Gala-Magazin „Künstler gegen Aids 2016“

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MIDNIGHT SPECIAL

Gala-Magazin in Kooperation mit der Berliner Aids-Hilfe

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WAHRE GEFÜHLE: CAUGHT IN THE ACT Eloy de Jong über sein Coming-out und den Neustart seiner Band

TORTEN SIND JA SO GESUND

Die „Freunde im Krankenhaus“ bringen Kuchen und Lebensfreude ins Klinikum


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FOTO: ANNE HUNECK

Willkommen ... ... bei KÜNSTLER GEGEN AIDS – DIE GALA 2016. Ich hoffe, Sie haben einen herrlichen Abend. Vielleicht finden Sie ein Foto von sich in der Galerie ab Seite 12 – mit druckfrischen Bildern von der heutigen Gala. Morgen dann, wenn unsere letzten Partygäste nach Hause gehen, setzt die Berliner Aids-Hilfe ihre Arbeit fort. In dieser Sonderausgabe der SIEGESSÄULE erfahren Sie mehr über das, was gut 30 Beschäftigte und mehr als 200 Ehrenamtliche leisten. Wer HIV nur aus den Nachrichten kennt, könnte meinen: Die Medikamente wirken, die Viren werden stark reduziert – Problem gelöst! Aber dem ist nicht so. Die medizinische Versorgung in Deutschland ist gut, Gott sei Dank! Aber sie hat ihre Grenzen: Allein die HIV-Diagnose ist eine große psychische Belastung. Jedes Medikament hat seine Nebenwirkungen. Und noch immer kommen Menschen mit schweren Erkrankungen in die Klinik, weil ihre HIV-Infektion sehr spät festgestellt wurde. Gut, dass es die Berliner Aids-Hilfe gibt! Neben vielen anderen Angeboten organisiert sie jeden Sommer eine Erholungsreise für HIV-PatientInnen. Diese liegt mir sehr am Herzen und wird auch durch Ihre Spenden ermöglicht. Deshalb meine Bitte: Vergessen Sie uns nicht! Auch ich sammle weiterhin nach jeder Vorstellung für die Berliner Aids-Hilfe, denn ich weiß: Jeder Euro hilft!

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Das Moderationsteam: Annabelle Mandeng und Klaus Wowereit

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Vielen Dank! Die Sponsoren von KÜNSTLER GEGEN AIDS 2016

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Caught in the Act sind zurück! Eloy de Jong im Interview

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HIV Awareness Award 2016: Anne Momper im Porträt

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„Freunde im Krankenhaus“: neuer Lebensmut für HIV-PatientInnen

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Druckfrisch: die aktuellen Gala-Fotos von heute Abend

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HIV in Haft: Aids-Hilfe in Gefängnissen

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Fast-Track City: Bis 2020 soll Aids aus Berlin verschwunden sein

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Diagnose dank Dolmetscher: Die BAH vermittelt ÜbersetzerInnen

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Offenes Mikro, offene Worte: „Let’s Talk About Sex and Drugs“

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Katharine Mehrling sagt Auf Wiedersehen

Herzlichen Dank sagt Ihre Judy Winter, Schirmherrin KÜNSTLER GEGEN AIDS – DIE GALA 2016

IMPRESSUM Special Media SDL GmbH, Ritterstraße 3, 10969 Berlin Kontakt: Tel. 030-23 55 39-0, Fax 030-23 55 39-19

Druck: Eversfrank Berlin GmbH, Ballinstraße 15, 12359 Berlin Auflage: 2.000 Exemplare

Geschäftsführung: Gudrun Fertig, Manuela Kay (V. i. S. d. P.) Redaktion: Philip Eicker Grafik und Layout: Mario Olszinski Anzeigen: Eckehard Heine (-13), Matthias Reetz (-16)

Coverfoto: Brigitte Dummer Gala-Fotos vom 21.11.2016: Sven Darmer, Brigitte Dummer, Jason Harrell, Gundula Krüger Copyright: Special Media SDL GmbH

Alle Rechte, auch auszugsweiser Nachdruck, vorbehalten. Für unverlangt eingesandte Bilder und Texte wird nicht gehaftet. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der Nachdruck von Texten, Fotos, Grafik oder Anzeigen ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages möglich. Gerichtsstand ist Berlin.

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Selbstverständlich reinhängen! Frau Mandeng, Ihr Kleid hat Nachwuchsdesigner Robin Rayanian extra für diese Gala entworfen. Für alle Normalsterblichen bitte eine Alternative: Welches Outfit passt zu jeder Benefizgala? Mandeng: Es heißt zwar immer, das kleine Schwarze, aber sobald man vor Kameras tritt, sollte man kein Schwarz tragen. Die Farbe säuft ab. Besser: ein cremefarbenes, schmales Kleid, das die Knie umspielt. Wenn man das auch noch in lang hat, ist man für alle Anlässe gut ausgestattet. Herr Wowereit, das ist Ihr erstes Mal als Galamoderator. Sind Sie aufgeregt? Wowereit: Ja, für mich ist es eine Premiere, zu der ich erst überredet werden musste. Aber nun mache ich es gerne, um der guten Sache zu dienen. Und Annabelle ist Profi genug. Ich fühle es förmlich, dass du mich und uns alle sicher durch den Abend führen wirst. Dabei assistiere ich dir gerne. Mandeng: Das wird schon klappen! Da ich die Gala schon einmal moderiert habe, kenne ich die Abläufe. Und wir beide passen einfach gut zusammen! Wir können uns sogar gegenseitig auf die Schippe nehmen, ohne dass Grenzen überschritten werden. Meine erste Benefizveranstaltung für die Berliner Aids-Hilfe habe ich übrigens mit Lilo Wanders im Lukiluki moderiert – hinter der Bar stand damals Harald Glööckler. Wenn Alphatiere der Politik aufhören, heißt es oft: Die wissen gar nicht, was sie mit der vielen Freizeit machen sollen. Wie war das bei Ihnen, Herr Wowereit? Wowereit: Ach, das ging schon. Ich musste vor allem eins lernen: Nein zu sagen. Aber auch an den richtigen Stellen Ja zu sagen. Und das ungefähr in der Proportion 80 zu 20 Prozent. Ich sage nur noch zu, was mir wirklich wichtig ist, zum Beispiel bei KÜNSTLER GEGEN AIDS. Sie sind beide im Kuratorium der Berliner Aids-Hilfe. Warum engagieren Sie sich? Mandeng: Für mich ist das keine logische Frage. Ich würde eher fragen: Warum engagierst du dich nicht? Sich reinzuhängen in den Bereich, der einem wichtig ist – das sollte selbstverständlich sein! Man sieht mir ja an, dass ich einen Migrationshintergrund habe. Deshalb finde ich: Alles, was mit Ausgrenzung zu tun hat, muss geändert werden! Auf die Berliner

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Aids-Hilfe stieß ich über Lars Vestergaard von Laustsen. Als ich 2000 nach Berlin gekommen bin, habe ich Menschen kennengelernt, die HIV haben. Da habe ich zum ersten Mal erfahren, wie nah das Thema HIV an uns allen dran ist. Das ist so wie bei Krebs – solange man keinen kennt, hat man das Gefühl: Es betrifft alle anderen, nur nicht mich. Was machen KuratorInnen so? Wowereit: Als Kurator hat man nicht täglich zu tun. Aber bei entsprechenden Terminen steht man da und unterstützt. So wie heute. Die Gala ist ja nicht nur Show, sondern auch Mittel zum Zweck: Sie soll zeigen, was die Berliner Aids-Hilfe täglich leistet. Und sie soll Dinge finanziell ermöglichen, die sonst nicht möglich wären. HIV ist aus den Schlagzeilen verschwunden. Wie kann man die Aufmerksamkeit wachhalten, ohne Panik zu verbreiten? Wowereit: Einerseits ist es schön, dass HIV aus den Schlagzeilen raus ist. Aber das bedeutet auch: weniger Aufmerksamkeit und eine gewisse Nachlässigkeit bei der jüngeren Generation. Heute ist die Einstellung verbreitet: Ach, das kann man ja regeln, wenn es passiert. Aber nach wie vor sollte man sich vor einer Ansteckung schützen und – wenn man Befürchtungen hat – sich gleich beraten und testen lassen. Mandeng: Jeder muss gucken, wie er in seinem Dunstkreis etwas dazu beitragen kann, egal ob öffentlich oder privat. Es reicht schon, dass man sich dem Thema HIV nicht verwehrt, sondern selbstverständlich darüber spricht. Wenn man Jugendliche in seiner Umgebung hat, kann man zum Beispiel das Thema Verhütung anschneiden. Es sollte sich nicht komisch anfühlen, über HIV zu reden. Einen Freund, der gut mit HIV zurechtkommt, erinnere ich manchmal: Hast du an deine Pillendose gedacht? Ist doch klar, dass ich ihn aufmerksam mache wie auf jedes andere Medikament auch. Klaus und ich wollen heute Abend deutlich machen, wie wichtig das Thema bis heute ist. Und dass jeder von uns – nach seinen Möglichkeiten – dafür einstehen sollte, dass Aids irgendwann nur noch eine schlimme Erinnerung ist. Das wäre sehr schön. Interview: Philip Eicker

FOTO: BRIGITTE DUMMER

Annabelle Mandeng moderiert schon zum zweiten Mal KÜNSTLER GEGEN AIDS. Für Klaus Wowereit ist es eine Premiere. Was bewegt die beiden zu ihrem Engagement?


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an die Sponsoren von KÜNSTLER GEGEN AIDS DIE GALA 2016

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Love is Sie sind zurück: Caught in the Act starten ihre Comeback-Tournee mit einem Auftritt bei KÜNSTLER GEGEN AIDS. Sänger Eloy de Jong erzählt von seiner Vergangenheit im Boyband-Zirkus und großen Gefühlen, die erst mit den Jahren kommen

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In den 90er-Jahren war Caught in the Act eine der erfolgreichsten Boygroups Europas, unvergessen ihr Auftritt bei „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ und ihre Hitsingle „Love is Everywhere“. 1998 gab das englisch-niederländische Quartett seine Auflösung bekannt. Vor genau einem Jahr verkündeten drei der ehemals vier Bandmitglieder ihr Comeback: Zur Silvesternacht sangen sie vor dem Brandenburger Tor für die ZDF-Show „Willkommen“. Am 25. November erscheint mit „Back for Love“ das erste neue Album, elf Klassiker der Band, neu aufgenommen mit einem zeitgemäßen Twist, dazu zwei neue Stücke. Ihr Auftritt bei „Künstler gegen Aids“ ist der Beginn ihrer Deutschlandtournee. SIEGESSÄULE sprach mit Bandleader Eloy de Jong (Foto, Mitte) über Coming-out und Coming-back.

Eloy, in Teil eins deiner Popmusik-Karriere durftest du nur heimlich schwul sein. Wie hast du die wilden 90erJahre in Erinnerung? Das war verrückt. Ich hatte immer das Gefühl: Okay, ich bin sehr erfolgreich, aber wenn die Leute wüssten, wer ich wirklich bin, dann würden sie mich nicht mehr mögen. Mit diesem Gefühl bin ich auch groß geworden: Mein Vater war sehr homophob. Wenn im Fernsehen mal ein Schwuler vorkam, wurde er wütend und hat sofort umgeschaltet. Dann, mit zwölf, wollte ich unbedingt ein Popstar sein. Mein damaliger Manager sagte mal: „Bin ich froh, dass in meiner Band keine Schwulen sind.“ Und wieder dachte ich: „Verdammt.“ Ich habe mich immer gefühlt wie der Mann, der in Disneyland im MickyMaus-Kostüm rumlaufen muss. Ich war über-

FOTO: NICK VAN ORMONDT

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„Heute steckt viel mehr von mir in den Songtexten. Wie sich Beziehungen und Liebesschmerz anfühlen, merkt man erst mit den Jahren“

zeugt: Sobald die Leute unter meine Maske schauen, mögen sie mich nicht mehr. Klar, dass ich diese Tatsache für mich behalten habe. Auf Tour hatten wir immer eine komplette Hoteletage nur für uns. An den Aufzügen standen Sicherheitsleute, damit die Fans nicht in unsere Zimmer kamen. Es war absolut unmöglich, einen Liebhaber einzuschleusen. Das klingt ja furchtbar. Aber Popstar zu sein hatte sicher auch Vorzüge? Absolut. Mein Traum hat sich erfüllt, als ich noch ganz jung war: Ich bin um die Welt gereist, es gab Riesenkonzerte, Goldene Schallplatten, kreischende Fans … Andererseits: Während andere Jugendliche langsam eine Persönlichkeit entwickeln konnten, war ich in diesem Zirkus namens Boyband. Man gewinnt eine Menge, aber man verpasst auch viele Sachen. Jetzt, nach unserem Comeback, kann ich offen sein. Mit meinem Freund bin ich seit neun Jahren zusammen, wir haben eine Tochter, und unsere Fans mögen mich. Ich muss mich nicht mehr verstecken. Das ist fantastisch. Es bedeutet mir mehr als all unsere Hits. Ich habe gelernt stolz auf mich zu sein – auch jenseits des beruflichen Erfolgs. Auf eurem Album „Back for Love“ sind viele neue Versionen eurer großen Hits. Wie fühlt es sich an, diese Lieder nach 20 Jahren wieder zu singen? Als wir uns vor ein paar Jahren wiedergetroffen haben, ging es weniger darum, die Band zu vereinen – es war eher eine Therapie. (lacht) Wir konnten uns über alles austauschen, was wir so früh in unserem Leben durchgemacht haben. Dein Freund, deine Familie, sie können dir zwar zuhören und dich unterstützen, aber sie haben ja keine Ahnung, was für Erfahrungen wir damals gemacht haben. Die gemeinsamen Aufnahmen später waren großartig. Mein Partner und ich haben ein Ferienhaus in Deutschland. Dort haben uns Lee und Bastiaan besucht. Das Studio ist um die Ecke. Wir haben zusammen gewohnt und gekocht, wir haben am Lagerfeuer gesessen, Wein getrunken – und waren viel enger verbunden als damals in den 90ern. Wie unterscheiden sich die neuen Aufnahmen von den Versionen, die eure Fans noch genau im Ohr haben? Mir persönlich bedeuten die Texte heute viel mehr, einfach weil ich inzwischen mehr durchgemacht habe. Mit Anfang 20 kann man über Liebe singen, aber wie sich Beziehungen und Liebesschmerz anfühlen, das merkt man erst mit den Jahren. Heute steckt viel mehr von meinen Gefühlen in den Songs. Bei den Arrangements hat Christian Geller viel von dem 90erJahre-Sound bewahrt, sie aber gleichzeitig für die heutige Zeit aktualisiert. Und die beiden neuen Stücke sind einfach coole Dance-Tracks. Welcher der Songs passt am besten zu KÜNSTLER GEGEN AIDS? Unser größter Hit ist natürlich „Love is Everywhere“. Das wurde fast zur Hymne. Sobald der Song läuft, beginnen selbst die größten Caught-in-theAct-Hasser zu tanzen. Der Song ist heute sogar wichtiger als in den 90ern. Wenn du Zeitung liest oder die Nachrichten einschaltest – alles ist so verdammt negativ. „Love is Everywhere“ ist da eine gute Botschaft. Es bleibt für immer mein Lieblingslied. Interview: Joey Hansom

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Pack die Badehose ein Sommer 1990, WM in Italien, Deutschland im Fußballfieber. Die Zeitungen wettern gegen den niederländischen Abwehrspieler Frank Rijkaard. Der hatte im Achtelfinal-Match Rudi Völler bespuckt. Doch am 27. Juni wird „das WM-Lama“ aus den Schlagzeilen gedrängt: „Anne Momper schwamm mit AIDS-Kranken“, titelt die B.Z. mit Fotos aus der Charlottenburger Schwimmhalle. Solidarisch zog die damalige First Lady Westberlins ein paar Runden mit der Schwimmgruppe der „AG Berliner Positive“. Der SFB filmte für die „Abendschau“. „Mit so einem Medienecho hatte ich nicht gerechnet“, erinnert sich Anne Momper, diesjährige Preisträgerin des HIV Awareness Awards. „Das zeigte mir: Hoppla, da gibt es ein Problem mit der Wahrnehmung. Die Leute wissen nichts über die Übertragungswege von HIV.“ Zuvor hatte der Charlottenburger Sportstadtrat ein Badeverbot für Aidskranke verhängt. Das Bäderpersonal habe Angst vor Ansteckung – obwohl 1990 schon bekannt ist, dass HIV nur durch Blut und sexuelle Kontakte übertragen werden kann. „Das Verbot hat mich geärgert“, erinnert sich Anne Momper. „Wenn schon das Bezirksamt nicht in

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der Lage war, die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst aufzuklären, wie soll da erst der Wissensstand bei allen anderen besser werden, die über HIV nur in der BILD lesen?“ Allein für ihren Badeausflug im Juni 1990 hätte Anne Momper den HIV Awareness Award verdient. Damals tat sie genau das, was der 2015 von der Berliner Aids-Hilfe gestiftete Preis fördern will: Sie ging offen und menschlich um mit Leuten, die HIV haben. Aber die Demonstration mit den Freizeitschwimmern der Berliner Aids-Hilfe war nur ein winziger Teil von Anne Mompers Engagement für Menschen mit HIV und Aids. Schon kurz nach der Wahl ihres Mannes Walter zum Regierenden Bürgermeister im März 1989 begann ihr Einsatz für die Berliner Aids-Hilfe: Sie besuchte Krankenhäuser und sammelte Spenden. Im selben Jahr war sie Mitgründerin von „Zuhause im Kiez“, dem Wohnprojekt für Menschen mit HIV. „ZiK wurde immer mehr zu meinem Kind“, berichtet Anne Momper. „Damals gab es Wohnungsnot in Westberlin, so wie heute wieder. Ich hatte das Gefühl, dass dort mein Engagement viel mehr bringt als Besuche

in Krankenhäusern.“ BewerberInnen mit HIV hatten kaum Chancen auf dem angespannten Immobilienmarkt. Hier sprang das Wohn- und Pflegeprojekt ZiK ein. „Ich weiß noch genau, wie wir die tausendste Wohnungsvermittlung gefeiert haben“, sagt Anne Momper stolz. Mittlerweile betreibt ZiK 13 Anlaufstellen für betreutes Wohnen in Berlin. Im vergangenen Jahr hat sich Anne Momper leise aus allen Projekten zurückgezogen. „Ich bin jetzt im Ruhestand“, sagt die 72-Jährige und lächelt. Jetzt kümmert sie sich um ihre beiden Enkelkinder, vor allem um das zweite, das zu früh auf die Welt kam. Es ist wohlauf, aber die Großmutter nahm es als Zeichen: „Nach der Geburt dachte ich mir: Jetzt habe ich gerade keine Zeit für die Probleme anderer, sondern kümmere mich ganz um meine Familie.“ Nach einem Vierteljahrhundert Arbeit in der Aidshilfe hat dafür wohl jeder Verständnis.

Wer hat den HIV Awareness Award 2017 verdient? Senden Sie Ihre Vorschläge jederzeit an: jury@berlin-aidshilfe.de

FOTO: TANJA SCHNITZLER

Der HIV Awareness Award 2016 geht an Anne Momper für ein Vierteljahrhundert Einsatz zugunsten von Menschen mit HIV und Aids. Unvergessen: ihr demonstrativer Badeausflug nach Charlottenburg


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Gut beraten

© badahos/ fotolia

Die LOTTO-Stiftung Berlin unterstützte die Schwulenberatung Berlin gGmbH mit 576.000 Euro für den Ausbau und das Betreiben einer gemeinsamen Beratungsstelle für trans- und intersexuelle Menschen.


Seit fast 20 Jahren helfen die „Freunde im Krankenhaus“ HIV-PatientInnen beim Gesundwerden. Eine wichtiger Baustein: Jeden Sonntag verwandeln sie einen Besuchsraum des Auguste-Viktoria-Klinikums ins Café Viktoria

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„Zu Beginn waren die Besuche der ,Freunde im Krankenhaus‘ wie ein Tanz auf dem Vulkan“, erzählt Thomas Oh: „Es war eine Zeit, in der die Therapien gerade erst entwickelt wurden. Menschen lagen bis zu einem Jahr im Krankenhaus und viele sind gestorben.“ Als Krankenhausreferent der Berliner Aids-Hilfe gründete Thomas Oh damals mit Lars Vestergaard von Laustsen die Initiative „Freunde im Krankenhaus“, um an Aids erkrankte Menschen zu unterstützen. Die damals 16 Ehrenamtlichen besuchten dreimal die Woche PatientInnen in den HIV-Schwerpunktstationen des Auguste-Viktoria-Klinikums. Bis heute bilden die Besuche einen Gegenpol zum tristen Krankenhausalltag. Und vor allem: Die „Freunde“ haben mehr Zeit zum Zuhören, als sie ÄrztInnen und

FOTO: JACKIE BAIER

Kuchen macht gesund


Jeden Sonntag wird der Aufenthaltsraum 12 B zum gemütlichen Café umdekoriert. Es gibt Kaffee, Kuchen und Kultur. Sogar Musicalsänger Eric Lee Johnson ist hier schon aufgetreten

Pflegekräfte im stressigen Klinikbetrieb aufbringen können: Sie setzen sich ans Bett, spenden Trost und besprechen medizinische Belange auf einem für jedermann verständlichen Niveau. In den 90er-Jahren war Sterbebegleitung ein wichtiger Arbeitsbereich. „Es ging aber immer auch darum, Lebensfreude zu vermitteln“, erinnert sich Thomas Oh. „Das Leben, das noch da war, wurde zelebriert!“ Fünf Jahre zuvor hatte der Patient Hajo Neetzel eine ähnliche Idee: Seine Freunde Giuseppe Granito und Rolf Wagner gründeten nach seiner Vision das Café Viktoria: Bis heute wird jeden Sonntag der Aufenthaltsraum 12 B im Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum zu einem gemütlichen Café umdekoriert. Es gibt Kaffee und Kuchen, KünstlerInnen wie der Musicalsänger Eric Lee Johnson treten auf. PatientInnen, die sonst selten ihr Zimmer verlassen, bekommen die Möglichkeit, einander kennenzulernen und den Krankenhausalltag zu vergessen. Jene, die zu schwach sind, um das Zimmer zu verlassen, bekommen Besuch von den „Freunden im Krankenhaus“. Die organisieren inzwischen das Café Viktoria. Letztes Jahr feierte es 25-Jähriges. In den letzten 15 Jahren hat sich die Arbeit der „Freunde im Krankenhaus“ stark verändert.

HIV kann inzwischen gut behandelt werden. Der Hospiz-Aspekt ist in den Hintergrund getreten, nun geht es vor allem darum, die Menschen zu ermutigen. Gerade wenn HIV erst spät diagnostiziert wird, ist das Immunsystem extrem geschwächt (siehe Infokasten). Begleitende Infektionen reißen die PatientInnen aus Alltag und Arbeitsleben. Die „Freunde im Krankenhaus“ helfen dabei, durchzuhalten. Das ist nicht einfach. HIV ist noch immer ein Stigma. Viele Positive haben Angst vor Isolation. Hier springen die „Freunde im Krankenhaus“ ein: Bekommt jemand keinen Besuch, schauen sie auch außer der Reihe vorbei. Nach der Zeit im Krankenhaus informieren sie über Anlaufstellen und Angebote der Berliner Aids-Hilfe. Ehrenamtliche unterstützen frisch aus der Klinik Entlassene dabei, den Alltag zu meistern und wieder am kulturellen Leben teilzunehmen. Unter den heute 18 Ehrenamtlichen sind einige selbst HIV-positiv und waren dem Tod nah. Sie teilen ihre Erfahrungen und sind lebende Beispiele, wie gut man mit HIV leben kann. „Botschafter des Lebens“ nennt sie Thomas Oh. Was früher ein Tanz auf dem Vulkan war, ist heute ein Tanz zurück ins Leben geworden. Paula Balov

Späte Diagnose, unnötiges Leid Late Presenter: Viele Menschen mit HIV wissen gar nicht, dass sie positiv sind. Wenn sie ihr Testergebnis dann erhalten, ist die Infektion schon weit fortgeschritten. „Late Presenter“ heißt das in der Wissenschaft: Die Betroffenen werden zu spät behandelt. Die Folge sind schwere Erkrankungen wie Lungenentzündung aufgrund von Pilzbefall. Selbst wenn die Patienten unverzüglich mit der Therapie beginnen, drohen bleibende Schäden. Todesursache Aids: Trotz bester Behandlungsmöglichkeiten sterben in Deutschland jedes Jahr rund 500 Menschen an Aids. Unnötiges Leid: HIV-Therapien verhindern heute nicht nur den Ausbruch von Aids – das Virus verschwindet fast vollständig aus dem Körper. Je früher die Diagnose, desto besser. Spätdiagnosen verhindern: Viele Menschen fürchten die Diagnose HIV, weil sie die Vorurteile gegen Positive kennen. Andere trauen sich nicht zum Arzt, weil sie nicht versichert sind oder nicht gut Deutsch sprechen. Eine wichtige Aufgabe der Berliner Aids-Hilfe ist es daher, unterschiedliche Zielgruppen so anzusprechen, dass sie ohne Angst zum HIV-Test gehen.


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ALLE AKTUELLEN GALA-FOTOS: BRIGITTE DUMMER, SVEN DARMER, GUNDULA KRÃœGER, JASON HARRELL



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Hommage an Erika & Klaus Mann 28.10.–30.01.


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Im Knast zu sitzen ist eine harte Strafe. Für Menschen mit HIV ist die Zeit der Inhaftierung eine besonders große Belastung. Die Berliner Aids-Hilfe unterstützt sie auch hinter Gittern. Für die Häftlinge sind diese Begegnungen oft die einzige Verbindung nach draußen

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Gefängnisse sind keine Wohlfühlorte, auch nicht für jene, die nur zu Besuch dorthin kommen. Für Daniela Staack von der Berliner AidsHilfe bedeutet dies: arbeiten unter verschärften Bedingungen. Die Sozialarbeiterin berät Menschen in Haftanstalten, unterstützt von einem sechsköpfigen Team aus Ehrenamtlichen. „Sobald man die Gefängnispforte übertreten hat, ist man Bedingungen ausgesetzt, die nicht jeder ertragen kann und die psychisch sehr belastend sein können“, erzählt Daniela Staack. Denn in den Haftanstalten kann es nicht nur recht laut, ruppig und aggressiv zugehen. Wegen Personalmangels sind die Justizvollzugsbeamten oft überlastet. Nicht selten platzen Besuchstermine, oder es dauert Stunden, bis die ehrenamtlichen BegleiterInnen die Gefangenen endlich sehen können – um dann in engen Räumen, kaum größer als eine Abstellkammer, miteinander zu reden. Für die rund 20 HIV-positiven HaftinsassInnen und FreigängerInnen, die von der Berliner AidsHilfe derzeit betreut werden, sind diese Begegnungen oft der einzige Kontakt nach draußen.

FOTO: EMMANUELE CONTINI

Unter verschärften Bedingungen: HIV-Beratung im Gefängnis


„Mit Haftantritt brechen bei vielen auch die letzten Beziehungen ab“, erzählt Daniela Staack. Jede und jeder Einzelne hat seine eigene Geschichte und benötigt entsprechende Hilfe: vom Beistand bei Behördenangelegenheiten über die Beratung zur HIV-Therapie bis hin zur psychosozialen Unterstützung auch in der Zeit nach der Entlassung. „Die Menschen, die wir in Haft besuchen, bringen fast alle besondere Problematiken mit“, erklärt die Diplom-Sozialarbeiterin: Manche leiden an haftbedingten Depressionen, andere an schweren psychischen Erkrankungen. Frauen sind oftmals durch sexuellen Missbrauch und Gewalterfahrungen traumatisiert. Nicht zuletzt sind viele der HIV-positiven Gefangenen drogenabhängig. Die Betroffenen sitzen meist wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz oder wegen Beschaffungskriminalität. „Eigentlich gehören sie in eine therapeutische Einrichtung“, findet Daniela Staack. Offiziell ist Drogengebrauch in Strafvollzugsanstalten verboten, die Realität aber sieht anders aus. Die Plätze in einem Substitutionsprogramm, wo Ärzte einen Ersatzstoff wie etwa Methadon verschreiben, sind begehrt – aber nicht ausreichend vorhanden. Heroin und andere Suchtstoffe finden den Weg hinter die Gefängnismauern, saubere Spritzen hingegen seltener. Die Folge: Die benötigten Utensilien werden von mehreren Gefangenen gemeinsam verwendet. Auf diesem Wege werden Infektionskrankheiten wie Hepatitis C und HIV weitergegeben. Aber auch durchs Tätowieren, das oft mit selbst gebauten Instrumenten und unter wenig hygienischen Umständen durchgeführt wird, kommt es zu Infektionen; ebenso durch Sex unter den Männern. Theoretisch könnten Häftlinge Kondome über den Anstaltseinkauf beziehen, doch damit setzen sie sich der Gefahr aus, als schwul zu gelten und von ihren Mithäftlingen drangsaliert zu werden. Daniela Staack bringt deshalb bei ihren Besuchen in den sechs Berliner Justizvollzugsanstalten auch Kondome mit. Die Berliner Aids-Hilfe veranstaltet Workshops, unter anderem in Kooperation mit Experten der Berliner Drogenhilfe Fixpunkt sowie der Deutschen AIDS-Hilfe. Dort erfahren Häftlinge, wie sie Infektionsrisiken beim Drogenkonsum senken können. Aber auch das Gefängnispersonal wird geschult, um irrationale Ängste vor HIV abzubauen. Die Arbeit mit Inhaftierten ist für alle eine besondere Herausforderung, nicht zuletzt für die ehrenamtlichen BegleiterInnen. Obwohl es bisweilen an die Grenzen der Belastungsfähigkeit geht, der Einsatz von Daniela Staack und ihrem Team ist wichtig – nicht nur, um die Gefangenen psychisch und körperlich gesund zu halten und vor vermeidbaren Infektionen zu schützen: „Es geht auch darum, die Menschenwürde zu wahren“, betont Daniela Staack. Gerade in Haft ist dies ein besonders schwieriges Unterfangen. Eines habe sie aus den Biografien der Häftlinge, denen sie über die Jahre begegnet ist, gelernt: „Letztlich kann jeder von uns in die Situation kommen, ein Gefängnis von innen zu sehen. Manche haben vielleicht ein größeres Risiko als andere, aber manchmal braucht es nicht viel, damit ein Mensch mit einem Mal hinter Gittern landet.“ Axel Schock Dircksenstr. 48 Am Hackeschen Markt www.brillenwerkstatt.de Oranienstr. 32 und »Die Maske« Mehringdamm 66 Kreuzberg


Dreimal neunzig. Oder: Schluss mit Aids! Mit dem Programm „90 – 90 – 90“ wollen die Vereinten Nationen Aids-Erkrankungen bis 2030 aus der Welt schaffen. In Berlin soll es schon zehn Jahre früher so weit sein: Seit 2016 gehört die Stadt zu den „Fast-Track Cities“ Niemand soll mehr an Aids sterben müssen! Klingt wie ein naiver Kinderwunsch, ist aber eine kühle Rechenaufgabe der Vereinten Nationen. Ab dem Jahr 2030 soll es weltweit keine neuen AidsErkrankungen mehr geben. Die Formel dafür lautet „90 – 90 – 90“ und rechnet sich so: 90 Prozent der HIV-positiven Menschen wissen Bescheid, dass sie sich angesteckt haben. 90 Prozent von ihnen bekommen eine antivirale Kombinationstherapie. Die Medikamente wirken gut. Schon nach wenigen Monaten sind bei 90 Prozent der Behandelten keine HI-Viren mehr im Blut zu finden. Eine Übertragung von HIV ist höchst unwahrscheinlich. Kondom hin oder her. Die Anzahl neuer HIV-Infektionen wird so deutlich sinken. „Wir werden die Epidemie für immer beenden“, verkündete UNAIDS-Direktor Michel Sidibé vor einem Jahr optimistisch. Um das Ziel bis 2030 zu erreichen, so Sidibé, müssten allerdings

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alle Länder bei Prävention und Behandlung von HIV „auf die Überholspur“ wechseln. „Fast Track“ heißt der schnelle Autobahnstreifen auf Englisch. „Fast-Track Cities“ nennen sich mehr als 60 Großstädte weltweit, die das Ziel schon 2020 erreichen wollen, darunter Amsterdam, Athen, Buenos Aires und Mexiko-Stadt. Gegründet wurde die Initiative vor zwei Jahren in Paris. Seit Juli gehört auch Berlin zum Kreis der Metropolen, in denen es schon bald keine neuen Aids-Fälle geben soll. „Gemeinsam können wir in dem weltweiten Städtenetzwerk die Herausforderungen meistern und die schweren Folgen von HIV-Infektionen mildern“, betonte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller nach der Unterzeichnung. Verändert hat sich seitdem nichts. Kurz vor den Wahlen wollte sich in der zuständigen Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales niemand

mehr festlegen. Nun haben die BerlinerInnen gewählt und es kommt Bewegung in die Sache: Derzeit verhandeln SPD, Grüne und Linkspartei, welche Mittel aus dem Haushalt 2018/2019 in die Prävention und Behandlung von HIV fließen. Allzu weit ist Berlin von den drei 90-ProzentWegmarken gar nicht entfernt. 88 Prozent der HIV-positiven BerlinerInnen wissen von ihrer Infektion, so schätzt das Robert Koch-Institut (RKI). Andererseits stagniert die Zahl der Neuinfektionen seit Langem. Rund 400 sind es jedes Jahr in Berlin. 30 Menschen starben 2014 in Berlin an den Folgen von HIV. Im internationalen Vergleich ist das sehr wenig – aber „das Ende von Aids“ ist es noch nicht. Um im Zeitplan zu bleiben, muss sich der neue Senat ins Zeug legen. Platz eins ist in jedem Fall schon weg: Schweden erfüllt die „90 – 90 – 90“-Werte schon seit Ende 2015. Philip Eicker


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DE/HIV/0119/14(2)b; 10/2014

Mehr zu Mythen und Fakten auf: www.positiv-umdenken.info

Stand September 2015

Ist die Viruslast der einzige Parameter für den Therapieerfolg?

Keine echten Patientenbilder, keine vollständige Darstellung der gesamten HIV-Patientenpopulation.

www.nochvielvor.de


Diagnose dank Dolmetscher Eine frische HIV-Diagnose ist überwältigend und sitzt erst mal in den Knochen. Man versteht die Welt nicht mehr. Wie muss es erst sein, wenn man obendrein den Arzt nicht versteht? Um die Sprachlosigkeit zu beheben, vermittelt die Berliner Aids-Hilfe DolmetscherInnen an Menschen mit HIV oder Aids, die kein Deutsch oder Englisch sprechen. MigrantInnen in Not werden so besser aufgefangen, und HIV-Positive, die noch nicht in Deutschland sind, können in ihrer Muttersprache vorab Fragen klären wie: Welche Anlaufstellen gibt es? Wie bekomme ich meine Medikamente? Gilt meine Krankenversicherung auch in Deutschland? Jorge Aun (Foto) von der Berliner Aids-Hilfe berät seine KlientInnen nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Spanisch und Portugiesisch. Er begleitet PatientInnen zum Arzt, zur Ausländerbehörde oder betreut sie im Kranken-

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haus. „Betroffene, die eben erst ein positives Testergebnis bekommen haben, fühlen sich verloren“, berichtet er: „Selbst wenn sie ein bisschen Englisch oder Deutsch verstehen – bei einer Fremdsprache fehlt einfach die persönliche Ebene, die für die Betreuung notwendig ist.“ Die medizinische Auseinandersetzung kann ebenfalls zu kurz kommen. So passiert es, dass Betroffene nach einem Arztgespräch nicht genau wissen, wie sie ihre Medikamente einnehmen müssen. Neben Jorge Aun kann die Berliner Aids-Hilfe auf einen großen Pool von Sprachkundigen zurückgreifen, übersetzt wird unter anderem ins Polnische, Russische und Arabische. Meist erfolgt die Vermittlung über E-Mail. Die nächste Entwicklungsstufe: Im Rahmen des Projekts „Acampania“ lässt die Berliner Aids-Hilfe eine App entwickeln, mit der Interessierte noch leichter ÜbersetzerInnen finden können. „Diese zusätzliche Kontaktmöglichkeit zu schaffen ist

sehr wichtig“, betont Jorge Aun. „Gerade für junge Männer ist ein Besuch bei der Aids-Hilfe oft eine hohe Hürde. Eine App ist informeller: Ich habe eine Frage und kann sie sofort stellen.“ Jorge Aun hat durch seine Arbeit selbst miterlebt, wie Sprache verbindet. Einmal kam ein Brasilianer aufgelöst zu ihm, klagte über starke Schmerzen und war überfordert, da er nicht krankenversichert war. Am Ende stellte sich heraus: Die Ursache der Schmerzen war lediglich eine falsche Dosierung seiner HIV-Medikamente. Zudem hatte Jorge Aun eine beruhigende Nachricht für den Neuberliner: Es gab auch für ihn eine Möglichkeit, eine Krankenversicherung abzuschließen. „Das hat mir vor Augen geführt, welchen Unterschied Betreuung in der Muttersprache macht“, bemerkt Jorge Aun. „Ich konnte dadurch jemandem wirklich helfen. Und das ist Paula Balov wundervoll.“

FOTOS: TANJA SCHNITZLER, EMMANUELE CONTINI

Wenn Sprachkenntnisse fehlen, vermittelt die Berliner Aids-Hilfe ÜbersetzerInnen für den Besuch in Arztpraxis oder Krankenhaus. Erst die Beratung in der Muttersprache ermöglicht gute medizinische Versorgung


Offene Worte Sind beim Sex Drogen im Spiel, kommt es häufiger zu Infektionen. Eine Dragqueen und ein Arzt laden ein, darüber offen zu sprechen – in einem Nachtclub Ein junger Mann betritt die Bühne, ergreift das Mikro und erzählt von seinem Sex-Date. Das entwickelt sich unerwartet zur Sexparty, die Besucher „slammen“ Crystal Meth, das heißt, sie spritzen sich die Droge direkt in die Blutbahn – für den jungen Mann am Mikrofon ein Blick in eine für ihn bis dahin fremde Welt. Als er nach einigen Minuten von der Bühne geht, applaudieren die 50 Gäste des Kreuzberger Nachtclubs. Willkommen bei „Let’s Talk About Sex and Drugs“. Es ist die dritte Veranstaltung dieser Reihe. Das Konzept haben der Allgemeinarzt Martin Viehweger und Dragqueen Pansy Parker aus London importiert. Dort richtet es sich vor allem an schwule Männer, doch die beiden haben es bewusst für alle Geschlechter geöffnet. Es gilt das Prinzip des „offenen Mikrofons“. Das heißt: Wer möchte, darf ans Mikro. Das Ziel: ein sicherer Raum, wo Menschen vorurteilsfrei über ihre Erfahrungen mit Sex und Drogen sprechen können. Das ist oft schwierig in einer Szene, die lieber feiern möchte. Die Veranstaltung ist keine Therapie, sondern soll helfen die eigenen Erfahrungen überhaupt in Worte zu fassen. Danach könnte es leichter fallen, in Praxis oder Beratungsstelle um Rat zu fragen. Die Berliner Aids-Hilfe unterstützt die Reihe, denn HIV-Infektionen passieren häufig unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen. Gerade spricht eine Frau über ihre Erfahrungen mit sexueller Gewalt. Anfangs zurückhaltend, scheint sie von der Anteilnahme des Publikums ermutigt. Pansy Parker moderiert den zweisprachigen Salonabend schlagfertig, warmherzig und auf Englisch, Martin Viehweger auf Deutsch. „Pansy ist großartig mit ihrem Witz und ihrer Sensibilität“, sagt Martin Viehweger. „Sie engagiert die Leute und geht einfühlsam und kenntnisreich mit dem Thema um.“ Bald sollen Show-Einlagen, Drag-Auftritte und Musik die persönlichen Geschichten ergänzen. „Am Anfang hatte ich Zweifel, ob das in Deutschland laufen würde“, sagt Martin Viehweger, „aber unsere ersten Abende mit bis zu 70 Teilnehmern zeigen, dass es sehr gut angenommen wird.“ Pansy ergänzt: „Ein wichtiger Aspekt ist nicht nur das, was auf der Bühne geschieht, genauso wichtig sind die persönlichen Kontakte und Gespräche, die sich vorher und nachher ergeben.“ Das Ziel der Veranstaltung könnte man so beschreiben: Gemeinschaft statt Vereinzelung, Mitgefühl statt Jan Großer Scham als Weg aus der Abhängigkeit. nächster Termin 23. November, facebook.com/LetsTalkAboutSexAndDrugs


Katharine Mehrling steht auf fast allen Berliner Bühnen und engagiert sich im Kuratorium der Berliner Aids-Hilfe

Katharine, du hast gerade dein neues Soloprogramm in der Bar jeder Vernunft gespielt. Jetzt KÜNSTLER GEGEN AIDS – DIE GALA 2016. Was sind die nächsten Pläne? Direkt danach fliege ich nach Wien für die Wiederaufnahmeproben von „Evita“. Bis Ende Dezember werde ich dann im Ronacher als Eva Perón auf der Bühne stehen. Wenn ich im Januar zurückkomme, geht’s gleich weiter mit „My Fair Lady“ und „Ball im Savoy“, beides an der Komischen Oper. Du bist im Kuratorium der Berliner Aids-Hilfe. Wie kam’s? Ich wurde gefragt, und ich habe natürlich ohne zu zögern Ja gesagt, weil es mir ein persönliches Bedürfnis ist. Ich hab viele Freunde, die HIV-positiv sind, und ich möchte, dass es ihnen gut geht. Wenn ich dazu einen kleinen Beitrag leisten kann, macht mich das glücklich. Ich finde es wichtig, dass man Kunst und Kultur mit Helfen vereinbart. Das empfinde ich als meine Aufgabe. Du sammelst nach deinen Shows Geld für die BAH ... Ja, Judy Winter ist mein großes Vorbild. Sie sammelt nach jedem Auftritt. Das finde ich großartig! Deshalb mache ich immer eine persönliche Ansage. Das macht einen Riesenunterschied in der Sammelbox.

Das Publikum spürt, dass mir die Sache am Herzen liegt. Ich sammle oft auch selbst, dann kommt man mit dem Publikum ins Gespräch. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie großzügig und liebevoll die Leute reagieren. Nach so einem Konzert, wenn die Leute offen sind, wenn die Seele berührt ist ... dann öffnet man sein Herz und vielleicht auch die Brieftasche (lacht). Musik ist nun mal die universellste Sprache, sie geht direkt eine Etage tiefer. Du hast schon so viele tolle Rollen gespielt: Sally Bowles, Édith Piaf, Judy Garland ... Welche Figur fehlt noch? Mich interessieren die Frauenfiguren von Henrik Ibsen und Tennessee Williams. Ich würde wahnsinnig gerne mal eine Blanche DuBois in „Endstation Sehnsucht“ spielen oder eine Nora. Im Musical habe ich im Grunde genommen alles gespielt, was mich interessiert hat. Das, was mich jetzt reizt, ist Sprechtheater. Und ein neues Album mit eigenen Liedern. Du spielst ja schon im Renaissance Theater eine von mehreren SeniorInnen in „Ewig jung“. Ja, das läuft wahrscheinlich so lange, bis wir keine Maske mehr brauchen. (lacht) Interview: Frank Hermann

DAGM A R M A NZE L & DOMIN IQU E HORWIT Z IN

Die Perlen der Cleopatra O S C A R S T R AU S

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FOTO: ANDREA PELLER

Gala aus und alle Herzen offen




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