seine eigene kleine Hoffnung bergen kann. Wenn ich einen Psalm bete, wenn ich die Texte höre, die von der Rettung des Lebens sprechen, dann berge ich mich in eine Sprache, die mir die Toten vorgewärmt haben. Ich lese in meiner Bibel: „Die Erde ist voll von deiner Güte.“ Wenn ich sehe, was in der Welt geschieht, habe ich meine Zweifel an diesem Satz. Aber so hat Bonhoeffer im Gefängnis gesprochen, und so spreche ich diesen Satz nach. Ich zitiere, wenn ich auf das Land hoffe, aus dem die Seufzer geflossen sind. Ich zitiere die Apokalypse, wenn ich behaupte, dass es einen neuen Himmel und eine neue Erde geben wird und dass der Tod nicht mehr sein wird, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz. Welch ein Glück, dass man eine Fremdsprache für den Glauben hat. In der fremden Sprache, in den Geschichten und den Anzeige

Bildern von gestern berge ich meinen Glauben unter der Maske der Toten. Ich stehe nicht allein. Nicht einmal für meinen Glauben. Ich benutze die Sprache meiner lebenden und toten Geschwister, und ich benutze damit ihren Glauben. Ich glaube den Toten ihren Glauben. In den Formeln, in den fremden Sprachen der Toten springe ich weit über mein Sprachvermögen hinaus. Ich spiele den Clown in der Sprache der anderen und lese ihnen die Hoffnung von den Lippen. Ich frage nicht dauernd, ob das richtig oder falsch ist. Ich lese ihren Glauben, ich lerne ihren Glauben. Es ist mir zu buchhalterisch, darauf zu bestehen, alles allein vor dem eigenen Verstand und Gewissen verantworten zu wollen. Mein Herz verantwortet nicht die große Sprache, die die Auferstehung der Toten und der Sturz der Tyrannen nennt. Oft spricht man sie wie fremde Sätze gegen das eigene Herz. Es gibt Menschen, die es nicht ertragen, Söhne oder Töchter zu sein, eine Herkunft und eine Tradition zu haben. Sie ertragen es nicht, Tote zu haben, die vor ihnen gelacht, geweint, geliebt und geträumt und ihren Glauben gestammelt haben. Sie sind gezwungen, Originale zu sein und alles im eigenen Namen zu tun, in der eigenen Sprache zu sprechen und vor dem eigenen Verstand zu verantworten. Gemeinschaft. Man kann nicht als Einzelner überleben. Man verhun-

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gert, wenn man allein ist. Unser großes Geschenk: Wir sind nicht allein. Wir haben eine Kirche und Sie haben die kostbare Gemeinschaft der Brüder und Schwestern. Wir haben unsere Gottesdienste, in denen wir einander die Hoffnung von den Lippen lesen. Ich erzähle eine Geschichte aus der klösterlichen Tradition. Ein Mönch verfiel in eine tiefe seelische Dürre und er bat seinen Abt, von den Chorgebeten dispensiert zu werden, weil sein Herz den Worten der Psalmen und Gebete nicht nachkommen könne. Der Abt hat ihm nicht erlaubt, dem gemeinsamen Gebet fern zu bleiben. Er hat ihn auch nicht gezwungen mitzubeten, was er nicht beten konnte. Er hat zu ihm gesagt: „Geh hin und schau, wie deine Brüder beten.“ Er in seiner geistlichen Armut soll sich nicht selber Maßstab sein. Er soll hingehen und seine Dürre mit der Möglichkeit vergleichen, die seine Brüder schon haben. Noch kann er selber nicht hoffen und beten. Aber er kann schon zusehen, wie andere es können. Damit ist seiner Lebenskargheit die Absolutheit genommen. Sie als Brüder und Schwestern sind eine Glaubensverleihanstalt. Wir glauben unseren Geschwistern den Glauben, mit dem sie beten und singen. Auch das ist eine Weise zu glauben, den Glauben der Lebenden und Geschwister zu glauben.


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STANDPUNKT PHILOSOPHIE

„Gönne Dich Dir selbst!“ Gedanken zu einer Lebensregel des Bernhard v. Clairvaux

Wer immer er war, der heilige Bernhard von Clairvaux (1090-1153), er war ganz gewiss jemand, der die Gabe des guten Rates besaß. Guten Rat zu geben, wusste er auch und besonders in den Dingen des geistlichen Lebens, und es waren auch etliche unter den Großen und Größen seiner Zeit, denen er gut zu raten wusste. Einer der Großen und Größen seiner Zeit, denen gegenüber Bernhard von Clairvaux sich als genialer Ratgeber in den Dingen des geistlichen Lebens zeigte, war Papst Eugen III., an den der Heilige seine Schrift „De consideratione“ („Über das Nachdenken“) richtete. Diese Schrift ist buchstäblich eine „Denkschrift“, eine Schrift eben, die zu denken geben will und die daher durchaus auch diesen und jenen „Denkzettel“ enthält. Einer dieser an den damaligen Papst gerichteten „Denkzettel“, der durchaus auch ein an uns gerichteter „Denkzettel“ sein will und tatsächlich auch sein kann, ist dieser: „Wie kannst Du aber voll und echt Mensch sein, wenn Du Dich selbst verloren hast? Auch Du bist ein Mensch. Damit Deine Menschlichkeit allumfassend und vollkommen sein kann, musst Du also nicht nur für alle andern, sondern auch für Dich selbst

ein aufmerksames Herz haben. Denn was würde es Dir sonst nützen, wenn Du – nach dem Wort des Herrn (Mt 16,26) – alle gewinnen, aber als einzigen Dich selbst verlieren würdest? Wenn also alle Menschen ein Recht auf Dich haben, dann sei auch Du selbst ein Mensch, der ein Recht auf sich selbst hat. Warum solltest einzig Du selbst nichts von Dir haben? (...) Wie lange noch schenkst Du allen andern Deine Aufmerksamkeit, nur nicht Dir selber? Du fühlst Dich Weisen und Narren verpflichtet und verkennst einzig Dir selbst gegenüber Deine Verpflichtung? Narr und Weiser, Knecht und Freier, Reicher und Armer, Mann und Frau, Greis und junger Mann, Kleriker und Laie, Gerechter und Gottloser – alle schöpfen aus Deinem Herzen wie aus einem öffentlichen Brunnen, und Du selbst stehst durstig abseits? Wenn schon der der Verdammnis verfällt, wer seinen Anteil schrumpfen lässt: Was geschieht erst mit dem, der ihn sich ganz aus den Händen nehmen lässt? (...) Bist Du etwa Dir selbst ein Fremder? Und bist Du nicht jedem fremd, wenn Du Dir selbst fremd bist? Ja, wer mit sich selbst schlecht umgeht, wem kann der gut sein? Denk also daran: Gönne Dich Dir selbst. Ich sage nicht: Tu das immer, ich sage nicht: Tu das oft, aber ich sage: Tu es immer wieder einmal. Sei wie für alle anderen auch für Dich selbst da, oder jedenfalls sei es nach allen anderen.“ Diese Sätze, die der heilige Bernhard von Clairvaux in den letzten Jahren seines Lebens geschrieben

hat, zeigen Zeile für Zeile, wie wahr doch der Satz ist, der besagt: dass einzig die Gedanken gute Gedanken sind, die auch zu denken geben. So gewiss diese Gedanken geeignet waren, Mitte des 12. Jahrhunderts dem Papst zu denken zu geben, so gewiss sind sie geeignet, zu Beginn des 21. Jahrhunderts besonders denen zu denken zu geben, denen immer wieder das droht, was der Schriftsteller Eugen Roth (1895-1976) in einem seiner Gedichte beschrieben hat. Es ist das Gedicht:

Allzu eifrig Ein Mensch sagt – und ist stolz darauf – Er geh in seinen Pflichten auf. Bald aber, nicht mehr ganz so munter, Geht er in seinen Pflichten unter. In der Gefahr, in ihren Pflichten unterzugehen, sind nicht zuletzt diejenigen Menschen, die in sogenannten „helfenden Berufen“ tätig sind. Sie sind für jeden und für jede da. Doch sind sie auch für sich da? Die Erfahrung lehrt: Sie sind das weniger und weniger. Doch auch für sich da sein, das sei eine wichtige und richtige Sache, sagt der heilige Bernhard von Clairvaux, und wenn er das so sagt, dann hat er sich dabei wohl etwas gedacht. Dieses Etwas, das er sich dabei gedacht hat, ist ein gutes Etwas, denn denen, die es beherzigen, tut es gut. Einzig zu diesem Zweck hat Bernhard von Clairvaux als sozusagen geistlicher „Lebemeister“ den geistlichen Imperativ „Gönne Dich Dir selbst!“ geschrieben. Es ist ein Essential geistlicher „Lebenskunst“ – so lehrt es die kleine geistliche „Lebenslehre“ dieses heiligen „Lebenslehrers“ –, auch die Pflicht zur Liebe sich selbst gegenüber als eine heilige Pflicht zu begreifen. Tatsächlich begehen wir einen großen „Lebenskunstfehler“ (Odo Marquard), wenn unter den Pflichten der Liebe, die wir wahrnehmen, die


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Pflicht der Liebe zu uns selbst fehlt. Denn früher oder später macht sich dies nachteilig bemerkbar. Wir sind daher gut beraten, uns ganz bewusst an die „Lebensregel“ zu halten, die der heilige Bernhard von Clairvaux so einmalig zu Papier gebracht hat. Es sind Regeln, die uns wissen lassen: Es ist gut und tut gut, auch für sich selbst „ein aufmerksames Herz“ zu haben. Es ist gut und tut gut, auch sich selbst nicht „fremd“ zu sein. Es ist gut und tut gut, auch (zu) sich selbst „gut“ zu sein. Es ist gut und tut gut, auch für sich selbst „da“ zu sein. Wozu die einzelnen Lebensregeln befähigen wollen, ist wieder und wieder dies: die geistliche „Logik“ des Imperativs „Gönne Dich Dir selbst!“ zu unserer existentiellen „Lebenslogik“ werden zu lassen. Denn so oft das geschieht, so oft ist eine Lebenskunst gekannt und gekonnt, die uns davor bewahrt, irgendwann andere nicht mehr leiden zu mögen, weil wir uns selbst nicht mehr leiden mögen, irgendwann anderen mehr und mehr fremd zu werden, weil wir uns selbst mehr und mehr fremd geworden sind, irgendwann zu anderen nicht mehr gut sein zu können, weil wir nicht mehr gut zu uns selbst sein können, irgendwann nicht mehr mit anderen gut umgehen zu können, weil wir mit uns selbst nicht mehr gut umgehen können. Grund genug, den Imperativ „Gönne Dich Dir selbst!“, den der heilige Bernhard von Clairvaux gesagt hat, auch uns gesagt sein zu lassen. Prof. Dr. Bernhard Sill, Eichstätt, Professor für Moraltheologie

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Offenheit für Spirituelles hilft helfen Interview Dass Ergotherapeuten oft seelsorgerliche Fähigkeiten entwickeln müssen, wissen alle, die bereits von ihrer Arbeit profitiert haben. Manchmal öffnen sich Patienten gegenüber einer Ergotherpeutin mehr als einem Arzt oder dem Seelsorger. ChrisCare fragt eine Ergotherapeutin, die in ihrer Bachelorarbeit die Bedeutung von Spiritualität für ihren Beruf untersucht hat. Christiane Schramm lebt in Hannover und arbeitet in einer Werkstatt für seelisch behinderte Menschen. Frage: Brauchen Ergotherapeuten eine spirituelle Kompetenz? Antwort: Ja, weil Spiritualität nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist und sich häufig in spirituellen Bedürfnissen versteckt, würde ich sagen, dass Ergotherapeuten zumindest eine Offenheit für spiritualitätsbezogene Fragen mitbringen sollten. Noch besser wären entsprechende Kompetenzen, damit die hochsensiblen und häufig existenziellen Fragen der Spiritualität nicht übergangen werden.

Frage: Sie haben an der Fachhochschule Niedersachsen Ergotherapie studiert. Wie kommt man während des Studiums auf ein solches Thema? Antwort: Es war die verstärkte Konfrontation mit ergotherapeutischen Modellen, die während des Studiums geschieht. Dabei reizte mich besonders die zentrale Stellung der Spiritualität innerhalb des säkularen, unsere Profession sehr prägenden, kanadischen Betätigungsmodells CMOP-E (Abb. s.u.).

Frage: Ist Ergotherapie erfolgreicher, wenn der Patient an Gott glaubt? Antwort: Nein. Es geht hier nicht um Religiosität. Mit dem Ziel, Sinn Christiane Schramm und Wohlbefinden zu erlangen, äußert sich Spiritualität in dem Streben nach Beziehung zu sich selbst, der Natur, anderen Menschen und der transzendenten Dimension. Jeder Mensch trägt sie mehr oder weniger in sich, ohne dabei religiös oder gläubig sein zu müssen.

Frage: Welche Kompetenzen braucht man als Ergotherapeutin, um Spiritualität in die Therapie einzubeziehen? Antwort: Als wichtigste Grundlage brauchen wir die Basiskompetenzen nach Rogers: Empathie, Kongruenz und Wertschätzung, denn sie machen die klientenzentrierte therapeutische Grundhaltung aus. Wenn ein Therapeut diese Haltung verinnerlicht hat, ist es allein durch dessen Gegenwart möglich, eine offene und vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, in der auch intime Themen angesprochen werden können (Hagen, Raischl, 2009, S. 287). Wichtig sind auch eine vertiefte, introspektive Auseinandersetzung mit existenziellen Lebensfragen und der eigenen Spiritualität. Die intensive Beschäftigung mit existenziellen Fragen wird sich in der therapeutischen Persönlichkeit widerspiegeln und Klienten Orientierung geben. Fähig-


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keiten des dialogischen Denkens und der Kommunikation, eine Vertrautheit mit Metaphern spiritueller Vorstellungen, ein kreativer Umgang mit Symbolen, gut angebrachter und ehrlicher Humor kommen hinzu. Nicht selten ist eine bewusste Verlangsamung der Prozesse und Stille im Gespräch, bzw. Schweigephasen erforderlich, die es auszuhalten gilt. In der Ergotherapie sollte ein Grundverständnis von Sein und Tun (being und doing) (vergl. Hume 1999) selbstverständlich sein, genauso wie die respektvolle Grundhaltung vor der Autonomie und Würde des Menschen. Beispiele existenzieller Themen in Krisen: Bisher wurde die eigene Identität im Zusammenhang mit Arbeit Familie o.ä. erlebt und wird jetzt mit Krankheit verknüpft. Dann ist es gut, eine innere Person zu finden, die nicht nur Krebs verkörpert. Eine Identität, die heil ist – auch wenn der Körper krank ist (Weber Bawell S.(Psychol. Onkol.) 2009,S. 204f). Herausforderung: Übergang „from a doing person to a being person“ zu begleiten (Cooper, 2007, S. 185).

Frage: Sie schreiben, dass die Ergotherapeuten eine besondere Verantwortung haben, die Phase der Umorientierung, in der sich die Patienten befinden, nicht auszunutzen. Worin bestehen diese Gefahren? Antwort: Jeder von schwerer oder chronischer Krankheit betroffene Mensch ist „in seiner grundsätzlichen Autonomie beschädigt“ (Zoege, Langsdorf, 2008, S. 47). Mehnert (2006, S. 780f.) ergänzt, dass das erschütterte Selbstbild die Würde verletzt sowie existentielle Fragen aufwirft und der Betroffene in eine hilfsbedürftige, abhängige Situation versetzt wird. Im Zentrum dieses Klienten-Therapeuten-Ver-

hältnisses „steht also die Menschenwürde in einer Situation der Abhängigkeit“ (Zoege, Langsdorf, 2008, S. 49). Der professionelle Helfer sollte unbedingt darauf achten, die Autonomie des Klienten wieder herzustellen. Keinesfalls darf dessen vulnerable Situation dafür genutzt werden, ihm die eigene spirituelle Sicht aufzudrücken (Hume 1999, S. 369). Selbstbestimmung und Achtung der Einmaligkeit des Menschen muss unbedingt gewahrt bleiben. Hier liegt eine der Gefahren. Die eigene Begeisterung über spirituelle Erkenntnisse oder Hilfen darf Therapeuten nicht dazu verleiten, Menschen in ihrer Suche zu manipulieren. Es bleibt eine Gradwanderung zwischen der Aufgabe, Raum für Spirituelles zu schaffen, gleichzeitig aber nicht zu einem Gespräch darüber zu drängen. Weil es jedoch keine wertfreie Therapie gibt, empfiehlt der Theologe und Religionspädagoge Bucher (2007, S. 150), die Dinge lieber klar anzusprechen, als sie unbewusst und nonverbal wirken zu lassen.

Frage: Wie beeinflussen sich Seelsorge / seelsorgliche Zuwendung und Ergotherapie? Antwort: Jeder Mensch hat das Bedürfnis, gehört und gesehen zu werden. „Some of our oldest archaic wounds are the wounds of not being heard, not having our emotions heard, not having our experiences trusted, not being believed“ (Beagan und Kumas-Tan 2005, S. 20). Eine Person sollte in allem wahrgenommen werden, was sie in die Therapie mitbringt. Natürlich kann es leicht zu Überschneidungen mit Kompetenzbereichen der Seelsorge kommen, woraus eine Kooperation entstehen könnte. Ergotherapie wird allerdings den Fokus auf Betätigung legen, was in der seelsorgerlichen Begleitung nicht unbedingt so ist.

Frage: Was hilft dem Patienten, seine spirituellen Ressourcen zu aktivieren? Antwort: Zum einen helfen Personen, die diese Ressource erkennen, wertschätzen und unterstützen. Zum anderen haben verschiedene Autoren (Sumsion 2002, McColl 2003) sog. Werkzeuge der Spiritualität definiert, mit Hilfe derer sie sich ausdrücken kann und gewürdigt wird. Zu ihnen gehören u.a. Symbole (Projektionsfläche), Rituale, Kreativität, Gemeinschaft, Natur, meditative Übungen, Achtsamkeit, Musik und Arbeitsgruppen. Sie helfen bei der Krankheitsbewältigung, bei der Wahrnehmung des Selbst, bei der Zielfindung und beim Wiederanknüpfen an verloren gegangenes Potential (Sumsion 2002, S. 12; Collins 1998, S. 238). Egan und Swedersky (2003, S. 530) schlagen zudem vor, Betätigungen für die Therapie zu wählen, die viel Zeit bereitstellen, um wieder mit sich selbst in Kontakt zu kommen. Darin findet auch Würdigung eigener Bedürfnisse Platz. Würdigung erfahren heißt, selbst die Kraft zu spüren, die in dem (spirituellen) Bedürfnis liegt. Nachdem diese Kraft identifiziert ist, kann sie als Ressource aktiviert werden. Das unterstützungsbedürftige spirituelle Aktivitätspotential liegt auch im Bedürfnis „to find a new ‚I am‘ as well as a new ‚I can‘“ (Hammel, 2004, S. 300) und knüpft an die existenziellen Fragen an.

Frage: Muss man fromm sein, um seinen Patienten optimal helfen zu können? Antwort: Eine Therapeutin oder ein Therapeut muss nicht fromm sein, um eine wertschätzende Atmosphäre verbreiten zu können, in der


Literatur:1/2012 CHRISCARE

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Abb. 1: Canadian Model of Occupational Performance and Engagement (CMOP-E) nach Polatajko et. al., 2007, S. 23.

Spirituelle Ressourcen sich intime, spirituelle Bedürfnisse zeigen können. Damit man Klienten in ihrer Spiritualität begegnen kann, sollte man aber über einige der o.g. Kompetenzen verfügen.

Fragen: Was kann angehenden Ergotherapeuten helfen, spirituelle Kompetenz zu erwerben? Antwort: Zur persönlichen Vorbereitung schlägt Collins (2007, S. 89) vier Reflexionsschritte vor: a. Gegenwärtige oder frühere Einflüsse auf die eigene Spiritualität erkennen; b. Die eigene Befangenheit oder Ablehnung dieser Dimension gegenüber wahrnehmen; c. Erkennen, welche eigenen Reaktionsmuster auf die verschiedenen spirituellen Ausdrucksweisen vorliegen; d. Erforschen der eigenen Perspektive bezüglich spiritueller Äußerungen.

Außerdem wäre ein Praktikum auf einer palliativ- oder onkologischen Station eindrücklich. Ebenso spannend wäre die Frage / Antwort nach dem Sinn des eigenen Lebens und einer persönlichen Definition für Lebensqualität / Wohlbefinden.

Frage: Und wie erleben Sie die spirituelle Seite Ihres Berufs? Antwort: Mein Fokus gilt der individuellen Sinnhaftigkeit des Tuns. Beispielsweise wird bei einem meiner Klienten sehr deutlich, dass er sich über Betätigung definiert. Sie ist von existenzieller Bedeutung für ihn und betrifft damit den Kern seiner Person. Er bezieht seinen Wert ausschließlich aus dem, was er tut, Sozialkontakte meidet er. Es ist ein deutliches Übergewicht auf der Doingseite zu sehen. Die Beingseite kommt bisher kaum vor. Wenn er sich darauf einließe, würde ich gern mit ihm an der Beingseite als Äquivalent der Spiritualität arbeiten. Die Fragen stellte Frank Fornaçon

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Beagan, B.; Kumas-Tan, Z. (2005). Witnessing Spirituality in Practice. British Journal of Occupational Therapy, 68 (1), S. 17 – 24. Bucher, A. (2007). Psychologie der Spiritualität. Handbuch. Weinheim: Beltz Verl. Collins, M. (1998). Occupational Therapy and Spirituality: Reflecting on Quality of Experience in Therapeutic Interventions. British Journal of Occupational Therapy, 61 (6), S. 280 – 284. Collins, M. (2007b). Spirituality and the Shadow: Reflection and the Therapeuitc Use of Self. British Journal of Occupational Theray. 70 (2), S. 88 – 90. Cooper, J. (2007). Occupational Therapy in Oncology and Palliative Care. Second edition. Chichester: Wiley & Sons, Ltd. Egan, M.; DeLaat, D. (1997). The implicit spirituality of occupational therapy practice. Canadian Journal of Occupational Therapy, 64 (3), S. 115 – 122. Egan, M.; Swedersky, J. (2003). Spirituality as Experienced by Occupational Therapists in Practice. The American Journal of Occupational Therapy, 57 (5), S. 525 – 533. Hagen , T.; Raischl, J. (2009). Allgemeine und spezielle Kompetenzen in Spiritual Care. In: Frick, E.; Rose, T., S. 280 – 287. Hammel, K. W. (2004). Dimensions of meaning in the occupations of daily life. Revue Canadienne D´Ergothérapie. 71 (5). CAOT Publications ACE, S. 296 – 305. Hume C. (1999). Spirituality: a Part of Total Care? Britisch Journal of Occupational Therapy. 62 (8), S. 367 – 370. McColl, M. A. (Hrsg.) (2003). Spirituality in occupational therapy, Ottawa: CAOT Publications ACE. Mehnert, A. (2006). Sinnfindung und Spiritualität bei Patienten mit chronischen körperlichen Erkrankungen. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz (49). Heidelberg: Springer, S. 780 – 787. Sumsion, T. (2002). Überblick über klientenzentrierte Praxis. In: Sumsion T. (Hrsg.). Klientenzentrierte Ergotherapie. Umsetzung in die Praxis. Stuttgart: Thieme, S. 3 – 15. Townsend, E.; DeLaat, D.; Egan, M.; Thibeault, R.; Wright, A. (1999). Spirituality in Enabling Occupation. A Learner-Centred Workbook. Ottawa: CAOT Publications ACE. Weber Bawell, S. (2009). Patientenbedürfnisse in Deutschland. In der Onkologie. In: Frick, Roser. Stuttgart: Kohlhammer. S. 202 – 209 Zoege, M.; Langsdorf, S. (2008). Professionalisierung der Ergotherapie und interdisziplinäre Fallarbeit – zwei Seiten einer Medaille. Ergotherapie. Zeitschrift für angewandte Wissenschaft, 9 (2). S. 47 – 55.

Quelle Abb.1: CMOP-E: Polatajko, H. J.; Davis, J.; Stewart, D.; Cantin, N.; Amoroso, B.; Purdie, L.; Zimmermann, D. (2007). Specifiying the domain of concern: Occupation as core. In: Townsend, E.; Polatajko, H. J. (Hrsg.) (2007). Enabling Occupation II: Advancing an occupational Therapy Vision for Health, Well-Being, & Justice through Occupation. Ottawa: CAOT Publications ACE (S. 14-36).


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LESETIPP

Von den Wunden des Herzens Wegbegleiter durch Zeiten der Depression

Von den Wunden des Herzens, Wegbegleiter durch Zeiten der Depression. Jean Vanier, Neufeld Verlag, Schwarzenfeld, August 2011, 7,90 €, 11.90 SFr

Depression ist eine schmerzliche Wirklichkeit. Jenseits rein medizinischer Auslöser, ist sie oftmals die Folge verborgener Traurigkeit oder Schuldgefühle: Dunkle Gefühle, die man als Kind vielleicht unterdrückt hat, durchlebt man in Zeiten der Depression noch einmal. Einfühlsam schreibt Jean Vanier in diesem Buch über Hintergründe – erhellend für Menschen, die Depressionen aus eigenem Erleben kennen. Zugleich inspiriert Vanier zu Wegen aus dem Dunkel ins Licht: Ein Neuanfang ist immer möglich. Auch Menschen, die andere durch Zeiten der Depression begleiten, liefert dieses Buch wertvolle Einblicke.

der chemischen Veränderungen im Körper, und wie Menschen ganz unterschiedlich damit umgehen. Es ist hilfreich, zu sehen, wie sie eine Depression durchleben und – im besten Falle – nach ihrer Bewältigung verändert aus dieser Erkrankung wieder hervorgehen. Anhand einzelner Erfahrungsberichte wird deutlich, wie wichtig es ist, die je eigene Depression zu verstehen, um „wieder heil zu werden und auf die Beine zu kommen“. Wesentliche Erkenntnisse zeigen in kurzen Sätzen tiefe Wahrheiten auf, die auf jeder linken Buchseite hervorgehoben werden und prägnant ins Gesicht fallen. Dabei wird niemand vereinnahmt oder in Schubladen gepresst – Depressionen und ihre Symptome sind so unterschiedlich und einzigartig, wie der Mensch eben einer vom anderen verschieden ist. Besonders wohltuend und ermutigend empfinde ich darum die Wertschätzung und Würdigung des Erlebens eines Menschen auf seinem individuellen Weg durch die Depression als eine Lebenskrise, die uns frei machen kann. Neue Hoffnung entsteht, wenn wir „das tiefste ICH in jedem von uns“ entdecken und durch und in dem „Kampf gegen die Mächte des Todes“ „in die Finsternis unseres Erlebens vordringen“ und immer besser lernen und „verstehen, zur Ruhe zu finden“. Genau das bietet die Lektüre dieses Büchleins in kurzer, aber umso intensiverer Form – sehr lesenswert!

Bettina Gundlach, Ärztin im Sozialpsychiatrischen Dienst, Seel-

In 12 Kapiteln beschreibt Vanier das Wesen einer Depression inklusive

sorgerliche Lebensberaterin, Aumühle


REPORTAGE

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Auf den Spuren der „Heiler des Umsonst“ Eine Kommunität hat sich der jesuanischen Heilungsgeste verschrieben

Vor fünf Jahren gründete sich die diakonische Kommunität der Heiligen Anargyroi Kosmas und Damian e.V. Am 26. Oktober 2006 trafen sich in der Kölner Kirche St. Maria Lyskirchen Frauen und Männer zu einem Gottesdienst. Sie gründeten eine diakonische Kommunität. Ihr Name ist jener der Heiligen Kosmas und Damian, den Anargyroi, den „Heilern des Umsonst“, so nennt sie die Ostkirche. Damit ist das Thema und die Berufung der Kommunität markiert: sich der jesuanischen Heilungsgeste verschreiben, wie es die Anargyroi Kosmas und Damian vor ca. 1700 Jahren gemacht haben. Sie zu verehren und sich nach ihnen zu nennen, heißt das zu tun, was sie getan haben: sich dem heilenden Handeln Jesu anzuschließen. Die Kommunität hat inzwischen die Rechtsform eines kirchlichen und bürgerlichen Vereins angenommen. Ihr Sitz ist im Bistum Essen. Zu ihren Mitgliedern zählen derzeit 19 Leute aus pflegerischtherapeutischen, sozialen und pastoralen Berufen, darunter auch zwei Ordensleute und zwei katholische Priester; weitere interessieren sich für ein Mitwirken. Es gibt inzwischen eine Essener und eine Kölner Kommunität. Sie treffen sich einmal im Monat zum Kommunitätsgottesdienst, zum gemeinsamen Essen und zur Beratung anstehender Fragen. Das Wichtige: Die Mitglieder sind in einem der Projekte der Kommunität praktisch und umsonst engagiert. Kosmas- und Damiankommunität heißt also derzeit: ehrenamtlichtherapeutisches Engagement (jenseits des eigenen Berufs) und Teilhabe am geistlichen Leben der Gemeinschaft. Zurück zu den Programmgebern:

Wer sind Kosmas und Damian? Das Brüderpaar lebte als christliche Heiler im Übergang vom 3. zum 4. Jahrhundert. Vermutlich in der heutigen Türkei geboren, wurden sie, wie eine koptische Handschrift um 324 bezeugt, in Kyrrhus, im heutigen Nordsyrien, etwa 70 km nördlich von Aleppo entfernt begraben. Ihre Verehrung setzte früh, schon im 4. Jahrhundert ein und kam über Konstantinopel bald auch in den Westen. Kyrrhus und Nordsyrien wurde zum Ausgangspunkt ihrer Verehrung und Ort der Hoffnung auf Heilung. Bald nach ihrem Tod wurden Kosmas und Damian Patrone der Kranken und später jener Berufe, die den Krankendienst ausüben. Kaiser Justinian, der Oströmer, erfuhr der Überlieferung nach Heilung von Krankheit in einer der Kosmas- und Damiankirchen von Konstantinopel und förderte daraufhin ihre Verehrung im oströmischen Reich. Auf dem Gelände des römischen Forums

mitten im antiken Rom errichtete Papst Felix IV. im 5. Jahrhundert eine große Kosmas- und Damiankirche, erbaut in der Nähe einer Kastor- und Polluxheilstätte auf den Resten eines antiken Bibliotheksgebäudes. Kosmas und Damian kommen von Ost nach West. Das Essener Stift wurde seit dem 9. Jahrhundert Zentrum der Verehrung jenseits der Alpen und ist es bis heute. Die Linie der Verehrung war also Kyrrhus – Konstantinopel – Rom – Essen. Im Mittelalter gab es in Europa eine breite Tradition der Kosmas- und Damianbruderschaften. Im 19. und 20. Jh. tritt ihre Verehrung in den Hintergrund.

Historisch gesicherte Daten aus ihrem Leben haben wir nicht. Nur eines ist gewiss: Sie wirkten als christliche Heiler, dies war ihr Charisma. Eine der Überlieferungen – die syrische – erzählt davon, dass sie stationär, in einem Krankenhaus oder einer Praxis therapierten.


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REPORTAGE

In den überlieferten Legenden wird in bunten Geschichten über ihre Heilertätigkeit und in zwei Überlieferungssträngen über ihren Märtyrertod berichtet. Die Ostkirche verehrt drei Brüderpaare. Die Forschung geht davon aus, dass die unterschiedlichen Überlieferungen Folgen von „Kopierfehlern“ sind und historisch auf ein Brüderpaar verweisen, die heilend tätig waren. Man kann also auch mit kritischem Verstand davon ausgehen, dass es Kosmas und Damian als Heilerfiguren wirklich gab.

Kosmas und Damian: Die Heiler des Umsonst Die beiden Brüder werden auf griechisch zumeist „hoi hagioi anargyroi“ genannt, d.h. jene, die ohne Silber, also umsonst behandeln. Diese Bezeichnung findet man auf vielen Ikonen, die Kosmas und Damian darstellen. Sie ist eine Kurzbezeichnung, an der man sie bis heute erkennt; ein Gattungsbegriff, der in der Überlieferung der Ostkirche für 12 Heilerfiguren, u.a. für den bei uns verehrten Panteleimon (Pantaleon), verwendet wird. Das Entscheidende an Kosmas und Damian ist: Sie realisierten in und mit ihrem Leben jenen Sendungsauftrag, den Jesus seinen Jüngern gab: „Das Himmelreich ist nahe, heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus. Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben“ (Mt 10,7-8). Die heute anbrechende Wirklichkeit Gottes bringt das Evangelium mit dem Vorgang der Heilung in Verbindung. Kosmas und Damian zeigen, wie später noch viele nach ihnen, dass der Krankendienst ins Zentrum der Jesusnachfolge gehört. Ein erheblicher Teil des Markusevangeliums sind Heilungs- und Dämonenaustreibungsgeschichten. Diesen biblischen Heilungsauftrag immer besser zu verstehen, gehört ins Zentrum der Berufung unserer Kommunität. Deshalb sind

unsere regelmäßigen Klausuren immer durch ein biblisches Thema bestimmt; bei der letzten ging es um die Heilungen bei Markus. Die Bezeichnung von Kosmas und Damian als „hoi hagioi anargyroi“, jene, die umsonst behandeln, wird dabei zu einem Stachel in einer Zeit, in der aus nachvollziehbarem und gesellschaftlich legitimiertem Grund jede professionelle Handlung in Pflege und Medizin nach ihrer Finanzierbarkeit befragt wird. Es kann jedoch jenseits eines aufgeklärten Wissens über unser Gesundheitssystem nicht sein, dass staatliche Versicherungssysteme und ihre Leistungen alleine das christliche Heilhandeln bestimmen. Hier geht es nicht um Naivität, sondern um alternative Ideenentwicklung.

Was heißt Verehrung der beiden Heiligen heute? Als Heiler auf den Spuren Jesu sind Kosmas und Damian Vorbild für uns. Sie verehren heißt deshalb, zuerst und entschieden das tun, was sie getan haben: Nachfolge im jesuanischen Heilhandeln. Aber nicht nur dies. Als Jesusschülerinnen und -schüler bekennen wir im Glaubensbekenntnis die Auferstehung der Toten; die geheimnisvolle und lebendige Gemeinschaft mit denjenigen vor unserer Zeit und mit jenen, die nach uns kommen werden. Unsere Wirklichkeitsbeschreibung als Christen ist eine andere als die vielfach übliche. Mit dem Tod hört das Leben nicht auf. Mit der Auferstehung Jesu wird die Differenz „Leben/Tod“ ersetzt durch jene „Leben/mehr Leben“ (Norbert Schuster). Deshalb macht es auch heute Sinn, sich dieser „Freunde in einer anderen Welt“ zu vergewissern, sich unter ihren Schutz zu stellen und ihr „Ab-Bild“ zu ehren, indem wir tun, was sie getan haben. Deshalb singen wir

in jeden Kommunitätsgottesdienst bei der Weihrauchgabe zur Ehrung der beiden Heiligen die Seligpreisungen. Damit ist klar: Sie sind uns kein (geistliches) Gegenüber, sondern wir sind mit ihnen auf dem Weg der Nachfolge.

Die Essentials der Kosmas- und Damiankommunität Die Versammlung der Kommunität hat in ihrem Statut fünf konstitutive Merkmale beschlossen, die auch durch die Kommunität selbst nicht mehr geändert werden können. Sie versteht inzwischen diese Merkmale als ihre Berufung in unserer Zeit. 1. Verehrung der Heiligen Anargyroi Kosmas und Damian, indem man tut, was sie getan haben (diakonischtherapeutischer Dienst). 2. Leben aus den Heiligen Schriften des ersten und zweiten Testaments. 3. Mitfeiern des Gottesdienstes der Kommunität (monatlich) in der Tradition der Ost- und Westkirchen. 4. Miteinander essen und trinken in der Mahltradition Jesu. 5. Das Engagement der Kommunität und seiner Mitglieder erfolgt sozial und monetär umsonst (Anargyroi Prinzip). Wer in der Kommunität mitmachen will, ist bereit, sich mit der Kommunität auf den Weg ihrer Nachfolge zu begeben. Hierzu gehören das konkrete diakonisch-therapeutische Engagement, die Beschäftigung mit den Heiligen Schriften und die Teilnahmen an den monatlichen Kommunitätstreffen. Die Kommunität ist offen für alle Christinnen und Christen, die versuchen, in ihrem Leben diese fünf Merkmale zu realisieren. Man ist so lange Mitglied, solange man diese fünf Kriterien realisieren will und kann.


REPORTAGE

Das Engagement der Kommunität Krankenhilfe Damaskus Seit ihrer Gründung hat die Kommunität Kontakt zur St. Kyrill-Gemeinde in der Altstadt von Damaskus und den dort tätigen Basilianerpatres. Es gibt in Syrien für die meisten Leute keine bezahlbare Krankenversicherung, sodass Krankheit selbst für „Mittelstandsfamilien“ einen massiven Einbruch darstellt. Deshalb unterstützen wir finanziell Menschen, die erkrankt sind und Schwierigkeiten haben, die notwendigen Behandlungskosten aufzubringen. Sie gehören zur Pfarrei oder sind dort bekannt. Die Vermittlung der Hilfe erfolgt mit der notwendigen Diskretion über die beiden Pfarrer.

Sonn- und Feiertagscafé für drogenabhängige Frauen und Männer Über die Wintermonate unterhält die Kommunität zusammen mit dem Notel (Notschlafstelle für obdachlose drogenabhängige Männer in Köln, www.notel-koeln. de) ein Café für drogenabhängige obdachlose Menschen. Sie haben die Möglichkeit, in Zeiten, wo andere Hilfsangebote in der Stadt geschlossen sind, sich aufzuwärmen, etwas zu trinken und eine warme Mahlzeit einzunehmen. Der Kuchen wird weitgehend von Mitgliedern der Kölner Pfarrei St. Maria Lyskirchen gebacken. Im Café sind Mitglieder der Kommunität, weitere ehrenamtliche Helfer und ein hauptamtlicher Mitarbeiter des Notel jeden Sonn- und Feiertag in der kalten und nassen Jahreszeit tätig. Dieses Projekt war ein Testvorläufer, um herauszubekommen, ob die Mitglieder der Kommunität mit drogenabhängigen Leuten zurechtkommen. Wir hatten uns noch etwas anderes vorgenommen:

Krankenwohnung NotelKosmidion für obdachlose, drogenabhängige Frauen und Männer in Köln Seit Oktober 2008 engagiert sich die Kommunität in der Krankenwohnung Notel-Kosmidion, einer Einrichtung der Spiritaner-Stiftung DormagenKnechtsteden. Wie kam es dazu? Ein Mitglied der Kommunität leitet seit vielen Jahren die Notschlafstelle für obdachlose, drogenabhängige Männer in Köln. Immer wieder musste sie morgens Leute auf die Straße schicken, die krank waren und ins Bett gehört hätten. Als die Kommunität bei ihrer Gründung über ein geeignetes Projekt nachdachte, schob sich diese Lücke in der Kölner Versorgungslandschaft in den Vordergrund. Wir wollten nicht mit anderen um die „Armen konkurrieren“, sondern etwas tun, was bisher niemand macht. Die Spiritaner als Träger hatten die Wohnung, die hauptamtlichen Mitarbeiter des Notels sorgen für die Organisation, die Professionalität im Umgang mit Drogenabhängigen und den Hintergrunddienst über den Tag. Der Medizinische Dienst der Stadt, welcher im gleichen Haus eine Ambulanz hat, stellt die Indikation zur Aufnahme und sichert die medizinische und pflegerische Versorgung. Mitglieder der Kommunität leisten, neben weiteren Honorarkräften und Ehrenamtlichen, tagsüber Betreuungsdienste (Frühdienst/Spätdienst). Die Mitglieder, die im Kosmidion Dienst tun (in der Regel zweimal im Monat), verfügen über eine pflegerische und/oder therapeutische Ausbildung. Inzwischen wird durch die Kommunität auch ein Minijob in der Krankenwohnung finanziert. Das Kosmidion als neues Versorgungskonzept wurde über drei Jahre durch das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung wissenschaftlich begleitet und evaluiert (siehe www.kodako.de, Kosmidion). Die Kommunität besorgte hierfür die finanziellen Mittel.

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Inzwischen ist es selbstverständlich: Wenn obdachlose, drogenabhängige Frauen und Männer in Köln eine Grippe haben, nicht mehr laufen können oder nach einem Krankenhausaufenthalt noch Bettruhe benötigen, schickt sie der medizinische Dienst – wenn sie es wollen – in die Krankenwohnung Kosmidion. Sie ist mit ihren fünf Betten ein geschützter Ort der Ruhe und immer gut belegt. Kosmidion war der Name jenes Heilzentrums in Konstantinopel, das jahrhundertelang Zentrum der Kosmas und Damianverehrung im Osten war. Jetzt erinnert dieser Name auch in der Kölner Victoriastraße diskret an den jesuanischen Heilungsmythos, den die beiden Anargyroi lebten. Die Mitarbeiter der Notschlafstelle beginnen ihre Arbeit am Abend mit der Vesper, beten die Komplet und morgens die Laudes. Die Kommunitätsmitglieder, die im Kosmidion Dienst haben, nehmen morgens und abends an diesem Gebet teil. So werden wir selbst und unsere Gäste, in dieses Beten mit hineingenommen. Die in diesem Jahr gegründete Essener Kommunität denkt derzeit darüber nach, sich in dieser Stadt für die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit illegalem Aufenthalt zu engagieren. In den nächsten Monaten wird sich die Idee konkretisieren. Nach fünf Jahren blicken wir in großer Dankbarkeit auf einen beschenkten Weg zurück und sind ermutigt, weiter zu gehen. Dr. Heribert W. Gärtner, Professor für Management und Organisationspsychologie, Kommunität der Heiligen Anargyroi Kosmas und Damian e.V. www.kodako.de

Literaturhinweis: Wilhelm R. Dietrich: Arzt und Apotheker im Spiegel ihrer alten Patrone Kosmas und Damian. Verlag Jose Fink/Raetia-Verlags: Warthausen 2005, bes. 11– 98.


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GEISTLICHES LEBEN

Für andere da sein, ohne sich selbst zu verlieren Über die Wichtigkeit der Spiritualität in der Diakonie

Lage sein, den Herausforderungen der Notleidenden um uns herum (und unserer eigenen Not) langfristig sinnvoll zu begegnen. Wir können es auch anders ausdrücken: So wie ein Pfleger oder eine Pflegerin in der Ausbildung lernt, einen Menschen zu heben, ohne sich selber zu verletzen, so lernt man durch die Einübung in der Spiritualität für andere da zu sein, ohne dass man sich innerlich verausgabt . Alltagslast ablegen und innere Ruhe wiederfinden

Das eigentliche Problem vieler Sportler liege nicht in ihren Verletzungen selber, sagte einmal Dr. MüllerWohlfahrt, Mannschaftsarzt beim FC Bayern München, sondern dass sie ihre Verletzungen nicht rechtzeitig wahrnehmen. Sie spielen so lange weiter, bis es richtig schmerzt und eine längere Behandlung notwendig wird. Genau dasselbe Phänomen zeigt sich häufig bei Menschen in helfenden Berufen. Viele, die hauptoder ehrenamtlich in der Diakonie tätig sind, haben zwar ein deutliches Gefühl, dass sie sich seit längerem über ihre eigenen Grenzen eingebracht haben, um anderen zu helfen, aber sie ignorieren die ersten Warnsignale und arbeiten genau so weiter. Und wenn sie nicht körperlich krank werden, treten irgendwann Erschöpfungs- oder Burn-Out-Symptome auf. Es scheint also für unsere innere und äußere Gesundheit notwendig zu sein, dass wir bewusster wahrnehmen, was wir uns im Alltag selbst antun, so dass wir rechtzeitig Kurs-

korrekturen vornehmen. Und genau hier erkennen wir die Wichtigkeit der Spiritualität. Richtig verstandene Spiritualität ist nicht einfach eine Beschäftigung für besonders fromme Christen, die ihre Gottesbeziehung vertiefen wollen und dafür fleißig in der Bibel lesen, regelmäßig beten oder mal ein paar Tage der Stille im Kloster verbringen. Sie ist auch nicht ein undifferenziertes Experimentieren mit den zahlreichen Angeboten, die heutzutage unter dem Begriff ‚Esoterik‘ in unseren Buchhandlungen zu finden sind. Christliche Spiritualität, die eine fast zweitausend Jahre alte Tradition nachweisen kann, ist vielmehr eine Einladung, uns endlich mit dem Zustand der eigenen Seele zu beschäftigen. Nur indem wir lernen, was es heißt „stark zu werden am inwendigen Menschen“ (wie der Verfasser des Epheserbriefs den Kern der Spiritualität zusammenfasst), und nur indem wir begreifen, dass das Wohlergehen der eigenen Seele mit der Beziehung zu Gott unzertrennlich verbunden ist, werden wir in der

Allerdings besteht der Sinn der Spiritualität darin, dass man sie praktiziert, nicht so sehr, dass man darüber schreibt oder liest! Am Ende dieses Artikels werde ich auf drei Merkmale einer christlichen Spiritualität hinweisen. Aber zuerst möchte die Chance bieten, etwas Praktisches für die eigene Seele zu tun, bevor wir weiter darüber nachdenken. Die folgende Übung lädt ein, mitten in der Hektik des Alltags Platz zu schaffen für die Seele – Gottes Raum in mir. Mein Vorschlag wäre, die Beschreibung einmal durchzulesen, um dann entscheiden zu können, ob Sie die Übung sofort ausprobieren, oder sich vielleicht vornehmen, in den nächsten Tagen dafür 20 bis 30 Minuten Zeit zu nehmen. Die Übung fängt damit an, dass Sie sich über Ihr „unsichtbares Gepäck“ Gedanken machen. Jede(r) von uns trägt ein Bündel von verschiedenen kleinen und großen Themen durch das Leben. Welche Themen, Probleme oder Sorgen beschäftigen Sie zurzeit? Das könnte z. B. eine Störung in einer Beziehung sein, die


GEISTLICHES LEBEN

Angst vor einer Herausforderung, die Sorge um die Gesundheit oder eine Schwierigkeit bei der Arbeit. Ohne auf die einzelnen Sorgen einzugehen, machen Sie eine kleine mentale Liste von den Themen, – so eine Art Inventur – die Sie zur Zeit mitschleppen, und stellen Sie sich vor, dass diese zu Ihrem unsichtbaren Gepäck gehören, wie ein Rucksack, den Sie Tag für Tag mit sich tragen. Welches Thema wiegt schwerer, welches leichter? Wie fühlt sich es körperlich und seelisch an, so einen Rucksack durch das Leben zu tragen? Wie würden Sie dieses Gefühl beschreiben? Und jetzt gönnen Sie sich eine Pause! Als ob Sie nach langer Wanderung zu einer sonnigen Wiese am Ufer eines kleinen Flusses gekommen sind. Sie lassen Ihr Gepäck vom Rücken abstreifen, setzen es irgendwohin, wo Sie es gut im Blick haben, breiten eine Decke aus und legen sich hin, oder setzen sich auf einen bequemen Stuhl. Das, was Sie getragen haben, ist nicht weit weg; nachher werden Sie es wieder aufnehmen, aber jetzt haben Sie ein paar Minuten Pause. Was bewirkt diese Vorstellung? Wenn Sie möchten, können Sie die Einladung mit den Worten von Jesus unterstreichen: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid... so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.“ Laden Sie Körper und Seele noch einmal bewusst zur Ruhe ein: „Du musst jetzt nichts tragen... Stattdessen kannst du dich tragen lassen... Lass dich auf das ein, was dich von unten trägt...“ Dorthin, wo Sie spüren, dass Hände, Schultern, Beine oder Kopf noch Lasten tragen, sprechen Sie die Einladung: „Du darfst loslassen.“ Atmen Sie durch. Und wenn die Themen aus dem Rucksack in den Kopf oder in den Magen springen, bringen Sie sie geduldig zum Rucksack zurück.

Wie ist es, jemand zu sein, der für diese paar Minuten nichts tragen muss? Wie ist es, sagen zu können: „Ich bin da und nehme meine Seele wahr“? Spüren Sie einen Bereich, wo dieser ‚Seelenraum‘ langsam zur Ruhe kommt? Bleiben Sie eine Weile dort, um diese Ruhe auszukosten. Oder meldet sich eine innere Stelle, die Ihre Aufmerksamkeit braucht? Versuchen Sie, solche Signale nicht zu unterdrücken, sondern ihnen für eine kleine Weile Gesellschaft zu leisten. Machen Sie sich bewusst, dass Sie in ihrem inneren Raum nicht allein sind, sondern dass Gott diesen Raum mitbewohnt.

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der christlichen Meditation), um die lectio divina (eine uralte Methode des Bibellesens), um die Gebete der keltischen Spiritualität oder um die ignatianischen Exerzitien handelt, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Gibt es eine spezifisch christliche Spiritualität? Bei der Vielfalt der heutigen Angebote im Bereich der Spiritualität kann es hilfreich sein, drei Eigenschaften zu identifizieren, wodurch sich eine christliche Spiritualität von anderen unterscheidet:

1) Die Zentralität der Gnade Am Ende einer solchen Übung tut Christliche Spiritualität beschäftigt es nicht gut, abrupt abzubrechen sich mit einer inneren Mitte, mit der und gleich weiterzulesen. Gehen Sie Pflege des „inwendigen Menschen“ sanft mit sich selbst um, und lassen (Eph 3,16) – weiß aber, dass diese Sie sich Zeit, damit das, was Sie erfahren haben, sich setzen kann. „Gott, lass schweigen, Wer sich regelmäßig mit was du nicht selbst in mir redest; der Hilfe von solchen Lass still stehen, was du nicht selber bewegst. Übungen um die GesundNimm den Raum ganz ein, der jetzt ich bin, heit der eigenen Seele und wirke in mir und durch mich, was dir gefällt.“ kümmert, wird erfahren, dass er unter den HerausGebet nach Gerhard Tersteegen, 1697 – 1769 forderungen des diakonischen Berufs nicht so schnell untergeht. Schritt für Schritt lernen wir stattdessen, Mitte von der Beziehung zu Gott nicht den von Gott gegebenen Raum zu trennen ist. Durch Jesus Christus zu entdecken, den inneren Ort, an haben wir einen „Anker für die Seele“ dem wir präsent sein können – für (Hebr. 6,19); er hat den Zugang zum Gott, für uns und für andere. Die „Allerheiligsten“, zur Mitte unseres Geschichte der christlichen SpirituaLebens, geöffnet und lädt uns ein, lität steckt voller praktischer Anleidiesen Weg ohne Angst mit ihm zu tungen, wie die heilsamen Worte gehen. Viele heutige Wege wecken Gottes aus der Bibel die müden und den Eindruck, dass allein ein geduldiverletzten Stellen in uns erreichen ges (und manchmal teures) Einüben können, die sie brauchen. Vor dem von Methoden zum Ziel des inneren Hintergrund der zunehmenden Friedens führt, während christliche Beschleunigung der modernen Spiritualität von einem „Nachvollzug“ Arbeitswelt werden sie in den ausgeht: Nur das, was Gott schon für letzten Jahren von immer mehr uns getan hat, kann von uns nachChristen neu entdeckt – ob es sich vollzogen werden, und nur auf dieser um das Herzensgebet (eine Form Basis können Methoden hilfreich sein.


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GEISTLICHES LEBEN + PERSONEN

Spiritualitätsseminare 29. Juni - 1. Juli: „Der geöffnete Himmel“: Einführung in die christliche Spiritualität. Mit Peter Lincoln und Michael Borkowski, Stephansstift, Hannover. 12 – 16. November: Woche der Stille im Kloster Wennigsen. Geleitete Meditation, spirituelle Impulse, persönliche Begleitung mit Peter und Margaret Lincoln.

mit den von den Autoren vorgestellten Methoden schnellstens behoben zu werden. Christliche Spiritualität geht nicht über das Leiden hinweg, sondern nimmt es als Teil des Menschseins ernst und hilft, mitten in den schwer zu ertragenden Realitäten des Lebens trotzdem in Kontakt zu einer spirituellen Dimension zu kommen, in der Leiden und Tod nicht das letzte Wort haben. Nicht diejenigen sind selig, predigt Jesus, die ihr Leiden überwinden, sondern diejenigen, die Leid tragen (Mt. 5,4).

Preise und Infos und www.lincoln-link.de

2) Die Betonung der Nächstenliebe Der Geburtsort der christlichen Spiritualität war nicht Kalifornien, sondern mitten im Elend des besetzten Palästinas. Fast alle spirituelle Ratgeber heute werden von Menschen geschrieben, die dort sesshaft sind, wo Wohlstand herrscht. Mit der Wirklichkeit des Alltags in Irak oder Afghanistan haben sie wenig zu tun, und deswegen werden sie dort nicht gelesen. Christliche Spiritualität war dagegen von Anfang an in der Nächstenliebe eingebettet. Ob im Neuen Testament („Wenn einer sein Herz vor seinem Bruder schließt, wie bleibt dann die Liebe Gottes in ihm?“ 1. Joh. 3,17), ob in der Mystik des deutschen Mittelalters oder in den Anfängen des Pietismus, Diakonie und Spiritualität bleiben immer untrennbar miteinander verbunden.

In allen drei Bereichen merken wir, dass es hier nicht um feine theologische Differenzierungen geht, sondern darum, dass der christliche Weg im Vergleich zu anderen Angeboten viel näher an den wirklichen Fragen des Lebens dran ist und deswegen eine robuste Spiritualität für das Leben am Anfang des 21. Jahrhunderts anbietet. Deswegen lohnt es sich, diese Spiritualität neu zu entdecken und einzuüben.

Tina Cadebach-Blome ist seit 1. Oktober 2011 Leitende Oberärztin in der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe im Evangelischen zur Albertinen-Gruppe gehörenden Amalie Sieveking-Krankenhaus in Hamburg-Volksdorf. Ihr Vorgänger, Dr. Gerd Knothe, wird in anderen Bereichen der Klinik tätig werden. Prof. Dr. med. Christoph v. Ritter (56), ärztlicher Leiter der RoMed-Klinik Prien, ist zum Berater des päpstlichen Gesundheitsrates ernannt worden. Er wurde mit 28 weiteren Fachleuten zum Berater der Kurienbehörde berufen. Neben seiner ärztlichen Tätigkeit engagiert sich von Ritter in der „International Association of Catholic Bioethicists“. Das Gremium erarbeitet Lösungen für Fragen im Gesundheitswesen auf der Basis der katholischen Lehre. Der Gesundheitsrat beschäftigt sich mit allen Fragen des Gesundheitswesens und berät und koordiniert in diesem Bereich den Vatikans.

Gabriele von Auer, langjährige ehrenamtliche Mitarbeiterin bei Christen im Gesundheitswesen (CiG), ist am 14. Dezember 2011 verstorben. Günther Gundlach, Geschäftsführer von CiG: „Wir sind dankbar, was Gabi an der Seite ihres Mannes über viele Jahre in die Arbeit von CiG eingebracht hat. Gabi bleibt in unserem Herzen als Freundin und engagierte Christin.“

Bernd Weber (66) wurde von kma – das Gesundheitswirtschaftsmagazin zum Manager des Jahres 2011 gekürt. Weber ist Gründer und Vorstandsvorsitzender der Agaplesion gAG. Diese Rubrik informiert über berufliche und persönliche Veränderungen unserer Leserschaft. Bitte geben Sie uns einen entsprechenden Hinweis, wenn Sie eine neue Aufgabe übernommen haben, einen akademischen Grad erreicht haben oder in den Ruhestand wechseln.

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3) Eine Spiritualität des Leidens In der Mitte des christlichen Glaubens steht nicht ein Symbol für Harmonie oder Erfolg, sondern ein Symbol des Leidens, nämlich das Kreuz. Viele Bücher heute vermitteln den Eindruck, dass Krankheit und Leiden nur dazu da sind, um

Personen

Dr. phil. Peter Lincoln, Seminarleiter im Zentrum für Erwachsenenbildung im Stephanstift Hannover, Focussing-Ausbilder beim Ausbildungsinstitut für Focussing (Würzburg) und Pastor im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden

Israel-Studienreise für Ärzte und medizinisches Personal 14. Oktober - 22. Oktober 2012 32 Punkte für Fortbildung Info : (0 36 63) 4 67 22 02 E-Mail: s.hummel@hospital-schleiz.de


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TITELTHEMA

Auswirkungen im Beruf Arbeit, Gesundheit, Spiritualität & Religiosität gen haben solche Reorganisationsmaßnahmen zu manchen Irritationen unter den Mitarbeitenden geführt. Diskussionen um das besondere (christliche) Profil einer Einrichtung und Leitbildentwicklungen kann man als Antwort darauf sehen.

Professor Dr. Tim Hagemann, Lehrstuhl für Arbeits-, Organisations- und Gesundheitspsychologie an der Fachhochschule der Diakonie, Bielefeld

Die günstige Wirkung von Spiritualität und Religiosität auf Krankheitsbewältigung und Gesundheit sowie auf die Bewältigung kritischer Lebensereignisse ist durch zahlreiche Studien gut untersucht (vgl. Büssing & Kohls, 2011; Hagemann, Shallcross, & Mauss, 2006). Weit weniger erforscht ist, inwieweit sich Spiritualität, individuelle Glaubensvorstellungen und religiöse Angebote auf die Bewältigung beruflicher Anforderungen auswirken. Die Arbeitswelt, nicht zuletzt in den sozialen Dienstleistungen, hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Die Einführung zahlreicher Managementtechniken fördern die Führung und Steuerung einer sozialen Einrichtung mittels Kennzahlen und „harter Fakten“. Unbestritten wurde dadurch die Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Konkurrenzfähigkeit einzelner Unternehmensverbände und Einrichtungen verbessert. Untersuchungen zeigen aber auch, dass Mitarbeitende diese Veränderungen als bedrohlich erleben können (vgl. Sparrow & Cooper, 2003; Bartlett & Ghoshal, 1995; Meyer & Allen, 1997; Biberman & Whitty, 1997). Nicht zuletzt in konfessionell-gebundenen Einrichtun-

Da medizinische Studien zunehmend den Einfluss von Spiritualität und Religiosität auf die psychische Gesundheit aufzeigen, ist es naheliegend zu untersuchen, ob sich diese Effekte auch günstig auf die Bewältigung psychischer Arbeitsbelastungen auswirken. Während Religiosität mit einer Vielzahl validierter Skalen erfasst werden kann, gestaltet sich dies für Spiritualität sehr viel schwieriger. Singhal (2005) hat hinsichtlich Spiritualität in der Arbeitswelt drei Zugänge identifiziert: 1. Eine besondere Form der Einbettung und Integration in die Arbeitsgemeinschaft. 2. Die besonderen sinnstiftenden Momente in der Arbeit und 3. das Gefühl, Teil eines größeren Ganzen zu sein, bzw. die besondere Identifikation mit der Gemeinschaft und ihren Zielen. Arbeitspsychologisch hat dieses Gemeinschaftsgefühl zwei Facetten: das Erleben besonderer sozialer Unterstützung und das Gefühl, gleiche und übergeordnete Ziele zu verfolgen.

Wie erleben dies die Mitarbeitenden in diakonischen Einrichtungen? Genau dieser Fragestellung geht die Fachhochschule der Diakonie in verschiedenen Forschungsprojekten nach1. Es geht darum, spirituelle und religiöse Angebote bzw. ein diakonisches Profil, welche ein Wesensmerkmal der Diakonie sind oder sein sollten, als wirksame Ergänzung des Spektrums der Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung zu nutzen. Dazu wurden folgende Hypothesen formuliert:

Werte- und Glaubenshaltungen und Spiritualität könnten sich in diakonischen Einrichtungen günstig auf die Bewältigung von Arbeitsbelastungen auswirken, da • mehr soziale Unterstützung erlebt wird (weniger Hilflosigkeitsgefühl etc.) • die Identifikation mit dem Arbeitgeber erhöht ist (u.a. moralische Verankerung) • größeres Vertrauen in die Führung besteht • gemeinsame Werte eine günstige Organisationskultur (Orientierung, Sinn, Identität) bewirken • religiöse „Rituale“ (Singen, Beten etc. ) sich entspannend auswirken • religiöse „Rituale“ (Aussegnung etc. ) entlastend im Umgang mit betreuten Menschen wirken • religiöse Vorstellungen helfen, Arbeitsbelastungen (Krankheit, Tod etc.) zu verarbeiten • religiöse Vorstellungen mit einem Kohärenzgefühl (Verstehbarkeit, Sinn, Machbarkeit) einhergehen • religiöse Vorstellungen positive Emotionen (Dankbarkeit, Hoffnung, Freude, Zuversicht) verstärken. Aufbauend auf den Ergebnissen einer ersten qualitativen Datenerhebungsphase – bestehend aus 22 narrativen Interviews – wurde mit einer quantitativen Datengewinnung die bis dahin erzielten Erkenntnisse validiert. An dieser Fragebogenstudie nahmen 996 Mitarbeitende aus dem Gesundheitsund Sozialwesen teil, davon arbeiten 168 in nicht konfessionell-gebundenen sozialen Einrichtungen.

Ergebnisse Die Ergebnisse unserer Studien zeigen eindeutig, dass ein Zusammenhang besteht zwischen individuellen Glaubensvorstellungen sowie Bewältigungsstrategien, die sich aus einem religiösen oder spirituellen Setting heraus ergeben, und dem Beanspruchungserleben. Mitarbeitende, die


LITERATUR

Formen von religiösen oder spirituellen coping nutzen, zeigen ein signifikant geringeres Beanspruchungserleben.

len doch fast Zweidrittel aller Mitarbeitenden in diakonischen Einrichtungen positiv, dass es diese Angebote gibt.

Es zeigte sich aber auch, dass aufgrund der zunehmenden Belastungen viele Mitarbeitende das Gefühl haben, ihren eigenen (christlich motivierten) Ansprüchen nicht gerecht werden zu können. Wenn das Leitbild in der Einrichtung nicht gelebt wird, nehmen insbesondere religiöse Mitarbeitende schnell innerlich Abstand von der diakonischen Einrichtung. Des Weiteren zeigte sich, dass Formen von sozialer Unterstützung, Wertschätzung sowie Transparenz und Partizipation in einem engen Zusammenhang mit dem subjektiv empfundenen Beanspruchungserleben stehen und in den Gemeinschaftsmomenten mit den zu betreuenden Menschen sich Spiritualität, Sinn und erlebte diakonische Gemeinschaft zeigen.

Fazit

Ein Vergleich zwischen diakonischen und nicht konfessionell gebundenen Einrichtungen zeigt, dass Mitarbeitende in der Diakonie die (organisationalen) Ressourcen günstiger einschätzen. Nähere Analysen zeigen allerdings auch, dass sich diese Bewertungen in den verschiedenen Einrichtungen der Diakonie durchaus unterscheiden. Hinsichtlich individueller religiöser Glaubensvorstellungen und spirituellen sowie religiösen Copings konnte zwischen den Mitarbeitenden der Diakonie und nicht konfessionell gebundener Häuser nur geringfügige Unterschiede festgestellt werden. Bei einigen Mitarbeitenden in der Diakonie zeigt sich eine gewisse Verunsicherung bezüglich der Erwartungen seitens einer Einrichtung mit konfessioneller Prägung. Auch wenn die Mehrheit der Mitarbeitenden in diakonischen Einrichtungen angeben, dass sie religiöse Angebote, wie Andachten, Seelsorge und allgemeine Gottesdienste eher selten oder gar nicht in Anspruch nehmen, so beurtei-

Einrichtungen sollten ihre Mitarbeitenden ermuntern und es ermöglichen, religiöse Glaubensvorstellung und Spiritualität zu leben. Dies setzt heute sowohl für konfessionell als auch nicht konfessionell gebundene Einrichtung voraus, dass Diversität und eine interkulturelle Öffnung gelebt wird. Dem Führungsverhalten kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Bei einer Ausrichtung auf Spiritualität und Religiosität besteht aber auch die die Gefahr, da dieses sehr persönliche Bedürfnisse und Belange des Einzelnen berührt, dass sich Menschen überfordert, ausgegrenzt oder missioniert fühlen. Ein weiteres Problem ist das der „Systemverträglichkeit“. Unternehmenswerte können nur dann gemeinsam erlebt und gelebt werden, wenn sie mit den äußeren Bedingungen als stimmig empfunden werden. Beispielsweise kann eine kennzahlenund leistungsorientierte Führung eines Unternehmens im Widerspruch zur Ausbildung einer besonderen Arbeitsgemeinschaft erlebt werden. Ein drittes Problem besteht darin, dass die Mitarbeitenden in der Hinwendung zu einem besonderen christlichen Profil oder auch christlicher Spiritualität eine Maßnahme zur „Leistungssteigerung“ sehen (Fernando, 2005; Brown, 2003). Also die Gefahr, dass die Hinwendung zu Spiritualität und Religiosität lediglich als ein weiteres „Managementinstrument“ wahrgenommen wird.

Daten hierzu wurden in dem Forschungsprojekt „Arbeit, Gesundheit & Spiritualität“ der FH der Diakonie sowie in dem ESF geförderten Projekt des DW der EKD „Existenzielle Kommunikation und spirituelle Ressourcen im Pflegeberuf “ erhoben. 1

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Bartlett, C. A. & Ghoshal, S. (1995). Transnational Management (2. Auflage). Irwin, Chicago, USA. Biberman, J.,& Whitty, M. (1997). A postmodern spiritual future for work. Journal of Organizational Change Management, 10(2), 130 – 138. Brown, R. B. (2003). Organizational Spirituality: The Sceptic's Version. Organization, 10, 393 – 400. Büssing, A. & Kohls, N. (2011). Spiritualität transdisziplinär. Springer Verlag, Heidelberg. Fernando, M.(2005). Workplace spirituality: Another management fad? In: M. Adams & A. Alkhafaji (Hrsg.), Business Research Yearbook: Global Business Perspectives, Volume XII, No. 2, International Academy of Business Disciplines. Hagemann, T.; Caston, A. T.; Shallcross, A. J. & Mauss, I. B. (2008). Religous coping and adjustment to stressful life events. Proceedings of the 24. International Congress of Psychology. Meyer, J. P. & Allen, N. J. (1997). Commitment in the Workplace: Theory, Research, and Application. Sage Publications. Singhal, M. (2005). 'Towards understand and applying 'Spirituality at Work': Development of a conceptual framework. Working Paper Series, Institute of Management, 1 – 26. Sparrow, P. R. & Cooper, C. L. (2003). The Employment Relationship: Key Challenges for HR. Elsevier.

VERANSTALTUNGSHINWEIS Tagung „Führung, Gesundheit und Spiritualität in diakonischen Einrichtungen – Empfehlungen für die Praxis “ Montag, den 18.6.2012 in Bielefeld-Bethel von 11:00 bis 16:30 Uhr. Aufbauend auf den Ergebnissen von drei Entwicklungs- und Forschungsprojekten sollen Strategien und Instrumente vorgestellt werden, die ein besonders diakonisches Profil fördern und von den Mitarbeitenden als Unterstützung in ihrem Arbeitsalltag erlebt werden. Dazu werden auf der Tagung zu folgenden Themen konkrete Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt: • Diakonisch führen und leiten • Gesundheit fördern • Gemeinschaft verwirklichen • Spiritualität: Raum und Zeit gestalten • „Diakonische“ Angebote erfolgreich etablieren • Existenzielle Kommunikation fördern Die Tagung richtet sich an Führungskräfte, Personal- und Organisationsentwickler sowie Mitarbeitende, die sich in verschiedenen Funktionen mit dem Profil diakonischer Unternehmen beschäftigen. Anmeldung unter www.fh-diakonie.de/. cms/281 Die Ergebnisse folgender Entwicklungs- und Forschungsprojekte bilden die Grundlage: • „Existentielle Kommunikation und spirituelle Ressourcen im Pflegeberuf“ – DW der EKD • „Pflegen aus der Kraft des Glaubens?! – Wie geht´s Pflegenden in diakonischen Krankenhäusern?“ - SI der EKD, Hannover • „Arbeit, Gesundheit und Spiritualität“ – FH der Diakonie, Bielefel


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BIBEL

„Er hat alles wohl gemacht“ Heilungsgeschichten des Markusevangeliums in Zeiten moderner Medizin (3) Er wollte, dass Menschen diese Botschaft wahr–nehmen, also als entscheidende Wahrheit über die Welt und über sich selbst anerkennen und annehmen und somit zum Glauben an Jesus Christus finden und diesem Glauben entsprechend handeln. In diese dreifache Absicht fügen sich auch die Heilungsgeschichten, die er uns in seinem Evangelium überliefert.

Häufig werde ich mit der Frage konfrontiert, was das Christliche eines Krankenhauses in diakonischer Trägerschaft heute denn überhaupt noch ausmache. Die Diakonissen sind weithin aus dem Klinikalltag verschwunden. Leistungserbringung und Entlohnung folgen den gesellschaftlichen Gegebenheiten. Neben engagierte christliche Mitarbeitende treten zunehmend solche, die dem Glauben wenig abgewinnen können und zu keiner Gemeinde oder Kirche gehören. Die Frage nach der diakonischen Identität kirchlicher Gesundheitsarbeit, die sich daraus ableitet, finde ich höchst spannend. Denn sie erinnert uns an unseren Auftrag, an unsere Berufung und damit auch an den tiefen Sinn unserer Arbeit. In dieser Diskussion haben die Heilungsgeschichten der Evangelien nach meiner Beobachtung bisher nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Das finde ich bedauerlich, handelt es sich dabei doch um Texte, die sich ausdrücklich dem Thema „Krankheit - Gesundheit“ widmen. Gewiss: Von moderner Medizin ist in ihnen nicht die Rede und kann es ja auch naturgemäß nicht sein.

Die Erzählungen tragen wunderhafte Züge, weshalb sie längere Zeit in der Theologie ein Schattendasein führten. Allenfalls kleine Gruppierungen in den und am Rande der Kirchen schienen sich noch für sie zu interessieren, hier nun allerdings wiederum nicht selten so, dass das Welt- und Menschenbild der Antike ungefragt in die Gegenwart übertragen wurde. Dabei bin ich der Überzeugung, dass diese Erzählungen vom heilenden Handeln Jesu auch denjenigen eine Menge zu sagen haben, die den Einsichten der Moderne nicht mit grundsätzlicher Skepsis begegnen. Nehmen wir einmal das Markusevangelium als die älteste Evangelienschrift, entstanden wohl um das Jahr 70 n. Chr.. Was beabsichtigte Markus, als er sich anschickte, die Überlieferungen von Jesu Worten und Taten zu einer Evangelienschrift zusammenzustellen? Nach meiner Sicht waren das drei Dinge: (1) Er wollte die Erinnerung an das Leben Jesu bewahren. (2) Er wollte diese Erinnerung so erzählen, dass Jesus darin als der Christus, der Sohn Gottes zur Sprache kommt.

(1) Sie erinnern daran, dass Jesus Menschen heilend und befreiend begegnete. (2) Sie verdeutlichen, dass Jesus in diesem heilenden und befreienden Handeln die Nähe des Reiches Gottes verkörpert. (3) Sie wollen helfen, Glauben zu wecken und zu einem entsprechenden Verhalten anzuregen. Wie aber tun sie das? An der Geschichte von der Heilung eines gehörlosen und sprachbehinderten Menschen (Markus 7,31-37) soll dies beispielhaft verdeutlicht werden: „31Und als er wieder fortging aus dem Gebiet von Tyrus, kam er durch Sidon an das Galiläische Meer, mitten in das Gebiet der Zehn Städte. 32Und sie brachten zu ihm einen, der taub und stumm war, und baten ihn, dass er die Hand auf ihn lege. 33Und er nahm ihn aus der Menge beiseite und legte ihm die Finger in die Ohren und berührte seine Zunge mit Speichel und 34sah auf zum Himmel und seufzte und sprach zu ihm: Hefata!, das heißt: Tu dich auf! 35Und sogleich taten sich seine Ohren auf und die Fessel seiner Zunge löste sich, und er redete richtig. 36Und er gebot ihnen, sie sollten’s niemandem


Hefata!

sagen. Je mehr er’s aber verbot, desto mehr breiteten sie es aus. 37 Und sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hörend und die Sprachlosen redend.“

(1) Die Geschichte erinnert an das heilende und befreiende Handeln Jesu, indem sie es erzählend vergegenwärtigt. So holt sie es herein in die Gegenwart des Erzählers und des Hörers bzw. Lesers. Durch ihre Anschaulichkeit hilft sie uns, sich in dieses Geschehen hineinzubegeben. Spannend ist dabei, wie Markus dies tut. Angesiedelt ist das Ereignis im Gebiet der „Zehn Städte“, der Dekapolis. Diese galt den Juden zur Zeit Jesu als heidnisches Gebiet. Markus nun gestaltet deshalb diese Erzählung so, dass sie stark an vergleichbare Überlieferungen aus der griechisch-römischen Antike erinnert. Typisch für diese sind beispielsweise, dass der Heilende den Kranken abseits der Menge führt (Vers 33) oder dass er ein bestimmtes Wort verwendet, das den Anwesenden unverständlich ist (Vers 34: „Hefata!“). Auch das Benutzen von Speichel für den Heilungsvorgang ist aus solchen Erzählungen bekannt. So berichtet z. B. der im 2. Jahrhundert n. Chr. lebende Arzt Galen davon, dass insbesondere in ländlichen Gebieten Exkremente und Speichel erfolgreich Verwendung fanden. Damit, dass Markus diese Begebenheit gerade so erzählt, verfolgt er eine bestimmte Absicht: Sein Evangelium richtet sich vorwiegend an Nichtjuden, denen solche Züge an Heilungsgeschichten durchaus vertraut gewesen sein dürften. So macht er schon an der Art des Erzählens deutlich, dass das Wirken Jesu eben nicht nur den jüdischen, sondern allen Menschen gilt und dass Jesu heilendes Handeln religiöse und kulturelle Schranken überwindet.

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(2) Wie aber kommt darin die Nähe des Reiches Gottes zum Ausdruck? Wie wird Jesus darin als der Christus, der Sohn Gottes erkennbar?

Die Tatsache, dass Jesus sich hier in engster Verbindung mit Gott weiß, kommt zunächst darin zum Ausdruck, dass er seufzend, also erwartungsvoll zum Himmel aufblickt, was durchaus als Gebetsgeste zu verstehen ist. Das seinen nichtjüdischen Lesern unbekannte aramäische Wort „Hefata!“ ist keine magische Formel, sondern Gebetsinhalt und wird deshalb von Markus sogleich übersetzt und verständlich gemacht: „Tu dich auf!“ So wird deutlich, dass hier kein Zauberer am Werk ist, sondern Gott selbst in seiner heilenden, Leben schaffenden Kraft. Die Begriffe, mit denen Markus die Krankheit des Taubstummen beschreibt, rufen dem damaligen bibelkundigen Leser allein durch die Wortwahl die griechische Übersetzung von Jesaja 35,4-6 ins Gedächtnis, wo es heißt: „Sagt den verzagten Herzen: ‚Seid getrost, fürchtet euch nicht! Seht, da ist euer Gott!‘ … Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden. Dann werden die Lahmen springen wie ein Hirsch, und die Zunge der Stummen wird frohlocken.“ Und eben dort wird auch deutlich, dass das Heilungsgeschehen von Gott selbst erwartet wird. So wird anschaulich: In dem, was Jesus hier tut, ist Gott selbst gegenwärtig. Jesus verkörpert Gottes Gegenwart. In seinem Handeln begegnet uns Gott selbst. Erkennbar wird diese tiefste Wahrheit allerdings nur für den, der an Jesus als den Sohn Gottes, den Christus glaubt. Deshalb verbietet Jesus den Anwesenden – freilich ohne Erfolg –, von dem Erlebten

Pastor Frank Eibisch, Theologischer Geschäftsführer, BETHANIEN Krankenhaus Chemnitz gGmbH und Mitglied im Vorstand der Agaplesion gAG

zu erzählen. Denn er möchte nicht als Wundertäter oder Zauberer verehrt werden. Wer er wirklich ist, erschließt sich erst am Kreuz, unter dem ein römischer Offizier die ganze Wahrheit ausspricht: „Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen“ (Markus 15,38). Was aber geschieht, wo Gott selbst gegenwärtig ist? Es leuchtet etwas auf von der Vollendung seines Reiches. So erinnert die Reaktion der Menge an den Ursprung, die Schöpfung und die sich damit verbindenden Hoffnung darauf, dass das Ziel der Geschichte nicht Chaos und Vernichtung sein werden, sondern Lebendigkeit in Gottes allumfassender Gegenwart. Nicht umsonst erinnert der Jubelruf: „Er hat alles wohl gemacht“ (Vers 37) an den ersten


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Schöpfungsbericht: „Und siehe: Alles war sehr gut“ (Genesis 1,31).

druck der menschenfreundlichen, lebensfördernden Güte Gottes.

(3) Kann eine solche Erzählung nun aber tatsächlich Glauben wecken und zu einem entsprechenden Verhalten anregen?

- Jesus handelt so, dass es den Beteiligten verständlich wird. Er gebraucht keine Geheimformeln, um sich als Magier darzustellen, sondern macht offenkundig, worum es ihm geht und woher er die Kraft dazu bezieht. Diese Klarheit und Verständlichkeit ist Menschen in heilenden Berufen nicht immer zu eigen. Der Gebrauch medizinischer Fachsprache beispielsweise kann auch der Verschleierung dienen oder einen Versuch darstellen, für die eigene Kenntnis ehrfurchtsvollen Respekt zu erheischen. In jeden Fall aber ist er rücksichtslos, wenn Patienten dadurch in Unkenntnis über das gesetzt werden, was mit ihnen geschieht. Verständlichkeit ist Ausdruck der Nächstenliebe.

Die Geschichte allein gewiss nicht, denn Glaube entsteht dort, wo Menschen im gekreuzigten und auferstandenen Jesus den Christus, den Sohn Gottes erkennen und dies als entscheidende Wahrheit für ihr Leben annehmen. Dennoch macht eine solche Begebenheit anschaulich, was diese grundsätzliche Einsicht konkret bedeutet, also wie dieses Christus-Sein, dieses SohnGottes-Sein im Leben von Menschen Gestalt annimmt. Und sie macht deutlich, wie ein dementsprechendes Verhalten aussehen kann.

Frank Eibisch: Dein Glaube hat dir geholfen, Heilungsgeschichten des Markusevangeliums als paradigmatische Erzählungen und ihre Bedeutung für diakonisches Handeln, Göttingen, Edition Ruprecht, 2009, 144 Seiten, ISBN 978-3-

Was beispielsweise könnte dies für ärztliches und pflegerisches Handeln im Rahmen moderner Medizin bedeuten? Was bedeutet es für das heilende Handeln der Kirche insgesamt? - Jesus überwindet religiöse und kulturelle Grenzen. Er stellt sich dabei auf die Gepflogenheiten und Gegebenheiten seiner Umwelt ein. Auch wenn Christen Medizin betreiben, werden sie sich dabei modernster Möglichkeiten dankbar bedienen, weil sie auch diese als Geschenk Gottes wahrnehmen und annehmen. - Jesus nimmt den kranken Menschen beiseite. Er veranstaltet kein öffentliches Spektakel, um die eigene Person in den Vordergrund zu stellen. Menschen, die anderen heilend Gutes tun, stehen in besonderer Verantwortung, dabei nicht sich selbst in ein besseres Licht rücken zu wollen. Auch ihre Geschicklichkeit und ihre besonderen Begabungen sind nicht ihr eigener Verdienst, sondern Aus-

- Jesus versteht sein Handeln im Horizont des angebrochenen und sich vollendenden Gottesreiches. Möglichkeiten zu heilendem Handeln sind immer begrenzt. Niemand muss deshalb Gott oder Halbgott spielen, auch nicht in weißer Dienstkleidung. Menschliche Allmachtsphantasien verstellen den Blick auf das Reich Gottes. Christen aber können durch ihre Worte darauf hinweisen, dass Gottes Gegenwart erkennbar wird und sein Reich anbricht, wenn Menschen Heilung und Genesung finden. Das heilende Handeln der Kirche – auch in einem Krankenhaus in diakonischer Trägerschaft – wird sich also, wenn es dem heilenden Handeln Jesu folgen möchte, nicht durch besondere Methoden auszeichnen, nicht durch das Spektakuläre der Heilung, nicht durch eine besondere Rätselhaftigkeit und Unerklärlichkeit des Geschehens. Es wird niemals dazu dienen, Menschen in den Mittelpunkt zu stellen oder in Abhängigkeiten zu bringen. Es wird von

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den Möglichkeiten der modernen Medizin dankbar und verantwortungsvoll Gebrauch machen in einer Weise, dass damit der Lebendigkeit gedient ist. Es wird nicht alles tun wollen, was möglich ist, sondern darauf bedacht sein, dass alles, was geschieht, für die Menschen gut ist, die Genesung suchen. Und es wird Christinnen und Christen brauchen, die fröhlich und mutig davon Zeugnis geben, dass überall, wo Menschen Heilung und Befreiung erfahren, etwas von der heilenden, lebendig machenden Gegenwart des Reiches Gottes aufleuchtet, erkennbar wird, Wirklichkeit wird. Und die von der Hoffnung auf die Vollendung dieses Reiches sprechen und damit deutlich machen: Noch ist nicht alles gut; noch haben auch Klage und Trauer, Krankheit und Elend ihren Platz bei Gott, bis zu dem Tag, an dem er all dies in Heilung und Heil verwandeln und alles „sehr gut“ sein wird.


CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN

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Wo treffen Sie Christen, die vom Fach sind? Die Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN stellt sich vor

CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN

• Patienten und Kollegen die heilende Liebe Jesu Christi erfahrbar machen, • in Einheit mit Kirchen und Gemeinden den biblischen Auftrag von Diakonie, Caritas und Heilungsdienst in unserem Land wahrnehmen. Die ökumenische Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN

Günther Gundlach, Geschäftsführer Christen im Gesundheitswesen

(CiG) e.V. ist eine bundesweite konfessionsverbindende Initiative von Mitarbeitern unterschiedlicher Berufsgruppen im Gesundheitswesen: Pflegende, Ärzte, Therapeuten, Mitarbeiter aus Management und Verwaltung, Seelsorger, Sozialarbeiter und weitere Berufsgruppen des Gesundheitswesens. Basis der Zusammenarbeit sind die Bibel, das apostolische Glaubensbekenntnis sowie die Achtung des Einzelnen in seiner jeweiligen Konfessionszugehörigkeit. Wir CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN wollen

• einander fördern, unseren Glauben im Berufsalltag zu leben, • zur Neubelebung an der Bibel orientierter Werte im Gesundheitswesen beitragen,

verbindet seit über 25 Jahren Christen im Umfeld des Gesundheitswesens – inzwischen rund 10.000 in regionaler sowie in bundesweiter Vernetzung. Das Rückgrat unserer Arbeit sind die CiG-Regionalgruppen, die von Mitarbeitern vor Ort geleitet und verantwortet werden und die sich in unterschiedlichen, z.B. monatlichen Abständen treffen. Beruflicher Austausch, biblischer Impuls und Gebet sind wiederkehrende Bestandteile der Treffen. Einige Gruppen bieten Regionalveranstaltungen an, zu denen öffentlich eingeladen wird. Kontakt zu den Regionalgruppen vermittelt die Geschäftsstelle. Die bundesweit ausgerichtete Arbeit von Christen im Gesundheitswesen wird von Mitarbeitern aus unterschiedlichen Gesundheitsberufen verantwortet und geleitet. In der Geschäftsstelle in Aumühle bei Hamburg wird die Arbeit

koordiniert. Hauptamtliche, geringfügig Beschäftigte und rund 130 Ehrenamtliche sorgen für die Umsetzung von Projekten und unterstützen die Arbeit des Bundesweiten Leitungskreises. Die Arbeit von CiG finanziert sich wesentlich aus Spenden. Ein Kreis von z.Zt. 500 Förderern bildet hierfür die Grundlage, indem sie den gemeinnützigen Verein jeweils mit einem Mindestbeitrag von 60 € im Jahr finanziell unterstützen. Förderer können an den Fortbildungsseminaren der CiGAkademie für den ermäßigten Beitrag teilnehmen und erhalten das ChrisCare-Abo kostenfrei. Wir laden Sie herzlich ein, dem Förderkreis beizutreten! CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN e.V.

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CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN

Netzwerkarbeit von

Warum investiert sich CiG so stark in die Christlichen Gesundheitskongresse? Ein Kerngedanke von Christen im Gesundheitswesen ist die konfessions- und berufsgruppenverbindende Arbeit. Wir wollen ein bundesweites Netzwerk von christlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitswesen fördern, von welchem sowohl Professionelle als auch die Patienten profitieren. Seit Beginn investieren wir in Regionalgruppen, die zum Rückgrat der CiG-Bewegung geworden sind. Hier vernetzen sich Christen in der Region,

die Beziehung leben und dadurch Stärkung und Motivation für den Berufsalltag bekommen. Durch die bundesweite Akademiearbeit unterstützen wir die Regionalgruppen, mit Themenangeboten Interessierte auf das Netzwerk aufmerksam zu machen. Netzwerkarbeit ist aber auch Öffentlichkeitsarbeit – ein Bereich, der eine hohe Bedeutung hat. 2006 haben wir damit begonnen, diesen Vernetzungsgedanken intensiver auf Bundesebene mit anderen geistlichen Werken, Bewegungen

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und Institutionen zu teilen, die ähnliche oder ergänzende Aufträge und Visionen haben wie wir. Unser Ziel ist, eine viel größere Öffentlichkeitswirkung zu erlangen, indem wir die wertvollen Charismen, die sich im Kongress-Trägerkreis widerspiegeln, bündeln und auf Kongressebene sichtbar machen.

Die beiden zurückliegenden Kongresse haben die Erwartungen aller erfüllt. Für uns als beteiligte Gruppen waren sie inspirierend, ermutigend und Glauben fördernd.


CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN

und für Christen

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Termine 3.3. Braunschweig, CiG-Akademie, „Als Christen demenzkranke Menschen begleiten“ 21.3. Kassel, Seminare beim Vorkongress zum 3.Christlichen Gesundheitskongress: „Christliche Heilkunde – eine Not-wendende Erweiterung für Medizin und Krankenbegleitung”, „Als Christen Sterbende begleiten”, „Aus Erschöpfung und Frustration zu neuer Freude”

Bildimpression von einem Vortrag beim Christlichen Gesundheitskongress 2010

14.4. Salzwedel, CiG-Gastvortrag „Männergesundheit“ 20. – 22.4. Asendorf, CiG-Akademie, „Wochenende für chronisch Kranke und Angehörige“ 12.5. Hamburg, CiG-Akademie in Zusammenarbeit mit GGE-Nord, „Das bewegte Kreuz“ – eine christliche Körper- und Bewegungstherapie

Kongress Palais in Kassel

Claudia Elwert

3. – 6.5. Craheim, CiG-Akademie in Zusammenarbeit mit Schloss Craheim, „Stille im Sturm – Auftanken in den Armen des Vaters“ 15. – 17.6. Dassel, CiG-Jahrestagung „Wachsen in Beruf und Berufung“

Musikalische Unterhaltung

Magdalene Günther und Selma Stark

Die hohe Kompetenz der Referenten aus Gesundheitswesen und Kirche haben dazu beigetragen, dass nicht nur Mitarbeiter aus den Gesundheitsberufen und aus Gemeinde / Kirche diesen Kongress als Ort der Vernetzung und Diskussionsplattform angenommen haben, sondern darüber hinaus auch die Öffentlichkeit mit der Fachpresse.

gen in unserem Land. Das muss es auch weiterhin geben, damit jeder sein Charisma leben kann. Das gemeinsame Auftreten hilft aber ganz besonders, dass christliche Werte für das Gesundheitswesen verstärkt hörbar sind und in die öffentliche Diskussion eingebracht werden können.

In Deutschland ist dieser Kongress einzigartig. Sicherlich haben wir ein sehr gutes und inspirierendes Angebot der einzelnen Gruppierun-

Und für unsere Gesellschaft kann eine gemeinsame Stimme von Christen zu Fragen von Krankheit und Gesundheit, Glaube und Heilung besonders überzeugend sein.

21. – 26.6. Maihingen, CiG-Akademie in Zusammenarbeit mit Lumen Christi, „Seminar für erkrankte Menschen und pflegende Angehörige“ Besuchen Sie uns auf unserer Homepage www.cig-online.de, hier finden Sie weitere Termine und Infos!

Die Veranstaltungen der Akademie werden dezentral meist in Zusammenarbeit mit den CiGRegionalgruppen angeboten. Wenn Sie in Ihrer Region ein Seminar initiieren wollen, nehmen Sie gern mit uns Kontakt auf. Weitere Infos: www.cig-online.de.


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NACHRICHTEN

Orte des Friedens Unglaublich Zum Nein-Sagen ermutigen

Riesensumme für Hospiz

Gutmütigkeit bremst Reformen

Schülerin Elisa (6. Klasse), Geschäftsführer Pastor Hausberg, Schulleiterin Elisabeth Thölke, Lehrer und Mitorganisator Ralf Cordes, Schülerin Tasnim, Lehrerin und Mitorganisatorin Nina Lepin, Schülerin Leonie, Klassenlehrer und Mitorganisator Ewald Fabry, Schüler Joshua

Wiesbaden/Bielefeld: „Manch dringend notwendige Reform würde vielleicht beschleunigt, wenn viele (!) Mitarbeiter sich endlich trauen, klar und deutlich NEIN zu sagen und Missstände zu benennen,“ schreibt Helgard Kündiger in der Zeitschrift Pflegen des Ev. Fach- und Berufsverbandes für Pflege und Gesundheit (4 2011). Die Bad Homburger Krankenhausseelsorgerin sieht ihre Aufgabe sowohl im Wahrnehmen der Situation der Mitarbeitenden in der Klinik als auch im Benennen von Situationen, ohne sie zu bewerten. Sie macht dabei die Erfahrung, dass schon im zutreffenden Beschreiben von Zerreißproben Hilfe empfunden wird: Mitarbeiter „übernehmen oft persönlich die Verantwortung für Missstände, die letztlich nicht durch das Handeln Einzelner, sondern nur durch strukturelle Veränderungen in der Gesellschaft behoben werden können.“ Das wirke entlastend: „Kein Mensch arbeitet perfekt. Unzulänglichkeiten sind bei Gott einkalkuliert. Kein Mensch muss für alles allein Verantwortung übernehmen. Die Bedürftigkeit des Menschen (auch der Mitarbeitenden!) ist immer das Einfallstor der Gnade Gottes.“ Kündiger sieht in der Begleitung der Mitarbeiter eine zentrale Aufgabe der Seelsorge im Krankenhaus. Die Zerreißproben mit ihnen auszuhalten sei ebenso wichtig wie die Gestaltung von Räumen, die Orte des Friedens und der Ruhe sind, „wo Gottes Geist spürbar werden kann“. Nicht zuletzt sieht die Pfarrerin ihre Aufgabe im Gebet, auch wenn das, wie sie bedauert, nicht zur Stellenbeschreibung gehöre und darum oft auf den letzten Platz der langen To-Do-Liste rutsche.

Hamburg: Schüler haben dem Diakonie-Hospiz Hamburg-Volksdorf ein ganz besonderes Geschenk gemacht: Sie sammelten im Rahmen eines sogenannten sponsored walk unglaubliche 23.896 Euro für das erste Hamburger Hospiz in christlicher Trägerschaft. Die Stadtteilschule hatte ihren 20. Geburtstag u.a. mit einem sog. sponsored walk gefeiert. Dabei unterstützten Firmen und Privatpersonen die rund 1 000 Schüler (und Lehrer) bei ihrem Lauf mit einem selbst festgelegten Geldbetrag pro Runde. Der Kontakt war durch Unterrichtseinheiten zum Thema Leid, Sterben und Tod zustande gekommen, in deren Rahmen die Sozialarbeiterin im Hospiz, Ingrid Agbottah-Koch die Arbeit im Hospiz vorgestellt hatte. Pastor Andreas Hausberg, Geschäftsführer des Diakonie-Hospizes: „Ich bin sehr glücklich über diese große Spende. Mit dieser Spende können wir zwei Jahre lang eine Stelle im Bundesfreiwilligendienst für unser Hospiz finanzieren.“

Entlastung

Wiesbaden: „Welche ungelernten Kräfte können die Personalnot in stationären Einrichtungen verbessern?“, fragt die Pflegewissenschaftlerin Professor Dr. Margret Flieder in der Zeitschrift Pflege des Ev. Fach- und Berufsverbandes für Pflege und Gesundheit (4 2011). Dabei sieht sie Möglichkeiten bei den Lebensaktivitäten, wie Essen und Trinken, sich bewegen und seinen Glauben ausüben. Sie warnt davor, die fachliche Qualifikation zum Beispiel beim Essen und Trinken zu vernachlässigen. „Der Einsatz einer Hilfskraft führt nur oberflächlich zur Entlastung, lässt die Betroffenen jedoch unzufrieden zurück“. Im Bereich der Glaubensaktivität könnten jedoch ehrenamtliche Mitarbeiter, die oft in Zusammenarbeit mit Kirchengemeinden gewonnen würden, besondere Qualifizierungen mitbringen. „Diese Gemeindemitglieder sind Laien in der Pflege, aber Experten in Glaubensfragen.“ Hier sei eine Entlastung der Pflegenden gut möglich. „Als zusätzliche und für den Zugang zu dieser Lebensaktivität besonders relevante Komponente kann hier das eigene offensive Bekenntnis zum Glauben gesehen werden und die Bereitschaft, dieses als Schlüsselkompetenz für den Kontakt mit Sterbenden einzubringen.“

Handlungsfeld Für gerechte Gesellschaft

Experten in Glaubensfragen

Theologische Hochschule Elstal

Ehrenamtliche bringen Alltag näher

Elstal: Das Theologische Seminar Elstal hat ein Institut für Diakoniewissenschaft und Sozialtheologie eingerichtet. Die Fachhochschule, die auch einen Masterstudiengang in freikirchlicher Diakonie anbietet, will


NACHRICHTEN

mit dem neuen Institut zur politischen Gestaltung einer gerechten Gesellschaft beitragen. Zum Institut gehört auch die Peter-Dienel-Forschungsstelle. Diese widmet sich der Erforschung der von baptistischer Tradition inspirierten Form von Bürgerbeteiligungsverfahren, die der Theologe und Soziologe Peter Dienel entwickelt hatte: die Planungszelle. In einem Vortrag entfaltete der Heidelberger Diakoniewissenschaftler Prof. Dr. Heinz Schmidt die Geschichte der unterschiedlichen Ansätze diakoniewissenschaftlicher Forschung. Er erläuterte dabei die Entwicklung von einer ursprünglichen Hilfswissenschaft Diakonik, die sich zunächst auf den Bereich der Diakonie beschränkte, hin zu einer Diakoniewissenschaft als Sozialtheologie, die sich einer interdisziplinären Forschungsmethodik und der Gestaltung einer verantwortlichen Gesellschaft verpflichtet weiß. Hier habe ein Forschungsinstitut, wie es nun in Elstal gegründet wurde, den Auftrag, die Logiken unterschiedlicher Fachwissenschaften zusammenzubringen, denn im Handlungsfeld der Diakonie müssten vielfach ökonomische und rechtliche, aber auch theologische Werthaltungen und Entscheidungskriterien miteinander in Einklang gebracht werden.

Gesundheitsmarkt Angebot und Nachfrage

schrift für Nachwuchswissenschaftler. Die Anbieter stellten „religiöse Ideen in Formen bereit, welche auf das Individuum als Adressaten zugeschnitten sind“. Dabei spiele der Zwang zur Kundenorientierung eine wesentliche Rolle und führe „zu einer Wiederaufwertung der sinnlichen und körperlichen Aspekte des Religiösen. Damit verringert sich zugleich die relative Bedeutung von religiösen Texten und Liturgien zugunsten der sinnlichen Aspekte religiöser Kommunikation.“ Anhand der sensorischen bzw. somatischen Wirkungen des Religiösen können die Nachfrager den ‚Wert‘ oder den ‚Nutzen‘ auch in den relativ kurzfristigen Marktbeziehungen unmittelbar bemessen.“ Damit manifestieren sich auf der körperund gesundheitsbezogenen Ebene „Erfahrungen, Gefühle und Stimmungen, welche zum Gradmesser für die Plausibilität der neuen Sinnstiftungsofferten werden“. Hero schreibt:„Die Figur des religiösen Entrepreneurs versammelt (...) eine Vielzahl gegenwärtiger Sozial- und Selbsttechnologien, deren gemeinsamer Fluchtpunkt die Ausrichtung der Lebensführung am Verhaltensmodell der Identitätsfindung und Eigenverantwortung bildet.“ Durch diese Orientierung gewinnt der Anbieter das Vertrauen, das ihm die Kundenbindung sichert. Mehr unter: www.nachwuchswissenschaftler.org/ 2011/1/50/

Hirntod

Tot ist nicht gleich tot

Bunt gemischte spirituelle Angebote überfluten den Gesundheitsmarkt

Bochum: Den ausufernden Markt an spirituellen Kleinunternehmern, die im Gesundheitsbereich tätig sind, untersucht der Bochumer Religionswissenschaftler Markus Hero in der Zeit-

Trotz Organentnahme einen würdevollen Sterbeprozess ermöglichen

Stuttgart: Im evangelischen Magazin ZeitZeichen (11, 2011) hat jetzt der

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Erlanger Theologe Peter Dabrock für einen differenzierten Umgang mit den Begriffen „tot“ und „lebendig“ plädiert. In einem Beitrag zur Organtransplantation fragt er angesichts einer durch den medizinischen Fortschrift unsicher gewordenen Definition von Hirntod: „Es stimmt weiterhin, dass mit dem Hirntod der Sterbeprozess unumkehrbar geworden ist. Ist der Hirntote dann ein Lebender oder ein Toter? Das Recht verlangt bisher eine klare Antwort. Nur wenn sie lautet: Der Hirntote ist ein Toter, dann ist die Organentnahme keine Tötungshandlung. Sie wäre eben sonst Tötung auf Verlangen, aktive Sterbehilfe. Wir müssen aber anerkennen, dass uns die Hochleistungsmedizin eine dritte Kategorie beschert hat, die weder unter die üblichen juristischen Kategorien ‚lebendig‘ oder ‚tot‘ fällt: den Hirntoten als den unumkehrbar Sterbenden. Der Hirntote ist eben nicht mehr im juristischen Sinne lebendig, weil er alle Zustände, die wir mit Personalität verbinden – Denken, Fühlen, Handeln, sprachlich und expressiv kommunizieren zu können, sich bewegen, emotional reagieren zu können, von sich aus die Beständigkeit des Organismus aufrecht erhalten zu können – unwiederbringlich verloren hat. Umgekehrt ist durch technische Assistenz die Homöostase des Organismus noch nicht vollständig erloschen.“ Der evangelische Professor meint: „Wir, auch nicht die Mediziner und die Juristen, können nicht bei der bisherigen so klaren und inzwischen nur noch scheinbar einfachen Unterscheidung zwischen tot und lebendig bleiben. Wir müssen ehrlich zugeben: Es gibt unumkehrbar Sterbende zwischen Leben und Tod. Mit diesem neuen Status müssen wir lernen, verantwortlich umzugehen. Das heißt: Eine Organentnahme bei diesem unumkehrbar Sterbenden ist keine Tötung auf Verlangen; sie ist aber auch so durchzuführen, dass der unumkehrbar sich vollziehende Sterbeprozess würdevoll gestaltet wird.“


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NACHRICHTEN

Nöte sind groß Palliative Geriatrie

Die Malteser – 800 Jahre Erfahrung

Engelskirchen: Der Vorsitzende von Christen im Gesundheitswesen, der Hamburger Dr. Georg Schiffner, war am 28. Januar zu Gast bei einem Seminar in der Malteser Kommende Ehreshoven bei Köln. Der Mediziner referierte über „Möglichkeiten der Palliativen Geriatrie“. Er führte anhand umfangreichen Hintergrundwissens und praktischer Erfahrungen aus, dass es zu einer der dringlichsten Aufgaben unseres Gesundheitswesens gehört, palliative Dienste für hochbetagte schwerkranke Menschen auszubauen. Hier seien häufig körperliche, psychische, soziale und spirituelle Nöte groß, so dass kompetente multiprofessionelle Hilfe von wesentlicher Bedeutung ist.

Miteinander

Kooperationsplattform mit ihren Beiträgen für die soziale Stadtentwicklung. Im Bundesbauministerium wurden mehr als 120 Beispiele vorgestellt, die zeigen, wie kirchliche Gemeinwesenarbeit vor Ort gelingt. „Die Kirchen spielen eine wichtige Rolle in unseren Städten. Sie bilden häufig einen Orientierungspunkt in der Stadt – nicht nur städtebaulich. Denn die Kirchengemeinden leisten aktive Beiträge bei der Kinder- und Jugendarbeit oder dem Einbeziehen der älteren Generation. Sie tragen so zu einem gelungenen Miteinander vor Ort bei. Wir wollen, dass diese Potenziale für eine sozial integrierte Stadtentwicklung noch besser genutzt werden. Für eine lebenswerte Stadt spielt eine aktive Bürgergesellschaft eine wesentliche Rolle“, würdigte Bundesbauminister Peter Ramsauer das Kooperationsprojekt. „Kirche findet Stadt“ wurde gemeinsam vom Diakonischen Werk der EKD und dem Deutschen Caritasverband entwickelt.

Ohne Christusbezug

anböten. „Viele ‚Heiler‘ reden von Spiritualität, halten von Kirche aber überhaupt nichts“, kritisiert Wolf die Szene. Er empfiehlt, bei der Beurteilung von Heilern ihr Verhältnis zur Gemeinde in Augenschein zu nehmen: „Christliches Heilen hat etwas mit der Gemeinschaft zu tun, die dem Wirken des Heiligen Geistes vertraut.“ Darum warnt Wolf vor allen Formen des Heilens, die die Person des Heilers in den Vordergrund rücken oder bestimmten Techniken besonderes Gewicht beimessen. „Heilen ist nicht eine bloße Technik, sondern die Kunst, ein ganzheitliches Beziehungsgeschehen zwischen dem Arzt und seinem Gegenüber zu realisieren. Die Zahl der Ärzte wächst, die die heilende Berührung durch Handauflegen in ihre Praxis einbeziehen. Für mich ist das ein Hoffnungszeichen.“

Spezieller Bereich

Türkisch in der Diakonie

Warnung vor Wunderheilern

Türken finden hier ein Stück Heimat

Kirche findet Stadt

Bundesminister Dr. Ramsauer (m.), Caritas-Präsident Prälat Dr. Neher (l.) und Diakonie-Präsident Stockmeier (r.)

Berlin: „Kirche findet Stadt“ – gemeinsam engagieren sich Kirchengemeinden und die Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie in den Gemeinden und Stadtteilen. Unterstützt durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung präsentierte sich im Dezember in Berlin die ökumenische

Christliches Heilen ist keine bloße Technik

München: „Wenn jemand für sich in Anspruch nimmt, im Namen von Jesus Christus zu heilen, dann sollte man davon etwas in seiner Lebensweise spüren“, erklärt der evangelische Kirchenrat Bernhard Wolf, Bayreuth in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift Charismen, Ordenschristen für Kirche und Gesellschaft. Befragt wurde der frühere Leiter des Forschungs- und Informationszentrums für Neue Religiösität an der Universität Bayreuth nach der Bedeutung von sogenannten Geistheilern, die oft jenseits der Kirche ihre Dienste

Hamburg: „Ein mutmachendes Beispiel – entgegen aller Migrationsproblematik“, resümiert Heike Hitzemann, Seelsorgerin im Diakoniewerk Tabea in Hamburg. Dies hat seit einiger Zeit einen türkischen Wohnbereich in seinem Alten- und Pflegeheim eingerichtet. Angeregt durch das türkische Ehepaar Celik wurde ein spezieller Bereich eingerichtet, in dem Türken in ihrer Kultur gepflegt und betreut werden. Sowohl durch türkische Mitarbeiter als auch durch türkischsprechende ehrenamtliche Helfer zweier türkischer Vereine „Die Kraft der Toleranz e.V.“ und „Interkulturelle Soziale Dienst e.V.“. „Jeden zweiten Dienstag lesen Frau Ylmaz


NACHRICHTEN

oder Frau Demir türkische Geschichten vor und mindestens einmal im Monat kommen Frau Cavlak, Frau Aksoy und Frau Ugur. Dann wird gekocht und miteinander gegessen,“ heißt es in den Nachrichten & Impulsen aus dem Diakoniewerk. Auch religiöse Fragen werden nicht ausgeklammert: „Da unsere muslimischen Bewohner eine Vielzahl von Festen feiern, die uns Deutschen fremd sind, ist die Unterstützung der Vereinsmitglieder eine große Hilfe. Regelmäßige Besuche, Gespräche über die Heimat, aber auch Lesen aus dem Koran, seelsorgerliche Begleitung und Ilahi – der religiöse Gesang, stehen auf dem Programm. Die Sterbebegleitung nach muslimischen Regeln, sowie Beten und Besinnung im heiligen Monat Ramadan – Rituale, die unseren türkischen Bewohnern Sicherheit und Halt geben“.

Forscher zeigen

Wann Freunde Stress lindern können

Soziale Unterstützung erfahren

Freiburg: Unterstützung von Familie und Freunden gilt als einer der wirksamsten Schutzfaktoren gegen stressbedingte Erkrankungen – von der Depression bis zum Herzinfarkt. Prof. Dr. Markus Heinrichs, Professor für Biologische Psychologie an der Universität Freiburg im Breisgau, hat 2003 als erster Humanforscher bereits nachgewiesen, dass das Neurohormon Oxytocin eine zentrale Rolle bei der Kontrolle von Stress sowie der stressreduzierenden Wirkung der sozialen Unterstützung spielt. In einer Reihe von Arbeiten hat er außerdem gezeigt, dass Oxytocin als Nasenspray Vertrauen und

Einfühlungsvermögen erhöht und somit therapeutisches Potenzial bei einer Reihe psychischer Erkrankungen bietet. Aber könnte das Oxytocin-System auch helfen zu verstehen, warum sich die Unterstützung von nahe stehenden Personen auf Menschen sehr unterschiedlich auswirkt? In der aktuellen Ausgabe des Fachjournals Proceedings of the National Academy of Sciences haben Freiburger Psychologen und Neurowissenschaftler gemeinsam mit Forschern aus Singapur erstmals die genetische Modulation der Wirksamkeit sozialer Unterstützung durch Varianten des Oxytocinrezeptor-Gens (OXTR) bei Stress erforscht. Die Wissenschaftler haben bei 200 Personen die hormonelle und subjektive Stressreaktion mit einem standardisierten sozialen Stresstest untersucht. Die eine Hälfte der Probanden wurde gebeten, eine ihnen nahe stehende Person zur Unterstützung mitzubringen, die andere Hälfte erschien ohne Begleitung. „Während die Anwesenheit eines Freundes in der Vorbereitung auf den Test den Stress bei den meisten Personen reduzierte, profitierte die Gruppe der Träger einer

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bestimmten genetischen Variante von OXTR überhaupt nicht von der Unterstützung“, sagt Frances S. Chen.

Get ready to run

Parish Nursing fit für Olympia

Symposium in Leicestershire, UK

Hothorpe Hall: Parish Nursing Ministries United Kingdom (PNMUK) veranstaltet jedes Jahr in Hothorpe Hall/Leicestershire ein Symposium. 63 Teilnehmende, hauptsächlich Parish Nurses aus England, Schottland und Wales, verbrachten am 20. und 21.11. zwei Tage unter dem Thema „More Precious Than Gold” (Wertvoller als Gold), mit dem Bezug zu den Olympischen Spielen in London 2012. Das Programm war vielfältig: Gottesdienst und Bibelarbeiten, ein sportlicher Workshop der British Heart Foundation, Vorträge zu den Themen „Gesundheit und das Evangelium“, „Gesunde Ernäh-


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NACHRICHTEN

rung“ und „Die Olympiade und das Evangelium“. Bei Letzterem stellte Reverend Janet Binns, Olympiabeauftragte der Anglikanischen Kirche und Marathonläuferin, das Konzept „Get ready to run“ für Kirchen vor. Wie reagieren Gemeinden auf die Herausforderungen der Olympiade und der Paralympics im eigenen Land? Und was können die Parish Nurses dazu tun? Das Symposium ermutigt die Parish Nurses dranzubleiben und gibt ihnen neue Ideen und Motivation. Durch das Beispiel des Marathonlaufs wurde besonders gut deutlich, wie notwendig langer Atem für die Arbeit in den Gemeinden ist. Mehr: www.parishnursing.org.uk

Neues Konzept

Sozialarbeiter, Seelsorger und ein Psychotherapeut beteiligt seien. Bei dem Projekt werde die Zeit vor der Operation in den Fokus gerückt, betont Dr. Volland. „Deshalb thematisieren unsere Ärzte das Thema Angst bereits beim Erstkontakt”. Die Anästhesie biete Angstsprechstunden an, bei denen sich der künftige Patient über die Narkose eingehend informieren könne. Zudem gebe es eine individuelle Patientenberatung auch durch die Krankenhausseelsorgerin.

Studenten helfen

Gesundheitsberatung für Migranten

Angstfreies Krankenhaus

Angstfreies Krankenhaus Waldfriede der Siebenten-Tags-Adventisten, Berlin

Berlin: „Angstfreies Krankenhaus Waldfriede” heißt ein neues Projekt der Klinik der Siebenten-Tags-Adventisten in Berlin. „Bei unserer täglichen Arbeit machen wir immer wieder die Erfahrung, dass Patienten vor einer Operation unter verschiedenen Ängsten leiden”, so Projektleiter Dr. Michael Volland. Neben der Angst vor der Narkose, vor Schmerzen oder vor Komplikationen sorgten sich Patienten vor schwerwiegenden Diagnosen, vor dem Eingriff in die Intimsphäre oder dem Verlust von Selbständigkeit. Um diesen und anderen Ängsten bereits im Vorfeld einer Operation zu begegnen, habe das Krankenhaus „Waldfriede” ein interdisziplinäres Konzept entwickelt, an dem Ärzte, Pflegekräfte,

Sozialpreis innovatio für Studentenprojekt

Berlin: Der mit 13.000 Euro dotierte Sozialpreis innovatio wurde Ende 2011 an das Projekt „AG Migrantenmedizin“ verliehen. Aus 177 Bewerbungen wurde diese Initiative von Regensburger Medizinstudenten in Kooperation mit dem Caritasverband der Diözese Regensburg von einer Jury zum Sieger gewählt. Als ehrenamtliche Mitarbeiter der Caritas Flüchtlingsberatung betreuen die Medizinstudenten Asylbewerber mit gesundheitlichen Beschwerden. Sie unterstützen zum Beispiel die Organisation der Arzttermine, helfen bei sprachlichen und kulturellen Barrieren und sorgen für eine kontinuierliche medizinische Begleitung der Patienten. Das Projekt wurde im Herbst 2009 ins Leben gerufen. Rund 30 Flüchtlinge haben die Medizinstudierenden seither begleitet. Mit ihrem Engagement wollen die Studenten die gesundheitliche Situation der Regensbur-

ger Flüchtlinge verbessern und die Ärzte in ihrer Arbeit unterstützen. Mehr unter: www.migramed-regensburg.de

30 Jahre

Grüne Damen und Herren feiern

Edith von Stryk für langjährige Mitarbeit geehrt

Hamburg: Auf dreißig Jahre ehrenamtliche Tätigkeit im Albertinen-Haus – Zentrum für Geriatrie und Gerontologie in Hamburg-Schnelsen – können die „Grünen Damen und Herren“ der evangelischen Krankenhaushilfe (eKH) zurückblicken. Das runde Jubiläum wurde jetzt mit einem Sektempfang und einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Regionaltreffens der eKH Hamburg im Albertinen-Haus gefeiert. Der ehemalige Ärztliche Direktor und Leiter des AlbertinenHauses, Prof. Dr. Hans Peter MeierBaumgartner, würdigte den Einsatz der ehrenamtlichen Helfer als einen ganz wesentlichen Bestandteil der Arbeit in der Geriatrie. Beim Rückblick wurde deutlich, wie rasch es sich zeigte, dass die ehrenamtlichen Helfer bald als unverzichtbare „Kümmerer“ geschätzt und anerkannt worden sind. Heute sind „Grüne Damen und Herren“ im Lotsendienst, im Besuchsdienst und im Bücherdienst tätig, sie betreuen Demenzkranke und begleiten Sterbende als ehrenamtliche Hospizbegleiter. Im Aufbau befindet sich derzeit ein ehrenamtliches Angebot für die Station der Kognitiven Geriatrie, auf der Patienten mit kognitiven Einschränkungen akutmedizinisch behandelt werden. Insgesamt sind ca. 80 Ehrenamtliche im Albertinen-Haus tätig.


LITERATUR

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„Neue“ Wege in der Medizin: Alternativmedizin – Fluch oder Segen? Für alle, die sich auf hohem wissenschaftlichen Niveau mit aktuellen Überlegungen zu Alternativ- und Komplementärmedizin in unserem Land beschäftigen wollen, ist dieses Buch eine Bereicherung. Es enthält als Tagungsband Vorträge einer „Konferenz für junge Wissenschaftler“ im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften aus medizinischer, gesundheitsökonomischer und juristischer Sicht. Hier kommen sowohl historische wie aktuelle Aspekte eines möglichen Zusammenwirkens von Schul- und Alternativmedizin zur Sprache, integrative Praxismodelle sowie Überlegungen der Grundlagenforschung. Aus christlicher Sicht sind insbesondere die Beiträge zum Einfluss von Weltanschauung und Spiritualität / Religiosität auf die Therapeuten-Patienten-Interaktion von besonderem Interesse. Dass unter den rund 20 Beiträgen keiner aus Sicht der Theologie zu finden ist und spezifisch christliche Aspekte in der komplexen Thematik kaum zur Sprache kommen, könnte eine Anregung sein, sich aus christlicher Perspektive stärker auf wissenschaftlichem Niveau in diese Gesundheits-Thematik ein zu bringen. Frank Fornaçon „Neue“ Wege in der Medizin: Alternativmedizin – Fluch oder Segen? R. Becker et.al. (Hg), Universitätsverlag WINTER Heidelberg, 2010

Spiritualität und Medizin, Gemeinsame Sorge für den kranken Menschen Dieser Band verbindet die theologisch-wissenschaftliche Fundierung und die praktische Umsetzung von Spiritual Care, der Sorge für die spirituelle Dimension von Krankheit und Gesundheit, Heilen und Helfen, Leben und Sterben. Dabei berichten renommierte Experten über ihre Erfahrungen aus der Perspektive von Medizin, Pflege, Psychologie, Sozialarbeit, Religionswissenschaft, Soziologie, Theologie und Seelsorge sowie aus der Sicht von Trägern und Einrichtungen. Auch dezidiert christliche Spiritualität wird in verschiedenen Beiträgen formuliert und vertieft somit die entfaltete Gesamtvision aus christlicher Perspektive. Ein in vielerlei Hinsicht lesenswertes Buch! Dr. Georg Schiffner Spiritualität und Medizin, Gemeinsame Sorge für den kranken Menschen, 2. aktualisierte Auflage 2011, W. Kohlhammer Verlag, Herausgeber: Eckhard Frick, Traugott Roser

Willst du gesund werden? Der katholische Pfarrer Leo Tanner legt mit seinem Buch eine sehr praxisgerechte Betrachtung zum Thema Heil vor. Die Frage im Titel "Willst du gesund werden?" lässt sofort an körperliche Heilung denken. Der Autor führt den Leser aber bewusst in einen weiteren Horizont, wenn er in seinen theologischen Leitlinien auf die Bedeutung des christlichen Weltbildes hinweist, dann danach fragt, wie Gott heute heilt und schließlich konkrete Unterscheidungen und seelsorgerliche Hilfen bietet angesichts zahlreicher nichtchristlicher spiritueller Heilverfahren. Unter den christlichen Wegen zur Heilung legt Tanner einen Schwerpunkt auf die Vergebung, die Sakramente und das Gebet, sowie das Miteinander von ärztlichem und pflegerischem Handeln und Heilung durch Wort Gottes, Gemeinschaft und Anbetung. In seiner Einordnung therapeutischer Verfahren von Akupunktur, über Hellsehen bis zu Yoga bietet das Buch für den Geschmack mancher christlicher Therapeuten recht pauschale Antworten. Trotzdem eine lohnende Lektüre. Frank Fornaçon Leo Tanner: Willst du gesund werden? Gottes Wege zum Heil. Mit Unterscheidungshilfen zu altenativen Heilpraktiken, WeG Verlag, Koblenz, 2011, 168 Seiten. ISBN 978-3-909085-59-0, € (D) 12,90, SFr 19.80

Mit Herzen, Mund und Händen: Spiritualität im Alltag leben Spiritualität ist Margot Käßmann ein besonderes Anliegen. Denn viele Menschen sehnen sich danach ihrem Leben mehr Tiefe zu geben und den Glauben auch sinnlich wahrzunehmen. In „Mit Herzen Mund und Händen“ klärt die bekannte Theologin die vier tragenden Säulen christlicher Spiritualität und zeichnet die Spannungsbögen eines Lebens zwischen Glauben und Weltverantwortung, Hoffen und Kämpfen, Beten und Handeln nach. Ganz konkret zeigt sie, wie sich ein Leben mit spirituellem Tiefgang im Alltag umsetzen lässt und was dabei zu gewinnen ist. Ein überzeugendes Plädoyer dafür, die Schatzkiste unseres Spirituellen Reichtums zu öffnen. Margot Käßmann: Mit Herzen, Mund und Händen, Spiritualität im Alltag leben. Vollständige Taschenbuchausgabe Januar 2012, Wilhelm Goldmann Verlag München. ISBN: 978-3-442-17288-7, € (D) 8,99, € (A) 9,30, SFr 13.50


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Glosse

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Spiritualität im Alltag ist vielleicht…

Impressum Herausgeber und Verlag: ChrisCare erscheint im Verlag Frank Fornaçon, Ahnatal, und wird von Christen im Gesundheitswesen e.V. herausgegeben. Chefredaktion: Frank Fornaçon (FF) (V.i.S.d.P.), Korrektorat Julia Fornaçon. Die Beiträge wurden sorgfältig ausgewählt, dennoch übernimmt die Redaktion keine Haftung für die Inhalte. Verantwortlich ist der jeweilige Autor. Zur leichteren Lesbarkeit wird bei Begriffen, die männlich und weiblich gemeint sind, in der Regel eine gemeinsame Form verwendet, z.B. „Patienten“. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt der Verlag keine Haftung. Copyright: Christen im Gesundheitswesen e.V. ChrisCare wird in CareLit ausgewertet: www.carelit.de Redaktionsanschrift: Verlag Frank Fornaçon, Am Gewende 34, 34292 Ahnatal, Deutschland, Tel.: (+49) (0) 56 09 806 26, Fornacon-Medien@web.de, www.verlagff.de Gestaltung: Frank.Communication., Alemannenstraße 2, 78224 Singen, Deutschland, www.frank-com.de Druck: Graphische Werkstatt von 1980 GmbH, Yorkstraße 48, 34123 Kassel, Deutschland Anzeigenverwaltung Deutschland und Österreich: Verantwortlich: Günther Gundlach, Christen im Gesundheitswesen e.V., Aumühle, Bergstraße 25, 21521 Aumühle, Tel.: (+49) (0) 4104 91 709 30, Fax: (+49) (0) 4104 91 709 39, info@cig-online.de, www.cig-online.de. Anzeigenverwaltung Schweiz: Verantwortlich: Niklaus Mosimann, bvMedia Christliche Medien, Rämismatte 11, Postfach 128, CH-3232 Ins, Tel.: (+41) (0) 43 288 80 15 werben@bvmedia.ch, www.bvmedia.ch. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 1/2010. Trotz sorgfältiger Prüfung kann der Verlag keine Verantwortung für die veröffentlichten Anzeigen, Beilagen und Beihefter übernehmen. ChrisCare erscheint jeweils in der Mitte eines Quartals. Preise: Einzelheft € (D) 5,80, € (A) 6,00, SFr (CH) 10.30. Jahresabonnement (4 Ausgaben) € (D) 19,20, € (A) 19,80, SFr (CH) 31.30 jeweils zuzüglich Versandkosten. Anschriftenänderungen sind recht-

zeitig vor Erscheinen des nächsten Heftes dem ChrisCare-Aboservice in Deutschland, der BMK Wartburg Buchhandlung in Österreich oder bvMedia in der Schweiz mitzuteilen. Die Post liefert Zeitschriften nicht automatisch an die neue Anschrift. Bestellungen aus Deutschland: ChrisCare-Aboservice, Bergstraße 25, 21521 Aumühle, info@cig-online.de, Tel.: (+49) (0) 4104 917 09 30, Fax: (+49) (0) 4104 917 09 39, Vertrieb auch über die J.G.Oncken Versandbuchhandlung, Postfach 20 01 52, 34080 Kassel, Tel.: (+49) (0) 561 5 20 05-0, Zeitschriften@oncken.de Bestellungen aus der Schweiz: bvMedia Christliche Medien, Rämismatte 11, Postfach 128, CH-3232 Ins, abo@bvmedia.ch, www.bvmedia.ch, Tel.: (+41) (0) 43 288 80 10, Fax: (+41) (0) 43 288 80 11 Bestellungen aus Österreich: BMK WARTBURG, Vertriebsges.m.b.H., Trautsongasse 8, A 1082 Wien, Tel.: (+43-1) 405 93 71, Fax: (+43-1) 408 99 05, wartburg@bmk.at Konto Deutschland: Christen im Gesundheitswesen, Evangelische Darlehnsgenossenschaft Kiel, BLZ 210 602 37, Konto 2126217 Konto Schweiz: Postkonto 85-622703-0, IBAN CH90 0000 8562 2703 0, BIC: POFICHBEXXX Konto Österreich: Kontonummer für Abonnenten: 7477326, BLZ 32000,RLB NÖ-Wien ISSN 1869-9944 Heft 1 / 2012: Fotos: S.1: © istockphoto.com / baranozdemir; S.4: © Stadt Leimen; S.8: © fotolia.com / Markus Mainka; S.22: © fotolia.com / Stefan Körber; S.28: © istockphoto.com / PeteWill; S.33: © Christlicher Gesundheitskongress; S.34: © istockphoto.com / dcdp; © fotolia.com / sculpies; S.35: © istockphoto.com / humonia, © fotolia.com / Bergringfoto; S.36: © istockphoto.com / dtimiraos, © istockphoto.com / 1001nights; S.37: © Thomas Plaßmann; alle anderen Bilddaten: privat, Bettina Gundlach und Frank.Communication. Illustrationen: Frank.Communication. Beilage: Bibliomed Heft 2/2012 erscheint mit dem Thema „Berufung – Karriere und das liebe Geld“ im Mai 2012.

…ein Pfarrer im Talar werktags in der Fußgängerzone!? …ein lautes Tischgebet im Restaurant!? …ein frommer Wunsch für einen, der Hilfe braucht!? Das wäre „Spiritualität“ gleich „Geistigkeit“: Macht Wind, aber was bringt’s? Spiritualität im Allgemeinen ist ja inzwischen salonfähig, esoterische im Besonderen. Spirituelle Übungen bringen dem Geübten etwas und lassen ihn vom Alltag pausieren. Die Geister scheiden sich jedoch bei der (von mir so genannten) „Sanctu-Spiritualität“-Frömmigkeit unter Leitung des Heiligen Geistes, die im Alltag brauchbar ist und etwas bringt. Und zwar den Mitmenschen! Wenn ich jetzt von „Frömmigkeit“ spreche, so ist das kein Themenwechsel. Es ist eben die Bezeichnung, unter der „Spiritualität“ (dieses Wort ist seit 100 Jahren gebräuchlich) schon seit Jahrtausenden bekannt ist. Komisch, in „Frömmigkeit“ ist die Esoterik nicht zu Hause. Da fühlen sich mehr die Christen angesprochen. Vor Missbrauch von Frömmigkeit allerdings warnt Jesus, z.B. davor, dass man spendet, um Eindruck zu machen. Richtig angewandte Frömmigkeit bringt gewiss gute Werke mit sich, macht aber kein Aufhebens darum. Sie ist sinnlos als Theorie, sie muss praktisch sein. Vielleicht sonntags im Gottesdienst? Dieser ist zum Einüben da. Frömmigkeit will alle Tage gefeiert werden. „Spiritualität im Alltag“ ist eigentlich eine Formulierung wie „weißer Schimmel“. Was denn sonst, wann denn sonst, wo denn sonst? „Sät Gerechtigkeit und erntet nach dem Maß der Liebe“ (Hosea 10,12). Daran erkennt man die Spirituellen im Alltag: an ihren Früchten. Solche kommen unausweichlich und zwar der Saat entsprechend. Sie sind dermaßen beweisend für das Innere eines Menschen, dass Gott jeden nach seinen Werken richten kann und dabei die Herzenshaltung beurteilt, also die Gottesbeziehung. Alltag ist Echtzeit, im Alltag geht es um Echtheit. Dafür haben wir jede Woche von Montag bis Samstag echt Zeit. Dr. med. Günther Riedl, Kinder- und Jugendarzt, Uelzen


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Facharzt/-ärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe (ID 3176)

Facharztpraxis Anforderungen: Weiterbildung in Gynäkologie und Geburtshilfe. Bevorzugt auch in onkologischen Therapien sowie Sonographie Geburtshilfe, Doppler, Mamma Arbeitsort: Baden-Württemberg

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REPORTAGE

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Beten während des Alltags Den Alltag gottverbunden leben Es gibt in der Tradition der christlichen Frömmigkeit viele bewährte Mittel, die helfen, das Gottesbewusstsein und die Christusverbundenheit lebendig zu halten. Der heilige Ambrosius von Mailand († 397) hat den neu Getauften geraten, jeden ihrer Tage bewusst als Christen zu beginnen und zu beschließen. Sie sollten sich angewöhnen, das Glaubensbekenntnis beim Aufstehen und beim Zu-BettGehen zu sprechen. Es muss nicht unbedingt das ganze Credo sein. Aber das Kreuzzeichen am Morgen, das wir über unseren ganzen Leib zeichnen und bei dem wir den Namen des dreifaltigen Gottes nennen, wäre sehr passend. Seine Begleitworte erinnern jedes Mal an die Taufe, durch die unser Leben mit Christus verbunden und Gott geweiht wurde. Auch ein kurzes Gebetswort wäre sinnvoll, etwa: „In Gottes Namen!“ oder: „Alles meinem Gott zu Ehren!“ oder: „Heiligste Dreifaltigkeit, dir sei dieser Tag geweiht!“ Das wäre jedes Mal eine Selbsterinnerung an die Wahrheit, die der Apostel Paulus in die Worte gekleidet hat: Gott ist „keinem von uns fern. Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“ (Apg 17,27f.). Das Angelus-Läuten am Morgen, Mittag und Abend will an den Eckpunkten des Tages dafür sorgen, dass der Alltag eines Christen nicht ohne Gottes-Erinnerung verläuft. Es sollen dabei drei „Gegrüßet seist du, Maria“ gebetet werden, jeweils eingeleitet durch ein kurzes Bibelwort, das an die Menschwerdung des Sohnes Gottes erinnert. Das Abschlussgebet des „Engel des Herrn“ erwähnt darüber hinaus auch sein Leiden und Kreuz und die Auf-

Das Angelus-Läuten erinnert am Morgen, Mittag und Abend an Gott, auch im Alltag.

erstehung, die allen versprochen ist, die zu Christus gehören. Der Lebens- und Arbeitsrhythmus unserer Zeit macht es schwer, den Ruf der „Bet-Glocke“ überhaupt zu beachten. Doch ganz unmöglich ist das nicht. Eine neue Aufmerksamkeit für dieses akustische Merkzeichen des Glaubens und das stille Beten des Angelus, das im Grunde überall möglich ist, könnten eine wichtige Hilfe sein, uns auch im Lauf des Tages an Gott zu erinnern. Das zur „Bet-Glocke“ vorgesehene Gebet gedenkt der Menschwerdung Christi. Es ruft uns so jedes Mal ins Gedächtnis, wie sehr Gott ein Gott für uns Menschen ist. Unter allen Religionen dieser Welt ist es nur der christliche Glaube, der überzeugt ist, dass Gott so sehr an uns Menschen gelegen ist, dass er selbst Mensch geworden ist. Unerhört nahe ist Gott uns gekommen. Gottes Sohn ist unser Menschenbruder geworden, um alle Menschen zu Gott zurückzuführen.

Professor Dr. Andreas Heinze, Trier


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HINTERGRUND

Globale Gesundheitsrechte Was lassen sich Christen die Gesundheit ihrer Geschwister kosten?

Die Situation der Gesundheitsversorgung in den Ländern mit geringem Einkommen (d.h. in den sogenannten Entwicklungsländern) kann Christen nicht unberührt lassen: Täglich sterben Tausende an vermeid- bzw. behandelbaren Krankheiten, Kindern wird ihre Zukunft geraubt und Millionen leiden in einem Maße, das beim heutigen Stand der medizinischen Möglichkeiten nicht sein müsste – wenn wir nur die Ressourcen hätten, um ihnen allen zu helfen. Als eine mögliche Antwort hierauf werden in den letzten Jahren in der internationalen Politik häufiger die „Globalen Gesundheitsrechte“ diskutiert, die eine weltweite finanzielle Solidarität fordern würden. Sollten Christen hier nicht als leuchtende Beispiele vorangehen und endlich das Problem des unnötigen Leidens und Sterbens lösen helfen? Wo Mangel tötet Denkt man an das Gesundheitswesen in Entwicklungsländern, so fällt vielen Dr. Albert Schweitzer ein, der berühmte Missionsarzt von Lambaréné, der Anfang des letzten Jahrhunderts sein Hospital aufbaute, Kinder mit Malaria heilte, kleinere Operationen durchführte und einfach ein guter Mensch war. Der Leser der Missionsliteratur schaudert, wenn er erfährt, mit welch geringen Mitteln man Menschen helfen könnte. Doch im afrikanischen Busch von Lamabarnènè gab es eben nur, was Herr Schweitzer brachte und konnte. Sehr vieles hat sich in den letzten 100 Jahren geändert. In den sogenannten Entwicklungsländern sind staatliche und teilweise privatwirtschaftliche Gesundheitsdienstleis-

ter entstanden, Dispensarien und Gesundheitszentren haben sich über die Fläche ausgedehnt, und mit großem Elan wird an den großen Killern, wie z.B. Aids, geforscht. Trotzdem ist das Gefälle zwischen armen und reichen Ländern in keinem Bereich so gewaltig wie in der Gesundheitsversorgung. Abbildung 1 zeigt beispielhaft den krankheitsbedingten Verlust an Lebensqualität (berechnet in so genannten Disability Adjusted Life Years, DALYs). Es wird deutlich, dass – mit Ausnahme von Kriegsregionen – vor allem Afrika der Kontinent mit dem schlimmsten Gesundheitszustand der Bevölkerung ist. Nirgendwo sind die Inzidenz, Prävalenz und Mortalität so hoch, nirgendwo sonst sterben die Menschen so früh wie in Afrika südlich der Sahara.

Professor Dr. Steffen Fleßa war von 1990 bis 1995 als Dozent für Krankenhausbetriebs-

Die Gründe hierfür sind vielfältig, führen letztlich jedoch stets auf die geringe Ressourcenausstattung zurück. Die Dichte der Gesundheitseinrichtungen ist in vielen Regionen zu gering und damit die Anreisewege zu lang, weil sich die Staaten nicht mehr Einrichtungen leisten können. Die Zahl der Ärzte und Pflegenden ist viel zu gering (in einigen Ländern kommt auf 25.000 Einwohner ein Arzt!), da das Fachpersonal mit lokalen Ressourcen nicht ausgebildet und vor allem nicht bezahlt werden kann. Die Medikamentenversorgung ist nicht nur unzureichend, weil Medikamente teuer sind, sondern weil häufig die Infrastruktur (z.B. Straßen) fehlt, um die notwendigen Materialien bis zu den Gesundheitsdienstleistern zu transportieren. Kinder sterben an Durchfall, weil das Geld für Brunnen und Wasserleitungen fehlt, Erwachsene werden durch Unfälle

lehre in Tansania tätig. Er lehrt Gesundheitsmanagement an der Universität Greifswald, wo er u.a. den Schwerpunkt Internationales Gesundheitsmanagement vertritt.

im Straßenverkehr paralysiert, weil einfachste Schutzvorrichtungen nicht finanzierbar sind. Auch wenn die Zuführung von Finanzmitteln nicht alle Probleme lösen würde, muss man doch feststellen: Armut tötet, behindert und führt zu unsagbarem Leid. Medizinisch wäre auch in den Entwicklungsländern viel mehr zu machen, wenn man nur die Finanzen hätte!

Problem erkannt – Problem gebannt? Diese Aussagen sind natürlich in keiner Weise neu. Seit Jahrzehnten beschäftigen sich Politiker und Wissenschaftler mit der Frage, wie das Gesundheitswesen in Entwick-


HINTERGRUND

lungsländern verbessert werden kann, um letztlich Menschenleben zu retten. Christen waren hier maßgeblich beteiligt, als sie sich in den 1960er Jahren in Tübingen trafen, um über das christliche Verständnis der Gesundheitsdienste zu beraten. Die Grundaussagen sind eindeutig: Prävention vor Kuration; Einbeziehung der ganzen Gemeinde als heilender Körper Christi; Abkehr vom Krankenhaus als Fokus und Hinwendung zur Flächenversorgung. Einige Kirchen haben dies umgesetzt, aber meist scheiterten die Projekte nach wenigen Jahren am Geld. Die Tübinger Erklärungen sind bis heute maßgebliche Dokumente der internationalen Gesundheitspolitik und waren von großer Bedeutung für die Weltgesundheitsorganisation, die 1978 in Alma Ata ihre Konzeption einer Primary Health Care vorstellte. Zahlreiche Projekte wurden durchgeführt, um die Basisarbeit und insbesondere die Prävention zu stärken. Das grundlegende Problem von Alma Ata war jedoch die Erwartung, man könnte die Basisgesundheitsdienste durch zusätzliche Mittel aufbauen, während die kurative Medizin einfach so weiterlaufen könne. Dies war eine

Fehleinschätzung, denn das zusätzliche Geld kam nicht. Deshalb führten viele Länder Anfang der 1990er Jahre wieder Nutzergebühren ein, die – wie erwartet – zum Ausschluss der Armen führten. Die kirchlichen Einrichtungen konnten dies nicht auffangen, da sie häufig selbst finanziell am Boden lagen. Beispielsweise brachen die Zuschüsse von der Mutterkirche an die weltweiten anglikanischen Kirchen in dieser Zeit fast vollständig ein. Die negativen Folgen der Nutzergebühren führten dazu, dass über alternative Finanzierungsmechanismen nachgedacht wurde. Hierzu gehörte die Einführung der Gemeindebasierten Krankenversicherungen oder auch der landesweiten Sozialen Krankenversicherungen (teilweise nach Bismarck’schem Vorbild). Bislang ist die Abdeckung der Entwicklungsländer mit Versicherungen jedoch sehr gering und gerade die Armutsgruppen haben kaum Zugang zu essentiellen Gesundheitsdienstleistungen, da sie entweder zu weit entfernt leben, sich die Reise oder die Gebühren nicht leisten können oder einfach durch die schlechte Qualität (z.B. Fehlen von Medikamenten) entmutigt werden.

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Mit dem neuen Jahrtausend wurde die Privatisierung des Gesundheitswesens in Entwicklungsländern als neue Systemlösung gepriesen. Es wurden zahlreiche Public-Privat-Partnerships begonnen, private Krankenhäuser wurden gefördert und die internationale Entwicklungshilfe veranstaltete Tagungen zu diesem Thema. Zweifelsohne führte dies zu einer Qualitätsverbesserung für diejenigen, die es sich leisten können. Das Gesamtproblem vermeidbaren Leidens und Sterbens wurde dadurch nicht gelöst. Das Erstaunliche an diesen Wellen der Gesundheitsversorgung ist, dass jede neue Innovation mit unendlich großen Erwartungen begrüßt wurde. Man könnte sogar von einer Heilandserwartung sprechen – das Drängen nach einer magischen Lösung, die alle Probleme ein für alle Mal lösen würde. Obwohl es in den letzten Jahren in einigen Ländern erhebliche Fortschritte z.B. bei der Bekämpfung von Malaria gegeben hat, bleibt noch immer eine unglaublich hohe Krankheitslast. Hinzu kommen jetzt zunehmend auch die chronischdegenerativen Erkrankungen und die Unfälle, so dass überhaupt nicht von einer Entspannung der weltweiten Gesundheitsproblematik gesprochen werden kann. Für den Analysten lassen die bisherigen Interventionen und Erfahrungen nur einen Schluss zu: Mit lokalen Mitteln werden die meisten Entwicklungsländer in den nächsten zwanzig Jahren kein Gesundheitssystem aufbauen oder unterhalten können, das eine Basisversorgung für die ganze Bevölkerung garantiert. Dies ist eine harte Wahrheit, die uns herausfordert.

Globale Gesundheitsrechte Abbildung 1: Globale Krankheitsbelastung 2004

Neuerdings wird deshalb diskutiert, Gesundheit als globales Men-


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HINTERGRUND

schenrecht zu verstehen und einen Anspruch auf internationale Solidarität abzuleiten. Dies würde bedeuten, dass – ähnlich wie in einer internationalen Krankenversicherung – alle Staaten der Welt in einen Gesundheitsfonds einzahlen müssten, aus dem heraus anschließend eine lokal zu definierende Mindestversorgung finanziert werden sollte. Damit würden nicht automatisch die weltweiten Unterschiede wegfallen, es würde jedoch eine Art Boden eingezogen werden, so dass z.B. die Versorgung mit Medikamenten für von der Weltgesundheitsorganisation zu definierende Krankheiten gesichert wäre. Um welche Summen geht es hier? Auf den ersten Blick erscheinen sie gering. Nach eigenen Studien in Ostafrika müsste ein Betrag von 30-40 € pro Kopf und Jahr durchaus genügen, um die Basisversorgung zu sichern. Je nach Land könnten 10 (z.B. Tansania) bis 20 (z.B. Kenia) € selbst aufgebracht werden, so dass noch etwa 10 bis 30 € pro Kopf und Jahr für die globale Solidargemeinschaft blieben. Klingt wenig – ist aber gewaltig, denn wir sprechen hier schätzungsweise über eine bis zwei Milliarden Menschen! Im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Malaria, Aids und TB zeigte es sich, dass unsere Regierungen gerne viel versprechen, aber relativ wenig halten. Häufig wurden Zusagen gemacht, die anschließend wieder relativiert und an Auflagen gebunden wurden. Das Ergebnis ist die Fortsetzung des Leidens in den Entwicklungsländern. Wird dies bei den Globalen Gesundheitsrechten anders sein? Angesichts von Finanz- und Umweltkrisen scheint das Gesundheitswesen in ressourcenarmen Ländern kaum Priorität in der internationalen Politik zu haben. Christen könnten hier als Innovationspromotoren wirken, indem sie untereinander diese globale Solidarität üben. So könnte

z.B. jedes kirchliche Krankenhaus in Deutschland ein Partnerhaus in Afrika auswählen und es unterstützen. Jede Landeskirche und jede Gemeinde könnte in einen Fonds einzahlen, um Medikamente günstig zu kaufen und zu verteilen. Und jeder Christ könnte überlegen, ob er nicht doch einige wenige Euro für die bessere Finanzausstattung der Gesundheitssysteme in anderen Ländern spenden könnte.

sein sollte. Auch wenn sich die Globalen Gesundheitsrechte in der Politik erst viel später durchsetzen sollten, Christen haben stets globale Rechte an und Verpflichtungen für die ganze Gemeinde Christi, und die Glieder dieses Leibes bilden stets eine Solidargemeinschaft. Helfen ist nicht einfach, denn unser Geld darf nicht korrumpieren, bequem machen oder gar falsche Strukturen stärken. Aber unsere Geschwister in den ressourcenarmen Ländern haben als Glieder des Leibes Christi globale Teilhaberechte. Und wir sollten uns als Christen im vergleichsweise reichen Deutschland schon überlegen, was wir uns die Gesundheit unserer Geschwister kosten lassen.

Die kirchlichen Gesundheitseinrichtungen in Entwicklungsländern müssen seit Jahren mit rückgängigen Auslandszuschüssen zurechtkommen – auch das kostet Menschenleben. Hierbei müssen sich Christen in Europa wieder neu bewusst werden, was es bedeutet, Glieder eines Leibes zu sein. Wer schon einmal Anzeige eine Entzündung an der kleinen Zehe hatte, weiß dass dies Ihr zuverlässiger Partner für Krankenversicherungen im Ausland den ganzen Körper in Mitleidenschaft nehmen kann. So mag auch eine Gemeinde in Care Concept AG der SahelIhr Spezialist der internationalen Krankenversicherung für Deutsche zone extrem im Ausland, Ausländer in Europa und Reisende weltweit. weit von uns entfernt Informationen finden Sie unter: www.care-concept.de/ichthys sein, aber ihr Leiden und Die Care Concept AG ist Teilnehmer der Sterben kann Christlichen Kooperationsbörse: uns nicht www.christliche-kooperationsboerse.de unberührt lassen. Wir sind Wir empfehlen: Glieder des Erste Krankenversicherungslösung einen Leibes mit freiwilligem Verzicht Christi – und auf Abtreibung über „ProLife“. ich sehe keinen Grund, Non-Profit-Krankenversorgung für christliche warum dies Gruppen weltweit bei „Entraide Missionnaire nur spirituell Internationale”. zu deuten

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TERMINE

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Termine Menschsein. Im eigenen Leben, in der Bibel, bei Franziskus und Klara. Alter: 18 – 35 Jahre, www.klostersiessen.de

Tagungen, Seminare & Konferenzen 2.– 3.3.: Berlin, Gemeindediakonie – den Himmel erden, www.a-m-d.de

20.-22.4.: Asendorf, „Wochenende für chronisch Kranke und Angehörige“, www. cig-online.de

4.–6.6.: Düsseldorf, Professionelle Trauerbegleitung, www.kaiserswertherseminare.de

3.3.: Braunschweig, „Als Christen demenzkranke Menschen begleiten“, www.cig-online.de

20.–22.4.: Oberägeri, Stress lass nach! www.zentrum-laendli.ch

9.–11.3.: Bad Kösen, Tagung Mediziner Ost, „Warum ich? Fragen an den Zusammenhang zwischen Krankheit, Schuld und Sinn“, www.acm.smd.org

6.–11.5.: Rotenburg/Fulda, Musiktherapie – Den Schmerz ausklingen lassen. Selbsterfahrungswochende, www.haus-der-begegnung.de

17.3.: Berlin, Der Wunsch nach Sterbehilfe im Krankenhaus – ethische und theologische Herausforderungen, www.eaberlin.de

13.–16.5.: Langenthal, Forschungsworkshops mit Harold G. Koenig zu „Religion, Spiritualität und Gesundheit“, www.klinik-sgm.ch

20.–21.3.: Oberägeri, Christen im Dienst an Kranken: Schwerkranke und sterbende Menschen begleiten, www.zentrum-laendli.ch 22.–   24.3. Kassel, Christlicher Gesundheitskongress, www.christlicher-gesundheitskongress.de 4.–9.4.: Bad Saulgau, Kar- und Ostertage, www.klostersiessen.de 13.–15.4.: Loccum, Was ist gutes Sterben? 15. Loccumer Hospiztagung, www.loccum.de 16–17.4.: Bad Waldsee, Einfach mal leben. Oasentage für Verwaltungskräfte, www.tabor-reute.de 16.–18.4.: Neuendettelsau, Diakonischer Grundkurs (1) „Ich arbeite in einem christlichen Haus“ Bereich: Seminare – Spiritualität und Diakoniewissenschaft, Einführung, www.akademiedialog.de 18.–20.4.: München, Lebensorientierungstage, www.caritas-institut.de 19.4.: Langenthal, Symposium „Spiritual Care“ – Von der Erkenntnis zur Wirklichkeit, www.klinik-sgm.ch 19.–22.4.: Oberägeri, Tage der Stille, www.zentrum-laendli.ch 20.–21.4.: Zürich, Im Spannungsfeld von Professionalität und eigenem Gewissen, Mit innerer Zustimmung entscheiden, beraten und begleiten: Konzepte und Instrumente aus Ethik und Existenzanalyse, www.dialog-ethik.ch

14.–15.5.: Düsseldorf, Ethik für Führungskräfte – ein praxisbezogenes Seminar, www.kaiserswertherseminare.de 14.–16.5.: München, Besinnungstage: Er gibt Kraft aus der Ewigkeit, www.caritas-institut.de

11.–12.6.: Zürich, Was die Seele gesund hält – Heilkräfte der Seele, www.weiterbildung-palliative.ch 11.–12.6.: Zürich, Gesundheitspsychologie, Salutogenese, Resilienzforschung – Grundwissen für die Beratung und Begleitung von Menschen in Krisensituationen und bei Krankheit, www.weiterbildung-palliative.ch 12.–14.6.: Bad Waldsee, Unterwegs zur Mitte, www.tabor-reute.de 15. – 17.6.: Dassel, CiG-Jahrestagung „Wachsen in Beruf und Berufung“, www.cig-online.de 22.–27.6.: Asendorf, Träume als Weg zum Inneren Kind, www.gge-nord.de

15.–17.5.: Northampton/UK, 2. Internationale Konferenz der Britischen Vereinigung zum Studium von Spiritualität (BASS), www.basspirituality.org.uk 15.–16.5.: Nürnberg, Be-Sinn-ungstag „Spuren aus anderer Zeit“: Exkursion zu Nürnberger Kirchen und anderen Zeugnissen christlichen Engagements, www.akademiedialog.de 17.–19.5.: Bern, 3. Europäischer Kongress für „Religion, Spiritualität und Gesundheit“, www.klinik-sgm.ch 21.–22.5.: Berlin, Wie gehen Seelsorger mit medizinethischen Konflikten um? Zum Verhältnis von Ethik und Seelsorge im Krankenhaus, www.eaberlin.de 30.5.–4.6.: München, Meditationstage: In der Ruhe liegt die Kraft, www.caritas-institut.de 31.5.–2.6.: Kassel, Kongress Sexualethik und Seelsorge, www.weisses-kreuz.de 2.–9.6.: Bad Saulgau, Bibel - Franziskus INTENSIV – Menschsein, eine Woche der vertieften Auseinandersetzung mit dem

22.–24. März

20.3.: Freiburg i.Br., „…und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, Oasentag, www.caritasakademiefr.caritas.de

10.–21.6.: Schwäbisch Gmünd, DialyseFreizeit, www.schoenblick-info.de

26.–27.6.: Neuendettelsau, Glück – Seminar zu den Seligpreisungen der Bergpredigt, www.akademiedialog.de 29.–30.6.: Bad Herrenalb, Diagnose: Ausgebrannt. Wenn Arbeit und Leben über den Kopf wachsen, www.ev-akademie-baden.de 24.6.–6.7.: London, Healthcare in resourcepoor settings for doctors, nurses, midwives and therapists, www.cmf.org.uk 3.–4.7.: Bad Waldsee, „Die paar Jahre schaffe ich noch…” Innehalten und Weichen stellen für die letzte Berufsphase, www.tabor-reute.de 16.–20.9.: Schwäbisch Gmünd, Gesund und vital, Erlebnisprävention, www.schoenblick-info.de 27.–29.9.: Hamburg, Jahrestagung AG Ethik in der Medizin: Ethik und Psyche, www.aem-online.de 1.–2.11.: Rochester, Minnesota, Mayo Spiritual Care Research Conference, http://calendar.cne-registration.com/events/2012-mayospiritual-care-research-conference/

Mit dabei: Jürgen Moltmann, Frank Weidner, Lea Ackermann, Horst von der Hardt, Martin Grabe, Michael Utsch, Hubert Hüppe, Cornelia Coenen-Marx, Klaus Dörner, Astrid Giebel, Klaus-Dieter John, Paul Donders, Georg Schiffner, Heinrich-Christian Rust, Henning Dobers sowie weitere 100 Referenten


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HINTERGRUND

Alle sind einzigartig Ja sagen zu Kindern mit Down-Syndrom Die Fotografie war immer schon meine große Leidenschaft. Meiner Tochter Juliana habe ich es allerdings zu verdanken, dass meine Berufung jetzt auch zu meinem Beruf wurde,“ erzählt Conny Wenk auf ihrer Homepage. Ihre Bilder von Kindern mit „einem gewissen Extra“ berühren zahlreiche Menschen nicht erst seit sie als Kalender im Neufeld-Verlag erschienen sind. Die in Stuttgart lebende 45jährige Mutter von zwei Kindern erinnert sich: „Als Juliana mit dem Down-Syndrom geboren wurde, geriet meine Welt erst einmal ins Wanken. Nach dem ersten Schock begann ich, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Mir wurde klar, dass Schönheit weit mehr ist als Symmetrie. Man muss einfach nur genauer hinsehen. Jeder Mensch hat etwas Schönes.“ 2011 bekam Conny Wenk den Moritz, eine Auszeichnung,

die an Persönlichkeiten verliehen wird, die sich in besonderer Weise für Menschen mit Down-Syndrom engagieren. Ihr Verleger hielt die Laudatio, als die Fotografin 2011 der Moritz verliehen wurde: Er erinnert an ihr erstes Buch „Außergewöhnlich“, das zahlreiche Eltern von Kindern geschenkt bekommen, die mit einem Down-Syndrom zur Welt kommen: „Ich glaube, wir alle können gar nicht wirklich begreifen, was es bedeutet, wenn diese Eltern – meistens noch ziemlich erschrocken und wohl auch hilflos – dann durch Deine Bilder sehen, dass das Leben mit Down-Syndrom nach einer Menge Lebensfreude, Leichtigkeit, Glück und Liebe aussieht – ein intensives und offenbar reiches Leben. Mit dem Kalender geht Neufeld inzwischen in die Offensive. Er sucht Multiplikatoren, die mit helfen, dass „A little extra“ in

Wandkalender „A little extra 2012“ von Conny Wenk, 34 x 34 cm, Sprialbindung, (D) 14,90 €, ISBN 978-3-937896-97-7

vielen Kinderarztpraxen hängt und so Mütter und Väter ermutigt werden, Ja zu ihrem Kind zu sagen. Begeistert ist Neufeld über katholische Frauen in Sachsen-Anhalt, die 150 Kalender gekauft und in Praxen und Kliniken verteilt haben. Frank Fornaçon

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1/2010 Heilkraft des Glaubens 2/2010 Macht und Ohnmacht 3/2010 Leid und Schmerz 4/2010 Heilen in einer multikulturellen Gesellschaft 1/2011 Besser miteinander 2/2011 Krisen bewältigen 3/2011 Am Lebensende 4/2011 Kraftquellen erschließen

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Leserbriefe

Zu CC 4 2011 Thema Burnout:

Burnout – darauf habe ich schon gewartet, dass ChrisCare sich dieses Themas annimmt, da auch Christen endemisch betroffen zu sein scheinen. Die drei Fragen, die H. -A. Willberg stellt, sind treffend und hilfreich – ebenso die Antworten von F. H. Berndt im Interview. Dennoch würde ich erwarten, dass die Hilfen aus der Psychologie eingebettet würden in die Christliche Heilkunde.

Beherzigenswertes steht und auch ein Sinn und Halt vermittelnder Glaube angeführt ist – wenn auch bei der Förderung der Resilienz wiederum eines fehlt: Das Danken ist eine nicht zu unterschätzende Ressource, wie schon unsere Altvorderen wussten: Danken lässt nicht wanken! Dr. med. Christian Wermann, Bad Salzuflen

Zu CC 4 2011 allgemein: Die eigentliche Kraftquelle bleibt ja in den Beiträgen unerwähnt: Wahren Frieden finden (S. 7) kann ich nicht verstandesmäßig, sondern nur, indem ich Jesus Zeit gebe, zu mir zu reden – und so zur Akzeptanz komme. Echten Selbstwert (S. 17) kann ich nicht in mir selbst finden / mir nicht einreden, aber von unserem Himmlischen Vater zugesprochen bekommen. Nur durch Ihn werde ich wirklich fähig, Menschenfurcht (S. 16: Angst vor Verlust von Anerkennung / Wertschätzung / Sicherheit) nach und nach abzulegen und in Gottesfurcht mich auf das zu beschränken, was ich von Ihm her tun soll (vgl. Jer 17,5-8). Aus einer solchen tieferen Reflexion im Sinne von Joh 10,27 werden wir nicht beim Vermeiden von Burnout stehen bleiben, sondern unsere eigentliche Berufung wieder in den Blick bekommen, nämlich Zeuge Jesu zu sein. Sollten wir in einem Magazin, das sich ChrisCare nennt, nicht mutiger sein, psychologische und biblischgeistliche Kraftquellen zu nennen? So wie z.B. in dem Artikel von Martin Luitjens über Resilienz, in dem viel

Danke für das aktuelle Heft „Kraftquellen erschließen“. Seit meinem ersten CiG-Seminar zum Thema Burnout in Hannover vor circa 20 Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema, und habe dabei in einigen Ihrer Artikel (von Thomas Röthemeier, Hans-Arved Willberg, Anselm Grün) sehr hilfreiche neue Gedanken gefunden. Die Definition christlicher Spiritualität im Artikel über die neue „Spurgruppe“ ist mir ebenfalls sehr wichtig für das Gespräch mit spirituell interessierten Menschen ohne christliches oder überhaupt persönliches Gottesbild. Vielen Dank für die Weitergabe dieser kostbaren Information! Auch im „interdisziplinären Gespräch“mit Dr. Siegfried Scharrer fand ich eine faszinierende Neuigkeit: das Projekt Selma, in dem muslimische Frauen in Klinikseelsorge ausgebildet werden. Es würde mich sehr interessieren, darüber mehr zu erfahren! Eine weitere Bitte habe ich zu dem Interview mit Prof. Raffelhüschen. Er erwähnt den so genannten „dritten Weg“, auf dem kirchliche Arbeitgeber unter Ausschluss von Gewerkschaften niedrigere als die

tariflichen Löhne zahlen. Diese seien „angemessen“, da die Arbeitnehmer ja wissen, „wem sie mit ihrer Arbeit (letztendlich) dienen“. Auf der gegenüberliegenden Seite schildert Brigitte Ohm, wie kostbar es für sie war, in konfessionellen Häusern Arbeit und Leben mit anderen Christen zu teilen. An solche Menschen hat Professor Raffelhüschen bei seiner Einschätzung sicher gedacht. Nun ist der so genannte „dritte Weg“ anlässlich der Synode der evangelischen Kirche jüngst ja ausführlich in den Medien diskutiert worden, weil die Kirchen eine große Zahl von Mitarbeitern beschäftigen, die sich kaum oder gar nicht mit den christlichen Inhalten des Trägers identifizieren, und die die „Freiheit der Kirchen“, die der Autor durch den dritten Weg „gewahrt“ sieht, kaum anders als eine Freiheit zur Lohndrückerei erfahren können. Angesichts dieser brisanten und kontrovers diskutierten Frage wundert es mich, dass der Interviewer Frank Fornaçon den Standpunkt seines Gegenübers an dieser Stelle nicht hinterfragt. Ich sehe, wie viel gerade Pflegende (und andere Beschäftigte in so eben auskömmlichen Lohngruppen im Gesundheitswesen) für die Gesellschaft leisten, und wie schwierig ihre sozioökonomischen Situation oft ist. Da schmerzt mich die kurze Feststellung von Prof. Raffelhüschen sehr, denn ich wünsche mir, dass zumindest bei den Christen deren kostbare Arbeit besser gewürdigt wird – wenn schon bisher nicht finanziell von den Arbeitgebern, dann zumindest in einer Zeitung wie ChrisCare. Dr. Eberhard Schmiedeke, Syke


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RUBRIK

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