SIEGESSÄULE Gourmet 2018

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AUSGABE

2018

GOURMET

GENUSSGUIDE FÜR DAS QUEERE BERLIN



INTRO 3

Herzlich willkommen

Im Essen steckt viel Potenzial, unsere Stadt lebenswerter zu gestalten. Wie das gelingen kann, verrät uns Mary Scherpe von Stil in Berlin in unserem Expertinnen-Interview. Insbesondere das gute, alte Kreuzberg erfindet sich in diesem Sinne gerade mal wieder neu. Das Erfolgsrezept des neuen kulinarischen Hotspots: Weltoffenheit gepaart mit Kiezbezug. Ein ganz ähnlicher Trend lässt sich beim Getränkegenuss ausmachen – wie das Beispiel der Quartiermeister*in zeigt. Essen – und Trinken – verbindet eben. Skål, Santé und wohl bekomm’s wünscht deshalb Carsten Bauhaus, Gourmet-Redakteur

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Interview: Mary Scherpe Leibspeisen: Günther Krabbenhöft Nix wie raus: Holzmarkt Trendscout: Quartiermeister*in Trendscout: Tante Frizzante Trendscout: Weinbund Savoir-vivre: Suzette Savoir-vivre: L’Épicerie Leibspeisen: Romy Haag Hotspots Erlebnis: Zenkichi Augenschmaus: Multi-kulinarisch Leibspeisen: Suli Puschban Teststrecke: Jurassica im Kochhaus Rezept: Dorade

Foto: Lena Ganssmann

INHALT


4 INTERVIEW

Foto: Becca Crawford

„Es gibt noch Luft nach oben“

Zehntausende Follower können sich nicht irren: Seit 2010 betreibt Mary Scherpe den einflussreichen Internetblog Stil in Berlin. Carsten Bauhaus spricht mit ihr über den Berliner Food-Hype, den kulinarischen Auftrieb im alten Westen und den Feminist Food Club


INTERVIEW 5

Angefangen hast du vor zwölf Jahren als

tige Entwicklung zu fördern, die das Leben in

Modebloggerin, dann kam 2010 der

der Stadt auch wirklich besser macht, müsste

Schwenk zu Essensthemen. Berlin als Mode-

man gewisse Weichen stellen. Für kleinere

stadt ist ja inzwischen nicht mehr so das

Projekte und Kleinunternehmen – statt nur

heiße Eisen, die Foodszene dagegen boomt.

einen weiteren Google-Campus zu eröffnen.

Hast du auf das richtige Pferd gesetzt?

Und der Immobilienmarkt müsste in seine

Die Gastronomie ist tatsächlich die Szene, wo

Schranken gewiesen werden.

im Moment am meisten Bewegung, Energie

Die Preise ziehen überall merklich an. Kön-

und Progressivität zu finden ist: ein spannen-

nen sich die Berlinerinnen und Berliner die

des Thema, das gleichzeitig viele Menschen

Restaurantbesuche überhaupt noch leisten?

erreicht und betrifft. Es ist am einfachsten zu-

Kleine Restaurants, die nur wenige Plätze

gänglich, anders als andere Szenen wie Musik

haben und mit Bioprodukten arbeiten, müssen

oder Kunst. Außerdem kommen beim Essen

natürlich etwas teurer sein. Aber wir sollten

auch alle anderen Szenen zusammen.

definitiv darüber nachdenken, eine Foodszene

Es sind ja schon viele Säue durch Berlin ge-

zu fördern, die nicht nur für Besserverdie-

trieben worden. Die Stadt hat sich als Mode-

nende und gut betuchte Reisende da ist. Für

und Kunststadt versucht, jetzt als Food-Me-

mich gehört etwa dazu, dem Sterne-Fetischis-

tropole. Wird der Trend diesmal nachhalti-

mus nicht zu frönen. Im Essen steckt viel Po-

ger sein als die anderen?

tenzial, um eine Stadt lebenswerter zu machen.

Wir sind an einem Punkt, wo wir uns ent-

Wie kann man das Essen demokratisieren, also

scheiden müssen: Will man die Sau durchs

die Qualität für ganz viele Menschen steigern?

Dorf treiben, bis sie müde ist – und dann sucht

Wie schaffen wir, dass das, was wir hier essen,

man sich eine neue? Oder will man sich be-

auch in der Region angebaut wird? Hinzu kom-

mühen, die Szene zu unterstützen und zu

men Stadtgarten- und Nachbarschaftsprojekte.

pushen. Für engagierte Köche wird es immer

Das alles hat viel mehr Potenzial, die allge-

schwerer, Orte zu finden. Die Szene wird zu-

meine Lebensqualität in der Stadt zu verbes-

nehmend kommerzialisiert. Um eine nachhal-

sern, als die Kunst- und Modeszene.


6 INTERVIEW

Marys Entdeckung im ansonsten kulinarisch schwierigen Friedrichshain: Ramen im Hako

kumsmangel, sondern daran, dass deren Konzepte einfach nicht stimmen. Wenn ich daran denke, wie viele „Avocado auf Toast“-Angebote gerade aufmachen – dass es die in zehn Jahren nicht mehr gibt: geschenkt! Wenn man in den letzten Monaten von spannenden Neueröffnungen hörte, war das meist in ehemaligen Westbezirken. Ist der Osten tot? Mitte ist inzwischen sehr kommerzialisiert. Es ist einfach sehr, sehr teuer, dort etwas aufzumachen. Dass dort etwas wirklich InteressanKreuzberg oder Neukölln bieten da schon

Produkte. Im Moment wachsen auf den san-

bessere Möglichkeiten, auch wenn da die

digen Böden Brandenburgs ja köstlicher

Preise genauso steigen. Und mittlerweile ist

Spargel und saftige Erdbeeren. Aber sonst?

das Publikum auch bereit anzureisen. Für

Das ist ja der große Mythos: „Hier wächst

einen Ort, wo man sonntags gut frühstücken

nichts, deswegen müssen wir alles herschaf-

kann, nimmt man heute auch schon mal 45

fen.“ Klar kann man hier nicht ganzjährig Au-

Minuten Anfahrt in Kauf.

berginen oder Tomaten anbauen. Aber es gibt

Was macht eigentlich der Hype ums Street-

viele Biobauern und Initiativen, die man un-

food?

terstützen sollte, damit hier am Ende vielfälti-

Die Entwicklung ist dadurch eingeschränkt,

ger und nachhaltiger angebaut wird.

dass es Garküchen in Deutschland wegen der

Gibt es an manchen Ecken nicht ein Über-

Hygienevorschriften schwer haben und Food-

angebot? In den letzten zwei Jahren haben

trucks hier nur auf Privatgelände parken dür-

entlang der Potsdamer Straße mindestens

fen. Stattdessen versuchen Agenturen und

ein gutes Dutzend höherpreisiger Restau-

Corporates, Streetfood einzukaufen, um sich

rants eröffnet. Werden wir bald ein Restau-

einen hippen Anstrich zu geben. Das geht

rantsterben erleben?

aber in den meisten Fällen schief. Das, was

Nein, es gibt immer noch sehr viel Luft nach

man an Streetfood gut gefunden hat, findet

oben. Natürlich gibt es immer wieder Läden,

man dort nicht, sondern einfach nur einen

die im Hype aufmachen und schon nach

weiteren Foodcourt.

einem halben Jahr nicht mehr da sind. Das

Was war für dich die spannendste Neuent-

liegt aber nicht an einem potenziellen Publi-

deckung in der letzten Zeit?

Foto: stilinberlin

tes eröffnet hat, ist schon ’ne Weile her. Du erwähntest die Unterstützung regionaler


Meine letzte wirkliche Überraschung war das

szene erstellt. Ich hatte schon immer sowohl

Hako in Friedrichshain, einem Bezirk, mit

Interesse am Essen wie auch am Feminismus.

dem ich so meine Probleme habe und in dem

Bisher habe ich das nie zusammenbekom-

in den letzten zwei Monaten gleich zwei neue

men, aber mit dem Feminist Food Club ist das

Ramen-Läden aufgemacht haben – einer

endlich gelungen. Es gibt inzwischen eine Fa-

davon eher so Mittelmaß und der andere ist

cebook-Gruppe mit über 700 Mitgliedern und

eben das Hako: richtig intensive japanische

monatliche Treffen mit Workshops und Dis-

Nudelsuppen, ein paar Beilagen, dazu ein Bier

kussionsrunden.

Interview: Carsten Bauhaus

– perfekt! Du bist außerdem Mitgründerin des Feminist Food Club … Die Foodszene ist ja immer noch weiß, männlich, hetero und cis dominiert, deswegen haben wir eine Liste von Frauen* in der Food-

www.stilinberlin.de, auch auf Facebook, Instagram und Twitter Das vollständige Interview online auf siegessaeule.de


8 LEIBSPEISEN

Automatisch in Kontakt Er ist der It-Boy der Berliner Clubszene: Günther Krabbenhöft hat sich trotz jeder Menge Lebenserfahrung die Neugier auf Berlin bewahrt – sowohl innerhalb als auch außerhalb der hauptstädtischen Tanztempel. Erst seit Neustem verdient der „Hipster-Rentner“ sein Geld als Werbe-Ikone, davor verwöhnte er seine Kundschaft 50 Jahre lang als Koch. Ein Grund mehr, den eingefleischten Kreuzberger nach seinen kulinarischen Geheimtipps zu fragen Mein Stammladen ist das bekannte vietnamesische Restaurant Monsieur Vuong. Immer wenn ich in Mitte bin, schau ich hier vorbei. Ich liebe es, in diese lebendige Atmosphäre einzutauchen. Das Personal dort wechselt nicht andauernd und empfängt mich immer freundlich. Es geht alles sehr schnell, fast wie in einem Schnellrestaurant. Dabei ist das Essen dort immer gleichbleibend gut, über all die Jahre – was in einem In-Lokal ja nicht immer der Fall ist. Die Auswahl der Gerichte ist angenehm klein, die Produkte immer satt, ohne das Gefühl, sich den Bauch vollgeschlagen zu haben. Ein Essen, das für alle Tage passt. Die Einrichtung ist dabei angenehm spartanisch und nicht so überladen mit asiatischem Dekor. Und über der Tür natürlich das Monsieur Vuong Alte Schönhauser Str. 46, Mitte monsieurvuong.de

berühmte Jugendfoto vom Vater des Besitzers Dat Vuong. Oft schleppe ich Leute dort mit hin,

Fotos: privat, Hendrik Holler, Jungbluth

frisch, viel Gemüse und Kräuter. Man wird


LEIBSPEISEN 9 aber auch allein kann man dort gut essen,

ich, wenn wie hier die Karte übersichtlich

ohne dass man sich an einem Katzentisch

bleibt. Dann weiß ich, dass alles besser und fri-

abgesetzt fühlt. Wenn man einverstanden ist,

scher zubereitet wird. Ich nehme ja gerne mit

wird man mitten zwischen die Leute platziert

allen Sinnen wahr. Und hier stimmt einfach

– und das war bisher immer schön. Man

alles. Nicht nur dass es ausgezeichnet

kommt automatisch in Kontakt, da die Atmo-

schmeckt, es wird auch sehr ästhetisch ser-

sphäre sehr kommunikativ ist.

viert, auf schönem weißen Geschirr. Das ist auch was fürs Auge. Der Service hat alles

Das Jungbluth habe ich durch meine Steglit-

dabei im Blick, ohne nervig zu sein. Meine Be-

zer Freunde kennengelernt. Es ist natürlich

gleitung damals hatte viele Unverträglichkei-

weit weg von Kreuzberg, wo ich wohne. Und

ten, und sie haben sich viel Zeit genommen

auch weit weg von den „angesagten Pfaden“.

und große Mühe gegeben, auch auf das Unge-

In Steglitz trifft man eher ein bürgerliches Pu-

wöhnliche einzugehen.

blikum, keine Leute, die nur in Restaurants gehen, weil sie dort andere bestimmte Leute treffen – aber solche Läden ziehen mich ja eh nicht an. Als ich das erste Mal ins Jungblut kam, habe ich mich dagegen sofort wohl gefühlt. Es ist wie ein tolles großes Wohnzimmer, weder zu plüschig noch zu cool. Einfach eine tolle, geschmackvolle Atmosphäre. Serviert wird hier europäisch-deutsche Küche, modern interpretiert und angenehm leicht. Genau das, was ich immer vermisst habe. Ich war früher ja selber Koch, deswegen schätze

Jungbluth Lepsiusstraße 63, Steglitz jungbluth-restaurant.de


PatchworkFamilie

Foto: Katerschmaus

10 NIX WIE RAUS

Für einige ein kreatives Dorf, für andere in Architektur gegossener Berliner Hedonismus: Das Holzmarkt-Projekt bietet neben vielen anderen Attraktionen auch Gelegenheit zu kulinarischen Genüssen – und das direkt am Ufer der Spree

Als das frisch eröffnete Holzmarkt-Projekt im

die Tore aufgemacht und jeder kann rein.“

letzten Jahr zur Hafenparty des CSD auf der

Wer von der Holzmarktstraße auf das Gelände

Spree lud, haben viele das kunterbunte Areal

tritt, sieht einen bunt-chaotischen architekto-

in Friedrichshain zum ersten Mal erkundet.

nischen Mix aus Materialien und Farben. „Wir

Ältere Jahrgänge dagegen kennen den para-

funktionieren eben als Genossenschaft“, er-

diesischen Ort am Wasser noch als Bar25. Der

klärt Lotta. „Mal bekommen wir eine günstige

Holzmarkt ist quasi die erwachsen gewordene

Lieferung Wellblech, mal hat ein befreundeter

Version dieses legendären After-Hour-

Street-Artist eine Idee für ein Wandbild. Wir

Techno-Clubs der 00er-Jahre. Nicht wenige

sind alle sehr mannigfaltig, so gestaltet sich

preisen das Projekt als gelungenen Versuch,

auch der Holzmarkt wie ein Patchwork.“

der allgegenwärtigen Gentrifizierung etwas

Neben dem Club Kater Blau, dem Artisten-

entgegenzusetzen. „Alle reden immer über

haus, einer Kita und vielen anderen Projekten

eine Vision“, erzählt hingegen Mitgründerin

gibt es hier vor allem auch jede Menge Gele-

Lotta. „Aber alles ist immer aus einem eigenen

genheit, leiblichen Genüssen zu frönen.

Bedürfnis heraus entstanden. Wir wollten ein-

„Grundidee des Holzmarkts ist ja, das freie, of-

fach einen Ort schaffen, wo wir uns selbst

fene Leben an sich zu feiern und sich dabei zu

wohl fühlen. Schon in der Bar25 war ja alles

begegnen. Und da gehört Essen und Trinken

im Ansatz vorhanden. Heute haben wir nur

natürlich dazu“, findet Lotta. So werden in den


NIX WIE RAUS 11 Bars Pampa und Spreelunke neben selbstge-

in der Berliner Szene verwurzelt ist, merkt

brauten Craft-Bier auch Burger und Pizza ser-

man an vielen kleinen Details: Angeboten

viert, Letztere nach original toskanischem

wird gefiltertes, mit Kohlensäure angereicher-

Rezept. Auch bei der Gastronomie bewährt

tes Berliner Leitungswasser, die stillen Ört-

sich dabei das Netzwerk, das in vielen Jahren

chen sind als Unisex-Toiletten gestaltet. Und:

um den Club herum gewachsen ist. Sarah

die Kellnerinnen und Kellner sind hier wahr-

Klausen von der Patisseriemanufaktur etwa

lich nicht auf den Mund gefallen. Der hintere

hat in der Küche der Bar25 angefangen, ähn-

Teil des Restaurants, der bisher nur zum

lich wie Markus Schweins vom Weinladen am

günstigeren Lunch geöffnet war, bietet nun

Holzmarkt, der früher mal bei der Büroarbeit

auch abends Küche für den kleineren Geld-

half. „Wir sind eben ein sehr anhänglicher Be-

beutel. „Viele unserer Gäste sind junge Leute

trieb“, lacht Lotta. Das kulinarische Herzstück

aus dem Club“, weiß Lotta. „Die Idee ist ja, dass

des Holzmarkts ist definitiv der Katerschmaus.

sich hier alle mischen – und sich hier auch

Auch Küchenchef Hayk Seirig ist ein Bar25-

diejenigen wohl fühlen, die in andere schicke

Urgestein und war von Anfang an mit dabei:

Restaurants nicht gehen würden. Deswegen

„Wir sind da nicht dogmatisch, aber wir versu-

machen wir das Ganze: um zusammen abhän-

chen Produkte aus der Region zu verwenden“,

gen zu können.“ Gelegenheit, den quirligen

erzählt er – „was bei der Größe des Restau-

Ort am Wasser zu erkunden, gibt es im Som-

rants nicht immer einfach ist. In der Saison

mer zuhauf. Am 27. Juli etwa lädt „Goys ’N’

konservieren wir auch – wie zum Beispiel

Birls“ zusammen mit dem „GMF“ zur Pre-CSD-

Rhabarber oder auch Misteln, die wir dann das

Party in den Kater Blau.

Carsten Bauhaus

ganze Jahr verwenden.“ Die neue, naturnahe Ufergestaltung macht es möglich, dass man im Katerschmaus ein Vier-Gänge-Menü direkt am Wasser genießen kann. Dass der Laden tief

Holzmarkt Holzmarktstr. 25, Friedrichshain www.holzmarkt.com


12 TRENDSCOUT

Anders trinken Alleine trinken macht einfach keinen Spaß. Innovative Getränkekonzepte setzen deshalb heute neben Produktqualität vor allem auf das soziale Drumherum. Das fängt bei kreativen Verköstigungen an und geht bis hin zu Unterstützung von Kiez-Initiativen und Geschlechtervielfalt. Das beste Beispiel hierfür: das Quartiermeister*in-Bier

Konsumieren und dabei Gutes tun? Die Idee

den Traum einer gerechten Wirtschaft, enga-

mag wie eine scheinheilige Charity-Kampa-

giert sich für die Nachbarschaft und setzt auf

gne eines Großunternehmens klingen, doch

Nachhaltigkeit und Transparenz. Pro Liter flie-

Fehlanzeige! Bei Quartiermeister wird Bier im

ßen zehn Cent zurück ins Gemeinwohl.

wahrsten Sinne des Wortes zum sozialen Ge-

Doch damit nicht genug! Die Biermarke kann

tränk. Was 2010 als Berliner Verein begann,

nicht nur ein interkulturelles Kiezfest oder

der durch Bierverkauf Kiez-Initiativen unter-

ein Kindertheater Wirklichkeit werden lassen,

stützte, wuchs zum Social Business heran.

sondern auch gegen Diskriminierung sensibi-

Heute ist Quartiermeister ein Unternehmen

lisieren: Unter dem Motto „Gleiches Bier für

mit Standorten in Berlin und Sachsen sowie

alle“ rief Mitbegründerin Lisa Wiedemuth

einem dazugehörigen Verein. Dieser agiert

2017 Quartiermeister*in ins Leben. Die Kam-

unabhängig und vergibt die Fördergelder.

pagne setzte ein Zeichen für Geschlechter-

Quartiermeister kann sich dreier eigener Bier-

vielfalt und klärte über Sexismus in der Bier-

sorten rühmen. Der Klassiker: ein leichtes,

werbung auf. Etiketten, Plakate, Bierdeckel

süffiges Pils, außerdem ein Bio-Pils mit hopfig-

und Sticker wurden zum Großteil um ein

fruchtigen Noten. Seit November letzten Jah-

weibliches Gesicht und die Schreibweise mit

res ergänzt ein Rotbier das Sortiment: Spezial-

dem Gender-Sternchen ergänzt. Inzwischen

malze sorgen für die kupferrote Farbe und

ist die Etikettierung komplett auf Quartier-

den malzigen Geschmack. Wo andere Unter-

meister*in umgestellt worden. „Wenn Frauen

nehmen expandieren, ausbeuten und auf Pro-

in der Bierwerbung auftauchen, dann meist

fitmaximierung aus sind, lebt Quartiermeister

als Deko oder Servierkraft“, erklärt Lisa Wie-

Foto: Quartiermeister*in

Lisa Wiedemuth im Kreuzberger Büro der Quartiermeister


TRENDSCOUT 13 demuth. „Es gibt zwar vereinzelt gute Ansätze,

shop-Workshop lernten Mädchen Körperbil-

doch das Hauptproblem ist: Es besteht keine

der in der Werbung zu hinterfragen und orga-

Sanktionsgewalt, und sexistische, kontroverse

nisierten eine eigene Ausstellung. Der nächste

Werbung zieht viel Aufmerksamkeit auf das

Meilenstein ist schon geplant: Raus aus der Ni-

Produkt!“ Um dem Thema gerecht zu werden

sche! „Jetzt ist der Zeitpunkt, wo sich ein Un-

und einen Diskurs anzuregen, holte sich das

ternehmen normalerweise Investoren holt,

Unternehmen AktivistInnen und Kooperati-

um stabil zu sein“, erklärt Lisa Wiedemuth.

onspartnerInnen wie Pinkstinks und Berlin

„Doch das entspricht nicht unseren Grundsät-

Werbefrei mit ins Boot und setze einen Blog

zen. Deswegen sind wir dabei, eine Crowdfun-

auf: Hier nahmen AutorInnen die Geschlech-

ding-Kampagne zu launchen: Lasst uns

terstereotype genau aufs Korn und diskutier-

sozialen Konsum zu etwas machen, das noch

ten den täglichen Einfluss von Werbebildern.

viel mehr Menschen erreicht!“ Im Juni soll die

Für Quartiermeister*in wurde eine Sonderför-

Crowdfunding-Kampagne online gehen, das

derung ausgeschrieben, die an Schilleria ging

Ziel: 40.000 Euro.

Paula Balov

– ein Empowerment- und Freizeitprojekt für Mädchen in Neukölln. Durch einen Photo-

www.quartiermeister.org


14 TRENDSCOUT Weniger Mainstream, mehr Geschmack: Unter diesem Motto versucht der Neuköllner Getränkeladen Tante Frizzante den Trend Better Drink voranzutreiben. Geschäftsführer Andreas Diermeier entwickelt viele kreative Ideen für den Trinkgenuss und den Neuköllner Kiez – und schmeißt sich für die gute Sache auch schon mal in den Fummel

Hunderte verschiedener Biere, Weine und

„48 Tunten Neukölln“ im letzten Jahr: Der

Getränkeempfehlungen, regelmäßige Verkös-

„Getränkebotschafter des Genusses“, Andreas

tigungen und Bier-Tastings gehören dazu.

Diermeier, hat sein Lastenfahrrad gut be-

Aber auch das Engagement für den Kiez.

stückt. Von der ausklappbaren Pop-up-Bar aus

Neben dem Laden lag ein ungenutztes Stück

Limos sehen, sind sie erst einmal überrascht – und vor allem überfordert.“ Deswegen sind Beratung, Kommunikation und Kreativität gemuss man was bieten, den Laden lebendig halten“, weiß Andreas. Gezielte Beratung und

schenkt er aufgefummelt die Sonderedition Prosecco namens „Tunte Frizzante“ aus. „Die Flasche mit dem pinken Label ist auch heute noch einer unserer Renner!“, erzählt der heterosexuelle Neuköllner. Selbst in sehr kleinen Stückzahlen ist der „Berlin.Pro.Secco“ übrigens auch mit eigenem, personalisiertem Label zu bekommen. „Die Kundinnen und Kunden müssen nur das PDF mit dem Design mitbringen, dann drucken wir das Etikett im Laden selbst.“ Die

Grün, das vom nahen Friedhof verwaltet wird.

firmeneigenen Lastenräder kann man darü-

Mit gesammelten Spendengeldern und frei-

ber hinaus ausleihen und kann ausgestattet

willigen Helfern wurde die Brachfläche zu

mit Grill und Getränken zu einem flamboyan-

einem kleinen urbanen Paradies umgestaltet.

ten Picknick auf dem nahen Tempelhofer Feld

Ein Gemeinschaftsprojekt, das dann vielleicht

aufbrechen. An kreativen Ideen mangelt es

auch den qualitätvollen Trinkgenuss voran-

den „Tanten“ nicht. Als die coolen Jungs aus

bringt. Andreas Diermeier ist da zuversicht-

Neukölln vor dreieinhalb Jahren als Querein-

lich: „Better Drink wird bald ein ähnlicher

steiger anfingen, brachten sie zwar wenig Er-

Hype wie Better Food, Bio oder Vegan.“

Carsten Bauhaus

fahrung, dafür aber großen Enthusiasmus mit. Inzwischen haben sie gelernt: Das Konzept, intensiven Geschmack jenseits des Mainstreams zu bieten, ist wahrlich kein Selbstläufer. „Wenn Leute in den Laden kommen und

Tante Frizzante Hermannstr. 95, Neukölln www.tantefrizzante.com

Fotos: Tante Frizzante, Weinbund

fragt. „Um ein neues Bewusstsein zu schaffen,


TRENDSCOUT 15 Der Weinbund vereint neun Berliner Weinhändler, die sich für die Förderung einer nachhaltigen Weinkultur engagieren. Für alle Freundinnen und Freunde von perlendem Prickelwasser planen sie einen alles entscheidenden Termin Auch der Weinbund weiß, dass selbst der beste Wein allein genossen wenig Freude bereitet. Jedes Jahr Ende Mai laden die Mitglieder des-

stehen 30 verschiedene Sekte, Perlweine, Crémants und Champagner in Weiß und Rosé. Standfestigkeit ist also gefragt. Sekt in the City 16. 09., 11–19 Uhr Schmelzwerk in den Sarotti-Höfen Mehringdamm 55, Kreuzberg weinbund2berlin.squarespace.com

halb zu einem Wein-spezifischen Kino-Event inklusive Weinprobe ein. Noch prickelnder aber wird der kommende Herbst-Termin: Sonntag, den 16. September sollte man sich schon mal rot im Kalender anstreichen – um dann bei „Sekt in the City“ seinen zukünftigen Lieblings-Schaumwein zu küren. Zur Auswahl

Wie jedes Jahr haben die Mitglieder gemeinsam einen Wein ausgesucht, der bei allen neun Partnern zum gleichen Preis angeboten wird. Die Bedingung: ein besonders attraktives Verhältnis von Preis und Genuss – wie beim 2016er Clos Val Bruyère vom Château Barbanau


Foto: privat

16 SAVOIR-VIVRE

Ein Hauch von Bretagne Olivier und Damien haben sich vor ein paar Jahren von ihrem stressigen Pariser Leben verabschiedet, um ihr Glück im lässigen Berlin zu versuchen. Mit ein paar bretonischen Rezepten und viel Kreativität im Koffer hat das französische Paar die kleine Crêperie Suzette als kulinarischen Nachbarschaftstreffpunkt erfolgreich etabliert Ihr habt beide eure gut bezahlten und

nossen. Im Vergleich mit Paris ist Berlin eine

sicheren Jobs als Ingenieur und Werbe-

stressfreie Stadt, die Leute sind ziemlich lässig.

berater aufgegeben, um ein bretoni-

Wir waren traurig, nach Paris zurückkehren

sches Restaurant in Berlin aufzu-

zu müssen, und haben dann jedes Jahr Urlaub

machen. Was hat euch an Berlin so gut

in Berlin gemacht.

gefallen?

Wie seid ihr dazu gekommen, euch auf

O.: Wir hatten uns Berlin lange als kalte und

Galettes und Crêpes zu spezialisieren?

graue Stadt vorgestellt – bis wir vor zehn Jah-

O.: Ursprünglich wollten wir Torten anbieten.

ren hier Urlaub gemacht haben. D.: Es war im

Ich habe meinen Job aufgegeben und eine

Sommer, wir sind Rad gefahren, haben in

Ausbildung zum Konditor gemacht, mit der

Seen gebadet, und verglichen mit Paris sind

Idee, eine „Tarterie“ in Berlin zu eröffnen. Da

wir auch viel ausgegangen. Die Berliner Gay-

wir aber befürchteten, mein Diplom könnte

Szene ist sehr freundlich und feierlustig. O.:

möglicherweise hier in Deutschland nicht an-

Wir haben das Freiheitsgefühl besonders ge-

erkannt werden, haben wir uns stattdessen


SAVOIR-VIVRE 17 für eine Crêperie entschieden. Wir haben das

französische Köstlichkeiten wie „Frangipane“

Handwerk ein paar Monate lang bei Pariser

(Mandelcreme) oder Milchkonfitüre. D.: Un-

Freunden gelernt und sind dann 2012 nach

sere Küche ist naschhaft, großzügig, unkom-

Berlin umgezogen. Ein Jahr später haben wir

pliziert und nicht teuer. Die Berliner denken

Suzette aufgemacht. D.: Wir leben in Prenz-

oft, dass französische Restaurants besonders

lauer Berg und haben die Crêperie gezielt hier

schick und teuer sind. Bei uns sind die Gäste

im Kiez eröffnet, weil wir uns als familiäres

deswegen oft positiv überrascht.

Restaurant verstehen. Hier gibt es ja sehr viele

Welche Pläne habt ihr für die Zukunft?

Familien, darunter auch viele französische Fa-

O.: Wir möchten eine schwule Kneipe eröff-

milien, die uns regelmäßig besuchen.

nen, sind aber immer noch auf der Suche

Was ist das Besondere an Suzette?

nach einem passenden Ort in Prenzlauer Berg.

O.: Aus kulinarischer Sicht sind unsere „Galet-

D.: Im Norden Berlins passiert gerade nicht

tes“, also herzhafte Pfannkuchen, besonders

viel, mehrere schwule Kneipen haben in den

„kraz“. Das heißt „knusprig“ auf Bretonisch.

letzten Jahren dichtgemacht. Hier gibt es also

Neben Klassikern haben wir eine saisonale

noch viel Potenzial. Wir möchten ein Nachtlo-

Karte, die alle zwei Wochen wechselt. Gerne

kal mit Electro-Musik und Darkroom nach

wandle ich auch traditionelle französische Ge-

dem Vorbild der Tom’s Bar in der Motzstraße

richte, die ich zu Hause koche, in Galettes um.

eröffnen – für diejenigen, die weit weg von

Die Galette ist ja im Prinzip wie ein ausgeroll-

Schöneberg wohnen.

tes Baguette auf einer Herdplatte: Man kann

Interview: Annabelle Georgen

alles drauftun! Wir haben zum Beispiel Galettes mit Enten-Confit, „Pommes Salardaises“ und Rotweinsoße. Was die süßen Eierkuchen „Crêpes“ angeht, bieten wir auch typische

Suzette Pappelallee 15, Prenzlauer Berg www.suzetteberlin.de


Voilà

Fein, aber nicht überkandidelt: Die L’Épicerie auf der Brunnenstraße ist die Berliner Version eines französischen Feinkostladens. Jean-Michel Daubet versprüht hier seinen Pariser Charme „für den ganz normalen Gourmet“

Neben dem richtigen Esprit bringt Jean-Michel

dem nicht gewohnt, viel Geld für Lebensmittel

vor allem jede Menge Erfahrung mit: Zehn

auszugeben. Gerade in Mitte und Prenzlauer

Jahre lang hat er als Lebensmitteleinkäufer

Berg aber wohnen viele Berlinerinnen und

gearbeitet, bevor er den hell und modern ein-

Berliner mit ausländischen Wurzeln. Sie ma-

gerichteten Laden an der Mauergedenkstätte

chen den Großteil der Kundschaft aus, allen

in Mitte eröffnete. Inzwischen verwöhnt er

voran natürlich die Expat-Gemeinde aus

BerlinerInnen hier mit über 2.000 mediterra-

Frankreich. Hinzu kommen diejenigen, die

nen Produkten, darunter allein hundert ver-

bei längeren Auslandsaufenthalten eine ge-

schiedene Weine. Einige, aber längst nicht alle

nussvollere Lebensart schätzen gelernt haben.

der Feinkostspezialitäten kommen aus Frank-

Damit keine oder keiner von ihnen die Katze

reich. Das frische Obst und Gemüse bezieht er

im Sack kaufen muss, lässt sie Jean-Michel

am liebsten von hiesigen ProduzentenInnen.

seine Spezialitäten auch gerne erst einmal

Und: „Entscheidend für meine Auswahl ist das

probieren. Die Vorlieben seiner Kundschaft

Preis-Leistungs-Verhältnis“, erzählt Jean-Mi-

hielten dabei für Jean-Michel durchaus auch

chel. „Sardinen aus Portugal kosten nur etwa

die ein oder andere Überraschung bereit:

die Hälfte, aber die Qualität ist die gleiche.“ So

„Mitte gilt ja eigentlich als ein Paradies für

können auch die preissensiblen Berlinerin-

Veganer. Aber alle unsere Renner sind nicht-

nen und Berliner „täglich fein essen“, wie es

vegan: Am häufigsten kaufen die Leute bei

der Slogan verspricht. „Berlin ist ja eher ein

uns Wurst, Käse und Dosenfisch.“

schwieriger Markt für Feinkost, es ist immer noch eine relativ junge Stadt mit eher niedrigen Einkünften“, weiß Jean-Michel. Anders als in Frankreich ist man in Deutschland außer-

Foto: L'Épicerie Brunnenstraße

18 SAVOIR-VIVRE

Carsten Bauhaus L’Épicerie Brunnenstraße 49, Mitte lepicerie-brunnenstrasse.de



20 LEIBSPEISEN

Guter Überblick Wer wüsste in der Gastronomie besser Bescheid als die Sängerin und Schauspielerin Romy Haag? In den 70ern betrieb sie doch mit dem Chez Romy Haag den angesagtesten Nachtclub West-Berlins. Noch immer tritt sie mit eigenen Bühnenprogrammen auf. 1997 wurde die Charlottenburgerin außerdem mit dem Special Teddy Award für ihr filmisches Lebenswerk ausgezeichnet Das Grosz ist eines der schönsten Restaurants

ich mich über die Küche beklagen müssen.

auf dem Ku’damm. Seit der Eröffnung gehe

Sie servieren französische Speisen, wunder-

ich regelmäßig dorthin. Betrieben wird es von

bar altmodisch à la carte. Wichtig ist mir aber,

den Besitzern des Borchardt am Gendarmen-

dass sie bei der Bestellung auch gerne Ände-

markt. Die Einrichtung erinnert mich ein biss-

rungen aufnehmen. Oft bekommt die Dinge ja

chen an den Börsencrash und die Weltwirt-

leider nur genau so, wie sie auf der Karte stehen. Dort aber ist der Service exzellent, so wie in einem Fünf-Sterne-Hotel. Sehr gerne esse ich das Tatar vom Thunfisch. Aber auch die Salate sind toll. Sogar eine eigene Patisserie haben sie dort! Da kann man leckeres Landbrot vorbestellen, das man dann anschließend gleich mitnehmen kann. Ich wo ich einen guten Überblick habe. Und im Sommer gerne auf der wunderbaren Terrasse im Hof. Aber das Tollste

schaftskrise in den 20er Jahren: Wenn man

am Grosz ist, dass man dort Ruinart-Rosé-

ganz nah an die üppigen Wanddekorationen

Champagner im Glas bestellen kann – Ruinart

rangeht, merkt man, dass alles aus Plastik ist –

ist schließlich das älteste noch aktive Champa-

aber eben sehr gut gemacht! Noch nie habe

gnerhaus!

Fotos: jackielynn, Restaurant Grosz

sitze am liebsten ganz hinten im Raum,


LEIBSPEISEN 21

Erst seit etwa einem Jahr gibt es in unserem „Chinatown“ auf der Kantstraße das Kim’s Ha, ein sehr nettes, kleines, einfaches vietnamesisches Restaurant. Da ich dort in der Nähe wohne, habe ich es gleich entdeckt. Kim, die Chefin, macht dort alles selbst. Mit viel frischen Gemüsen und Kräutern. Auch herrlichen geräucherten Tofu gibt es. Und für die Fleischesser leckere Ente kross. Ich liebe den Tee dort, der mit frischen Ingwer, Pfefferminz und Zitrone zubereitet wird – im Winter ganz wichtig! Im Sommer dagegen, wenn es sehr heiß ist, sitzt man draußen ideal, auf der schattigen Seite der Kantstraße. Aber auch drinnen sitzt man gut, es ist schön eingerichtet. Einfach eine angenehme Atmosphäre. Dort habe ich meine Ruhe und lese gerne meine Zeitung. Oder ich treffe dort Bekannte zu Besprechungen. Das Publikum kommt hauptsächlich aus der Nachbarschaft, dazu vielleicht noch Laufkundschaft, die von der nahen Messe vorbeikommt und es entdeckt. Zum Glück ist es noch nicht so überlaufen – und ich hoffe, das bleibt auch nach diesem Artikel so …

Grosz Kurfürstendamm 193/194, Charlottenburg grosz-berlin.de Kim’s Ha Kantstraße 87, Charlottenburg kims-ha.de


22 HOTSPOTS

Foto: Katerschmaus

Auf einen Blick: die SIEGESSÄULE Gourmet-Partner stellen sich vor

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Geschäftsführung: Gudrun Fertig, Manuela Kay (V. i. S. d. P.) Redaktion: Carsten Bauhaus Grafik und Layout: Mario Olszinski Anzeigen: Michael Scheitle, Tel.: (030) 23 55 39-24, Matthias Reetz (16), Anna Reinker (-12), Ralf Eifridt (14) Druck: Möller Druck u. Verlag GmbH, Zeppelinstr. 6, 16356 Ahrensfelde Auflage: SIEGESSÄULE Gourmet ist eine Beiklebung der SIEGESSÄULE Juni 2018 (mind. 53.000 Auflage), plus Fortdruck von 2.000 Exemplaren Coverfoto: Lena Ganssmann Copyright: Special Media SDL GmbH Alle Rechte, auch auszugsweiser Nachdruck, vorbehalten. Für unverlangt eingesandte Bilder und Texte wird nicht gehaftet. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der Nachdruck von Texten, Fotos, Grafik oder Anzeigen ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages möglich. Gerichtsstand ist Berlin.


26 ERLEBNIS

Sanft abgetaucht

Foto: Boaz Arad

Konnichiwa, Berlin! Das Zenkichi versteht sich als japanische Botschaft, in der man der mannigfaltigen Kultur des fernöstlichen Landes begegnen kann. Ein Besuch in dem stimmungsvollen Restaurant in Mitte wird zum Eintauchen in eine andere Welt – auch, aber nicht nur kulinarisch

Schon zu Beginn ist man irritiert: Ins Zenkichi

Ambiente im Zenkichi wohl als ein nächtli-

geht es zunächst ein paar Stufen runter. Muss

cher Zen-Garten beschreiben. Trittsteine mar-

ich tatsächlich in den Keller, um gut essen zu

kieren kleine gewundene Pfade zwischen

gehen? Unten angekommen, dann die Überra-

dunkel glänzenden Kieselsteinen. Geführt

schung: Vor einem tut sich eine ganz eigene

wird man von der freundlichen Japanerin, die

Welt auf, deren Eindrücke sich nur schwer

uns am Empfang würdevoll begrüßt hat.

einordnen lassen. Am ehesten lässt sich das

Glücklicherweise, denn eine Orientierung in


ERLEBNIS 27

diesem stimmungsvoll beleuchteten Zauber-

das Design als auch für das Küchenkonzept

garten scheint unmöglich. Raumhohe

verantwortlich. Wer bisher unter japanischer

Bambusse und Spiegel stiften zusätzlich

Küche vor allem Sushi verstand, wird hier von

Verwirrung. Für mich bedeutet dieser erste

der Vielfalt der Geschmackswelten überrascht.

Besuch im Zenkichi einen doppelten Orientie-

So findet sich etwa im Quartett des „Raw Tas-

rungsverlust. Dieses Restaurant kannte ich. Al-

ting“ neben Fisch auch hausgemachtes einge-

lerdings nicht aus Berlin, sondern von einem

legtes Topinambur, dessen frische Knackigkeit

früheren Besuch in Brooklyn. Tatsächlich ist

von japanischem Essig umspielt wird. Als eine

die Berliner Version eine fast originalgetreue

Art Einführung in die feinen Genüsse Nippons

Kopie des ursprünglichen Zenkichi, das 2006

bietet das Zenkichi das achtgängige Probier-

in New York eröffnete. Der kreative Kopf

Menü für 65 Euro an. Hier finden sich etwa

neben dem Geschäftsführer Shaul Margulies

Tempura von Fisch und Gemüse oder saftige

ist seine japanische Frau Motoko Watanabe.

Rippchen vom Wagyu-Rind – nicht zu verges-

Die gebürtige Tokioerin zeichnet sowohl für

sen zum Abschluss das cremige Parfait aus


28 ERLEBNIS

schwarzem Sesam und Schokolade. Wer

konzentriert man sich gerne auf das Essen

möchte, kann seine Geschmacksnerven zu-

und seine Begleitung, deswegen gibt es im

sätzlich mit einer passenden Sake-Begleitung

Zenkichi keinen großen Gastraum, sondern

reizen. Schon am Eingang hatte uns eine

viele kleine „Abteile“. Die Intimität und das

raumhohe Glasvitrine mit den 40 unterschied-

Gefühl, in einer abgeschlossenen kleinen Welt

lichen Sake-Sorten überrascht. Dass der Reis-

zu sein, schärft auch unsere Konzentration und Sinne – ganz abgesehen davon, dass hier unten der Handyempfang nicht funktioniert. Nach vorne abgeschlossen ist unser kleines Reich durch ein Bambusrollo. Jedes Mal wenn die Kellnerin erscheint, muss sie es zunächst mit eingeübten Bewegungen nach oben bugsieren. Das gibt dem ganzen Ablauf einen zeremoniellen, fast feierlichen Charakter. Die Belegschaft in Küche und Service stammt übrigens ausnahmslos aus Japan. Die relativ lange Speisenfolge fließt überraschend reibungslos, sanft – und trotzdem flink über den Tisch. Dennoch ist der Besuch im Zenkichi wahrlich nichts für mal schnell zwischendurch. Der ultimative Anlass für einen Besuch ist wohl das romantische Dinner zu zweit. Hierfür stellt das Zenkichi eigene, kuschelige

Auch in Japan mag’s man nicht immer roh: gegrillter Fisch im Zenkichi

Séparées bereit, in denen man sich über Eck sitzend ganz nahe ist – und hinter herunter-

wein ebenso viele Geschmacksvariationen

gelassenen Bast-Jalousien gemeinsam Neu-

entwickeln kann wie unser Wein, wird schon

land erkunden kann.

Carsten Bauhaus

beim Aperitif deutlich: ein perlender Sake, Zenkichi Johannisstraße 20, Mitte www.zenkichi.de

hergestellt nach Champagner-Art, gut ausbaSpeisen und Getränke genießt man übrigens in halb abgeschlossenen Séparées. In Japan

Foto: Boaz Arad

lanciert, mit einem Hauch Süße.



Multikulinarisch

Fotos: Lena Ganssmann

Ceviche, Tacos und Jerk Chicken: die KĂźche SĂźd- und Mittelamerikas liegt uns gerade am liebsten auf der Zunge. Das bunte Kreuzberg, schon immer eine neue Heimat fĂźr Menschen, Kulturen und Ideen aus aller Welt, hat sich zu einem Dreh- und Angelpunkt des Trends gemausert. In unserer Bildstrecke stellen wir euch drei unserer Favoriten vor


Als Vorreiter eröffneten schon vor beinahe zehn Jahren Troy und Kirk (Foto, li.) ihr jamaikanisches Restaurant RosaCaleta. Beide sind in Jamaica geboren und in New York aufgewachsen, kennengelernt haben sie sich aber erst in Paris. Der Name ihres Restaurants setzt sich aus den Namen ihrer beiden Großmütter zusammen: Rosa und Caleta. Auf ihrer Sommerkarte u.a.: Gebratene Jumbo Jerk Gamba in einer jamaikanischen EscovitchSauce auf einem quadratischen Hügel aus Rosmarin-

Gemüsen und Süßkartoffel: Wie alle Rezepte aus dem RosaCaleta ist auch dieser Augenschmaus eine Eigenkreation. Das lieben nicht nur die Hipster aus dem Wrangelkiez: Das RosaCaleta ist eine Art inoffizieller Treffpunkt der queeren Schwarzen Communitys aus Amerika und der Karibik. Zur Fête de la Musique am 21.Juni laden Troy und Kirk übrigens wieder zur traditionellen Blockparty@RosaCaleta vor dem Restaurant.

RosaCaleta Muskauer Str. 9, Kreuzberg rosacaleta.com


urbane Küche aus den mexikanischen Großstädten. Traditionelle Gerichte wie die guten, alten Tacos werden dabei mit eigenen Ideen, neuen Aromen und Texturen aufgepimpt. Das alles ist nicht nur aufregend schmackhaft, sondern macht auch einfach richtig gute Laune.

La Lucha Paul-Lincke-Ufer 39–41, Kreuzberg laluchaberlin.com

Fotos: La Lucha, Chicha

Schon gleich bei der Ankunft wird klar: Das hier ist kein mexikanisches Restaurant wie man es bisher kannte. Eingerichtet ist der Laden am Paul-Lincke-Ufer in dem zurzeit angesagten Stil- und Materialmix. Ähnlich bunt geht es auf den Tellern zu. Was man hier, wie inzwischen üblich, gemeinsam „shared“, ist eine moderne,


Faktisch schon in Neukölln, gefühlt aber noch im nahen Kreuzberg, ist das Chicha gerade die heißeste Adresse, wenn es um das angesagte peruanische Ceviche geht. Die betont lockere Atmosphäre in Rosa, Hellblau und Grün wird durch schmackhafte Akkuratesse auf dem Teller konterkariert. Denn hier sitzt wirklich alles per-

fekt. Dafür sorgt Simón Amaru Castro Mendoza, der in seiner Küche experimentelle peruanische Küche mit europäischen Einflüssen mischt. Für ihn sind seine Kreationen ein Manifest der Integration verschiedener Völker durch Kulinarik – das klingt doch ganz nach Kreuzberg.

Chicha Friedelstraße 34, Neukölln chicha-berlin.de


34 LEIBSPEISEN

Etwa einmal im Monat gehen meine Freundin Erica und ich in die Kreuzberger Weltlaterne. Betrieben wird das Mèzè-Restaurant von einer griechischen Familie, bei der alle Generationen mithelfen. Alle sind dort unglaublich herzlich und liebevoll. Die zwei Schwestern kennen uns beim Namen und sind extrem zugewandt und aufmerksam – ich habe das einfach gerne, wenn mich im Restaurant jemand kennt. Geboten wird typisch griechische Küche, frisch und lecker, aber nicht überkandidelt. Gerne essen wir dort den Salat mit Tsatsiki und eine Auswahl an Vorspeisen, sehr zu empfehlen sind die panierten Zucchini und Auberginen, aber auch das vegetarische Moussaka. Die Einrichtung ist gemütlich schlicht, mit warmen Braunund Rottönen. Erica und ich haben zwei Hunde, darunter einen 50 Kilogramm schwe-

Sie komponiert Lieder, die gegen den Strich gebürstet sind: Die Sängerin und Kabarettistin Suli Puschban hat zum Beispiel „die Schnauze voll von Rosa“. Und ihr Publikum im Kindesalter (und darüber hinaus) denkt genauso. Zu Hause fühlt sich die gebürtige Wienerin seit über zwei Jahrzehnten in Berlin-Kreuzberg – wo es ihr auch am besten schmeckt

Fotos: Promo, Kreuzberger Weltlaterne

Runtergeschlichtet

ren Berner Sennenhund. Auch die beiden sind


LEIBSPEISEN 35

dort willkommen, aber mit ihnen sitzen wir gerne oben, weil sie dort mehr Platz haben. Das Publikum dort kommt oft aus der Nachbarschaft, quer aus allen Altersstufen. Es ist einfach unser „Restaurant von nebenan“, wo wir gerne unser Geld hintragen. Kreuzberger Weltlaterne Kohlfurter Str. 37, Kreuzberg kreuzberger-weltlaterne.com

Das Mundvoll liegt bei uns um die Ecke, war aber eine Weile lang hinter einem Gerüst versteckt. Als das weg war, haben wir den Laden auf einem Spaziergang entdeckt. Es liegt auf der Ecke Waldemar- und Adalbertstraße, man hat also zu zwei Seiten Fenster. Das Interieur ist schlicht modern, mit abgeschliffenen Holztischen, Schulstühlen und nackten Glühlampen – „runtergeschlichtet“, so wie man es heute gern hat. Die Karte besteht aus einem Block, der auf ein Holzbrett geklemmt ist. Und die Küche sieht man durch eine Glasscheibe. Wir gehen dort immer zum Frühstück hin, recht früh unter der Woche, da ist der Ansturm noch nicht so groß. Es gibt im Mundvoll keinen Brunch – glücklicherweise, ich bin keine Freundin von Buffets. Aber sie haben eine große vegetarische Auswahl an Eiergerichten und Käseplatten. Guten Kaffee und sensationelle hausgemachte Brioches. Auch eine vegane Karte gibt es, wie sich das heutzutage gehört. Mundvoll Waldemarstraße 48, Kreuzberg mundvoll-berlin.de


Foto: Guido Woller

36 TESTSTRECKE


TESTSTRECKE 37

Betreutes Kochen Hallo, ich bin’s, die Jurassica. Der Transvestit,

angebauten Kaffee in wilden Variationen. Ich

der immer nach einem Text gefragt wird,

betrete die aufwendig durchdekorierte Wohl-

wenn die Redaktion „was Launiges“ haben

fühl-Oase des betreuten Kochens. Auf ver-

möchte. Ich esse nicht nur gerne, nein – ich

schiedenen Erlebnisinseln präsentieren sich

koche auch sehr gerne. Und oft. Offensichtlich

international anmutende Rezeptideen. Alle

lag es deshalb nahe, mich mal eine der Koch-

passenden Zutaten tummeln sich in appetitli-

haus-Filialen von innen beschnuppern zu las-

chen Körbchen, Schälchen und kleinen Kühl-

sen. In diesen Läden kauft man alle Zutaten,

trühchen, die Stimmung ist relaxt-interessiert.

fertig portioniert, samt passendem Rezept und

Das Ganze hat etwas von einer Boutique für

bereitet dann zu Hause alles selbst nach Bau-

Essen. Ich aber habe längst dichtgemacht.

anleitung zu. Also Kochen für die ganz Dum-

Schon ein neuer oder umgebauter Standard-

men! Hier in Berlin gibt es drei Filialen – in

Supermarkt verstört mich so sehr, dass ich in

Prenzlauer Berg, Schöneberg und Kreuzberg.

eine Art Reset-Zustand gehe. So viele Informa-

An einem herrlich verregneten Samstag

tionen. Horror. Da steht auf einmal eine uner-

mache ich mich zur Bergmannstraße auf. Viel

träglich freundliche Angestellte vor mir. Sie

los hier. Es weht mir der trockene Hauch der

heißt Sandra. Sandra quatscht mich voll. Ich

ökologisch-nachhaltigen Bourgeoisie um die

gehe in den Verteidigungsmodus und es spru-

Nase. Seine Lebensmittelunverträglichkeit

delt dieser peinliche Satz aus mir heraus:

trägt man hier trophäengleich vor sich her.

„Hallo, ich kann eigentlich kochen, ich bin nur

Ich fühle mich ausgeschlossen. Da stehen wir

hier, weil ich einen Artikel über euch schrei-

nun an der Bergmannstraße 94. Vor dem Haus

ben soll.“ Manchmal hasse ich mich selbst.

sitzen modische Menschen und trinken fair

Aber Selbsthass ist jetzt auch keine Lösung.


38 TESTSTRECKE

Alle Zutaten für vier Personen kosten mich 36,49 Euro, mit wehendem Haar verlasse ich das Ladengeschäft. Teurer Einkauf. Zu Hause angekommen entfalte ich die hochwertig gestaltet-bebilderte Kochanleitung. Da kann man auch einen QR-Code scannen und dann„mit der Kochhaus-App Rezepte bequem und digital sammeln“. Aha. Will ich nicht. Ich koche eigentlich niemals nach Rezept. Ich habe mir Kochen als Trial-and-Error-Modell beigebracht. Mit den Jahren weiß man einfach, welche Gewürze zu welchen Zutaten passen oder wie man eine anständige Bulette zubereitet. Man muss sich eben ein bisschen dafür interessieren, dann klappt das auch. Vergleichbar mit Lego. Ich war ein Lego-Kind! Steine raus und drauflosbauen. Mit der Anleitung vom Kochhaus fühlt es sich an, als hätte Playmobil schon immer Scheiße, da war ja

tungsgespräch und entscheide mich in einer

alles schon fertig. Und irgendwie fühle ich

Kurzschluss-Aktion für Pappardelle mit Salsic-

mich gerade durch diese Kochanleitung stark

cia, Auberginen und Harissa-Tomatensoße.

eingeschränkt. Die Angst, etwas falsch zu ma-

Nudeln gehen immer, und ich hab keinen

chen, ist unerwartet groß. Stress. Und sowieso

Bock auf ’nen Riesen-Aufriss in der Küche.

… wieso hab ich Auberginen gekauft? Enttäu-

Sandra strahlt schon an der Kasse. Ich greife

schung macht sich breit. Ich hasse Aubergi-

mir also schnell alle aufgelisteten Zutaten.

nen. Jetzt denken sich bestimmt viele: „Ach,

Schlimm der Moment, in dem du zwei ein-

Juju, Auberginen sind doch ganz lecker, zum

zelne Knoblauchzehen kaufen musst, weil es

Beispiel mit Hackfleisch gefüllt.“ Ja. Dinge,

das Kochhaus-Rezept so verlangt. Ich fühle

die mit Hackfleisch gefüllt sind, sind immer

mich schon wieder opferig und schäme mich.

lecker. Sogar wenn es ein lilafarbener ge-

Foto: Guido Woller

Mama mir Playmobil hingestellt. Ich fand Ich winde mich aus dem gut gelaunten Bera-


schmacksarmer Schwamm ist. Diesen schneide ich also in kleine Würfel und brate die mit den ausgedrückten Salsiccia-Würsten und Schalotten an. Riecht lecker. Nudeln in den Topf, dann kommt die Harissa-Tomatensoße (eine Fertigsoße) zum Gemüse, bisschen Wasser, Knoblauch, Salz, Pfeffer, Zucker und

Cocktails and more... Mo. - Sa. 20.00 Uhr Sonntag geschlossen

frischen Oregano drauf, ziehen lassen, fertig. Auf dem Teller wird das Ganze mit geriebenem Pecorino garniert. Schmecken tut’s. Keine große Kunst, sieht aber alles stark ambitioniert aus. Und das ist auch die Crux an der Geschichte. Für mich ist Kochhaus das Instagram der Hobbyköche. Ich will doch mit meinem Erfahrungsschatz in der Küche wachsen und selbst rausfinden, wie gutes Essen funktioniert. Und eben auch mal auf die Schnauze fallen. Was gibt es denn Schöneres, als sonntags den Kühlschrank zu öffnen und zu überlegen, was man aus den letzten Zutaten noch Apartes zusammenschmeißen kann? Den Endverbraucher ein fertiges Gericht so perfekt wie möglich nachkochen zu lassen … ich weiß nicht. Für mich ist das seelenlos. Brauch ich nicht. Wie Playmobil eben.

Jurassica Parka

Kochhaus Bergmannstraße 94, Kreuzberg Schönhauser Allee 46, Prenzlauer Berg Akazienstraße 1, Schöneberg Kochhaus.de

Bergmannstr. 104 · 10961 Berlin


40 REZEPT

Kreative Tradition Sie sind ein eingespieltes Team, privat wie

Tapas aus aller Damen Länder. Bunt durchei-

beruflich: Tim leitete früher renommierte

nandergewürfelt ist auch das Küchenteam, das

Fünf-Sterne-Hotels, Vitali war in der Touris-

Inspirationen aus Spanien, Italien und Peru

musbranche selbstständig tätig. Dass beide

einbringt. „Für den Sommer haben die Jungs

reichlich Erfahrung haben, andere sich gut

aus der Küche ein neues Gericht auf die Karte

fühlen zu lassen, sieht man schon der Einrich-

gehoben: Dorade mit Safran-Couscous, Erb-

tung an: Das Eckrestaurant strahlt eine ge-

sen-Minz-Püree, Miso-Mayonnaise, Zucker-

mütliche, aber kreative Wohnzimmer-

schoten und Wassermelone“, erzählt Vitali der

atmosphäre aus. Dabei helfen viel dunkles

SIEGESSÄULE Gourmet. Wie bei allen neuen

Holz, ein altes Klavier, warmes Licht und fri-

Gerichten werden die Kreationen zunächst

sche Blumen. Eine ähnliche Balance zwischen

mehrmals probegekocht, bis alle hundertpro-

Tradition und Kreation bietet auch das kulina-

zentig zufrieden sind. „Persönlich macht es

rische Konzept: hochwertige deutsch-europäi-

mir sehr viel Spaß, die Grundidee immer wei-

sche Küche, modern interpretiert und mit

ter aufzupimpen“, so Vitali. Er verrät: Für das

mediterranem Twist. So findet sich auf der

Gelingen des Rezepts ist es entscheidend, dass

Karte neben Wildkräutersalat mit eingelegter

die Dorade auf den Punkt genau gegart ist.

Mango, Limetten und Minze etwa ein Rinder-

Dafür brät man sie zuerst in der Pfanne an,

tatar mit marinierter Gelber Beete und Wach-

bevor man sie dann in den Ofen schiebt.

telei. Samstags und sonntags lädt das

„Wenn der Fisch glasig wird, ist der perfekte

Neumond zum Brunch. Neben ausgefallenen

Moment, ihn rauszuholen.“

Eierspezialitäten locken hier verschiedenste

Carsten Bauhaus

Fotos: Daliah Hoffmann, Neumond

Mit dem Neumond erfüllten sich Vitali Müller und sein Partner Tim Hansen Anfang 2017 einen Lebenstraum: ein Restaurant zum Wohlfühlen mit hochwertiger, moderner Küche. SIEGESSÄULE Gourmet bat die beiden um ein Rezept für den kulinarischen Sommer. Kreiert haben sie für uns eine saftig-zarte Dorade mit köstlichem Safran-Couscous


REZEPT 41

Neumond BorsigstraĂ&#x;e 28, Mitte www.neumond-restaurant.de


42 REZEPT

Tim & Vitalis Rezept für den Sommer:

Dorade mit Safran-Couscous, Erbsen-Minz-Püree, Miso-Mayonnaise, Zuckerschoten und Wassermelone Rezept für zwei Personen

Zuerst die Erbsen zusammen mit der Sahne und der Minze köcheln lassen. Wenn die Erbsen weich sind, den Limettenabrieb dazugeben und pürieren. Unbedingt darauf

Dorade 400 g Doradenfilet 50 g Mehl Kräuter der Provence Salz, Pfeffer Erbsen-Minz-Püree 150 g TK-Erbsen, die schmecken am besten 50 ml Sahne 6 Blätter Minze Zeste von einer halben Limette Salz, Pfeffer, Zucker Miso-Mayonnaise 50 g hausgemachte Mayonnaise 5 g Miso-Paste ein Spritzer Zitronensaft Salz, Pfeffer, rosa Pfeffer Safran-Couscous 200 g Couscous 0,5 g Safran-Fäden 200 ml hausgemachte Gemüsebrühe Salz, Pfeffer, Koriander ein Spritzer Zitronensaft Sonstiges Wassermelone Olivenöl

achten, dass die Erbsen vor dem Pürieren noch grün sind. Danach mit Salz und Pfeffer abschmecken. Nun die Gemüsebrühe zusammen mit Safran-Fäden aufkochen und Couscous dazugeben. Mit Folie bedecken und 15 Minuten ziehen lassen. Danach mit Salz, Pfeffer, Koriander und Zitronensaft abschmecken. Währenddessen das Mehl mit den Kräutern vermischen und damit die Hautseite der Dorade mehlieren. Den Fisch ein wenig salzen und bei niedriger Temperatur knusprig anbraten. Anschließend bei 140 Grad im Ofen ca. 3–4 Minuten „ziehen“ lassen, bis der Fisch glasig wirkt. Nun ist er fertig. Beim Servieren ein wenig Salz, Pfeffer und Zitronensaft dazugeben. Jetzt nur noch die Melone in Würfel schneiden und anbraten, bis diese leicht karamellisiert sind.




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