Vom Ich zum Wir

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Philosophische Lebenskunst Band 12

Lutz von Werder

Vom Ich zum Wir

Schibri-Verlag Berlin • Strasburg • Milow


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Inhaltsverzeichnis Vorwort Einleitung: Der Kampf um das Ich. Ich-Analyse und Ich-Therapie

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Teil I: Philosophie des Ichs

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1. Kapitel: Eine revolutionäre Idee: das Ich

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2. Kapitel: Das Ich wird die Existenz

56

Cartesianische Meditation über das Ich – Die Höllenfahrt der IchErkenntnis bei Kant – Schopenhauer entdeckt das Unbewusste am Ich – Das Ich und das Nichts, untersucht durch Max Stirner.

Das Ich und die Menge bei Kierkegaard – Das Ich, sagt Nietzsche, ist Wille zur Macht – Ich und Existenzerhellung durch Jaspers – Das existierende Ich und der Tod, wie es Heidegger sieht.

3. Kapitel: Wo Es war, wird Ich

101

4. Kapitel: Das Ich und sein Gehirn

135

5. Kapitel: Das Ich und sein Gedächtnis

150

Die Selbstanalyse des Ichs bei Sigmund Freud – C. G. Jungs Nachtmeerfahrt des Ichs und die Archetypen – Alfred Adlers Überwindung der Einsamkeit des Ichs.

Die überschätzte Gehirnforschung – R. D. Precht: Wer bin ich? – Die neuronale Psychoanalyse des Ichs – Das Ich und seine drei Welten bei Sir Popper – Die revolutionären Potenziale des Ichs durch ZEN

Das umkämpfte Ich – Das autobiografische Gedächtnis – Erzähl dich doch mal selbst – Die Autobiografie des Ichs – Das Tagebuch des Ichs.


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Inhalt

6. Kapitel: Vom Ich-Bewusstsein zum kosmischen Bewusstsein

158

7. Kapitel: Die Bedrohung des Ichs

175

8. Kapitel: Vom Ich zum revolutionären Wir

191

9. Kapitel: Die Entdeckung des neuen Menschen

210

10. Kapitel: Grunderkenntnisse aus der Geschichte der Ich-Philosophie

220

Das Ich ist nicht allein im Kosmos – Das Ich begegnet bei Ken Wilber der All-Einheit.

Das Ich wird sozialisiert – Die Politik des herrschenden Wirs – Das rechtlose Ich im totalitären Wir enthüllt Giorgio Agamben – Das totalitäre Wir zerstört das Ich.

Endlich eine Philosophie der revolutionären Wirs – Das demokratische Wir bei Walt Whitman – Martin Buber entdeckt das utopische Wir – Die Analyse des revolutionären Wirs durch Ernst Bloch – Das revolutionäre Wir, wie es Antonio Negri begreift.

Mystik bewältigt die Egozentrizität – Nun die Schlussfrage: Wie entsteht der neue Mensch?


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Inhalt

Teil II: Eine existentialistische Ich-Analyse

225

1. Kapitel: Mein denkendes Ich

227

2. Kapitel: Mein existentielles Ich

236

3. Kapitel: Mein tiefenpsychologisches Ich

243

4. Kapitel: Mein neuronales Ich

255

5. Kapitel: Mein autobiografisches Ich

258

6. Kapitel: Mein kosmisches Ich

293

7. Kapitel: Mein soziales Ich

297

8. Kapitel: Mein revolutionäres Ich

300

9. Kapitel: Mein gerettetes Ich im Wir

302

Sehnsucht – Das kopflose Ich – Widerstände – Geschichten vom Super-Ego – Faust und Mephisto.

Existieren – Das Dunkel – Tageslauf – 4 Elemente – Spiel um das Ich – Vorlauf zum Tode – Ein Bittbrief – Bilanz 1 – Bilanz 2 – Der Schock.

Beichte – Nordpolreise.

Rechte und linke Gehirnhälfte – Die Vielfalt religiöser Erfahrungen – Mystik und Gehirn – Abschied von der Gehirnforschung.

Das schlafende Kind – Mutter – Vater – Krieger-Ich.

Adler-Sein – Ikarus – Trauma der Geburt – Faschismus – Meine Leiter zur Transzendenz – Augenblicke kosmischen Bewusstseins.

Ursprungsträume – Gegen die Gesellschaft – Der Weltuntergang

Tagträume – Das Ich als Held – Buddha als revolutionärer Archetyp.

Mystik – Wirkung – Mystisches Wir – Mystik im Lebenslauf – Vom Ereignis – 10 000 Zeitalter – Meine robuste Mystik – Wir-Traum.


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Teil III: Umrisse der eigenen Ich-Analyse im Tagebuch

Inhalt

309

Wie kann die Ich-Gruppe mit diesem Buch arbeiten?

311

Die besten Übungen zur eigenen Ich-Analyse

312

Übungen zum 1. Kapitel: Das denkende Ich

312

Übungen zum 2. Kapitel: Das existentielle Ich

312

Übungen zum 3. Kapitel: Das tiefenpsychologische Ich

313

Übungen zum 4. Kapitel: Das neuronale Ich

313

Übungen zum 5. Kapitel: Das autobiografische Ich

313

Übungen zum 6. Kapitel: Das kosmische Ich

314

Übungen zum 7. Kapitel: Das soziale Ich

314

Übungen zum 8. Kapitel: Das revolutionäre Ich

314

Übungen zum 9. Kapitel: Das gerettete Ich im Wir

315

Allgemeines Literaturverzeichnis

316

Alle W-Fragen – Selbstanalyse – Das Ich und sein Eigentum. Masse – Macht – Unsterblichkeit – Vorlauf zum Tode. Träume – Archetypen – Wille zur Macht. 8 Ichs – Willenlos – Ich und Gehirn.

Aufstieg und Abstieg – Dichtung oder Wahrheit. Meditationsmethoden.

Sozialisationspraktiken – Gewaltsames Wir. Typen des Wir – Weltrettungsträume.

Mystik gegen Egozentrizität – Starkes Ich im Wir.


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Vorwort Viele Theorien zur gesellschaftlichen Krise übersehen das Ich. Das ist ein gravierender Fehler. Denn jede Krise beginnt beim Ich, und jede Lösung der Krise endet beim Ich. Im Laufe der 18-jährigen Geschichte der Berliner Philosophischen Cafés im Literaturhaus und in der Urania zeigte sich bei allen Versuchen des Philosophierens: Es kommt auf das Ich an. Es zeigte sich aber auch: Viele übersehen ihr Ich, kennen ihr Ich gar nicht, richten sich nach dem Trend der Medien, der Massen oder der Bezugsgruppe. Im philosophischen Café wurde aber jeder als Ich gefordert und gefördert. Es traten Spannungen von Ich und Du auf. Es gab zaghafte Schritte zu unterschiedlichen Formen des Wirs. Philosophierende Wirs bildeten sich nach den Cafés, zwischen den einzelnen Treffen des Cafés. Jeder Teilnehmer der Cafés konnte erleben: Ich entwickle mich als Ich im Wir. Deshalb wurden das Ich und das Wir zum zentralen Thema der Berliner Philosophischen Cafés für zwei Jahre. Das Ich im Wir wurde zum Zentrum ds „neuen Existentialismus“ im Café (vgl. Lutz von Werder: Existentialismus jetzt! Berlin Schibri-Verlag 2012). Das vorliegende Buch benennt die Lernschritte und plädiert für die Verbreitung der Ich-Analyse und der Wir-Synthese. Es liefert Ich-Theorien, eine Fallgeschichte und eine Anleitung für ein philosophisches Ich-im-Wir-Tagebuch. Ohne diese Cafés gäbe es dieses Buch nicht. Auch dem Schibri-Verlag, Iris van Beek, Franziska Hiller und Sybille von Heynitz sei für die Entstehung dieses Buches gedankt. Berlin, im Winter 2012/13

Lutz von Werder


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Einleitung Der Kampf um das Ich. Ich-Analyse und Ich-Therapie Wer heute von Revolution reden will, muss vom neuen Menschen reden. Alle Versuche, mit dem alten Menschen Revolution zu machen, sind in der Moderne gescheitert. Die Eliten, die Systeme kamen, die Staaten wechselten – der Mensch aber blieb der alte. Auch die „neoliberale Revolution“ hat nur ein neues Gier-Ich hervorgebracht, aber keinen neuen Menschen. Wir müssen also wieder bei Null beginnen. Die aus der Renaissance stammende Idee, dass der Mensch der Schöpfer seiner selbst sei, muss erheblich vertieft werden. Die in der Aufklärung gemachte Vorstellung, nur die Gattung, nicht der Einzelne könne ein neuer Mensch werden, ist radikal in Frage zu stellen. Natürlich macht der Mensch sich nicht nur selbst, sondern er wird ebenso durch Natur, Gesellschaft, Staat und Evolution gemacht. Aber die frühen Utopisten haben sich gegen die These der Sinnlosigkeit. Überflüssigkeit und vollkommenen Aussichtslosigkeit des menschlichen Lebens auf unserem einsamen Planeten im kalten All gewandt. Auch die modernen Utopisten haben die Idee vom neuen Menschen hochgehalten – trotz Auschwitz und Hiroshima. Der Mensch ist erst dabei, sich zu definieren. Er ist nur im Horizont der Zukunft zu verstehen. Die Existenzphilosophie hat die Selbstschöpfungsidee des Menschen neu belebt und sich gegen den neuen Nihilismus, dass es mit dem Menschen nichts ist, gestellt. Das alles hilft aber nicht viel weiter, wenn nicht die Idee des neuen Menschen endlich radikalisiert wird. Wenn nicht beim Ich begonnen wird, den neuen Menschen zu entwickeln, wird der sogenannte neue Mensch sich bald wieder als alter Adam erweisen. Der Ansatz beim Ich heißt aber Ich-Analyse und Ich-Therapie, die jeder an sich und für sich leisten muss, in Selbsthilfegruppen, Ateliers, Salons, wo man sich austauschen und helfen kann. Der Ausgangspunkt für den neuen Menschen ist also das Ich. Dieses Ich muss erst einmal in der neuen Diskussion erfasst, vertieft, entwickelt und verteidigt werden. Dieses Ich muss mit der ihm entsprechenden Selbstanalyse und Selbsttherapie vertraut gemacht werden, ehe der große Sprung vom Ich zum Du, vom Du zum Wir und vom Wir zur neuen Gesellschaft gelingen kann. Erst auf dieser Basis ist so was wie Revolution,


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Einleitung

eine wirkliche Befreiung des Menschen als gleich, frei und human möglich. Erst ein Ich, das weiß, was es ist; erst ein Ich, das seine Existenz versteht; erst ein Ich, das sein Es kennt, sein Gehirn, sein kosmisches Bewusstsein, seinen Weg vom Ich zum Wir, vom Wir zur Gesellschaft, kann als Subjekt der wirklichen Revolution in Erscheinung treten. Alle heutigen Proklamierungen „des kommenden Aufstandes“, der „bloßen Empörung“, greifen viel zu kurz. Revolution ist ein Werk für Generationen von Ichs und von Wirs und zugleich die größte Aufgabe im Hier und Heute, wenn die Menschheit überhaupt überleben will. Der Anfang der Rettung der Welt beginnt also beim Ich, wenn das Ich beginnt, über den Anfang der Rettung nachzudenken und über seine entdeckten Rettungsressourcen zu kommunizieren. Die Philosophie des Ichs ist der Wegweiser auf der Suche des Ichs nach dem Anfang der Rettung in sich selbst. Ich-Analyse und Ich-Therapie sind der Kern der Philosophie des Ichs und der Anfang der Rettung. Mit Ich-Analyse und Ich-Therapie wird die Grundlage gelegt für den neuen Menschen im Wir der spirituellen, kommenden Revolution. Der neue Mensch ist hart umkämpft. Während die Konservativen das Ich schwach sehen, sehen die Progressiven das Ich stark. Nur wenn es sich schließlich als stark erweist, wird es die Basis für den neuen Menschen. Der Weg dahin ist weit. Das zeigen die Kontroversen unseres Buches. Jede Revolution beginnt also beim Ich. Deshalb sind die Ich-Analyse und die Ich-Therapie der erste Schritt zur Bildung der revolutionären „Multitude“ (Hardt, Negri). Ohne Multitude (= Mehrheit oder Menge der Vielheit) keine Revolution. Was ist aber unter Ich-Analyse und Ich-Therapie zu verstehen? Die Ich-Analyse erschließt sich aus den fünf Aspekten des Ichs. 1. Das Ich ist die Einheit des Einzellebens, die Identität. Jedes Individuum hat also eine ihm eigene Lebensgeschichte. Diese Geschichte ist oft unbewusst und desperat. (L. Krappmann: Soziologische Dimension der Identität, Stuttgart 1971, S. 9) Die Ich-Analyse fragt also: Wie heißt die eigene Einheit in der Mannigfaltigkeit der Erlebnisse des Ichs. 2. Das Ich hat Selbstbewusstsein. Es bespiegelt sich selbst. Selbstbewusst werde ich mir als von der Umwelt, vom Nicht-Ich, vom Du, vom Wir als abhängig bewusst. Das Ich kann von sich (als Subjekt) auf sich als Objekt denken. Dieser Prozess ist reflexiv. Die Ich-Analyse fragt: Wie mache ich mich selbst zum Gegenstand der Betrachtung?


Einleitung

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3. Das Ich ist nicht nur Objekt, es ist auch Selbstbewahrung, Selbstachtung und Selbsterziehung. Dieses Selbst hat etwas mit Kreativität und Spontanität zu tun. „Identität zu gewinnen … ist in jeder Situation … ein kreativer Akt“ (L. Krappmann, a.a.O.). Die Identität stellt die Besonderheit des Ichs dar. Die Ich-Analyse fragt: Wie ist die Spontanität des Ichs als Ressource zu erkennen? 4. Das Ich ist Produkt der Sozialisation durch Familie, Schule, Arbeit und Staat. Die Resultate der Sozialisation sind: der Charakter, das Rollenset, die Maske, die Abwehrmechanismen. Der Charakter ist stabil. Er kann sich aber auch unter dem Einfluss von anderen und durch sich selbst ändern. Rollen und Masken als Teil des Charakters, als Teil des Ich-Konzepts sind änderbar. Da große Teile des Sozialcharakters von der Gesellschaftsstruktur geprägt sind, ändert er sich auch, wenn sich die Gesellschaftsstruktur in der Krise wandelt. Die Ich-Analyse fragt: Wie ändert sich mein Charakter in der Krise der Gesellschaft, in den Stufen der Ich-Entwicklung, also in den Identitätskrisen im Lebenslauf? 5. Das Ich wird aber nicht nur von der Gesellschaft geprägt, es prägt auch die Gesellschaft. Ohne Sozialisation keine Individuen, ohne Spontanität des Ichs bleiben keine Gesellschaftsstrukturen erhalten oder erscheinen auch keine neuen Gesellschaften. Die Ich-Analyse fragt: Wie wird das Verhältnis von Gesellschaft und Ich ein widersprüchliches? Wie wird ein der Gesellschaft widersprechendes Ich zum Wir, das nicht bloß Machtinstrument von Nation, Staat und selbsternannten Führern ist? Bleiben wir also diesen Fragen auf der Spur. Lesen wir im Teil I dieses Buches über die „Philosophien des Ichs“, in Teil II die „Fallanalyse eines Ichs“ und in Teil III „die Umrisse der eigenen IchAnalyse im Tagebuch“.


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Teil I Philosophie des Ichs 1. Kapitel:

Eine revolution채re Idee: das Ich

2. Kapitel:

Das Ich wird die Existenz

3. Kapitel:

Wo Es war, wird Ich

4. Kapitel:

Das Ich und sein Gehirn

5. Kapitel:

Das Ich und sein Ged채chtnis

6. Kapitel:

Vom Ich-Bewusstsein zum kosmischen Bewusstsein

7. Kapitel:

Die Bedrohung des Ichs

8. Kapitel:

Vom Ich zum revolution채ren Wir

9. Kapitel:

Die Entdeckung des neuen Menschen

10. Kapitel: Grundkenntnisse aus der Geschichte der Ich-Philosophie


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1. Kapitel Eine revolutionäre Idee: das Ich Cartesianische Meditation über das Ich – Die Höllenfahrt der Ich-Erkenntnis bei Kant – Schopenhauer entdeckt das Unbewusste am Ich – Das Ich und das Nichts, untersucht von Max Stirner. Mit der Entstehung des Kapitalismus wird das Verhältnis von Ich und Gesellschaft zum Problem. Als Problem wird es Thema der Philosophie. Das Ich wurde nur möglich, weil sich traditionelle Sozialformen und soziale Bindungen auflösten. Traditionelle Sicherheiten gerieten in Verfall. Neue Formen sozialer Bindungen aus Freiheit entstanden. Das Ich geriet sofort in eine Zerreißprobe: Einmal verfiel es der Gefahr eines grenzenlosen Egoismus, der die Gesellschaft gefährdet und das einzelne Ich atomisiert, zum zweiten entwickelte sich die Zerstörung und Funktionalisierung des Ichs, indem die Freiheit des Ichs mit Füßen getreten wird und die Gesellschaft im Totalitarismus endet. Zum dritten erschien das Ich aber auch als Basis, als Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft zu einer Gesellschaft der Freien. Das Verhältnis von Ich und Gesellschaft erschien sofort mit der Entstehung des Ichs als Konfliktsituation. Das Konzept Ich befreit von Angst, Dogmen und ermutigt zum politisch befreienden Handeln, indem es Spielräume der Selbstverwirklichung des Ichs aufweist. Mit dem Konzept Ich wird die uneingeschränkte Entfaltung des Menschen thematisiert. Eine Archäologie des Ichs ist von aktuellem Interesse, weil es im späten 20. Jahrhundert mehrere Individualisierungsschübe gegeben hat, nachdem Kollektivierungsversuche des Ichs in totalitären Systemen gescheitert waren. Die Hoffnungen für weitere Initiativen für eine menschliche Gesellschaft liegen also heute beim Ich, nicht mehr bei Klassenparteien oder Führerpersönlichkeiten. Um den Impuls der Befreiung des Ichs weiter zu führen, ist also intensiv zu fragen: Was ist das Ich? Wie entwickelt sich das Ich? Wie kommen wir vom Ich zum revolutionären Wir?


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Teil I: Philosophie des Ichs

CARTESIANISCHE MEDITATION ÜBER DAS ICH René Descartes ist einer der Heroen der Aufklärung. „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmüdigkeit.“, sagt Immanuel Kant in seiner Schrift „Was ist Aufklärung?“. Aufklärung heißt: 1. 2. 3. 4.

Habe den Mut, dich deines Verstandes zu bedienen. Entziehe dich den Dogmen der Religion. Enthülle durch Vernunft das Geheimnis der Seele: des Ichs. Formuliere die Erkenntnisse klar und deutlich.

R. Descartes möchte die Welt aus letzten Prinzipien erklären. Denn: Descartes wurde von ungeheuren Zweifeln am Sinn des Lebens und des Ichs geplagt. Diese Zweifel am Ich löste er in seinem Hauptwerk „Meditation über die erste Philosophie“ von 1629, mitten im Dreißigjährigen Krieg, an dem er als Offizier teilnahm. Seine größte Erkenntnis lautete: Ich denke, also bin ich. Das heißt: 1. Was denkt, kann nicht nicht existieren. 2. Ich denke. 3. Weil ich also denke, bin ich. Die wichtigste Funktion des Ichs ist also das Denken. Im Denken existiert das Ich. Übung: Geben Sie eine kurze Geschichte Ihres Denkens wieder, damit Sie Ihrem Ich näher kommen. Es gibt also keine erkannte Welt als Objekt, ohne ein Denken des Ichs als Subjekt. Das Ich ist immer Subjekt im Bezug zum Objekt.

Descartes Leben und sein Bezug zum Ich René Descartes, 1596 in La Haye geboren, wird von 1604–1612 in einer Jesuitenschule erzogen. Sein Lieblingsfach ist Mathematik. Nach einem Studium der Rechtswissenschaft stürzt er sich in Paris in das pralle Leben: Er reitet, liebt, tanzt und ficht (32 Duelle). Aber plötzlich zieht er sich in die Einsamkeit zurück. Er wird vom Zweifel an der sicheren Erkenntnis geplagt. Auch an der Erkenntnis des Ichs. 1618 wird er Offizier und kämpft im Dreißigjährigen Krieg. In den Winterquartieren baut er seine Philosophie aus.


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