2 / 2015 路 Mai 2015 路 5. Jahrgang
Demografie in Stadt und Land
Organisation Notrufabfrage in verschiedenen Sprachen
Portr盲t Zentralisierte Leitstelle mit bundesweiter Disposition
Recht Umgang mit Sonderund Wegerechten
Drei unter einem Dach Grundlagenwissen für den Sanitäts-, Betreuungs- und Verpflegungsdienst • Hilfe effektiv organisieren • Schäden limitieren • Leid lindern Erscheint Ende Mai 2015! Sanitäts-, Betreuungs- und Verpflegungsdienst Handbuch für Helfer und Führungskräfte von K. Hofmann, R. Lipp (Hrsg.) - 1. Auflage 2015 - 776 Seiten - 321 Abbildungen und 69 Tabellen - Online-Bonusmaterial zum Download - durchgehend farbig - Softcover Best.-Nr. 498 · € 69,90
Über 100.000 Helferinnen und Helfer der Hilfsorganisationen sind etwa im Rahmen zahlloser kleiner Veranstaltungen, aber auch bei Großveranstaltungen in Sanitätswachdiensten tätig, um leichte Verletzungen oder Schwächeanfälle zu versorgen bzw. bei Unglücken sanitätsdienstliche Hilfe zu leisten. Auch nicht verletzte oder erkrankte, aber betroffene Personen bedürfen je nach Situation der Hilfe des Betreuungsdienstes, der sie z.B. bei Evakuierungsmaßnahmen in Notunterkünfte leitet und dort betreut. Nicht zuletzt bedarf es der Helfer des Verpflegungsdienstes, die sowohl für die Betroffenen als auch für die Einsatzkräfte Verpflegung zur Verfügung stellen. Das Handbuch stellt erstmalig in Deutschland den Sanitäts-, Betreuungs- und Verpflegungsdienst in einer gemeinsamen, umfassenden Betrachtung dar. Das Buch soll Helfer und Führungskräfte dazu anleiten, die Aufgaben in ihrem Hilfebereich professionell zu planen und umzusetzen, ggf. eintretende Schäden zu limitieren und das Leid einer Katastrophe zu lindern.
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EDITORIAL
Herausforderungen annehmen – Mut zum innovativen Denken und Handeln! Stellen Sie sich vor, Sie hätten die Wahl: Sie können
zungen, auf die Sie zurückgreifen können; egal ob von
weiterhin Ihrem überaus geregelten Alltag nachge-
Freunden, Kollegen, aber auch in Form von Technik,
hen – Sie tun, was Sie schon immer getan haben
Zeit oder Geld. Sie werden sicher nicht alleine gelas-
und können dabei in Ihrem altbekannten Rhythmus
sen. Wenn Sie neue Aufgaben strukturiert durchpla-
verbleiben. Oder aber Sie bekommen immer wie-
nen und Teilaufgaben erstellen, dann sind es eben
der neue spannende Herausforderungen geliefert,
„nur“ diese Einzelschritte, die Sie erledigen müssen,
denen Sie offensiv und optimistisch gegenüberste-
um das große Ziel zu erreichen. Besonders wichtig
hen. Wie würden Sie sich entscheiden? Würden Sie
ist jedoch, dass Sie die „Flinte“ nicht gleich ins Korn
diese Herausforderungen annehmen? Oder hätten
werfen, wenn etwas nicht so auf Anhieb klappt, wie
Sie Angst vor den Schwierigkeiten, die Ihnen dabei
Sie es sich vorgestellt haben. Ich könnte Ihnen viele
eventuell begegnen könnten? Für unsere heutige
Dinge aus dem täglichen Leben darstellen, die nicht
moderne Arbeitswelt gilt: Alle Mitarbeiterinnen und
sofort auf Anhieb gelingen – oder konnten Sie bereits
Mitarbeiter werden immer häufiger mit neuen Aufga-
nach der ersten Schulstunde ohne Rechtschreibfeh-
ben und Herausforderungen konfrontiert. Sei es, weil
ler ein Diktat schreiben oder nach der ersten Fahr-
das Unternehmen die Arbeitsprozesse neu struktu-
stunde zur Vorbereitung der Fahrerlaubnis eine Reise
riert oder weil neue Technologien gewisse Aufgaben
in das weit entfernte Urlaubsziel anstreben?
anders als bisher zu lösen vorgeben.
Frank Leenderts Leiter kommunaler Teil Kooperative Großleitstelle Oldenburg Redaktion BOS-LEITSTELLE AKTUELL
Auch wir in unseren Leitstellen sehen uns täglich
„Die große Herausforderung des Lebens liegt
neuen Herausforderungen ausgesetzt. Die Umset-
darin, die Grenzen in Dir selbst zu überwinden und so
zung neuer Prozessabläufe, die Einführung einer
weit zu gehen, wie Du Dir niemals hättest träumen
strukturierten Notrufabfrage, die technischen Ent-
lassen“, so ein Zitat des französischen Malers Paul
wicklungen in Einsatzleit- und Kommunikationssyste-
Gauguin.
men, die Einrichtung eines Qualitätsmanagementsys-
Doch wie weit kann der Einzelne für sich gehen?
tems oder „einfach nur“ die tägliche Organisation
„Das geht doch gar nicht!“, „Wie soll das zu schaf-
von Dienstplänen und Personalbemessungen, um
fen sein?“ – so denken viele Menschen im ersten
nur einige der Aufgaben zu nennen. Welchen Heraus-
Moment, wenn sie vor neuen Herausforderungen
forderungen sich die Leitstellenlandschaft in Bezug
stehen. Neue Aufgaben zu übernehmen oder alte
auf den demografischen Wandel stellen muss, wird
Aufgaben anders als bisher zu lösen, bedeutet natür-
eindrucksvoll in den Fachbeiträgen ab Seite 14 dar-
lich auch, dass gewisse Denk- und Handlungsrouti-
gestellt .
nen, die bis dato Sicherheiten vermittelt haben, auf-
Ich wünsche Ihnen allen viel Spaß beim Lesen
gegeben werden müssen; zudem wird auch häufig
dieser Ausgabe und bei den täglichen Herausforde-
komplettes Neuland betreten. In der Regel ist die
rungen immer eine offene und optimistische Ein-
Panik jedoch unbegründet. Selbst die schwierigsten
stellung. Tragen Sie durch Ihre persönlichen Mög-
Aufgaben lassen sich fast immer lösen, wenn man
lichkeiten aktiv zu Veränderungen bei; das Leben ist
sie gelassen und mit einem kühlen Kopf angeht – und
zu kurz, um alles nur durch die „schwarze“ Brille zu
natürlich mit dem nötigen Selbstvertrauen.
sehen.
Häufig sind es schon die kleinen Tipps und Tricks, die dabei helfen, die scheinbar großen Aufgaben zu
Ihr
erledigen. Denken Sie nur daran, wie viele Herausforderungen Sie in Ihrem Leben schon gemeistert haben. Es gibt doch sicher weitaus mehr im Leben, auf das Sie stolz sein können, als Dinge, die Sie nicht realisiert haben. Oder denken Sie an Unterstüt2 · 2015 | 5. Jahrgang | BOS-LEITSTELLE AKTUELL | 55
Frank Leenderts
Dieser Ausgabe liegen Broschüren der Thomas Behra Unternehmensberatung bei. Wir bitten um freundliche Beachtung.
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INHALT
INHALT 6
Durchführung der Telefonreanimation 30 inILSderUlm:Leitstelle
News
F. Baumann
AkTuELLEs
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Bad Boller Reanimationsgespräche 2015: Telefonreanimation ist Kernaufgabe der Leitstellen A. Hackstein
kAsuIsTIk
außergewöhnlicher Notruf: 34 Ein Einsatz für die Atemschutztrupps D. Mayer
ORgANIsATION
10
Notrufabfrage in verschiedenen Sprachen – „Hallo? Ich verstehe Sie nicht!“ T. Merbreier, S. Kwiatkowski, C. Emrich
14
Berliner Feuerwehr: Auswirkungen des demografischen Wandels auf eine Stadtleitstelle T. Gräser
West in Schleswig-Holstein: 17 KRLS Auswirkungen des demografischen Wandels
PORTRäT
Leitstelle mit bundesweiter 36 Zentralisierte Diposition: Wie können Hilfsfristen, Kundenwünsche und Qualitätsziele erfüllt werden? M. Behns
REcHT
fragen, Experten antworten: 40 Disponenten Umgang mit Sonder- und Wegerechten I. Zerche-Roch
S. Bandlow, M. Scheffler
24
Entwicklungen in der Leitstelle: Eine kritische Betrachtung des Status quo D. Sievers
28
Größere Einheiten und mehr Hausbesuche: Reform bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen P. Poguntke
TEcHNIk
eines Leitstellengebäudes – 44 Neubau Der Planungsprozess aus Architektensicht D. Landwehr
FAcHvERbAND LEITsTELLEN
49 Verbandsinformation 2/2015
Redaktionsleitung: Klaus von Frieling, M.A., Edewecht Felicitas Schlebusch, B.A., Edewecht Tel. 04405 9181-21 · E-Mail: frieling@skverlag.de Verlagsleitung: L. Kossendey (Anschrift des Verlages) 5. Jahrgang Redaktion: Stephan Bandlow (Leiter kommunaler Teil Kooperative Regionalleitstelle West, Elmshorn) · Dr. AndréMichael Baumann (Stab des Landesbranddirektors, Berlin) · Heiko von Deetzen (Leiter polizeilicher Teil Kooperative Großleitstelle Oldenburg) · Achim Hackstein (Leiter kommunaler Teil Kooperative Regionalleitstelle Nord, Harrislee) · Frank Leenderts (Leiter kommunaler Teil Kooperative Großleitstelle Oldenburg) · Dr. Wolfgang Lenz (Ärztlicher Leiter Rettungsdienst, Main-Kinzig-Kreis) · Michael Richartz (Leiter der Feuerwehr- und Rettungsleitstelle, Bremen) · Daniel Sievers (Stellvertretender Leiter der Integrierten Regionalleitstelle NordOst, Eberswalde) · Rolf Strobel (Stellvertretender Leitstellenleiter, Berufsfeuerwehr Stuttgart) · Hendrik Sudowe (Diplom-Gesundheitslehrer, Osnabrück) · Reto Trottmann (Leiter Einsatzzentrale Schutz & Rettung, Zürich) · Gernot Vergeiner (Tirol)
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Druck: Media-Print Informationstechnologie GmbH Eggertstr. 28 · 33100 Paderborn Herausgeber: Verlagsgesellschaft Stumpf und Kossendey Postfach 1361 · 26183 Edewecht · www.skverlag.de Anzeigenverkauf: Verlagsgesellschaft Stumpf und Kossendey z.Z. gültige Anzeigenliste 2011 Bestellungen und Abonnentenverwaltung: Tel.: 04405 9181-0 Fax: 04405 9181-33 Erscheinweise: alle 3 Monate, 4 Ausgaben jährlich Abo-Preis: 39,60 Euro innerhalb Deutschlands (inkl. Versand) 43,20 Euro außerhalb Deutschlands (inkl. Versand)
Einzelpreis: 9,60 Euro (zzgl. Versand) Bankverbindungen: Deutschland: PGiroKto.: Postbank Hannover, BLZ 250 100 30, Konto-Nr. 2837-300 IBAN: DE08 2501 0030 0002 8373 00 BIC: PBNKDEFF Österreich: Steiermärkische Bank, Graz, BLZ 208 15, Konto-Nr. 0300 / 730 959 IBAN: AT392081500300730959 BIC: STSPAT2GXXX Hinweis: Aus Gründen der Lesbarkeit wurden alle Personenbezeichnungen ausschließlich in der männlichen Form dargestellt. Selbstverständlich sind dennoch stets Personen beliebigen Geschlechts gemeint. ISSN 2193-4401 Abbildungsnachweise: S. Drolshagen (Titelbild); R. Wimmer/Hochbild Pressefoto (S. 8); Feuerwehr Freiburg (S. 10); T. Merbreier (S. 11); Autoren (S. 12); T. Gräser/Berliner Feuerwehr (S. 14); RKiSH (S. 17); Statistisches Bundesamt (S. 19); S. Drolshagen (S. 24, 26); R. Schnelle (S. 27); M. Thelen/ DRK-LV Hessen (S. 28); S. Hutt (S. 30, 32); Feuerwehr Stuttgart (S. 34, 35); Falck (S. 36-38); Malteser (S. 40); M. Schepers (S. 42); moka-studio GbR, Hamburg (S. 44, 47)
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BOS-LEITSTELLE AKTUELL
wendet sich an alle Träger und Betreiber von
Leitstellen zur Gefahrenabwehr: im Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz ebenso wie an Leitstellen der Polizei oder Sicherheitsleitstellen bei den Werkfeuerwehren. Sie bietet interessierten Führungskräften ebenso fachlich fundiertes Wissen wie dem engagierten Leitstellendisponenten oder dem in der Ordnungsbehörde zuständigen Verwaltungsfachmann. ildung zierter Fortb ifi rt e Z it m t Jetz nenten! e/zf für alle Abon w.skverlag.d w w r te n u r h Me
Alle drei Monate Neues zu den Themen: Technik in der Leitstelle Einsatzberichte aus der Perspektive des Disponenten Taktische Konzepte zur Einsatzbearbeitung Organisation des Arbeitsfeldes Leitstelle
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NEWs
software zur standardisierten Notrufabfrage DIASSOP, die Software zur Standardisierten Notrufabfrage der NoraTec GmbH, ist seit über einem Jahr am Markt etabliert. Ein neues Modul in DIASSOP gewährleistet jetzt, dass auch im Bereich Krankentransport/ Intensivverlegung nach standardisierten Verfahrensweisen Einsätze aufgenommen werden können. Trotz der unterschiedlichen regionalen Anforderungen an Einsatzmittel und Personal hat jeder Leitstellenbetreiber die individuelle Möglichkeit, örtliche Vorgaben im Krankentransportmodul zu hinterlegen. Der medizinisch Verantwortliche legt die Zuordnung der medizinischen Geräte zu den Rettungsmitteln, die Verfahrensweise im Bereich der Infekttransporte oder die Einweisungsdiagnosen fest. Der Leitstellendisponent nimmt standardisiert alle Anforderungen an den Transport auf und wird durch vorgegebene Fragen unterstützt.
DIASSOP fügt automatisch alle Transportinformationen zusammen und ermittelt einen Einsatzvorschlag, der an das Einsatzleitsystem übergeben wird. Dabei steuert der Disponent DIASSOP benutzerfreundlich über Icons und Buttons. Das System berücksichtigt alle wichtigen Belange des Krankentransports/Interhospitaltransfers: Einweisungsdiagnosen, Transportdringlichkeit, medizinische Geräte während des Transports, schwerer Patient, Infektionskrankheiten mit Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen. Wie auch bei allen anderen Modulen von DIASSOP wird im Krankentransport ein effizientes und ökonomisches Qualitätsmanagement durch DIASSOP ermöglicht. www.noratec-gmbh.com 6
Neues grafisches Informationssystem Vomatec, ein Unternehmen für Sicherheitssoftware im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach, hat ein Programm für Leitstellen entwickelt, mit dem sich geografische Informationen direkt aus der Datenbank abrufen lassen. Dazu zählen sowohl statische Informationen, wie z.B. zu Gebäuden, Hubschrauberlandeplätzen und Krankenhäusern, als auch bewegliche, etwa die gemeldeten GPS-Positionen von Einsatzfahrzeugen und Einsatztrupps. In der Feuerwehrleitstelle, in der Einsatzzentrale oder Sicherheitszentrale eines Werks oder Geländes werden diese Informationen dann mittels vordefinierter Symbole angezeigt. Mit dem neuen Arigon® Plus-Modul GIS Web lassen sich zusätzlich Kartendienste aus dem Internet nutzen, um die genaue Lage bestimmter Objekte und das Kartenmaterial stets aktuell zu halten. Die im Leitrechner vorhandenen Daten können so mit den webbasierten Informationen angereichert werden. Die Software kann aber auch unabhängig vom Internet betrieben werden. Zudem erlaubt das GIS-Modul Informationen aus CAD-Zeichnungen einzubinden und zu nutzen, wie Kartendarstellungen oder die Posi-
tionen von Gefahrenmeldern. Dem Anwender erspart dieser Prozess einen großen Zeitaufwand in der Datenversorgung. Über das Modul lassen sich auch der Status von Einsatzfahrzeugen sowie der jeweilige Zustand von Informationspunkten wie Brandmeldeanlagen, Tore und Kameras anzeigen. Der Leitstellen-Disponent kann somit direkt aus dem System heraus die Anlagen steuern und ihr Verhalten überwachen. Die Informationspunkte inklusive ihrer grafischen Positionen sind jeweils in der Arigon® Plus-Datenbank hinterlegt, werden in die grafische Darstellung übertragen und dort angezeigt. Dadurch lassen sich Karten, etwa von Gebäuden, problemlos austauschen. Das Modul für das Sicherheitsmanagementsystem Arigon® Plus lässt sich intuitiv bedienen. Zudem kann die Ansicht für den individuellen Gebrauch leicht durch Zoomen, Verschieben und Drehen angepasst werden. Ein Internetzugang ist nur dann notwendig, wenn neue Informationen aus dem Netz geladen werden sollen. Ansonsten können die Karten aus dem Internet auch lokal installiert und somit autark vom Internet genutzt werden.
unnötige kosten für den Rettungsdienst Der Entwurf des neuen Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) sieht u.a. auch eine stärkere Kooperation zwischen den Ärztlichen Bereitschaftsdiensten und den Leitstellen vor. Dazu soll es in § 75 unter Absatz 1b) zukünftig heißen: „Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren.“ Die zunehmende Inanspruchnahme des Rettungsdienstes für einfache Erkrankungen, z.B. in Regionen, in denen der Weg zur Notdienstpraxis besonders lang ist, führe zu unnötigen Kosten für den Rettungsdienst, heißt es in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf. Vorgeschlagen wird daher eine gemeinsame Leitstelle für den Rettungs- und den vertragsärztlichen Notdienst, wie sie in manchen Regionen schon erfolgreich prak-
tiziert wird. Damit könne ein wesentlicher Beitrag geleistet werden, damit im Einzelfall die richtige Versorgungsebene in Anspruch genommen werden könne. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollten deshalb künftig entsprechende Kooperationen vereinbaren. Damit werde die Errichtung gemeinsamer Leitstellen befördert werden. Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen hat dazu im vergangenen Jahr bereits ein Projekt durchgeführt. Ziele waren die durchgehende und einheitliche Erreichbarkeit des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes in dem Bundesland, direkte Anbindung an den Rettungsdienst und eine stärkere Patientenorientierung allein schon durch weitaus mehr Hausbesuche als bisher. Mehr dazu erfahren Sie ab S. 28 dieser BOS-LEITSTELLE AKTUELL.
www.vomatec.de
www.bmg.bund.de
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NEWs
1. Treffen der Leitstellenleiter in Niedersachsen Die Niedersächsische Akademie für Brandund Katastrophenschutz (NABK) hat am 28./29. April 2015 zu einem Erfahrungsaustausch der Leiter der Leitstellen in Niedersachsen eingeladen. Hierbei wurden dem Teilnehmerkreis neben dem neu aufgestellten Aus- und Fortbildungsangebot an der NABK auch diverse Fachthemen vorgestellt. Im Dezember 2013 startete der erste „Pilotlehrgang“ zur Leitstellen-Ausbildung an der NABK. Nun sind die ersten beiden Lehrgänge
abgeschlossen und es galt, den Leitern die Erfahrungen in einem Austauschdialog vorzustellen. Hierzu haben die Verantwortlichen nach Celle eingeladen. Die AGBF (Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren) Niedersachsen hat mit einer Arbeitsgruppe ein Rahmenbetriebskonzept erstellt, das in einer modularen Art der Ausbildung geschult wird. Es wurde mit den Inhalten und den üblichen Optimierungen nach den ersten beiden „Pilotlehrgängen“ vorgestellt. Die genauen Inhalte der modularen Disponenten-Ausbildung sind im
Rahmenbetriebskonzept auf der Homepage der NABK zu finden. Derzeit befindet sich eine Lehrleitstelle in Planung, weshalb zum Praxisblock zur Leitstelle nach Oldenburg ausgewichen wird. Zum ersten Treffen wurden auch Referenten aus folgenden Bereichen eingeladen: • • • • •
Fachverband Leitstellen: Achim Hackstein ASDN Niedersachsen: Stefan Wächter Microsoft FRS App: Thomas Lipp MOWAS BBK: Gerrit Möws eCall: Andreas Korzinowski (Ref 26), Jens Schur (BF BS) • Rettungspunkte: Björn Busenius, Christoph Schwanke • Struktur im Notrufdialog: Frank Boerger • QM in einer Leitstelle: Maren Manzke Der Erfahrungsaustausch wird aufgrund des positiven Feedbacks auch in den kommenden Jahren fortgeführt werden. (Alexander Merzenich) www.nabk.niedersachsen.de
Mit connectedRescue schneller und sicherer zum Einsatzort Wichtige Einsatzinformationen für Rettungskräfte können ab sofort mit ConnectedRescue direkt ins Fahrzeug übermittelt werden. Auf diese Weise unterstützt das BMW-System die Helfer, gut informiert, schneller und sicherer zum Einsatzort zu kommen. BMW ConnectedDrive bietet eine Kombination von Fahrerassistenzsystemen und Mobilitätsdiensten an. Eine wichtige Funktion zur Kommunikation ins Fahrzeug ist My Info/Send to Car. Mit ihr lassen sich Informationen – wie etwa am Heimrechner geplante Ziele – direkt ins Fahrzeug senden
und zur Zielführung nutzen. Voraussetzung ist lediglich die Ausstattung ConnectedDrive Services und ein Navigationssystem. ConnectedRescue nutzt diesen Weg, um Daten aus einer Leitstelle in Einsatzfahrzeuge mit BMW ConnectedDrive zu übertragen – u.a. Adresse, Grund des Einsatzes und Ansprechpartner. Abhängig von der verwendeten Software in der Leitstelle können auch exakte Geodaten des Einsatzortes gesendet werden. Bis zu 100 Fahrzeuge lassen sich von der Einsatzzentrale auswählen und einzeln oder zu mehreren gleichzeitig mit Informationen versorgen. Übermittelte Zielkoordinaten oder Adressen lassen sich mit dem Navigations-
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system direkt zur Zielführung verwenden. So ist eine manuelle Eingabe der Navigationsziele nicht mehr erforderlich. Auf diese Weise können fehlerhafte Anfahrten oder Verzögerungen durch die sonst übliche Übermittlung von Informationen per Sprechfunk, die wertvolle Zeit kosten, minimiert werden. Die Verbindung zwischen Rettungsfahrzeug und Leitstelle erfolgt bei BMW-Einsatzfahrzeugen wie bei Serienmodellen mit der Ausstattung ConnectedDrive Services über die fest im Fahrzeug eingebaute SIM-Karte und über die BMW-Server. Beim DRK läuft das System seit Mitte 2014 störungsfrei im täglichen Einsatz.
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AkTuELLEs
Abb. 1: Die Teilnehmer der 2. Bad Boller Reanimationsgespräche
Bad Boller Reanimationsgespräche 2015: Telefonreanimation ist Kernaufgabe der Leitstellen
Autor:
Zum zweiten Mal trafen sich am 12. und 13. Februar 2015 im kleinen Örtchen Bad Boll in der Nähe Stuttgarts mehr als 60 Experten, um das Thema Reanimation zu diskutieren. Der diesjährige Slogan „Wie können wir gemeinsam 10.000 Leben retten?“ hatte einen regen Austausch der Anwesenden zur Folge. Im Mittelpunkt des Interesses stand eindeutig die Leitstelle – neben Fragen zur Ersthelferausbildung, zur Einrichtung von speziellen Reanimations-Zentren und der Frage „Wie qualifizieren wir zukünftig unser medizinischen Fachpersonal zum Thema Reanimation?“
Achim Hackstein Redaktion BOS-LEITSTELLE AKTUELL Leitstellenleiter LeitstellenZweckverband Nord Am Oxer 40 24955 Harrislee achim.hackstein@ leitstelle-nord.de
Der Erfolg der Behandlung hängt vom Funktionieren der gesamten Rettungskette ab. Diese beginnt in den allermeisten Fällen bei Laien, die in einem Notfall zuerst und oftmals alleine am Notfallort sind, setzt sich in der kontaktierten Rettungsleitstelle fort und umfasst schließlich alle medizinischen Fachkräfte, die mit dem Patienten in Berührung kommen. „Deshalb ist es wichtig, mit allen am Rettungsprozess Beteiligten zu sprechen und zusammenzuarbeiten. Denn nur gemeinsam können wir etwas ändern!“, sagte Professor Hugo van Aken, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI). „Schließlich zählt beim plötzlichen Herztod
8
jede Sekunde und das Funktionieren der Rettungskette entscheidet über Leben und Tod.“ Nachdem im letzten Jahr 10 Thesen entwickelt wurden, war das diesjährige Ziel, diese Thesen ganz konkret umzusetzen und mit Leben zu füllen. Das Verfahren, das angewendet wurde, um zu tragfähigen und realistischen Ergebnissen zu kommen, war beeindruckend. In perfekt organisierten „World Cafes“ hatten die Kleingruppen Zeit und Gelegenheit, aus den Diskussionen die Nuggets zu filtern und auf Postern zu dokumentieren. In einer Abschlussrunde wurden daraus „Erklärungen“ und „Initiativen“ entwickelt. Die Erklärung umfasst das grundsätzliche Ziel, und 2 · 2015 | 5. Jahrgang | BOS-LEITSTELLE AKTUELL | 60
AkTuELLEs
die Initiative beschreibt den Weg, wie das Ziel zu erreichen ist. Um gerade die Initiativen verbindlich zu gestalten, wurden diese mit Verantwortlichkeiten versehen. Der im Mai letzten Jahres gegründete Fachverband Leitstellen e.V. hat sich zum Ziel gesetzt, die Quote der Leitstellen, die standardmäßig die Telefonreanimation einsetzen, bis zum Jahr 2017 um 30% zu erhöhen. Als Hilfestellung hierzu stehen Algorithmen bereit, die es nun anzuwenden, aber auch fortzuentwickeln und zu harmonisieren gilt. Im Deutschen Reanimationsregister ist seit 2014 ein Zusatzmodul zum Qualitätsmanagement der Telefonreanimation integriert und liefert einheitlich definierte, verlässliche Zahlen und vergleichbare Fakten. Auch der Gesetzgeber ist gefordert, die Telefonreanimation flächendeckend als eine der Kernaufgaben von Leitstellen zu definieren. Hier braucht es nun die gemeinsame Aktivität aller an der präklinischen Notfallmedizin beteiligten Behörden, Organisationen und Institutionen. Die Reflexion des Umsetzungsgrades erfolgt dann im nächsten Jahr. Es wäre wünschenswert, wenn dies auch wieder in Bad Boll der Fall sein wird. ❂
Tab. 1: Erklärung „Relevante Verkürzung des reanimationsfreien Intervalls“ Leitstelle
• Anteil T-CPR > 30% bis 2017 in Deutschland
Rettungsdienst
• GPS-basierte Einsatzmittelstrategie bis 2017 in Deutschland • Einbeziehung von Ersthelfersystemen (FW, Pol, KTW, First Responder)
Laienhilfe
• ortungsbasiertes, qualifiziertes Ersthelfersystem bis 2017, bundesweit kompatibel
Tab. 2: Initiativen Leitstelle
• Einführung standardisierte/strukturierte Notrufabfrage (FVLST) • multilinguales, einheitliches T-CPR-Protokoll (FVLST) • bundeseinheitliche Ausbildung zum Disponenten (FVLST)
Rettungsdienst
• gesetzliche Verankerungen schaffen (siehe Erklärungen) (DGSWN, BAND, ÄLRD)
Laienhilfe
• Entwicklung einer standardisierten Schnittstelle zwischen ELS und ErsthelferApp (Kreis Gütersloh, GRC)
Vers
ion
2.0
DIE LAGE IM GRIFF
metropoly ® BOS Automatische Datenübernahme aus Einsatzleitsystemen. Aufgabenbezogene Darstellungen. Vernetzung von Einsatzkräften, Leitstelle und Krisenstäben: metropoly® BOS ermöglicht effizientes Lagemanagement. Laufend synchronisierte taktische Daten liefern fundierte Informationen. metropoly® BOS ist vielfach praxiserprobt und durch ständige Weiterentwicklung immer am Puls der Zeit. Mehr zu metropoly® BOS: www.die-lage-im-griff.de Oder erleben Sie metropoly® BOS live: INTERSCHUTZ 2015 in Hannover, 8. bis 13. Juni, Halle 12 Stand E27
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Zertifizierte Fortbildung
Abb. 1: Trotz modernster Ausstattung stellen fremdsprachige Notrufe bis heute eine besondere Herausforderung dar.
Autoren:
Thomas Merbreier Hauptbrandmeister BF Freiburg Integrierte Leitstelle
steffen kwiatkowski Aufstiegsbeamter BF Stuttgart Ausbildungsabschnitt BF München
christian Emrich Brandrat BF München Ausbildungsabschitt BF Freiburg
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Notrufabfrage in verschiedenen Sprachen – „Hallo? Ich verstehe Sie nicht!“ Die immer mehr zunehmende Globalisierung und Reisebereitschaft stellt auch die nicht-polizeiliche Gefahrenabwehr vor neue Fragestellungen. Ein heute regelmäßig auftretendes Problem sind fremdsprachige Hilfeersuchen, die über den europaweiten Notruf 112 ein Schadenereignis oder medizinischen Notfall melden möchten. Für die Informationen, die Leitstellendisponenten benötigen, um das oder die geeigneten Einsatzmittel an die richtige Adresse entsenden zu können, reichen die Deutschkenntnisse der Anrufer immer wieder nicht aus. Heutzutage leben viele fremdsprachliche Mitbürger in ihren Familien nicht nur in den Städten, auch auf dem Land ohne vertiefte Kenntnisse in Deutsch oder Englisch.
In der Integrierten Leitstelle Freiburg kommt es aufgrund des internationalen Tourismus in der BreisgauMetropole, dem Hochschwarzwald und der Grenznähe zu Frankreich immer wieder zu schwierigen Abfragesituationen. Zusätzlich wird die Thematik momentan durch die Zuwanderung aus weltweiten Krisengebieten verstärkt. Auch auf dem Land müssen Landkreise Flüchtlinge aufnehmen, um ihnen einen vorläufigen Aufenthalt zu bieten. In den Erstaufnahmeeinrichtungen hat man in München hautnah erlebt, welche Sprachkompetenzen die Personen mitbringen. Einige sprechen Englisch, jedoch in verschiedener Qualität. Es gibt aber auch Personen, die keine Weltsprache beim Eintreffen in Deutschland sprechen. Die weltweit verschiedenen englischspra-
chigen Dialekte, die in Stresssituationen von Anrufern gesprochen werden, können die Mitarbeiter von Integrierten Leitstellen schnell an sprachliche Grenzen bringen. Zudem nehmen diese Notrufe viel Zeit in Anspruch. Das belastet nicht nur die Disponenten, sondern auch den gesamten Einsatzprozess, der mit der Notrufannahme beginnt. Das Suchen eines fremdsprachigen Kollegen – in größeren Leitstellen im Haus, in kleineren Leitstellen telefonisch – trägt kaum zur Reduzierung des Stressfaktors in der Abfrage und Disposition bei. Sofern es das Anrufaufkommen zulässt, beschäftigen sich schnell mehrere Mitarbeiter mit dem Notruf. Dadurch können andere Anrufe über einen bestimmten Zeitraum nicht bearbeitet werden. Ist eine Unterstützung durch Kollegen 2 · 2015 | 5. Jahrgang | BOS-LEITSTELLE AKTUELL | 62