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Editorial
Zwischen rauer See und Licht am Horizont
Die Bauma 2022: Sie hat zwar keine Rekorde gebrochen, dafür aber ihre Skeptiker ungespitzt in den Boden gerammt. Trotz eines Rückgangs von 125 000 Besuchern gegenüber der Auflage von 2019, trugen 495 000 Teilnehmer zu einer erfolgreichen Bauma bei, die auch inhaltlich hielt, was langwierig versprochen wurde. Die Baustelle von morgen ist gepflastert mit alternativen Antriebskonzepten, automatisierten Prozessen und einer geradezu indoktrinierten Nachhaltigkeit – die umfangreiche Nachberichterstattung in dieser Ausgabe wird das widerspiegeln und aufzeigen, wie bitter notwendig dieser Schub an Innovationen geworden ist. Gezeigt hat München allerdings auch: Die Zeit für Schönwettergespräche schwindet.
ie einschlägige Prognose für 2023 zeichnet das Bild einer zunehmend rauer werdenden See – den Anker aber nun bei voller Fahrt in die tosende Flut zu schmeißen, dürfte sich nicht nur als hinkende Metapher, sondern vielmehr als Trugschluss erweisen. Gerade der Baumaschinensektor profitiert von Auftragsbeständen, die zum Teil weit in das Jahr 2023 hinein reichen. Gleichwohl profitiert die Branche nach wie vor von einem hohen Umsatz-Niveau, das sich innerhalb der vergangenen Jahre eingependelt hat. »Der Maschinen- und Anlagenbau schlägt sich unverändert wacker«, so Ralph Wiechers, Chefvolkswirt des VDMA. Insbesondere die deutschen Hersteller haben sich trotz kriselnder Märkte bislang gut behaupten können – die Maschinenexporte verzeichneten allein im 3. Quartal einen Zuwachs von nominal 5,2 % gegenüber dem Vorjahr. In den ersten neun Monaten, so das Statistische Bundesamt, legten die Exporte um nominal 4 % auf 140,3 Mrd. Euro zu. Zur Wahrheit gehört in diesem Zusammenhang aber auch, dass laut Wiechers »vornehmlich Preiseffekte für dieses Wachstum verantwortlich sind.«
Sorge bereitet hingegen das Baugeschäft: Laut Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Haupt-
verbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), haben die Unternehmen momentan zwar »gut zu tun«. Für das laufende Jahr sei wegen der rückläufigen Auftragseingänge sowie des Einbruchs im Wohnungsbau eine Korrektur der Umsatzprognose auf 0 % bis – 2 % notwendig, da der Krieg in der Ukraine seine Spuren hinterlasse. Mit Blick auf das Baugewerbe findet HDB-Präsident Peter Hübner noch deutlichere Worte: »Im Wohnungsbau spüren wir heute schon eine defacto Investitionsbremse, der Auftragseingang ist im August um real 24 % ein gebrochen.« Zu befürchten sei, dass auch die öffentliche Hand deutlich sparen werde. Angesichts maroder Brücken und Straßen appelliere man daher an Bund, Länder und Gemeinden, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein. Ansonsten, so Hübner, sei Deutschland »bald wieder der kranke Mann Europas.« Und gerade weil sich für 2023 dunklere Wolken abzeichnen, kam die Bauma als Wegweiser genau richtig: Einerseits hat die Messe verdeutlicht, wie bitter notwendig die Investition in neue Technologien ist, um den Energieabhängigkeiten sowie dem Klimawandel entgegenzutreten. Ab Seite 20 erfahren Sie im Detail, welche mutmachende Flut an Neuentwicklungen die Hersteller dafür in München auf den Weg gebracht haben. Andererseits mahnten viele Diskussionsrunden dazu, altbekannte Probleme nicht weiter unter den Tep pich zu kehren: Ein häufiges Thema in München war der Fachkräftemangel und damit die Erkennt nis, dass gerade die Investition in die eigenen Mitarbeiter zum höchsten Gut erklärt wurde. Im bauMAGAZIN-Interview verdeutlicht Peter Gerstmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Zeppelin GmbH, ab Seite 28 die Notwendigkeit, gerade jetzt auf die Unterstützung der nach folgenden Mitarbeiter-Generation zu setzen. Hans Gerade weil sich Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des für 2023 dunklere Wolken Deutschen Handwerks, geht gar noch einen Schritt abzeichnen, kam die Bauma weiter und fordert dazu auf, sich der enormen Bedeutung der Baubranche bewusst zu werden: als Wegweiser genau richtig. »Das Handwerk ist systemrelevant für unsere Gesellschaft: Gerade die jungen Menschen können jetzt an den Großprojekten unserer Zeit mitarbeiten und damit unser aller Zukunft mit gestalten.« In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine interessante Lektüre, zuweilen aber auch Vertrauen darauf, dass diese Branche sich gerade in Krisenzeiten als Vor- und Mitdenker zeigt. Dan Windhorst Chefredakteur