ChemieXtra 6/2021

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Juni 2021

Offizielles Organ des Schweizerischen Chemie- und Pharmaberufe Verbandes

DIE FACHZEITSCHRIFT FÜR DIE CHEMIE- UND LABORBRANCHE

Making our world more productive

LOTOX® Hochleistungs-NOx-Abscheidungstechnologie Reine Luft aus der Chemikalien- und Abfallverbrennung PanGas AG Industriepark 10, CH-6252 Dagmersellen, Telefon 0844 800 300, contact@pangas.ch, www.pangas.ch, shop.pangas.ch


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19. bis 21. Oktober 2021 | Messe Basel | ilmac.ch

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EDITORIAL

Logistik gehört immer zur Strategie In der heutigen Zeit kommt man um das Wort Logistik kaum herum. Es entsteht der Eindruck, dass Logistik eine Art Modeüberbegriff geworden ist, der sich fast überall anwenden lässt. Schaut man im Lexikon nach, findet man eine Definition: «Logistik ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die sich mit der Planung, Steuerung, Optimierung und Durchführung von Güter-, Informations- und Personenströmen befasst.» Dies steckt das Anwendungsfeld dieser Disziplin ab. Und es zeigt auch, wie sich die Wortbedeutung gewandelt und weiterentwickelt hat. Ursprünglich sind wir im Militär, wo der Begriff wörtlich zum ersten Mal im 18. Jahrhundert in Frankreich auftaucht. Natürlich geht das Ganze auf die Römer zurück. Schon bei ihnen gehörte zur Truppe ein Tross, der für die Versorgung und für den Nachschub zuständig war. Aber bei ihnen gehörte auch der Strassenbau und das Transportwesen dazu. Viele Feldherren, die sich über die Logistik setzten, mussten deren Fehlen oft schmerzlich bezahlen. Der Russlandfeldzug Napoleons endete gerade deshalb in einer kontinentalen Katastrophe mit hunderttausenden von O ­ pfern. Fast in jedem Konflikt finden sich Quartalsfehler in der Logistik, die schreckliche Folgen hatten. Ein Gebiet ist rasch erobert, doch muss man es auch halten. Dazu hilft die Logistik. Wie die Definition oben zeigt, deckt die Logistik sehr vieles ab. Ein zentrales Thema sind zum Beispiel die unterschiedlichen Transportmittel, vom Auto über Luft- und Wassertransport bis zur Weiterleitung elektronischer Impulse. Je nach dem braucht es unterschiedliche Problemlösungen. Die Covid-19-Pandemie hat zu einem ganz aktuellen Problemfeld geführt. Die ersten wirksamen Vakzine konnten nur bei sehr tiefen Temperaturen stabil sein. Die Logistik musste zuerst geeignete Transportmittel mit Kühlmöglichkeiten suchen. Dazu sollten die Ampullen auch vor Ort gekühlt werden. Dies führte dazu, dass kaum ein Hausarzt hätte impfen können, weil er die technischen Möglichkeiten gar nicht hatte. Tiefkühlschränke mit mindesten minus 70 Grad Kühlung sind für Ärzte eine grosse Anschaffung. Dies ist nur ein kleiner Einblick in die Aufgaben der Logistiker. Zu den Pfeilern des modernen Bauens gehört der Zement. Es ist bekannt, dass dessen Herstellung sehr energieintensiv ist. Ausserdem ist die übergrosse CO2Emission nicht zu übersehen. Die moderne Betonindustrie ist aber bestrebt, sowohl die Energiefrage als auch die ökologischen Schäden zu minimieren. Die neue Ausgabe befasst sich unter anderem mit diesen Herausforderungen. Wir wünschen Ihnen beim Schmöckern und Stöbern viel Vergnügen.

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I N H A LT S V E R Z E I C H N I S

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LOGISTIK

Immunchemie: Methoden und Anwendungen

Die Reisebranche der Chemie

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CHEMIE Kettenlänge bestimmt Molekülfarbe

Forschende der ETH Zürich entwickelten fluoreszierende Polymere, deren Fluoreszenzfarbe besonders fein justiert werden. Zu den erhofften Einsatzmöglichkeiten gehören neben der Biomedizin beispielsweise auch der Sicherheitsdruck.

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BIOWISSENSCHAFTEN Jahrzehntelang geglaubt – und doch falsch

Vermutlich kennt fast jeder diesen Stoffwechselweg bereits aus dem Biologieunterricht: den Citratzyklus. Ein Forscherteam kam 2018 zu ganz neuen Erkenntnissen, die einiges auf den Kopf gestellt haben. Weitere Forschungsergebnisse eröffnen nun ein tieferes Verständnis darüber.

IMPRESSUM

Die Fachzeitschrift für die Chemie- und Laborbranche

Erscheinungsweise 10 × jährlich

LABOR

Die gegenwärtige Pandemie hat Antigen-Schnelltests für den einfachen Nachweis von Sars-CoV-2 in das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gerückt. Mitunter weniger wahrgenommen werden die anderen immunchemischen Verfahren, die schon lange einen Grundpfeiler der Diagnostik darstellen.

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MEDIZIN So lagert unser Körper Fett ein

20

ERNÄHRUNG Kühlmöbel sollen effizienter werden

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NEWS

Herausgeber/Verlag SIGWERB GmbH Unter Altstadt 10, Postfach CH-6302 Zug +41 41 711 61 11 info@sigwerb.com www.sigwerb.com

Vorstufe Triner Media + Print Schmiedgasse 7 CH-6431 Schwyz +41 41 819 08 10 beratung@triner.ch www.triner.ch

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Redaktion Roger Bieri Unter Altstadt 10, Postfach CH-6302 Zug +41 41 711 61 11 redaktion@sigwerb.com

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Copyright Zur Veröffentlichung angenommene Originalartikel gehen in das ausschliessliche Verlagsrecht der SIGWERB GmbH über. Nachdruck, fotomechanische Vervielfältigung, Einspeicherung in Datenverarbeitungsanlagen und Wiedergabe durch elektronische Medien, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Haftung übernommen.

Geschäftsleiter Andreas A. Keller

Redaktionelle Mitarbeit Dr. Kurt Hermann

Jahrgang 11. Jahrgang (2021) Druckauflage 9 099 Exemplare WEMF / SW-Beglaubigung 2020 9 219 Exemplare Total verbreitete Auflage 2 221 Exemplare davon verkauft

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Copyright 2021 by SIGWERB GmbH, CH-6302 Zug

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I N H A LT S V E R Z E I C H N I S

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FIRMEN BERICHTEN

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«Almatechnik bringt Flüssiges in Bewegung»

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Aus der Krise für die Zeit ohne Krise lernen

Agilität muss man zunächst als Mindset, also Geisteshaltung verstehen, aus der konkrete Praktiken und Tools entstehen. Diese können die Veränderung hin zur verbesserten Zusammenarbeit im Rahmen optimierter Prozesse unterstützen.

FORSCHUNGSWELT Worauf es bei der Energiewende ankommt

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Kann die Schweiz ihre Kohlendioxid-Emissionen wie geplant bis im Jahr 2050 auf null senken? Oder ist dies ein utopisches Ziel? Forschende des Paul-Scherrer-Instituts (PSI) haben in einer Studie untersucht, welche konkreten Massnahmen dafür notwendig wären.

WERKSTOFFE 50 Jahre alt und so gut wie neu

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MANAGEMENT

VERFAHRENSTECHNIK

VERBANDSSEITEN SCV-Informationen

Ist die Prozesssimulation fit für die Zukunft?

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UMWELT

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Inserat-ChemieXtra-6-2021_210x210mm-D-4f.indd 1

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ZUM TITELBILD

PRODUKTE

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Der beschwerliche Weg zur CO2-Neutralität

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Luftzerlegungsanlage Rheinfelderstrasse 971 CH-4132 Muttenz

28.05.21 08:56

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Bild: Flughafen Zürich AG

LOGISTIK

Meist reisen die Luftfrachtgüter im Unterdeck von Passagierflugzeugen mit – wie hier am Flughafen Zürich in der Früh.

Einblicke in eine faszinierende Welt

Die Reisebranche der Chemie Egal ob in der Luft, auf Schienen oder auf den unzähligen Strassen: Chemikalien und Pharmaerzeugnisse können Logistiker nicht ohne Weiteres einfach so von A nach B karren. Jedes Produkt ist einzigartig und stellt spezielle Anforderungen an den Transport sowie an die Lagerung. Die maximale Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit stehen im Spannungsfeld zwischen teils unberechenbaren Umweltfaktoren und grösstmöglicher Produktsicherheit.

Roger Bieri

Bild: Shutterstock

Chemie ist nicht gleich Chemie. Gerade für Medikamente und pharmazeutische Wirkstoffe gelten, verglichen mit anderen Chemikalien, ganz besondere Richtlinien. Ähnlich wie die gute Herstellungspraxis (GMP) die Produktionsabläufe eines Phar­ maunternehmens regelt, gibt die gute Ver­ triebspraxis (GDP) der Pharmalogistik den Takt vor. Primäres Ziel der GDP ist die Qualitätssicherung der Produkte. Es soll auch verhindert werden, dass gefälschte Medikamente, die in der heutigen vernetz­ ten Welt immer zahlreicher werden, in die Lieferketten eindringen.

Ohne Regeln läuft nichts Die GDP schreibt beispielsweise vor, dass nur dafür geschultes Personal die beson­ deren Aufgaben in der Pharmalogistik 4

Am Hafen in Hamburg stapeln sich diverse Kühlcontainer.

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LOGISTIK

Seefracht St. Gallen – Hongkong

Gesamte Route Teilstrecke mit LKW

St. Gallen – Zürich

St. Gallen – Hamburg

CO2 -Fussabdruck

0,32 kg CO2e (TTW)

3,52 kg CO2e (TTW)

Hauptstrecke

Zürich – Hongkong

Hamburg – Hongkong

CO2 -Fussabdruck

566,90 kg CO2e (TTW)

6,00 kg CO2e (TTW)

Gesamter CO 2 Fussabdruck

567,22 kg CO 2e (TTW)

9,52 kg CO 2e (TTW)

Tabelle 1: Die hier angegebenen CO 2 -Äquivalenten (CO 2 e) beinhalten lediglich die Emissionen, die beim Treibstoffverbrauch während eines Transports anfallen. Daher spricht man von «Tank-zu-Rad» (TTW) und nicht von «Quelle-zu-Rad» (WTW), wo unter anderem die Produktion des Kraftstoffs in die Rechnung miteinbezogen wird.

durchführen darf, dass zu vernichtendes Material besonders gekennzeichnet und gesondert gelagert werden muss und dass Parameter wie die Temperatur stets kon­ trolliert werden müssen. Paradebeispiele zum letzten Punkt sind gegenwärtig wohl die mRNA-Impfstoffe, die stets stark ge­ kühlt gelagert und transportiert werden. 2015 hat die Schweiz ihre Richtlinien der GDP derjenigen der Europäischen Union angepasst. Seit Januar 2016 gelten diese strengeren Regeln für alle Unternehmen in der Schweiz, die für die Logistik von Arz­ neimitteln verantwortlich sind.

tigsten Verkehrsmittel ist. Laut dem Dach­ verband der Fluggesellschaften, der Inter­ national Air Transport Association (IATA), werden weltweit jährlich pharmazeutische Produkte im Wert von über einer Billion Dollar mit dem Flugzeug transportiert. In der Schweiz machen chemisch-pharma­ zeutische Produkte beinahe die Hälfte des Warenwerts von Luftfrachtexporten aus – wenn man die transportierten Edelmetalle von der Rechnung ausklammert. 2019 er­ zielten sie einen Wert von beinahe 48 Milliarden Franken. Zu diesen Ergebnissen kommen die Autoren der «Luftfrachtlogis­ tik-Studie Schweiz 2020» der Universität

Die Schweizer Hochseeflotte Die Schweiz verfügt seit dem Zweiten Weltkrieg über eine eigene Hochseeflot­ te. Mutterhafen ist dabei Basel, da die Stadt dank dem Rhein sozusagen mit dem Meer verbunden ist. Natürlich kön­ nen die Frachter schon aufgrund ihrer imposanten Gestalt nicht am Basler Ha­ fen ankern. Gegenwärtig sind nur noch 18 Seeschiffe unter Schweizer Flagge auf den Weltmeeren unterwegs: 16 Massen­ gutfrachter, ein Mehrzweckfrachter und ein Tankschiff, aber keine Containerschif­ fe. Alle zusammen können ein Gewicht von total 928 652 Tonnen mitführen.

St. Gallen [3]. Sie verfassten das Papier im Auftrag der IG Air Cargo Switzerland, des Verbands der Schweizer Luftfrachtbran­ che.

Im Bauch des Silbervogels Meist reisen die Luftfrachtgüter im Unter­ deck von Passagierflugzeugen mit. Die Fachleute sprechen hierbei von der soge­ nannten Belly-Fracht. Davon profitieren sowohl die Fluggesellschaften als auch der

Enorme wirtschaftliche Bedeutung Möglichst einheitliche Bestimmungen sind für die Industrie zentral, denn praktisch alle ihre erzeugten Güter (über 90 %) ex­ portiert die hiesige Pharmabranche ins nahe und entfernte Ausland [1]. Pharma­ produkte – seien es nun Arzneimittel oder beispielsweise Diagnostika – sind eindeu­ tig die Exportschlager in unserem Land. Seit der Jahrtausendwende gibt es keine andere Produktklasse in der Schweiz, die den Aussenhandel so stark ankurbelt wie die Güter der chemisch-pharmazeutischen Industrie [2].

In der Luft Bleiben wir bei den Medikamenten. Bei ihnen muss es oft schnell gehen – Arznei­ en sollen so rasch wie möglich zum Pati­ enten und möglichst kurz gelagert wer­ den. So ist es kein Zufall, dass für die Arzneimittel das Flugzeug eines der wich­ 6/2021

Bild: Roger Bieri

Quelle: [3] , bearbeitet von Roger Bieri

Luftfracht

Auch Dienstleistungen der Binnenschifffahrt wie hier im Grossraum Basel werden von Chemie- und Pharmaunternehmen in Anspruch genommen.

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LOGISTIK

vartis als Vorreiterin das Interesse der Pharmaunternehmen für das Binnenschiff­ fahrtgeschäft. Der Hitzesommer 2018 machte dieser potenziell boomenden Ent­ wicklung aber einen Strich durch die Rech­ nung. Der Wasserstand war so tief, dass die Schiffe den Rhein teils gar nicht oder nur mit geringer Frachtmenge befahren konnten. Heute wählt die breite Pharmaindustrie nur für bestimmte Produkte diesen Trans­ portweg. Zwar kann nicht mehr von einem möglichen Aufschwung gesprochen wer­ den, aber die beförderte Warenmenge blieb auch während der schwierigen Zeit der Pandemie konstant bis leicht wach­ send.

Dieser Hightech-Kesselwagen aus Titan befördert Monochloressigsäure, das permanent auf über 60 Grad Celsius erhitzt wird.

Aussenhandel. Für die Airlines wird die Rentabilität der Flüge erhöht und die Ex­ portindustrie kann auf ein dichteres Flug­ netz zurückgreifen. So wichtig und praktisch auch die Luft­ frachtlogistik für die Pharmaprodukte sein mag, so problematisch und schwierig sieht die CO 2 -Bilanz dieser Sparte aus. Ein kleines Rechenbeispiel aus der zuvor zi­ tierten Studie der Universität St. Gallen veranschaulicht diese Thematik besonders gut. Die Studienautoren vergleichen die Luft­ fracht mit der Seefracht anhand eines Bei­ spiels. Dabei seien die besonderen Vor­ gaben und Bedingungen des Transports und der Lagerung von Arzneimitteln oder chemischen Erzeugnissen, wie der perma­ nenten Kühlung oder Heizung, ausgeblen­ det. Der Ausgangspunkt stellt ein beliebi­ ges Transportgut von 100 kg dar. Das Material soll von St. Gallen nach Hongkong geliefert werden. Wenn die Güter per Flugzeug befördert werden sollen, dann transportiert die Ware allerdings zuerst ein Lastwagen nach Zürich Flughafen, und erst danach fliegt das Transportgut nach Hongkong (siehe Tabelle 1). Diese Zu­ satzreisen miteinbezogen, kommen die Forschenden auf folgendes Ergebnis: Beim Flug wird insgesamt 60-mal mehr 6

CO 2 -Äquivalente ausgestossen als beim Transport auf den Weltmeeren.

Auf hoher See Für ein Pharmaunternehmen ist die Luft­ fracht wesentlich teurer als die Seefracht. Seit Jahren findet daher eine Umlagerung von der Luft- auf die Seefracht statt. Dank ausgeklügelten Kühlcontainern (ReeferContainer) gelingt auch auf hoher See der temperaturüberwachte und GDP-konfor­ me Transport von Arzneimitteln.

Die Binnenschifffahrt Sogar die Binnenschifffahrt kann unter ge­ wissen Umständen für Low-Budget-Phar­ maprodukte eine kostengünstige Alterna­ tive darstellen. Zum Vergleich: Der Transport auf den Strassen via LKW kostet rund viermal so viel. 2016 weckte die No­

Nicht nur auf pharmazeutische Erzeugnis­ se ist beim Transport ein besonderes Au­ genmerk zu werfen. Auch Grundchemika­ lien verlangen einen hohen Grad an Know-how, wie das folgende Beispiel der CABB-Gruppe zeigt. Das Unternehmen stellt Monochloressig­ säure (MCA) in Deutschland her und be­ fördert diese anschliessend für weitere Verwendungszwecke am eigenen Standort nach Pratteln. Schliesslich bringen Güter­ züge die als Gefahrstoff eingestufte Säure in die Schweiz. Die Herausforderung da­ bei: Die ätzende Verbindung muss aus technischen Gründen als Schmelze trans­ portiert werden. Der Container muss also hervorragend isoliert sein, die MCA per­ manent aufheizen, und die Kontaktflächen müssen der aggressiven Chemikalie stand­ halten. Hierfür verwendet man normaler­ weise schwere, beheizte Kesselwagen aus Stahl. Die Behälter sind zudem mit Glas­ emaille beschichtet. Zwar ist die Beschaffenheit der Container chemisch äusserst stabil, aber die mecha­ nische Robustheit und das hohe Leerge­ wicht (34,7 t) lassen zu wünschen übrig.

Wagen

Leergewicht

Ladevolumen

Nutzlast

Kesselwagen Titan

20 200 kg

57 000 l

69 800 kg

Kesselwagen emailliert

34 700 kg

44 000 l

55 300 kg

Vorteil Titan

42 %

30 %

26 %

Tabelle 2: Bei den Kesselwagen ist eine Gesamtlast von 90 000 kg erlaubt. Deshalb erhöht sich im Falle der neuen Titan-Kesselwagen (Zacens 57 Titan) die Nutzlast markant.

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Quelle: CABB

Bild: CABB

Zwischen den Gleisen


LOGISTIK

scher Sicht ist, die einzelnen Ketten der Logistik – wie hier der Kesselwagen – im­ mer wieder zu optimieren.

Am Puls der Zeit Die Logistik als interdisziplinäre Disziplin erlebt eine spannende und herausfordern­ de Zeit zugleich. Fragen zur Klimaproble­ matik tauchen auf. Der Umgang mit den digitalen Möglichkeiten und ihren Risiken ist zu klären. Hinzu kommen noch die strengen Anforderungen einer unstillbaren Erwartungshaltung unserer Gesellschaft. Trotz aller Schwierigkeiten ist unbestritten klar: Die Logistik, organisiert sie nun den Transport von pharmazeutischen Wirkstof­ fen oder Grundchemikalien, ist in unserer unmittelbaren Gegenwart eine der wich­ tigsten Wirtschaftszweige. Denn was nützt einem das wirksamste Medikament der

Welt, wenn es unerreichbar bleibt, die bes­ te Formel, wenn die Zutaten fehlen? Literatur [1] Mark Emmenegger, Michael Grass, «Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Schweizerischen Rheinhäfen», BAK Basel Economics AG (2016). Die Studie wurde vom BAK im Auftrag von Port of Switzer­ land verfasst. [2] Roger Bieri, «Hängt die Schweiz am Rockzipfel der Pharma?», ChemieXtra, Jahr­ gang 11, Ausgabe 4, 4–6 (2021) [3] Ludwig Häberle, Wolfgang Stölzle, «Luft­ frachtlogistik-Studie Schweiz 2020», Cuvillier Verlag (2020), 978-3-7369-7236-0. Die Studie wurde am Institut für Supply Chain Management der Universität St. Gallen im Auftrag der IG Air Cargo Switzerland, des Verbands der Schweizer Luftfrachtbranche, verfasst.

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Deshalb entwickelte die CABB zusammen mit dem Fahrzeugbauer Feldbinder und dem Fahrzeugvermieter Onrail einen ganz neuen Kesselwagen. Sie setzten auf eine hochtechnologische Materialzusammen­ setzung aus Titan. Das Eigengewicht der Container reduzierten sie dadurch um rund 40 Prozent und erhöhten somit die erlaubte Nutzlast um rund 26 Prozent (sie­ he Tabelle 2). «Die Isolation der neuen Titan-Kesselwagen ist auf dem neuesten technischen Standard, ebenso wurde das Beheizungssystem optimiert», präzisiert das Unternehmen. Zudem seien nun die bisher verwendeten Kesselwagen aus Stahl-Emaille bei CABB nicht mehr für den Transport von MCA im Einsatz. Dieses Beispiel zeigt, wie stark die stoffli­ chen Eigenschaften von Chemikalien ihren Transport beeinflussen und wie wichtig es aus wirtschaftlicher aber auch aus ökologi­

HFCpro Sicherheitswägekabine Präzision und Sicherheit auf den Punkt gebracht.

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e-mod

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LOGISTIK

Container, Box und Temperaturlogger

Gut gekühlt ist halb geimpft

Der mRNA-Impfstoff BNT162b2 von Biontech/Pfizer zum Schutz vor dem Coronavirus Sars-CoV-2 musste nach seiner Produktion im Ultratiefkühlschrank bei –70 °C gelagert werden. Man brachte ihn anschliessend in einem höchstens 90-stündigen Transport unter Trockeneiskühlung zur Armeeapotheke der Schweiz. Hier lagerte man ihn wiederum bei –70 °C und verteilte ihn anschliessend auf die Kantone. Auch diese Transporte erfolgten wieder in Trockeneis-Boxen. Neuerdings kann das Vakzin allerdings bis zwei Wochen bei –25 bis –15 Grad Celsius transportiert und gelagert werden. Dank der leichteren Handhabung ist die Verabreichung dieses Impfstoffs nun auch ausserhalb der Impfzentren möglich. Allerdings muss die Langzeitlagerung (bis zu sechs Monate) immer noch bei rund –70 °C erfolgen. Vor dem Einsatz muss der Impfstoff aufgetaut werden und kann dann so für den nächsten Schritt vorbereitet werden: die Verdünnung. Der Impfstoff liegt in Durchstechflaschen vor und muss vor der Injektion noch verdünnt werden. Dazu spritzt man unter Verwendung einer 21-Gauge-Nadel Natriumchloridlösung hinein. Anschliessend sind die Flaschen zwischen 2 °C und 25 °C zu lagern. Innerhalb von sechs Stunden injiziert ein Mediziner nun den Impfstoff. Er wird während dieser Zeit bei höchstens 30 °C gelagert und sollte nicht mit einem Kraftfahrzeug transportiert werden. Wird der Impfstoff nicht innerhalb der sechs Stunden verabreicht, sollte er verworfen werden.

Politiker sind sensibel wie der Impfstoff Auf Ungereimtheiten reagieren die politisch Verantwortlichen mit hoher Sensibili8

Bilder: MCH Messe Schweiz (Basel) AG

Die aktuelle «Corona-Impfstoff-Kampagne» hat die Herausforderungen moderner Pharmalogistik in die breite Öffentlichkeit gebracht. Mal muss es eiskalt sein, mal viel kälter, damit der Impfstoff seine Wirkung behält. Und es bedarf einer geschlossenen Kühlkette von der Produktion bis zur Verabreichung an den Patienten.

Angesichts internationaler pharmazeutischer Lieferketten stellt die Vernetzung von Strasse, Schiene und Luftfracht eine Voraussetzung des Erfolgs der aktuellen Impfkampagne dar.

tät. So erklärten an Weihnachten 2020 in Bayern die Landräte von sechs Landkreisen Oberfrankens, beim Auslesen der Temperaturlogger seien Zweifel an der Einhaltung der Kühlkette für den Impfstoff aufgekommen, und verschoben den Impfstart. Vorsichtshalber haben die Landräte die betreffende Charge nicht verwendet, von Biontech eine neue erhalten und den Impfstart nachgeholt. Der Hersteller führte die Panne auf eine (ausserhalb seiner Zuständigkeit erfolgte) falsche Platzierung des Temperaturloggers auf der letzten Transport-Etappe vom Verteilerzentrum Bamberg in die einzelnen Landkreise zurück. Auch in Augsburg zeigte das Kühl-Protokoll bei einem Transport Schwachpunkte auf («zunächst drei Grad Celsius und später

Kühltransporte rücken in den Mittelpunkt des Interesses – sowohl bei den Fachbesuchern von Branchenmessen wie der Ilmac als auch in der breiten Öffentlichkeit.

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Brauchen Sie LOGISTIK für Arbeiten mit Gefahrenstoffen

minus ein Grad Celsius»). Diese erwiesen sich allerdings in Gesprächen mit Biontech als nicht gravierend. Der Hersteller gab grünes Licht, und die Impfkampagne startete mit der betreffenden Charge, wenn auch – wie in Oberfranken – mit einem Tag Verspätung. Die sensible Handhabung des Biontech/ Pfizer-Impfstoffs zeigt, worauf es in der Pharmalogistik besonders ankommt: Man braucht durchgehende Kühlketten, und deren Funktionieren muss lückenlos nachgewiesen werden. Dazu gehört insbesondere die Aufzeichnung des Temperaturverlaufs mit einem Temperaturlogger. Kaum zu überschätzen ist der Wert von geschulten Mitarbeitern. Zum Beispiel müssen sie eine geeignete Stelle für die Platzierung des Temperaturloggers auswählen können.

Corona-Pandemie als Innovationstreiber Die logistische Mammutaufgabe, Impfstoffe gegen das Corona-Virus zu verteilen, hat so manche Weiterentwicklung beflügelt. Zum Beispiel bringen Spezialisten für die Lebensmittelindustrie ihre Kühlboxen auf –70 °C herunter und passen sie den strengen regulatorischen Anforderungen von Behörden und Pharmaindustrie an (z. B. TKT, Arnsberg, für Teva Pharmaceutical Industries, Petach Tikwa [Israel]). Speziell für die «letzten Meile» stehen spezielle Arzneimittelboxen mit aktiver elektrischer Kühlung, Online-Monitoring-Funktionen und digitalem Diebstahlsicherungs-Siegel zur Verfügung (z. B. Nelum-Box, Tec4med Lifescience, Darmstadt). Aktuelle Datenlogger ermöglichen in Echtzeit den Zugriff auf Versand, Standort und Zustand, einschliesslich Temperatur, Feuchtigkeit, Licht, Neigung und Schock (z. B. Libero Gx RealTime, Elpro, Buchs). Für die Entwicklung massgeschneiderter ultrakalter Transportcontainer kommen modernste Technologien zum Einsatz. Das beste Design für den Transport von Covid19-Impfstoffen der Hersteller Biontech/ Pfizer, Moderna oder AstraZeneca hat man zunächst mithilfe von Künstlicher Intelligenz simuliert (z. B. SkyCell, Zürich; Software von Ansys, Canonsburg, Pennsylvania [USA]). Im Ergebnis hält der Container eine definierte konstante Temperatur in der Bandbreite 60 °C bis 80 °C für mehr 6/2021

als 120 Stunden. So ermöglicht er den weltweiten Impfstoff-Transport unabhängig von Aussentemperaturen, insbesondere im Flugzeug. Bei der international vernetzten Arbeitsweise erscheinen globale Logistikketten absolut notwendig. Um nur ein Beispiel zu nennen: Das schweizerische Unternehmen Lonza produziert Moderna-Impfstoff an seinen US-Standorten in Portsmouth und New Hampshire sowie am Sitz in Visp. Die Abfüllung erfolgt in den USA bei Catalent. In Japan arbeitet man mit dem lokalen Vertriebspartner Takeda.

Schutz und Sicherheit ?

Impfstoffdruck vor Ort Möglicherweise werden viele Transporte von Impfstoffen obsolet, wenn man diese nicht mehr zentral produziert, sondern dezentral druckt. Die Firma Curevac (mRNAImpfstoff CVnCoV, Tübingen) will eine geeignete Technologie dafür mit RNA-Printern von der Grösse eines Autos bereitstellen. Übrigens erfolgt dies unter Mitwirkung des Elektroautomobilbauers Tesla (über seinen Zukauf Tesla Automation, vormals Grohmann Engineering, Prüm). Statt Langstrecken-Impfstoff-Kühltransporten stellt sich dann die logistische Herausforderung, viele kleine, mobile Reinräume jeweils am Impfort aufzubauen. Die gesamte Bandbreite der hier dargestellten Trends und Innovationen erlebt der Besucher auf der diesjährigen Ilmac in Basel.

Ilmac Basel 2021 Dauer: Dienstag, 19. Oktober, 9.00 bis 17.00 Uhr Mittwoch, 20. Oktober, 9.00 bis 18.30 Uhr Donnerstag, 21. Oktober, 9.00 bis 17.00 Uhr Ort: Messe Basel, Halle 1.0 Veranstalter: MCH Messe Schweiz (Basel) AG info@ilmac.ch www.ilmac.ch

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Bild: Shutterstock

CHEMIE

Derzeit können die Forschenden fluoreszierende Polymere nur in den Farben Gelb, Grün und Blau herstellen. Mögliche Einsatzgebiete können beispielsweise neuartige Sicherheitsmerkmale auf Banknoten sein.

Mechaniker der Moleküle

Kettenlänge bestimmt Molekülfarbe Forschende der ETH Zürich entwickelten fluoreszierende Polymere, deren Fluoreszenzfarbe auf einfache Weise fein eingestellt werden kann. Je nach ihrer Länge scheinen die Polymere in einer unterschiedlichen Farbe. Zu den Einsatzmöglichkeiten gehören die Biomedizin, der Sicherheitsdruck und die Solarenergie.

Fabio Bergamin ¹ Organische, also Kohlenstoff enthaltende Moleküle, die nach entsprechender Anregung farbiges Licht aussenden, werden derzeit weltweit intensiv erforscht und entwickelt. Treiber dieses Forschungsfelds sind die Bildschirmindustrie sowie die Entwicklung biomedizinischer Bildgebungsverfahren. Während bei organischen Fluoreszenzfarbstoffen bisher präzise Farbabstufungen meist durch das Mischen verschiedener Moleküle erzielt worden sind, haben Forschende der ETH Zürich

¹ ETH Zürich

nun einen Ansatz entwickelt, bei dem durch chemische Anpassungen in einem Molekül eine Palette verschiedenster Farben erzeugt werden kann. Die Wissenschaftler unter der Leitung von Yinyin Bao, Gruppenleiter in der Gruppe von ETH-Professor Jean-Christophe Leroux, nutzten dazu fluoreszierende organische Polymere. Diese Polymere muss man sich als unterschiedlich lange bewegliche Ketten vorstellen. «Die Ketten sind symmetrisch aufgebaut, und zwei Komponenten darin tragen zur Fluoreszenz bei», erklärt Bao. «Zum einen ist das eine Komponente in der Mitte der Kette, wir nennen das den Fluorophor, zum anderen eine Komponente, die an den bei-

den Kettenenden je einmal vorkommt». Zwischen dem Fluorophor in der Kettenmitte und den Kettenenden liegen Glieder, deren Anzahl und Struktur die Wissenschaftler variieren können. Wenn die Polymerkette so gebogen ist, dass eines ihrer Enden in die Nähe des Fluorophors zu liegen kommt und die Kette gleichzeitig mit UV-Licht bestrahlt wird, fluoresziert sie.

Distanz beeinflusst Wechselwirkung Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass die Fluoreszenzfarbe nicht nur von der Struktur der Kettenglieder und -enden ab-

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hängt, sondern auch von der Anzahl der Kettenglieder. «Für die Fluoreszenz dieser Polymere ist die Wechselwirkung von Kettenende und Fluorophor verantwortlich», erklärt Bao. «Die Distanz der beiden Komponenten beeinflusst die Wechselwirkung und somit die emittierte Farbe.» In einer «lebende Polymerisation» genannten Methode können die Forschenden die Zahl der Kettenglieder bestimmen. Dabei hängen sie in einem langsamen Prozess nach und nach Bausteine an die Kette an. Ist die Wunschlänge erreicht, können die Wissenschaftler den Prozess beenden und das Kettenende-Molekül anfügen. Auf diese Weise stellten die Forschenden Polymere mit unterschiedlichen Farben her: Mit weniger als 18 Bausteinen fluoreszieren die Moleküle gelb, mit 25 Kettengliedern grün und mit 44 oder mehr Gliedern blau. «Die Besonderheit ist, dass diese unterschiedlich leuchtenden Polymere alle aus den exakt gleichen Bestandteilen zusammengesetzt sind. Der einzige Unterschied ist die Kettenlänge», betont Bao.

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Organische LED mit grossem Farbumfang Das Forscherteam, darunter auch Wissenschaftler aus Australien, veröffentlichte seine Arbeit in der Fachzeitschrift «Science Advances». Derzeit können die Forschenden fluoreszierende Polymere nur in den Farben Gelb, Grün und Blau herstellen. Die Wissenschaftler sind aber daran, das Prinzip um weitere Farben auszuweiten, darunter Rot. Direkt als organische LED (OLED) in Bildschirmen könnten die neuen Fluoreszenz-Polymere nicht eingesetzt werden, denn ihre elektrische Leitfähigkeit sei nicht hoch genug, erklärt Bao. Denkbar sei aber, die Polymere mit halbleitenden Molekülen zu kombinieren, um damit auf einfache Weise OLED mit einem grossen Farbumfang herzustellen. In Sonnenwärmekraftwerken («concentrated solar power») könnten sie ausserdem das Sonnenlicht effizienter sammeln und somit den Wirkungsgrad der Kraftwerke erhöhen. Die Hauptanwendungsgebiete sieht Bao in Labordiagnostikverfahren, bei denen Fluoreszenz zum Einsatz kommt, beispielsweise in der PCR, sowie in der Mikroskopie und in bildgebenden Verfahren der Zellbiologie und Medizin. Weitere Anwendungsfelder wären Sicherheitsmerkmale auf Banknoten, Zertifikaten oder in Reisepässen. Originalpublikation S. Ye, T. Tian, A. J. Christofferson et al., «Continuous color tuning of single-fluorophore emission via polymerization-mediated throughspace charge transfer», Science Advances (2021); DOI: 10.1126/ sciadv.abd1794 News ETHZ www.ethz.ch/news

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CHEMIE

Chemikern gelingt Durchbruch

Neue Dimensionen in der organischen Chemie

Eine der effizientesten Methoden für die Synthese dreidimensionaler Architekturen ist die Addition eines Moleküls an ein Ausgangsmolekül, die sogenannte Cycloaddition. Dabei bilden sich zwei neue Bindungen und ein neuer Ring zwischen den Molekülen. Für aromatische Systeme – also flache und besonders stabile Ringverbindungen aus Kohlenstoff – war diese Reaktion mit bisherigen Methoden allerdings nicht realisierbar. Die Energiebarriere, die einer solchen Cycloaddition entgegensteht, konnte auch bei starker Wärmezufuhr nicht überwunden werden. Chemikerinnen und Chemikern um Prof. Frank Glorius (Westfälische Wilhelms-Universität (WWU) Münster) und seine amerikanischen Kollegen Prof. M. Kevin Brown (Indiana University Bloomington) und Prof. Kendall N. Houk (University of California, Los Angeles) erforschten aus diesem Grund die Möglichkeit, diese Barriere durch lichtvermittelte Energieübertragung zu überwinden. «Das Motiv, Lichtenergie zum Aufbau komplexerer, chemischer Strukturen zu nutzen, findet sich auch in der Natur wieder», erklärt Frank Glorius. «So wie Pflanzen in der Photosynthese mithilfe von Licht Zuckermoleküle aus den einfachen Bausteinen Kohlenstoffdioxid und Wasser synthetisieren, nutzen wir die lichtvermittelte Energieübertragung, um aus flachen Grundstrukturen komplexe, dreidimensionale Zielmoleküle herzustellen.»

Neue Wirkstoffkandidaten? Die Wissenschaftler weisen auf die «enormen Möglichkeiten» der Methode hin. Die neuartigen, unkonventionellen Strukturmotive, die das Team in der «Science»-Publikation vorstellt, erweitern deutlich das 12

Bilder: Peter Bellotti

Ein Hauptziel der organischen Chemie der vergangenen Jahrzehnte ist die schnelle Synthese dreidimensionaler Moleküle für die Entwicklung neuer Medikamente. Diese Wirkstoffkandidaten weisen im Vergleich zu vorwiegend flachen Molekülstrukturen viele verbesserte Eigenschaften auf. An mehr als 100 Beispielen konnten Chemiker aus Deutschland und den USA die breite Anwendbarkeit eines neuen Verfahrens demonstrieren.

So sah der Versuchsaufbau der Chemiker für die photochemischen Reaktionen aus.

Spektrum an Molekülen, auf die medizinische Chemiker auf ihrer Suche nach neuen Wirkstoffen zurückgreifen können: So seien pharmazeutisch höchst relevante, stickstoffhaltige Grundbausteine wie Chinoline, Isochinoline und Chinazoline aufgrund von Selektivitäts- und Reaktivitätsproblemen bisher weniger verwendet worden. Durch die lichtvermittelte Energieübertragung können sie nun mit einer Vielzahl an strukturell diversen Alkenen gekoppelt werden, um neuartige dreidimensionale Wirkstoffkandidaten oder deren Grundgerüst zu erhalten. Auch für die weitere Umwandlung («Transformation») dieser synthetisierten Grundgerüste zeigten die Chemiker viele innovative Möglichkeiten. Mit ihrer Expertise ebnen sie pharmazeutischen Anwendungen den Weg. Die einfache Durchführbarkeit und die Verfügbarkeit der benötigten Startmateria-

lien sind dabei ausschlaggebend für die künftige Nutzung der Technologie: Die genutzten Moleküle sind günstig im Handel erhältlich oder leicht herzustellen. «Wir hoffen, dass diese Entdeckung Impulse in der Entwicklung neuartiger medizinischer Wirkstoffe setzen kann und darüber hinaus interdisziplinär angewandt und weiterentwickelt wird», unterstreicht die Erstautorin der Studie Jiajia Ma. «Unser wissenschaftlicher Durchbruch kann auch eine grosse Bedeutung für die Entdeckung von Pflanzenschutzwirkstoffen und darüber hinaus erhalten», ergänzt Brown.

Experimentell und computergestützt Eine weitere Besonderheit der Studie: Die Wissenschaftler klärten den Reaktionsmechanismus und die exakte Struktur der 6/2021


CHEMIE

Aus einem flachen, stickstoffhaltigen Molekül wird durch photochemische Synthese ein dreidimensionales Molekül (Illustration). Das chinesische Schriftzeichen auf dem Pfeil bedeutet «Licht».

erstmals hergestellten Moleküle nicht nur analytisch und experimentell genau auf, sondern auch per «Computerchemie»: Kendall Houk und Shuming Chen führten eine detaillierte computergestützte Modellierung der Reaktion durch. Sie konnten zeigen, wie diese Reaktionen ablaufen und warum sie sehr selektiv sind. «Diese Studie ist ein Musterbeispiel für die Synergie der experimentellen und der computergestützten, theoretischen Chemie», betont Shuming Chen, mittlerweile Professorin am Oberlin College in Ohio. «Unsere ge-

naue mechanistische Aufklärung und das Verständnis der Reaktivitätskonzepte ermöglichen es Wissenschaftlern, komplementäre Methoden zu entwickeln und das Gelernte zu nutzen, um in Zukunft effizientere Synthesewege zu entwerfen», ergänzt Kendall Houk.

Die Geschichte hinter der Publikation Mit der Methode der lichtvermittelten Energieübertragung hatten sowohl Jiajia Ma und Frank Glorius (WWU Münster) als auch Renyu Guo und Kevin Brown (Indiana University) unabhängig voneinander Erfolg. Durch eine Kooperation mit Kendall Houk und Shuming Chen von der University of California erfuhren beide Forschungsgruppen der beidseitigen Entdeckung. Die drei Gruppen entschieden sich dazu, diese gemeinsam weiterzuentwickeln, um die wissenschaftliche Gemeinschaft so schnell wie möglich an ihrem Durchbruch teilha-

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ben zu lassen und medizinischen Chemikern die Technologie zur Entwicklung neuartiger Medikamente bereitzustellen.

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Originalpublikation J. Ma, S. Chen, P. Bellotti, R. Guo, F. SchäBR-Reaktoren fer, A. Heusler, X. Zhang, C. Daniliuc, M. K. ml bis 5700 ml Brown, K. N. Houk, F. Glorius,75«Photochemical Intermolecular Dearomative Cycloaddition of Bicyclic Azaarenes with Alkenes», Science (2021); DOI: 10.1126/ science.abg0720

Kontakt Prof. Dr. Frank Glorius Organisch-Chemisches Institut Westfälische Wilhelms-Universität Münster Reaktor-Systeme Corrensstrasse 40 - Edelstahl D-48149 Münster Hastelloy +49 251 83 35345 glorius@uni-muenster.de www.uni-muenster.de/Chemie.oc/glorius/ www.berghof

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BIOWISSENSCHAFTEN

Weitere Einsichten zum Citratzyklus

Jahrzehntelang geglaubt – und doch falsch Vermutlich kennt fast jeder diesen Stoffwechselweg bereits aus dem Biologieunterricht: den Citratzyklus. Ein deutsches Forscherteam publizierte 2018 im Magazin «Science» eine Erkenntnis, die einiges auf den Kopf gestellt hat. Gefestigtes Lehrbuchwissen aus der Biochemie über den Zyklus war widerlegt. Weitere Forschungsergebnisse eröffnen nun ein tieferes Verständnis darüber. Diesmal veröffentlichte das Team seine Resultate im «Nature».

Grundlagen ändern sich heute noch Ein Forscherteam um den Biologen Prof. Dr. Ivan Berg von der Universität Münster (WWU) und um Prof. Dr. Wolfgang von der Technischen Universität München hat 2018 überraschend herausgefunden, dass ein zentrales Enzym des Citratzyklus «vorwärts» und «rückwärts» funktioniert. Die Citrat-Synthase sorgt für den ersten, namensgebenden Schritt im Citratzyklus – den Aufbau von Citrat. Dass dieser Schritt in lebenden Zellen auch umgekehrt funktioniert, galt als undenkbar.

Es geht auch rückwärts Die Erkenntnis: Bei bestimmten anaeroben Bakterien, die in der Lage sind, anorganischen Kohlenstoff durch den reduktiven Citratzyklus zu fixieren, funktioniert die Citrat-Synthase rückwärts und spaltet Citrat, statt es aufzubauen. Ihre Ergebnisse stellten die Wissenschaftler damals in der Fachzeitschrift «Science» vor. Die Entdeckung der Wissenschaftler war ein Zufallsfund. «Bei der Suche nach dem 14

Bilder: Envato

Der Citratzyklus liefert zahlreichen Organismen durch den Abbau organischer Stoffe Energie und ermöglicht ihnen so das Leben. Organismen von Bakterien bis hin zu Menschen nutzen diesen Reaktionskreislauf und verbrauchen dabei Sauerstoff. Manche Mikroorganismen nutzen den Citratzyklus auch bei Abwesenheit von Sauerstoff, also unter anaeroben Bedingungen – zum Teil sogar in umgekehrter Richtung: Sie bauen Biomasse durch den «reduktiven» Citratzyklus aus Kohlenstoffdioxid auf. Sie fixieren also anorganischen Kohlenstoff, wie Pflanzen es bei der Photosynthese tun.

Bakterien, die den Citratzyklus mittels der Citrat-Synthase «rückwärts» nutzen können, benötigen dazu sehr hohe Konzentrationen von CO2 . Sie leben ohne Sauerstoff unter anderem an heissen Quellen, wo die CO2 -Konzentration 90 Prozent und höher sein kann.

autotrophen Kohlenstoff-Fixierungsweg in dem Bakterium Desulfurella acetivorans haben wir überraschenderweise eine ATPunabhängige Citratspaltung gesehen», so Erstautor Achim Mall aus der Arbeitsgruppe von Berg. Nun hat das Team um die beiden Professoren abermals neue Erkenntnisse zu diesem Stoffwechselweg: Bakterien, die den Citratzyklus mittels der Citrat-Synthase «rückwärts» nutzen können, benötigen dazu sehr hohe Konzentrationen des Enzyms und von CO2.

Besonders hohe CO2 -Konzentrationen Im Vergleich: Während die CO2 -Konzentration in der Luft ungefähr 0,04 Prozent beträgt, brauchen die Bakterien mit diesem Weg für ihr Wachstum mindestens die 100-fache Konzentration. Die Forscherin-

nen und Forscher vermuten: Solche CO2 konzentrationsabhängigen Wege für die Assimilation von Kohlenstoffdioxid waren auf der Ur-Erde weitverbreitet, da die CO2 Konzentration damals sehr hoch war. Der Stoffwechselweg ist also möglicherweise ein Relikt aus der frühen Entwicklung des Lebens. Die Ergebnisse der Studie sind nun in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlicht worden.

Die Ergebnisse im Detail Das Team untersuchte die anaeroben Bakterien Hippea maritima und Desulfurella acetivorans. Diese Organismen leben ohne Sauerstoff unter anderem an heissen Quellen, wo die CO2 -Konzentration 90 Prozent und höher sein kann. «Es ist vorstellbar, dass noch viele andere Organismen diesen Zyklus zur CO2 -Fixierung nutzen», sagt Berg. «Unsere Erkenntnisse passen zu den Ergeb6/2021


BIOWISSENSCHAFTEN

nissen anderer aktueller Studien, die die potenzielle weitere Verbreitung des reversen oxidativen Citratzyklus hervorheben.» Viele Bakterien nutzen jedoch andere, energetisch weniger effiziente Reaktionen für die Citratspaltung durch die ATP-verbrauchende Citrat-Lyase-Reaktion. «Es war rätselhalft, warum diese ‹teure› Version des Weges in der Natur zu finden ist, wenn im Hinblick auf die Energiebilanz eine viel günstigere Alternative über die Rückreaktion der Citrat-Synthase existiert. Jetzt wissen wir, dass dies der für gewöhnlich niedrigen CO2 -Konzentration in der Umgebung geschuldet ist. Die günstige Alternative funktioniert dort nicht», unterstreicht Eisenreich.

Davon profitiert die Biotechnologie Die Erkenntnisse der Wissenschaftler könnten auch für die Biotechnologie interessant sein. Das Wissen über die CO 2 Konzentrationsabhängigkeit kann genutzt werden, wenn autotrophe Organismen mit dem «Rückwärts-Zyklus» durch die höhere CO2 -Konzentration dazu gebracht werden, einen Ausgangsstoff effektiver in das gewünschte Produkt umzuwandeln. Die Frage der Forscher lautete: Wodurch wird bestimmt, ob der Citratzyklus bei den untersuchten Bakterien «vorwärts» oder «rückwärts» läuft? Sie züchteten die Bakterien unter verschiedenen Bedingungen und merkten, dass das Wachstum dieser Organismen stark von der CO2 -Konzentration abhängig ist. Im Detail heisst das: Die hohe CO 2 -Konzentration ist notwendig, Hinweise zur Methodik Für ihre Untersuchungen setzten die Wissenschaftler verschiedene Methoden ein, darunter Massenspektrometrie und Isotopenanalysen (13 C), Enzymmessungen, Proteinquantifizierung sowie Medien- und Aminosäureanalysen mittels chromatographischer und spektrometrischer Verfahren (LC/MS beziehungsweise GC/MS). Mit bioinformatischen Methoden untersuchten sie das Vorkommen bestimmter Nukleotidbasen-Kombinationen (Codons), um Vorhersagen über die Produktion einzelner Proteine zu machen.

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Gerade gefestigte Lehrmeinungen aus biologischen Fachrichtungen – wie der Biotechnologie, Molekularbiologie, aber auch der Biochemie – ändern sich auch heute noch und sorgen für vielfältige Überraschungen.

damit ein weiteres wichtiges Enzym, die sogenannte Pyruvat-Synthase, arbeiten kann. Dieses Enzym ist für die Assimilation von Acetyl-CoA (Produkt des «RückwärtsZyklus») verantwortlich. Die hohe CO 2 Konzentration treibt die Pyruvat-Synthase in Richtung der Carboxylierung. Dadurch wird der Citratzyklus in die Rückwärtsrichtung getrieben und ermöglicht die Umwandlung von CO2 in Biomasse. Die von den Wissenschaftlern verwendeten Bakterien Hippea maritima und Desulfurella acetivorans konnten sehr gut mit 20 und 40 Prozent CO 2 wachsen, nur noch moderat mit fünf Prozent. Mit zwei und einem Prozent CO2 war kein Wachstum mehr möglich. Zur Kontrolle nutzten sie das Bakterium Desulfobacter hydrogenophilus, das die andere, energetisch teurere Version des Citratzyklus in reduktiver Richtung verwendet. In diesem Bakterium wurde das Wachstum durch die CO2 -Konzentration nicht beeinflusst.

Vorhersage dank Analysewerkzeug Der «Rückwärts-Zyklus» unter Beteiligung von Citrat-Synthase ist bioinformatisch nicht vorhersagbar, da es keine Schlüsselenzyme gibt, wonach man in den Bakterien suchen kann und deren Präsenz man als Indiz für den Weg betrachten kann. Die Forschenden nutzten daher die nachgewiesenen hohen Mengen an der CitratSynthase im Proteincocktail der Bakterien als Erkennungsmerkmal für bioinformati-

sche Analysen. Ihnen gelang es, mit einem speziellen Analysewerkzeug, Vorhersagen über die Produktion einzelner Proteine zu machen und so bei vielen anaeroben Organismen vorherzusagen, ob grosse Mengen an Citrat-Synthase gebildet werden und sie dadurch den «Rückwärts-Zyklus» zur autotrophen (Biomasse aufbauenden) CO2 -Fixierung nutzen könnten oder nicht.

Ohne genetische Regulationen Die Wissenschaftler zeigten auch, dass keine Genregulation für das Umschalten von der oxidativen («vorwärts») zur reduktiven («rückwärts») Richtung notwendig ist. «Das heisst, die Zellen können spontan sehr schnell reagieren, je nachdem, welche Kohlenstoffquelle gerade in ihrer Umgebung vorhanden ist», sagt Berg. «Entweder sie nutzen die reduktive Richtung, um CO2 zu fixieren, wenn viel CO2 vorhanden ist, oder die oxidative Richtung, wenn eine andere Kohlenstoffquelle zur Verfügung steht», schlussfolgert der Wissenschaftler. Originalpublikation Lydia Steffens, Eugenio Pettinato, Thomas M. Steiner, Achim Mall, Simone König, Wolfgang Eisenreich und Ivan A. Berg, «High CO2 levels drive the TCA cycle backwards towards autotrophy», Nature (2021); DOI: 10.1038/s41586-021-03456-9 Quelle: Universität Münster www.uni-muenster.de 15


LABOR

Nicht nur während der Pandemie wichtig

Immunchemie: Methoden und Anwendungen Die gegenwärtige Pandemie hat Antigen-Schnelltests für den einfachen Nachweis von Sars-CoV-2 in das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gerückt. Mitunter weniger wahrgenommen werden die anderen immunchemischen Verfahren, die schon lange einen Grundpfeiler der Diagnostik darstellen und immer noch Entwicklungsmöglichkeiten auch für andere Gebiete der Analytik bieten. Die Grundlagen hierzu werden in einem Basiskurs der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) vermittelt.

Die momentane Situation hat AntigenSchnelltests für den einfachen und zeitsparenden Nachweis von Proteinen des Sars-CoV-2-Virus allgemein bekannt gemacht. Das zugrundeliegende Prinzip ist dabei der immunchromatographische Test oder auch Lateral Flow Immunoassay, der bereits seit Jahrzehnten unter anderem für Schwangerschaftstests eingesetzt wird. Solche «Point of Care»-Tests (PoC-Tests) sind für die Anwendung durch ungeübte Verwender und ohne Laborausstattung aber nur ein kleines Segment des viel grösseren Gebiets der Immunchemie, die die analytischen bzw. chemischen Anwendungen von Antikörpern umfasst.

Bewährte Routinemethoden In der klinischen Diagnostik haben vorwiegend hoch automatisierte immunchemische Verfahren überragende Bedeutung für die Bestimmung von Proteinen und anderen biologisch wichtigen Molekülen. Die hohe Spezifität zusammen mit der oft hervorragenden Sensitivität bei vergleichsweise einfacher Durchführung sind hier entscheidende Vorteile. Die Entwicklung und Produktion entsprechender Systeme, also Geräte und Reagenzien, sind ein wichtiges Industriesegment. Aber auch in der Forschung in den Life Sciences haben Verfahren wie Enzyme Linked Immunosorbent Assay (Elisa) oder Western Blot seit vielen Jahren einen Stammplatz. Sei es zur Quantifizierung eines bestimmten Proteins in einem Zellextrakt oder zum Nachweis ¹ Labor für Bioanalytik, Technische Hochschule Nürnberg

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Bild: Shutterstock

Prof. Dr. Ralf Lösel ¹

Das zugrundeliegende Prinzip der Antigen-Schnelltests wird bereits seit Jahrzehnten in der Diagnostik angewendet. Ein Basiskurs der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) vermittelt weitere grundlegende immunchemische Verfahren.

der zellulären Reaktion auf einen Stimulus, hier kommen vorwiegend manuelle Verfahren zum Einsatz. Auch ältere Methoden wie die Immunpräzipitation sind im Laboralltag unentbehrlich, um Analyten anzureichern oder komplexe Proben aufzureinigen. Kommerzielle Kits sind nicht für alle Analyten und Fragestellungen erhältlich, und selbst dann kann es – abhängig vom Probenaufkommen – bedeutend wirtschaftlicher sein, einen eigenen Test zu entwickeln oder fertige Kits für die eigenen Bedürfnisse zu optimieren. Der Aufwand hierzu ist oft geringer, als man annimmt. Neuere Methoden wie die Immuno-PCR bieten dabei noch einmal einen Gewinn an Sensitivität.

Wissenswertes im Basiskurs Der Basiskurs Immunchemie (Kurs 156/21) aus dem Fortbildungsprogramm der Gesellschaft Deutscher Chemiker

(GDCh) beleuchtet die Auswahl und Gewinnung von Antikörpern, verschiedene heterogene und homogene Assayverfahren, Detektionsmethoden sowie Optimierungsstrategien. Der Kurs findet nur im Online-Format vom 06.07. bis 08.07.2021 statt. Wegen der Kontaktbeschränkungen müssen die Laborexperimente entfallen, diese werden so weit möglich in Form von Videos veranschaulicht und besprochen.

Kontakt Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) Varrentrappstrasse 40–42 D-60486 Frankfurt/Main +49 69 7917 -364/-291 fb@gdch.de www.gdch.de

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MEDIZIN

Lebensprozesse auf Zellebene

So lagert unser Körper Fett ein

Fett spielt in unserem Organismus eine wesentliche Rolle. Es wird von unseren Zellen dazu verwendet, in Form von Fettsäuren Energiereserven anzulegen, auf die der Körper bei Bedarf zurückgreifen kann. Der Organismus speichert Fett auf zwei Arten: einerseits in speziell für diese Aufgabe vorgesehenen Fettgeweben, andererseits in kleinen Vakuolen, die sich in den anderen Zelltypen befinden und mit sogenannten «Fetttröpfchen» (Fettsäuren) gefüllt sind. Diese Reserven sind lebensnotwendig. Wird allerdings zu viel Fett in den Zellen eingelagert, kann dies zu Adipositas führen, die mit verschiedenen Gesundheitsproblemen wie Herz- oder Diabeteserkrankungen einhergeht. Viele Details zu den Zell- und molekularbiologischen Abläufen des Fettstoffwechsels sind noch ungeklärt und werden derzeit intensiv erforscht. Prof. Stefano Vanni und sein Team des Departements für Biologie der Universität Freiburg (im Üechtland) sind der Frage nachgegangen, wie die Bildung der Fetttröpfchen in den Zellen initiiert wird. Sie untersuchten dabei insbesondere das Protein Seipin. Dieses ist an dem Prozess beteiligt, welcher der kongenitalen Lipodystrophie, einer überaus gravierenden Fettstoffwechselerkrankung, zugrunde liegt. In zwei veröffentlichten Publikationen – einmal in der Fachzeitschrift «Pnas» und ein andermal im Magazin «eLife» – hat das Team aufgezeigt, wie dieses Protein die Bildung eines Fetttröpfchens initiiert und inwiefern die Fettsäuren, welche die Zellmembranen bilden, bei diesem Vorgang eine Rolle spielen. Das Forschungsteam hat diesen Vorgang zum ersten Mal in seinen molekularbiologischen Details beschrieben. Dazu haben die Forschenden drei Ansätze kombiniert: Versuche mit menschlichen Zellen, Experi6/2021

Bild: Envato

Unser Körper ist komplex und jede neue biochemische Erkenntnis, wie unsere Zellen und Moleküle reagieren und wie die grossen Zusammenhänge sein könnten sind wertvoll. Ein weiteres Puzzlestück im Bereich der Fettspeicherung haben Forschende an der Universität Freiburg (CH) zusammengesetzt. Die Hauptrolle in ihren Entdeckungen spielt das Protein Seipin.

Prof. Stefano Vanni und sein Team des Departements für Biologie der Universität Freiburg (im Üechtland) sind der Frage nachgegangen, wie die Bildung der Fetttröpfchen in den Zellen initiiert wird.

mente mit genetisch modifizierter Hefe zur Untersuchung des Proteins Seipin und detaillierte Computersimulationen. Der letztgenannte Ansatz ist ein Spezialgebiet von Vanni: Grossangelegte Simulationen der komplexen Lebensprozesse auf Zellebene – Molekül um Molekül. Diese Simulationen ermöglichen es, den Mechanismus der molekularbiologischen Abläufe im Detail zu verstehen, und zwar umfassender als dies mit Laborversuchen möglich ist.

den und welche Rolle Seipin dabei spielt, stellt mit Blick auf den Umgang mit Übergewicht und Adipositas einen wichtigen Schritt dar», erklärt Vanni. «Selbstverständlich kann man nicht einfach in die Arbeit dieses Proteins eingreifen, denn die Bildung der Fetttröpfchen als Energiereserve ist für den Organismus lebenswichtig. Unterbindet man diese, kommt es in der Zelle zu einer Ansammlung von Fettsäuren, was schliesslich zum Tod der Zelle führt. Aber ein vertieftes Verständnis der Vorgänge auf molekularer Ebene eröffnet neue Möglichkeiten, um bestimmte Vorgänge zu begünstigen oder zu bremsen und neue Tools für den Umgang mit der Adipositas-Problematik zu entwickeln», schlussfolgert der Forscher. Quelle: Universität Freiburg www.unifr.ch

Millionen für die Fettforschung Vanni erhielt für seine Pionierarbeit auf diesem Gebiet zwei bedeutende Finanzierungen: einen Eccellenza Grant des Schweizerischen Nationalfonds und ein Stipendium des Europäischen Forschungsrats – zusammengenommen stehen dem Forschungsteam über vier Millionen Franken zur Verfügung. «Ein besseres Verständnis darüber, wie die Fetttröpfchen in den Zellen gebildet wer17


Bild: Shutterstock

MEDIZIN

Aufgrund der alternden Gesellschaft sind neue Erkenntnisse bezüglich Gedächtnisstörungen im Alter zentraler denn je. Eine Pflegefachperson betreut eine Person mit Gedächtnisverlust. (Symbolbild)

Molekularer Mechanismus

So funktioniert das Gedächtnis Forschende der Universität Basel haben einen molekularen Mechanismus entdeckt, der eine zentrale Rolle für ein intaktes Langzeitgedächtnis spielt. Dies zeigten sie zumindest in mehreren Studien an Fadenwürmern. Gleichzeitig ist dieser Mechanismus am physiologischen Gedächtnisverlust im Alter beteiligt. Von diesem Zusammenhang berichteten die Basler Biologen im Wissenschaftsmagazin «Current Biology».

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der auch am Gedächtnisverlust im Alter beteiligt ist. Davon berichten sie im Fachjournal «Current Biology».

Ein genetischer Faktor Das Team um Dr. Attila Stetak, Prof. Dr. Andreas Papassotiropoulos und Prof. Dr. Dominique de Quervain untersuchte zunächst anhand sensorischer Reize die Lern- und Gedächtnisfähigkeit von genetisch veränderten Fadenwürmern, denen ein bestimmtes Gen, das «mps-2», fehlte. Dieses Gen enthält den Bauplan für einen Teil eines spannungsabhängigen Ionenkanals in der Nervenzellmembran und steht im Verdacht, eine Rolle bei Gedächtnisfunktionen zu spielen. Es zeigte sich, dass diese Würmer im Vergleich zu nicht manipulierten Exemplaren zwar ein gleich gutes Kurzzeitgedächtnis

Bild: Universität Basel, MCN

Verschiedene Lebewesen, vom Wurm bis zum Menschen, verfügen über differenzierte Gedächtnisfunktionen, so etwa über ein Kurz- und ein Langzeitgedächtnis. Interessanterweise sind auf Ebene der Zellen und Moleküle viele dieser Funktionen unter den Lebewesen nahezu identisch. Das Aufspüren der Moleküle, die an den Gedächtnisprozessen beteiligt sind, ist sowohl für die Grundlagen- als auch für die klinische Forschung von grosser Bedeutung, weil sie den Weg zur Entwicklung von Medikamenten gegen Gedächtnisstörungen weisen können. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Transfakultären Forschungsplattform Molecular and Cognitive Neurosciences (MCN) der Universität Basel haben durch Studien an Fadenwürmern (Caenorhabditis elegans) einen molekularen Mechanismus des Langzeitgedächtnisses entdeckt,

Mit rotem Fluoreszenzprotein markiertes NHR-66 im Fadenwurm C. elegans.

besassen, aber mit zunehmender Dauer des Experiments stellten die Forschenden fest, dass die genetisch veränderten Wür6/2021


Eiweiss kontrolliert Genexpression Dieser Mangel an MPS-2-Protein stellte sich dabei keineswegs als passiver, sondern als aktiv regulierter Prozess heraus. Als verantwortlichen Regulator dieses Mangels konnte das Forschungsteam ein anderes Protein, NHR-66, identifizieren, das im Alter das Ablesen des mps-2-Gens und damit die Produktion des MPS-2-Proteins aktiv drosselt. Wurde älteren Würmern MPS-2-Eiweiss zugeführt oder NHR-66 ausgeschaltet, hatten sie ein ähnlich gutes Gedächtnis wie jüngere Würmer. Beide Moleküle, MPS-2 und NHR-66, bilden daher interessante Angriffspunkte für Medikamente, die altersabhängiges Vergessen abmildern könnten. In weiteren Studien wollen die Forschenden daher die therapeutischen Möglichkeiten auf Basis ihrer Entdeckung prüfen. Originalpublikation B.G Fenyves et al., «Dual role of an mps-2/KCNE-dependent pathway in long-term memory and age-dependent cognitive decline», Current Biology (2020); DOI: 10.1016/j.cub.2020.10.069

Kontakt Prof. Dr. Andreas Papassotiropoulos Universität Basel Petersplatz 1 CH-4001 Basel +41 61 267 05 99 andreas.papas@unibas.ch www.unibas.ch Dr. Attila Stetak Universität Basel Petersplatz 1 CH-4001 Basel Tel. +41 61 207 20 02 a.stetak@unibas.ch www.unibas.ch

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Bei Fadenwürmern lässt sich ähnlich wie beim Menschen ein Verlust der Gedächtnisfähigkeit mit zunehmendem Alter beobachten. Die molekularen Grundlagen dieses Prozesses sind jedoch weitgehend unklar. In weiterführenden Experimenten konnten die Forschenden nachweisen, dass natürliche Würmer, die über das mps-2-Gen verfügen, im Alter eine starke Reduktion am MPS-2-Protein aufweisen, dem Produkt des Gens. Dies hing mit einer reduzierten Gedächtnisleistung zusammen.

Altersabhängiger Gedächtnisverlust

mer das Erlernte schlechter behalten konnten. Ohne mps-2 hatten die Tiere also ein reduziertes Langzeitgedächtnis.

QUECKSILBER-ANALYTIK WIE NIE ZUVOR

MEDIZIN

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ERNÄHRUNG

Dank zentral gekühlter Infrastruktur

Kühlmöbel sollen effizienter werden Auf die Kühlung entfällt im Detailhandel rund die Hälfte des Stromverbrauchs. Um den Einsatz sparsamer Geräte noch stärker zu fördern, bietet eine neue Energieetikette für Kühlregale und Getränkekühler seit März 2021 mehr Transparenz und bringt Mindestanforderungen. Eine zentral gekühlte Infrastruktur hat aus Energiesicht zusätzliche Vorteile.

Pieter Poldervaart ¹

Bild: Kunal Mehta/Shutterstock.com

Frische ist im Detailhandel oberstes Gebot. Entsprechend zentral ist, dass Lebensmittel nicht nur bei Verarbeitung und Transport zuverlässig gekühlt werden, sondern die Kühlkette auch im Verkauf eingehalten wird. Heute sind zu diesem Zweck in der Schweiz 50 000 zentral gekühlte Kühlmöbel in Betrieb, die insgesamt imposante 400 000 Laufmeter messen. Dazu kommen 25 000 gekühlte Verkaufsautomaten und 300 000 steckerfertige Geräte. Rund die Hälfte des im Detailhandel verbrauchten Stroms entfällt auf diese Infrastruktur. Jährlich summiert sich das zu 600 Gigawattstunden.

Effizienzvorteil auf einen Blick

Seit März 2021 ist für Kühlmöbel mit Direktverkaufsfunktion eine Energieetikette Pflicht. Zudem müssen Mindestanforderungen eingehalten werden.

Muss ein Gerät ersetzt werden, stellt sich neben Anschaffungspreis, Grösse und Temperaturbandbreite auch die Frage, wie effizient die Neuanschaffung im Energieverbrauch ist. Im Bereich der Haushaltgeräte existiert für eine rasche Einordnung schon seit Jahren die Energieetikette. Mit ihrer Klassifizierung von A bis G erlaubt sie eine Einstufung des Geräts auf einen Blick. Seit März 2021 müssen nun auch im gewerblichen Bereich die sogenannten Kühlgeräte mit Direktverkaufsfunktion mit einer Energieetikette gekennzeichnet werden – und zwar auch die zentral gekühlten. Das ermöglicht es den Käuferinnen und Käufern, neben dem Anschaffungspreis auch die Kosten des jährlichen Stromverbrauchs in die Waagschale zu legen.

Massives Sparpotenzial beim Verbrauch

¹ Im Auftrag von EnergieSchweiz

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Dass sich eine gut überlegte Beschaffung auszahlt, zeigen zwei Rechenbeispiele, die das Bundesamt für Energie (BFE) erstellt hat. In einem Fall handelt es sich um einen Getränkekühler mit 384 Litern Bruttoinhalt, einer Lebensdauer von acht Jahren und einem Strompreis von 15 Rappen pro Kilowattstunde. Ein effizientes Gerät der B-Klasse verbraucht jährlich 317 Kilowattstunden und verursacht Stromkosten von insgesamt 380 Franken. Bei einem ineffizienten Gerät der D-Klasse sind es mit 954 Franken das Zweieinhalbfache. Noch mehr schenkt ein überlegter Kauf beim Kühlregal ein. Hier gelten die Annahmen für ein Kühlregal der Temperaturklasse M1, mit den Dimensionen von 1,25 Meter Breite und zwei Meter Höhe. Bei einer Lebensdauer von acht Jahren spart das effi-

Tipps für effizienteres Kühlen – Kühltemperatur immer so niedrig wie nötig und so hoch wie möglich einstellen. – Vereiste Verdampfer regelmässig abtauen. – Ansaugöffnungen regelmässig kontrollieren und wenn nötig Preisschilder oder Etiketten entfernen. – Kühlmöbel nicht über Stapelmarken hinaus beladen, da sonst der Kaltluftschleier nicht mehr wirkt. – Kühlmöbel nicht der direkten Sonnenbestrahlung aussetzen. – Beleuchtung im Kühlmöbel ausserhalb der Öffnungszeiten ausschalten. – Sind mehrere Kühlmöbel vorhanden, diese in Gruppen zusammenstellen und so im Verkaufsraum eine kühle Zone bilden.

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ERNÄHRUNG

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ziente C-Gerät gegenüber dem ineffizienten Konkurrenten der F-Klasse 9825 Franken.

Beim Kauf auf Etikette bestehen «Dass Kühlgeräte mit Direktverkaufsfunktion neu eine Energieetikette tragen und Mindestanforderungen erfüllen müssen,

ist ein Fortschritt, den wir begrüssen», sagt Andreas Zolliker, Geschäftsleiter der Kältering AG und Experte des Schweizerischen Verbands für Kältetechnik (SVK). Bisher habe lediglich eine Kältevergleichszahl existiert, die aber nicht für ein einzelnes Gerät, sondern für die gesamte Kälteanlage Geltung habe. Wichtig sei, dass Käuferinnen und Käufer, die sich für ein neues Gerät interessierten, auf der Einhaltung der Vorschriften beharrten: «Geräteimporteure sind diesbezüglich gut informiert. Bei kleineren Kältefachfirmen ohne Verbandszugehörigkeit kann es passieren, dass neue Vorgaben nicht immer bekannt sind und deshalb nicht an den Endkunden weitergegeben werden.» Um sicher zu gehen, dass ein effizientes Kühlgerät beschafft wird, müssten Interessierte deshalb darauf achten, dass in der jeweiligen Offerte die Effizienzklasse verbindlich aufgeführt sei – und anschliessend auch präzis das angebotene Produkt geliefert werde. Wichtig: Auch zentralgekühlte Geräte und Einzelanfertigungen unterliegen den Mindestanforderungen an die Energieeffizienz.

Selbstdeklaration mit Überprüfung Gut zu wissen ist, dass anfangs kaum oder nur wenige Geräte in den besten Klassen A und B angeboten werden. Die Etikette wurde bewusst so definiert, dass sie zukünftige Entwicklungen abbilden kann und über etwa zehn Jahre aktuell bleibt. Die Branche kann dabei auf die Erfahrungen zurückgreifen, die sie bei der Einführung der Energieetikette für gewerbliche Kühl-

lagerschränke vor zwei Jahren machte. Das BFE kontrolliert die korrekte Umsetzung. Bei Verstössen kann es eine Busse aussprechen oder weitere Sanktionen verhängen. Informationen zu den Energieetiketten und Effizienzanforderungen gibt es auf energieetikette.ch.

Zentrale Kühlung hat die Nase vorn Schon jetzt ist aber klar, wo weitere Effizienzgewinne warten: beim Betrieb (vgl. Kasten) und bei der Wahl des Kühlsystems. Denn zentral gekühlte Möbel benötigen generell weniger Strom als steckerfertige. «Der grosse Vorteil einer zentralen Kältebereitstellung ist, dass die Abwärme genutzt werden kann», sagt Eva Geilinger, zuständige Fachspezialistin Bereich Gewerbegeräte bei EnergieSchweiz des BFE. Bei steckerfertigen Geräten hingegen entfällt nicht nur diese Abwärmenutzung, sondern die unerwünschte Wärme bleibt sogar im Verkaufsraum zurück – und muss mit zusätzlichem Energieaufwand über die Klimaanlage aus dem Gebäude abgeführt werden. Wichtig sei zudem zu wissen, dass keine Vergleiche zwischen den Effizienzklassen von zentral gekühlten und steckerfertigen Kühlmöbeln gezogen werden dürfen, sondern nur innerhalb der jeweiligen Gruppe. Geilinger: «Die Berechnung der Klassen erfolgt unterschiedlich. Deshalb können steckerfertige Geräte ebenso hohe Effizienzklassen erreichen wie Kühlmöbel mit zentraler Kälteerzeugung, obwohl ein zentral gekühltes System effizienter ist.» www.energieschweiz.ch

www.ramseyer.ch

6/2021

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NEWS

RZE KÜRZE – IN KÜ N I – E Z R Ü K N IN KÜRZE – I

Personalien Belano medical AG Die Belano medical AG erweitert ihr HealthCare-Geschäf t und den europaweiten und weltweiten Vertrieb von Mikrobiom-basierten Produkten. Dafür hat der Aufsichtsrat eine Erweiterung des Vorstands um eine Position für Marketing und Sales bestimmt und Alexander Welsch für die neue Aufgabe in den Vorstand berufen. Der 48-Jährige ist aktuell Geschäftsführer der Sirius GmbH für kosmetische und pharmazeutische Produkte, ein Unternehmen der Dr. Kade Health Care. Er wird seine neue Aufgabe zum 1. Juni aufnehmen. Alexander Welsch war an der erfolgreichen Markt-Einführung von so bekannten Marken wie AntiBrumm, Lefax und DOC Schmerzgel beteiligt. Seine mehr als 20-jährige Erfahrung in Führungspositionen im Sales und Marketing Geschäft bei NEM, OTC und Dermokosmetik sowie die ihm zu verdankenden deutlichen AbsatzSteigerungen bei bekannten Marken-Produkten sind in der Branche anerkannt.

Wirtschaft Merck hat im 1. Quartal ein starkes Geschäftsergebnis erzielt. Der Konzernumsatz stieg im Vergleich zum Vorjahresquartal um 6,0 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro – vor allem bedingt durch das hohe organi-

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sche Wachstum des Unternehmensbereichs Life Science. Das Ebitda pre des Konzerns, die wichtigste Kennzahl zur Steuerung des operativen Geschäfts, legte im Vergleich zum Vorjahresquartal um 27,9 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro zu. Endress+Hauser sei es gelungen, die Kunden in der schwierigen Zeit weiter gut zu unterstützen, sagte CEO Matthias ­Altendorf auf der virtuell durchgeführten Bilanzpressekonferenz in Basel. «Wir haben in der Pandemie geholfen, wichtige Bereiche unseres täglichen Lebens am Laufen zu halten. Unsere Arbeit ist wichtig für unsere Kunden und für die Gesellschaft», betonte Altendorf. So werden die Produkte des Konzerns etwa dort eingesetzt, wo Impfstoffe produziert werden. Die Tochterfirma Analytik Jena liefert beispielsweise PCR-Technologie zum Nachweis des neuartigen Coronavirus. Die Gruppe erzielte 2020 einen Umsatz von 2576 Millionen ­Euro (–2,8 %) und ein Betriebsergebnis (Ebit) von 337,065 Millionen Euro (–1,9 %). Für Dachser war 2020 ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Das Jahr sei massgeblich von der Loyalität und dem engen Vertrauensverhältnis zwischen Kunden, Logistikdienstleister und Transportpartnern geprägt, teilt das Unternehmen mit. Der konsolidierte Netto-Umsatz des Konzerns betrug nach eigenen Angaben 5,61 Milliarden Euro und verringerte sich um 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Bereich der Stras-

senlogistik nahm der Wert um 2,2 Prozent ab (2020: 4,497 Milliarden Euro Umsatz). Das Geschäft der Luft- und Seelogistik nahm hingegen zu. Seit der Unternehmensgründung am 20.  Mai 1946 hat Köttermann individuelle Produktlösungen für Unternehmen realisiert. Was mit Destillierapparaten und Apothekenmöbeln an dem bis heute beibehaltenen Standort im niedersächsischen Hänigsen begann, entwickelte sich zu massgeschneiderten Laboreinrichtungskomponenten aus Stahl. Von Beginn an prägten individuelle Produkte, die Orientierung am Fortschritt, der Kundenwunsch und eine schonende Ressourcennutzung die damalige Haushaltsbedarf und Beleuchtungskörper GmbH und heute die Köttermann GmbH.

Forschung Wie gefährlich ist Nanoplastik? Die Antwort auf diese Frage ist überraschend und vorhersagbar zugleich. Ein Team von der Empa und der ETH Zürich beleuchtet den Stand der Forschung. Dies ist teilweise klar: Mikroplastik entsteht durch Verwitterung und physikochemische oder biologische Abbauprozesse aus makroskopischen Plastikprodukten, also etwa aus den Tonnen Plastikmüll in den Ozeanen. Dass diese Zerkleinerungsprozesse im Mikrometerbereich Halt machen, ist unwahrscheinlich. Und so wächst allenthalben die Besorgnis über mögliche nega-

tive Auswirkungen, die Nanoplastik auf verschiedene Ökosysteme haben könnte. Die meisten Chemikalien, die industriell hergestellt werden, entstehen mithilfe von Katalysatoren. Meist bestehen diese Katalysatoren aus winzigen Metall-Nanoteilchen, die auf Trägeroberflächen festgehalten werden. Ähnlich wie ein geschliffener Diamant, dessen Oberfläche aus verschiedenen Facetten besteht, die in unterschiedliche Richtungen orientiert sind, kann auch ein katalytisches Nanoteilchen unterschiedliche Facetten haben – und diese Facetten können unterschiedliche chemische Eigenschaften aufweisen. An der TU Wien ist das nun gelungen, indem man verschiedene mikroskopische Verfahren kombinierte: Mithilfe von Feldelektronen- und Feldionenmikroskopie konnte man die Oxidation von Wasserstoff auf einem einzelnen Rhodium-Nanoteilchen in Echtzeit in Nanometer-Auflösung abbilden.

Technologie Zwei Meilensteine in der Entwicklung neuer Plasmabeschleuniger konnte das LUXTeam bei Desy feiern. Die Universität Hamburg und Desy erprobten an ihrem Beschleuniger eine Technik, in der die Energieverteilung der erzeugten Elektronenstrahlen besonders klein gehalten wird. Zudem brachten sie den Beschleuniger dazu, seinen Betrieb selbst zu optimieren.

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NEWS

Kantonschemiker nahmen Proben aus verschiedenen Honigarten unter die Lupe und prüften diese auf ihre mögliche radioaktive Belastung. Dabei flog ein Täuschungsversuch auf. In sechs basel-städtischen Detailhandelsländen und Grossverteilern hat das Kantonale Laboratorium Basel-Stadt insgesamt 30 Proben bestehend aus verschiedenen Honigarten erhoben. Dabei handelte es sich um Blütenhonig, Wabenhonig (teilweise mit Sirup), Lindenhonig, Waldhonig, Akazienhonig, Kastanienhonig, Thymianhonig und Rosmarinhonig. Die Proben stammten mehrheitlich aus der Schweiz, Südamerika, Osteuropa, Itali-

en und Deutschland. Bei acht Proben bestand der Honig aus Mischungen von verschiedenen Ländern oder Regionen. In 18 der 30 Honigproben wurden kleinste Mengen an Radiostrontium und in 9 von 30 Honigproben Radiocaesium in Spuren nachgewiesen. Stichprobenartig wurden zudem 10 der 30 Honigproben auf die beiden natürlich vorkommenden radioaktiven Uran­ isoptope untersucht. In keiner der 10 Proben konnte Uran nachgewiesen werden. Ein Produkt musste hingegen wegen Täuschung beanstandet werden, da es sich um einen Brotaufstrich aus Sirup

Bild: Envato

Ist Honig radioaktiv belastet?

Symbolbild: Die Chemiker untersuchten Blütenhonig, Wabenhonig (teilweise mit Sirup), Lindenhonig, Waldhonig, Akazienhonig, Kastanienhonig, Thymianhonig und Rosmarinhonig.

mit nur 10 Prozent Honig handelte und die Kennzeichnung unleserlich war. Das Kantonale Laboratorium wird weiter Lebensmittel auf ihre

radioaktive Belastung kontrollieren. News Kanton Basel-Stadt, Kantonales Laboratorium

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NEWS

Der German Innovation Award in Gold geht 2021 an die Wasser 3.0 gGmbH. Zum vierten Mal hat der Rat für Formgebung Unternehmen mit dem German Innovation Award ausgezeichnet. Mit diesem Preis, der jährlich vergeben wird, würdigt die renommierte Institution sinnvolle Produktinnovationen, die zum einen zukunftsweisend sind, sich darüber hinaus aber auch verstärkt durch eine nutzerzentrierte Entwicklung auszeichnen und damit unser tägliches Leben besser und einfacher machen. «Mikroplastik und Mikroschadstoffe lassen sich heute praktisch überall nachweisen – im Meer, in Flüssen und Seen oder in Tieren und menschlichen Organen. Während her-

kömmliche Verfahren zur Wasserreinigung – wie z. B. in Kläranlagen – angesichts der Komplexität und Vielfältigkeit der Verschmutzung oft ihre Grenzen haben, liefert Wasser 3.0 innovative Lösungen nicht nur zur Detektion und Entfernung von schädlichen Partikeln aus Wässern, sondern denkt auch über deren Weiterverwendung nach. Die von Wasser 3.0 entwickelten Lösungen sind kostengünstig und einfach zu integrieren und dabei auch modular, skalierbar und wartungsarm. «Eine vorbildliche Non-Profit-Initiative, die ein globales Problem engagiert anpackt», so die Begründung der Jury. Die Wasser 3.0 gGmbH ist ein im Mai 2020 gegründetes

Bild: Wasserdreinull.de

Wasser 3.0 mit dem German Innovation Award in Gold ausgezeichnet

Der German Innovation Award in Gold geht 2021 an die Wasser 3.0 gGmbH.

non-profit Unternehmen, das durch die Verknüpfung von Hightech-Materialien und Lowtech-Verfahren in Verbindung mit systemischer Perspektive neue Wege für den Umweltund Gesundheitsschutz in der (Ab-)Wasserreinigung aufzeigt.

Im Fokus stehen flexible, kosten- und energieeffiziente Lösungen für die Entfernung von Mikroplastik und Mikroschadstoffen aus Wässern. Medienmitteilung Wasser 3.0

Bild: Zeiss

Zeiss startet erfolgreich ins Geschäftsjahr

Zeiss-Hauptsitz in Oberkochen (BW).

Die Zeiss-Gruppe schloss die ersten sechs Monate des Geschäftsjahrs 2020/21 (Bilanzstichtag: 31. März 2021) erfolgreich ab: Der Umsatz stieg um 6 Prozent (währungsbereinigt um 9 %) auf 3,406 Milli24

arden Euro (Vorjahr: 3,213 Mrd. Euro). Davon entfielen rund 90 Prozent auf Märkte ausserhalb von Deutschland. Auch das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) übertraf mit 591 Millionen Euro (Vor-

jahr: 455 Mio. Euro) deutlich das Vorjahresniveau. Die EbitMarge erreichte 17 Prozent. Der Auftragseingang lag bei 4,200 Milliarden Euro (Vorjahr: 3,601 Milliarden Euro). Die Geschäfte der vier ZeissSparten haben sich im vergangenen Halbjahr grundsätzlich gut entwickelt. Das Wachstum im Halbleitermarkt hält an. Die Sparte Semiconductor Manufacturing Technology konnte im aktuellen Geschäftsjahr das hohe Umsatzniveau gegenüber dem überproportional starken Vergleichszeitraum im Vorjahr ausbauen. Die Sparte Industrial Quality & Research entwickelte sich im ersten Halbjahr stabil: Das Geschäft mit industrieller Messtechnik erholt sich langsam von den Auswirkungen der

Covid-19-Pandemie. Die Sparte Medical Technology konnte im ersten Halbjahr zu deutlichem Umsatzwachstum zurückkehren. Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie lassen allmählich nach, so dass die Sparte ihr Wachstumstempo in Summe wieder auf das Niveau von vor der Pandemie steigern kann. Die Sparte Consumer Markets konnte sich deutlich von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie erholen. Die Zeiss-Gruppe konnte das erste Halbjahr mit einem sehr guten Umsatz abschliessen und dabei auch Marktanteile hinzugewinnen.

Medienmitteilung Zeiss-Gruppe 6/2021


NEWS

Dass Chemie- und Pharma­ unternehmen ein beliebtes Ziel für Hacker sind, erklärt sich von selbst. Nun hat es die Siegfried-Gruppe erwischt. Das IT-Netzwerk der Siegfried-Gruppe sei Ziel eines Angriffs mit Schadsoftware geworden, schreibt das Unternehmen in einer Pressemitteilung. Es habe umgehend umfangreiche Massnahmen eingeleitet, um die Sicherheit der Mitarbeitenden und der Anlagen jederzeit zu gewährleisten und weiteren Schaden abzuwenden. Die Ursache konnte laut eigenen Angaben identifiziert und mit der Wiederherstellung der Systeme begonnen werden.

Bild: Shutterstock

Siegfried wurde Opfer einer Cyberattacke

Die stille Gefahr: Die Siegfried-Gruppe musste aufgrund eines Hackerangriffs ihre Produktionsanlagen zurückfahren und die Netzwerkverbindungen unterbrechen.

In der Nacht auf Freitag, 21. Mai 2021, sei durch interne Überwachungsdienste ein

Angriff mit Schadsoftware auf das IT-Netzwerk von Siegfried entdeckt worden, wie Sieg-

fried präzisiert. An verschiedenen Standorten sei daraufhin die Produktion gesichert zurückgefahren worden, die Netzwerkverbindungen seien unterbrochen und sämtliche IT-Systeme einer vertieften Untersuchung unterzogen worden. Die Sicherheit aller Mitarbeitenden und Produktionsanlagen sei «jederzeit gewährleistet», so Siegfried. Mit Ausnahme der beiden Standorte in Spanien, die über ein isoliertes Netzwerk verfügten, ist es an den anderen Standorten in unterschiedlichem Umfang zu Produktionsunterbrechungen gekommen. Medienmitteilung Siegfried

Bild: Gian Vaitl/Empa

Gib Gummi für die Umwelt

Um seine Umweltbilanz aufzubessern, wird Alt-Asphalt künftig in grossem Stil in neuen Belägen landen.

Schweizer Autofahrer nutzen zahllose Autoreifen ab. Statt sie zu verbrennen, liessen sie sich quasi vor Ort wiederverwenden: Im Asphalt anderer Länder steckt längst Gummi aus Altreifen. Die Empa und Partner aus der Praxis beleuchten diese Idee für Schweizer Verhältnisse. Autopendler, die über Verkehrsstress nörgeln, könnten 6/2021

dann und wann den Blick nach unten richten. Denn dort liegt einer, der es schwerer hat: Asphalt erträgt glühende Hitze, Kältestress und jede Menge Druck von oben. Möglichst leise soll er auch noch sein – und in Zukunft natürlich umweltfreundlicher. Geformt aus einer heissen Gesteinsmischung und dem Bindemittel Bitumen bei etwa 160

Grad sorgt Asphalt für hohen CO2 -Ausstoss – durch Produktion, lange Transportwege und den Einbau. Um seine Umweltbilanz aufzubessern, wird AltAsphalt, schon heute rezyklierbar, künftig in grossem Stil in neuen Belägen landen. Zudem lassen sich Recyclingbeton oder andere Reststoffe in ihm «entsorgen» – etwa ausgediente Autoreifen, von denen es in der Schweiz reichlich gibt. Ein Innosuisse-Projekt unter Federführung der Empa-Abteilung «Beton und Asphalt» hat erkundet, welchen Nutzen diese Idee hierzulande haben könnte. Konkret: Können Gummipartikel die Polymere in polymer-modifiziertem Bitumen für hochbelasteten Asphalt ersetzen? Schliesslich verleihen Verbindungen wie das verbreitete Styrol-­Butadien-Styrol dem

Belag mehr Plastizität, eine bessere Rückverformung und eine längere Lebensdauer. Der Fokus des Projekts lag auf der Praxis: Nach einigen Vorversuchen entstanden die Asphaltmischungen für die Experimente bei den Herstellern FBB und Weibel AG. Die Sorten orientierten sich am Ernstfall: «SDA 4-12», ein «Flüster»Deckbelag, in dem viele Luftporen die Lärmemission mindern. Und «AC B22 H», der sich für eine so genannte Binderschicht darunter eignet – in diesem Fall zeitgemäss mit 30 Prozent Recyclingasphalt. Auch die ausgewählten Gummigranulate stammten aus der Schweiz, vom Hersteller Tyre Recycling Solutions (TRS) in Préverenges im Kanton Waadt. Medienmitteilung Empa Dübendorf 25


FIRMEN BERICHTEN

20-jähriges Bestehen

«Almatechnik bringt Flüssiges in Bewegung» Obgenannter Slogan bringt es auf den Punkt: Die Almatechnik AG ist national bekannt als zuverlässiger Lieferant und Berater für Pumpentechnik und Rührsysteme. Die Firma bietet individuelle und nachhaltige Lösungen für die Biotechnologie, Pharma- und Chemiebranche. Die hochwertigen Pumpen und Rührwerke von namhaften Herstellern aus Deutschland, Frankreich und Polen werden gerade von Unternehmen der Life Sciences sehr geschätzt.

Für den Firmengründer der Almatechnik AG Peter Gammenthaler ist klar: Die Kunden verlangen heute eine besonders intensive Beratung. Sie brauchen kompetente Ansprechpartner, die auch nach dem Verkaufsabschluss für sie da sind und sie mit besonderen Lösungen immer wieder von neuem überraschen. «Für beinahe jede Förderaufgabe haben wir eine Lösung im Köcher, das ist unsere Stärke», fasst der Firmengründer zusammen.

Kundenorientierung ist das A und O Diese kundenorientierte Haltung bildet das Fundament des Unternehmens. Darauf baut der langjährige Erfolg. Auch in Zukunft wird der Anspruch steigen. «Gerade unser Klientel setzt besonders auf hohe Qualität und gute Beratung», betont der Inhaber.

Vor zwanzig Jahren gründete der gelernte Chemikant die «Almatechnik Gammenthaler». Zuerst war es ein Einmannbetrieb, das Büro hatte er bei sich zuhause eingerichtet. Doch rasch entwickelte sich daraus ein mittleres Handels- und Dienstleistungsunternehmen mit mehreren Angestellten. «Es ist interessant zu sehen, wie die Firma gewachsen ist», schildert Jürg Blattner, Leiter Innendienst. Er ist schon seit 18 Jahren für die Almatechnik tätig. Schliesslich wurde 2011 aus der Firma eine Aktiengesellschaft, die «Almatechnik AG». Die Werkstatt und die Büroräumlichkeiten des Unternehmens befinden sich mitten im 2400-Seelendorf Zeiningen im Kanton Aargau. Den Betrieb führt heute Raymond Zufferey. Als langjähriger Mitarbeiter kennt er das Unternehmen als auch die Kunden und weiss, wie die Branchen «ticken» und welche Bedürfnisse künftig wichtig sind.

In der eigenen Werkstatt werden nicht nur Pumpen und Rührwerke repariert, auch praxisbezogene Schulungen finden dort statt.

Pumpen und Rührwerke Die Produkte der Almatechnik AG finden wir vor allem in den Branchen der klassischen Chemie- und Pharmaindustrie, aber auch in Feldern der modernen Life Sciences sowie der Biotechnologie. Die Produktepalette reicht von Druckluft-Membranpumpen und Vakuumpumpen bis zu Inline-Homogenisierern und Rührwerken (siehe Kasten).

Bilder: Roger Bieri

Werkstatt und Schulungen

Mitten im 2400-Seelendorf Zeiningen im Kanton Aargau stehen die Werkstatt und die Büroräumlichkeiten der Firma Almatechnik AG.

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Neben dem umfangreichen Portfolio bietet das Unternehmen auch Schulungen vor Ort an. Diese Trainings für Werkstattmitarbeiter werden in der Regel in einen theoretischen und praktischen Teil gegliedert. In der Theorie lernen die Kursteilnehmer, wie eine fachgerechte Installation und zielführende Reparaturen durchgeführt werden. Dabei sind Kenntnisse der verschiedenen Baureihen und Typen notwendig. Auch das Vorgehen bei der Fehlersuche ist besonders wichtig. 6/2021


FIRMEN BERICHTEN

Das umfangreiche Portfolio der Almatechnik umfasst: – Druckluft-Membranpumpen von Almatec – quaternäre Membranpumpen von Quatroflow – Kreisel- und Tauchpumpen von Schmitt – Fass- und Dickstoffpumpen von Grün – Impellerpumpen von Zuwa – Kreiskolben- und Doppelschrauben­ pumpen von Flussmann – Schlauchpumpen von Abaque – Taumelringpumpen von Pumpsystems – Vakuumpumpen von Vacuubrand – Dosier-, Misch- und Reaktionspumpen von Fink – Labor-Schlauchpumpen von MDX Biotechnik – Inline-Homogenisierer von Supraton – Rührwerke von Promitec In der eigenen Werkstatt wird den Kursteilnehmenden schliesslich unter fachgerechter Anleitung und praxisbezogen vermittelt, wie

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Die Experten für Pumpen und Rührwerke der Almatechnik AG in Zeiningen (v. l. n. r.): Carlo Stürchler, Raymond Zufferey, Michael Misteli, Jürg Blattner und Peter Gammenthaler.

die Pumpen für allfällige Reparaturen oder für die Instandhaltung gewartet werden. In Zeiningen bei der Almatechnik sorgt das fünfköpfige äusserst erfahrene Expertenteam nicht nur für zuverlässige Lieferungen, sondern auch für einen umfassend anspruchsvollen Service – sei es in der Beratung, bei den Schulungen oder bei Wartungen in der hauseigenen Werkstatt. Nach genau 20 Jahren Erfahrung als KMUUnternehmer resümiert Peter Gammenthaler: «Was ist das grösste Risiko? Das grösste Risiko ist, nie ein Risiko einzuge-

hen». Dieser Leitsatz wird das Unternehmen wohl auch in Zukunft begleiten.

Kontakt Almatechnik AG Rebgasse 2 Postfach CH-4314 Zeiningen +41 61 853 09 09 info@almatechnik.ch www.almatechnik.ch

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Bild: Ibsa

FIRMEN BERICHTEN

Die Ibsa-Produktionsstätte in Lamone (TI).

Datengetrieben, automatisiert, intuitiv

Der digitale Vertrieb der Zukunft Ein Tablet und eine App – mehr benötigen die Vertriebsteams bei Ibsa nicht, um effektiv zu sein. Von der Aussendienstunterstützung bis hin zu Sales Coachings deckt die Super-App von Pitcher alle Anforderungen des modernen Pharmavertriebs ab. Dank des hohen Automatisierungsgrades konnte Ibsa nicht nur administrative Aufgaben reduzieren, sondern auch ein tieferes Verständnis für Kunden gewinnen.

Berufsbild und Arbeitsinhalte des Pharmareferenten oder Pharmaberaters haben sich mit dem rasanten Wandel des Gesundheitssektors weiterentwickelt. Über die immens wichtige menschliche Komponente im Vertrieb hinaus müssen Pharmareferenten im Dialog mit Ärzten und Apothekern vor allem ihre fachliche Kompetenz unter Beweis stellen. Doch schaut man sich deren Arbeitsalltag genauer an, verschlingen das telefonische Vereinbaren von Terminen, die Vorbereitung von Präsentationen, die Erstellung von Besuchsberichten und andere administrative Aufgaben einen Grossteil der Arbeitszeit. Hinzu kommen die Einschränkungen durch die Pandemie, die die effektive Zeit für persönliche Beratungsgespräche zusätzlich reduzieren. Ibsa, mit einem Umsatz von 65 Millionen eines der 25 grössten Pharmaunternehmen der Schweiz, setzt deshalb schon seit zehn Jahren auf die konsequente Digitalisierung des Vertriebs.

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Freie Journalistin

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Der Kunde steht im Mittelpunkt Der Startschuss für grundlegende Veränderungen fiel 2011, als Maleša Sidjanski, Head of Swiss Business Operations von Ibsa, sich auf die Suche nach einer E-Detailing-Lösung begab, um die Kundenan-

sprache zu verbessern. Sidjanskis Ziel war es unter anderem, die altmodische Zeigemappe mit Griffregister durch ein zeitgemässes und digitales Multimedia-Format zu ersetzen, um bei Kundenterminen überzeugendere Präsentationen halten und Produktbesprechungen führen zu können. Per E-Detailing sollte eine alter-

Bild: Ibsa

Dominique-Silvia Wiechmann 1

Einblick in die Produktionsstätte von Ibsa in Massagno (TI).

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FIRMEN BERICHTEN

native Möglichkeit geschaffen werden, Ärzte und Apotheker über Präparate und deren Einsatz zu beraten. In der Vorstellung von Sidjanski sollte eine solche Lösung den Vertriebsteams administrative Arbeit abnehmen und gleichzeitig datengestützte Einsichten in die Kundenwahrnehmung, das Kundenverhalten und die Arbeitsweise der Kundenberater ermöglichen.

Die Wahl fiel schliesslich auf die Sales-Enablement-Lösung Pitcher, die Ibsa seit mittlerweile zehn Jahren einsetzt. Obwohl das Team zunächst ein halbes Jahr lang ein Konkurrenzsystem nutzte, machte Pitcher nach einem initialen Test schnell das Rennen. Die Super-App unterstützt Vertriebsmitarbeiter bei allen Aufgaben und wird als Software-as-a-Service-Lösung bereitgestellt. Vom Teilen von Inhalten über Account Management, Aussendienstunterstützung, Vertriebssteuerung bis hin zu statistischen Analysen und Trainings, deckt das Tool alle Anforderungen des modernen Vertriebs ab. Dabei wird die Plattform für Vertriebsmitarbeiter und Kunden fortlaufend verbessert und kontinuierlich an die sich schnell wandelnden Anforderungen der Branche angepasst. Sidjanski resümiert: «Pitcher hat uns geholfen, unsere Vision einer datengetriebenen und evidenzbasierten Organisation zu verwirklichen, was sicherlich dazu beitrug, dass wir unseren Jahresumsatz der letzten zehn Jahre um weitere 15 Millionen auf 65 erhöhen konnten.»

Intuitiv zu bedienen, automatisiert, datengestützt Sidjanski verfolgte von Anfang an eine Single-Device/Single-App-Strategie, die auch der Entwicklung von Pitcher zugrunde liegt. Somit sind die Vertriebsmitarbeiter mit einem Tablet und der Super-App vollständig ausgerüstet. Durch die Einführung von Pitcher ist Ibsa dazu in der Lage, mithilfe datengestützter Analysen, passgenau Beziehungen zu ihren Kunden aufzubauen und präzisere und verlässlichere Einblicke in alle Vertriebsaktivitäten zu gewinnen. Präsentationen werden mithilfe der multimedialen Lösung interaktiver gestaltet, was zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit den Inhalten beiträgt. Nebenbei spart Ibsa 6/2021

Bild: Pitcher

Alles aus einer Hand

Die Super-App von Pitcher deckt alle Anforderungen des modernen Vertriebs ab.

Druck- und Papierkosten durch digitale, stets aktuelle und individualisierbare Infomaterialien. Selbst virtuelle Termine können die Vertriebsteams direkt über die Super-App durchführen und so in Zeiten von Social Distancing den persönlichen Kontakt zu ihren Kunden aufrechterhalten. Das Branchen-CRM-System XPRIS wurde durch eine Integration angebunden, wodurch die Besuchsberichte jedem einzelnen Health Care Professional zugeordnet werden können. Informationen für Analysen und Auswertungen rund um Besuche verschiedenster Zielgruppen, besprochene Produkte, verwendete Präsentationen und deren Beurteilung durch den Kunden oder den Kundenberater sammelt Pitcher automatisch. Mit dieser Datenbasis kann Ibsa zum ersten Mal evidenzbasierte Entscheidungen betreffend das strategische Vorgehen in Sachen Sales einzelner Produkte treffen. Die Automatisierung entlastet zugleich die Vertriebsmitarbeiter bei den administrativen Prozessen: 80 Prozent der Inhalte der Besuchsberichte bereitet die Super-App bereits vor. «Meine Vertriebsmitarbeiter müssen keine Digital Natives sein, um mit der Pitcher-Lösung effektiv arbeiten zu können, da sie so intuitiv ist», ergänzt Sidjanski.

Nichts dem Zufall überlassen Ibsa sieht die digitale Transformation als kontinuierlichen Prozess. Die gewonnenen

Daten bilden einen regelrechten Schatz, den das Team Stück für Stück hebt. Bereits heute ergeben sich zahlreiche unerwartete Korrelationen zwischen Gesprächsinhalten und Verkaufserfolg. Unter Zuhilfenahme statistischer Analysemethoden kann die Marketing Intelligence von Ibsa z.B. die erfolgversprechendsten Sales Aids oder Key Messages für ihre Zielgruppen ermitteln. Mit dieser Art von Data Mining soll ein Closed-Loop-Marketing aufgebaut werden, in dem korrelative statistische Zusammenhänge zwischen dem Verhalten der Salesforce während des Verkaufsgesprächs und dem Erfolg eruiert werden. Ibsa sieht sich selbst gut gerüstet für die Zukunft, dank zufriedener Mitarbeiter, die durch moderne und intuitive Technologie bei ihrer Arbeit optimal unterstützt werden – ganz nach dem Motto: weniger Administrationsaufwand, mehr Fokus auf das eigentliche Beratungsgespräch mit dem Kunden.

Kontakt Pitcher AG Alte Feldeggstrasse 14 CH-8008 Zürich +41 43 535 77 90 info@pitcher.com www.pitcher.com/life-sciences

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FORSCHUNGSWELT

Was die Schweiz tun sollte

Worauf es bei der Energiewende ankommt Kann die Schweiz ihre Kohlendioxid-Emissionen wie geplant bis im Jahr 2050 auf null senken? Oder ist dies ein utopisches Ziel? Forschende des Paul-Scherrer-Instituts (PSI) haben in einer Studie untersucht, welche konkreten Massnahmen dafür notwendig wären. Auch die möglichen Kosten haben die Autoren analysiert. Sie zeigen wie viel die Änderungen pro Kopf Kosten würden.

Sebastian Jutzi ¹ Der Schweizer Bundesrat hat im August 2019 ein ehrgeiziges Ziel zur Begrenzung des Klimawandels beschlossen: Ab dem Jahr 2050 soll die Schweiz unter dem Strich keine Treibhausgasemissionen mehr ausstossen. Damit entspricht die Schweiz dem international vereinbarten Ziel, die globale Klimaerwärmung auf maximal 1,5 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen.

Welche Möglichkeiten zur Erreichung dieses Zieles im Energiesektor bestehen, lotet nun eine Studie des Paul-Scherrer-Instituts aus, die im Rahmen der Joint Activity «Scenarios and Modelling» der acht Swiss Competence Centers for Energy Research (SCCER) durchgeführt wurde. «Das Ziel, im Jahr 2050 Netto-Null-Kohlendioxid-Emissionen zu erreichen, erfordert einschneidende Transformationen bei der Bereitstellung und dem Verbrauch von Energie in beinahe allen Bereichen», fasst Tom Kober, Leiter der PSI-Forschungsgruppe Energiewirtschaft und einer der Hauptautoren der Studie, zusammen.

Was genau untersucht wurde Bei ihren Analysen berücksichtigten die Forscher energiebedingte KohlendioxidEmissionen sowie Kohlendioxid-Emissionen aus industriellen Prozessen. Diese Emissionen stellen heute etwa 80 % des gesamten Schweizer Treibhausgasinven-

¹ Paul-Scherrer-Institut, Villigen

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Bild: Adpic

Wie realistisch sind die Ziele?

Die installierte Kapazität von Photovoltaikanlagen muss sich laut der Studie mindestens jedes Jahrzehnt bis 2050 verdoppeln.

tars dar. Nicht in die Berechnungen flossen ein: Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr, der Landwirtschaft – mit Ausnahme der Emissionen aus der Kraftstoffverbrennung –, der Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft sowie Abfall – ausser Emissionen aus der Abfallverbrennung. Auch waren die Emissionen im Ausland, die im Zusammenhang mit dem Güterkonsum in der Schweiz stehen, nicht Gegenstand der Untersuchung.

Mehr Strom aus Photovoltaik Schlussfolgerungen der Studie sind: Die installierte Kapazität von Photovoltaikanlagen muss sich mindestens jedes Jahrzehnt bis 2050 verdoppeln, so dass sich Photovoltaikanlagen mit 26 Terawattstunden Produktion im Jahr 2050 neben der Wasserkraft (ungefähr 38 Terawattstunden im Jahr 2050) zur zweitgrössten Technologie-

gruppe entwickeln. Weiterhin tragen Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung sowie Windkraftwerke, Wasserstoff-Brennstoffzellen und Stromimporte dazu bei, die Stromnachfrage zu decken. Im Hauptszenario zur Erreichung des Netto-Null-Emissionsziels steigt insgesamt die Stromerzeugung aus Kraftwerken und Speicheranlagen in der Schweiz gegenüber dem gegenwärtigen Niveau um etwa ein Fünftel auf 83 Terawattstunden im Jahr 2050 an. Die Studie unterstellt, dass die Schweizer Kernkraftwerke bis zum Jahr 2045 ausser Betrieb genommen werden. Die private Autoflotte müsste bis 2050 grösstenteils auf elektrischen Antrieben basieren. Bis 2030 müsste demnach jede dritte Neuzulassung ein vollständig elektrisch betriebenes Auto sein. Zusätzlich müsste der Einsatz von Wärmepumpen im Dienstleistungs- und Wohnbereich deutlich beschleunigt werden, so dass bis 2050 fast drei Viertel des 6/2021


FORSCHUNGSWELT

Die Studienautoren Evangelos Panos (links) und Tom Kober sind überzeugt: Die Elektromobilität wird bei der Energiewende eine wichtige Rolle spielen.

Heizungs- und Warmwasserbedarfs dadurch gedeckt werden. Gleichzeitig wäre es notwendig, deutliche Energieeinsparungen durch beschleunigte Renovierungen von Wohngebäuden zu erzielen. Will die Schweiz das Netto-Null-Emissionsziel erreichen, muss mit einem deutlichen Anstieg des Stromverbrauchs gerechnet werden. So könnte im Jahr 2050 der Stromverbrauch um 20 Terawattstunden über dem heutigen Niveau liegen. Ein wesentlicher Treiber für dieses Wachstum ist die Verwendung von Strom für den Antrieb von Autos, Bussen und Lastkraftwagen, entweder direkt über batterieelektrische Fahrzeuge oder indirekt über Wasserstoff oder sogenannte E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe, die unter anderem mittels Strom aus Wasserstoff und Kohlendioxid hergestellt werden. In den stationären Sektoren wird Strom zunehmend durch die vermehrt eingesetzten Wärmepumpen verbraucht werden. Dieser erhöhte Stromverbrauch kann allerdings kompensiert werden, wenn die notwendigen Effizienzgewinne bei Heizung und Warmwasserbereitstellung erreicht werden. Dann könnten die stationären Sektoren einen nahezu gleichbleibenden Stromverbrauch erzielen. Neben elektrischer Energie werden weitere Energieformen eine Rolle spielen. So bieten beispielsweise der Fern- und Güterverkehr sowie die energieintensive Industrie Perspektiven für neue Wasserstoffanwendungen. Um den dafür benötigten Wasserstoff emissionsarm oder -frei zu produzieren, wäre eine erhebliche Menge an nachhaltig erzeugtem Strom (9 Terawattstunden in 2050) notwendig. 6/2021

«Wenn die Schweiz das Null-Emissions-Ziel bis 2050 erreichen will, dann müssen die CO2 -Emissionen in Zukunft im Durchschnitt jedes Jahr um eine bis anderthalb Millionen Tonnen gegenüber dem Vorjahr verringert werden», sagt Evangelos Panos, Hauptautor der Studie. «Veränderungen der CO2 -Emissionen in dieser Grössenordnung haben wir im Zeitraum 1950 bis 1980 gesehen – allerdings in die umgekehrte Richtung – damals haben sie massiv zugenommen.» Um die Emissionsminderung kostengünstig umzusetzen, sollte deshalb auch der Einsatz von Technologien mit der sogenannten CO2 -Abscheidung in Betracht gezogen werden. So könne man sogar in Teilbereichen auf eine negative Bilanz beim CO2 -Ausstoss kommen. Das sei beispielsweise dann der Fall, wenn man Biomasse als Energieträger nutze und bei der Energiegewinnung entstehendes CO2 nicht emittiere, sondern abfange und unterirdisch speichere. Falls das in der Schweiz nicht möglich sei – beispielsweise aufgrund der Ablehnung durch die Bevölkerung oder aufgrund begrenzter CO2 -Speicherstätten –, könne die internationale Vernetzung und die Speicherung im Ausland einen Ausweg bieten. Insgesamt gehen die Forschenden in ihrer Studie für das Jahr 2050 von knapp 9 Millionen Tonnen CO2 aus, die in der Schweiz abgetrennt würden. «Mehr als zwei Drittel der für das NettoNull-Emissionsziel notwendigen Emissionsreduktionen sind mit Technologien erreichbar, die bereits kommerziell verfügbar sind oder sich in der Demonstrationsphase befinden», resümiert Panos. Das dekarbonisierte Energiesystem der Zukunft sei erreichbar, erfordere aber kohlenstofffreie Energieträger, zum Beispiel entsprechend erzeugten Strom, Biokraftstoffe und E-Fuels, Zugang zur entsprechenden Transportund Verteilungsinfrastruktur sowie die Möglichkeit, saubere Brennstoffe und Elektrizität zu importieren.

Kosten sind schwer abschätzbar In puncto Kosten geben sich die Energiesystemforscher zurückhaltend. «Die Kosten sind sehr schwer abschätzbar, weil dabei

enorm viele Komponenten eine Rolle spielen», so Kober. In dem in der Studie angenommenen Netto-Null-Hauptszenario würden sich für den Zeitraum bis 2050 die durchschnittlichen diskontierten Mehrkosten des Klimaschutzszenarios gegenüber dem Referenzszenario mit moderatem Klimaschutz (–40 % CO2 -Emissionen im Jahr 2050 gegenüber 1990) in der Schweiz auf etwa 330 Franken pro Person und Jahr (Basis: 2010) belaufen. Betrachtet man alle untersuchten Szenarien, so sieht man eine Bandbreite der durchschnittlichen Kosten zwischen 200 und 860 Franken pro Jahr und Kopf, was letztlich unterschiedliche Entwicklungen der Energietechnologien, der Ressourcenverfügbarkeit, der Marktintegration, bei der Akzeptanz von Technologien und bei den Präferenzen zur Versorgungssicherheit widerspiegelt. Der Verlauf der Ausgaben zeigt vor allem eine langfristige Zunahme, so dass vergleichsweise hohe Kosten auch nach 2050 zu erwarten sind. Kontakt Dr. Tom Kober Paul-Scherrer-Institut Forschungsstrasse 111 CH-5232 Villigen PSI +41 56 310 26 31 tom.kober@psi.ch www.psi.ch

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FORSCHUNGSWELT

Programmierbare Immunzellen?

Biologische Zellen mutieren zu Robotern Wissenschaftler der ETH Zürich sind dran, informationsverarbeitende Schaltsysteme in biologischen Zellen zu entwickeln. Sie haben nun zum ersten Mal in menschlichen Zellen eine sogenannte Oder-Schaltung entwickelt. Diese reagiert auf unterschiedliche Signale. Sie haben ihre Entwicklung patentieren lassen.

Biologische Zellen sollen dereinst mit künstlichen genetischen Programmen ausgestattet werden, die ähnlich funktionieren wie elektronische Systeme. Solche neu programmierten Zellen könnten in unserem Körper medizinische Aufgaben wahrnehmen, etwa Krankheiten diagnostizieren oder therapieren. Eine Anwendung wären veränderte Immunzellen, die Tumorzellen bekämpfen. Da Tumorzellen unterschiedliche genetische Ausprägungen haben, müsste in den bekämpfenden Zellen zum Beispiel folgendes biochemisches Programm laufen: «Bekämpfe eine andere Zelle, wenn sie vom Typ X oder Y oder Z ist.» In der Mathematik und der Elektronik wird eine solche Funktion als Oder-Gatter bezeichnet. «Man braucht sie bei Entscheidungsprozessen immer dann, wenn mehrere Sachen zum gleichen Ergebnis führen, wenn man mit unterschiedlichen Inputs zur gleichen Zeit umgehen muss», erklärt Jiten Doshi, Doktorand in der Gruppe von Professor Yaakov Benenson am Departement für Biosysteme der ETH Zürich in Basel. Doshi und Benenson haben zusammen mit Kollegen zum ersten Mal in menschlichen Zellen ein sogenanntes Oder-Gatter entwickelt. Also eine molekulare Schalteinheit, die ein biochemische Output-Signal abgibt, wenn sie eines von zwei oder mehreren biochemischen Input-Signalen misst.

Programmierung in der DNA-Sprache Bisherige in biologischen Zellen umgesetzte Oder-Gatter waren einfach gestrickt, wie Benenson erklärt. Soll beispielsweise eine

¹ ETH Zürich

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Bilder: Adpic

Fabio Bergamin ¹

In ihrer Forschung bringen Wissenschaftler mathematische und elektronische Ansätze der Informationsverarbeitung in biologische Systeme. Bestimmte Zellen könnten mithilfe von DNA-Sequenzen ähnlich wie mit einem Computerprogramm umprogrammiert werden.

Zelle als Antwort auf Signal X oder auf Sig­ nal Y einen Wirkstoff ausschütten, so kombinierten Wissenschaftler bisher zwei Systeme: eines, das den Wirkstoff als Antwort auf Signal X ausschüttete, und ein anderes, das den Wirkstoff als Antwort auf Signal Y freisetzte. Im Gegensatz dazu ist das neue Oder-Gatter der Wissenschaftler ein echtes Oder-Gatter, bei dem es sich um ein einziges System handelt. Wie bei allen biologischen Systemen liegt die Information als DNA-Sequenz vor. Diese ist beim neuen Gatter wesentlich kürzer, weil es sich um ein System handelt und nicht um zwei separate.

Natur wie so oft ein Vorbild Um das Oder-Gatter zu realisieren, benutzen die Forschenden die Transkription, jenen zellulären Prozess, bei dem die Information von einem Gen abgelesen und in Form eines Boten-RNA-Moleküls ge-

speichert wird. In Gang gebracht wird dieser Prozess von bestimmten Steuerungsmolekülen (Transkriptionsfaktoren), die sich auf spezifische Weise an eine «Aktivierungssequenz» (Promotor) im Anfangsbereich eines Gens heften. Dabei gibt es auch Gene mit mehreren solchen Aktivierungssequenzen. Ein Beispiel dafür ist ein Gen namens CIITA, das bei Menschen vier solche Sequenzen aufweist. Die Forschenden liessen sich von diesem Gen inspirieren und entwickelten synthetische Konstrukte mit einem Gen, das für die Herstellung eines fluoreszierenden Farbstoffs verantwortlich ist und das drei Aktivierungssequenzen hat. An diese Sequenzen heften sich spezifisch jeweils ein bis drei Transkriptionsfaktoren und kleine RNA-Moleküle. Das Genkonstrukt produziert den Farbstoff, wenn die Transkription über mindestens eine der drei Aktivierungssequenzen gestartet wird – also über die Sequenz 1 oder die Sequenz 2 oder 6/2021


FORSCHUNGSWELT

die Sequenz 3. Die Forschenden haben das neue System patentieren lassen.

Ein Kreis schliesst sich Die Forschung schliesse einen Kreis, wie Professor Benenson betont. Historisch betrachtet, hat sich die Informationsverarbeitung während der Evolution in Lebewesen entwickelt: Menschen und Tiere sind mit ihren Gehirnen sehr gut darin, sensorischen Input aufzunehmen, zu verarbeiten und entsprechend zu reagieren. Erst ab dem 19. Jahrhundert begann dann die Entwicklung von schaltbaren Elektronikbauteilen, zunächst mit dem Relais, später mit Elektronenröhren und schliesslich mit Transistoren, welche den Bau von Computern ermöglicht haben. In ihrer Forschung versuchen die Bioingenieure, diese mathematischen und elektronischen Ansätze der Informationsverarbeitung zurück in biologische Systeme zu bringen. «Dies hilft uns einerseits, die Biologie besser zu verstehen, beispielsweise wie in Zellen biochemische Entscheidungs-

Wie kleine Roboter könnten veränderte Immunzellen die Tumorzellen gezielt bekämpfen.

prozesse ablaufen. Andererseits können wir damit neue biologische Funktionen entwickeln», sagt Benenson. Zugute kommt den Forschenden, dass biologische Zellen dafür beste Voraussetzungen bieten.

Komplexere Diagnostikund Therapieformen Zur Anwendung kommen soll die zelluläre Informationsverarbeitung vor allem in der medizinischen Diagnostik und Therapie. «Heutige medizinische Therapien sind meist simpel: Wir therapieren Krankheiten

oft nur mit einem einzigen Medikament, unabhängig davon, wie komplex die Biologie und die Ursachen von Krankheiten auch sein mögen», sagt Benenson. Dies stehe im Gegensatz dazu, wie ein Organismus mit Veränderungen von aussen umgeht. Stressreaktionen des Körpers beispielsweise können sehr komplex sein. «Unser Ansatz der biomolekularen Informationsverarbeitung verspricht, in Zukunft mit künstlichen genetischen Netzwerken, die verschiedene Signale erkennen und verarbeiten können, komplexe zelluläre Diagnostiksysteme und potenziell wirksamere Therapieformen zu entwickeln», sagt Benenson. Solche Therapieformen würden etwa auch erkennen, wenn nach erfolgreicher Therapie ein Normalzustand erreicht ist. Eine ideale Krebstherapie beispielsweise bekämpft Tumorzellen, solange diese im Körper vorhanden sind, bekämpft aber kein gesundes Gewebe, denn dies würde im Körper Schaden anrichten. ETH News www.ethz.ch/news

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FORSCHUNGSWELT

Dank Quantensensoren

Konzept für neues Speichermedium entwickelt

Geleitet wurde die Arbeit durch Wissen­ schaftlerinnen und Wissenschaftler vom Departement Physik und Swiss Nano­ science Institute der Universität Basel. Antiferromagnete machen 90 Prozent aller magnetisch geordneten Materialien aus.

Ferromagnete – Antiferromagnete Anders als bei Ferromagneten wie Eisen, bei denen das magnetische Moment der Atome parallel ausgerichtet ist, wechselt bei Antiferromagneten die Ausrichtung des magnetischen Moments zwischen be­ nachbarten Atomen. Deshalb erzeugen antiferromagnetische Materialien kein äus­ seres magnetisches Feld und erscheinen als nicht magnetisch, da sich durch die wechselnde Ausrichtung der Momente das magnetische Moment aufhebt. Antiferromagnete versprechen spannen­ de Anwendungen in der Informationsver­ arbeitung, da die Ausrichtung ihres mag­ netischen Moments, im Gegensatz zu Ferromagneten in konventionellen Spei­ chermedien, nicht versehentlich durch magnetische Felder überschrieben wer­ den kann. Daher hat sich in den letzten Jahren das neue Forschungsgebiet der antiferromagnetischen Spintronik entwi­ ckelt, in dem weltweit zahlreiche For­ schungsgruppen aktiv sind.

Quantensensoren verschaffen neue Einblicke In Zusammenarbeit mit den Forschungs­ gruppen von Dr. Denys Makarov (Helm­ holtz-Zentrum in Dresden, Deutschland) und Prof. Dr. Denis D. Sheka (Taras Shev­ chenko National University of Kyiv, Ukrai­ ne) hat das Team von Prof. Dr. Patrick Ma­ letinsky aus Basel einen Einkristall von 34

Chrom(III)-oxid (Cr2O 3) untersucht. Der Einkristall ist ein nahezu perfekt geordne­ tes System mit sehr wenigen Defekten, bei dem die Atome in einem regelmässigen Kristallgitter angeordnet sind. «Wir können den Einkristall so verändern, dass wir zwei Bereiche (Domänen) schaffen, die sich in der Ausrichtung der antiferromagnetischen Ordnung unterscheiden», erklärt Natascha Hedrich, Erstautorin der Studie. Getrennt werden diese beiden Domänen durch eine Domänenwand. Solche Domä­ nenwände in Antiferromagneten liessen sich bisher nur in Einzelfällen und nicht im Detail experimentell untersuchen. «Da unsere Quantensensoren sehr sensitiv sind und eine exzellente Auflösung besit­ zen, konnten wir nun experimentell zei­ gen, dass sich die Domänenwand ähnlich wie eine Seifenblase verhält», erklärt Ma­ letinsky. Wie eine Seifenblase ist die Do­ mänenwand elastisch und bestrebt ihre Spannungsenergie zu minimieren. Ihr Ver­ lauf gibt damit Aufschluss über die anti­ ferromagnetischen Materialeigenschaften und lässt sich präzise voraussagen, wie auch Simulationen der Forschenden aus Dresden gezeigt haben. Diese Eigenschaft nutzten die Forschen­ den, um den Verlauf der Domänenwand zu manipulieren und damit den Vorschlag für ein neuartiges Speichermedium zu entwickeln. Dazu strukturiert das Maletins­ ky-Team die Oberfläche des Einkristalls gezielt auf der Nanoskala, so dass winzige, quadratische Erhebungen bleiben. Diese verändern dann den Verlauf der Domä­ nenwand im Kristall in einer kontrollierten Art und Weise. Mithilfe der Anordnung die­ ser Erhebungen können die Forschenden die Domänenwand so dirigieren, dass die­ se entweder auf der einen oder auf der anderen Seite einer Erhebung verläuft. Und genau dies ist die Grundlage für das

Bild: Dep. Physik, Unibas

Einem internationalen Forschungsteam ist es gelungen, bestimmte physikalische Eigenschaften eines Antiferromagneten erstmals mithilfe von Quantensensoren auf der Nanometerskala zu untersuchen. Auf der Basis ihrer Ergebnisse stellen sie im Fachmagazin «Nature Physics» ein Konzept für ein neues Speichermedium vor.

In einem antiferromagnetischen Einkristall wurden Bereiche mit unterschiedlicher Ausrichtung der antiferromagnetischen Ordnung geschaffen (blaue und rote Bereiche), die durch eine Domänenwand getrennt sind. Deren Verlauf lässt sich durch die Strukturierung der Oberfläche steuern. Das ist die Grundlage für ein neues Speichermedienkonzept.

Konzept des neuartigen Speichermedi­ ums: Verläuft die Domänenwand «rechts» von einer Erhebung könnte dies für 1 ste­ hen, bei einem Verlauf «links» davon da­ gegen für 0. Durch lokales Erhitzen über einen Laser, lässt sich der Verlauf der Do­ mänenwand jedoch immer wieder ver­ schieben, was die Grundlage für ein wie­ der verwendbares Speichermedium liefert. «Wir werden jetzt untersuchen, ob sich die Domänenwände auch durch elektrische Felder verschieben lassen», erläutert Male­ tinsky. «Wenn dies gelingt, haben wir mit einem Antiferromagneten ein Speicherme­ dium zur Hand, dass schneller ist als her­ kömmliche ferromagnetische Systeme und zudem deutlich weniger Energie ver­ braucht.»

Kontakt Prof. Dr. Patrick Maletinsky Universität Basel Departement Physik Swiss Nanoscience Institute +41 61 207 37 63 patrick.maletinsky@unibas.ch www.unibas.ch

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VERFAHRENSTECHNIK

Expertenteam gibt Auskunft

Ist die Prozesssimulation fit für die Zukunft?

Die Prozesssimulation gehört schon heute zu den wichtigsten Werkzeugen bei der Entwicklung, dem Betrieb und der Optimierung von Verfahren in Chemie, Biotechnologie und Pharmaindustrie. Doch reichen die existierenden Werkzeuge aus, um den Ansprüchen der digitalisierten Industrie zu genügen? Das Positionspapier «Prozesssimulation – Fit für die Zukunft?» beschreibt kompakt und umfassend die derzeitige Situation und stellt zukünftige Herausforderungen dar. Zugleich formulieren die Autoren mögliche Lösungsansätze für eine zukünftige Simulationslandschaft als Bestandteil einer vernetzten Umgebung.

Ganzheitliche Lösung nötig In den letzten Jahrzehnten wurden von wenigen Herstellern umfassende Programmsysteme entwickelt, die die chemische Industrie mit Prozesssimulationen unterstützen. Doch, obwohl diese Systeme sehr vielfältig sind, existiert bis heute noch keine Simulationsumgebung, die alle Aspekte des Lebenszyklus eines Prozesses hinreichend gut abbilden kann. Deshalb ist die Prozessindustrie zusätzlich an offenen, modularen Lösungen für einzelne Aspekte des Lebenszyklus interessiert. Das Konzept der autarken, geschlossenen Prozesssimulationen wird sich nach Ansicht der Experten zunehmend in ein offenes System flexibler Komponenten wandeln, das in eine digitale Infrastruktur eingebunden ist. Dazu sind transparente und umfassend akzeptierte Schnittstellen, die Anbindung weiterer Daten und eine zentrale Verwaltung konsistenter Stoffdaten sowie eine Öffnung der Architekturen notwendig. In dem Positionspapier beschreiben die Experten, welche Vor- und 6/2021

Bild:Shutterstock

Wird die heutige Prozesssimulation den Anforderungen gerecht, die die zunehmende Digitalisierung bis hin zum «digitalen Zwilling» stellt? Damit befassen sich die Experten des ProcessNet-Arbeitsausschusses Modellgestützte Prozessentwicklung und -optimierung in ihrem aktuellen Positionspapier «Prozessimulation – Fit für die Zukunft?». Das Papier steht kostenfrei zum Download zur Verfügung.

Das Positionspapier «Prozesssimulation – Fit für die Zukunft?» beschreibt die derzeitige Situation in der Chemie sowie den LifeScience-Branchen und weist auf die künftigen Herausforderungen hin.

Nachteile die gängigen Systeme bieten. Sie erläutern, welche Hürden etwa bei der Interoperabilität und der Verfügbarkeit von Schnittstellen die übergreifende Integration in einem Unternehmen erschweren. Auch die Durchlässigkeit über verschiedene Ebenen vom Apparatemodell bis zum gesamten Prozess und über die verschiedenen Abschnitte des Prozesslebenszyklus ist sehr begrenzt. Dazu kommen die Anforderungen beim Übergang hin zu dynamischen Prozessmodellen, die heute vielfach benötigt werden, und die die gängigen Systeme bisher nicht erfüllen.

Intelligente Softwarearchitekturen Die notwendige Durchgängigkeit wird nach Auffassung der Experten vermutlich nicht in einem einzigen Simulationstool erreicht werden können. Deshalb sollte die Entwicklung intelligenter Softwarear-

chitekturen auf Schnittstellen und zentrale Modellverwaltungssysteme setzen. Datengetriebene Modelle werden die heutigen Ansätze zukünftig ergänzen bzw. ersetzen. Zusätzlich werden in dem Papier elementare Fragen der Datensicherheit und Robustheit angesprochen. Das Positionspapier befindet sich auf der Webiste der Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. Dechema und ist unter folgendem Link abrufbar: https://dechema.de/Positionspapier_Prozesssimulation-path-123212,124930.html Medienmitteilung Dechema www.dechema.de

Der Arbeitsausschuss Modell­ gestützte Prozessentwicklung und -optimierung Der ProcessNet-Arbeitsausschuss Modellgestützte Prozessentwicklung und -optimierung beschäftigt sich mit Methodiken, Techniken und Anwendungen der Prozesssimulation, Prozesssynthese und -optimierung. Ein weiterer Fokus sind grundlegende Methoden und Techniken der Informations- und Wissensverarbeitung in der chemischen Technik. Der Fachausschuss versteht sich als fachgebundenes Forum zur Diskussion von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen, zum internen Erfahrungsaustausch insbesondere in der Anwendung verschiedenster Cape-Tools sowie zur Fortbildung und zur Förderung von Nachwuchs auf den Gebieten dieser Cape-Anwendungen. Er setzt sich aus Experten aus Wissenschaft und Industrieunternehmen zusammen.

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Bild: Jura Materials

UMWELT

Bild 1: Die 50 bis 70 Meter langen, leicht geneigten Drehrohre mit 4 bis 5 Meter Durchmesser, in denen die Klinkerproduktion erfolgt, sind dominierende Elemente in Zementwerken, so auch im Jura-Zementwerk in Cornaux.

Die Zementindustrie im Umbruch (Teil 1)

Der beschwerliche Weg zur CO2-Neutralität Zement ist der am häufigsten eingesetzte Baustoff. Er ist eine Art Leim, der als hydraulischer Binder fungiert, wenn Wasser hinzugefügt wird. Gemischt mit Wasser, Kies und Sand entsteht Beton. Weltweit wurden 2019 davon rund 4,1 Milliarden Tonnen produziert, 2,2 Milliarden Tonnen allein in China. Die Reduktion der dabei emittierten grossen CO2 -Mengen – je nach Berechnung rund sechs bis acht Prozent der gesamten CO2 -Emissionen – stellt die Zementproduzenten vor grosse Herausforderungen.

Kurt Hermann Die Zusammensetzung, die Anforderungen und die Konformitätskriterien der 27 in der Schweiz kommerziell erhältlichen Normalzemente sind in der Norm SN EN 197-1 geregelt, die weitgehend der Euronorm EN 197-1 entspricht. Alle diese Zemente enthalten Klinker – genauer Portlandzementklinker – in unterschiedlichen Mengen.

Die Herstellung von Portlandzementklinker Als Erstes wird in einem Calcinator bei Temperaturen um 800 °C aus einem Gemisch aus Kalkstein (CaCO 3), Ton (SiO 2 und Al2O 3) und/oder natürlich vorkommendem Kalksteinmergel (Gemisch aus Kalkstein und Ton) sowie geringen Mengen an Eisen(III)-oxid CO2 abgespaltet. In einem langen Drehrohrofen entsteht anschliessend bei rund 1450 °C aus dem decarbonisierten Gemisch Portlandzementklinker (Bild 2). 60 bis 70 Prozent des Klinkers besteht aus Alit (3 CaO·SiO2), 36

das gemäss folgenden Reaktionen gebildet wird: CaCO3  → CaO + CO2 (1) 3 CaO + SiO2  →  3 CaO·SiO2 (2) Über den hier sehr rudimentär beschriebenen gesamten Brennprozess werden pro Tonne Zement rund 800 Kilogramm CO2 freigesetzt, wobei rund 60 Prozent aus dem Kalkstein (Gleichung 1) und der Rest aus den Brennstoffen stammen.

Die Schweizer Zementindustrie Das erste Schweizer Zementwerk wurde 1871 in Luterbach eröffnet. Von den zahlreichen später errichteten Werken sind heute noch sechs übriggeblieben: Die Werke in Eclépens, Siggenthal und Untervaz werden von Holcim (Schweiz) AG betrieben, Jura Materials (Mutterkonzern CRH, Irland) produziert in den Zementwerken in Cornaux und Wildegg, das Zementwerk in Péry gehört zur Ciments Vigier SA (Mutterkonzern Vicat, Frankreich).

Im Jahr 2019 wurden in diesen Werken 4,21 Millionen Tonnen Zement produziert, mit denen 84 Prozent des Schweizer Bedarfs gedeckt wurden. Die Jahresproduktionskapazität beträgt 5 Millionen Tonnen.

Niedrigere CO2-Emissionen in der Schweiz Die Interessen der Zementhersteller in der Schweiz werden vom Verband Cemsuisse (www.cemsuisse.ch) wahrgenommen. Vertreter des Verbands weisen darauf hin, dass die CO 2 -Emissionen der Drehrohröfen durch die teilweise Substitution von fossilen Energieträgern wie Kohle oder Erdöl seit 1990 um zwei Drittel reduziert wurden. Als alternative Brennstoffe werden unter anderem Altreifen, Kunststoffabfälle, Tiermehle sowie Trockenklärschlämme von Abwasserreinigungsanlagen eingesetzt. Ein Erfolg versprechender Ansatz seien CO2 -Abscheidung und -Speicherung bzw. CO2 -Abscheidung und -Verwendung (CCS und CCU; siehe [1]). Diese Verfahren seien aber noch in einem frühen Entwicklungsstadium, teil6/2021


weise bedingten sie aufwendige Infrastrukturen und seien oft energieintensiv. Eine weitere Massnahme ist die Reduktion des Klinkergehalts der Zemente: Wurden in Jahren vor 1995 in der Schweiz fast ausschliesslich «reine» Klinkerzemente verwendet, werden gegenwärtig die 26 klinkerreduzierten normierten Zemente (Klinkergehalt zwischen 5 und 94 Prozent) zu mehr als 90 Prozent eingesetzt. Ersatzstoffe für Klinker sind bevorzugt Flugasche, Hüttensand, Puzzolane, gebrannter Schiefer und Kalkstein. Cemsuisse unterstützt auch Forschungen im Bereich der Karbonatisierung finanziell: Die alkalischen Bestandteile in Beton können in Anwesenheit von Wasser im Verlauf der Jahre bis zu 25 Prozent des bei der Zementherstellung gebildeten CO2 wieder binden: Ca(OH) 2 + CO2  → CaCO3 + H2O (3) Nicht verschwiegen sei, dass der dadurch erniedrigte pH-Wert in exponierten bewehrten Bauwerken wie Brücken zu ernsthaften Problemen führen kann, da Stahl in Anwesenheit von Feuchtigkeit korrodieren kann.

Die europäische Zementindustrie Das Cembureau (www.cembureau.eu) mit Sitz in Brüssel ist die repräsentative Vereinigung des Grossteils der europäischen Ze-

Bild: Shutterstock

UMWELT

Bild 2: Noch immer ist der unter klimaschädlichen Bedingungen produzierte Portlandzementklinker der wichtigste Bestandteil von normierten Zementen.

menthersteller. In der 2020 erschienenen Roadmap zur CO2 -Neutralität [2] wird aufgezeigt, dass Netto-Null-Emissionen bis 2050 erreichbar sind, wenn die gesamte Wertschöpfungskette von Zement und Beton berücksichtigt wird. Zu den von Cem­ suisse erwähnten Reduktionskandidaten kommen beispielsweise auch optimierte Betonmischungen und Bautechniken hinzu.

Vorhersehbare Engpässe Die Herausforderungen an die Zementindustrie sind gross. Auch ohne die zu reduzierenden CO2 -Emissionen sind Probleme vorprogrammiert. Einerseits steigt die Nachfrage nach Zement weltweit, andererseits werden Engpässe bei den Klinkerersatzprodukten erwartet: Flugasche wird wegen des zunehmenden Ersatzes von Kohle in Kehrichtverbrennungsanlagen und

Glossar Hydraulische Eigenschaften Stoffe, die nach Wasserzugabe selbständig durch Hydratation erhärten (Beispiel: Portlandzementklinker). Latent hydraulische Eigenschaften Stoffe, die erst in Anwesenheit von Anregern wie Alkalien, CaO oder CaSO4 zementhydratähnliche Stoffe bilden (Beispiel: Hüttensand). Flugaschen Kieselsäure- oder kalkreiche, staubartige Partikel aus Rauchgasen, die in grossen Mengen in kohlebefeuerten Wärmekraftwerken und Müllverbrennungsanlagen entstehen. Hüttensand Latent hydraulischer Sand, der durch das Mahlen der Schlacke entsteht, die beim Schmelzen von Eisenerz im Hochofen gebildet wird. Puzzolane Natürlich vorkommende kieselsäurehaltige oder kieselsäure- und tonerdehaltige Stoffe vulkanischen Ursprungs (Trass, Lava usw.) oder thermisch aktivierte Stoffe aus Tonen, Schiefern bzw. Sedimentgesteinen mit latent hydraulischen Eigenschaften.

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Wärmekraftwerken durch alternative Energieträger knapper werden; die Menge an Hüttensand sinkt, da immer mehr Schrott bei der Stahlherstellung eingesetzt wird.

Änderungen in der Klinkerproduktion Dem Ersatz von fossilen Brennstoffen sind Grenzen gesetzt, denn die dafür benötigten Materialien stehen nicht in unbegrenzten Mengen zur Verfügung und werden teilweise auch von anderen Industriezweigen beansprucht. Diskutiert werden «grüner Wasserstoff» oder Ökostrom als Energieträger. Wasserstoff wird gegenwärtig nur als Ergänzung zu erprobten Materialien eingesetzt, da dessen Strahlungswärme zu niedrig scheint und sich nur schlecht auf das Brenngut überträgt. Mit Plasmabrennern können Temperaturen bis 7000 °C und mehr erzeugt werden. Einen vollkommen anderen Weg schlagen Forscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT) vor [3]: Sie behandeln CaCO3 in einer Zelle, die sowohl als Elek­ trolyseur (Spaltung von Wasser in H2 und O2) als auch als chemischer Reaktor (Bildung von Ca(OH) 2) dient. Das Ergebnis der einzelnen Teilreaktionen lässt sich folgendermassen zusammenfassen: 2 CaCO3 + 4 H2O  →  2 Ca(OH) 2 + 2 H2 + O2 + 2 CO2 (4) Durch eine anschliessende Reaktion des ausgefällten Ca(OH) 2 mit SiO2 bei 1500 °C entsteht phasenreines Alit (3 CaO·SiO2). Ob der hier skizzierte Weg je grosstechnisch realisiert werden kann, hängt von vielen Faktoren ab. Die Autoren der Untersuchung zeigen allerdings verschiedene Wege 37


UMWELT

Vorwärmturm

CO2-Abscheidung

CO2

Receiver

H2O

Auslassstrom des Receivers

Rücklaufstrom zum Receiver Wärmespeicher

Vorcalcinator

Sensibler Wärmerückgewinnungsstrom

Rotary kiln Drehrohrofen

Kühler Rücklauf des sensiblen Wärmerückgewinnungsstroms

Bild 3: Computergenerierte Darstellung der von Synhelion und Cemex geplanten sonnenbetriebenen Zementanlagen sowie schematischer Aufbau dieser Anlagen.

auf, wie die entstehenden Produkte ökologisch und ökonomisch gewinnbringend eingesetzt werden könnten. Der elektrochemische Zementprozess könnte beispielsweise mit erneuerbarem Strom betrieben werden, der in Brennstoffzellen oder thermisch mit dem im Reaktor erzeugten H2 produziert wird. Positiv ist auch, dass das in der Zelle gebildete CO2 reiner als das bei der konventionellen Klinkerherstellung gebildete ist und sich beispielsweise leichter in CCS- und CCU-Verfahren einsetzen liesse.

Mit der Energie der Sonne Das Zürcher Start-up Synhelion und der weltweit tätige Zementkonzern Cemex planen Anlagen, in denen Klinker unter Ausnützung der Sonnenenergie in Gebieten mit regelmässiger und hoch intensiver Solarstrahlung wie Kalifornien oder Mexiko produziert werden kann (Bild 3). Mit einer solarthermischen Anlage von Synhelion lassen sich Temperaturen über 1450 °C erreichen, der kritischen Temperatur bei der Klinkerherstellung. Die im Solarreceiver eintreffende Solarstrahlung wird an schwarzen Wänden absorbiert und in längeren Wellenlängen reemittiert, die durch CO2 und H2O absorbiert werden. Das Gasgemisch erreicht 1550 °C und übernimmt die Funktion der konventionellen Feuerung. Gianluca Ambrosetti, CEO von Synhelion sagt: «Die CO2 -Emissionen aus der Zementherstellung werden mit der Wärmeträgerflüssigkeit für den Solarreceiver vermischt und in den Prozess integriert. Da wir mit einem geschlossenen Kreislaufsystem arbeiten, lassen sich die CO2 -Emissionen auf 38

einfache Weise extrahieren. Anschliessend schliessen wir den CO2 -Kreislauf, indem wir das CO2 zur Herstellung von Brennstoffen nutzen.» Dieses CO2 ist beinahe 100 Prozent rein. Insbesondere enthält es weder N2 noch NOx oder SO2, die bei konventionellen Klinkerproduktionen entstehen. Dank einer thermischen Energiespeicherungseinheit soll im Sommer ein 24-Stundenbetrieb möglich sein. In sonnenarmen Tagen soll auf einen konventionellen Brenner umgeschaltet werden. Cemex rechnet damit, dass dies an geeigneten Standorten nur während 10 bis 15 Prozent der Produktionszeit notwendig sein wird. Die ersten Schritte zur Realisierung des Vorhabens sind dank positiven Ergebnissen eines gemeinsamen Forschungsprojekts bereits gemacht. Bis voraussichtlich Ende 2022 soll eine Pilotanlage in ein bestehendes Zementwerk integriert und dann laufend ausgebaut werden bis zum vollständig solarbetriebenen Werk.

Der Weg ist noch weit Anlagen zur Herstellung von Portlandzementklinker lassen sich nicht beliebig an nachhaltigere Verfahren anpassen. Der Ansatz von Synhelion und Cemex ist allerdings ermutigend, der von den Forschern am MIT verfolgte Ansatz aber ist vorläufig wohl vor allem von akademischem Interesse. Eine Alternative sind «grüne Zemente», die sich in der Zusammensetzung und oft auch in der Produktion von den Portlandzementen wesentlich unterscheiden. Darauf wird im zweiten Teil dieses Artikels eingegangen werden.

Literatur [1] Kurt Hermann, «Die vielen Facetten von Kohlendioxid», ChemieXtra 10 [5], 4–6 (2020). [2] Cembureau, «Cementing the European Green Deal», https://cembureau.eu/media/kuxd32gi/cembureau-2050-roadmap_ final-version_web.pdf [3] Leah D. Elliset al., «Toward electrochemical synthesis of cement – An electrolyzerbased process for decarbonating CaCO3 while producing useful gas streams», PNAS 2020 117 [23] 12584–12591. Weiterführende Literatur: – Diethelm Bosold und Roland Pickhardt, «Zemente und ihre Herstellung», ZementMerkblatt Betontechnik B 1 9.2017; https://www.beton.org/fileadmin/betonorg/media/Dokumente/PDF/Service/ Zementmerkblätter/B1.pdf – «Dekarbonisierung von Zement und Beton – Eine CO2 -Roadmap für die deutsche Zementindustrie», herausgegeben vom Verein Deutscher Zementwerke e.V.; https://www.vdz-online.de/dekarbonisierung – Julian Somers, «Tiefgreifende Dekarbonisierung der Industrie: Der Zementsektor», Energy Efficiency in Industrial Processes (EEIP), 6. Mai 2020; https://ee-ip.org/de/ article/tiefgreifende-dekarbonisierung-derindustrie-der-zementsektor-1773 – International Energy Agency, «Technology Roadmap – Low-Carbon Transition in the Cement Industry», April 2018; https:// www.iea.org/reports/technology-roadmap-low-carbon-transition-in-the-cement-industry 6/2021

Bilder: Synhelion

CO2-Überschuss


MANAGEMENT

Agile Vorgehensweisen in der IT der Pharmabranche

Aus der Krise für die Zeit ohne Krise lernen Agilität muss man zunächst als Mindset, also Geisteshaltung verstehen, aus der konkrete Praktiken und Tools entstehen. Diese können die Veränderung hin zur verbesserten Zusammenarbeit im Rahmen optimierter Prozesse unterstützen. Dazu muss man sich von dem Gedanken lösen, alles bis ins Detail beherrschen und beliebig weit im Voraus planen zu können. Diese Erkenntnis bildet die Grundlage für den agilen Ansatz.

Wichtige Prinzipien von agilen Vorgehensweisen sind kurze Feedbackzyklen (PlanDo-Check-Adjust), die dem Vorgehen der adaptiven Prozessverbesserung folgen. Auch wenn es zyklische Ansätze und Prozessverbesserungen bereits in anderen bekannten Vorgehensmodellen gibt, so ist doch ihre Anwendungsgeschwindigkeit in diesem Zusammenhang eine deutlich höhere. Ein gutes Beispiel dafür ist das Prinzip des «Lessons-Learned», das typischerweise am Ende eines Projektes (nach durchschnittlich 18 bis 24 Monaten) durchgeführt wird und somit dem Projekt selbst keinen Vorteil mehr bringt.

Verbesserung bereits während des Projekts Dieselbe Idee wird im agilen Kontext regelmässig und vor allem häufiger (im Schnitt mehr als einmal im Monat) umgesetzt und führt damit bereits während der eigenen Projektlaufzeit zu Verbesserungen. Die Ergebnisse der Entwicklung selbst entstehen so in Harmonie mit dem sich verbessernden Projekt in kleinen, aber sehr wertbringenden Inkrementen.

Verbündete und Gleichgesinnte Agilität bedeutet aber auch, aus der Reaktion wieder ins Agieren zu kommen, also vom Geführt-werden zurück ins Führen. Darüber hinaus ist es immer gut, sich in ¹ DiQualis GmbH ² Agile Experts GmbH

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Bild: Shutterstock

Dr. Gerd Paulus ¹, Markus Meuten ², Christoph Jeggle ¹

Während die Digitalisierung im Forschungsbereich der Pharmaindustrie durchaus innovativ ist, stellt sich die Produktion oder Qualitätskontrolle, welche unter GxP-Regularien stehen, eher zurückhaltend hinsichtlich der Digitalisierung dar.

Zeiten der Unsicherheit Verbündete und Gleichgesinnte zu suchen, anstatt allein voranzugehen. All dies macht die Agilität und ihre Ausprägungsformen aus – Teamarbeit (Schwarmintelligenz), in kurzen Zyklen (Iterationen) mit Feedbackschleifen arbeiten und nicht nur das Ergebnis produzieren, sondern gleichzeitig auch den dazu genutzten Prozess verbessern (Inspect & Adapt).

Richtige Planung in sinnvollen Zeiträumen Agil heisst also nicht planlos zu handeln, sondern lediglich für kürzere, also tatsächlich beherrschbare Zeiträume zu planen. Die Ergebnisse der Iterationen, also die Produkt-Inkremente, werden sorgfältig definiert, einschliesslich der Kriterien für das Erkennen ihrer erfolgreichen Umsetzung. Zu diesen Kriterien gehört auch die Compliance zu regulatorischen Anforderungen. So können beispielsweise automatisierte Tests bei jedem neuen Inkrement nach-

weisen, dass die regulatorischen Anforderungen immer noch und durchgängig erfüllt sind. Ein Beispiel wäre die Umsetzung des Audit Trails und die Anforderungen an die Datenintegrität zur Sicherstellung der Patientensicherheit und Produktqualität durch automatisierte Tests.

Gute Arbeitspraxis – ein digitaler Flickenteppich Beispiele für Bereiche, in denen sich das inkrementell (also stufenweise bei gleichzeitiger Business-Case-Betrachtung) umsetzen lässt, sind vergleichsweise einfach zu finden: Während die Digitalisierung im Forschungsbereich der Pharmaindustrie durchaus innovativ ist, stellt sich der Bereich, welcher unter GxP-Regularien steht, eher zurückhaltend hinsichtlich der Digitalisierung dar. Digital erhobene Daten werden dort häufig in räumlich voneinander getrennten Anwendungen gespeichert und für die Wei39


MANAGEMENT

möglich automatisiert durchgeführt werden, um den Aufwand bei den häufigen Wiederholungen zu reduzieren und ein jederzeit lauffähiges System zu garantieren.

Bilder: DiQualis

Tester, Benutzer und Entwickler

Gerd Paulus ist Geschäftsführer von DiQualis.

terverarbeitung und Aufbewahrung ausgedruckt, nicht selten auch, um dann in anderen Systemen zur Weiterverarbeitung erneut eingegeben zu werden. Was zum Datenaustausch fehlt, sind die definierten, physischen Schnittstellen zwischen den einzelnen Anwendungen. Diese Verbindungen zu schaffen und Daten aus unterschiedlichen Quellen bei gleichzeitiger automatisierter Qualitätssicherung elektronisch für die Auswertung zusammenzuführen, ist ein ideales Anwendungsgebiet für ein behutsames, inkrementelles Vorgehen mit paralleler, kontinuierlicher Prozessverbesserung. Dies bietet sich vor allem für den Auf- oder Umbau komplexer Infrastrukturen an, die nicht in einem Stück angepasst werden können, weil dies z. B. zu riskant wäre.

Tests sind effizienter Auf der einen Seite bedeutet dieses inkrementelle Vorgehen sehr viel häufiger Änderungen in bestehenden IT-Systemen als bei einer Implementierung in einem grossen Schritt der Fall wäre, auf der anderen Seite lassen sich diese kleinen Anpassungen aber viel effizienter testen. Um sicherzustellen, dass ein neues Inkrement nicht die Ergebnisse vorheriger Inkremente beeinträchtigt und der validierte Zustand erhalten bleibt, werden entsprechende Unit- und Regression-Tests gleich mit der Entwicklung umgesetzt. Dabei stellen die Unit-Tests die technischen Tests von Einzelkomponenten dar und die Regression-Tests die wiederholenden Tests, die auch nach Änderungen die weiter bestehende Funktionalität nachweisen sollen. Diese Tests sollten dabei so weit wie 40

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass Testfälle nicht mehr nachgelagert von unbeteiligten Personen erstellt werden, sondern in Teamarbeit von tatsächlich Beteiligten wie Architekten, Analysten, Entwicklern, Testern oder Benutzern, und dies bereits früh im Entwicklungsprozess. Ein anderer wichtiger Punkt im Zusammenhang mit einer inkrementellen Anpassung von Strukturen ist die Dokumentation als Bestandteil der Computersystemvalidierung. Eine traditionelle Validierungsdokumentation in elektronischen Dokumenten oder sogar auf Papier stösst bei einem inkrementellen Vorgehen an die Grenzen der Flexibilität. Hier bietet es sich an, elektronische Lösungen für das Lifecycle-Management von Anwendungen zu verwenden. Diese können die Traceability über Systeme hinweg sicherstellen, indem die einzelnen Anforderungen an die Anwendung mit der Implementierung und den dazugehörigen Tests bis hin zur Dokumentation aller Artefakte sauber und versioniert miteinander in Beziehung setzen können. Gleichzeitig bieten diese Systeme die Möglichkeit, die einzelnen Elemente wie Anforderungen, Testbeschreibungen und Testresultate in einem elektronischen Workflow genehmigen zu lassen. Bei diesem Vorgehen können dann in jedem (Liefer-)Inkrement einzelne Elemente durch neue ergänzt oder ersetzt werden, ohne die bereits bestehenden und genehmigten Elemente anfassen zu müssen, ohne dabei auf eine genehmigte Gesamtversion verzichten zu müssen. Über all diese Punkte ist ein Nachweis erforderlich, unabhängig von der Vorgehensweise der Umsetzung. Dies ist auch bei agilem Vorgehen kein Problem, ganz im Gegenteil. Während bisher übliche Vorgehensmodelle sehr aufwändig Qualität durch nachgelagerte Tests und Dokumentation nachzuholen versuchen, wächst die Qualitätssicherung bei agilen Ansätzen zusammen mit dem Produkt, also stets mit

angemessenem Aufwand. Darüber hinaus lassen sich phasengetriebene Vorgehensweisen mit Agilität verbinden bzw. anreichern. Die Einführung dieses Vorgehens selbst erfolgt dann auch nicht mehr als Big-Bang-Approach, sondern wird selbst agil einführt.

Sollte jetzt also alles agil werden? Was die konkrete Umsetzung agiler Methoden angeht, so hat sich die Business-CaseBetrachtung bewährt, bei der die Summe des Aufwands den zu erwartenden Einsparungen bzw. potenziellen Mehrwerten gegenübergestellt wird. Hierbei zeigt sich häufig, dass eine agile Vorgehensweise für die Einführung eines Out-of-the-box-Systems eher nicht wertschöpfend ist, für Anwendungen wie Dateninterfaces zwischen Standardanwendungen, Datenvisualisierung von Daten aus unterschiedlichen Quellen sowie Datenauswertung mithilfe von Künstlicher Intelligenz aber in der Regel schon. Sehr oft werden solche Verfahren von Software-as-a-Service-Anbietern verwendet, um kontinuierliche Verbesserungen und Erweiterungen in ihren Lösungen auszurollen. Hierbei kommt dann ein weiterer potenzieller Mehrwert zum Tragen: Die Möglichkeit der Sicherstellung einer Continuous Compliance über alle Änderungen im IT-System hinweg. Statt also immer und immer wieder nachgängig und aufwendig die Compliance der Systemlandschaft zu erneuern und nachzuweisen, wird sie begleitend kontinuierlich und mit verhältnismässig geringem Aufwand aufrechterhalten.

Konkretes Beispiel für den wirtschaftlichen Nutzen In einem Data Warehouse werden definierte Daten der Laborsysteme gesammelt, um systemübergreifend ausgewertet werden zu können. Dieses Beispiel bietet sich für eine agile Herangehensweise an, da bereits eine Verbindung eines Teils der vorhandenen Laborsysteme zu dem zentralen Data Warehouse einen messbaren Nutzen bringen würde. Es ist also sinnvoll, iterativ ein System nach dem anderen anzuschliessen, anstatt in einem grossen 6/2021


MANAGEMENT

Projekt die gesamte Laborlandschaft auf einmal mit dem Data Warehouse zu verbinden. Genauso iterativ kann man bei der Auswahl der Daten, die in das Data Warehouse übertragen werden, vorgehen. Es kann zunächst mit einem kleinen Teil der Daten begonnen werden, die von analytischen Laborsystemen zur Verfügung gestellt werden, und diese Datenauswahl sukzessive erweitert werden.

Nutzen versus Aufwand Der Aufwand einer solchen agilen Herangehensweise darf nicht unterschätzt werden. Er besteht zusätzlich zu dem ohnehin notwendigen Aufwand bei der Entwicklung, dem Test und der Dokumentation der Schnittstellen. Dieser erhöhte Kommunikationsaufwand senkt allerdings das Risiko von Fehlern bei der Entwicklung, da das Erreichte immer wieder während des Entwicklungsprozesses mit den tatsächlichen Geschäftsanforderungen abgegli-

chen wird. Dadurch wird erfahrungsgemäss der Entwicklungsaufwand gesenkt. Diesem Aufwand steht der Nutzen der Lösung gegenüber. In der Regel ersetzen solche Schnittstellenprojekte bereits vorhandene, mehr oder weniger manuell durchgeführte Datenzusammenführungen. Vorteilhaft ist dies insbesondere deswegen, weil solche manuellen Prozesse nicht nur einen signifikanten Aufwand, sondern auch ein Risiko hinsichtlich der Datenqualität bedeuten. Gut getestete und robust implementierte automatisierte Datenflüsse sind bedeutend zuverlässiger als manuelle Prozesse, in denen Eingabe- oder Kopierfehler durch Menschen immer ein Risiko darstellen. Hieraus lässt sich eine Formel für den Mehrwert bei der Einführung agiler Prozesse ableiten: (Manueller Aufwand pro Transaktion und Risikozuschlag Fehlerbehebung) × Anzahl Transaktionen Entwicklungsaufwand (inkl. Qualitätssicherung)

Hier wird ersichtlich, wie das Potenzial für diese Art von Projekten mit der Anzahl der Transaktionen wächst. Ein weiterer Aspekt neben dem Aufwand und der Qualität ist die Geschwindigkeit. Automatisierte Schnittstellen stellen die Daten mehr oder weniger sofort bereit, es entstehen also keine Verzögerungen. So können Geschäftsentscheidungen auf einer soliden Datenbasis schnell getroffen werden und sind unabhängig von der Durchführung eines manuellen, potenziell fehlerhaften Prozesses.

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Bild: Envato

MANAGEMENT

Laut dem Bundesamt für Statistik sind 99 Prozent aller Unternehmen in der Schweiz KMU.

Befragung von Schweizer KMU

Corona bremst nachhaltige Innovationen Die Corona-Krise trifft Schweizer KMU hart: 92 Prozent der insgesamt 254 befragten Unternehmen geben an, in irgendeiner Form von der Krise betroffen zu sein. Im Fokus der zweiten Befragung der Verlaufsstudie der Berner Fachhochschule (BFH) stand das Innovationsverhalten im vergangenen Jahr. Das Ergebnis: Die Innovationstätigkeit der Unternehmen ist bis zu 90 Prozent eingebrochen. Wo liegen die Gründe und welche Folgen haben diese Resultate?

Bilder: BFH

Auch ein Jahr nach Ausbruch ist die Corona-Krise für Schweizer KMU allgegenwärtig. Die Studie leitete Prof. Dr. Sebastian Gurtner vom Institut Innovation & Strategic Entrepreneurship des Departements Wirtschaft der BFH. Die Untersuchung zeigt, dass 92 Prozent der insgesamt 254 befragten Unternehmen von der Krise betroffen sind – fünf Prozent gar in einem existenzbedrohenden Ausmass. In der ersten Befragung im März und April 2020 wurde die Betroffenheit mit 99 Prozent (in irgendeiner Form) bzw. 12 Prozent (existenzbedrohend) noch etwas höher eingeschätzt.

Umsatzrückgang und Personalabbau

254 Schweizer Unternehmen wurden befragt. Die erste Einschätzung aus dem Jahr 2020 zeugte von einer stärkeren Betroffenheit als dies nun im Jahr 2021 der Fall ist.

Knapp die Hälfte der befragten KMU geben an, im Jahr 2020 einen Umsatzrückgang erlitten zu haben. Neun Prozent der Unternehmen verloren im vergangenen Jahr gar über 50 Prozent ihres Umsatzes. Als Folge davon mussten 18 Prozent der

Unternehmen Mitarbeitende entlassen. Auch die in den Vorjahren angesparten Reserven schrumpften im «Corona-Jahr 2020»: Durchschnittlich mussten die betroffenen Unternehmen 40 Prozent ihrer

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betrieblichen Reserven aufbrauchen. Auch die persönlichen Ressourcen der Unternehmer und Unternehmerinnen wurden bei rund jedem fünften Unternehmen angezapft. 6/2021


MANAGEMENT

Zudem wurde die Relevanz nachhaltiger Innovationen als gering eingestuft. Das Bewusstsein, welchen Beitrag das eigene Unternehmen leisten kann, um eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft zu gewährleisten, ist bei vielen Unternehmen noch zu wenig ausgeprägt. In einer Pandemie wird zudem die Relevanz oft auch kurzfristig und mit einer Innensicht bewertet. Ein Grossteil der befragten Unternehmen war im Jahr 2020 mit der Aufrechterhaltung des operativen Geschäfts unter den neuen Bedingungen ausgelastet. Nachhaltige Innovationen, die keinen direkten Einfluss auf die Geschäftstätigkeit haben, rückten damit in den Hintergrund. Die Ergebnisse stammen aus der zweiten Befragung einer Verlaufsstudie des Instituts Innovation & Strategic Entrepreneurship der BFH Wirtschaft. Die Befragung fand im März und April 2021 statt.

So viel investierten die Unternehmen 2020 in Innovationen. Die nachhaltige Innovation bildet dabei klar das Schlusslicht.

Nicht alle KMU mussten aber Verluste hinnehmen: Immerhin 33 Prozent der Befragten konnten ihren Umsatz im Jahr 2020 sogar steigern.

Nachhaltige Innovationen sind unwichtig Aufgrund der Corona-Krise waren bei jedem fünften KMU Änderungen im Geschäftsmodell notwendig. Dafür brauchte es in vielen Fällen Innovationen, die sich vor allem auf die Hauptgeschäftstätigkeit der Unternehmen bezogen: 18 Prozent der Investitionen flossen im Jahr 2020 in technologieorientierte Innovationen. Für die Prozessoptimierung wurden 13 Prozent der Investitionsgelder verwendet. Nachhaltige Innovationen wurden dagegen weniger stark vorangetrieben: Lediglich fünf Prozent des verfügbaren Innovationsbudgets floss in Entwicklungsprojekte mit dem Fokus Nachhaltigkeit. Falls Unternehmen 2020 Innovationen realisiert haben, dann adressierten diese in erster Linie die sich verändernden Kundenbedürfnisse. Aufgrund der Corona-Kri6/2021

se mussten so beispielsweise neue, digitale Vertriebswege erschlossen werden. Als zweitwichtigsten Grund folgte die Haltung bzw. Verbesserung der eigenen Wettbewerbsposition. Obwohl die Corona-Krise also Innovationsbestrebungen bei den befragten Unternehmen ausgelöst hat, wurden kaum Projekte realisiert, die die soziale oder ökologische Nachhaltigkeit fördern. Die Ergebnisse der Studien liefern im Wesentlichen drei mögliche Erklärungsansätze. So fehlten den KMU während der CoronaKrise sowohl Geld als auch Zeit, um sich vermehrt mit nachhaltigen Innovationen zu beschäftigen. Der Hauptfokus lag auf der Weiterführung der operativen Geschäftstätigkeit. Der kurzfristige Planungshorizont führte zu starker Unsicherheit. Eine langfristige Planung war kaum möglich und die Rahmenbedingungen (z. B. Personenbeschränkungen, Ladenschliessungen) änderten sich oft kurzfristig und auch die Kundenbedürfnisse veränderten sich. In dieser Situation war es für die Unternehmer schwierig, Innovationen längerfristig zu planen und umzusetzen.

Kontakt Prof. Dr. Sebastian Gurtner Berner Fachhochschule Departement Wirtschaft Institut Innovation and Strategic Entrepreneurship +41 31 848 34 27 sebastian.gurtner@bfh.ch www.bfh.ch

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Bilder: Empa

WERKSTOFFE

Instrument zur Messung der Durchbiegung.

Stahl und Beton

50 Jahre alt und so gut wie neu Bereits seit 1970 läuft an der Empa in Dübendorf ein weltweit einzigartiger Versuch, bei dem das Langzeitverhalten von verklebten Stahlbewehrungen an einem Betonträger untersucht wird. Analysen wie diese haben dazu beigetragen, dass die Klebebewehrung als Verstärkungsmethode heute Stand der Technik ist und die Ingenieure Vertrauen in diese Bauweise haben.

Seit einem halben Jahrhundert läuft im grössten Prüflabor der Empa am Standort Dübendorf ein Dauerexperiment. Dabei handelt es sich um einen 1970 hergestellten Stahlbetonträger, der mit einer auf seiner Unterseite aufgeklebten Stahllamelle zusätzlich verstärkt worden war und seitdem einer permanenten Belastung von etwas mehr als sechs Tonnen ausgesetzt ist. «Nach 50 Jahren unter 87 Prozent der mittleren Bruchlast zeigt die EpoxidharzVerklebung keine Schwächen. Somit haben geklebte Stahllamellenbewehrungen den Langzeittest bestanden», sagt der Ingenieur Christoph Czaderski, der den Versuch in den letzten Jahren betreut hat. Robert Widmann misst die Längenveränderung an der Unterseite des Trägers.

«Praktisch keine Verschiebungen» Der Träger ist eines von ursprünglich sechs identischen Exemplaren, die alle unterschiedlichen Tests unterzogen wurden. Den fünf «Brüdern» und «Schwestern» war allerdings kein so langes Leben beschieden. Sie fielen recht erfolgreichen statischen Bruch- und dynamischen Ermü44

dungsversuchen zum Opfer, bei denen ihre Belastungsgrenze überschritten wurde. Ziel der Tests war es herauszufinden, wie gut sich Epoxidharz als Kleber zur Befestigung einer Stahllamelle an einem Betonträger bewährt. Beim Langzeitversuch zeigen sich nach 50 Jahren gemäss Czaderski in der Klebefuge «praktisch keine Verschiebungen».

Nachträglich verstärken statt neu bauen Hintergrund dieser Arbeiten war, dass Ende der 1960er-Jahre bei einem neuen Industriebau in Kreuzlingen an diversen Sheddach-Fertigelementen aus Stahlbeton ungewöhnliche Rissbildungen auftraten. Diese wurden von einem Maler beim 6/2021


WERKSTOFFE

Der mit einer Stahllamelle verklebte Betonträger trägt eine Last von etwas mehr als sechs Tonnen seit dem 24. März 1970. Die Empa-Ingenieure Christoph Czaderski (rechts) und Robert Widmann beim Vermessen der Betonträger 50 Jahre nach Beginn des Versuchs.

Die aufgeklebte Stahllamelle auf der Unterseite des Trägers. Solche nachträglichen Verstärkungen wurden ab 1990 durch eine an der Empa entwickelte Methode mit Lamellen aus kohlestofffaser-verstärkter Kunststoff (CFK) abgelöst.

Streichen entdeckt. Zur Behebung des Schadens wurden die Elemente durch das Aufkleben von dünnen Stahllamellen nachträglich verstärkt. Diese Technik war damals allerdings erst in Ansätzen bekannt, Erfahrungen damit – vor allem über die Langzeitstabilität – fehlten. Die damalige Abteilung «Massivbau» der Empa unternahm daher verschiedene Tests mit statischen Belastungen bis zum Bruch, einem dynamischen Ermüdungsversuch und Langzeituntersuchungen. Der Langzeitversuch sollte bei einer dafür überdimensionierten Belastung ursprünglich eigentlich nur wenige Monate dauern. 6/2021

nis», meint Christoph Czaderski. «Das ‹Bauwerk Schweiz› ist heute mehr oder weniger gebaut. Wegen Alterung und höheren Anforderungen muss dieses aber laufend Instand gehalten oder sogar verstärkt werden, da Abbruch und Neubauten zu teuer wären und sehr viel mehr CO2 produzieren würden.» Deshalb sei die Entwicklung einfacher und günstiger Verstärkungsmethoden enorm wichtig für Gesellschaft, Wirtschaft und vor allem für die Eigentümer der Bauwerke. Die Empa-Abteilung «Ingenieur-Strukturen» entwickelt und erforscht daher schon seit vielen Jahren neue, einfache und günstige Verstärkungsmethoden mit modernen Materialien wie Epoxidharzen, kohlefaserverstärkten Kunststoffen und Formgedächtnislegierungen. Der Langzeitversuch an den mit aufgeklebten Stahllamellen verstärkten Stahlbetonteilen ist ein typisches Beispiel dafür. Die an der Empa durchgeführten Studien und der weltweit einzigartige Langzeitversuch an mit Epoxidharz-Kleber befestigten Stahllamellen haben dazu beigetragen, dass die Klebebewehrung als Verstärkungsmethode heute Stand der Technik ist und die Ingenieure Vertrauen in diese Bauweise haben.

Kontakt Dr. Christoph Czaderski Empa +41 58 765 42 16 christoph.czaderski@empa.ch www.empa.ch

Und er trägt immer noch Heute, 50 Jahre nach dem Start der Untersuchung, befindet sich der Träger noch immer in der Prüfhalle der Empa in Dübendorf. Die beteiligten Ingenieure befürchteten, als sie den Versuch starteten, dass sich die Verstärkungswirkung des aufgeklebten Stahls durch das Kriechen in der Klebefuge mit der Zeit verringern könnte. Eine Befürchtung, die sich nicht bewahrheitet hat. In der Klebefuge haben bis heute keine wesentlichen Verschiebungen stattgefunden, ein «wirklich erstaunliches und ausgesprochen bedeutsames Ergeb45


WERKSTOFFE

Ungeniessbar – aber verwertbar

Aus altem Brot wird Kunststoff

In Deutschland fallen jährlich über 500 000 Tonnen Altbackwaren an, die nicht ohne Weiteres für den weiteren Verzehr oder als Futtermittel geeignet sind. Bisher erfolgt deren Nutzung hauptsächlich energetisch, etwa in Verbrennungsprozessen oder in Biogasanlagen. Altbackwaren wie Brot, Brötchen oder Kuchen enthalten grosse Mengen Stärke. Die Stärke lässt sich zu der Basis-Chemikalie HMF umsetzen, die ein Potenzial für eine Vielzahl von Anwendungen bietet. «Wir haben in unserem Teilprojekt das Anwendungspotenzial für HMF näher bestimmt, da regional verfügbare Altbackwaren eine sinnvolle Ressource jenseits der energetischen Nutzung darstellen», erklärt der Projektleiter am Fraunhofer WKI, Dr. Steven Eschig.

Temperatur, pH-Wert und Zeit Das Projektteam an der Universität Hohenheim erarbeitete einen Prozess zur sogenannten hydrothermalen Behandlung der Altbackwaren, durch den feuchte Biomassen unter Hitze und leicht erhöhtem Druck umgewandelt werden. Aus den Altbackwaren und der in grossen Mengen enthaltenen Stärke entsteht dabei HMF in wässriger Lösung und Kohle. «Die Prozessparameter wie pH-Wert, Temperatur und Dauer haben wir so gewählt, dass möglichst hohe Ausbeuten an HMF erzielt werden», erklärt Markus Götz, Mitarbeiter im Fachgebiet Konversionstechnologien nachwachsender Rohstoffe von Prof. Dr. Andrea Kruse an der Universität Hohenheim, der das Projekt leitet. Als Nebenprodukt der hydrothermalen Behandlung entsteht Kohle. Sie kann als Biobrennstoff oder als Bodendünger eingesetzt werden. Gleichzeitig ist sie ein gutes Adsorptions46

Bild: Envato

Kunststoffe aus nicht verkauften Backwaren: Forschenden ist es gelungen, aus Altbackwaren die Basis-Chemikalie Hydroxymethylfurfural (HMF) zu gewinnen. Mit HMF steht ein Ausgangsstoff zur Verfügung, der zum Beispiel Formaldehyd in biobasierten Klebstoffen ersetzen kann. Des Weiteren können mit HMF biobasierte Kunststoffe hergestellt werden.

Ungeniessbares Brot könnte eine Basis für neuartige Klebstoffe sein.

mittel und kann daher als Aktivkohle genutzt werden.

Weg mit Chloroform «Wir am Fraunhofer WKI hatten die Aufgabe das HMF aus der wässrigen Lösung zu isolieren und weiterzuverarbeiten», sagt Dr. Eschig. Er und sein Team fanden heraus, dass Methylisobutylketon (MIBK) als Extraktionsmittel besser funktioniert als Chloroform (CHCI3) und sich die Zugabe von Natriumchlorid positiv auf die extrahierte Menge auswirkt. Ausserdem konnten sie Polyester unter Verwendung von Furandicarbonsäure herstellen und charakterisieren. HMF ist ein vielseitiger Ausgangsstoff, da er als Ersatz für Formaldehyd dienen kann, beispielsweise in formaldehydfreien Harzen und Bioklebstoffen. Ausserdem kann er chemische Bindungen ausbilden, die sich bei Temperaturerhöhung wieder lösen lassen. Das ermöglicht die Herstellung von Materialien mit Selbstheilungseigenschaften. Die Möglichkeit des reversiblen Lösens der chemischen Bindungen kann ausserdem für schaltbare Klebstoffe ge-

nutzt werden, wodurch sich neue Recyclingmöglichkeiten ergeben. Über chemische Veränderungen können aus HMF sogenannte Dialkohole (reduktiv) oder Dicarbonsäuren (oxidativ) gewonnen werden. Sie können als Baustein für Polymere eingesetzt werden, beispielsweise zur Herstellung von Beschichtungen oder Fasern. Die Herstellung des Kunststoffs Polyethylenfuranoat (PEF) als PET-Ersatz ist bereits erprobt. PEF aus nachwachsenden Rohstoffen ist nicht nur ökologisch vorteilhaft, es ist ausserdem leichter und beständiger und daher von grossem Interesse für die Getränkewirtschaft. Die Forschenden konnten zeigen, dass sich Altbackwaren für höherwertige Anwendungen eignen und für die Industrie eine attraktive Alternative für eine biobasierte Kreislaufwirtschaft darstellen. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über den Projektträger Jülich gefördert. Medienmitteilung Fraunhofer WKI und Universität Hohenheim www.uni-hohenheim.de 6/2021


VERBANDSSEITE

■ Infostelle SCV Schweizerischer Chemieund Pharmaberufe Verband Postfach 509 CH-4005 Basel info@cp-technologe.ch www.cp-technologe.ch

■ Präsident ■ Höhere Fachprüfung ■ Termine Kurt Bächtold Chemietechnologe Alle Termine online Siegfried AG, Daniel Müller anschauen: Bodenackerstrasse 15F Untere Brühlstrasse 4 www.cp-technologe.ch CH-4334 Sisseln CH-4800 Zofingen praesident@cp-technologe.ch weiterbildung@cp-technologe.ch

ZENTRALVORSTAND Jahresbericht 2020 Schweizerische Kommission für Berufsentwicklung und Qualität für die Produktionsberufe der chemisch- pharmazeutischen Industrie Die Schweizerische Kommission für Berufsentwicklung und Qualität für die Produktionsberufe der chemisch-pharmazeutischen Industrie (SKBQ-CPPT) tagte im Jahr 2020 am 24.09. 2020 im Aprentas-Ausbildungszentrum Klybeck. Die im Frühling (03.04.2020) geplante Sitzung entfiel coronabedingt. Kommissionsarbeit Organisation der SKBQ-CPPT Die SKBQ-CPPT konnte im Berichtsjahr in unveränderter Zusammensetzung die Geschäfte fortführen. Schwerpunkte der Kommissionsarbeit im Jahr 2020 Coronavirus-Pandemie: Das Berichtsjahr war stark geprägt durch die Coronavirus Pandemie: So konnten teilweise während Wochen die Lernenden ihre Arbeit in den Lehrbetrieben nicht aufnehmen. In den Berufsfachschulen wurde so schnell wie möglich auf Distance Learning (Fernunterricht) 6/2021

umgestellt. Aus diesem Grund wurden die Qualifikationsverfahren entsprechend angepasst und in einer Sonderverordnung geregelt: So entfiel die schriftliche Prüfung der Berufskenntnisse vollständig, stattdessen wurde auf die Erfahrungsnoten (Semesternoten) in der Berufsfachschule zurückgegriffen und daraus der QV relevante Notenwert ermittelt. Da die Durchführung der Praktischen Prüfungen – IPA bei den Chemie- und Pharmatechnologinnen/-technologen EFZ, bzw. VPA bei den Chemie- und Praktikerinnen/-praktiker EBA – in den Lehrbetrieben nicht möglich war, wurde ein Beurteilungsformular erarbeitet, welches durch die Berufsbildnerinnen/Berufsbildner in den Betrieben angewendet wurde. Dieses Beurteilungsformular wurde auf Basis der Handlungskompetenzen und der betrieblichen Leistungsziele erstellt. Anhand des Beurteilungsformulars wurde für die Praktische Arbeit der Notenwert ermittelt. Dank der sehr guten Zusammenarbeit zwischen den Akteuren und der grossen Flexibilität konnten im Sommer 2020 trotz der schwierigen Umstände eine neue Ge-

neration junger Fachkräfte das EFZ, bzw. EBA in Empfang nehmen. Schaffung berufliche Grundbildung Chemie- und Pharmapraktikerin/-praktiker EBA: Im Jahr 2020 war das erste Qualifikationsverfahren des neu geschaffenen Berufs Chemieund Pharmapraktiker/-in EBA geplant. Da auch in diesem Beruf das QV nicht gemäss Verordnung durchgeführt wurde (BK-Prüfung entfiel und Beurteilung der Praktischen Kompetenzen gemäss Beurteilungsformular) konnten die erarbeiteten Umsetzungsdokumente nicht angewendet werden. Daher kann die Tauglichkeit der Umsetzungsdokument erst im Rahmen des Qualifikationsverfahrens 2021 überprüft und das Projekt abgeschlossen werden. Berichte und Beschlüsse 2020 ÜK-Berichte: Auch für die üK-Organisationen war das Jahr sehr herausfordernd. Durch die grosse Flexibilität der üK-Zentren war es trotzdem möglich die gemäss BiVo geforderten üK-Tage den

Lernenden zu vermitteln. Vielen Dank für das grosse Engagement und die Flexibilität in dieser schwierigen Situation. 5-Jahres-Überprüfung Im Herbst 2020 war geplant mit Unterstützung des EHB die 5-Jahres-Überprüfung im Berufe Chemie- und Pharmatechnologe/-technologin EFZ durchzuführen. Geplant war ein Workshop vor Ort in Zollikofen. Da sich die Coronasituation bereits im Spätsommer wieder verschlechterte, war eine vor Ort Veranstaltung nicht möglich. Alternativ wäre die Durchführung einer online Befragung möglich, wobei die Qualität und der Erkenntnisgewinn aus einer solchen Umfrage nicht mit einem vor Ort Workshop vergleichbar ist. Eine Umfrage bei den Stakeholdern hat ergeben, dass keine online Umfrage gewünscht wird und eine vor Ort Veranstaltung zu einem späteren Zeitpunkt favorisiert wird. Aus diesem Grund wurde die 5-Jahres-Überprüfung auf das Jahr 2021 verschoben. Ausblick Auch im Jahr 2021 wird die Covid-19 Pandemie eine dominie47


VERBANDSSEITE

rende Rolle spielen. Es ist zu hoffen, dass die epidemiologische Situation eine Durchführung der QV nach den Bildungsverordnungen zulässt

und der üK- und Schulbetrieb soweit möglich im gewohnten Rahmen stattfinden kann. Im Herbst/Winter 2021 ist der Start der 5-Jahres-Überprüfung

mit einem Workshop am EHB in Zollikofen vorgesehen. Hoffen wir, dass die epidemische Situation eine vor Ort Veranstaltung zulässt.

Basel, 18.03.2021 Reto Fankhauser, Vorsitzender SKBQ-CPPT Samuel Vogel, Stv. Vorsitzender SKBQ-CPPT

SEKTION FRICKTAL Einladung Generalversammlung 2021 Traktanden unserer GV

Details zum Anlass

1. Begrüssung

Datum Freitag, 18.06.2021

2. Wahl des Stimmenzählers 3. Protokoll der 31. ordentlichen Generalversammlung 3.1. Genehmigung des Protokolls

Zeit Ab 18.00 Uhr Apero GV 18.30 Uhr Treffpunkt Weingut Buchmann, Im Wygarte, 5064 Wittnau

4. Anträge 5. Jahresbericht des Präsidenten 6. Jahresbericht Veranstaltungen

Wer darf teilnehmen? Mitglieder des SCV

7. Jahresrechnung und Revisionsbericht 7.1. Genehmigung der Jahresrechnung

Was kostet es? Mitglieder: Gratis

8. Mutationen 8.1. Wahl des Vorstands 8.2. Aufnahme von Neumitgliedern 8.3. Austritt/Ausschluss von Mitgliedern

Gut zu wissen! Wir sind guten Mutes, dass die Corona-Situation im Juni eine GV mit einem richtigen Zusammensitzen in einer schönen Umgebung ermöglichen wird. Halten wir uns so lange alle an die geltenden Regeln. Für den Fall, dass die Corona-Situation eine reale GV nicht ermöglichen würde, behalten wir uns vor, eine virtuelle GV abzuhalten (z. B. über MS Teams)

9. Budget 9.1. Genehmigung des Budgets 10. Jahresprogramm 2020

Anmeldung dieter.brunner@dsm.com

SEKTION NORDWESTSCHWEIZ Anfrage an unsere Mitglieder Die SCV Sektion Nordwestschweiz begeht im Jahr 2022 ihr 25. Jubiläum. Deshalb wollen wir im Vorstand dieses Jubiläum mit Euch würdig feiern und haben uns einige Highlights ausgedacht. Ein Highlight 48

ist Vergangene Sektionsgeschichten aufzuarbeiten und frisch zu präsentieren. Wir suchen deshalb eure Geschichten, Bonmots, Reportagen, sowie Bildmaterial von den Vorgänger Sektionen von Ciba-Geigy, Ro-

che, Sandoz. Natürlich gilt dies auch für die letzten 25 Jahre unserer SCV Sektion NWS. Bitte kontaktiert Martin Nagel unter E-Mail «SCV-SektionNWS@bluewin.ch» damit ich mich mit euch unterhalten kann

über eure Beiträge oder Hinweise für weitere Recherchen. Besten Dank für eure Mithilfe. Im Namen des Vorstandes SCV Sektion Nordwestschweiz Martin Nagel 6/2021


PRODUKTE

Schneller Muffelofen – Resultate in Minuten statt Stunden

Unter Veraschungen in einem Muffelofen versteht man die thermische Zersetzung kohlenwasserstoffhaltiger Produkte, wobei die anorganischen Bestandteile zurückbleiben. So werden konventionelle Muffelöfen schon seit langer Zeit für die verschiedensten Veraschungen eingesetzt. Dabei wird eine Probe in einen Tiegel eingewogen, welcher vorher getrocknet bzw. ausgeglüht und tariert wurde. Anschliessend wird das Probengut in einen konventionell mit Starkstrom beheizten Muffelofen gegeben, wo es in der Regel etliche Stunden bis

zur Gewichtskonstanz verbleibt. Danach wird der Tiegel aus dem Ofen entnommen und zum Abkühlen für gut eine Stunde in einen Exsikkator gegeben, ehe eine Rückwiegung erfolgen kann. Dieser relativ einfache Prozess ist äusserst kosten-, arbeits- und zeitintensiv, welches vor allem in der Produktions- und Qualitätskontrolle ein grosses Problem darstellt und ein schnelles Zugreifen in laufende Produktionen verhindert. Daraus entstehen nicht selten minderwertige Güter ausserhalb der vorgegeben Spezifikation und durch die geminderte Produktqualität verringern sich auch die Erlöse des Herstellers. Neben der laufenden Produktion ist eine schnelle Aschegehaltsbestimmung auch bei Eingangskontrollen von Rohstoffen sowie in der Forschung und Entwicklung von grosser Bedeutung. Abhilfe schaffen hier die High-Tech-Muffelofensysteme von CEM: Das Phönix

Filterspitzen für zuverlässige Ergebnisse

Die Filterspitzen Rotilabo in den Volumen 10 µl, 10/20 µl, 20 µl, 100 µl, 200 µl und 1000 µl von Roth Selection eliminieren schädlichen Aerosoltransfer während des Pipettierens und schützen Pipettenschäfte vor Verunreinigungen und Kreuzkontamination. Auf diese Art werden reproduzierbare und zuverlässige Ergebnisse gewährleistet. Die effiziente Barriere gegen Aerosole und Dämpfe schützt zudem vor dem Eindringen von radio­ aktiven, umweltschädlichen oder ätzenden Substanzen in den Pipettenkörper. Die Filterspitzen sind aus nichtcytotoxischem, biologisch inertem und hochtransparentem Polypropylen hergestellt, frei von chemischen Zusätzen und besitzen eine extra glatte Innenoberfläche. Das spezielle Design verhindert eine DNADenaturierung. Sie sind RNase/

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DNase-frei, frei von humaner DNA, Pyrogen- und PCR-Inhibitor-frei und metallfrei. Der hydrophobe Filter besteht aus reinem Polyethylen. Es besteht kein Risiko einer Kreuzkontamination im Falle eines Kontakts der Flüssigkeit mit dem Filter. Die Filterporengrösse von 10 bis 40 μm sorgt für eine hohe Filterdichte. Die Produktion erfolgt unter kontrollierten Reinraumbedingungen. Die universelle Passform passt zu den gängigen Pipettenmarken Roth, Brand, Eppendorf, Finnpipette, Gilson, Rainin und Sartorius und garantiert einen einfachen und mühelosen Abwurf. Die Graduierung sorgt für eine schnelle und bequeme visuelle Volumenprüfung. Die Auslieferung erfolgt entweder lose im Beutel oder in der Box mit Scharnierdeckel in Packungsgrössen 8 oder 10 × 96. Roth AG Fabrikmattenweg 12 CH-4144 Arlesheim 061 712 11 60 info@carlroth.ch www.carlroth.ch

Black sowie das Phönix Black SAS. Die Einsatzgebiete dieser Systeme sind: – Trockenveraschung von Kunststoffen, Ölen, Lebensmitteln, Tierfutter, Getreidegütern, etc. – Bestimmung des Glühverlustes bzw. des Glührückstandes – Strukturbestimmung von Füllgütern – Schmelzen und Schmelzaufschlüsse z. B. für die Elementaranalyse – Trocknen, Glühen und Wärmebehandlungen – Bestimmung der Sulfataschen gemäss dem Europäischen Arzneibuch (Pharm. Eur.) Die Vorteile dieser Technik sind eine drastische Zeitreduktion und ein sauberes Arbeiten. Das eingebaute Abluftsystem entfernt Rauch und Dämpfe selbstständig. Was mit der konventionellen Technik früher Stunden benötigte, wird mit der Phönix-Technik nun in Minuten erreicht.

Es gibt im Wesentlichen drei Zeitvorteile: Zum einen entfällt die lästige, dreckige und zeitaufwendige Vorveraschung komplett. Die Probe wird direkt in den Ofen gegeben. Des Weiteren verkürzt sich die Veraschungszeit von Stunden auf Minuten. Mit dem Phönix Black werden die Proben typischerweise in 10–20 min. verascht. Und zu guter Letzt entfällt das Abkühlen der Porzellantiegel in Exsikkator ganz. Ein besonderer Clou ist das sekundenschnelle Abkühlen der CEM-Tiegel. Nach der Entnahme aus dem Ofen kühlen die Tiegel in wenigen Sekunden ab und können somit unmittelbar auf der Waage zurück gewogen werden. CEM GmbH Carl-Friedrich-Gauss-Strasse 9 D-47475 Kamp-Lintfort +49 28 42 96 44 0 info@cem.de www.schneller-muffelofen.de

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PRODUKTE

Das neue Begasungssystem für erfolgreiche Zellkultivierungen

Das AerationSystem (bestehend aus AerationCaps und GasDivider) ist das neue Begasungssystem von Kühner. Dieses System und die Gasmischstation FlowCon ermöglichen dem Anwender, erfolgreich anspruchsvolle und empfindliche Zellkulturprozesse durchzuführen – auch in Schüttelinkubatoren ohne Feuchte- und O2 /CO2 -Regelung. Die Gasmischstation liefert exakt die gewünschte Gaszusammensetzung und -flussrate, während das Begasungssystem den Gasstrom befeuchtet und gleichmässig auf die angeschlossenen Schüttelkolben verteilt. Die Verdunstung aus den Schüttelkolben wird deutlich reduziert, was vor allem bei sehr langen Kultivierungszeiten (wie bei Zellkulturen) von Vorteil ist und zu einer

erfolgreichen Kultivierung beiträgt. Mit der Gasmischstation lässt sich nicht nur eine erhöhte CO2 -Konzentration einstellen, auch die Erniedrigung der Sauerstoffkonzentration bis zur sauerstofffreien Umgebung durch die Verwendung von Stickstoff ist möglich. Die Verwendung einer Gasmischstation eröffnet die Möglichkeit, Kultivierungsprozesse mit den unterschiedlichsten Anforderungen durchzuführen, beispielsweise Stammzellkultivierungen, die eine Umgebung mit 5 % O2 benötigen oder anaerobe Prozesse, die in einer Stickstoffatmosphäre durchgeführt werden. Ein grosser Vorteil ist, dass das Öffnen der Inkubatortür die Gaszusammensetzung in den Kolben nicht beeinflusst, wenn sie am Begasungssystem angeschlossen sind. Adolf Kühner AG Dinkelbergstrasse 1 CH-4127 Birsfelden +41 61 319 93 93 office@kuhner.com www.kuhner.com

Schutzanzüge, die auch gegen biologische Risiken schützen zum Durchdringen: Alle Tests wurden in der höchsten Schutzklasse bestanden oder lagen gar unterhalb der Nachweisgrenze der Messgeräte. Fazit: Wenn die Sicherheit gegen biologische Risiken möglichst hoch sein soll, sind die Schutzanzüge von Pedi eine besonders gute Wahl. Die Schutzanzüge von Pedi werden in den eigenen Fabrikationsräumlichkeiten produziert. Der Hersteller empfiehlt, den Schutzanzug Donald in Verbindung mit einer handelsüblichen Atemschutzmaske zu verwenden. Die von Pedi AG hergestellten Schutzanzüge sind nun auch nach EN 14126 gegen biologische Risiken zertifiziert. Die eingesetzten Materialien bieten Viren, Bakterien und flüssigen Proben keine Chance

Optimierte Messgeräte für die Pharmaindustrie

Moderne Schutzbrille im sportlichen Design

Die neue Schutzbrillen-Serie 3M SecureFit 500 bietet hohen Komfort im modernen, sportlichen Look. Der Augenschutz sitzt individuell für jeden Träger anpassbar sicher und bequem auch über längere Zeit und lässt nach Bedarf mit weiterer Persönlicher Schutz-Ausrüstung (PSA) kombinieren. Die moderne Schutzbrille zeichnet sich durch ihre sportliche, stromlinienförmige Scheibenform aus. Sie bietet einen eleganten und modischen Look und wiegt dabei lediglich 22 Gramm. Dies ermöglicht in Verbindung mit der innovativen Bügeldruckverteilungs-Technologie einen hohen, ganztägigen Tragekomfort. Die Bügel sind so konst-

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ruiert, dass sie sich optimal an die Kopfgrösse des Trägers anpassen. Auf diese Weise sorgen sie für einen optimalen Anpressdruck bei jeder Kopfgrösse. Durch die winkelverstellbaren Ratschenbügel kann der Träger die Schutzbrille ganz einfach an seine Gesichtsform anpassen. Sie ermöglichen es ausserdem, den Sitz der Schutzbrille beim gleichzeitigen Tragen mit einer Partikelmaske zu verbessern. Aufgrund der flachen und flexiblen Bügel lässt sich die Schutzbrille darüber hinaus sehr gut mit 3M Kapselgehörschützern kombinieren. Somit bietet die neue Serie eine hohe Kompatibilität mit weiterer PSA. 3M Schweiz GmbH Eggstrasse 91 CH-8803 Rüschlikon +44 724 90 90 innovation.ch@mmm.com www.3M.com/ch

Pedi AG Köllikerstrasse 17 CH-5036 Oberentfelden +41 62 737 72 80 info@pedi.ch www.pedi.ch

Pharmazeutische Wirkstoffe werden immer leistungsfähiger, auch sehr kleine Mengen erzielen bereits eine Wirkung. Eine grundsätzlich positive Entwicklung, allerdings steigt dadurch die Toxizität und es wird immer wichtiger, Wirkstoff und Umgebung sicher voreinander zu schützen. Auch um den Aspekt des Produktverlustes geht es dabei: Die Mittel werden immer hochpreisiger, weshalb Anlagen so gebaut werden, dass möglichst nichts verloren geht – zum Beispiel besonders kompakte Containment-Systeme. Von Seiten der Messtechnik sind hier besonders hochwertige und präzise Messgeräte mit kleinen Prozessanschlüssen gefragt wie etwa der Pascal CV4 der Labom Messund Regeltechnik GmbH. Der elektronische Druckmessumformer mit hochauflösendem Grafikdisplay,

intuitiver Bedienerführung, Hintergrundbeleuchtung und einer Genauigkeit ≤ 0,15 % erfüllt alle gängigen Anforderungen in der Arzneimittelproduktion. Im Bereich der Abfüllung ermöglicht die hohe Genauigkeit eine präzise Dosierung – so geht nichts von dem wertvollen Produkt verloren. Auch für die immer strengeren Vorgaben in punc­to Hygiene ist der Pascal CV4 bestens gerüstet: Er kann mit diversen hygienischen, gut zu reinigenden Druckmittlern in verschiedenen Grössen und Ausführungen kombiniert werden. Diese Prozess­ anschlüsse schützen vor Produktverlust und stellen eine gute Reinigbarkeit der Systeme sicher. Die CIP- und SIP- geeigneten Anschlüsse ermöglichen eine rückstandslose Reinigung durch ihr totraumfreies Design und ihre guten Oberflächeneigenschaften. Labom Messund Regeltechnik GmbH Im Gewerbepark 13 D-27798 Hude +49 4408 804 0 info@labom.com www.labom.com

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PRODUKTE

Grenzenlose Nachweisgrenzen

Mit der neuen DMA-80evo-Gerätefamilie für die «Direkt-Quecksilber-Analytik» sind feste, flüssige und gasförmige Proben schnell und störungsfreie bis unter 100 fg Hg zu erfassen. Aufgrund der neuen modularen Technik werden Blindwerte stark reduziert. Durch Einwaagen von mehr als 0,7 g trockner Organik werden speziell für den sensiblen Bereich Lebensmittel- und Umweltanalytik präzise

Resultate bis zu 0,0001 ng Hg pro Gramm erreicht. Die patentierte 2-Strahl-Technik ohne Energieverlust gewährleistet höchste Stabilität. Die einzigartige Temperatur-Messung der Probenkonvertierung tragen zu zuverlässigen Resultaten bei und reduzieren aufwendige Wiederholungen. Die umfangreiche Methoden- und Probenbibliothek ermöglicht einen Start durch nur einen «Touch». Der

Wegfall von Chemikalien senkt die täglichen Kosten pro Analyse deutlich. Die «Direkte Quecksilberanalytik» bietet den grössten dynamischen Messbereich und hat sich weltweit mit mehr als 3000 DMA-Systemen durchgesetzt. Die Vorteile der MLS-MWS-Technik im Überblick: – DMA-Analytik in 3 bis 6 Minuten ohne Interferenzen

– Geringste Bestimmungsgrenzen durch Detektion von 0,0001 ng Hg und Einwaagen bis über 0,7 g – Bereits das Einstiegsmodell DMA-80evo II liefert überlegene Ergebnisse – Das Kaltdampf-Modul erweitert die Methoden auf klassische Verfahren – Kostengünstige, sichere und servicefreundliche Hg-Analytik durch neue Modular-Technik

Mikrowellen-Systeme MWS GmbH Rosenbergsaustrasse 12 CH-9434 Au (SG) +41 71 727 13 80 info@mws-mikrowellen.ch www.mls-mws.com

So wird Reis pneumatisch gefördert

Gericke hat mehrere Dichtstromfördersysteme für den Transport von Trockenreis zu Abfüllanlagen entwickelt und geliefert. Diese Systeme erhalten die Qualität der zer-

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brechlichen Reiskörner und erhöhen die gesamte Prozesssicherheit und Zuverlässigkeit. Bei einem grossen Lebensmittelhersteller hatte Gericke die Heraus-

forderung, mechanische Transportsysteme durch pneumatische Fördersysteme zu ersetzen. Ziel war es, die bei mechanischen Systemen häufig auftretenden Verunreinigungen zu vermeiden und gleichzeitig die Korngrössen der verschiedenen beteiligten Reissorten wie z. B. Langkorn-, Basmati- und Risottoreis nicht zu verändern. Während der Evaluierungsphase zeigte Gericke mit realitätsnahen Förderversuchen in seinem Testcenter in Regensdorf, dass ein System – basierend auf Dichtstromförderung – perfekt geeignet ist, um Reis über Distanzen von bis zu 70 m zu fördern. Die erreichte Produktqualität war hoch. Zudem war kein externes Lufteinblas-System erforderlich. Um eine hohe Produktqualität zu erreichen, wurde ein kontinuierliches Fördersystem mit einem Dop-

pelsender-System PTAD gewählt, da kein Expansionszyklus mit erhöhten Geschwindigkeiten auftreten konnte. Ausserdem wurden die Sendergrössen klein gehalten, um der begrenzten verfügbaren Höhe unterhalb des vorhandenen Sammeltrichters gerecht zu werden, aus dem die verschiedenen Reissorten durch den vorgeschalteten Prozess abgefüllt werden. Mehrere Fördersysteme vom Typ PTAD liefern den Reis zu den 20 bis 70 m entfernten Verpackungslinien mit Kapazitäten von 6 t/h bis 15 t/h.

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