Die Leidenschaft für Gräser legte den Grundstein für die Gärten und die Gärtnerei von Lianne Pot in der Provinz Groningen (NL). Zunächst begann die Gartendesignerin Ziergräser zu sammeln. Im Jahr 2000 eröffnete sie die Gärtnerei. Seit 2005 hält sie die nationale niederländische Sammlung von Ziergräsern mit ungefähr 300 Arten und Sorten.
Text und Bilder: Cordula Hamann, Garten- und Landschaftsplanerin, Bremen (D)
Cremefarbener Klee (Trifolium ochrocleuca) und Wolfsmilch (Euphorbia) rahmen den Weg und setzen die violette Katzenminze (Nepeta) in Szene.
Von den Gräsern zur Prärie
Adresse Lianne’s Siergrassen Jan Gosseswijk 31 9367 TE De Wilp (NL) Tel. +31 594 644263 Öffnungszeiten: 21. März bis 1. November, Do., Fr., Sa. 9 bis 17 Uhr und besondere Schautage Internet: www.siergras.nl, www.prairietuin.nl
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Von den Ziergräsern bis zur Prärie ist der Weg nicht weit und er führte Lianne Pot nach Nordamerika. In der Prärie faszinierten sie die Schönheit der Pflanzen und das Gleichgewicht der Pflanzengesellschaft. Die Idee, einen eigenen Präriegarten anzulegen, liess sie nicht mehr los. Ihre Ansprüche waren ehrgeizig: Der Garten sollte langlebig sein, weder gedüngt noch gewässert werden, mit geringem Pflegeaufwand auskommen, die verschiedenen Lebensbereiche der Prärie aufgreifen und über das ganze Jahr seine Schönheit entfalten. 2008 begann Lianne Pot mit der Anlage des 3500 m² grossen Gartens. Die schätzungsweise 12 000 Stauden und Gräser und 10 000 Frühlingszwiebeln halten sich nicht streng an das Vorbild, sondern die Prärie war Quelle der Inspiration. Dabei haben die Ziergräser einen Anteil von 30 bis 50 %.
• die Mittel- und Hochgrasprärie, mit jahreszeitlich wechselndem Farbverlauf • der «echte» Präriegarten, in dem Gräser dominieren • Bepflanzungen, die sich auch für kleine Gärten eignen Die Randbereiche sind mit grossen Gruppen von Gräsern und Stauden bepflanzt, die eine Kulisse für die gesamte Anlage bilden. Europäische Ziergräser wie das Reitgras (Calamagrostis acutifolia ‘Karl Foerster’ ) sind mal in Reihen gepflanzt, mal kombiniert mit Waldschmiele (De schampsia), gelbem Brandkraut und der rotlaubigen Fetthenne ‘Matrona’. Dies ist der einzige Bereich, der in der Pflege aufwendiger ist, da die Pflanzen in gewissen Abständen aufgenommen und geteilt werden müssen.
Verschiedene Themen Lianne Pot zeigt verschiedene Möglichkeiten auf, wie von der Prärie inspirierte Gärten angelegt werden können. Die gestalterischen Themen sind: • rabattenähnliche Pflanzungen mit Gräsern und Stauden • Farben, die den Verlauf eines ganzen Gartenjahres begleiten
In dem Beet der «echten» amerikanischen Prärie finden sich typische Gräser wie das hohe Bartgras (Andropogon gerar dii), wegen seiner Farbe auch Blauhalm genannt, Prärie-Besengras (Schizachy rium scoparium), Goldbartgras (Sorghast rum nutans), Rutenhirse (Panicum virga tum) und Tautropfengras (Sporobolus heterolepis). Dazu gesellte Lianne Pot dergartenbau Ausgabe 33/2012
Pflanzenverwendung
Farbenspiel in Blau und Rot mit Phlox ‘Blue Paradise’ und Sonnenhüten.
Die aufrechten Blütenkerzen von Ehrenpreis, Bartfaden und Prachtscharte stehen im Kontrast zu den Korbblüten des Sonnenhutes.
kräftige Stauden wie Scheinaster (Verno nia crinita), Präriezapfenblume (Ratibida pinnata), Seidenpflanze (Asclepias incarna ta), Sonnenhut und die aufrechte Prachtscharte (Liatris spicata). Von Pastell zu Rot Nachdem Lianne Pot die verschiedenen Bereiche ihres Präriegartens entworfen hatte, bat sie drei andere Gartengestalter, Patricia Stols, Michael King und Jan Spruyt, ihre Ideen einzubringen. Patricia Stols hat mit Farben gestaltet: Im Beet mit Violett-, Blau- und Rosétönen bezaubert der blasse Sonnenhut (Echinacea pallida) mit seinen herunterhängenden, zarten Blütenblättern in Gemeinschaft mit Storchschnabel und Kugeldisteln.
Echinacea paradoxa leuchtet in strahlendem Gelb vor den Gräsern (Rutenhirse, Imperata cylindrica mit roten Spitzen) und dem dunklen Laub des Felberichs (Lysimachia ciliata ‘Firecracker’).
Orange und feuriges Rot leuchten in einem anderen Beet um die Wette. Den Anfang machen lichte und warme Gelbund Orangetöne. Unterstützt von leuchtendem Islandmohn (Papaver nudicaule), der wie zufällig eingestreut wirkt, strahlen im Sommer kräftige Rottöne. Blatt und Blüten von Sedum ‘Matrona’, Indianernessel, Sonnenhut und Schafgarben oder die matt-rote Lupine ‘My Castle’ ergänzen einander. Zum Herbst geben die Gräser mit ihren gedeckteren Farben den Ton an. Die Pflanzen sind kräftig, aber keine «Giganten», sodass sie auch für kleinere Gärten geeignet sind. Ob aber der rotlaudergartenbau Ausgabe 33/2012
Die Blüten von Stipa gigantea erheben sich über Staudensalbei und Sonnenauge; das Gartensandrohr (Calamagrostis acutiflora ‘Karl Foerster’) im Hintergrund bilden eine ruhige Kulisse.
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Pflanzenverwendung bige Felberich (Lysimachia ciliata ‘Firecra cker’ ) wirklich in Schach gehalten werden kann, wird sich noch zeigen müssen. Blumenwiesenähnlich Der Gartendesigner Michael King hat eine wilde, mehrjährige Blumenwiese entworfen. Alles wirkt natürlich, wie mit einer grosszügigen Geste ausgestreut. Es gibt keine klassische Höhenstaffelung, sondern eine eher zufällig wirkende Anordnung. Zu den Themenpflanzen wie Ehrenpreis, Indianernessel, Scheinaster und Sonnenbraut sowie Chinaschilf kommen als Füllpflanzen Tulpen, Gemswurz, Pracht scharte und Tautopfengras hinzu. Sowohl der Formkontrast der runden und kerzenförmigen Blüten als auch der Farbkontrast zwischen Violett, Blau und Gelb haben einen besonderen Reiz. Schwefelgelbes Mädchenauge (Coreopsis verticil lata ‘Moonbeam’) wird kombiniert mit dem Salbei ‘Blaukönigin’, der Blauraute ‘Blue Spire’, dem Sonnenauge (Heliopsis) und dem Prärie-Besengras ‘The Blues’, das wie ein grünblauer Schleier wirkt. Gemischte Prärie Der Bereich der Mittel- und Hochgras prärie, entworfen von Jan Spruyt, besticht durch die wechselnden Farben, die sich durch das Gartenjahr ziehen. Vom Frühjahr bis zum Herbst zeigen sich kräftige Farben, umgeben von Gräsern, die einen Anteil von einem Viertel aus- machen. Beet- und Präriestauden sind in Gruppen gesetzt, einige Gräser auch in geschwungenen Drifts. Beeindruckend sind violettblaue Blüten von Salbei (Salvia sylvestris ‘Dear Anja’ ) oder Duftnessel (Agastache) neben gelbgrüner Wolfsmilch und glitzerndem Diamantgras (Calamag rostis brachytricha). Die Farben verändern sich: Zunächst sind es Blautöne, unterstützt von Weiss und frischem Gelb. Im Sommer folgen dann Pfirsich, Violett und Rosa, im herbstlichen Feuerwerk sind es Gelb, Orange, Rot und Braun. Der Schlüssel zum Erfolg Das Natürliche, vermeintlich Zufällige ist genau überlegt. Neben guten Pflanzenkenntnissen und einem Gespür für Farben und Formen sind für das Gelingen eines Präriegartens folgende Vo raussetzungen wichtig: ein von Wurzel unkräutern freier, durchlässiger Boden, ausreichend Licht und Sonne und eine
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Auch Fruchtstände spielen eine aparte Rolle. Lupinen im Zusammenspiel mit den braunen Fruchtständen (Domen) des Sonnenhutes.
6 bis 8 cm dicke, mineralische Mulchschicht, z. B. Lavasplitt. Diese verringert das Auflaufen von Wildkräutern und verhindert ein zu starkes Austrocknen. Ergänzungen mit Blumenzwiebeln und Begleitstauden versprechen einen längeren Blütenflor. Zugegeben, es hört sich fast zu einfach an – aber der Präriegarten von Lianne Pot überzeugt und ist ein imposantes flirrendes Farben- und Gräsermeer.
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