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IN KÜRZE

IN KÜRZE

An zwei Fronten

Die Immunzellen greifen an

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Spätestens seit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 interessieren wir uns verstärkt für allerlei Fragen rund um unser Immunsystem und den molekularen Vorgängen während einer Infektion. Was geschieht, wenn ein Krankheitserreger wie ein Bakterium oder ein Virus in unseren Körper eindringt? Unser Immunsystem ist hochkomplex. Eine «Armada» von unterschiedlichen Immunzellen eliminieren den Erreger und schützen so unseren Körper.

Roger Bieri

Influenzaviren oder Coronaviren gelangen in der Regel über die Schleimhäute der Atemwege in unseren Organismus. Viren dringen in gesunde Körperzellen ein und missbrauchen sie für die eigene Vermehrung, da sie als leblose Partikel nicht über die nötigen Strukturen für eine wirtsunabhängige Fortpflanzung verfügen. Sobald pathogene Mikroorganismen oder Viren unsere physikalischen oder chemischen Barrieren durchbrochen haben, kommt eine Reihe von unterschiedlichen Immunzellen ins Spiel. Sie fressen die Eindringlinge auf, zerstören sie oder neutralisieren sie mithilfe von Antikörpern. Zudem bilden sie Gedächtniszellen aus, die spezifische Erreger bei einer zweiten Infektion erkennen und sofort neutralisieren können.

Das unspezifische Immunsystem

Klassischerweise wird das Immunsystem in zwei Gruppen unterteilt: das unspezifische und das spezifische (adaptive) Immunsystem. Diese zwei Systeme arbeiten Hand in Hand. Das unspezifische Immunsystem ist evolutionsbiologisch die wohl ältere Variante. Oft wird sie auch als angeborenes Immunsystem bezeichnet. Dieser Gruppe gehören Immunzellen an, die nur die allgemeinen Oberflächenmerkmale von Pathogenen erkennen. Diese Muster heissen pathogenassoziierte molekulare Muster (Pamp). So agieren diese Zellen auch gleich als erste gegen den fremden Eindringling, denn sie erkennen ihn unabhängig vom Erregertyp. Sie bilden, vereinfacht gesagt, die vorderste Front der Immunabwehr. Allerdings sind sie nicht in der

Bild 1: Ästhetisches 3-D-Modell einer dendritischen Zelle. Sie aktiviert die T-Zelle.

Lage, die spezifischen Merkmale bestimmter Erreger zu erkennen. Hierbei braucht der Körper die spezifische Immunabwehr, die etwas mehr Zeit benötigt, bis sie startklar ist, aber dank einem ausgeklügelten System den «Fingerabdruck» des Erregers ganz genau kennt und ihn dadurch effizi ent vernichtet.

Erreger dringt in den Körper ein

Wenn Bakterien oder andere Pathogene die physikalischen und chemischen Barrieren des Körpers passieren, nehmen die Immunzellen ihre Arbeit auf. Zuerst tummeln sich die Erreger im Gewebe und werden dort von «der vordersten Front» erkannt: Fresszellen nehmen die Erreger auf und setzen schliesslich bestimmte chemi sche Stoffe frei (Cytokine und Chemokine). Diese Stoffe lösen dann eine Entzündung aus: Die Zellmembranen des Gewebes werden durchlässiger, die Gefäs

Rätselhaftes Immunsystem Das Immunsystem birgt bis heute viele Rätsel. Es zeichnet sich durch ein hochkomplexes Zusammenspiel von Immunzellen, anderen Zellen, körpereigenen Bakterien und unterschiedlichen Um welteinflüssen aus. Zahlreiche Faktoren können dieses System positiv wie auch negativ beeinflussen. Die hier in diesem Artikel dargestellten Mechanismen sind stark reduziert und sehr vereinfacht wiedergegeben.

Bild 2: Eine cytotoxische T-Zelle erkennt dank des Peptid-Proteinkomplexes (Antigen) auf der Oberfläche der infizierten Zelle den Erreger und leitet die Zerstörung der ehemals gesunden Körperzelle ein.

se erweitern sich. Es kommt zu der berühmten Rötung und Schwellung wie bei einer Entzündung üblich. Aufgrund der Gefässerweiterung fliesst vermehrt Lymphflüssigkeit zum Infektionsort. In dieser Flüssigkeit befinden sich unter anderem Zellen des adaptiven Immunsystems – der zweiten Front. Wichtigste Akteure dabei sind die Lymphocyten, die – im besten Fall – den Eindringling erkennen und spezifisch gegen diesen vorgehen.

Das adaptive Immunsystem

Zu den Lymphocyten des adaptiven Immunsystems gehören zwei Arten von Zellen: die B- Lymphocyten (B-Zellen) und die T-Lymphocyten (T-Zellen). Normalerweise sind diese Zellen inaktiv, man sagt, sie sind naiv. Diese naiven Zellen schwimmen nicht nur in der Lymphflüssigkeit herum, sie verteilen sich auch im Blut. Wenn es nun zu einer Infektion kommt,

Bild 3: Von der Plasmazelle produzierte Antikörper binden an Antigene eines Coronavirus (künstlerische 3-D-Illustration). müssen die naiven Lymphocyten zuerst aktiviert werden. Dies geschieht z.B. durch die dendritischen Zellen (siehe Bild 1). Diese zu den unspezifischen Immunsystem gehörenden Fresszellen vertilgen den Eindringling. Anschliessend präsentieren sie dem naiven T-Lymphocyten das Antigen des Erregers auf ihrer Zelloberfläche. Der Rezeptor des noch inaktiven Lymphocyten geht eine Verbindung mit dem präsentierten Antigen ein. Die Zelle wird aktiviert und differenziert sich zu einer neuen, grösseren Zelle, dem Lymphoblasten. Dieser Schritt ist wichtig, denn dank der Aktivierung der T-Zelle kommt eine Kaskade an adaptiven Immunzellen erst zum Zug. Die aktivierte T-Zelle, man sagt T-Effektorzelle, kennt mehrere Gesichter. Es bilden sich nämlich verschiedene aktive T-Zellen aus. Beispielsweise gibt es die T-Helferzelle. Eine Form der T-Helferzelle aktiviert die B-Zelle. Die B-Zelle ist die prominente Zelle des Immunsystems, die – aktiviert als Plasmazelle – Antikörper produziert (siehe Bild 3), die den Erreger markieren und neutralisieren. Dank der Markierung werden die Pathogene noch effektiver von der körpereigenen Abwehr bekämpft. Neben den T-Helferzellen werden auch cytotoxische T-Zellen gebildet. Diese fressen beispielsweise die von Viren befallenen Körperzellen auf und zerstören auf diese Weise die Virenfabriken (siehe Bild 2). Einige T-Zellen als auch B-Zellen differen zieren sich zu Gedächtniszellen, die den gleichen Störenfried bei einer erneuten Infektion sofort erkennen. Die Immunabwehr arbeitet dann wesentlich besser, die Aktivität des Eindringlings wird dann ziemlich schnell im Keim erstickt. Kurz gesagt, der Körper ist immun.

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Mikroorganismus misst Körpertemperatur

Bestimmte Erreger nur bei Fieber aktiv

Viele bakterielle Krankheitserreger scheiden Giftstoffe aus, sobald sie sich im Wirt befinden, um dessen Immunantwort zu unterdrücken. Sie stellen krankmachende Substanzen aber erst dann her, wenn die Temperatur stimmt. Dazu verwenden sie ein spezielles Thermometer. Wie das genau auf molekularer Ebene geschieht, wenn der Durchfallerreger Yersinia pseudotuberculosis auf Angriff schaltet, haben Forscherinnen und Forscher der Ruhr-Universität Bochum (RUB) untersucht.

Die Forschenden nahmen dazu sogenannte RNA-Thermometer unter die Lupe, die den Bakterien signalisieren, ob sie sich bereits im Wirt befinden. In Kooperation mit Kollegen des Helmholtz-Instituts für Infektionsforschung Braunschweig zeigten sie ausserdem, dass Bakterien mit deaktiviertem RNA-Thermometer keine Infektion mehr auslösen können. Über die Studie berichtet die Zeitschrift «Plos Pathogens».

Bei 37 Grad Celsius schmilzt das RNA-Thermometer auf

«Aus vorangegangenen Arbeiten wussten wir, dass Yersinia-Bakterien sehr sensibel auf Temperaturänderungen reagieren und die Anwesenheit in ihrem Wirt anhand der Körpertemperatur erkennen», sagt Prof. Dr. Franz Narberhaus vom Lehrstuhl für Biologie der Mikroorganismen der Universität Bochum. Verantwortlich für die Temperaturmessung sind die RNA-Thermometer. Dabei handelt es sich um Abschnitte in der Boten-RNA vieler Gene, die den Bauplan für die krankmachenden Substanzen enthalten.

Über den untersuchten Erreger Der Durchfallerreger Yersinia pseudotuberculosis ist nahe verwandt mit dem Pesterreger Yersinia pestis. Das Bakterium wird über verunreinigte Lebensmittel übertragen. Sobald es im Darm des warmblütigen Wirts angekommen ist, sekretiert es das sogenannte CnfY-Toxin, welches akute Entzün dungsreaktionen auslöst und die Wirkung anderer krankmachender Substanzen verstärkt.

Christian Twittenhoff (rechts) und Franz Narberhaus haben ein Modell erstellt, das zeigt, wie das RNA-Thermometer aufschmilzt.

Bei niedrigen Temperaturen, also ausserhalb des Wirts, verhindern die RNA-Thermometer ihre Proteinproduktion. Erst nach erfolgreicher Infektion des warmblütigen Wirtes, also bei einer Temperatur von etwa 37 Grad Celsius, schmelzen die RNA-Strukturen auf. Dann können sie in Proteine umgeschrieben werden, die eine für den Wirt schädliche Wirkung entfalten. In der aktuellen Publikation beschreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den zugrunde liegenden Schmelzmechanismus des RNA-Thermometers für einen der Giftstoffe von Yersinia pseudotuberculosis, das CnfY-Toxin.

Bakterien ohne Thermometer sind wirkungslos

Der Bochumer Doktorand Christian Twittenhoff zeigte anhand von isolierten Zellbestandteilen des Durchfallerregers, an welchen Stellen das RNA-Thermometer für das CnfY-Toxin aufschmilzt und welche Struktur es dabei annimmt. Der Biologe erstellte ein Modell, das dokumentiert, wie sich das Thermometer öffnet. Es zeigt auch, wie das Ribosom – der Zellbestandteil, an dem die Boten-RNA in Proteine übersetzt werden – an die Boten-RNA andockt. In Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. Dr. Petra Dersch, früher am Helm holtz-Institut in Braunschweig, jetzt an der Universität Münster, demonstrierten die Forscher ausserdem, welche Rolle das RNA-Thermometer für den Krankheitsprozess spielt. Sie infizierten Mäuse mit Yersinia-Bakterien, die entweder funktionierende RNA-Thermometer besassen oder inaktivierte RNA-Thermometer, die nicht bei 37 Grad Celsius aufschmelzen konn

Elektronenmikroskopische Aufnahme von Bakterien der Gattung Yersinia.

ten. Die Bakterienstämme mit modifizierten RNA-Thermometern waren nicht in der Lage, Mäuse krank zu machen. «Die Ergebnisse haben gezeigt, wie wichtig ganz kurze regulatorische RNA-Sequenzen für den erfolgreichen Infektionsverlauf eines Bakteriums sein können», resümiert Christian Twittenhoff, der Erstautor dieser Studie.

Ähnliche Mechanismen in anderen Bakterien vermutet

Christian Twittenhoff verglich das Gen des CnfY-Toxins mit Toxin-Genen anderer Krankheitserreger mithilfe von bioinformatischen Methoden. Die Analyse legt nahe, dass auch andere Toxin-Gene durch RNA-Thermometer reguliert sein könnten. «Obwohl die Sequenzen sehr unterschiedlich sind, können wir vorhersagen, welche RNA-Strukturen vermutlich als Thermometer fungieren», erklärt er. «RNA-Thermometer funktionieren über ei nen sehr einfachen Mechanismus, der sich wahrscheinlich im Laufe der Evolution bewährt und deshalb vielfach und unabhängig voneinander entwickelt hat», vermutet Franz Narberhaus. Grundsätzlich könne man einer bakteriellen Infektion vorbeu gen, indem man das Aufschmelzen solcher RNA-Strukturen verhindere. «Substanzen, die RNA-Thermometer im geschlossenen Zustand einfrieren, sind aber bisher nicht bekannt», so Narberhaus weiter.

Originalpublikation Christian Twittenhoff, Ann Kathrin Heroven, Sabrina Mühlen, Petra Dersch, Franz Narberhaus, «An RNA thermometer dictates production of a secreted bacterial toxin», PLos Pathogens (2019); DOI: 10.1371/ journal.ppat.1008184Pathogens; 2019

Kontakt Prof. Dr. Franz Narberhaus Ruhr-Universität Bochum Universitätsstrasse 150 D-44801 Bochum +49 234 32 23100 franz.narberhaus@rub.de www.ruhr-uni-bochum.de

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Microbiom beeinflusst Antikörperrepertoire

Darmbakterien stärken unser Immunsystem

Unsere Darmflora enthält Billionen von Bakterien, die nicht nur für unsere Verdauung, sondern auch für ein gesundes Immunsystem unerlässlich sind. Forschende des Departments für Biomedical Research (DBMR) der Universität Bern und des Inselspitals, Universitätsspital Bern konnten nun zeigen, wie diese gutartigen Darmbakterien die weissen Blutkörperchen zur Produktion von Antikörpern anregen, noch bevor diese auf schädliche Erreger treffen.

Nun konnte eine Gruppe von Forschenden um Prof. Stephanie Ganal-Vonarburg und Prof. Andrew Macpherson vom Department for Biomedical Research (DBMR) der Universität Bern und der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin des Inselspitals zeigen, dass die Darmbakterien die Produktion von Antikörpern beeinflussen können, noch bevor die B-Zellen überhaupt mit körperfremden Erregern in Kontakt kommen. Die Ergebnisse ihrer Studie wurden im Journal «Nature» publiziert.

Antikörperproduktion und der Aufenthaltsort

Die Zahl der gutartigen Bakterien, die in unserem Darm leben, entspricht in etwa der Zahl der Zellen in unserem Körper. Meistens bleiben diese Bakterien inner halb des Darms und dringen nicht in das Körpergewebe ein. «Ein gewisses Eindringen in die Blutbahn ist jedoch unvermeidlich, da der Darm nur eine einzige Schicht von Zellen aufweist, die das Innere des Darmrohrs von den Blutgefässen trennen, die wir zur Aufnahme unserer Nahrung benötigen», sagt Stephanie Ganal-Vonarburg. Die Forschenden verfolgten den Weg der Darmbakterien innerhalb und ausserhalb des Darms und ihre Auswirkungen auf die B-Zellen. Dafür setzte Ko-Erstautor Julien Limentiakis speziell entwickelte Computerprogramme ein, um Millionen von genetischen Sequenzen zu verarbeiten, die das Antikörperrepertoire von B-Zellen vergleichen, je nachdem, ob die Darmbakterien im Darm bleiben oder ob sie in den Blut kreislauf gelangen. «In beiden Fällen wird das Antikörperrepertoire verändert, jedoch

Eine 3-D-Illustration eines Antikörpers. Das Repertoire von Antikörpern hängt nachweislich von den Bakterien im Darm ab.

auf unterschiedliche Weise – je nachdem, um welche Darmbakterien es sich handelt und wo die Exposition erfolgt», erklärt Andrew Macpherson. «Dies deutet darauf hin, dass die Darmbakterien die Entwicklung unserer Antikörper steuern, bevor wir eine ernsthafte Infektion bekommen, und dass dieser Prozess sicherlich nicht zufällig ist.»

Immunreaktion im Blut anders als im Darm

In der Darmschleimhaut befinden sich andere Arten von Antikörpern als im Blutkreislauf. Mithilfe der leistungsfähigen genetischen Analyse zeigten die Forschenden, dass die Bandbreite der verschiedenen Antikörper, die im Darm produziert werden, weitaus geringer ist als die, die im Körper ausserhalb des Darms gebildet werden.

Prof. Dr. rer. nat. Stephanie Ganal-Vonarburg, Department for Biomedical Research (DBMR) der Universität Bern und Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin am Inselspital.

«Das bedeutet, dass das Immunsystem, sobald schädliche Bakterien in den Körper gelangen, viel mehr Möglichkeiten hat, sie zu bekämpfen, während Antikörper im Darm hauptsächlich nur diejenigen schäd

lichen Bakterien binden, denen sie jeweils begegnen», erklärt Ganal-Vonarburg. Im Laufe ihres Lebens sehen sich Säugetiere einer Vielzahl un terschiedlicher Erreger gegenüber. Daher ist es wichtig zu wissen, wie sich das Antikörperrepertoire anpasst, wenn es bereits durch ein bestimmtes Bakterium geformt wurde und auf einen neuen Erreger trifft. Das Forschungsteam beantwortete diese Frage, in dem es testete, was bei keimfreien Mäusen bei einer Besiedelung mit denselben Darmbakterien in- und ausserhalb des Darms sowie mit zwei verschiedenen schädlichen Bakterienstämmen an derselben Stelle nacheinander geschah. Im Darm blieb dabei die Antikörperreaktion begrenzt: Wenn die zweiten Bakterien auftauchen, ändern sich die Antikörper, um sich diesen anzupassen – ähnlich wie wenn in einer Tür das Schloss ausgewechselt wird. Im Gegensatz dazu differenziert sich die Reaktion beim Eindringen von Bakterien in den Blutkreislauf: Hier wird zum ersten Satz Antikörper ein zweiter Satz gebildet, was einem Einbau eines weiteren Schlosses entspricht, so dass die Tür mit unterschiedlichen Schlüsseln geöffnet werden kann.

Das Immunsystem besser verstehen

«Dies zeigt, dass das Immunsystem sich an verschiedene schädliche Bakterienarten erinnert und die Gefahr einer Blutvergiftung vermeiden kann», erklärt Macpherson. Die Erkenntnisse liefern ein besseres Verständnis unseres Immunsystems: «Wir konnten erstmals belegen, dass nicht nur die Zusammensetzung unserer Darmflora, sondern auch die Art und Weise, wie sie im Körper auf B-Zellen treffen, einen unterschiedlichen Einfluss auf deren Antikörperrepertoire und die nachfolgende Immunität gegen Krankheitserreger haben», sagt Ko-Erstautor Hai Li. Die Studie wurde vom Europäischen Forschungsrat ERC, den Schweizerischen Nationalfonds SNF, dem Marie-SkolodwskaCurie-Programm sowie von der European Molecular Biology Organization (Embo) unterstützt.

Originalpublikation Hai Li, Julien P. Limenitakis, Victor Greiff, Bahtiyar Yilmaz, Olivier Schären, Camilla Urbaniak, Mirjam Zünd, Melissa A. E. Lawson, Ian D. Young, Sandra Rupp, Mathias Heikenwälder, Kathy D. McCoy, Siegfried Hapfelmeier, Stephanie C. Ganal-Vonarburg und Andrew J. Macpherson, «Mucosal or systemic microbiota exposures shape the B cell repertoire», Nature (2020); https://www. nature.com/articles/s41586-020-2564-6

Kontakt Prof. Dr. med. Andrew Macpherson Universität Bern Hochschulstrasse 6 CH-3012 Bern +41 31 632 8025 andrew.macpherson@dbmr.unibe.ch www.unibe.ch

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Besondere T-Zellen

Früher immun als gedacht

Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Erkennung von «Gefahr» durch eindringende Krankheitserreger und breiten sich bei akuten Infektionen schnell und intensiv aus – die Rede ist von bestimmten Immunzellen, die zu den sogenannten gamma-delta-T-Zellen gehören. Bisher nahm man an, dass die Vγ9Vδ2-T-Zellen sich im Laufe des Lebens in Abhängigkeit von der Umwelt langsam vermehren und ihre Fähigkeiten und Funktionen, die sie als Abwehrzellen meistern müssen, weiter ausbauen. Das stimmt aber nicht.

Ein Forschungsteam des Exzellenzclusters «Resolving Infection Susceptibility» (Resist) fand heraus, dass sich diese Zellen bei Frühgeborenen direkt nach der Geburt expansiv vermehren und bis in die Kindheit bleiben. Eine andere Arbeitsgruppe hat ähnliche Erkenntnisse bei der Untersuchung Reifgeborener gewinnen können. «Wir gehen davon aus, dass diese gamma-delta-T-Zellen eine wichtige Rolle in der frühkindlichen Immunabwehr und Homöostase spielen und vielleicht sogar ein Leben lang bestehen bleiben», sagt Professorin Dr. Sarina Ravens. Gemeinsam mit Dr. Alina Fichtner, Professorin Dr. Dorothee Viemann und Professor Dr. Immo Prinz hat sie diese Erkenntnisse in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift «Pnas» veröffentlicht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Immunologie sowie der Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) kooperieren im Rahmen des Exzel

Professorin Viemann, Dr. Fichtner, Professorin Ravens und Professor Prinz im MHH-Institut für Immunologie mit Reagenzien für die Sequenzierung der T-Zell-Rezeptoren.

lenzclusters Resist. Die für diese Arbeit notwendigen Blutproben stammen aus von Professorin Viemann geleiteten Ko horten, unter anderem aus der Primal-Studie, die sich um die Immunentwicklung von Frühgeborenen dreht.

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Welche Rolle diese gamma-delta-T-Zellen bei der Immunabwehr der Neugeborenen und Kinder ganz genau spielen, will das Forschungsteam nun weitergehend untersuchen. Langfristiges Ziel ist es, mit dem umfassenderen Verständnis der Ausbildung und Regulation des Immunsystems von Neugeborenen bessere Vorsorge-, Diagnose- und Therapieoptionen entwi ckeln zu können.

Brücke zwischen den Immunsystemen

Gamma-delta-T-Zellen werden nach ihren T-Zell-Rezeptoren benannt – dem Proteinkomplex auf ihrer Oberfläche, der für die Erkennung von Antigenen zuständig ist. Um zu untersuchen, wie sie bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern auf mikrobielle Exposition reagieren, hat das Forschungsteam die so genannte Next-Generation-T-Zell-Rezeptor-Sequenzierung eingesetzt. Gamma-delta-T-Zellen haben Eigenschaf ten des angeborenen Immunsystems mit seiner schnellen, vorteilhaften Antwort auf viele Fremdstoffe und entstehen bereits um die achte Schwangerschaftswoche im fötalen Thymus. Aber sie haben auch Eigenschaften des erworbenen Immunsystems, das mit seiner langsameren, sehr spezifischen Immunantwort zu einem langanhaltenden Gedächtnis gegen nachfolgende Herausforderungen wie bei

T-Zelle ist nicht gleich T-Zelle Wenn man von T-Zellen oder T-Lymphocyten spricht, meint man oft diejenigen T-Zellen, die auf ihrer Zelloberfläche einen Rezeptor besitzen, der aus einer Alpha- und Beta-Untereinheit besteht. Auch zählen diese Zellen typischerweise zum spezifischen Immunsystem. Ganz anders verhält es sich mit den besonderen γ-δ-T-Zellen. Ihre Rezeptoren weisen Gamma- und Delta-Ketten auf. Im Gegensatz zu den klassischen T-Zellen gehören diese sowohl dem spezifischen wie auch unspezifischen Immunsystem an. Dies zeigt schön, wie komplex unser Immunsystem ist und wie viel es noch zu entdecken gibt. spielsweise Infektionen führt. Sie stellen somit eine Brücke zwischen dem angeborenen und dem erworbenen Immunsystem dar. Im von der MHH geleiteten Exzellenzclus ter arbeiten rund 45 Forschungsteams an einem Ziel: Sie wollen es ermöglichen, dass besonders anfällige Menschen besser vor Infektionen geschützt werden können, beispielsweise Neugeborene. Zum Cluster gehören in der Klinik tätige Ärztinnen und Ärzte, denen die Situation der Patientinnen und Patienten sehr vertraut ist, sowie Grundlagenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die Krankheitserreger und deren Zusammenwirken mit dem Immunsystem bis ins kleinste Detail erforschen. Resist besteht aus sechs Partner-Institutionen, Sprecher ist Professor Dr. Thomas Schulz, Leiter des MHH-Instituts für Virologie. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert Resist.

Originalpublikation «Microbial exposure drives polyclonal expansion of innategd T cells immediately after birth», Pnas (2020); https://doi.org/ 10.1073/pnas.1922588117

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Stoffwechselprodukt reguliert Immunsystem

Essigsäure unterstützt T-Gedächtniszellen

Die Konzentration von körpereigener Essigsäure steigt am Ort einer Infektion jeweils besonders stark an. Wie ein Forschungsteam der Universität Basel mit Kollegen aus Bern und Cambridge im Fachjournal «Cell Metabolism» berichtet, unterstützt die Essigsäure dort die Funktion bestimmter Immunzellen und hilft dadurch, Krankheitserreger besonders effizient zu eliminieren, ohne dem eigenen Gewebe zu schaden.

Eine Armada aus Immunzellen schützt den Organismus bei Infektionen und eliminiert Krankheitserreger. Dabei sind die Kämpfer dieser «Armee» nur so gut wie die Bedingungen, unter denen sie gegen ihre Feinde antreten: Der Mix an Molekülen und Signalstoffen am Infektionsherd spielt eine entscheidende Rolle, wie die Immunzellen ihre Aufgabe erfüllen. Ein wichtiger Faktor dabei ist das Stoffwechselprodukt Essigsäure, wie das Forschungsteam um Prof. Dr. Christoph Hess und PD Dr. Maria Balmer von den Univer sitäten Basel, Bern und Cambridge berichtet. Sie untersuchten bei Mäusen und menschlichen Zellkulturen die Wirkung von Essigsäure (bzw. Acetat) auf soge nannte T-Gedächtniszellen, die als «Erinnerung des Immunsystems» eine effiziente Abwehr gegen bereits bekannte Erreger sicherstellen.

Schutz gegen zu starke Immunantwort

In einer ersten Phase befeuert die Essigsäure am Infektionsherd zunächst die «Killer-Funktion» der T-Zellen. Steigt die Konzentration jedoch über einen gewissen Schwellenwert, drosselt es die Immunfunktion dieser Zellen und fördert die Produktion von antientzündlichen Signalstoffen. Dieser Schutzmechanismus verhindert eine überschiessende Immunantwort mit entsprechenden Kollateralschäden am Gewebe. «Dies ist die erste Studie, die einen solchen dualen Effekt ein und desselben Metaboliten auf unser Immunsystem zeigen konnte», sagt Maria Balmer, Erstautorin der Studie. «Acetat hat quasi zwei Gesichter: einerseits stimuliert es die Immunfunktion, andererseits bremst es sie aber auch recht

Neben den roten Blutkörperchen und Blutplättchen zirkulieren auch neutrophile, eosinophile und basophile Zellen (weisse Blutzellen). Aber auch Lymphocyten (B-und T-Zellen) schwimmen teilweise im Blut herum.

zeitig.» Letztautor Christoph Hess meint: «Wenn wir verstehen, wie Stoffwechselprodukte in verschiedenen Phasen der Immunantwort auf unser Abwehrsystem wirken, kann das neue Ansätze liefern, um beispielsweise chronisch-entzündliche Erkrankungen oder Autoimmunerkrankungen besser zu behandeln.»

Originalpublikation Maria L. Balmer, Eric H. Ma, Andrew Thompson, Raja Epple, Gunhild Unterstab, Jonas Lötscher, Philippe Dehio, Christian M. Schürch, Jan D. Warncke, Gaëlle Perrin, Anne-Kathrin Woischnig, Jasmin Grählert, Jordan Löliger, Nadine Assmann, Glenn R. Bantug, Olivier P. Schären, Nina Khanna, Adrian Egli, Lukas Bubendorf, Katharina Rentsch, Siegfried Hapfelmeier, Russell G. Jones und Christoph Hess, «Memory CD8+ T cells balance pro- and anti-inflammatory activity by reprogramming cellular acetate handling at sites of infection», Cell Metabolism (2020); DOI: 10.1016/j. cmet.2020.07.004

Kontakt Dr. Maria Balmer Universität Basel Petersplatz 1 CH-4001 Basel +41 61 265 23 38 maria.balmer@unibas.ch www.unibas.ch

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