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WERKSTOFFE
from ChemieXtra 9/2020
by SIGWERB GmbH
«3-D-Druckgeräte» und ihre Richtlinie
Additiv gefertigte Anlagenteile kommen
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Die chemische Industrie profitiert vermehrt von Druckgeräten aus dem «3-D-Drucker». Für additiv gefertigte Pumpen oder Ventile aus hochlegierten Stählen muss aber nachgewiesen werden, dass sie sicher sind. Vor diesem Hintergrund hat TÜV Süd den Pumpen- und Armaturenhersteller KSB SE & Co. KGaA als Werkstoffhersteller für additiv gefertigte Bauteile als Halbzeug zertifiziert – konform zur Druckgeräterichtlinie.
Gunther Kuhn ¹, Jörg Keller¹, Dr.Andrea Seemann², Stephan Braun²
Mit dem zunehmenden Einsatz additiver Fertigungsverfahren steigt die Nachfrage nach Polymeren, Weichmachern und Zuschlagstoffen. Bei den kunststoffbasierten Schmelzschicht-Verfahren sind es beispielsweise Polycarbonat- und Polyurethan-Filamente. Die chemische Industrie profitiert aber nicht nur von der Nachfrage von Rohstoffen für die additive Fertigung, sondern auch von den Ergebnissen: Bau teile für ihre Anlagen. Zum Beispiel kommen neue metallische Pulver fürs Laserschmelzen auf den Markt. Daraus entstehen Komponenten aus Edelstahl, Nickel, Titan, aber auch Aluminium. Sie können vor Ort gefertigt werden und sind so verfügbar – trotz der durch die Corona-Pandemie teils unterbrochenen Lieferketten. Beim Einsatz für drucktragende Pumpen, Ventile oder Armaturen steht Sicherheit an erster Stelle. Eine optische Prüfung reicht nicht aus. Normkonformität heisst: Die Festigkeitswerte müssen den Anforderungen der Druckgeräterichtlinie (DGRL) genügen. Eine Verfahrensprüfung muss das qualifizieren. Dieser Nachweis fordert die Hersteller bisweilen heraus. Aussagefähige Statistiken über Abweichungen? Mechanisch-technologische Kennwerte aus der Produktion? Daten zu deren Verteilung im Bauraum der Maschine? Die Antwort lau tet meist, dass davon nichts oder nur wenig bekannt ist. Wie weit die Produkte von den Vorgaben abweichen, lässt sich meist nur anhand von zerstörenden Prüfungen an Proben ermitteln.
¹ TÜV Süd Industrie Service ² KSB SE & Co. KGaA
Statische Bildanalyse von Metallpulver mit einem REM. Dokumentiert werden Partikelform, Korngrössen und weitere Effekte wie Anhaftungen, Satelliten etc.
Pilot-Audit bei Pumpenhersteller
Um sich von unabhängiger Stelle bestätigen zu lassen, dass die eigene additive Fertigung konform zur DGRL ist, hat sich KSB SE & Co. KGaA am Standort Pegnitz erfolgreich einem Audit durch TÜV Süd Industrie Service gestellt. Der international führende Hersteller liefert unter anderem Pumpen und Armaturen für die chemische Industrie sowie für den Bergbau, die Wasserversorgung oder die Gebäudetechnik. Seine metallbasierte additive Fertigung nutzt das so genannte Pulverbettverfahren (PBF). Gegenstand des Audits waren Basisqualifikationen wie nach ISO 9001, die Qualifizierung des Bauraums, die Verfahrensprüfung, aber auch die Fachkunde der Mitarbeitenden. Einrichtungen und Verfahren für die sachgemässe Herstellung und betriebseigene Prüfverfahren zählten genauso dazu. Grundlage war ein neues Zertifizierungsprogramm, das die allgemeinen DGRL-Anforderungen berücksichtigt. Hinzu kommt die sinngemässe Anwendung der EN 13445-4 «Unbefeuerte Druckbehälter – Teil 4: Herstellung». Dabei mussten die Experten zum einen auf ihre langjährige Erfahrung mit Werkstoffen und in der Schweisstechnik zurückgreifen. Zum anderen waren Best-Practice-Szenarien entscheidend, weil die EN 13445 bisher nur konventionelle Fertigungsverfahren betrachtet. Die Anforderungen lassen sich für die additive Fertigung aber nur bedingt übernehmen, da zum Beispiel keine genormten Werkstoffe existieren. Die Werkstoffe entstehen aus einem Pul ver, dass in einer Maschine von einem Laser aufgeschmolzen wird und sich ge-
Beim selektiven Laserschmelzen wird ein Metallpulver schichtweise auf eine Grundplatte aufgetragen. Durch die Temperatureinwirkung des Lasers entsteht nach und nach die gewünschte Bauteilgeometrie.
zielt verfestigt. Die zugehörigen Parameter werden bei erfolgreichen Produkten für weitere fixiert. Auch gilt es die Anforderungen an Lieferanten und ihre Pulver zu spezifizieren. Dabei steht die Qualität der Prozesse und der Materialien im Mittelpunkt. Das schliesst die Möglichkeit ein, diese tatsächlich zuverlässig beurteilen zu können – also die Genauigkeit und Konstanz eingeschlossen der vorliegenden Analysemöglichkeiten beim Lieferanten und Anwender.
Unregelmässigkeiten qualifizieren
Bei Hohlräumen und Poren in Bauteilen sowie der Morphologie des Pulvers bestehen meist keine genau festgelegten Grenzwerte. Allerdings greift TÜV Süd Industrie Service bei der Beurteilung auf Erfahrungswerte aus der Praxis zurück, um akzeptable von inakzeptablen Unregelmässigkeiten zu unterscheiden. Wenn zum Beispiel der prozentuale Anteil an Hohlräumen gering genug ist, die morphologische Verteilung einem bestimmten Verlauf entspricht und leicht raue, dendritische Strukturen aufweist, sind das noch keine Auffälligkeiten. Kunden müssen allerdings geeignete Entscheidungsregeln für die Akzeptanz der Ausgangsstoffe und der Produkte bestimmen – eingeschlossen der Messunsicherheiten.
Auf die Kalibrierung kommt es an
Das fordert auch die beauftragten Labore heraus, weil fallweise keine Rückführbarkeit auf so genannte Prüfnormale besteht. Diese Vergleichsgegenstände dienen zur Kalibrierung der Messgeräte. Entscheidend ist zu klären, wie gross Abweichungen maximal sein dürfen, um noch akzeptabel zu sein. Ziel ist das richtige Mass an Genauigkeit zu finden, damit daraus weder Qualitätseinbussen noch unnötig hohe Prüfund Kalibrierungskosten resultieren. Mitunter sind eigene Referenzproben ohne Rückführbarkeit auf Prüfnormale aufzubauen sowie geeignete Verfahren, um Messunsicherheiten zu ermitteln. Diese sind zu verifizieren und Grenzwerte festzulegen.
Prüfungen über die gesamte Prozesskette
Bereits beim Wareneingang wird das Metallpulver umfangreich geprüft. Es folgen kontinuierliche produktionsbegleitende Prüfungen und die Bereitstellung von qualifiziertem Personal und geprüften Maschinen – bis hin zur umfassenden Qualitätssicherung mit zerstörungsfreien Prüfungen im eigenen akkreditierten Werkstofflabor. So ist die gesamte Prozesskette abgedeckt.
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Der Kerbschlagbiegeversuch dient der Werkstoffprüfung und hilft, die Festigkeit des Materials bezogen auf die spätere Beanspruchung hin zu beurteilen. Dabei wird ein eingekerbter Probequader durch einen Pendelhammer verformt.
KSB setzt derzeit auf Maschinen von Concept Laser und EOS. Die Maschinen M2 Classic, M2 Dual Laser von Concept Laser sowie die Maschine M400-4 von EOS. Alle sind für die Herstellung drucktragender Bauteile mit dem Werkstoff Noribeam 316L zertifiziert. Ein KSB-eigenes Werk stoffdatenblatt mit verifizierten Kennwerten aus mehreren hundert Zug- und Kerbschlagbiegeproben dient dafür als Grundlage und Referenz. Von Beginn an wurde anhand von Prüfproben eine umfangreiche Statistik erstellt – zu den mechanisch-technologischen Kennwerten der Bauteile sowie der chemischen Zusammensetzung des Ausgangspulvers als auch zu Prüfkörpern nach der Verarbeitung. Das hauseigene Werkstofflabor prüft aktuell weitere KSB-relevante Werkstoffe.
Genauer Blick auf die Maschinen
Zu den grössten Herausforderungen der Zertifizierung zählten die Maschinen. Eine umfangreiche Auswirkungsanalyse zeigte am Anfang alle relevanten Risiken auf. So konnte eine Qualitätssicherung aufgebaut werden, die detailliert auf die Besonderheiten der Maschinen und Prozesse in der additiven Fertigung eingeht. Maschinentypen von verschiedenen – aber auch denselben – Herstellern haben individuelle Stärken und Schwächen, die im Vorfeld durch eine sogenannte Bauraumqualifizierung durch die Experten festgestellt wurden. Eine entscheidende Rolle spielen beispielsweise unterschiedliche Strömungsverläufe des Prozessgases, verschiedene Pulveraufzugsmethoden und andere Lasersysteme. Die Analyseergebnisse werden durch eine kontinuierliche Qualitätssicherung und die Weiterführung der Statistik vergleichbar gehalten. Abschliessend kommt vor allem die Beur teilung der Bauteile zum Tragen. Zerstörende und zerstörungsfreie Prüfungen bestimmen die Qualität. Betrachtet hat KSB neben den Bauteilen auch hier noch einmal das Pulver und die Prüfproben. Das Spektrum der additiven Fertigung umfasst bei neben klassischem 1:1-Ersatz konventioneller Bauteile und der kundenindividuellen Sonderanfertigung von Komponenten auch neu für die additive Fertigung entwickelte und designte Komponenten.
Ausblick und Fazit
Aufgrund von Engpässen und Kurzarbeit durch die Corona-Pandemie können einige Hersteller von Anlagenteilen ihre Ter
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minzusagen nicht immer halten. Die chemische Industrie profitiert dann von einer schnellen additiven Ersatzfertigung und dadurch gesicherten Lieferketten. Mehrere Bauteile – wie Standardlaufräder für Chemienormpumpen – sind bereits im Feld bei Kunden und in hauseigenen Prüfständen erfolgreich getestet worden. Aufgrund der zuverlässigen Qualitätssicherung können sie wie herkömmliche Bauteile eingesetzt werden. Weil sie in Chemieanlagen allerdings besonders hohe Sicherheitsanforderungen erfüllen müssen, sind langjährige Erfahrung und zuverlässige Qualitätskontrollen entscheidend. Unabhängige Zertifizierungen bestätigen die erfüllten Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen
Proben für den Zugversuch dienen der Ermittlung von Werkstoffkennwerten wie: Zugfestigkeit, Bruchdehnung und Streckgrenze. Dafür werden die Proben in einer Zugprüfmaschine mit einer definierten Kraft bis zum Bruch auseinandergezogen.
gegenüber Dritten.
Kontakt
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KSB SE & Co. KGaA Johann-Klein-Strasse 9 D-67227 Frankenthal +49 6233 86 0 additive@ksb.com www.ksb.com
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