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Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) Praxisbuch Krisenintervention 2., vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage ISBN 978-3-943174-77-9 · www.skverlag.de
Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) Praxisbuch Krisenintervention
L E I T FA D E N
A. Nikendei
Dieses Praxisbuch ist ein Leitfaden für die Begleitung von Menschen, die sich nach NotAlexander Nikendeinkamp fällen oder nach Unglücken in einer akuten Krise befinden. Für den schnellen Überblick vor und während der jeweiligen (Einsatz-)Situation gibt es Hinweise nach einem einheitlichen Schema: Was ist im Voraus zu beachten? Wie reagieren Betroffene? Was sollten Sie tun bzw. vermeiden? Welches Fachwissen ist hier relevant? Formu Alexander Nikendei, Diplomlierungshilfen unterstützen Pädagoge, Notfallsanitäter, das eigene Handeln. Praxisanleiter, bildet seit Für die Begleitung und Jahren Mitarbeiter für die Unterstützung vermittelt das Psychosoziale NotfallversorBuch zusätzlich grundlegende gung aus, war Leiter eines Kommunikations- und HandKriseninterventionsdienstes. lungskompetenzen.
L
Alexander Nikendei
Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) Praxisbuch Krisenintervention 2., vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage
Einsatzindikationen B Brandeinsatz Busfahrer (Personenschaden)
258 202
R Räumung Reanimation, erfolglose
268 160
E Einsatzkraft, belastete Ersthelfer Evakuierung
296 207 268
G Gewaltopfer häuslicher Bereich öffentlicher Raum sexualisierte Gewalt Großschadenslage Gruppen
216 213 221 276 225
S Schüler SIDS Suizid Suizidandrohung Suizidversuch
247 181 162 171 168 160 175 139
I Identifizierung
193
T Tod, plötzlicher natürlicher Tod von Kindern Todesnachricht bei Anwesenheit von Kindern
K Kindstod, plötzlicher
181
U Unfallverursacher
197
L Lokführer (Personenschaden)
202
V Vermisste Person
261
M MANV
276
W Wohnungseinbruch
210
154
Besondere Hinweise Mündliche Aufklärung über Reaktionen auf Belastungen
A Ablehnung einer Begleitung Abschiednahme vom Verstorbenen Aggression Alkoholisierte Betroffene
388 312 438
N Nottaufe
412
B Behinderungen geistige körperliche
379 374
P Pressevertreter Psychiatrische Notfälle
456 442
R Religiöse Bräuche/Traditionen 398
D Dokumentation
305
E Eigenschutz
312
H Hunde J Jugendliche
465
K Kinder Kulturelle Unterschiede
352 434
347
352
M Medikamente zur Beruhigung 430
S Schaulustige Senioren Schuldgefühle bei Betroffenen Sprachliche Barrieren Störungen (Handy & Co) Suizidalität von Betroffenen T Telefonate, Angehörige vorbereiten Texte, allgemeine und geistliche Todesarten (Folgen)
323
450 371 333 434 460 338 328 412 381
Einführung und Hinweise für den Leser ˘ Seite 13
1
Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) ˘ Seite 25
2
Krisensituationen und ihre Folgen ˘ Seite 47
3
Kommunikation und Handlungskompetenz im Einsatz ˘ Seite 69
4
PSNV in der Praxis ˘ Seite 121
5
Praxistipps und Wissenswertes für Einsätze ˘ Seite 311
6
Selbstfürsorge der PSNV-Mitarbeiter ˘ Seite 473
7
Informatives und Raum für e igene Notizen ˘ Seite 501
8
Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) Praxisbuch Krisenintervention
Alexander Nikendei mit Geleit- und Vorworten von
Jutta Helmerichs und Peter Zehentner
2., vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage
Verlagsgesellschaft Stumpf + Kossendey mbH Edewecht, 2017
Anmerkungen des Verlags Autor und Verlag haben höchste Sorgfalt hinsichtlich der Angaben von Richtlinien und Empfehlungen aufgewendet. Nachdem gesetzliche Bestimmungen und wissenschaftlich begründete Empfehlungen einer ständigen Veränderung unterworfen sind, ist der Benutzer aufgefordert, die aktuell gültigen Richtlinien anhand der Literatur zu überprüfen und sich entsprechend zu verhalten. Die Angaben von Handelsnamen, Warenbezeichnungen etc. ohne die besondere Kennzeichnung ®/TM/© bedeuten keinesfalls, dass diese im Sinne des Gesetzgebers als frei anzusehen wären und entsprechend benutzt werden könnten. Für Inhalte verlinkter externer Webseiten Dritter ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seite verantwortlich. Alle Abbildungen und Grafiken wurden, sofern nicht anders angegeben, vom Autor selbst oder nach Vorlagen des Autors vom Verlag erstellt. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen oder Textteilen, vorbehalten. Auch auszugsweise Wiedergabe nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors und des Verlags. Aus Gründen der Lesbarkeit ist in diesem Buch meist die männliche Sprachform gewählt worden. Alle personenbezogenen Aussagen gelten jedoch stets für Frauen und Männer gleichermaßen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© Copyright by Verlagsgesellschaft Stumpf + Kossendey mbH, Edewecht 2017 Satz: Bürger Verlag GmbH & Co. KG Umschlagfoto: Oscar Schmid-Schwämmle (oscar.photographie@gmail.com) Druck: M.P. Media-Print Informationstechnologie GmbH, 33100 Paderborn ISBN 978-3-943174-77-9
˘ Inhalt
Geleitwort Vorwort
6 8
1
Einführung und Hinweise für den Leser 13 1.1 Zielgruppen und Einführung 13 1.2 Zum Buch 17 1.3 Über die verwendeten Begrifflichkeiten des Buches 19
2
Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) 2.1 Was ist PSNV? 2.2 Gesamtstruktur der PSNV 2.3 PSNV-Maßnahmen: vor und nach einem Unglück 2.4 Ziele der PSNV 2.5 Einführung des Begriffs Krisenintervention 2.6 Zielgruppen der PSNV: (1) Überlebende, Angehörige, Hinterbliebene, Zeugen, Ersthelfer und Vermissende und (2) Einsatzkräfte 2.7 Qualitätsstandards in der PSNV 2.8 Rechtsgrundlagen
25 25 26 27 29 33
Krisensituationen und ihre Folgen 3.1 Hintergrundwissen zum Thema Krise 3.2 Krise als Bedrohung für die psychische und physische Gesundheit – Konsequenzen für die Praxis der Krisenintervention 3.3 Mögliche Folgen einer Krise: akute Reaktionen auf belastende Ereignisse und Posttraumatische Belastungsstörung
47 47
3
4
34 39 44
54 58
Kommunikation und Handlungskompetenz im Einsatz 69 4.1 Gesprächsführung im Einsatz 69 4.2 Aufmerksam handeln mit dem PSNV-3-Satz 82 4.3 Bestimmte Gesprächssituationen und hilfreiche Formulierungen 93 4.4 Zusammenarbeit des Teams im Einsatz 105 4.5 Als Team mit anderen kooperieren und zusammenarbeiten 114 3
˘ Inhalt
5
PSNV in der Praxis 121 5.1 Einsatzplanung und Einsatzübernahme am Einsatzort 121 5.2 Hilfreiche Ausrüstungsmaterialien für den Einsatz 130 5.3 Fünf Phasen eines Einsatzes 133 5.4 Fachliches Handeln bei bestimmten Einsatzindikationen 138 5.5 Dokumentation von Einsätzen 305
6
Praxistipps und Wissenswertes für Einsätze 311 6.1 Vorbemerkung 311 6.2 Eigenschutz und Umgang mit Aggression 312 6.3 Mündliche Aufklärung über die akuten Reaktionen auf belastende Ereignisse 323 6.4 Vorbereitung Betroffener auf Telefonate 328 6.5 Schuldgefühle bei Betroffenen 333 6.6 Suizidalität von Betroffenen 338 6.7 Ablehnung einer Begleitung durch Betroffene 347 6.8 Begleitung von Kindern und Jugendlichen 352 6.9 Begleitung von Senioren 371 6.10 Begleitung von Menschen mit körperlicher Einschränkung 374 6.11 Begleitung von Menschen mit geistiger Behinderung 379 6.12 Unterschiedliche Todesarten und deren Folgen für Leichnam, Betroffene und die PSNV 381 6.13 Vorbereitung und Durchführung der Abschiednahme vom Verstorbenen 388 6.14 Bräuche und Traditionen verschiedener Religionen im Kontext von Tod und Trauer 398 6.15 Hilfreiche Texte, geistliche H ilfestellungen, Nottaufe 412 6.16 Medikamente zur Beruhigung 430 6.17 Sprachliche Barrieren und kulturelle Unterschiede 434
4
˘ Inhalt
7
8
6.18 Alkoholisierte Betroffene 6.19 Psychiatrische Notfälle 6.20 Schaulustige und der Non-helping-bystander-effect 6.21 Umgang mit Pressevertretern 6.22 Störungen durch Handy, Smartphone & Co 6.23 Anwesende Hunde
438 442
Selbstfürsorge der PSNV-Mitarbeiter 7.1 Vorbemerkung 7.2 Hilfreiche Rahmenbedingungen für die Selbstfürsorge 7.3 Einsatznachbesprechungen im Team direkt nach dem Einsatz und Anfertigung des Einsatzprotokolls 7.4 Rückmeldungen von Betroffenen einholen 7.5 Hilfen für die eigene Person und das Team bei anhaltenden Belastungen 7.6 Supervision 7.7 Individuelle Möglichkeiten der Entlastung und Erholung
473 473
Informatives und Raum für eigene Notizen 8.1 PSNV-Glossar – Abkürzungsverzeichnis und Definitionen wichtiger Begriffe 8.2 Weiterführende Hilfen 8.3 Information und Kontakt zum Autor sowie Dankeswort 8.4 Literatur 8.5 Checkliste zur Einsatzplanung (Kapitel 5.1.3 kompakt) 8.6 Raum für eigene Notizen
501
Index
450 456 460 465
476 479 482 485 489 492
501 514 520 522 539 542 549
5
˘ Vorwort
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, psychosoziale Themen und Aufgaben haben in der modernen Gefahrenabwehr einen festen Platz. Angebote der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) für Menschen, die Notfälle, schwere Unglücksfälle, Katastrophen oder Anschläge erleben müssen, sind in Deutschland fast flächendeckend verfügbar und breit akzeptiert. Die meisten Einsatzkräfte werden inzwischen auch auf die psychosozialen Herausforderungen ihres Haupt- oder Ehrenamtes vorbereitet und wissen, wo sie zur Verarbeitung von Einsatzbelastungen bei Bedarf professionelle Unterstützung erhalten können. Seit 2010 liegen bundeseinheitliche Qualitätsstandards und Leitlinien zur PSNV vor. Sie wurden unter Moderation des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und unter Beteiligung aller Organisationen und Institutionen, die in Deutschland die PSNV verantworten, konzipiert und umgesetzt, erarbeitet und schließlich einstimmig verabschiedet. Die Standards sind wissenschaftlich gesichert und mit internationalen Leitlinien kompatibel. Ein wichtiger Schritt fehlt jedoch bisher: Die umfassende Verbindlichkeit der PSNV, beispielsweise durch Richtlinien und Gesetze im Bereich der Katastrophenschutz- und Rettungsdienstgesetzgebung und durch eine bundeseinheitliche Zertifizierung der Aus- und Fortbildung. Diese endgültigen Regelungen werden noch einige Zeit dauern.
8
˘ Vorwort
Bis zur Entwicklung und Festschreibung einer verbindlicheren PSNV lässt sich die Qualität dieses Arbeitsfeldes über Bücher wie dieses Praxishandbuch Krisenintervention sicherstellen. Das Buch, seit 2012 auf dem Markt, ist zu Recht sehr nachgefragt und erscheint nun schon in zweiter Auflage. Es ist ein Grundlagenbuch der PSNV, für die Praxis bestens geeignet und durchweg theoretisch fundiert. Mit großer Sorgfalt wurden die verschiedenen Kapitel auf der Basis der bundeseinheitlichen Qualitätsstandards und Leitlinien zur PSNV ausgearbeitet, für die Praxis übersichtlich gestaltet und ansprechend formuliert. Das Buch sollte unbedingt zur Standardausstattung jeder PSNV-Einsatzkraft und aller Dozentinnen und Dozenten der PSNV gehören! Ich wünsche meinem sehr geschätzten Kollegen Alexander Nikendei, dass sein Praxishandbuch, das er mit hohem Engagement und ausgewiesener Fachkunde auf den Weg gebracht hat und fortlaufend aktualisiert, weiterhin eine große Verbreitung findet. Ich hoffe, dass es nicht nur in vielen Einsatzsituationen unterstützen kann, sondern auch wesentliche inhaltliche Basis für die Zertifizierung der Aus- und Fortbildung der PSNV in Deutschland wird. Jutta Helmerichs Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)
9
5.2 ˘ PSNV in der Praxis: Hilfreiche Ausrüstungsmaterialien
5.2
Hilfreiche Ausrüstungsmaterialien für den Einsatz
Die Frage der Ausstattung mit hilfreichen Materialien streift natürlich am Rande die Frage der Ausstattung der Mitarbeiter mit (Schutz-)Kleidung. Zur Ausstattung der Mitarbeiter mit (Schutz-)Kleidung lässt sich im Rahmen dieses Buches nur so viel sagen: Jede Organisation bzw. jeder Dienst hat dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter so ausgestattet sind, dass sie ausreichend geschützt sind und diese Ausstattung versicherungsrechtlichen und gesetzlichen Ansprüchen genügt. Dazu gehören zum Beispiel entsprechende Sicherheitsschuhe und Einsatzjacken. In der folgenden Aufzählung geht es ausschließlich um Materialien für die Begleitung, die sich in verschiedensten Diensten bewährt haben. Da die jeweiligen Dienste in ihrer Materialausstattung eigene Schwerpunkte setzen, erhebt die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die folgende Liste beinhaltet Vorschläge und mögliche Anregungen für die Praxis. Wichtig ist, dass die eigene Ausstattung durch Einsatzerfahrungen dynamisch fortentwickelt wird. Die Ausrüstung muss regelmäßig anhand von genauen Checklisten auf Vollständigkeit und Funktionalität bzw. Haltbarkeit überprüft werden.
130
5.2 ˘ PSNV in der Praxis: Hilfreiche Ausrüstungsmaterialien
Tab. 5-11 ˘ Zusammenstellung einiger Ausrüstungsgegenstände, gruppiert
Bereich:
Gegenstände im Einzelnen:
Verpflegung
˘ Getränke mit Einwegbechern: Süßgetränke, Wasser, Säfte in kleinen Verpackungseinheiten ˘ Schokolade ˘ Müsliriegel ˘ Kaugummis ˘ Traubenzucker
Kinder
˘ Kuscheltiere zwischen 20 und 40 cm Größe und mit möglichst weichem Fell zum Verschenken (vgl. Karutz/ Lasogga 2016, S. 51) ˘ Malutensilien für Kinder für verschiedene Altersgruppen ˘ kleine Spiele für Kinder, z.B. Kartenspiele
Hygiene
˘ Desinfektionsmittel ˘ Einmalhandschuhe ˘ Einweg-Überziehschuhe (z.B. OP-Überschuhe) ˘ Papierhandtücher
Fürsorgliche Materialien
˘ Taschentücher ˘ Einmaldecken und/oder Rettungsdecken ˘ Set wasserdichte Regenponchos mit Kapuze (gibt es mit sehr kleinem Packmaß) ˘ Einmalkissen ˘ Erste-Hilfe-Set, eventuell erweitert um Blutdruckmessgerät mit Stethoskop und Beatmungshilfen
»Atmosphärische Gegenstände«
˘ Kerzen bzw. Teelichter ˘ Tücher oder Untersetzer ˘ Feuerzeug, Streichhölzer
131
5.2 ˘ PSNV in der Praxis: Hilfreiche Ausrüstungsmaterialien
Schrift materialien
˘ Flyer bzw. Handzettel über verschiedene mittel- und längerfristige psychosoziale Hilfen und heilkundliche Angebote, z.B. verwaiste Eltern, Trauergruppen nach Suizid ˘ Materialien der GEPS für den Plötzlichen Kindstod (s. Kap. 5.4.8 Plötzlicher Kindstod, SIDS) ˘ Gebetssammlung bzw. hilfreiche Texte (s. Kap. 6.15 Hilfreiche Texte, geistliche Hilfestellungen, Nottaufe) ˘ Telefonlisten mit Bestattern, Nachbardiensten, Pfarreien usw. ˘ Visitenkarten mit der Erreichbarkeit des Dienstes
Sonstiges
˘ Klemmbrett mit Papier und (wasserfesten) Stiften ˘ Einsatzprotokolle ˘ Klebeband ˘ Taschenlampe ˘ Digitalkamera (keine Fotos in Einsätzen mit privaten Smartphones!) ˘ Kartenmaterial und/oder Navigationsgerät (im Auto) ˘ Hundecracker
Die aufgelisteten Ausrüstungsgegenstände haben sich im Einsatz bewährt. Manche Gegenstände, die nicht so häufig gebraucht werden, können zum Beispiel in einer separaten Tasche oder einem gesonderten Rucksack aufbewahrt werden.
132
5.3 ˘ PSNV in der Praxis: Fünf Phasen eines Einsatzes
5.3
Fünf Phasen eines Einsatzes
Ein Einsatz hat eine Struktur, die in fünf Phasen aufgeteilt werden kann. Phase der Vorbereitung Phase der Kontaktaufnahme Phase der Orientierung für Betroffene Phase der Begleitung Phase des Einsatzabschlusses
Abb. 5-1 ˘ Phasen eines Einsatzes
Diese fünf Phasen bieten den Mitarbeitern eine Orientierung. Zugleich können die verschiedenen Phasen einen Teil der Qualitätskriterien der Arbeit definieren (vgl. Daschner 2003, S. 45; s.a. Kap. 2.7 Qualitätsstandards in der PSNV). Die Phasen bilden den idealtypischen Einsatzverlauf ab. In der Einsatzpraxis kann sich der Prozess einer Begleitung rasch ändern, zum Beispiel durch neue Informationen. Entscheidend ist letztendlich für jeden Einsatz, dass die Ziele der PSNV erreicht werden (s. Kap. 2.4 Ziele der PSNV). 133
5.3 ˘ PSNV in der Praxis: Fünf Phasen eines Einsatzes
Die fünf Phasen haben folgende Inhalte: Phase der Vorbereitung ˘ siehe Kap. 5.1.3 (Checkliste zur Einsatzplanung). Phase der Kontaktaufnahme ˘ sich den Betroffenen vorstellen (s. Kap. 4.1.3 Vom Anfang hängt viel ab) ˘ Angebot einer Begleitung formulieren ˘ klären, ob die Betroffenen das Angebot annehmen (s.a. Kap. 6.7 Ablehnung einer Begleitung durch Betroffene). Phase der Orientierung für Betroffene ˘ Klarheit für die Betroffenen schaffen: Was ist bisher passiert? Was passiert gerade? Was wird passieren? ˘ dem Informationsbedürfnis der Betroffenen nachkommen, um dem Empfinden des Kontrollverlustes entgegenzuwirken (s. Kap. 3.1.2 Kontrollverlust: gegensteuern durch Förderung von Eigenaktivitäten). Die Informationen lassen Betroffene das Geschehen besser einordnen und helfen bei der Verarbeitung (vgl. Lasogga/Münker-Kramer 2009, S. 40). Phase der Begleitung ˘ innere Präsenz und Aufmerksamkeit der Mitarbeiter ˘ Raum für Emotionen geben 134
5.3 ˘ PSNV in der Praxis: Fünf Phasen eines Einsatzes
˘ Entlastung ermöglichen: Gefühle der Betroffenen zulassen ˘ gemeinsam die Situation aushalten ˘ Unterstützung aus dem sozialen Umfeld der betroffenen Menschen aktivieren ˘ Bedürfnisse der Betroffenen in den Mittelpunkt stellen: z.B. Abschiednahme vom Verstorbenen vorbereiten und auf Wunsch begleiten ˘ Eigene Aktivitäten der Betroffenen fördern, z.B. Kaffee kochen, wichtige Papiere heraussuchen, weitere Angehörige verständigen – somit den Betroffenen wieder Kontrolle über die Situation geben (s. Kap. 3.1.2 Kontrollverlust: gegensteuern durch Förderung von Eigenaktivitäten) ˘ Hilfe bei organisatorischen Tätigkeiten während des Einsatzes anbieten ˘ Körperliche Aktivitäten fördern: z.B. Herumlaufen im Zimmer zulassen, gemeinsamen Spaziergang anbieten ˘ Steigerung der eigenen Handlungskompetenz mit dem PSNV-3-Satz: »Ich nehme die Situation und die Betroffenen wahr. Ich nehme mich wahr. Ich nehme die Bedürfnisse meines Gegenübers wahr.« (s. Kap. 4.2 Aufmerksam handeln mit dem PSNV-3-Satz). Phase des Einsatzabschlusses ˘ Die Begleitung war bisher eher auf Emotionen ausgerichtet. Nun tritt die sachliche, verstandesmäßige Auseinandersetzung mit der augenblick135
5.3 ˘ PSNV in der Praxis: Fünf Phasen eines Einsatzes
lichen Situation und deren Folgen in den Vordergrund. Dies wird anhand der weiteren Punkte deutlicher. ˘ Die Betroffenen haben die Orientierung über die gegenwärtige Situation wiedergewonnen: Sie sind sich größtenteils bewusst, was geschehen ist. ˘ Sie haben begonnen, sich mit der Situation und ihren Auswirkungen auseinanderzusetzen bzw. sind dazu in der Lage. ˘ Die Betroffenen wissen, was in den nächsten Stunden und Tagen auf sie zukommen wird bzw. haben davon eine konkrete Vorstellung. ˘ Sie können die Verantwortung für sich und ihre Entscheidungen selbstbestimmt wahrnehmen – zumindest erfahren sie eine direkte Unterstützung durch ihnen nahestehende Menschen, die selbst mit der Situation zurechtkommen (siehe folgender Punkt). ˘ Die sozialen Ressourcen (Menschen aus dem sozialen Umfeld) sind aktiviert oder bei Bedarf abrufbar und wurden bezüglich einer Unterstützung für die Betroffenen beraten. ˘ Die Betroffenen wurden ausreichend über die Akute Belastungsstörung aufgeklärt (s. Kap. 6.3 Mündliche Aufklärung über die akuten Reaktionen auf belastende Ereignisse). Um die Hemmschwelle zu senken, wurden sie auf ermutigende Weise über die Möglichkeiten informiert, sich weitere Hilfe und Unterstützung zu holen (vgl. hierzu 136
5.3 ˘ PSNV in der Praxis: Fünf Phasen eines Einsatzes
auch Nikendei 2006, S. 87 u. Kap. 2.4.2 Konkrete Ziele in der Praxis). ˘ Gegebenenfalls wurden die betroffenen Menschen bereits an weitere Hilfssysteme weitervermittelt, z.B. örtliche Seelsorger, Trauerbegleiter, Beratungsstellen.
137
5.4 ˘ PSNV in der Praxis: Einsatzindikation
5.4
Fachliches Handeln bei bestimmten Einsatzindikationen
Die folgenden Kapitel beinhalten das Handeln bei bestimmten Einsatzindikationen. Sie haben alle die gleiche Struktur, die eine schnelle Orientierung über das Wesentliche der jeweiligen Einsatzindikation ermöglicht. Jedes Kapitel zu bestimmten Einsatzindikationen ist wie folgt gegliedert:
Da s Wi c hti g st e i n Kü r z e Hier sind die primär notwendigen Punkte aufgelistet, die für diese Einsatzindikation unbedingt zu beachten sind.
B e tro f f e n e kön n e n … Bei vielen Einsatzindikationen wird unter dieser Überschrift die psychische Situation beschrieben, in der sich die Betroffenen im jeweiligen Einsatz befinden können.
Hi n we i s e f ü r d i es e n E i n sat z Hier werden weiterführende Empfehlungen gegeben.
Ve rme i de n S i e… Dieser Abschnitt soll helfen, Fehler bzw. Fehlverhalten zu verhindern.
138
5.4 ˘ PSNV in der Praxis: Einsatzindikation Todesnachricht
Mi ta rb e i t e r kön n e n … Bei einigen Einsatzindikationen werden mögliche Auswirkungen auf die Psyche der Mitarbeiter benannt.
G e s o n de rt e H i n w e is e f ü r … / z u… Bei manchen Einsatzindikationen sind hier Hinweise für den Einsatz aufgelistet, die an bestimmte Zielgruppen gerichtet sind, zum Beispiel an Polizeibeamte.
Fac h l i c h e s Dieser Abschnitt liefert das wichtigste Hintergrundwissen für die jeweiligen Einsatzindikationen.
5.4.1 Überbringung einer Todesnachricht Da s Wi c ht ig st e i n Kü r z e ˘ Manche Klingelanlagen bzw. Wohnhäuser sind mit Kameras ausgestattet. Deshalb kann es nötig sein, sich zunächst in ausreichender Entfernung auf die Überbringung vorzubereiten (s.u.) und sich dann wegen der Nachbarn diskret dem Einsatzort zu nähern. ˘ Selbstverständlich wird die Klingel erst betätigt, wenn das Team vollständig ist (vgl. van der Heyden 2013, S. 114). Aber vorher: 139
5.4 ˘ PSNV in der Praxis: Einsatzindikation Todesnachricht
˘ Letzte Vergewisserung im Team: Inwieweit ist die Identität der verstorbenen Person eindeutig geklärt? Stimmt die Adresse? Sind alle Absprachen getroffen – wie z.B. wer spricht, wie lange die Polizei bleiben kann und wie die Rollen verteilt wurden? ˘ An der Tür: Kleidung überprüfen und sich einen guten Stand mit etwas Distanz zur Tür suchen und kurz mit Selbstinstruktionen arbeiten, z.B. »Ich bleibe ernst.«, »Ich könnte lächeln.«, »Ich lächle nicht.«. ˘ Normal klingeln – kein Sturmläuten. ˘ Nach der Vorstellung des Teams: Überprüfung der Identität der Person, die die Tür öffnet: »Sind wir hier richtig bei…?« ˘ Mit ruhiger und fester Stimme sprechen: »Wir haben eine wichtige persönliche Mitteilung für Sie.« oder »Wir haben Ihnen etwas sehr Persönliches mitzuteilen.« ˘ Ziel ist das Überbringen innerhalb der Wohnung. Diese klare Absicht kommt in der Formulierung »Bitte, wir möchten gerne hereinkommen.« am besten zum Ausdruck (vgl. Kiehn/Trappe 2006, S. 144). ˘ Fragen, ob weitere Personen anwesend sind: »Ist noch jemand im Haus anwesend, den Sie hinzubitten möchten?« Ggf. das Verhältnis weiterer anwesender Personen zu den Betroffenen abklären.
140
5.4 ˘ PSNV in der Praxis: Einsatzindikation Tod von Kindern
5.4.7 Tod von Kindern Da s Wi c ht ig st e i n Kü r z e ˘ Keine Spuren am Einsatzort verwischen, z.B. Gegenstände aufheben oder aufräumen, wenn es noch zu Ermittlungen durch die (Kriminal-)Polizei kommen könnte. ˘ Erläutern der möglicherweise anstehenden polizeilichen Untersuchungsmaßnahmen und Vorbereitung auf möglicherweise unangenehme, aber notwendige Fragen der (Kriminal-)Polizei. ˘ Informieren der Eltern über die mögliche Beschlagnahme des toten Kindes (s.a. Kap. 6.12 Unterschiedliche Todesarten und deren Folgen für Leichnam, Betroffene und die PSNV). ˘ Wenn über das tote Kind gesprochen wird, dann muss es mit dem eigenen Namen benannt werden. ˘ Verwendung klarer und eindeutiger Sätze: »(Name) ist tot.« (vgl. GEPS 2008). ˘ Umgang mit Geschwisterkindern: Betroffene Kinder während des Einsatzes nicht ausgrenzen, sondern auf deren Bedürfnisse und Fragen eingehen (s. Kap. 6.8 Begleitung von Kindern und Jugendlichen). ˘ Mögliche Schuldgefühle bei Geschwisterkindern beachten (s. ebenfalls Kap. 6.8). ˘ Ermutigung zur Abschiednahme zusammen mit den Geschwisterkindern – ggf. nicht ohne Genehmigung der (Kriminal-)Polizei und nicht ohne 175
5.4 ˘ PSNV in der Praxis: Einsatzindikation Tod von Kindern
Rücksprache, z.B. über Form und Dauer (s.a. Kap. 6.8 Begleitung von Kindern und Jugendlichen). ˘ Einnahme von Beruhigungsmitteln der Eltern nicht unterstützen (s. Kap. 6.16 Medikamente zur Beruhigung).
B e tro f f e n e kön n e n … ˘ vehement die Nähe zu ihrem verstorbenen Kind suchen. Dies ist zweifellos nachvollziehbar. Dieser Wunsch kann jedoch mit der polizeilichen Ermittlungsarbeit kollidieren. ˘ häufig – auch je nach Geschlecht – unterschiedlich reagieren.
Hi n we i s e f ü r d i es e n E i n sat z ˘ Wurden Reanimationsmaßnahmen vom Rettungsdienst vor Ort begonnen und beendet, kann dies Schuldgefühle bei den Eltern zusätzlich verstärken (s.a. Kap. 5.4.8 Plötzlicher Kindstod, SIDS). Diese Schuldgefühle mit auszuhalten, stellt noch höhere Anforderungen an die Mitarbeiter (s. Kap. 6.5 Schuldgefühle bei Betroffenen). ˘ Die Eltern so viel und so oft über ihr verstorbenes Kind sprechen lassen, wie sie wünschen. ˘ Bei Bedarf ruhig und freundlich zwischen den Bedürfnissen der Eltern und den Erfordernissen der Polizeiarbeit vermitteln. Das heißt, keine Partei zu ergreifen. 176
5.4 ˘ PSNV in der Praxis: Einsatzindikation Tod von Kindern
˘ Die Eltern bei der polizeilichen Befragung durch Anwesenheit stützen – sofern von den Eltern erwünscht und von der (Kriminal-)Polizei erlaubt. ˘ Nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen und mit polizeilicher Genehmigung: abklären, ob die Eltern das Kind selbst waschen und ankleiden dürfen, wenn sie dies wollen – als einen letzten Liebesdienst für das Kind (vgl. Geese 2013, S. 528 u. VEID 2011, S. 74). ˘ Ebenso nach Absprache mit der (Kriminal-)Polizei: direkte Abschiednahme am Kinderbett, auf dem Schoß der Eltern oder an einem den Eltern wichtigen Platz ermöglichen. ˘ Atmosphäre zur Verabschiedung schaffen (z.B. Lieblingsstofftiere des Kindes bereitlegen). ˘ Perspektive durch den Hinweis schaffen, dass später (weitere) direkte Abschiednahmen vom Kind möglich sind. ˘ Erkundigungen einholen, wann die Freigabe des verstorbenen Kindes voraussichtlich erfolgt. Wo wird es hingebracht? Wie und wann kann der zuständige Sachbearbeiter für eventuelle Fragen erreicht werden? ˘ Wenn das Kind nicht beschlagnahmt ist, Hinweis geben, dass das Kind je nach Bestattungsgesetz 36 Stunden und mehr zu Hause bleiben kann. ˘ Offen für eine Nottaufe oder ein dem Elternwunsch entsprechendes bzw. religionsspezifisches Ritual sein. Eventuell einen Seelsorger bzw. einen Vertreter der entsprechenden Religi177
5.4 ˘ PSNV in der Praxis: Einsatzindikation Tod von Kindern
on verständigen (s. Kap. 6.14 Bräuche und Traditionen verschiedener Religionen im Kontext von Tod und Trauer). ˘ Die eigene Betroffenheit kann zum Ausdruck gebracht werden, z.B. »Mir fehlen selbst die Worte.«, »Mich macht der Tod von (Namen) selbst traurig.« ˘ Die Empfehlungen zur Obduktion aus dem Kapitel 5.4.8 (Plötzlicher Kindstod, SIDS) gelten auch für andere plötzliche Todesfälle von Kindern. ˘ Je nach Größe des Kindes beim Ruf des Bestatters einen Kindersarg anfordern. ˘ Empfehlung für weiterführende (professionelle) Hilfen aussprechen: Adressen da lassen, z.B. vom Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland e.V. (VEID). Hinweis auf die Gefahr, dass durch solch ein Ereignis eine Partnerschaft auf längere Sicht bedroht sein kann. Auch für den langfristigen, hilfreichen Umgang mit möglichen Geschwisterkindern empfiehlt sich professionelle Hilfe (s.u.). ˘ Nach Einsatzende das Rettungsteam von einem PSNV-E-Mitarbeiter anrufen lassen und sich nach dessen Befindlichkeit erkundigen.
Ve rme i de n S i e… ˘ vorhandene Schuldgefühle auszureden (s. Kap. 6.5 Schuldgefühle bei Betroffenen).
178
6.5 ˘ Praxistipps: Schuldgefühle bei Betroffenen
6.5
Schuldgefühle bei Betroffenen
Vo rbe me rku n g Mitarbeiter sind oftmals in Einsätzen mit Schuldgefühlen von Betroffenen konfrontiert. Nur in wenigen Fällen, zum Beispiel bei möglichen Unfallverursachern, geht es um eine objektive Schuld. Häufiger ist ein subjektives Schuldempfinden. Meist geht es hierbei um das Gefühl, nicht genügend getan bzw. etwas versäumt zu haben, zum Beispiel frühzeitig den Notruf abgesetzt oder ausreichend auf das Kind beim Spielen aufgepasst zu haben. Für Mitarbeiter ist es nicht einfach, ein »Ich bin schuld!« auszuhalten. Schließlich sind kurzfristige Veränderungen dieser Selbstbewertung in der Regel nicht herbeizuführen. Dieses Kapitel gibt Hilfestellungen, wie mit diesem Thema umgegangen werden kann.
Wi e kö n n e n Mita r b e it e r au f Sc h u l dge f ü h l e r eag i e r e n ? ˘ Den Blick zuerst nach innen wenden: Gibt es (vorschnelle) Bewertungen bzw. (Vor-)Verurteilungen auf Seiten des Mitarbeiters? Diese können der Begleitung im Wege stehen, wenn sie unbemerkt bleiben. ˘ Schuldgefühle nicht ausreden oder kleinreden. Ansonsten besteht die Gefahr, die Stellung als Vertrauensperson zu verlieren, da sich Betroffene nicht akzeptiert fühlen. 333
6.5 ˘ Praxistipps: Schuldgefühle bei Betroffenen
˘ Eine mögliche Funktion von Schuldgefühlen ist, dass sie Betroffene stabilisieren, eine Krücke zum Überleben darstellen (s. Fachliches). Als Mitarbeiter ist es notwendig, sich eine innere Offenheit für diesen Gedanken zu bewahren. ˘ Es ist möglich, die große Belastung durch Schuldgefühle mitzutragen, wenn vorsichtig Verständnis für diese große Belastung geäußert wird und von Verantwortung statt Schuld gesprochen wird (s. Formulierungshilfe 1). Dies auch »unabhängig davon, ob objektiv Schuld vorliegt oder nicht« (Müller-Lange 2006a, S. 80). ˘ Fragen, die das Thema betreffen und die die Betroffenen (sich) stellen, sollten stehen gelassen werden, z.B. was sie vor dem Unglücksfall hätten anders machen können, um das Geschehen zu vermeiden. ˘ Den Betroffenen bei der Suche nach einem »Schuldigen« nicht behilflich sein. Stattdessen bleibt die Orientierung am Schmerz über das Unglück und die Frage, wie es jetzt weitergehen kann, der Inhalt der Krisenintervention und der fürsorglichen Begleitung (s. Formulierungshilfe 1, Kap. 4.3.6 Betroffener sucht nach Schuldigen für seine Situation u. Kap. 4.2 Aufmerksam handeln mit dem PSNV-3-Satz). ˘ Zur Erinnerung an gute Zeiten vor Krisen und vor dem Unglück ermutigen bzw. diese fördern (s. Formulierungshilfe 2). Dies gilt insbesondere auch für
334
6.5 ˘ Praxistipps: Schuldgefühle bei Betroffenen
anwesende Kinder (s. Kap. 6.8 Begleitung von Kindern und Jugendlichen). ˘ Kinder müssen in der Regel sehr frühzeitig angesprochen werden, ob sie sich für das Unglück verantwortlich bzw. schuldig fühlen. Dies sollte möglichst immer durch die Eltern oder durch vertraute Bezugspersonen der Kinder geschehen – und nicht durch PSNV-Mitarbeiter. Kinder müssen dann von Schuldgefühlen entlastet werden. Hier gilt je nach Alter, dass Schuldempfinden wie beschrieben auch stabilisierend wirken kann (s. Kap. 6.8 Begleitung von Kindern und Jugendlichen). ˘ Es gilt besonders auf Suizidäußerungen, Selbstbestrafungswünsche oder Kurzschlussreaktionen zu achten (s. Kap. 6.6 Suizidalität von Betroffenen).
F o rmu l i e ru n gsh i l f e n 1
»Sie fühlen sich mit verantwortlich für das, was geschehen ist. Das ist sehr belastend. Und es ist vor allem sehr schmerzhaft, dass Sie Ihre Tochter verloren haben.«
2
»Möchten Sie mir erzählen, was Sie beide gemeinsam miteinander genießen konnten?«
Be gri f f l i c h ke i t e n Grundsätzlich kann in objektive (juristische) Schuld und subjektives Schuldempfinden unterschieden werden. Eine tatsächlich objektiv bestehende (juristische) Schuld kann
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Auch hilfreich für • Rettungsdienst • Polizisten • Lehrer
Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) Praxisbuch Krisenintervention 2., vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage ISBN 978-3-943174-77-9 · www.skverlag.de
Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) Praxisbuch Krisenintervention
L E I T FA D E N
A. Nikendei
Dieses Praxisbuch ist ein Leitfaden für die Begleitung von Menschen, die sich nach NotAlexander Nikendeinkamp fällen oder nach Unglücken in einer akuten Krise befinden. Für den schnellen Überblick vor und während der jeweiligen (Einsatz-)Situation gibt es Hinweise nach einem einheitlichen Schema: Was ist im Voraus zu beachten? Wie reagieren Betroffene? Was sollten Sie tun bzw. vermeiden? Welches Fachwissen ist hier relevant? Formu Alexander Nikendei, Diplomlierungshilfen unterstützen Pädagoge, Notfallsanitäter, das eigene Handeln. Praxisanleiter, bildet seit Für die Begleitung und Jahren Mitarbeiter für die Unterstützung vermittelt das Psychosoziale NotfallversorBuch zusätzlich grundlegende gung aus, war Leiter eines Kommunikations- und HandKriseninterventionsdienstes. lungskompetenzen.
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Alexander Nikendei
Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) Praxisbuch Krisenintervention 2., vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage