7 minute read

UMWELT

Next Article
MANAGEMENT

MANAGEMENT

Die Bildung von Aerosolpartikeln tritt nicht nur in Städten auf.

Ultraschnelles Partikelwachstum

Advertisement

Wie Feinstaub aus Abgasen entsteht

Wenn in asiatischen Mega-Cities Winter-Smog herrscht, misst man in den Strassen mehr Feinstaub, als es eigentlich geben dürfte. Ein internationales Team mit Beteiligung von Forscherinnen und Forschern der GoetheUniversität Frankfurt sowie der Universitäten in Wien und Innsbruck hat jetzt herausgefunden, dass vor allem Salpetersäure- und Ammoniak-Dämpfe zur Bildung weiterer Feinstaubpartikel beitragen. Salpetersäure und Ammoniak entstehen in Stadtzentren vorwiegend aus Autoabgasen.

In urbanen Ballungszentren führen hohe Konzentrationen von Feinstaub zu erheblichen Beeinträchtigungen der Gesundheit. Besonders in den Wintermonaten ist die Situation in vielen asiatischen Mega-Cities dramatisch, wenn Smog die Sichtweite stark reduziert und das Atmen schwerfällt. Feinstaubpartikel, deren Durchmesser kleiner als 2,5 Mikrometer ist, entstehen vorwiegend direkt durch Verbrennungsprozesse zum Beispiel in Kraftfahrzeugen oder Heizungen, man spricht von primärem Feinstaub. Darüber hinaus entsteht Feinstaub auch in der Luft als sekundärer Feinstaub, indem sich Gase aus organischen Substanzen, Schwefelsäure, Salpetersäure oder Ammoniak an winzige Nanopartikel anlagern. Dadurch wachsen Partikel heran, die einen Teil des Feinstaubs bilden. Rätselhaft war bisher, wie sich sekundäre Feinstaubpartikel in den Strassenschluchten von Mega-Cities neu bilden können. Berechnungen zufolge sollen sich die winzigen Nanopartikel eher an die reichlich vorhandenen grösseren Partikeln anlagern als neue Feinstaubpartikel zu bilden.

Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV)

Sulzerallee 70, Postfach CH-8404 Winterthur/Switzerland www.snv.ch

Standards create opportunities!

Normen schaffen Chancen, geben Orientierung und Sicherheit. Dafür setzen wir uns täglich ein, zusammen mit unseren Normenexperten! Diese stellen wir in diesem Jahr ins Rampenlicht und widmen ihnen monatlich eine Story auf unserer W ebseite.

Schauen Sie regelmässig auf www.snv.ch rein und lassen Sie sich inspirieren!

Am Teilchenbeschleuniger Cern in Genf haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im internationalen Atmosphären-Forschungsprojekt Cloud jetzt in einer Klimakammer Bedingungen nachgestellt, die in den Strassen von Mega-Cities herrschen, und die Entstehung sekundären Feinstaubs nachgestellt: In den Strassenschluchten einer Stadt kommt es zu einer lokalen Erhöhung von Schadstoffen. Die Ursache für die ungleichmässige Vertei lung der Schadstoffe sind einerseits die hohen Schadstoffemissionen auf Strassenniveau. Andererseits dauerte es einige Minuten, bis sich die Strassenluft mit Luft aus der Umgebung vermischt. Dies führt dazu, dass sich die beiden Schadstoffe Ammoniak und Salpetersäure in der Strassenluft kurzzeitig stark anreichern. Die hohen Konzentrationen, dies zeigten die Cloud-Experimente, schaffen Bedingun gen, unter denen die beiden Schadstoffe an Nanopartikel kondensieren können: An wenige Nanometer grossen Kondensationskernen bildet sich Ammoniumnitrat und lässt diese Partikel rasch anwachsen. «Wir haben beobachtet, dass diese Nano partikel innerhalb weniger Minuten sehr rasch anwachsen. Sie wachsen teilweise einhundertmal schneller, als wir dies bisher von anderen Schadstoffen kennen, wie zum Beispiel Schwefelsäure», erläutert der Klimaforscher Prof. Joachim Curtius von der Goethe-Universität Frankfurt. «In urbanen Ballungszentren liefert der von uns beobachtete Prozess damit einen wichtigen Beitrag zur Bildung von Feinstaub im Wintersmog. Denn der Prozess läuft nur bei Temperaturen von weniger als etwa plus fünf Grad Celsius ab». Der Aerosolphysiker Paul Winkler von der Universität Wien erklärt dazu: «Bei wärmeren Bedingungen sind die Teilchen zu flüchtig und könnten daher keinen Beitrag zum Wachstum liefern.» Die Bildung von Aerosolpartikeln aus Am moniak und Salpetersäure tritt vermutlich nicht nur in Städten und Ballungsgebieten auf, sondern auch gelegentlich in höheren Luftschichten der Atmosphäre. Ammoniak, das hauptsächlich in der Landwirtschaft entsteht, gelangt durch aufsteigende Luftströmungen aus bodennaher Luft in die obere Troposphäre, und Salpetersäure entsteht durch Blitze aus dem Stickstoff der Luft. «Es bilden sich bei den dort herrschenden niedrigen Temperaturen neue Ammoniumnitratpartikel, die als Kondensationskeime bei der Wolkenbildung eine Rolle spielen», verdeutlicht der Ionenphysiker Armin Hansel von der Universität Innsbruck die dadurch auch bestehende Klimarelevanz des Forschungsergebnisses. Das Experiment Cloud (Cosmics Leaving Outdoor Droplets) am Cern untersucht, wie neue Aerosolpartikel in der Atmosphäre aus Vorläufergasen gebildet werden und weiter zu Kondensationskeimen wachsen. Damit liefert Cloud ein grundlegendes Verständnis zur Entstehung von Wolken und Feinstaub. Cloud wird von einem internationalen Konsortium – bestehend aus 21 Instituten – durchgeführt. Die Cloud-Messkammer wurde mit CernKnow-how entwickelt und erreicht bedeutend besser definierte Messbedingungen als andere vergleichbare Experimente. Bei Cloud-Messkampagnen wird mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Messgeräten der physikalische und chemische Zustand der Atmosphäre bestehend aus Teilchen und Gase charakterisiert. Das Team um Joachim Curtius vom Institut für Atmo sphäre und Umwelt der Goethe-Universität Frankfurt entwickelt und betreibt im Cloud-Projekt zwei Massenspektrometer, um Spurengase wie den Ammoniak und Schwefelsäure auch bei kleinsten Konzentrationen nachzuweisen. An der Fakultät für Physik der Universität Wien entwickelt das Team um Paul Winkler im Rahmen eines ERC-Projektes ein neues Partikel messgerät, mit dem speziell die Aerosoldynamik im relevanten Grössenbereich von 1 bis 10 Nanometern quantitativ untersucht werden kann. Armin Hansel vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck entwickelte mit seinem Forschungsteam im Rahmen eines FFG-Projektes ein neues Messverfahren (PTR3-TOF-MS), um die Spurengase beim Cloud Experiment noch empfindlicher zu analysieren.

Originalpublikation M. Wang, «Rapid growth of new atmospheric particles by nitric acid and ammonia condensation», Nature (2020), DOI 10.1038/s41586-020-2270-4

Kontakt Prof. Dr. Joachim Curtius Goethe-Universität Frankfurt am Main Theodor-W.-Adorno-Platz 1 D-60323 Frankfurt am Main +49 69 798 40258 curtius@iau.uni-frankfurt.de www.uni-frankfurt.de

Produkte für den Life Science Bereich und weitere praktische Verbrauchsartikel für Ihr Labor unter

www.semadeni.com/webshop

Semadeni AG, CH-3072 Ostermundigen T + 41 31 930 18 18, info@semadeni.com

Mathematisches Modell bestätigt

Immer noch zu viel Blei im Boden

Das Schwermetall Blei ist giftig. Wer es über einen langen Zeitraum aufnimmt, schädigt unter anderem das zentrale Nervensystem. Um die Bleibelastung für Mensch und Umwelt zu reduzieren, wurden viele Massnahmen ergriffen. Dennoch kann sich Blei weiterhin etwa in landwirtschaftlich genutzten Böden anreichern. Bislang war kaum erforscht, ob dabei langfristig gesundheitlich bedenkliche Konzentrationen entstehen können. Ein mathematisches Modell zeigt nun erste Resultate.

Das Ergebnis: Die Bleikonzentration in Böden steigt an, allerdings nur sehr langsam. «Durch unser Modell sind Prognosen möglich, wie sich der Bleigehalt im Boden über viele Jahrzehnte entwickelt», sagt der Erstautor der Studie Prof. Dr. Thomas Schupp von der Fachhochschule Münster. So könne man abschätzen, ab wann für die Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbraucher kritische Bleiwerte erreicht werden. Zunächst hatte die Kommission ermittelt, wie viel Blei jährlich durch Dünger, Munition und Ablagerung aus der Hintergrundbelastung der Luft in ländlichen Regionen in den Boden eingebracht wird. Dazu nutzte sie aus der Literatur bekannte Werte. Dies führte zu vier Szenarien mit unterschiedlich hohen Bleieinträgen pro Jahr. Diese setzten die Forschenden in Relation zu den Bleikonzentrationen, die dem Boden durch versickerndes und ablaufendes Regenwasser sowie durch die angebauten Pflanzen entzogen werden. So simulierte das Team, wie sich die Bleikonzentration im Boden entwickelt.

Ein beliebtes Metall Blei kommt in der Erdkruste vor. Bleihaltige Stoffe werden bereits seit der Antike verwendet. Sie kommen etwa als Material für Rohrsysteme, Plomben, Farben und Pigmente, Geschosse und Projektile für Waffen sowie als Antiklopfmittel in Otto-Motoren und in der chemischen Industrie vor. Viele der Anwendungsfelder sind mittlerweile verboten oder die Verwendung ist stark eingeschränkt. Erwachsene nehmen Bleiverbindungen über Lebensmittel wie Getreide, Gemüse und Trinkwasser auf. Für Kinder stellen Hausstaub und Erde eine zusätzliche Expositionsquelle dar. «Danach haben wir geschätzt, wie viel Blei eine Person beim Verzehr von bestimmten landwirtschaftlichen Produkten wie Getreide, zum Beispiel Gerste, oder Gemüse, also etwa Kartoffeln, Karotten, Chinakohl, Spinat oder Mangold, aufnimmt», so Schupp. Dies ist möglich, da für einige landwirtschaftliche Produkte der Bleianteil bekannt ist, den sie aus dem Boden aufnehmen. Prof. Dr. Jan Hengstler, Mitautor und Toxikologe am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der Technischen Universität Dortmund (IfADo), fasst die Erkenntnisse der Modellierungen zusammen: «Während kurzfristig nur wenig passierte, stiegen die Bleibodenkonzentrationen in zwei Szenarien über einen Zeitraum von vielen Jahrzehnten – einmal 50 und 175 Jahren – deutlich an.» Sie erreichten Werte, die für den Menschen ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko darstellen würden. Diese Szenarien enthielten zwar hohe Bleibodenwerte, bedingt durch Einträge über Dünger, dicht gefolgt von Schrotkugeln und einem kleineren Anteil von Blei in der Luft. Für die konventionelle Landwirtschaft, für die ausreichend Daten vorliegen, sind die Werte dennoch realistisch, wobei Kompost den höchsten Eintrag verursacht. «In der Realität haben wir aber die Möglichkeit, den Bleieintrag in den Boden zu senken, zum Beispiel durch Düngemittel, die weniger Blei enthalten, oder Alternativen zu bleihaltiger Munition. Solche Massnahmen sind relevant für eine nachhaltige Land wirtschaft und um toxische Effekte des Bleis langfristig zu vermeiden», erklärt der Wissenschaftler. Eine genauere Kenntnis darüber, wie viel Blei durch Schrotkugeln in den Boden gelangt, könnte die Aussagekraft der Berech

Thomas Schupp ist Erstautor einer Studie zum Thema Bleibelastung in Ackerböden.

nungen verbessern. Denn bislang liegen dazu nur grobe Schätzungen vor. Zudem haben die Forscherinnen und Forscher andere Quellen der Bleibelastungen – etwa das Trinkwasser – in den aktuellen Berechnungen nicht berücksichtigt.

Medienmitteilung Fachhochschule Münster www.fh-münster.de TOSOH_Ins_58x90_4c_Layout 1 20.12.12 07:47 Seite 1

Y H O V E R N E W S O L U T I O N S L I Q U I D C H R O M A T O G R A P D I S C F O R

C

P

Geissbrunnenweg 14 · CH-4452 Itingen Tel. 061 971 83 44 · Fax 061 971 83 45 E-Mail: info@sebio.ch · www.sebio.ch BL

This article is from: