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WISSEN

Montag, 5. Juli 2010 Meeresschildkröte Auch im Wasser ist sie gefährdet, durch Schleppnetze und Abfall.

→ GUT ZU

WISSEN

Sieben Arten Weltweit gibt es sieben verschiedene Arten von Meeresschildkröten. Sie existieren seit rund 200 Millionen Jahren und sind alle vom Aussterben bedroht. Die Bewohner der tropischen und subtropischen Gewässer verbringen ihr gesamtes Leben im Meer. Nur die Weibchen verlassen zur Eiablage ihre gewohnte Umgebung.

Die Flossen schneiden sie zuerst ab BEDROHT → Auf den Kapverden

werden Schildkröten in Massen zu Opfern von Jägern. gerhard.schriebl @ringier.ch

S

chwerfällig kriecht eine Schildkröte an einen Strand von Boavista, der drittgrössten Insel der Kapverden. Sie will an Land, um ihre Eier abzulegen – doch so weit kommt es nicht. Jäger drehen sie auf ihrem Weg dorthin auf den Rücken. Es gibt kein Entrinnen mehr. Bewegungsunfähig muss sie auf ihren Tod warten. Sobald die Jäger alle Tiere in der Umgebung umgedreht haben, bringen sie eine Schildkröte nach der anderen um. Dabei sind sie nicht zimperlich: Als Erstes schneiden sie den vom Aussterben bedrohten Tieren

bei lebendigem Leib alle vier Flossen ab. Dann schlitzen sie den Rumpf auf, entnehmen Innereien und Fleisch. Bis zum Tod des Tieres kann bei dieser grausamen Prozedur bis zu einer halben Stunde vergehen, schreibt die Organisation Turtle Foundation. Das Fleisch landet illegal in den Kochtöpfen, einige der Panzer werden zu Souvenirs verarbeitet. Im Jahr 2007 hatten Jäger auf den Kapverden 1100 Muttertiere umgebracht – 15 Prozent der damaligen Nistpopulation. Das Töten der Schildkröte beeinträchtigt die Erhaltung der Spezies

Fotos: Mark Conlin / Seatops, ZVG (2)

Helfen Sie, Leben zu retten Die Nistzeit der Unechten Karettschildkröte beginnt auf den Kapverden im Juni und dauert bis Oktober. Für diese Zeit sucht Turtle Foundation noch Freiwillige, die beim Schutzprogramm mitarbeiten möchten. Die Praktika- und Volunteer-Programme richten sich hauptsächlich an belastungsfähige Interessierte ab 18 Jahren, die mehr über Schildkröten lernen möchten. Einsatzmöglichkeiten und Anforderungen unter: www.turtle-foundation.org

Hülle Die Überreste einer Schildkröte liegen wie ein Mahnmal am Strand von Boavista.

Grausam Dieses Tier wurde bei lebendigem Leib zerstückelt.

nachhaltig. «Die Mutter- diesen Lebensraum zu tiere haben oft nicht einmal schützen. Seit 2008 betreibt die Chance, vor ihrem Tod die Artenschutzorganisatinoch die Eier zu legen», sagt on dort ein SchutzproManuela Bröchin von Turt- gramm. Ein wichtiger Bele Foundation. «Dass damit standteil davon ist die Beeine ganz neue Generation wachung der Strände, mit vernichtet Hilfe von wird, merkt In einer Saison Freiwilligen man leider von der töteten sie über und erst dreissig Armee abbeJahre später. 1000 Tiere. stellten SolDann sollten daten. Die die jetzt geschlüpften Patrouillen zeigten rasch Schildkröten zurück an die grosse Wirkung: In den JahStrände von Boavista keh- ren 2008 und 2009 konnte ren, um selbst ihre Eier ab- die Zahl der getöteten zulegen.» Schildkröten auf Boavista Die Kapverden sind um mehr als 80 Prozent renach Florida und dem duziert werden. Während Oman das drittgrösste man 2007 rund 1100 getöNistgebiet für die Unechte tete Schildkröten fand, waKarettschildkröte. Fast 90 ren es 2009 nur noch 200. Prozent ihrer Nistaktivität Die Unechte Karettkonzentriert sich auf die In- schildkröte kehrt alle zwei sel Boavista. Turtle Founda- bis drei Jahre an ihren Nisttion ist deshalb bemüht, strand zurück. In einer Sai-

son kommt sie bis zu sechsmal an den Strand, um ihre Eier abzulegen. «Es gibt auf Boavista immer noch Strände, die unbewacht sind, deshalb haben wir unser Projekt dieses Jahr auf sämtliche Niststrände ausgeweitet», sagt Bröchin. Neben den Schildkrötenjägern stellen auf den Kapverden die unkontrollierte Bautätigkeit der Tourismusbranche und der Abfall ein Problem dar. Bröchin appelliert deshalb an Besucher: «Wer keine Plastiktüten braucht, leistet bereits einen wichtigen Beitrag.» Denn mit diesem umweltbewussten Verhalten könne man viele Schildkröten vor dem Tod bewahren, weil die Tiere im Meer häufig Plastikteile und Zigarettenfilter fressen – und daran sterben. 


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