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Leitsätze

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Kernpostulat

Kernpostulat

„Wie wollen wir leben in Deutschland?“

Der Erfolg einer Agenda Postpandemie wird abhängen von der ethischen Meta-Ebene ihrer Strategie, von der geistigen Klammer, die den Handlungsempfehlungen auf unterschiedlichen Politikfeldern den Blick von oben, eine gemeinsame Grundgewissheit, eine verbindende Sinnstiftung und einen Impuls zur Umsetzung gibt. Was den Menschen ausmacht, ihm seinen Wert und seine Rolle als Individuum gibt, sind Artikel 1 des Grundgesetzes, Ehrfurcht vor der Schöpfung, Respekt gegenüber der Natur „und dem einzigen Planeten, den wir haben“, Ehrfurcht vor dem Leben. Was die Gesellschaft ausmacht, ihr eine Klammer gibt, sind parlamentarische Demokratie, Rechtsstaat und Soziale Marktwirtschaft. (Konsens: 59/62) 4

II. Leitsätze

1. „Bildung vermittelt die Schlüsselkompetenzen zur Krisenbewältigung.“

Dieser Bildungsauftrag reicht von der frühkindlichen und der schulischen über die berufliche und hochschulische bis zur Bildung der Erwachsenen und auch hinein in das Familienleben. Schulpolitik steht im Mittelpunkt der Strategie. Ein wichtiger Begriff lautet Selbständiges Lernen. Erfahrungen aus der Zeit der

4 Bemerkungen zur Vorbemerkung 2: „In besonderer Weise gehört die stets neu zu reflektierende Verständigung auf das aus der Gottebenbildlichkeit herrührende jüdisch-christliche Menschenbild der unbedingten Gleichwürdigkeit aller Menschen dazu.“

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Schulschließungen haben gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler, die selbstständig lernen können, besser mit den Möglichkeiten des Distanzlernens umgehen konnten. Eigenständigkeit, Flexibilität, soziale Kompetenzen und Teamorientierung werden auch notwendige Eigenschaften in der Arbeitswelt von morgen sein. Die in der Pandemiezeit begonnenen Modernisierungsprozesse sollen fortgesetzt werden. Es geht dabei um Medienkompetenz, um neue Formen der Vermittlung von Wissen, um didaktische Konzepte, auch für traditionelle Bildungsinhalte. Es gilt, die in der Pandemie erworbene Sozial-, Methoden-, Organisations- und Digitalisierungskompetenz der Schülerinnen und Schüler weiterzuentwickeln. Die gemeinsame und abgestimmte Qualitätsentwicklung von Präsenzunterricht und Distanzunterricht soll mit einer sachgerechten und pädagogisch begleiteten Umstrukturierung des Lernumfeldes befördert werden. Gute Schule bewahrt die Freude am Lernen und eine Neugier, wie sie in der sich stetig wandelnden Wissensgesellschaft und kulturellen Vielfalt ein Leben lang benötigt wird. (Konsens: 54/60) 5

2. „Forschung ist nicht nur der Nährboden der Wissensgesellschaft, sondern sie liefert im kurz-, mittel- und langfristigen Krisenmanagement Leitplanken für politische Entscheidungen.“

5 Bemerkungen zum 1. Leitsatz: „Die kulturelle Bildung muss Berücksichtigung finden, die wirksame Persönlichkeitsentwicklung ermöglicht und

Kreativität fördert, die Ressource des 21. Jahrhunderts.“ / „Integrative

Lehreinheiten sollten auf allen Bildungsstufen verpflichtend sein. Digitalisierungskompetenz ist gut, aber zu wenig.“ / „Diesen Leitsatz bitte nicht an die erste Stelle.“

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Wissenschaft und Politik brauchen einander im Krisenmanagement. Verantwortung der Wissenschaft ist es, ihr Wahrheitsverständnis zu erklären und ihre sich stetig neu entwickelnden Erkenntnisse entsprechend einzuordnen. Aufgabe der Politik ist es, die Wahrheitssuche der Wissenschaft, die auf dem Prinzip von Versuch und Irrtum beruht, vor gesellschaftlicher Instrumentalisierung zu verteidigen. Eine Agenda Postpandemie wird dann Erfolg und die Gesellschaft einen Nutzen davon haben, wenn ihre zugrundeliegende Strategie beides gewährleistet, die verantwortungsbewusst kommentierte, uneitle Kommunikation wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Gesellschaft hinein und die Freiheit der Wahrheitssuche. (Konsens: 59/60) 6

3. „Kunst und Kultur haben sich in der Krise als wichtige Lebensmittel bestätigt, und Kunstschaffende müssen nicht nur ideelle, sondern auch materielle Wertschätzung erfahren.“

Kunst und Kultur in allen ihren Verzweigungen und Ambivalenzen prägen mehr als vieles andere, was den Menschen ausmacht und was der Gesellschaft in der Pandemie fehlt. Sie nehmen eine wichtige gesellschaftliche Funktion wahr, weil sie Identität stiften und an kulturellen Berührungsflächen das Gefühl des Zusammengehörens. Kunstschaffende benötigen in der Krise mehr denn

6 Bemerkungen zum 2. Leitsatz: „Die Freiheit der Forschung muss unbedingt gewährleistet bleiben.“ / „Die Studierenden als Garanten für den wissenschaftlichen Nachwuchs könnten auch diesen wundervollen Ansatz des Grundeinkommens analog zu den Kulturschaffenden erhalten.

Derzeit kümmert man sich erst sehr spät um die Nöte der Studierenden.

Grundtenor: Wir brauchen guten Nachwuchs, und dieser muss die Garantie erhalten, ein Studium beenden zu können.“

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je Existenzsicherung in innovativen Förderstrukturen oder mit einer dauerhafteren Lösung in Form eines monatlichen Grundeinkommens über einen begrenzten Zeitraum für jeden Antragsberechtigten. Die Erfahrungen mit einer befristeten Grundversorgung für Kunstschaffende lassen sich verwerten für die allgemeine sozialpolitische Diskussion zu diesem Thema. (Konsens: 53/60) 7

4. „Das Gesundheitswesen hat in der Pandemie seine hohe Qualität, Zuverlässigkeit und Leistungsbereitschaft bewiesen, und die Erfahrungen werden genutzt, um Anpassungen vorzunehmen, wo Optimierungsbedarf besteht und Korrekturen notwendig sind.“

Nur durch ganz außerordentliche Anstrengungen aller Beschäftigten in Kliniken, Arzt- und Zahnarztpraxen, diagnosti-

7 Bemerkungen zum 3. Leitsatz: Ein bedingungsloses Grundgehalt wird abgelehnt.“ / „Die persönliche Künstler-Existenz muss riskant bleiben, wenn weiterhin Riskantes gewagt werden soll.“/ „Es geht nicht um eine temporäre Unterstützung für Künstler, sondern um die grundsätzlichen Probleme, die mit dem Vorhaben verbunden sind.“ / „Dieser Erweis der Funktion als wichtiges Lebens-Mittel trifft darüber hinaus auf Weltdeutungen und Unverfügbarkeitswissen zu, die in gleicher Weise wie durch Kunst und Kultur durch die Erfahrungsschätze aus Religion und Kultus bereichert werden.“ / „Eigentlich hat gerade erst das Herunterfahren von Kunst und Kultur das Bewusstsein geschärft, dass sie lebenswichtige Impulse für das Leben setzen, wichtige Lebensmittel sind. Dies impliziert, dass auch in Krisenzeiten ein gewisses kulturelles Angebot sichergestellt sein muss. Die ausbleibende materielle Unterstützung lag eher an dem Unverständnis an der Besonderheit künstlerischer Erwerbstätigkeit. Seinen Unterhalt als Künstler zu verdienen folgt anderen Gesetzmäßigkeiten als in anderen Berufen.“ / „Kein monatliches Grundeinkommen nur für Kunstschaffende, Kunstschaffende müssen aus eigener Kraft zu Erfolgen/Förderungen und damit zu Verdienst kommen.“ / „Lösung in Form eines monatlichen Grundeinkommens über einen begrenzten Zeitraum für jeden Antragsberechtigten, -der Satz stört!“

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schen Laboratorien, Gesundheitsämtern, Forschungsinstituten, Medizinprodukte- und Pharma-Unternehmen sowie in Impfzentren und durch ein vernunftgeprägtes, solidarisches Verhalten der allermeisten Bürgerinnen und Bürger konnte eine kritische Überlastung des Gesundheitswesens in der Pandemie verhindert werden, ein gesellschaftliches und wirtschaftliches Chaos. Die unter diesen Belastungen gesammelten Erfahrungen müssen verwertet werden: Die Sektoren- und Berufsgruppen-übergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit in Clustern der medizinischen Versorgung, die Entwicklung der Notfallversorgung auf dem Land und die Nutzung hochinnovativer telemedizinischer Konzepte haben einen großen Schub erhalten. Probleme, die schon länger bestehen, sind in der Pandemie noch deutlicher hervorgetreten und müssen jetzt gelöst werden: Der sehr hochrangige Schutz von Patientendaten behindert schnelle medizinische Maßnahmen in Extremsituationen, die personelle und materielle Kapazitätsvorhaltung für Krisenlagen ist häufig unzureichend und Strukturveränderungen in der Krankenhauslandschaft sind überfällig. (Konsens: 52 /60) 8

8 Bemerkungen zum 4. Leitsatz: „Was mir fehlt, ist der Verweis auf die Zunahme seelischer Störungen und Krankheitsbilder in der Pandemie, hier ist verstärktes Augenmerk und Handeln gefragt.“ / „Es geht auch um gezielte Interventionen im Krisenfall, um besonders Gefährdete adäquat zu schützen.“ / „Dieser Leitsatz gehört an die erste Stelle!“ / „Ich möchte anregen, die überfälligen Strukturveränderungen sektorenübergreifend (Krankenhauslandschaft + ambulanter Bereich) zu gestalten, mit dem

Primat Patient (bzw. Patientennutzen).“

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5. „Wirtschaftspolitik kümmert sich um langfristige, unbürokratische Begleitung und finanzielle Förderung von Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle nachhaltig, effizient und krisenfest machen.“

Für die wirtschaftliche Entwicklung nach der Pandemie sollten Unternehmen mit einer Überlebens-Perspektive die derzeitigen Umbrüche dazu nutzen, ihr Geschäftsmodell neu zu überdenken und Chancen zur zunehmenden Nachhaltigkeit und Effizienz nutzen. Sie werden dabei im Bedarfsfall und auf der Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft begleitet durch finanzielle Zuschüsse über begrenzte Zeit, steuerliche und sonstige Entlastung und Abbau bürokratischer Hürden. Wirtschaftshilfen müssen strategisch sinnvoll, transparent und handwerklich sauber eingesetzt werden. (Konsens: 52/60) 9

9 Bemerkungen zum 5. Leitsatz: „Vielleicht könnte man hier noch weitere

Politikfelder ansprechen: Energie, Mobilität, Ernährung, Städteplanung,

Bauwesen.“ / „Wirtschaftshilfen sollten da gewährt werden, wo im Sinne der Agenda 2030 (Zukunftsrat M-V) im Dreieck Ökologie-Ökonomie-

Soziales gedacht und gehandelt wird.“ / „Zweifel an vernünftigen Kriterien für die Bewertung von Effizienz und Nachhaltigkeit“ / „Ich halte es für mindestens genauso wichtig, dass der Staat den individuellen Aufbau finanzieller Polster für zukünftige Krisenbewältigungen unterstützt – eine derartige Krisenfinanzierung wie aktuell werden wir uns auf lange Zeit nicht mehr leisten können!“/ „Zur ersten Phase der Postpandemiezeit muss zwingend eine Wirtschaftsförderung UND eine gesellschaftliche Solidarität aufgerufen werden, um die vom Lock-Down besonders stark betroffenen Branchen zu unterstützen und deren Überleben zu sichern.“

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6. „Sozialpolitik nimmt die Echtzeit-Erkenntnisse und historischen Erfahrungen des sozialen Miteinanders in der Pandemie-Bewältigung auf und fördert individuelle Resilienz.“

Quarantäne und andere Einschränkungen ihrer Lebensumstände haben Menschen in allen großen Seuchen ein Kreuz und viele Strapazen auferlegt, aber zugleich tätige Nächstenliebe angeregt. Menschen in Krisen brauchen Resilienz. In der aktuellen Pandemie sind mit Solidarität und Subsidiarität viele Initiativen der Nachbarschaftshilfe entstanden. Die vielfältigen Formen von gegenseitiger individueller Hilfe, von kirchlicher und anderweitiger Gemeindearbeit, von freiwilliger Tätigkeit und Ehrenamt als gesellschaftlichem Immunsystem und sozialem Kitt werden unterstützt, (Konsens: 53/61) 10

7. „Umweltpolitik widmet sich dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen unvermindert und ohne aktuelle Abstriche“

Die aktuellen Aspekte einer Postpandemie-Strategie müssen mit den langfristigen Aspekten der Umweltpolitik abgestimmt werden. Zum Beispiel sind bei aktuell gebotenen Projekten der Industrieansiedlung nach der Krise weiterhin Flächenverbrauch, Versiegelung des Bodens und Naturschutzanliegen zu bedenken und dazu, wo es relevant ist, ein Anstieg des Meeresspiegels. Im Querschnittsgebiet von Umwelt- und Agrarpo-

10 Bemerkungen zum 6. Leitsatz: „Von Anfang an müssen unsere Kinder lernen, dass Helfen und für andere da zu sein die Grundlagen für eine gute

Gemeinschaft sind.“ / „Zweifel, dass hier das Prinzip der Subsidiarität zur

Geltung kommt.“ / „Betonung der Stärkung der Familien, da diese neben dem Ehrenamt und den Institutionen die Hauptlast getragen haben. Eine Erwähnung wäre aus meiner Sicht angemessen?! Nein, wäre nötig!“

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litik wird angeregt, am Flächenbesitz orientierte Subventionierung agroindustrieller Produktion weiter einzuschränken und die freiwerdenden Mittel für Pandemie-bezogene und ökologische Projekte einzusetzen. Gerade im Hinblick auf die umwelt- und klimapolitischen Ziele soll das Kompetenzpotenzial der Europäischen Union genutzt werden, z.B. in einem neuen Club of Rome, was zugleich ihren Gemeinschaftsgedanken fördert. (Konsens: 53/59) 11

8. „Haushaltpolitik gewährleistet finanzielle Handlungsfähigkeit.“

Dafür muss das Leitbild des langfristig ausgeglichenen Haushalts Bestand haben, ist aber kein Selbstzweck, sondern darf temporär und gut begründet im gesetzlichen Rahmen für zusätzliche Kredite ausgesetzt werden, wo es die Bekämpfung der Notsituation und ihrer Folgen erforderlich macht und die Realisierung der strategischen Ziele einer Agenda Postpandemie. (Konsens: 52/59) 12

11 Bemerkungen zum 7. Leitsatz: „Die Einhaltung des Subsidiarität-Prinzips wird gefährdet.“ / „Die Anregung, am Flächenbesitz orientierte Subventionierung agroindustrieller Produktion einzuschränken und die freiwerdenden Mittel für Pandemie-bezogene und ökologische Projekte einzusetzen, wird strittig gesehen.“ / „Am Flächenbesitz orientierte Subventionierung agroindustrieller Produktion einzuschränken, -der Satz stört.“ 12 Bemerkungen zum 8. Leitsatz: „Die Ergänzung ist notwendig, dass im

Hinblick auf unsere Finanzverfassung eine deutliche Unterscheidung zwischen eigenstaatlicher und EU-Haushaltspolitik geboten ist.“ / „Für zusätzliche Kredite ausgesetzt ausgeglichener Haushalt, -das gefällt mir nicht.“

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