ChemieXtra 9/2020

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WERKSTOFFE

«3-D-Druckgeräte» und ihre Richtlinie

Additiv gefertigte Anlagenteile kommen Die chemische Industrie profitiert vermehrt von Druckgeräten aus dem «3-D-Drucker». Für additiv gefertigte Pumpen oder Ventile aus hochlegierten Stählen muss aber nachgewiesen werden, dass sie sicher sind. Vor diesem Hintergrund hat TÜV Süd den Pumpen- und Armaturenhersteller KSB SE & Co. KGaA als Werkstoffhersteller für additiv gefertigte Bauteile als Halbzeug zertifiziert – konform zur Druckgeräterichtlinie.

Mit dem zunehmenden Einsatz additiver Fertigungsverfahren steigt die Nachfrage nach Polymeren, Weichmachern und Zuschlagstoffen. Bei den kunststoffbasierten Schmelzschicht-Verfahren sind es beispielsweise Polycarbonat- und Polyure­ than-Filamente. Die chemische Industrie profitiert aber nicht nur von der Nachfrage von Rohstoffen für die additive Fertigung, sondern auch von den Ergebnissen: Bauteile für ihre Anlagen. Zum Beispiel kommen neue metallische Pulver fürs Laserschmelzen auf den Markt. Daraus entstehen Komponenten aus Edelstahl, Nickel, Titan, aber auch Aluminium. Sie können vor Ort gefertigt werden und sind so verfügbar – trotz der durch die Corona-Pandemie teils unterbrochenen Lieferketten. Beim Einsatz für drucktragende Pumpen, Ventile oder Armaturen steht Sicherheit an erster Stelle. Eine optische Prüfung reicht nicht aus. Normkonformität heisst: Die Festigkeitswerte müssen den Anforderungen der Druckgeräterichtlinie (DGRL) genügen. Eine Verfahrensprüfung muss das qualifizieren. Dieser Nachweis fordert die Hersteller bisweilen heraus. Aussagefähige Statistiken über Abweichungen? Mechanisch-technologische Kennwerte aus der Produktion? Daten zu deren Verteilung im Bauraum der Maschine? Die Antwort lautet meist, dass davon nichts oder nur wenig bekannt ist. Wie weit die Produkte von den Vorgaben abweichen, lässt sich meist nur anhand von zerstörenden Prüfungen an Proben ermitteln. ¹ TÜV Süd Industrie Service ² KSB SE & Co. KGaA

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Bilder: KSB SE & Co. KGaA

Gunther Kuhn  ¹, Jörg Keller  ¹, Dr. Andrea Seemann ², Stephan Braun ²

Statische Bildanalyse von Metallpulver mit einem REM. Dokumentiert werden Partikelform, Korngrössen und weitere Effekte wie Anhaftungen, Satelliten etc.

Pilot-Audit bei Pumpenhersteller Um sich von unabhängiger Stelle bestätigen zu lassen, dass die eigene additive Fertigung konform zur DGRL ist, hat sich KSB SE & Co. KGaA am Standort Pegnitz erfolgreich einem Audit durch TÜV Süd Industrie Service gestellt. Der international führende Hersteller liefert unter anderem Pumpen und Armaturen für die chemische Industrie sowie für den Bergbau, die Wasserversorgung oder die Gebäudetechnik. Seine metallbasierte additive Fertigung nutzt das so genannte Pulverbettverfahren (PBF). Gegenstand des Audits waren Basisqualifikationen wie nach ISO 9001, die Qualifizierung des Bauraums, die Verfahrensprüfung, aber auch die Fachkunde der Mitarbeitenden. Einrichtungen und Verfahren für die sachgemässe Herstellung und

betriebseigene Prüfverfahren zählten genauso dazu. Grundlage war ein neues Zertifizierungsprogramm, das die allgemeinen DGRL-Anforderungen berücksichtigt. Hinzu kommt die sinngemässe Anwendung der EN 13445-4 «Unbefeuerte Druckbehälter – Teil 4: Herstellung». Dabei mussten die Experten zum einen auf ihre langjährige Erfahrung mit Werkstoffen und in der Schweisstechnik zurückgreifen. Zum anderen waren Best-Practice-Szenarien entscheidend, weil die EN 13445 bisher nur konventionelle Fertigungsverfahren betrachtet. Die Anforderungen lassen sich für die additive Fertigung aber nur bedingt übernehmen, da zum Beispiel keine genormten Werkstoffe existieren. Die Werkstoffe entstehen aus einem Pulver, dass in einer Maschine von einem Laser aufgeschmolzen wird und sich ge9/2020


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