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WISSEN

Freitag, 15. April 2011

Wissenschaftliche Untersuchung Was verrät das Wrack über den Unfallhergang?

Spurensicherung Gibt es Fingerabdrücke am Sektglas?

Fotos: ZVG

Dr. Peter Pfefferli Er lernte beim FBI sein Handwerk.

CSI-Zürich,

den Tätern auf der Spur

DNA → Wie die Forensiker der Zürcher Polizei

mit modernster Technik Täter überführen. gerhard.schriebl @ringier.ch

D

urch neue Technik änderten die Forensiker auch ihren Blickwinkel auf den Tatort. «Vor 20 Jahren schenkten wir einem Kaugummi noch keine allzu grosse Beachtung. Heute weiss man: das ist der perfekte DNA-Träger», sagt Dr. Peter Pfefferli, Chef des Forensischen Instituts Zürich. «An jedem Tatort lassen sich Spuren aller Art finden. Die Frage ist, ob sie einen direkten Zusammenhang mit dem Geschehen haben.» Am bedeutsamsten für die CSI, die «Crime Scene Investigation», wurden in den letzten Jahren DNA-Spuren. Sie führen direkt zu einer Person. «In der Schweiz ist die systematische Nutzung der DNA-Technik im Jahr 2000 aufgekommen. Das war ein Meilenstein», sagt Pfefferli, der unter anderem die «FBI National Academy» absolvierte und an der Uni Zürich Kriminaltechnik lehrt.

Die DNA-Datenbank «Codis» enthielt Ende des letzten Jahres 123 293 Personenprofile und 30 356 Tatortspuren. 3827-mal kam es zu «Hits» – die Spur konnte einer Person zugeordnet werden. Allein bei Diebstählen und Einbrüchen konnten die Ermittler im Jahr 2010 dank Codis 2815mal die Täter überführen oder die Beweislage verbessern. Bei Tötungsdelikten kam es bei 42 Fällen zu einem DNA-Datenbank-Hit. Mit DNA-Analysen lösen die Ermittler auch immer wieder alte Fälle, beweisen Schuld und manchmal auch Unschuld, wie etwa im US-Fall Ernest Sonnier, der Ende 2009 nach einem DNA-Test aus seiner lebenslangen Haft kam. Die DNA-Spurensicherung ist heute Standard, aber nicht banal. «Die wichtigste und schwierigste Frage, die wir uns an jedem Tatort stellen müssen: Was ist eine täterische Spur und was nicht?»

«Trugspuren hat es überall – erinnert sei an das ‹Phantom von Heilbronn›, bei dem Polizisten zwei Jahre lang einer falschen DNASpur nachjagten und dann stellte sich heraus, dass die von der Polizei verwendeten Wattestäbchen verunreinigt waren.» Die Forensiker müssen dabei nicht nur die Spuren finden, sondern diese auch in der richtigen Reihenfolge sichern. «Wenn wir am Tatort eine Blutspur finden, kann ihr Muster viel über den Tathergang aussagen – aus welcher Höhe das Blut kam oder aus welcher Bewegung heraus. Diese und weitere Spurensituationen gilt es festzuhalten, bevor wir die Spuren für die Zwecke der weiteren Untersuchung sichern.» Die Forensik in Zürich setzt auch einen 3D-Scanner ein, der innert Kürze mit einem Laser einen Tatort oder eine Unfallstelle abscannt und in ein digita-

les Bild umwandelt. Mit diesem können sie den Tatort in 3D virtuell analysieren, den Blickwinkel des Täters einnehmen oder Berechnungen vom Computer durchführen lassen. «Dank neuer Technik werden am Tatort auch Spuren sichtbar, die man früher übersehen hätte. Mit Chemikalien und speziellem Licht könAnzeige

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nen wir etwa Fingerabdrücke oder kleinste Anhaftungen von Blutspuren hervorheben», sagt Pfefferli. Das Forensische Institut Zürich unterhält umfassende Datenbanken. «Eine Autolackspur bringt die Ermittlungen nur weiter, wenn man sie zuordnen kann. Aus diesem Grund

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verfügen wir über eine Lack-Datenbank sämtlicher Automarken», sagt Pfefferli. «Dasselbe gilt für Textilfasern, Schuh- oder Autoreifen-Abdrücke.» Die Pflege solcher Datenbanken ist aber sehr arbeitsintensiv. «Und man muss sich jedes Mal die Frage stellen, wie vollständig die Daten letztlich sind», sagt Pfefferli. Für die CSI-Koryphäe Pfefferli müssen die zentralen Fragen stets im Vordergrund stehen: «Am Tatort nützt es nichts, wenn man nur zum Jäger und Sammler wird. Trotz all der neuen Möglichkeiten hat sich die Grundfragestellung nicht verändert, und die Beweisführung ist nicht einfacher geworden. Nur der Mensch und jahrelange Erfahrung können Spuren richtig werten. Als Forensiker muss man sich stets in den Täter hineinversetzen: Was könnte er berührt haben, was hat er am Tatort wohl verändert?» 


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