W. Kösters · P. Rupp
W. Kösters · P. Rupp Jede Herzrhythmusstörung ist genau beschrieben und an EKG-Bildern dargestellt und kann so exemplarisch nachgesehen und analysiert werden. Ein umfangreiches EKG-Quiz hilft, den Lernerfolg zu überprüfen, indem Fragen beantwortet und EKG-Bilder interpretiert werden können. In der vierten Auflage des Buches wurden die Therapieempfehlungen den aktuellen Leitlinien angepasst und noch stärker auf die Kompetenzen des Rettungsassistenten fokussiert. Die Algorithmen wurden aktualisiert.
Rhythmusstörungen
»Rhythmusstörungen – Kompaktwissen für den Rettungsdienst« – der EKG-Klassiker in der vierten Auflage. Es werden in dem Buch die wichtigsten Zusammenhänge zwischen EKG, Rhythmusstörung und Herzfunktion dargestellt. Mit seinen Original-EKG-Bildern ist das Werk aus der Praxis für die Praxis geschrieben. In knapper und übersichtlicher Form ist das Buch daher ideal für Rettungsassistenten und Rettungssanitäter – und natürlich für Schwes tern und Pfleger sowie Medizinstudenten. Jeder wird die spannende Interpretation von EKGs lernen oder sein Fachwissen vertiefen!
4., überarbeitete Auflage
Wolfgang Kösters · Peter Rupp
Rhythmusstörungen
Rhythmusstörungen
Kompaktwissen für den Rettungsdienst
isbn 978-3-943174-03-8 · www.skverlag.de
Kompaktwissen für den Rettungsdienst
4., überarbeitete Auflage
Rhythmusstörungen
Kompaktwissen für den Rettungsdienst von Wolfgang Kösters · unter Mitarbeit von Peter Rupp 4., überarbeitete Auflage
Verlagsgesellschaft Stumpf + Kossendey mbH · Edewecht · 2012
Anmerkungen des Verlags Die Autoren und der Verlag haben höchste Sorgfalt hinsichtlich der Angaben von Therapie-Richtlinien, Medikamentenanwendungen und -dosierungen aufgewendet. Für versehentliche falsche Angaben übernehmen sie keine Haftung. Da die gesetzlichen Bestimmungen und wissenschaftlich begründeten Empfehlungen einer ständigen Veränderung unterworfen sind, ist der Benutzer aufgefordert, die aktuell gültigen Richtlinien anhand der Literatur und der Beipackzettel zu überprüfen und sich entsprechend zu verhalten. Die Angaben von Handelsnamen, Warenbezeichnungen etc. ohne die besondere Kennzeichnung ®/™/© bedeuten keinesfalls, dass diese im Sinne des Gesetzgebers als frei anzusehen wären und entsprechend benutzt werden könnten. Der Text und/oder das Literaturverzeichnis enthalten Links zu externen Webseiten Dritter, auf deren Inhalt der Verlag keinen Einfluss hat. Deshalb kann er für diese fremden Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seite verantwortlich. Aus Gründen der Lesbarkeit ist in diesem Buch meist die männliche Sprachform gewählt worden. Alle personenbezogenen Aussagen gelten jedoch stets für Frauen und Männer gleichermaßen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über <http://www.d-nb.de> abrufbar. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen oder Textteilen, vorbehalten. Einspeicherung in elektronische Systeme, Funksendung, Vervielfältigung in jeder Form bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autoren und des Verlages. Auch Wiedergabe in Auszügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung. © Copyright by Verlagsgesellschaft Stumpf und Kossendey mbH, Edewecht 2012 Druck: M.P. Media-Print Informationstechnologie GmbH, 33100 Paderborn ISBN 978-3-943174-03-8
Inhaltsverzeichnis Vorwort Inhalt
A - Grundlagen ...........................................................................................................................................................................11
1. 2. 3. 4.
Anatomie des Herzens.......................................................................................................................................................11 Blutkreislauf.......................................................................................................................................................................13 Reizbildungs- und Reizleitungssystem des Herzens.........................................................................................................15 Normaler Sinusrhythmus und seine Auswirkung auf die normale Herzfunktion..............................................................17
B - Rhythmusstörungen .............................................................................................................................................................21 1. 2. 3. 4. 5.
Ursachen der Herzrhythmusstörung..................................................................................................................................21 Therapiegrundsätze............................................................................................................................................................23 Blockbilder bei Sinusrhythmus..........................................................................................................................................25 Respiratorische Sinusarrhythmie.......................................................................................................................................29 Extrasystolen......................................................................................................................................................................31 5.1 Supraventrikuläre Extrasystolen (SVES)...................................................................................................................31 5.2 Monotope (monomorphe) ventrikuläre Extrasystolen (VES)....................................................................................33 5.3 Polytope (polymorphe) ventrikuläre Extrasystolen...................................................................................................35 5.4 Zwei-zu-eins-Extrasystolie (VES).............................................................................................................................37 5.5 Bigeminus..................................................................................................................................................................39 5.6 Couplets, Pairs...........................................................................................................................................................41
7
8
5.7 Triplets......................................................................................................................................................................43 5.8 Salven: Vierer-, F체nfer-, Sechser- usw. (nicht anhaltende Kammertachykardie)....................................................45 5.9 Kammertachykardie.................................................................................................................................................47 5.10 Kammerflattern........................................................................................................................................................49 5.11 Kammerflimmern.....................................................................................................................................................51 5.12 Asystolie...................................................................................................................................................................53 6. Absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern (normofrequent)..............................................................................................55 7. Bradykardie........................................................................................................................................................................57 7.1 Sinusbradykardie......................................................................................................................................................57 7.2 Bradyarrhythmia absoluta........................................................................................................................................59 7.3 AV-Block I................................................................................................................................................................61 7.4 AV-Block II, Typ 1 (Wenckebach)...........................................................................................................................63 7.5 AV-Block II, Typ 2 (Mobitz)....................................................................................................................................65 7.6 AV-Block III.............................................................................................................................................................67 7.7 Sinuatrialer Block (SA-Block).................................................................................................................................69 8. Pause..................................................................................................................................................................................73 9. Ersatzsystole......................................................................................................................................................................75 10. Tachykardie........................................................................................................................................................................77 10.1 Sinustachykardie......................................................................................................................................................77 10.2 Supraventrikul채re Tachykardie (SVT).....................................................................................................................79 10.3 Vorhofflattern/Vorhoftachykardie mit resultierender supraventrikul채rer Tachykardie............................................83 10.4 Tachyarrhythmia absoluta (TAA).............................................................................................................................85 11. Elektromechanische Entkopplung (EMD - Elektromechanische Dissoziation, PEA - Pulslose elektrische Aktivit채t)....87 12. Schrittmacher-EKGs..........................................................................................................................................................89 12.1 Einleitung.................................................................................................................................................................89 12.2 Indikation zum Schrittmacher..................................................................................................................................91 12.3 Schrittmachercode....................................................................................................................................................93
12.4 VVI-Modus..............................................................................................................................................................95 12.5 AAI-Modus..............................................................................................................................................................97 12.6 DDD-Modus.............................................................................................................................................................99 12.7 VAT-Modus............................................................................................................................................................101 12.8 V00-Modus............................................................................................................................................................103 12.9 Exit-Block..............................................................................................................................................................105 12.10 Sensing-Defekt (Entrance-Block)..........................................................................................................................107
C - Medikamente . .....................................................................................................................................................................109 D - Algorithmen .........................................................................................................................................................................111 Algorithmus: AED..................................................................................................................................................................112 Algorithmus: Advanced Life Support.....................................................................................................................................113 Algorithmus: Bradykardie......................................................................................................................................................114 Algorithmus: Kardioversion...................................................................................................................................................115 Algorithmus: Tachykardie mit Puls........................................................................................................................................116 E - Quiz .................................................................................................................................................................................119 F - Register ..................................................................................................................................................................................133
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A - Grundlagen
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1. Anatomie des Herzens Das Herz ist ein Hohlmuskel, dessen Hauptaufgabe darin besteht, das Blut durch den Körper zu pumpen. Das Herz besteht aus zwei Vorhöfen, auch Atrien genannt, sowie zwei Hauptkammern, die als Ventrikel bezeichnet werden. Der linke Vorhof wird vom rechten Vorhof durch die Vorhofscheidewand getrennt, die linke Hauptkammer von der rechten Hauptkammer durch die Kammerscheidewand (Septum). Zwischen linker und rechter Herzhälfte gibt es somit normalerweise keinen direkten Austausch des Blutes. Um die Pumpleistung des Herzens effektiv gestalten zu können, verfügt das Herz über vier Herzklappen, die eine Ventilfunktion übernehmen. Jeweils eine Herzklappe befindet sich zwischen Vorhof und Herzhauptkammer. Diese Herzklappen werden als Atrioventrikularklappen oder Segelklappen bezeichnet. Die Klappe vom rechten Vorhof zur rechten Hauptkammer heißt Trikuspidalklappe (3 Segel), die Klappe zwischen linkem Herzvorhof und linker Herzhauptkammer wird als Mitralklappe (2 Segel) bezeichnet.
obere Hohlvene
Aorta
Lungenarterie
linker Vorhof (Atrium)
rechter Vorhof (Atrium)
Mitralklappe
Trikuspidalklappe untere Hohlvene
Pulmonalklappe
linke Herzhauptkammer (Ventrikel) Aortenklappe Scheidewand (Septum) rechte Herzhauptkammer (Ventrikel)
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Zwischen den großen Gefäßen und den Herzhauptkammern liegen die sogenannten Taschen- oder Semilunarklappen: Die Klappe zwischen rechter Herzhauptkammer und der großen Pulmonalarterie (Lungenschlagader) heißt Pulmonalklappe, die Klappe zwischen linker Herzhauptkammer und der großen Hauptschlagader Aortenklappe. Diese beiden Klappen bestehen jeweils aus drei halbmondförmigen Taschenklappen. Wegen des höheren Drucks im großen Körperkreislauf ist der linke Ventrikel muskelkräftiger als der rechte Ventrikel, der den kleinen Lungenkreislauf versorgt. Das Herz besteht aus drei Schichten, dem Peri- oder Epikard (Außenschicht) mit dem Perikardbeutel, dem Myokard (Muskelschicht) und dem Endokard (Herzinnenschicht). Das normale Herzgewicht liegt bei ca. 300 Gramm. Die normale Pumpleistung des Herzens beträgt ca. 5 Liter pro Minute. Die Blutversorgung des Herzens erfolgt über die sogenannten Herzkranzarterien, die direkt hinter der Aortenklappe aus der Aorta als linke und rechte Herzkranzarterie entspringen. Über diese Herzkranzgefäße wird das Herz mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.
Hauptschlagader
Lungenarterie
obere Hohlvene (V. cava superior)
Lungenvenen (Venae pulmonales) rechte Herzkranzarterie Ast der linken Herzkranzarterie
untere Hohlvene (V. cava inferior)
Herzspitze
2. Blutkreislauf Wir beginnen unsere Betrachtung des Blutkreislaufes an einer kleinen Unterarmvene. Von hier führt der zunächst langsame Blutfluss über die immer größer werdenden Venen des Armes in die Schlüsselbeinvene (Vena subclavia), von wo aus das Blut in einem schon etwas schnelleren Fluss in die obere Hohlvene (Vena cava superior) mündet. Durch die Sogwirkung des Herzens wird der Blutfluss etwas unregelmäßig und ruckartig und führt in den rechten Vorhof. Aus der unteren Körperhälfte wird das Blut über die untere Hohlvene (Vena cava inferior) ebenfalls in den rechten Vorhof transportiert. Vom rechten Vorhof gelangt das Blut nach Öffnung der dreisegligen Trikuspi dalklappe in den rechten Ventrikel. Dieser Einstrom erfolgt überwiegend passiv durch die Sogwirkung des rechten Ventrikels, teils aktiv durch die Vorhofkontraktion. Um einen Rückfluss des Blutes zu verhindern, schließt sich die Trikuspidalklappe. Nach dem Öffnen der Pulmonalklappe und der Kontraktion (Muskelverkürzung) des rechten Ventrikels wird das Blut in die große Lungenarterie (Arteria pulmonalis) gepumpt. Die großen Lungenarterien verzweigen sich in immer kleiner werdende Lungenarteriolen, bis sie schließlich in die Lungenkapillaren münden. An dieser Stelle besteht ein Kontakt zu den Lungenalveolen (Lungenbläschen), sodass hier der Austausch von Kohlendioxid und Sauerstoff stattfinden kann. Da die Lungenkapillaren sehr dünn sind und teilweise den Durchmesser eines roten Blutkörpers unterschreiten, ist der Blutfluss in diesem Bereich sehr langsam. Nachdem das mit Sauerstoff angereicherte Blut in die Lungenkapillarvenen übergetreten ist, erreicht es über die Lungenvenolen und die immer größer werdenden Lungenvenen die großen Pulmonalvenen, die in den linken Vorhof münden.
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Halsschlagader Schlüsselbeinschlagader Schlüsselbeinvenen obere Hohlvene Lungenarterien
Armschlagader
Hauptschlagader
Lungenvenen
untere Hohlvene Bauchschlagader Beckenschlagader
Handvenen Beinschlagader
Knieschlagader
Unterschenkelvenen
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Ähnlich wie auf der rechten Herzseite gelangt das Blut nach dem Öffnen der zweisegligen Mitralklappe in die linke Herzhauptkammer. Nach dem Schließen der Mitralklappe und dem Öffnen der Aortenklappe bei gleichzeitiger Kontraktion des Ventrikels wird das Blut in die Hauptschlagader (Aorta) gepresst. Der erste Abgang aus der Aorta sind die linke und rechte Herzkranzarterie. Aus dem Aortenbogen erfolgt – zunächst aus einem Gefäß (Truncus brachiocephalicus) – die Blutversorgung des rechten Armes (Schlüsselbeinschlagader) und der rechten Hals- und Kopfseite (Halsschlagader), dahinter entspringen getrennt voneinander die großen Gefäße für die linke Hals- und Kopfseite sowie für den linken Arm aus dem Aortenbogen. Über die absteigende Aorta (Aorta descendens) gelangt das Blut in die Bauchschlagader (Aorta abdominalis). Aus ihr entspringen die Arterien für die Versorgung der gesamten Bauchorgane. Im Becken teilt sich die Hauptschlagader in die linke und rechte Beckenschlagader (Arteria iliaca). Danach fließt das Blut über die Beinschlagader (Arteria femoralis), die Knieschlagader (Arteria poplitea) in die Unterschenkelmuskulatur. Hier erfolgt wie überall im Körper die Aufteilung in kleinere Arterien (Arteriolen) bis hin in die zunächst arteriellen, später venösen Kapillaren. Im Kapillarnetz werden der Sauerstoff abgegeben und Kohlendioxid sowie Abfallstoffe aus der Muskulatur aufgenommen. Der Weg zurück zum Herzen erfolgt über die immer größer werdenden Venolen und Venen, bis hin zur oben erwähnten unteren Hohlvene (Vena cava inferior). Im rechten Vorhof mischt sich das Blut der unteren mit dem der oberen Körperhälfte und der Blutkreislauf beginnt von Neuem. Die Bezeichnungen »Vene« und »Arterie« seien an dieser Stelle nochmals erläutert: Das Blut in Arterien fließt vom Herzen weg, Venen führen es zum Herzen hin. Mit der Sauerstoffbeladung der Erythrozyten (rote Blutkörper) haben die Bezeichnungen »Arterie« und »Vene« nichts zu tun. So transportiert die Arteria pulmonalis sauerstoffarmes Blut vom rechten Herzen zur Lunge, die Vena pulmonalis sauerstoffreiches Blut von der Lunge zum linken Herzen.
3. Reizbildungs- und Reizleitungssystem des Herzens (A) Sinusknoten Der Sinusknoten ist das primäre, selbstständig agierende Automatiezentrum des Herzens und gibt Impulse in einer Frequenz von 60 bis 80 pro Minute ab. Er liegt zwischen der Einmündung der oberen Hohlvene und dem rechten Vorhof und misst ca. 15 x 10 x 3 mm. Der Sinusknoten ist nicht willentlich kontrollierbar. Er wird vom vegetativen (autonomen) Nervensystem beeinflusst, das ebenfalls nicht willentlich steuerbar ist. Wir unterscheiden den Sympathikus und den Parasympathikus als Teile des vegetativen Nervensystems. Der Sympathikus bewirkt einen schnelleren, der Parasympathikus einen langsameren Herzschlag. (B) Vorhofbündel Die Vorhofbündel haben die Funktion, die Information des Sinusknotens an das Vorhofmyokard weiterzugeben und den nachfolgenden Strukturen des Reizleitungssystems zuzuleiten. Derzeit geht man von drei spezialisierten Vorhofleitungsbahnen im rechten Vorhof und einer zum linken Vorhof aus.
15 B
A
C H
D i
F G
G
E
(C) AV-Knoten Der AV-Knoten hat die Aufgabe, die Informationen aus dem Vorhof zu sammeln, kurzfristig »abzubremsen« und dann an die Struktur D (His-Bündel) weiterzuleiten. Die Verzögerung im AV-Knoten beträgt ca. 100 ms, wodurch bewirkt wird, dass nicht alle tachykarden Reize, die vom Atrium ausgehen (Vorhoftachykardie, Vorhofflattern, Vorhofflimmern), auf den Ventrikel übergeleitet werden. Darüber hinaus ist der AV-Knoten sekundäres Automatiezentrum, er ist in der Lage, bei Ausfall des Sinusknotens das Herz mit einer Frequenz um 40 bis 50 pro Minute zu steuern. Er liegt an der rechten Vorhofwand, nahe am Übergang zur Kammerscheidewand. (D) His-Bündel Das His-Bündel hat die Aufgabe, die Information des AV-Knotens an die Strukturen E und F (rechter und linker Tawara-Schenkel) sehr schnell weiterzuleiten. Es verläuft an der oberen Kammerscheidewand.
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Absolute Arrhythmie 40 – 100/min bei Vorhofflimmern
Vorhoftachykardie mit wechselnder teils 2:1-Überleitung mit Frequenzen bis zu 120/min
Absolute Arrhythmie 70 – 150/min bei Übergang von Vorhofflattern zu Vorhofflimmern
6. Absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern (normofrequent) Monitor: Unruhige Nulllinie. Kein P erkennbar. Meist normal geformte QRS-Komplexe in unregelmäßigen Abständen. Akustik: Deutlich unregelmäßige akustische Signale. Störung: Unregelmäßige Erregung im Vorhof. Die normale Steuerung über den Sinusknoten findet nicht statt. Die Überleitung der Vorhoferregung auf das His-Bündel ist unregelmäßig. Hämodynamik: Durch die fehlende aktive Vorhofentleerung in der Diastole ist die Kammerfüllung um ca. 25 % vermindert. Hieraus ergibt sich eine verminderte Auswurfleistung in der Systole. Der Puls ist unregelmäßig, oft auch unterschiedlich stark zu tasten. Therapie: Präklinisch nicht erforderlich. Klinisch wird je nach Dauer der absoluten Arrhythmie und anatomischen Voraussetzungen (Vorhofgröße) eine Rückführung in den Sinusrhythmus angestrebt. Bei Vorhofflimmern (Frequenz 350 bis nicht messbar) ist die Nulllinie zwischen den QRS-Komplexen völlig unregelmäßig, bei Vorhofflattern entsteht ein sägezahnartiges Bild (Frequenz um 300 pro Minute), die Überleitung ist oft in einem bestimmten Verhältnis blockiert, sodass die resultierende Frequenz regelmäßig erscheint (z.B. 4:1-Überleitung). Der absoluten Arrhythmie liegt meist eine organische Herzerkrankung zugrunde (oft Mitralklappendefekte mit vergrößertem linken Herzvorhof). Im Rahmen der absoluten Arrhythmie kann es zu Links- oder Rechtsschenkelblockbildern kommen. In diesem Fall erscheinen unregelmäßig deformierte QRS-Komplexe. Die Herzfrequenz wird bei absoluter Arrhythmie entweder mit »ca.« oder »von / bis« angegeben, da eine Regelmäßigkeit fehlt.
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Sinusbradykardie 35/min
Sinusbradykardie 28/min
7. Bradykardie Als Bradykardie wird ein Herzschlag unter 60 pro Minute bezeichnet. Für den Rettungsdienst bedeutsame Bradykardien liegen unter ca. 40 Schlägen pro Minute, relevant ist jede durch Bradykardien ausgelöste kardiozirkulatorische Depression.
7.1 Sinusbradykardie Monitor: Regelmäßiges P, regelmäßige Überleitung auf den normal geformten QRS-Komplex mit einer Frequenz unter 60 pro Minute. Akustik: Regelmäßige, langsame akustische Wiedergabe der QRS-Komplexe. Störung: Übererregung des Parasympathikus. Überdosierung von antiarrhythmischen Medikamenten. Selten Zeichen einer fortgeschrittenen organischen Schädigung. Hämodynamik: Bei langer Diastole kommt es zu einer guten Kammerfüllung, sodass die Auswurfleistung der einzelnen Systole bei einer Bradykardie oft erhöht ist. Bei jeder Aktion ist ein peripherer Puls tastbar. Therapie: Im Regelfall aufgrund der Rhythmusstörung nicht erforderlich. Sollte eine Sinusbradykardie ohne erkennbare Grunderkrankung hämodynamisch relevant sein, besteht die Möglichkeit, mit Atropin oder Ipratropiumbromid eine medikamentöse Pulsbeschleunigung zu erzielen. Als Reservemedikament steht Orciprenalin zur Verfügung, welches wegen seiner proarrhythmogenen Wirkung nur über Perfusor zu verabreichen ist. Gegebenenfalls ist eine perkutane Schrittmachertherapie erforderlich.
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Bradyarrhythmia absoluta bis 31/min bei Vorhofflimmern. N = normaler QRS-Komplex
Bradyarrhythmia absoluta bis 25/min bei Vorhofflimmern. N = normaler QRS-Komplex
Bradyarrhythmia absoluta bis 25/min bei Vorhofflimmern
7.2 Bradyarrhythmia absoluta Monitor: Unregelmäßige Nulllinie, unregelmäßige Überleitung, unregelmäßige, langsame, normal geformte QRS-Komplexe. Akustik: Unregelmäßige, langsame Signale. Störung: Siehe absolute Arrhythmie. Hämodynamik: Siehe absolute Arrhythmie. Therapie: Medikamentös: Atropin, Ipratropiumbromid, gegebenenfalls Orciprenalin-Perfusor. Bei deutlicher Kreislaufdepression gegebenenfalls perkutane Schrittmachertherapie. Bei absoluter Arrhythmie sind vereinzelte RR-Abstände bis zu 2,5 Sekunden noch als normal zu werten. Auch im Rahmen der absoluten Arrhythmie kann es zu Links- oder Rechtsschenkelblockbildern kommen, sodass in diesem Fall unregelmäßig deformierte QRS-Komplexe erscheinen.
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Algorithmus: Bradykardie
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• Untersuchung wie beim ABCDE-Vorgehen • Sauerstoffgabe und venösen Zugang sicherstellen • EKG, Blutdruck, SpO2 überwachen, 12-Kanal-EKG • Reversible Ursachen abklären und behandeln (z.B. Elektrolytstörung)
instabil
Auf bedrohliche Zeichen prüfen: 1. Schock 2. Synkope 3. myokardiale Ischämie 4. Herzinsuffizienz
stabil
Atropin 0,5 mg i.v. ausreichende Reaktion nein
ja ja
Überbrückungsmaßnahmen: • Atropin 0,5 mg i.v. wiederholt bis max. 3 mg • Isoprenalin 0,5 µg/min • Adrenalin 0,2 – 1 µg/min • alternative Pharmaka* oder • transkutaner Schrittmacher
!
Expertenrat einholen
*Alternativen: • Aminophyllin • Dopamin • Glukagon (bei Intoxikation) mit Beta-Rezeptoren-Blockern oder Kalziumantagonisten • Glykopyrrolat kann statt Atropin verwendet werden
Gefahr der Asystolie? • kürzlich Asystolie • AV-Block Mobitz II • totaler AV-Block mit breitem QRS-Komplex • ventrikuläre Pausen > 3 sec
nein
beobachten
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Algorithmus: Kardioversion Instabile Tachykardie
Ventrikuläre Frequenz > 150 Vorbereitung zur sofortigen Kardioversion Eventuell kurzer Versuch antiarrhythmischer Medikation Sofortige Kardioversion ist bei Frequenzen < 150 selten indiziert.
Überprüfen von • Sauerstoffsättigung • i.v. Zugang • Absaugeinheit • Intubationsausrüstung
Prämedikation wenn möglich1
Synchronisierte Kardioversion 2 VT3 PSVT4 monophasisch Vorhofflimmern 100 J. 200 J. 300 J. 360 J2 4 Vorhofflattern
1 Eine effektive Behandlung beinhaltet eine Analgosedierung (z.B. Midazolam, Etomidate, Fentanyl o.ä.). 2 Bei Verschlechterung des Patientenzustandes und den entsprechenden klinischen Zeichen – sofortige unsynchronisierte Defibrillation. 3 Behandlung polymorpher VT (ungeordnete Form und Frequenz) wie Kammerflimmern. 4 Bei PSVT und Vorhofflattern zeigen oft auch niedrigere Energiedosen Wirkung (mit 50 J beginnen). Bipolare Energien sind abhängig von der je nach Hersteller unterschiedlichen Stromkurvenform. Den Herstellerempfehlungen ist hier zu folgen. Energien von 70 – 120 J biphasisch werden hier eingesetzt.
W. Kösters · P. Rupp
W. Kösters · P. Rupp Jede Herzrhythmusstörung ist genau beschrieben und an EKG-Bildern dargestellt und kann so exemplarisch nachgesehen und analysiert werden. Ein umfangreiches EKG-Quiz hilft, den Lernerfolg zu überprüfen, indem Fragen beantwortet und EKG-Bilder interpretiert werden können. In der vierten Auflage des Buches wurden die Therapieempfehlungen den aktuellen Leitlinien angepasst und noch stärker auf die Kompetenzen des Rettungsassistenten fokussiert. Die Algorithmen wurden aktualisiert.
Rhythmusstörungen
»Rhythmusstörungen – Kompaktwissen für den Rettungsdienst« – der EKG-Klassiker in der vierten Auflage. Es werden in dem Buch die wichtigsten Zusammenhänge zwischen EKG, Rhythmusstörung und Herzfunktion dargestellt. Mit seinen Original-EKG-Bildern ist das Werk aus der Praxis für die Praxis geschrieben. In knapper und übersichtlicher Form ist das Buch daher ideal für Rettungsassistenten und Rettungssanitäter – und natürlich für Schwes tern und Pfleger sowie Medizinstudenten. Jeder wird die spannende Interpretation von EKGs lernen oder sein Fachwissen vertiefen!
4., überarbeitete Auflage
Wolfgang Kösters · Peter Rupp
Rhythmusstörungen
Rhythmusstörungen
Kompaktwissen für den Rettungsdienst
isbn 978-3-943174-03-8 · www.skverlag.de
Kompaktwissen für den Rettungsdienst
4., überarbeitete Auflage