lungs- und Transportsichtung, Raumordnung und Schnittstellen haben bis heute so gut wie keine Berücksichtigung in den Veröffentlichungen gefunden. Jeder RA/NotSan muss durch seine Ausbildung in der Lage sein, auch eine Patientenablage taktisch führen zu können. Die Praxis zeigt aber leider das Gegenteil. Mit diesem SEGmenteHeft soll eine Lücke geschlossen und dem eingesetzten Rettungsdienstpersonal sowie den Führungskräften ein Hilfsmittel aus der Praxis für den Einsatz an die Hand gegeben werden.
SEGmente 12 Die Patientenablage
ISBN 978-3-943174-26-7 · www.skverlag.de
Materialachse
Ausgang
Im »Werkzeugkasten«, der den Führungskräften bei einem Massenanfall von Verletzten zur Verfügung steht, ist die Patientenablage eines der wichtigsten Werkzeuge. Die meisten Einsätze in Deutschland werden mit dieser Einsatzstruktur abgearbeitet. Im Gegensatz zum Behandlungsplatz, der in der Literatur breit beschrieben ist und regelmäßig beübt wird, gibt es bis heute keine befriedigenden Veröffentlichungen zur Patientenablage. Die Themen wie Einsatztaktik, Führungsaufgaben, Behand-
Eingang
K. Maurer, Th. Mitschke (Hrsg.) F. Brüne, W. Polheim, D. Kalff, W. Lenz
K. Maurer, Th. Mitschke (Hrsg.) F. Brüne, W. Polheim, D. Kalff, W. Lenz
SEGmente 12 Die Patientenablage
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Herausgeber:
laus Maurer K Thomas Mitschke
Mitbegründer: Hanno Peter ✝
Band 12
Die Patientenablage
Fritjof Brüne, Wolfram Polheim, Daniel Kalff, Wolfgang Lenz
Verlagsgesellschaft Stumpf & Kossendey mbH, Edewecht 2014
5
Inhalt Geleitwort
9
1
Einleitung
11
2
Führung
13
2.1 Führungsaufgaben
15
2.2 Benennung von Einsatzabschnitten
18
3
20
Einsatztaktik / Patientenablagearten
3.1 Spontan gebildete Patientenablage
3.2 Strukturiert aufgebaute Patientenablage
20 25
3.3 Vorgeplante / im Vorfeld aufgebaute Patientenablage 27 3.4 Personal- und Materialansatz
29
4
Raumordnung
32
5
Schnittstellen der Patientenablage
41
5.1 Schnittstelle Patientenablage / Führungseinheit
42
5.2 Schnittstelle Patientenablage / Transportorganisation 43 5.3 Schnittstelle Patientenablage / Patientenablage
44
6
Sichtung und Vorsichtung
46
6.2 Sichtung als notwendige Maßnahme
47
5.4 Schnittstelle Patientenablage / Behandlungsplatz
6.1 Sichtungskategorie Blau
6.3 Sichtung von Patient zu Patient – Spontan gebildete Patientenablage
6.4 Sichtung an einer Sichtungsstelle – Strukturiert aufgebaute Patientenablage
6.5 Sichtung an einer vorgeplanten Patientenablage (Sanitätsdienst)
44
47
52 53 54
6 6.6 (Vor-)Sichtungsalgorithmen
56
6.7 Ausrüstung zur Sichtung
56
7
Medizinische Maßnahmen
58
8
Personal und Material
65
8.1 Personal zur Erstversorgung
8.2 Material
8.3 Gerätewagen Sanitätsdienst
8.4 Einsatzwert von Fahrzeugen, die in die Erstversorgung eingebunden sind
9
Checklisten und Dokumentation
9.1 Dokumentations- / Sichtungskartensysteme
9.2 Wie viel Dokumentation ist notwendig?
9.3 Dokumentation als politisches Bedürfnis!
9.4 Was muss dokumentiert werden?
9.5 Dokumentation von Patienten und Einsatzkräften
9.6 Patienten mit Transportpriorität
65
67
68 69
70 70
72
72 73 74
76
9.7 Checkliste für den Führer der Patientenablage
79
10 Ausbildung
81
11 Übungen
87
11.2 Teilübung / kleinere Lagen
90
12 Ausblick
96
Autoren
98
11.1 Vollübungen
11.3 Simulationsübungen
Abbildungsnachweis
87
92
100
7
Abkürzungen AB-MANV Abrollbehälter MANV AB-Rett
Abrollbehälter Rettungsdienst
AKNZ
Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz
BBK
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
BHP
Behandlungsplatz
DIN 13050 Deutsches Institut für Normung – Norm 13050 Rettungswesen – Begriffe DRK
Deutsches Rotes Kreuz
DV 100
Dienstvorschrift 100 – Führung und Leitung im Einsatz
EKG
Elektrokardiogramm
ELW
Einsatzleitwagen
ERC
European Resuscitation Council
GSG 9
Grenzschutzgruppe 9 (der Bundespolizei)
GW-SAN
Gerätewagen Sanitätsdienst
IdF
Institut der Feuerwehr (NRW)
KTW
Krankentransportwagen
Ladezone Abstellort der Rettungsmittel zur Patientenübernahme (ehemals Rettungsmittelhalteplatz) LNA
Leitender Notarzt
MANV
Massenanfall von Verletzten und Erkrankten
MedEvac
MEDical EVACuation
MHD
Malteser Hilfsdienst
MTF
Medizinische Task Force
NA
Notarzt
NEF
Notarzt-Einsatz-Fahrzeug
NotSan
Notfallsanitäter
NRW
Nordrhein-Westfalen
OrgL
Organisatorischer Leiter Rettungsdienst
P
Praxis/Praktikum
PA
Patientenablage
PT-Z
Patienten-Transport-Zug
RA
Rettungsassistent
20
3 Einsatztaktik / Patientenablagearten Nach der DIN 13050 (»Rettungswesen Begriffe«) ist eine Patientenablage »eine Stelle an der Grenze des Gefahrenbe reichs, an der Verletzte oder Erkrankte gesammelt und so weit möglich erstversorgt werden« (1). Je nach Lage können grundsätzlich drei Arten von Patientenablagen unterschie den werden: ˘ spontan gebildete Patientenablagen ˘ strukturiert aufgebaute Patientenablagen ˘ vorgeplante/im Vorfeld aufgebaute Patienten ablagen. Im Folgenden sollen die drei Patientenablagearten anhand von Beispielen erläutert werden.
3.1 Spontan gebildete Patientenablage Beispiel: Ein Eisenbahnzug entgleist während der Durchfahrt durch einen Bahnhof. Es gibt unverletzte, leicht verletzte und schwer verletzte Personen. Einige Personen sind eingeschlossen oder eingeklemmt. Versetzt man sich in die Situation eines unverletzten oder leicht verletzten Reisenden, so wird dieser so schnell wie möglich versuchen den Zug zu verlassen bzw. aus diesem herauszuklettern. Draußen angekommen, wird er sich nach einem verhältnismäßig sicheren Aufenthaltsort umsehen, da er von der Möglichkeit ausgehen muss, dass beispielsweise ein weiterer Zug auf den verunfallten Zug auffährt. Im Bahnhofsbereich bietet sich hierfür der vorhandene Bahnsteig an – umso mehr, da dieser Ort am Bahnhof im Gegensatz zum Gleisbett der Vertrauteste ist. Da etliche Reisende ebenso denken, entwickelt sich der Bahnsteig sozusagen zum «Kondensationspunkt«. Dieser Effekt verstärkt sich noch, wenn sich auf dem Bahnsteig bereits unverletzte Personen aus dem Zug befinden, denen sich der Reisende »anschließen kann« und mit denen er das gerade Erlebte besprechen kann. Andere Verletzte wer-
21 den sich – soweit möglich – ebenfalls zu dieser Menschengruppe bewegen, da sie die Hoffnung haben, dass ihnen dort geholfen werden kann. Ist ein Reisender in der Lage, Erste Hilfe oder Sofortmaßnahmen an verletzten Mitreisenden durchzuführen, so wird er dies lieber in der Gruppe machen als allein und isoliert. Die Konsequenz: Einzelne verletzte Personen werden ebenfalls zum Bahnsteig gebracht. So entsteht und wächst die Patientenablage.
Diese Darstellung bezieht sich auf die Zeit vor dem Eintref fen der ersten Rettungskräfte und ist in keinem Fall ab schließend oder vollständig. Selbstverständlich werden ei nige Reisende so verstört sein, dass sie diesem Denkschema nicht folgen werden. Darüber hinaus gibt es Personen, die gar nicht die Chance haben, sich zu dieser selbst gebildeten Patientenablage zu bewegen, da sie beispielsweise einge klemmt, eingeschlossen oder bewusstlos sind. Die ersteintreffenden Rettungskräfte stehen nun vor der Herausforderung, diese sich selbst gebildeten Patienten ablagen zu erkennen. Dabei sollte man sich jedoch nicht von Luftaufnahmen oder Übungen an einer Planspielplat te täuschen lassen: »steht man mitten im Geschehen« und hat nicht die Vogelperspektive, erfordert das Erkennen der bereits gebildeten Patientenablage eine sehr genaue räum liche Erkundung. Diese ist jedoch aufgrund der Ausdeh nung, der teilweise erheblich erschwerten Zugangsbedin gungen und aufgrund der Unübersichtlichkeit insgesamt sehr schwierig. Nach dem Erkennen der Patientenablagen ist durch die dort tätigen Einsatzkräfte das Umfeld auf evtl. weitere Personen abzusuchen. Parallel dazu müssen sich die Einsatzkräfte einen Überblick über Anzahl und Sich tungskategorien der vorgefundenen Patienten verschaf fen. Dabei müssen auch evtl. notwendige lebensrettende Handgriffe (Freimachen von verlegten Atemwegen, Stil lung von lebensbedrohlichen Blutungen) durchgeführt wer den. Nach entsprechender Rückmeldung an die nächst hö
22 here Führungsebene, ist die Entscheidung zu treffen, ob die Patientenablage zum einen nicht im Gefahrenbereich liegt und zum anderen in der vorgefundenen Größe »beherrsch bar« ist, oder evtl. unterteilt werden muss.
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Abb. 1 ˘ Spontan gebildete Patientenablage, Situation vor Eintreffen der ersten Einsatzkräfte Ereignet sich der beschriebene Zugunfall nicht im Bahnhofs bereich, sondern auf freier Strecke, so fallen u. U. die oben be schriebenen »Kondensationspunkte« (= Bahnsteige) weg. Hier können sich dann gegebenenfalls diffuse Menschen ansammlungen bilden, die sich über die gesamte Zuglänge erstrecken – ohne markante Ansammlungen oder Lücken. Ist dies der Fall, muss diese »Großpatientenablage« für je den erkennbar in »beherrschbare«, kleinere Patientenabla gen unterteilt werden. Dies kann beispielsweise durch Flat terband, durch eine Feuerwehrleine oder durch Feuerwehr schläuche erfolgen. Wichtig dabei ist, dass die Grenzen deut lich sind und dass diese auch mit den Führern der einzelnen Patientenablagen klar kommuniziert werden.
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Abb. 2 ˘ Große spontan gebildete Patientenablage, die von Einsatzkräften in zwei »beherrschbare« Patienten ablagen unterteilt wurde Eine Strukturierung einer vorgefundenen Patientenabla ge nach Sichtungskategorien (die Roten hier, die Gelben da, die Grünen dort) oder nach einer mittig angeordneten Ma terialachse mit beidseits davon aufgereihten Patienten ist zwar wünschenswert, aufgrund der mangelnden Personal ressourcen in der Frühphase des Einsatzes aber überhaupt nicht machbar. Hier suggerieren Planspiele oder Planübun gen an Whiteboards eine einfache und schnelle Verlage rung und Sortierung der kleinen Patientenkärtchen, die in der Realität aber (Patienten i. d. R. 75 - 100 kg!) mit dem vor handenen Personal in keiner Weise umsetzbar ist, zumal die Einsatzkräfte ganz wesentlich mit den Maßnahmen »Sich tung« und »lebensrettende Handgriffe« gebunden sind. Eine Möglichkeit, eine spontan gebildete Patientenab lage in der Frühphase in gewisser Weise zu ordnen, gibt es jedoch: Durch die »aktive Mitarbeit« von unverletzten oder
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4 Raumordnung
Materialachse
Ausgang
Eingang
Betrachtet man die historische Entwicklung von einer Verletztenablage hin zu einer Patientenablage, so muss man sich mit der Raumordnung in der Patientenablage neu auseinandersetzen. In der Literatur wurde die Patientenablage als ein Platz mit getrenntem Ein- und Ausgang, zwei Reihen von Tragen und einer Materialachse in der Mitte beschrieben (s. Abb. 7) (1).
Abb. 7 ˘ Schematische Darstellung einer Patientenablage nach Weidringer/Peter Ein Grund für diese rudimentäre Beschreibung war lange Zeit die Lehrmeinung, dass die Patienten erst auf den Behandlungsplätzen transportfähig gemacht werden können. Eine Herstellung der Transportfähigkeit in den Ablagen war fast undenkbar. Ebenso ein direkter Transport eines Patienten aus der Ablage ins Krankenhaus. Beides wurde mittlerweile aber in einer Vielzahl von Einsätzen durchgeführt und ist gängige Praxis. Eine notfallmedizinische Versorgung der
33 Patienten in der Ablage ist mittlerweile ebenso Standard wie ein früher Abtransport von kritischen Patienten (z. B. unkontrollierte Blutung in den Bauchraum) (2). Hinsichtlich der Änderungen in der Einsatztaktik muss auch die Raumordnung in der Patientenablage neu betrachtet werden. Es muss aber immer bedacht werden, dass eine spontan gebildete Patientenablage evtl. nur auf Kosten von Menschenleben in der Frühphase strukturiert werden kann (s. KAP. 3). Für eine notfallmedizinische Versorgung wird ein entsprechender Platz (mehr Personal und mehr Material direkt am Patienten) benötigt. Ebenso darf die Versorgung nicht durch Patiententransporte innerhalb der Patientenablage beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund ist auch ein entsprechender Raum für eine Transportgasse zu berücksichtigen.
Abb. 8 ˘ Aufbau einer strukturierten Patientenablage während einer Übung ohne Nutzung des zur Verfügung stehenden Platzes (Foto: DRK Kreisverband Euskirchen)
34
Abb. 9 ˘ Die Patientenablage wurde mit den ersten Patienten »bestückt«. Eine Transportgasse für Patiententransporte fehlt. Da immer mehr Helfer eingesetzt werden, wird es zunehmend enger. Stolperstellen durch herausstehende Tragegriffe wurden vermieden (Foto: DRK Kreisverband Euskirchen). Ein Vorschlag mit definierten Raummaßen zur Raumordnung in der Patientenablage ist im »Taktischen Arbeitsblatt« (3) des Instituts der Feuerwehr Nordrhein-Westfalen (IdF) zu finden. Hier wird ein Platzbedarf von 3 m x 3 m pro Patient und eine Transportgasse von mindestens 4 m Breite empfohlen (s. Abb. 10). Je nach den räumlichen Gegebenheiten an der Einsatzstelle kann es vorkommen, dass für so eine »schöne und große« Patientenablage der Platz fehlt. Diese Raummaße beschreiben ein Optimum, von dem natürlich lagebedingt abgewichen werden kann und darf. Steht aber ausreichend Platz zur Verfügung, sollte man diesen auch nutzen! Als ein alltägliches Beispiel für ein Raummanagement dient das Mega-Code-Training. Hier lernen die Teilnehmer eben-
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Platzbedarf pro Pat. 3 x 3 m (9 m2) Transportgasse (Breite 4 m)
Abb. 10 ˘ Patientenablage nach dem Taktischen Arbeitsblatt IdF NRW (3) (Platzbedarf pro Patient 3,0 m x 3,0 m = 9,0 m2, Breite Transportgasse > 4,0 m) falls, den zur Verfügung stehenden Raum auszunutzen. Es hat keinen Sinn, einen Patienten in einem 1 m x 2 m großen Raum (z. B. WC) zu reanimieren, wenn direkt ein großer Raum mit ausreichend Platz anschließt. Ebenso müssen die Rettungsdienstler in der Lage sein, auch in beengten Platzverhältnissen die entsprechenden Maßnahmen durchzuführen. Die Raumordnung in einer Patientenablage kann ähnliche Probleme aufweisen.
36 Beispiel 1: Bei der Reanimation nach dem Mega-Code-Algorithmus (vergleichbar mit der notfallmedizinischen Versorgung eines roten Patienten beim MANV) wird für das Personal (2 Helfer) und die Ausrüstung (Notfallkoffer, EKG, Sauerstoffeinheit und Absaugung) insgesamt eine Fläche von 2,5 m x 2 m benötigt. Der Platz für weitere Helfer (die später die Versorgung unterstützen) ist nicht gegeben.
Abb. 11 ˘ Platzbedarf bei einer Reanimation mit entsprechendem Material und zwei Helfern.
Beispiel 2: Kommt zum Personalansatz von den zwei Helfern aus Beispiel 1 ein weiterer Helfer hinzu (z. B. ein Notarzt) wird für diesen weiterer Platz benötigt. Damit alle Helfer gleichzeitig den Patienten versorgen können und sich dabei nicht gegenseitig behindern, werden mindestens 2,5 m x 3 m an Platz benötigt.
Abb. 12 ˘ Platzbedarf bei einer Reanimation mit entsprechendem Material und drei Helfern.
37 Beispiel 3: Sollen Patienten direkt an der Patientenablage immobilisiert werden, wird ebenfalls weiterer Platz für die Vorbereitung von Spineboard, Schaufeltrage oder Vakuummatratze und die Umlagerung benötigt. Hier sind 3 m x 3 m schon als Mindestansatz zu sehen.
Abb. 13 ˘ Platzbedarf bei der Versorgung eines traumatisierten Patienten mit entsprechendem Material (inkl. Material für eine Immobilisation) und vier Helfern.
Ein wesentlicher Nachteil bei großen Patientenablagen ist, dass die Notärzte sich viel mehr in der Patientenablage bewegen müssen und nicht mehr so viele Patienten gleichzeitig beobachten können. Unter Berücksichtigung der oben genannten Beispiele und der Empfehlung aus NRW wird für die Praxis folgendes vereinfachtes Modell vorgeschlagen (s. Abb. 16). Ein Platzbedarf von 3 m x 3 m pro Patient und eine Transportgasse (inkl. Materialachse) von mindestens 4 m ist für eine notfallmedizinische Versorgung innerhalb der Patientenablage notwendig. Die Köpfe der Patienten sollten zur Materialachse zeigen. So kann man schnell noch benötigtes Material von der Materialachse an den Kopf weitergeben. Liegen die Patienten mit den Füßen zur Transportgasse ist dieser Weg 2 m weiter. In der Praxis lassen sich die Raummaße einfach durch die Positionierung der Tragen in einem Seitenabstand von 2 m und einem Kopfabstand von 6 m verwirk-
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7 Medizinische Maßnahmen Die ersten medizinischen Maßnahmen in der Patientenablage werden bereits durch die lebensrettenden Handgriffe der Blutstillung und der Beseitigung von Atemwegsverlegungen im Rahmen der Vorsichtung und Sichtung ergriffen. Besonders in der Frühphase (die ersten 30 Minuten) des Einsatzes wird der weitere Umfang der medizinischen Maßnahmen schwerpunktmäßig durch die zur Verfügung stehenden Material- und Personalressourcen beeinflusst. Ist die Ursache für den MANV ein lokales Akutereignis (Busunfall, Brand, Tränengaseinsatz…), werden nur bestimmte Materialien und Medikamente benötigt. Die Bevorratung dieser Materialien ist jedoch in den Rettungsmitteln des Regelrettungsdienstes auf die Versorgung von einem oder zwei Patienten ausgelegt. Oft geraten die Einsatzkräfte schon bei der Anwendung einfacher Standardmaßnahmen bei einer Vielzahl von Patienten an die Grenze der materiellen Umsetzbarkeit. Als Beispiel stellen wir uns einen Wohnhausbrand in einem Mehrfamilienhaus mit 18 beteiligten Personen vor, wobei nach Angaben des Notarztes neun Patienten jeweils zwei Liter Sauerstoff über eine Nasensonde und eine Infusion über einen periphervenösen Zugang erhalten sollen. Vor Ort befinden sich zwei RTW und ein NEF. Ein weiterer RTW wird in Kürze eintreffen. Um der Feuerwehr ausreichend Entwicklungsfläche zu bieten und ein problemloses An- und Abrücken zu ermöglichen, werden die Rettungsdienstfahrzeuge ca. 70 m von der Patientenablage entfernt auf einem Parkplatzgelände abgestellt. Das mitgeführte Material (Notfallkoffer, Defibrillator, Sauerstoffrucksack, Absaugpumpe, Fahrtrage und Beatmungsgerät) wird zu Fuß zur Patientenablage transportiert. Somit stehen zur Sauerstoffgabe 3 Sauerstoffrucksäcke und 3 Beatmungsgeräte zur Verfügung. Selbst wenn der NEF-Fahrer zusätzlich seinen Sauerstoffrucksack mitgenommen haben sollte (was aus der Praxiserfahrung heraus unwahrscheinlich ist), reichen die sieben Möglichkeiten zur Sauerstoffgabe nicht aus, um die-
59 se einfache Anordnung des Notarztes umzusetzen. Auch bei der Entscheidung, welcher Patient nun eine Infusion erhält, entsteht, je nach Bestückung der Notfallkoffer oder Notfallrucksäcke, schnell eine Differenz zwischen dem ärztlichen Versorgungsauftrag und dem vorhandenen Material.
Ein weiteres Problem stellen besondere Verletzungen oder Erkrankungen dar, wie z. B. Schussverletzungen oder eine Inkorporation/Kontamination mit Gefahrstoffen. In der Regel haben die Kräfte des Rettungsdienstes (egal ob haupt- oder ehrenamtlich) keine oder nur sehr geringe Erfahrungen mit dieser Art von Einsätzen. Unter Berücksichtigung dieser Vielzahl verschiedener Faktoren sollten die medizinischen Maßnahmen in der Patientenablage primär auf ein sicheres Atemwegsmanagement, eine Stabilisierung der Hämodynamik sowie eine adäquate Analgesie ohne Atemdepression ausgerichtet sein. Bei einem MANV kommen teilweise sehr ungünstigen Rahmenbedingungen hinzu, die die gewohnte Handlungssicherheit stark einschränken. Folglich muss die Indika tionsstellung für komplex-invasive Maßnahmen (z. B. Intubation, Thoraxdrainage) auf zwingend indizierte Fälle beschränkt werden. Die weiterführende taktische Einsatzplanung im Bereich der medizinischen Maßnahmen ist abhängig vom Schadensumfang (Anzahl der Patienten) und der Verfügbarkeit von Transport- und Behandlungskapazitäten. Nach Sicherstellung der Erstversorgung und nach Beginn des Abtransports sind selbstverständlich alle Bemühungen in Richtung einer notfallmedizinischen Individualversorgung aller Patienten zu lenken. Diese ist in der ersten Phase des Einsatzes bei einer entsprechenden Patientenzahl (hängt von den vor Ort zur Verfügung stehenden Ressourcen ab) oft nicht zu gewährleisten. Ziel ist es, in dieser Phase aber dieje-
lungs- und Transportsichtung, Raumordnung und Schnittstellen haben bis heute so gut wie keine Berücksichtigung in den Veröffentlichungen gefunden. Jeder RA/NotSan muss durch seine Ausbildung in der Lage sein, auch eine Patientenablage taktisch führen zu können. Die Praxis zeigt aber leider das Gegenteil. Mit diesem SEGmenteHeft soll eine Lücke geschlossen und dem eingesetzten Rettungsdienstpersonal sowie den Führungskräften ein Hilfsmittel aus der Praxis für den Einsatz an die Hand gegeben werden.
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ISBN 978-3-943174-26-7 · www.skverlag.de
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Im »Werkzeugkasten«, der den Führungskräften bei einem Massenanfall von Verletzten zur Verfügung steht, ist die Patientenablage eines der wichtigsten Werkzeuge. Die meisten Einsätze in Deutschland werden mit dieser Einsatzstruktur abgearbeitet. Im Gegensatz zum Behandlungsplatz, der in der Literatur breit beschrieben ist und regelmäßig beübt wird, gibt es bis heute keine befriedigenden Veröffentlichungen zur Patientenablage. Die Themen wie Einsatztaktik, Führungsaufgaben, Behand-
Eingang
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