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Schneesicher
SCHNEEMESSUNG @HOME
Schneetechnisch war der Winter 2020 phänomenal. An rund zwei Dutzend Stationen nördlich des Alpenhauptkammes wurden die grössten Januar-Neuschneesummen seit 1968 registriert. Woher wir das wissen? Auch wegen Herr und Frau Schweizer am Messgerät.
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Regula Wegmann*
Wir FlachländerInnen, letzten Winter von Einschränkungen und Verzicht geplagt, genossen die Tage in den Bergen und diskutierten eifrig in Hütten, Bergrestaurants und auf Gipfeln über das überraschende Wohlwollen von Frau Holle: Kann es sein, dass der Klimawandel zu mehr Niederschlag führt? Oder hatten wir einfach Glück? Wobei „Glück“ subjektiv ist: 32 Menschen kamen im letzten Winter in Lawinen ums Leben. Fast doppelt so viele wie üblich. Zum einen weil sich mittlerweile viel mehr Wintersportler abseits der Piste aufhalten. Andererseits waren schwache Altschneedecken kombiniert mit beachtlichen Neuschneemengen für die Vielzahl der Lawinenniedergänge verantwortlich. Also gar nicht unbedingt die grossen Neuschneemengen selbst, sondern viel mehr dünne, instabile Schneeschichten.
Die Kombination machts
Für die grossen Schneemassen, die ab Dezember 2020 folgten, waren dann weniger die Niederschlagsmengen, sondern wiederum die Kombination von Niederschlag und genügend kalten Temperaturen verantwortlich. Mehrere solche Kombinationen sorgten von anfangs Dezember bis Mitte März für teilweise grössere Neuschneemengen bis in die Niederungen beidseits der Alpen. Gemäss dem SLF Winterbericht 2020/21 waren die Niederschlagsmengen während November bis April zwar leicht unterdurchschnittlich, die Neuschneesummen aber gleichzeitig leicht überdurchschnittlich. Solche Aussagen können nur dank langjährigen Schneemessungen an rund 100 Stationen zwischen 250 Höhenmetern (Bellinzona) und 2500 m.ü.M (Weissfluhjoch) gemacht werden.
„Citizen Science“ oder Laienforschung
Den Kopf in den Schnee stecken müssen wir also nicht; oberhalb von 2000 Metern wird es weiterhin genügend Schnee geben. Nur wird diese „Entwicklung“ nach oben Konsequenzen für die Natur und den Wintersport haben. Der Platz wird knapper, die Luft dünner – es braucht neue Ideen. Die Forschungsgruppe Wintersport und Klima des SLF befasst sich mit SchneeManagement und Snowfarming, Schneedeckenmodellierung sowie schneeklimatologischen Analysen. Basierend auf Daten von rund 50 Jahren können sie SchneedeckenModelle und Szenarien visualisieren. Zu einem Teil ihrer Erkenntnisse gelangt das Team durch Beobachtungen und Messungen von Laienforschern. Ob Tierbeobachtungen, Schneedeckenmessen oder Sammeln
*Zur Autorin
Regula Wegmann ist Gründerin und Geschäftsführerin der Kommunikations-Agentur microbee.com. In Ihrer Freizeit klettert die in Sarnen/OW und Zürich wohnhafte Journalistin auf Skitouren-Skis auf jeden hohen Berggipfel oder fährt auch mal mit dem Motorrad quer durch Lateinamerika.
von Wasserproben – Daten von Laien sind ein wichtiger Bestandteil vieler Studien. Die Mitarbeit von Bürgern in der Wissenschaft – international als Citizen Science bezeichnet – hat eine lange Tradition. Im 18. und 19. Jahrhundert sammelten Frauenzirkel Schmetterlinge oder Pflanzen, abenteuerlustige Männer trugen Gesteinsproben zusammen. Ab der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verschwanden Laienforscher kurzfristig aus der Wissenschaft – die Laborforschung erlebte einen Aufwind. Heute sind sie wieder gefragt und es gibt verschiedene Stellen, wo sich Interessierte melden können – so zum Beispiel bei der ETH und der Universität Zürich oder dem Schweizerischen Lawinenforschungsinstitut SLF.