Überraschende Einsatzsituationen, unbekannte Fachbegriffe, zahlreiche Maßnahmen und Regeln stürzen zu Beginn auf den Rettungshelfer, Rettungssanitäter und Helfer vor Ort ein. Notarzt Ralf Schnelle verschafft dem Neuling mit diesem Buch einen klaren, fachkundigen Überblick über alles, was in Rettungsdienst und Krankentransport zu beachten ist und steht ihm mit persönlichen Ratschlägen zur Seite. Unkompliziert und in frischer Sprache verrät er Tipps zum Umgang mit den Patien ten, erläutert bewährte Vorgehens weisen bei typischen Notfällen,
nimmt Stellung zu Behandlungs techniken und erklärt die Anwen dung gängiger Geräte. Illustriert ist dieses etwas andere Fachbuch mit 80 bekannten und unbekannten OLAF-Cartoons des Autors und mit vielen realitäts nahen Fotos. Mit einem ermunternden Augen zwinkern macht Ralf Schnelle Lust auf Rettungsdienst. Dieses Buch bietet Basiswissen und Praxistipps für alle, die neu im Rettungsdienst und Krankentrans port sind. Startklar!
Praxiswissen
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für Rettungsdienst und Krankentransport ISBN 978-3-938179-53-6 www.skverlag.de
R. Schnelle Startklar für Rettungsdienst und Krankentransport
Ralf Schnelle
Ralf Schnelle
P
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für Rettungsdienst und Krankentransport
Startklar f端r Rettungsdienst und Krankentransport Ralf Schnelle
Verlagsgesellschaft Stumpf + Kossendey mbH, Edewecht 2008
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Wichtige Hinweise Autor und Verlag haben höchste Sorgfalt hinsichtlich der Angaben von TherapieRichtlinien, Medikamentenanwendungen und -dosierungen aufgewendet. Nachdem gesetzliche Bestimmungen und wissenschaftlich begründete Empfehlungen einer ständigen Veränderung unterworfen sind, ist der Benutzer aufgefordert, die aktuell gültigen Richtlinien anhand der Literatur und der Beipackzettel zu überprüfen und sich entsprechend zu verhalten. Die Angaben von Handelsnamen, Warenbezeichnungen etc. ohne die besondere Kennzeichnung ® bedeuten keinesfalls, dass diese im Sinne des Gesetzgebers als frei anzusehen wären und entsprechend benutzt werden könnten. Auch für die hier genannten Ratschläge und Behandlungsmethoden kann keine Haftung übernommen werden. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen oder Textteilen, vorbehalten. Auch auszugsweise Wiedergabe nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Eine Liste der wichtigsten verwendeten Literatur kann beim Autor angefordert werden. Redaktionsschluss ist Juni 2008.
© Copyright by Verlagsgesellschaft Stumpf + Kossendey mbH, Edewecht 2008 Satz und Umschlaggestaltung: TypoGrafika | Anke Buschkamp, Oldenburg Umschlagfoto: Ralf Schnelle Druck: Media-Print, Paderborn ISBN 978-3-938179-53-6
Inhalt Wozu dieses Buch? Ein Vorwort.................................................................................. 7 1
Wer – wie – was? Die Einrichtungen des Rettungsdienstes......................... 9
2
Frage: Wer ruft?...................................................................................................23
3
Von Papier und Paragraphen – Rechtliche Aspekte....................................31
4
Autsch! Wo Retten gefährlich wird.................................................................41
5
Jacke wie Hose – Dienstkleidung.....................................................................61
6
Lauter kleine rote Punkte – Hygiene im Rettungsdienst...........................75
7
Tagein – tagaus: Der Tagesablauf auf der Wache........................................91
8
Rettung Stück für Stück – Die Phasen eines Einsatzes................................97
9
Respekt, Respekt – Zum Umgang mit anderen Menschen.......................127
10 Diagnostik: Von »Anamnese« bis »Zwölf Ableitungen«..........................145 11 Mit Nachdruck – Reanimationen..................................................................197 12 Schläuche und Tuben – Atemwegssicherung..............................................229 13 Weitere Basismaßnahmen: Lagerung, Wärme, Sauerstoff.....................249 14 Pieksen und tropfen – Infusionen, Medikamente und mehr.................261 15 Wenn´s gekracht hat – Maßnahmen bei Verletzungen...........................293 16 Hin und her – Umlagerung und Transport ................................................311 17 Ein paar ausgewählte Krankheiten..............................................................325 18 Erster! Als Ersthelfer vor Ort...........................................................................349 19 Lesen und lernen...............................................................................................353 Über den Autor............................................................................................................355 Abbildungsnachweis ................................................................................................356
Wozu dieses Buch? Ein Vorwort In jedem Beruf steht man einmal am Anfang. Dieses Buch ist geschrieben für Kolleginnen und Kollegen, die sich noch am Beginn ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit in der Notfallmedizin befinden. Für »Drittleute« also, Praktikanten, engagierte Helfer aus Bereitschaften, die neben Sanitätsdiensten auch einmal Krankentransporte oder Rettungseinsätze begleiten, sowie natürlich für Helfer vor Ort. Dieses Buch sei aber auch all denen zur Lektüre empfohlen, die ihr lange eintrainiertes Können noch einmal überdenken wollen. Sie werden in einer Zusammenfassung des Basiswissens für Rettungsdienstler zahlreiche Praxistipps finden, die in vielen klassischen Lehrbüchern nicht zu lesen sind. So kann ein Venenzugang bei einem Rettungseinsatz rasch herausgezogen werden, wenn er gemäß den bekannten Lehrbuch-Empfehlungen fixiert wurde. Oder ein Einsatz kann entgleiten, wenn aus Bequemlichkeit oder gar »Tradition« auf wichtige Details verzichtet wurde. Auf der anderen Seite ist es nicht nur für den betroffenen Patienten besser, sondern gibt allen Helferinnen und Helfern auch ein Gefühl von großer Zufriedenheit, wenn man bei der Einsatznachbesprechung gegenseitig nur lobende Erwähnungen findet. Schließlich ist dies bei unserer Arbeit in der Notfallmedizin ein wichtiges Ziel: Einsätze, bei denen menschlich und medizinisch alles geklappt hat, auch unter den nicht selten widrigen Bedingungen. Die Empfehlungen und Ansichten, die ich hier zusammengefasst habe, dürfen und sollen natürlich kritisch betrachtet werden. Ich habe neben eigenen Erfahrungen selbstverständlich auch die aktuelle notfallmedizinische Literatur berücksichtigt. Dennoch kann ich nicht garantieren, dass erstens alles der Lehrmeinung entspricht und dass es zweitens vielfach nicht auch anders geht. Gerade in der Notfallmedizin gibt es oftmals mehrere Wege, die zum Ziel führen. Bekanntlich heißt es ja: »Zwei Ärzte – zwei Meinungen«. Auf alle Hinweise, Ergänzungen und Kommentare bin ich jedenfalls sehr gespannt. Dieses – an vielen Stellen subjektive – Buch ist bewusst anders formuliert als ein klassisches Lehrbuch. So möchte ich mir erlauben, allen Leserinnen und Lesern das Du anzubieten, weil das in der Retterszene vielerorts üblich ist und meines Erachtens auch erheblich zu einem vertrauensvollen und zugleich angenehmen Arbeitsumfeld beiträgt. Ich bitte außerdem um Verständnis, dass ich – um das Lesen zu vereinfachen – in der Grammatik nicht immer die weiblichen Formen mit verwendet habe. Obwohl es angesichts der begrüßenswert hohen Frauenquote mehr als angebracht wäre, werden alle Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten, Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter und alle Praktikantinnen und Praktikanten diese Entscheidung sicher verstehen. Ich erlaube mir außerdem, zu Eurer besseren Eingewöhnung die gängigen Abkürzungen und Kurzformen von typischen Rettungsdienstausdrücken zu benutzen, die Euch im Alltag ohnehin ständig auf der Zunge liegen
werden, wie NEF, RettAss oder Viggo. Keine Angst – alles wird im Buch an der richtigen Stelle erklärt. Die Arbeit im Rettungsdienst ist hochspannend, packend und angefüllt mit immer neuen Eindrücken und Erfahrungen, auch noch nach vielen Jahren, aber ganz besonders zu Beginn. Man erlebt – entgegen so mancher landläufigen Ansicht – viel Angenehmes, das Ganze kann sogar richtig Spaß machen. Es stellt sich ein großes Gefühl der Befriedigung ein, wenn der zu Anfang oft enorme Stress einer Entspannung weichen kann. In den allermeisten Fällen können wir ja auch effektiv helfen. Viele Eindrücke sind allerdings nicht leicht zu ertragen: wenn man von schweren Krankheiten erfährt und sich vorstellt, was das für die Betroffenen bedeuten wird. Wenn man hautnah den Tod eines Menschen miterlebt und – noch mehr – wenn man sieht, wie ein Ehepartner nach vielen gemeinsamen Jahren alleine bleibt. In diesem Job steht man mitten im Leben. Wenn es einem gelingt, das Erfahrene und Erlebte in seine eigene Biographie einzubinden, also sich aktiv damit auseinanderzusetzen, dann muss die nicht zu leugnende psychische Belastung keine negativen Folgen haben. Ich hoffe, allen Leserinnen und Lesern mit diesem Buch eine Unterstützung für ein erfolgreiches Arbeiten im Rettungsdienst zu geben und wünsche allzeit einen angenehmen Dienst! Ralf Schnelle
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? ? Wer – wie – was? Die Einrichtungen ?
des Rettungsdienstes
Dieses Kapitel gibt Dir eine kurze Übersicht über die verschiedenen Einrichtungen des Rettungsdienstes in Deutschland, für den Fall, dass Du als Anfängerin oder Anfänger noch nicht wissen solltest, wem Du dort überhaupt begegnen könntest. Zunächst zu uns selbst. Schon bald wirst Du den Unterschied zwischen Notfallrettung und Krankentransport kennen: Der Rettungsdienst (RD), das sind die Besseren! Zumindest fühlen sich viele so und verzichten darauf, Besatzungen kleinerer Krankenwagen zu grüßen. Natürlich ist das Unsinn. Wenn man aber im Krankentransport (KTP) eingeteilt ist, kann es durchaus passieren, dass man abstumpft und im entscheidenden Augenblick die Notfallsituation übersieht. Krankentransport und Rettungsdienst sind nicht immer scharf voneinander zu trennen! So müsste es eigentlich sein: Der Rettungsdienst versorgt Notfallpatienten. Das sind verletzte oder kranke Menschen, die vor oder während des Transport spezielle Maßnahmen benötigen bzw. brauchen könnten, die über die allgemeine Erste Hilfe hinausgehen. Das hierzu erforderliche Material ist regelmäßig nur in Rettungswagen (RTW) oder den arztbesetzten Notarztwagen (NAW) und Rettungshubschraubern (RTH) vorhanden. Dagegen werden im Krankentransport nur Nicht-Notfallpatienten befördert, und zwar in den entsprechend schlechter ausgerüsteten Krankentransportwagen (KTW). Eine fachliche Betreuung muss dabei aber gewährleistet sein. Auf die verschiedenen Fahrzeuge gehe ich weiter unten noch ein. Außerdem gibt es noch so genannte Leichtkrankenfahrten, die beispielsweise von Taxiunternehmen durchgeführt werden. Hier ist natürlich keine medizinische Betreuung zu erwarten.
Die Anderen ...
Ohne an dieser Stelle zu viel über die verschiedenen Zweige unseres Medizinsystems zu schreiben, erlaube ich mir dennoch ein paar ausgewählte Anmerkungen: In Rettungsdienst und Krankentransport wirst Du sicher häufig Kontakt zu Hausärzten haben, deren Tätigkeit Dir bekannt sein wird. Ihr Wirkungsfeld liegt in großen Teilen außerhalb der Notfallmedizin, ihre notfallmedizinischen Kenntnisse können daher nicht in allen Fällen auf dem neuesten 9
te Überblick – ist etwas, dessen Bedeutung nicht stark genug betont werden kann. Oft ist speziell bei Berufsanfängern der Drang, helfen zu wollen, stärker als das instinktive Suchen nach möglichen Gefahren. Worauf sollte man achten? Der erste Überblick • Welche weiteren Personen sind da? Könnte es Ärger geben? • Sind Haustiere da, die ihr Herrchen verteidigen werden? • Gerüche (Gasgeruch; muffiger Geruch bei schlecht ziehenden Öfen) • Strom (Haushaltsstrom bei Unfällen/Suiziden, Unfälle an Strommasten, Eisenbahnanlagen oder Stromverteilerkästen) • An Unfallstellen solltest Du immer äußerst vorsichtig sein, speziell bei Gefahrstoffen/Chemikalien. • Vorsicht ebenso an Bahnanlagen und auf Baustellen • Könnte eine Gefahr vom Patienten ausgehen (psychische Erkrankung, Unterzucker, Infektionsgefahr)? • Sitzt irgendwo hinter der Heizung eine extrem gefährliche, unheimlich aggressive Giftspinne und wartet auf unvorsichtige Praktikanten?
Das Betreten fremder Wohnungen ist nicht nur im Hinblick auf mögliche Gefahren, die in der Realität eher selten sind, eine besondere Situation, sondern weil man in den privaten – bei Schlafzimmern sogar intimen – Bereich fremder Menschen eindringt. Es ist ein Gebot der Höflichkeit, hier eher zurückhaltend als forsch aufzutreten. Am Anfang steht immer die freundliche Kontaktaufnahme zum Patienten, zu Angehörigen und weiteren Anwesenden. Eine Besonderheit sind die Einsätze mit einem möglichen Massenanfall von Verletzten und Erkrankten (MANV). Sie folgen ganz anderen Regeln als normale Einsätze. Es ist höchst wichtig, die Grundregeln für solche Einsätze zu kennen, damit man nicht den Einsatzablauf stört. Die an selbstständiges Arbeiten gewöhnten Fahrzeugbesatzungen müssen in einer solchen Situation ihren Willen der Einsatzleitung unterordnen, auch wenn es ihnen im Einzelfall schwer fällt. Manchmal kommt man als erstes mit seinem Fahrzeug an eine solche Einsatzstelle. Auch hierfür gelten die folgenden Regeln, die aber nur sehr oberflächlich auf die Thematik eingehen. Schon beim Eintreffen am Einsatzort müsst Ihr Euch überlegen, ob Euer Fahrzeug einsatztaktisch richtig steht. Wie weit geht ein Gefahrenbereich? Könntet Ihr durch nachrückende Kräfte zugeparkt werden? Die Erfahrung zeigt, dass bei Großeinsätzen immer eine ganze Zahl von Rettungsmitteln ausfällt, weil sie von nachrückenden Fahrzeugen blockiert werden. Ein nachträg106
liches Umparken ist meist unmöglich! Ein Abstand von 100 Metern oder sogar mehr zum eigentlichen Geschehen kann also ganz passend sein, auch wenn jemand einen nach vorne winkt. Gebt als erstes Fahrzeugteam eine erste Rückmeldung an die Leitstelle mit einer ungefähren Beschreibung des Ereignisausmaßes. Genaue MANV: Besondere einsatztaktische Überlegungen sind Zahlen zu Verletzten sind in bereits bei der Anfahrt erforderlich. dieser Phase noch nicht nötig. Geht nun keinesfalls alleine irgendwohin, sprecht Euch immer klar untereinander ab. Wichtig ist auch, sich sofort beim Einsatzleiter zu melden. Je nach Situation ist das schon der Organisatorische Leiter des Rettungsdienstes (OrgL) oder auch der Einsatzleiter der anwesenden Feuerwehr. Zu ihm kann man sich durchfragen, er sollte auch an der Farbe seiner Kleidung oder seines Helmes erkennbar sein. Er wird Euch über die medizinische Lage informieren. Bei einem MANV ist die Organisation des weiteren Ablaufs wichtiger als die Versorgung einzelner Patienten. Entscheidungen des Einsatzleiters bzw. der Abschnittsleiter sind bedingungslos zu akzeptieren. In der Frühphase eines solchen Einsatzes ist es wichtig, Ordnung zu schaffen. Ein »Krankenkraftwagen-Halteplatz« bzw. ein Bereitstellungsraum muss definiert werden. Dort bleiben die Fahrzeuge und die Besatzungen bis zur nächsten Order der Einsatzleitung. Die Patientenablage ist ein Ort, den man z.B. den Feuerwehrleuten zuweist und an den diese sämtliche Patienten bringen müssen Er befindet sich an der Grenze zum Gefahrenbereich. Eine Unterteilung in Leichtverletzte und Schwerverletzte ist gut. Der eigentliche Behandlungsplatz wird eingerichtet, wenn eine Versorgung in den verfügbaren Rettungsmitteln nicht möglich ist. Ein Leitender Notarzt wird eine Sichtung der Betroffenen durchführen und entscheiden, welche Patienten welche Versorgung erhalten können und teilt sie in verschiedene Kategorien ein: T1 = I T2 = II T3 = III T4 = IV
sofortige Versorgung einer akuten vitalen Bedrohung aufgeschobene Dringlichkeit; Überwachung und spätere Versor gung Schwerverletzter o. schwer Erkrankter spätere ggf. ambulante Behandlung leicht Betroffener ohne Überlebenschance bzw. sterbend; Betreuende bzw. abwar tende Behandlung, Sterbebegleitung 107
»Seitdem rede ich mit Bewusstlosen« Ein Freund kam zu einem Patien ten, der nach Fremdkörperverschlucken einen Kreislaufstillstand hatte. Es handelte sich um einen chronisch kranken Menschen. Tiefe Bewusstlosigkeit, kein Karotispuls, keine Atembemühungen. Nach einer kurzen Diskussion mit der anwesenden Familie (man hatte angesichts der bestehen den Erkrankung verschiedene Meinungen, ob Wiederbelebungsmaßnahmen ergriffen werden sollen) entschloss er
sich zur Reanimation. Nach ein paar Tagen oder Wochen traf er den erfolgreich reanimierten Patienten wieder. Dieser konnte glaubhaft alle Inhalte der Gespräche am Notfallort, seine Empfindungen und auch den Ablauf der Reanimationsmaßnahmen beschreiben. Er hat alles mitgehört und im Gedächtnis behalten! Seitdem redet mein Freund auch mit Bewusstlosen.
Einsa tz live!
Ein oft zu beobachtendes Phänomen ist, dass mit Notfallpatienten viel lauter geredet wird als im Normalfall, zumal wenn es sich um alte Menschen handelt. Das wirkt nicht nur ein wenig aggressiv, auch wenn es natürlich nicht so gemeint ist, sondern ist sogar kontraproduktiv. Nicht nur der durchschnittliche Patient, sondern auch hörgeschädigte Menschen verstehen einen sogar besser, wenn man nicht schreit. Wenn ein Übersetzer dabei ist, der in eine Gebärdensprache übersetzt, dann führt man das Gespräch dennoch mit dem Patienten, denn er steht im Mittelpunkt. Deshalb sollten nach Möglichkeit auch keine Angehörigen für den Patienten antworten. Hier Regeln für den Umgang mit Schwerhörigen: • S prich in normaler Lautstärke. • W ende Hörgeschädigten das Gesicht zu, denn so können sie von Deinen Lippen ablesen. • S prich langsam und deutlich in kurzen klaren Sätzen. • W ende Dich nicht während des Gespräches ab. • S chreibe wichtige Informationen zusätzlich auf. Blinde und stark sehbehinderte Menschen sehen ja nicht, was um sie herum passiert. Für Sie ist es daher von größter Wichtigkeit, dass Du sämtliche Handlungen verbal begleitest. Das gilt ganz besonders für alle Aktivitäten, die mit 132
einer Berührung ihres Körpers zu tun haben, vom Blutdruckmessen bis hin zum Umlagern. Wenn Du einen blinden Menschen zu Fuß begleitest, dann biete ihm Deinen Arm an und achte auf für ihn nicht erkennbare Störungen, von Stolperfallen bis zu herabhängenden Ästen. Bei der Versorgung von Kriminellen, Skinheads und anderen Patienten, mit denen Du im nicht-dienstlichen Bereich keinen Umgang pflegen möchtest, musst Du Dich streng an das »hippokratische« Prinzip halten, dass jeder Mensch perfekt behandelt werden muss. Was allerdings das Gespräch angeht, ist es hier durchaus legitim, sich als Helfer auf das Notwendigste zu beschränken. Es muss nicht sein, dass ich mit jedem Menschen »empathisch mitschwinge«. Unkooperative Patienten wie sinnlos Betrunkene oder auch verwirrte alte Menschen stellen uns häufig vor ähnliche Probleme. Jemand hat für den Fall, dass Anfeindungen einmal allzu schlimm werden, einen guten Tipp gegeben: Wenn Du von solchen Kranken beschimpft oder auch einmal angegriffen wirst, dann sag Dir: »Er meint ja nicht mich!« Bei Kindern musst Du natürlich ganz besonders viel Zuwendung zeigen. Wichtig sind Körperkontakt, die Anwesenheit der Mutter oder des Vaters, die Mitnahme eines eigenen Kuscheltiers oder auch ein Geschenk von uns. Wir führen normalerweise solche Kuscheltiere im Fahrzeug mit, außerdem können wir Spritzen verschenken (für den nächsten Strandurlaub). Als Fremder solltest Du einen eventuellen Körperkontakt sehr vorsichtig aufbauen und aufmerksam beobachten, wie das Kind reagiert. Beziehe das Kind nach Möglichkeit in Deine Maßnahmen ein. Erkläre ihm altersentsprechend, was pasDie Mutter ist immer dabei! siert und passieren wird. Natürlich darf es jederzeit Fragen stellen. Eine der wichtigsten Regeln ist, ein Kind niemals anzulügen! Wer behauptet, ein Venenzugang »tut gar nicht weh«, der hat im Moment des Zustechens sämtliches Vertrauen des Kindes für die Dauer des gesamten Einsatzes verloren. Ehrlichkeit zahlt sich aus. Ich zeige Kindern übrigens immer den Mandrin des Venenzugangs, wenn ich ihn herausgezogen habe. Dann wissen sie, dass nichts Spitzes mehr in ihrem Arm steckt. Das geht mit modernen »Sicherheitsviggos« allerdings schlecht, denn da sieht man die Spitze nicht mehr. Es wird beschrieben, dass Kinder oft ausgeprägte Schuldgefühle entwickeln, wenn etwas passiert ist. Versuche, dies abzuschwächen: »Du bist nicht schuld daran, dass Du jetzt krank geworden bist!« Der Platz in diesem Buch reicht nicht aus, um Dir den Umgang mit psychisch Kranken umfassend vorzustellen. Das Spektrum reicht von Angststörungen 133
was aber schwer zu messen ist. 5 cm ist besser als 4 cm. Der Brustkorb wird sich hierbei deutlich verformen. Wenn Du bislang nur am Reanimationsphantom reanimiert hast, wirst Du bei Deiner ersten echten Wiederbelebung merken, dass es sich meistens genauso anfühlt wie beim Phantom. Es gibt aber auch Patienten, die einen sehr viel steiferen Brustkorb haben, manchmal kann es unmöglich sein, eine solche Kompressionstiefe zu erreichen. Der Satz »Bei einer rechten Reanimation müssen die Rippen brechen« ist Ordentlich drücken! Lieber 5 als 4 cm tief! übrigens genauso alt, wie er schlecht ist. Sie müssen es natürlich nicht, tun es aber trotzdem sehr häufig. Sollte das passieren, überprüfe Druckpunkt und Drucktechnik und mache weiter. Bei der Übergabe sollte dieser Umstand kurz erwähnt werden, man wird aber auch sonst mit Verletzungen rechnen, die glücklicherweise meistens nicht sehr kompliziert sind. Bei Kindern und Säuglingen ist die korrekte Drucktiefe entsprechend geringer, sie beträgt ca. 1/3 des Brustkorbdurchmessers, von vorne nach hinten gemessen. Miss das mal am Säuglingsphantom aus – hier wird sehr häufig viel zu flach gedrückt! Vielleicht habt Ihr spezielle Hilfsmittel dabei, zum Beispiel eine ACDPumpe. ACD heißt Active Compression-Decompression, es wird mit einem solchen Instrument nicht nur Grün: Die richtige Drucktiefe bei Kindern und gedrückt, sondern in der EntlastungsSäuglingen: ein Drittel des Brustkorbs! phase auch aktiv gezogen. Mit dieser »Saugglocken-Reanimation« erreicht man bessere Kreislaufwerte. Da aber auch Verletzungen beobachtet wurden, musst Du diese Methode ausführlich gelernt haben, bevor Du sie einsetzen darfst. Überhaupt gibt es eine ganze Reihe von alternativen Techniken bei der Reanimation, auf die in diesem Buch nicht näher eingegangen werden soll. So gibt es Geräte, die auf den Druckpunkt platziert werden und Rückmeldung geben über die Qualität der Thoraxkompressionen. Ich halte diese Technik für hervorragend. Und nicht zuletzt finden auch Apparate zunehmend Verbreitung, die uns die Thoraxkompressionen abnehmen. Die Qualität der Herzmassage, und damit das Allerwichtigste beim Reanimieren, wird dadurch besser! Herzmassage ist anstrengend! Im Verlauf reanimiert man schlechter. Das kann man während des Trainings an Reanimationsphantomen gut erkennen: 206
Links im Bild ein Sensor, auf dem die Thoraxkompressionen erfolgen. Das EKG-Gerät gibt Informationen zur Qualität der Herzmassage während der Reanimation.
Viele Helfer werden langsamer, die meisten entlasten nicht mehr komplett, um dadurch Kraft zu sparen. Dadurch wird die Qualität der Herzmassage bereits schlechter, auch wenn sich der Helfer selber noch gar nicht erschöpft fühlt. Inwieweit sich das regelmäßige Ablösen in der Praxis umsetzen lässt, muss – wie immer – der Teamchef entscheiden. Bei einer Reanimation zu dritt ist das nach meiner Ansicht
Aufge
passt
Es gilt ganz klar die folgende Empfehlung: Der Herzmassage-Helfer wird alle zwei Minuten abgelöst, auch wenn er sagt, es gehe noch. jedenfalls so gut wie immer möglich. Man kann sogar noch weiter gehen: Körperlich eher schwache Helfer sollten nach Möglichkeit gar nicht drücken. Und bei einem Helferwechsel darf die PauZusammenfassung Herzmassage se höchstens eine Sekunde dauern. • i mmer 100 % Qualität, keine Abstriche machen • r ichtiger Druckpunkt und richtige Körperposition • durchgestreckte Arme • senkrechter Druck • Druck-Entlastungsverhältnis 1:1 • jeweils komplette Entlastung (!) • Arbeitsfrequenz 100/min • K ompressionstiefe bei Erwachsenen etwa 5 cm • lautes Mitzählen • Ablösung alle 2 min (!)
Helferwechsel: so schnell es geht weiter drücken!
Nicht ohne: Die Maskenbeatmung
Das Beatmen eines Notfallpatienten ist meist deutlich schwieriger als die Durchführung der Thoraxkompressionen. Es ist technisch anspruchsvoller und 207
eine funktionierende Absaugeinrichtung bereitstehen. Manchmal muss der Intubateur nämlich Schleim wegsaugen, damit er etwas sehen kann. Gelegentlich steckt er auch einen Absaugkatheter durch den Tubus oder benutzt spezielle Systeme, um während des Intubationsversuchs direkt durch den Tubus abzusaugen.
Wie gehst Du technisch vor? Alle Patienten, die nicht gerade reanimationspflichtig sind, klärst Du vor und während der Absaugung über Dein Tun auf. Vielleicht verbessert sich die Mitarbeit des Patienten, auf jeden Fall fühlt er sich aber wie ein Mensch behandelt. Die vorbereitete Absaugpumpe wird in Betrieb genommen, in kritischen Situationen mit maximaler Saugleistung. Nur bei kleinen Kindern musst Du an eine Sogbegrenzung denken. Hier darfst Du nicht mit Druck über etwa 150 mbar absaugen, um die empfindliche Schleimhaut nicht zu schädigen. Die Größe des Absaugkatheters hängt von der Situation ab, im Notfall nimm den dicksten, dessen Farbe Du dafür allerdings kennen musst. Zum Abmessen der richtigen Tiefe hältst Du die Katheterspitze an das Ohrläppchen. Greife dann den Katheter in Höhe von Mundwinkel oder Nase. Tiefer darfst Du ihn nicht hineinschieben, das könnte einen Krampf der Stimmritze verursachen. Achte darauf, dass der Finger-Tipp nicht verschlossen ist, das Einführen des Katheters geschieht nämlich ohne Sog. Bei laufender Pumpe heißt das, Dein Daumen lässt das Loch am FingerTipp offen. Dadurch verhinderst Du, dass sich der Katheter an der erstbesten Schleimhaut festsaugt. Sobald er vollständig eingeführt ist, steuerst Du den Saugdruck durch abwechselndes Zuhalten, Loslassen bzw. Rumspielen mit dem Daumen. Du merkst ja, ob etwas kommt oder nicht. Bei ansprechbaren Patienten darf jeder einzelne Absaugvorgang nicht zu lange dauern. Dein Patient wird dankbar sein, wenn Du nach ein paar Augenblicken Pause machst und ihm kurz die Sauerstoffmaske aufsetzt, damit er sich erholen kann.
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Links: Katheter ohne Sog Rechts: Durch Steuerung des Sogs am Loch des Fingertipps verhinderst Du, dass sich der Katheter an der Schleimhaut festsaugt
Spezielle Tuben zur Beatmung
Inzwischen gibt es eine ganze Reihe verschiedener Beatmungsverfahren, die speziell auch im Rettungsdienst angewandt werden können. Sie sind Alternativen zur endotrachealen Intubation und auch zur Maskenbeatmung. Man kann sie auch »blind« einführen, also ohne Anwendung eines Laryngoskops. Der Aspirationsschutz ist allerdings nicht so gut wie bei einem geblockten, abgedichteten Endotrachealtubus. Ein Kombitubus kann durch vorübergehendes Abknicken in seiner Mitte vorgebogen werden und wird anschließend bis zu einer entsprechenden Markierung in den Rachen eingeführt. Dabei kann ein Laryngoskop eingesetzt werden, was aber nicht immer erforderlich ist. In fast allen Fällen gleitet der Kombitubus in die Speiseröhre, nur manchmal gelingt die »blinde« Intubation der Luftröhre. Nun wird ein großer Blockerballon im Rachen mit Luft gefüllt. Hoffentlich ist er nicht an den Zähnen des Patienten kaputt gegangen, er soll nämlich den Rachen nach oben abdichten. Dabei verschiebt sich der Kombitubus noch ein wenig. Anschließend wird auch ein kleiner Ballon an der Tubusspitze »geblockt«, also aufgeblasen. Dadurch wird auch die Speiseröhre abgedichtet. Über den blauen Ansatzstutzen kann man nun Luft in den Raum zwischen den beiden Blockerballonen hineinblasen, sie gelangt durch den Kehlkopf in die Luftröhre. Geschafft! Ist die Tubusspitze einmal in die Trachea, also in die Luftröhre, gelangt, muss das unbedingt erkannt wer233
Wie ich oben schon erwähnt habe, gibt es eine Reihe von Lehrmeinungen bezüglich der richtigen Fixation einer Viggo. Wer Recht hat, kannst Du einfach nachprüfen: • S ie darf nicht herausrutschen oder sich herausdrehen, auch nicht, wenn mit Kraft am Infusionsschlauch gezogen wird und auch nicht, wenn der Patient seine Hand unter die Bettdecke schiebt. • S ie muss steril verbunden sein, insbesondere sollte unsteriles Pflaster nicht allzu nah an die sensible Einstichstelle geklebt werden. Keime breiten sich auch über die Haut aus. • U nter dem Plastikteil sollte ein Polster gegen Druckstellen eingelegt werden. • D er Infusionsschlauch darf Steril verbunden, aber nicht fi xiert! nicht abknicken. Hier ist mein Konzept: Zum einen verbinde ich die Einstichstelle steril, zum anderen sichere ich den Zugang zusätzlich mit Pflasterstreifen. Zur Versorgung der Einstichstelle: Für den sterilen Verband benutzt man meist ein steriles »Viggopflaster«. Ob es zuerst aufgeklebt wird – was sicher steriler ist – oder erst nach den Pflasterstreifen – was in der Frühphase das Herausrutschen besser verhindert – ist eine Frage der raschen Verfügbarkeit und der Patientenunruhe. Auf jeden Fall sichere ich jeden Zugang zusätzlich zum sterilen Pflaster noch mit mindestens zwei Pflasterstreifen. Diese klebe ich über Kreuz auf die Flügel der Viggo. Am liebsten ist mir ein gut haftendes breites Pflaster. Bei alleiniger Verwendung eines Schlitzpflasters habe ich ein wenig Sorge, dass sich die Viggo darunter herausdrehen könnte (s. Abb. oben). Sollte ich einmal die unsterilen Pflasterstreifen zuerst anbringen, dann achte ich darauf, dass sie möglichst weit von der Einstichstelle entfernt bleiben. Nach Möglichkeit lege ich zuvor ein kleines Polster unter den Körper der Viggo. Das vermeidet Druckstellen, die vor allem bei dünner Haut und schlechter Durchblutung auftreten können. Viele Verpackungen steriler Spezialpflaster enthalten solche Polster. Zum Festkleben der Flügel muss möglicherweise der Stahlmandrin etwas angehoben werden. Er darf dabei aber keinesfalls tiefer hineingeschoben werden. Das ist verboten, weil es dabei zu einer Beschädigung des Plastiks kommen kann. Nun muss natürlich noch die Infusion angeschlossen werden – dies ist der sensibelste Augenblick beim Legen einer Viggo. Die Grundregel Nr. 1 dabei lautet: gut aufpassen, dass niemand gestochen wird! Das kann zwar nach dem Einführen der Sicherheitsviggos kaum noch passieren, aber wer weiß, ob nicht 274
Fixation einer Viggo Optimal: ein Polster gegen Druckstellen
Die Einstichstelle und deren Nähe müssen steril verbunden werden
Gutes Festkleben der Viggo-Flügel
Optimal: Zwei Pfl aster sichern den Schlauch, an dem man sich jetzt nicht mehr verfangen kann.
versehentlich ein altes Modell eingesetzt wurde. Mit blutigen Nadeln habe ich außer etlichen Beinahe-Unfällen nämlich schon mehrere echte Nadelstichverletzungen beobachtet und erlebt. Folgendermaßen kann die Infusion angeschlossen werden: • P rüfe, ob das Stauband schon gelöst ist, so vermeidest Du Kleckerei. • E in Abwurfbehälter steht direkt bereit. Niemals solltest Du ihn mir entgegenhalten, denn Deine Hand wäre in großer Gefahr, sollte ich mit einer spitzen Nadel danebenzielen! 275
Beschriftung erfolgt am einfachsten mit einem dünnen wasserfesten Filzstift, und zwar auf dem Kolben der Spritze. Dort kann nichts verrieben werden und man erspart sich Diskussionen über das Lösungsmittel, das angeblich in das Medikament übergehen könnte, wenn man den Medikamententeil beschriftet. Stechampullen mit Trockensubstanz, zum Beispiel Aspirin® i.v.: Viele Notfallmedikamente liegen als Trockensubstanz vor. Zum Auflösen solcher Trockenpulver nimmt man das beigefügte Lösungsmittel. Hierbei handelt es sich in den allermeisten Fällen um Aqua dest. Ein Beispiel ist Aspirin®, dessen Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS) Du als Schmerzmittel kennst. Wir haben es in Ampullenform dabei, um es Herzpatienten intravenös zu verabreichen. Der Wirkstoff führt dazu, dass die Blutplättchen weniger leicht verklumpen. Das mehr oder weniger weiße Pulver einer Trockensubstanz muss komplett aufgelöst werden. Bei Aspirin® geschieht das mit 5 ml Aqua dest. aus einer normalen Ampulle, die Du zunächst in eine 5-ml-Spritze aufziehst. Mit der gleichen (steril gebliebenen) Nadel durchstichst Du nach Entfernen der Schutzkappe die Membran der Stechampulle. Jetzt kommt es darauf an, sämtliches Pulver aufzulösen. Dazu darfst Du die Ampulle hin- und herbewegen, solltest aber nach Möglichkeit nicht schütteln, denn dadurch würde Schaum entstehen. Einen Überdruck in der Ampulle kannst Du durch Abziehen von etwas Luft entfernen. Wenn keine Pulverreste mehr sichtbar sind, ziehst Du sämtliche Flüssigkeit heraus, abwechselnd mit dem Zurückgeben der entsprechenden Menge Luft. Bevor Du Wasser rein, Luft raus: Stechampulle nun die verschiedenen Objekte voneinander trennst, solltest Du im System für einen Unterdruck sorgen. Das vermeidet Kleckereien. Und wie gesagt, denke beim Anreichen auch an die Aqua dest.-Ampulle!
Manche Medikamente werden verdünnt
Um sie feiner dosieren zu können, werden viele Medikamente verdünnt, meistens »auf 10 ml«. Am Beispiel von Suprarenin® möchte ich das einmal erläutern. Du sollst »Supra 1:10« aufziehen, also den Wirkstoff auf ein Zehntel der normalen Konzentration verdünnen. Das bedeutet: 1 ml Suprarenin® plus 9 ml Verdünnungsmittel. Zum Verdünnen nehmen wir standardmäßig isotone Kochsalzlösung (NaCl 0,9 %). Aqua dest. solltest Du nicht nehmen, es darf nur zum Auflösen von Trockensubstanzen verwendet werden (s.o.), intravenös 284
darf man kein reines Wasser spritzen – also Kochsalzlösung. Diese wird zuerst in eine 10er-Spritze aufgezogen, lieber etwas mehr als die gewünschten 9 ml. Überschüssige Flüssigkeit entfernst Du sorgfältig, wobei unter Notfallbedingungen ruhig auch mal etwas auf den Boden kleckern darf. Mit der gleichen steril gebliebenen Nadel ziehst Du anschließend noch genau 1 ml Suprarenin auf. Beim Arbeiten mit den 25-ml-Stechampullen musst Du besonders aufpassen, dass ein eventuell vorhandener Unteroder Überdruck Probleme bereiten kann. Beide Ampullen werden vorgezeigt und die Spritze gut beschriftet, z. B. mit »Supra 1:10«. Eine Verwechslung mit »Supra pur« ist dann ausgeschlossen. Manchmal verlangt der Notarzt oder der Rettungsassistent auch »Supra 1:100«. Eine einfache Art der Herstellung dieser Lösung ist, 1 ml Suprarenin® in eine Flasche mit 100 ml NaCl zu geben und ein wenig zu schütteln (nicht rühren). Wenn Du keine 100ml-Flasche hast, bereitest Du zuerst Supra 1:10 vor und beschriftest sofort, damit Verwechslungen unmöglich sind. Dann füllst Du eine weitere 10er-Spritze mit 9 ml Kochsalzlösung und saugst zusätzlich exakt 1 ml aus der Spritze mit der 1:10-Lösung. Das sterile Treffen des Lochs am Spritzenausgang mit der Kanüle erfordert aber etwas Geschick. Sehr fein ist, wenn man 100 ml-Flaschen mit Heparin: Ein wichtiges MedikaNaCl zur Verfügung hat – Beschriftung mit ment, das vor allem bei HerzerkranSuprarenin 1:100 kungen oft verabreicht wird, ist Heparin. Von verschiedenen Herstellern gibt es verschiedene Ampullen, ein Markenname ist z. B. Liquemin®. Bei diesem blutverdünnenden Medikament kann es auf eine sehr exakte Dosierung ankommen. Das kann extrem schwierig sein, weil wir teilweise Ampullen mit 0,2 ml Inhalt verwenden müssen. Sie enthalten 5000 Einheiten Heparin. In vielen Rettungsdienst-Bereichen werden hierfür Spezialspritzen mit 1 ml vorgehalten. In der Praxis ist es ein wenig schwierig, eingedrungene Luft aus diesen Spritzen zu entfernen.
Suprarenin 1:10 verdünnt. Richtigerweise werden alle Ampullen vorgezeigt!
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Überraschende Einsatzsituationen, unbekannte Fachbegriffe, zahlreiche Maßnahmen und Regeln stürzen zu Beginn auf den Rettungshelfer, Rettungssanitäter und Helfer vor Ort ein. Notarzt Ralf Schnelle verschafft dem Neuling mit diesem Buch einen klaren, fachkundigen Überblick über alles, was in Rettungsdienst und Krankentransport zu beachten ist und steht ihm mit persönlichen Ratschlägen zur Seite. Unkompliziert und in frischer Sprache verrät er Tipps zum Umgang mit den Patien ten, erläutert bewährte Vorgehens weisen bei typischen Notfällen,
nimmt Stellung zu Behandlungs techniken und erklärt die Anwen dung gängiger Geräte. Illustriert ist dieses etwas andere Fachbuch mit 80 bekannten und unbekannten OLAF-Cartoons des Autors und mit vielen realitäts nahen Fotos. Mit einem ermunternden Augen zwinkern macht Ralf Schnelle Lust auf Rettungsdienst. Dieses Buch bietet Basiswissen und Praxistipps für alle, die neu im Rettungsdienst und Krankentrans port sind. Startklar!
Praxiswissen
Startklar
für Rettungsdienst und Krankentransport ISBN 978-3-938179-53-6 www.skverlag.de
R. Schnelle Startklar für Rettungsdienst und Krankentransport
Ralf Schnelle
Ralf Schnelle
P
Praxiswissen
Startklar
für Rettungsdienst und Krankentransport