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FORSCHUNG/ ENTWICKLUNG

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EU-Projekt MultiMat³

Neue Materialien für 3D-Druck

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Forschungseinrichtungen und Industrieunternehmen aus Deutschland und Südafrika kooperieren im Rahmen des M-era.Net-Programms der Europäischen Union in dem neuen Projekt MultiMat³. Gemeinsam entwickeln sie optimierte und neue Materialien für den Einsatz in Technologien der additiven Fertigung.

Die additive Fertigung (AF) – häufig als 3D-Druck bezeichnet – hat sich in sehr kurzer Zeit zu einer viel versprechenden, aufstrebenden Fertigungstechnologie entwickelt. Dies verdankt sie vor allem den Möglichkeiten zur freien Bauteilgestaltung ohne spezielle Formwerkzeuge, wodurch sich Prototypen, Kleinserien und sogar individuell angepasste einzelne Formkörper – z.B. für die personalisierte Medizin – kostengünstig herstellen lassen. Technologien und Geräte für die additive Fertigung sind bereits in einer Reihe von Varianten verfügbar. Gegenwärtig sind jedoch nur ausgewählte Polymerwerkstoffe im 3D-Druck einsetzbar. Zudem existiert nur eine unzureichende Wissens- und Datenbasis zu den spezifischen Prozess-Struktur-Eigenschaftsbeziehungen, was Auswahl geeigneter Materialien und Verfahren sowie die Zuverlässigkeit der Produktqualität behindert. Besondere Herausforderungen sind darüber hinaus das erfolgreiche Verarbeiten von teilkristallinen Polymeren, die Vermeidung von Formänderungen (Verzug) und die ausreichende Grenzschichtanbindung innerhalb additiv gefertigter Bauteile.

Schnittstelle zwischen Chemie und Verarbeitungstechnik

Diesen Fragestellungen widmen sich in dem auf drei Jahre angelegten Projekt MultiMat³ Wissenschaftler aus dem Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e.V. (IPF) und von der Universität Pretoria, Südafrika, gemeinsam mit Partnern aus der Industrie: Arburg GmbH & Co. KG, Allod Werkstoff GmbH & Co. KG, Microfol Compounding GmbH & Co. KG (alle Deutschland) und Greenfield Innovation (Pty) Ltd (Südafrika). Koordinatorin des Projektes ist Dr.-Ing. Ines Kühnert aus dem IPF, und gefördert werden die Teilprojekte

Arburg freeformer 300-3X

in Deutschland mit Mitteln des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK) und in Südafrika durch das Department of Science and Innovation (DSI). «Ich freue mich», sagt die Projektleiterin, «dass wir in dem neuen Projekt unsere langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Partnern in Südafrika vor allem zu neuen Nanokompositen fortsetzen und gemeinsam mit starken Industriepartnern unsere speziellen Kompetenzen an der Schnittstelle von Chemie und Verarbeitungstechnik in das rasant wachsende und sehr zukunftsträchtige Gebiet der additiven Fertigung einbringen können.» Zwei Verfahren ausgewählt

Von den bereits verfügbaren Verfahren der additiven Fertigung wurden für das Projekt zwei Technologien ausgewählt: zum einen die Schmelzestrangschichtung (Fused Filament Fabrication, FFF), die zu den kostengünstigsten additiven Verfahren gehört und sich deshalb auch im privaten, nichtwirtschaftlichen Anwendungsumfeld bereits etabliert hat. Zum anderen wird das vom Projektpartner Arburg entwickelte neuere «Arburg Kunststoff-Freiformen» (AKF) genutzt, das durch die Anwendbarkeit von handelsüblichen Kunststoffen und den direkten Weg vom Granulat zum Schmelzetropfenschichtauf-

Mittels AKF am IPF gefertigte Prüfkörper

bau Vorteile insbesondere für die Kombination von Polymerwerkstoffen zeigt. Für das Projekt wurde deshalb einer der ersten Freeformer mit drei sogenannten «print heads» für die Schmelzebereitstellung am IPF installiert. Neue Materialkombinationen

In der ersten Projektphase werden ausgewählte, auf dem Markt etablierte Polymerwerkstoffe für beide Verfahren FFF und AKF getestet, um wichtige Basisdaten für die Auslegung von neuen Materialkonzepten und technologischen Randbedingungen zu erhalten. Gleichzeitig wird gemeinsam mit den südafrikanischen Partnern die Entwicklung sogenannter LDH-Nanokomposite vorangetrieben, um solche mit Nanoteilchen optimierte Kunststoffe (z.B. mit reduziertem Verzugspotenzial) mittels additiver Verfahren verarbeiten zu können. Schwerpunkt im Projekt ist es, neue Materialkombinationen für FFF und AKF zu entwickeln und deren Anwendungspotenzial für additiv gefertigte Produkte aufzuzeigen. Die Entwicklung neuer Polymerwerkstoffe lehnt sich zwar zunächst an die Anforderungen für bestehende AF-Prozesse an; es ist jedoch vorgesehen, im Verlauf der Arbeiten im Projekt auch die Prozesse und Anlagentechnik für die neuen Materialien und Materialkombinationen weiter zu optimieren, wofür die Einbindung von Maschinenherstellern von grossem Nutzen sein wird. Abschliessend ist geplant, Demonstratoren zu fertigen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse mit neuen Polymerwerkstoffen auf reale Bauteile übertragbar zu machen.

Kontakt Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V. Hohe Strasse 6 D-01069 Dresden www.ipfdd.de

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Gestensteuerung von Schwerlastrobotern

Roboter ohne Berührung kontrollieren

Die industrielle Gestensteuerung ist marktreif. Entwickelt haben sie Forscherinnen und Forscher des FraunhoferInstituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU. Sie basiert auf der intelligenten Kopplung optischer Sensoren, innovativer Bildverarbeitungsverfahren und berührungsloser Bedieninterfaces. Die direkte Zusammenarbeit von Menschen und Robotern in der Produktion wird damit intuitiver, effizienter und ergonomischer.

Wer zukünftig in Fabriken geht, in denen Produktionsroboter arbeiten, wird Menschen sehen, die ihre Arme und Hände vor sich in der Luft bewegen, ohne dass sie mit Kolleginnen oder Kollegen kommunizieren. Sie steuern mit diesen Gesten ihre Roboterkollegen. «Uns hat das bei der Entwicklung immer ans Dirigieren eines Chors oder Orchesters erinnert. Auch bei unserer Gestensteuerung achten die Mitglieder des ‹Ensembles›, nämlich die Roboter, sehr genau auf Arm- und Handbewegungen», sagt Paul Eichler, Projektleiter in der Abteilung für Robotertechnik am Fraunhofer IWU. «Konventionelle Bedienelemente wie Knöpfe und Schalter werden überflüssig. Die Beschäftigten können sich ganz natürlich bewegen, um mit den Robotern zu interagieren – als würden sie einem anderen Menschen in der Fabrik per Handzeichen ein ‹Stopp› oder eine Richtung anzeigen.» Damit die berührungsfreie Robotersteuerung funktioniert, haben die FraunhoferForschenden eigens entwickelte Bahnplanungs-Algorithmen, smarte optische Sensoren, schnelle und stabile Bildverarbeitungsverfahren sowie frei platzierbare Bedieninterfaces aufeinander abgestimmt. «Unsere Technologie holt die Gestensteuerung in den Industriebereich. Viele Menschen kennen sie von zu Hause, wo sie bisher hauptsächlich bei Computerspielen angewendet wird, etwa bei Konsolen für den Heimgebrauch. Die Bewegungen der Spielenden werden erfasst und sofort in Spielmanöver auf dem Bildschirm umgesetzt. Wir steuern hier jedoch keine Spielfiguren, sondern Maschinen und Anlagen», erklärt Dr.-Ing. Mohamad Bdiwi, Leiter der Abteilung für Robotertechnik am Fraunhofer IWU. «Zur unmittelbaren Steuerung sind Programmierkenntnisse nicht mehr

Berührungsfreie Gestensteuerung von Schwerlastrobotern im Anwendungstest.

nötig. Die Beschäftigten steuern die Roboter intuitiv.»

Marktreife im Karosseriebau bewiesen

Die Gestensteuerung von Industrierobotern ist technisch ausgereift und zuverlässig. Sie hält die geltenden Sicherheitsvorgaben für die Zertifizierung im Sinne der EU-Maschinenrichtlinie ein. Integriert sind auch Verfahren zur Anonymisierung. Da anfallende Daten zudem nicht in einer Cloud gespeichert, sondern vor Ort in der Fabrik verarbeitet werden, ist auch der Datenschutz nach der DSGVO gesichert. Ihre Marktreife hat die Gestensteuerung im Automobilbau schon bewiesen – bei der Volkswagen Sachsen GmbH. Dort sieht man klare Vorteile bei der Herstellung des hochmodernen Modularen EAntrieb-Baukastens (MEB). IWU-Projektleiter Paul Eichler: «Antrieb für unseren Partner war, die Ergonomie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Prüf- und Arbeitsstation am Ende der Ausschweisslinie im Karosseriebau zu verbessern. Wir haben gezeigt, dass unser System gestengesteuerter Schwerlastroboter in der Fertigung viele Vorteile bringt. Die Gestensteuerung ermöglicht es den Beschäftigten, die Position und Ausrichtung des Roboters individuell und in feinen Abstufungen einzustellen. Die Produktion wird dadurch effizienter und flexibler.» Die Gestensteuerung erleichtert ausserdem grundsätzlich die Kollaboration von Mensch und Roboter. Sie arbeiten mittlerweile zwar schon oft ohne Schutzzaun nebeneinander, aber eine direkte Interaktion war bisher nicht möglich. In unmittelbarer Nähe zu Menschen schalten sich Industrieroboter aus Sicherheitsgründen ab. Jetzt können beide gefahrlos direkt zusammenarbeiten.

Kontakt Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU M.Sc. Paul Eichler, +49 371 5397-1533 D-09126 Chemnitz www.iwu.fraunhofer.de n

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