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SMCCV SCHWEIZERISCHE MORBUS CROHN / COLITIS ULCEROSA VEREINIGUNG CH-5000 AARAU WWW.SMCCV.CH

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Inhaltsverzeichnis

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Morbus Crohn ist wie …

4 Homöopathie – die andere Medizin 6 TCM-Behandlung bei Morbus Crohn 7 Endoskopien bei Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung 10 Der Tabakrauch und die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen – ein komplexes Zusammenspiel 041 670 04 87

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Impressum

rnährung bei chronisch E entzündlichen Darm­ erkrankungen

Für namentlich gezeichnete Beiträge ist der Verfasser verantwortlich. Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit genehmigung des SMCCV-Vorstandes. Verwendete Fotos in dieser Zeitschrift müssen keinen direkten Bezug zum Text aufweisen. Bitte beachten Sie, dass dieses Archivheft eine Sammlung aller bedeutenden Artikel aus den CC-Infos 63 bis 77 enthält. Die Berichte wurden weder verändert noch aktualisiert. Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass sich im Laufe der Zeit Angaben, Daten, Adressen und Namen geändert haben könnten. Gestaltung: Agentur Mehrwert, Baden, www.agentur-mehrwert.ch

36 Entzündliche Darmerkrankungen und Depression 38

äufige Nebenwirkungen H von Medikamenten bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen 20 Steroide: Nur noch lokal / topisch?

isenmangel: Ein häufiges E Problem bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

41 Wichtiges für den Nicht-Gastroenterologen 51 «Na, Süsse! Schicker Flitzer, oder?» 54

Auflage: 3000 Exemplare Herausgeber: SMCCV Schweiz. Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung, CH-5000 Aarau Telefon / Fax: 041 670 04 87 E-Mail: welcome@smccv.ch Postcheck: 50-394-6 Web: www.smccv.ch, www.asmcc.ch

34 Mein Bauch tut immer wieder weh: Kommt dies von meinem Morbus Crohn oder kann es auch ein Reizdarm sein?

Die Uhr

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23 Ernährung bei chronisch entzündlichen Darm­ erkrankungen 25 Immumsuppressiva bei chronisch entzündlichen Darmkrankheiten 32 Bessert Stressreduktion chronisch entzündliche Darmerkrankungen?

56 Naturheilkunde und Komplementärmedizin in den Leitlinien für Morbus Crohn und Colitis ulcerosa 59 «Die sanfte Medizin» – wer sich auskennt, ist im Vorteil 60 Einfacher Test für eine schnellere Diagnose 62 Darmkrankheit als Tabu 65 Wegweiser Sozialversicherungen


Morbus Crohn ist wie … Andrea C. Mülhaupt Februar 2012

… ein Regenbogen, man weiss nicht, wo er beginnt, noch wo er endet. … ein Zebra, jedes Wesen hat sein eigenes Muster und doch sind alle gleich. … ein Bär, der Winterschlaf hält und irgendwann wieder aufwacht. … ein Erdbeben, es kommt ohne Vorankündigung. … ein Fremdwort, irgendwann hört man es zum ersten Mal und dann kennt man es für immer. … ein Stein in einem Fluss, unscheinbar und doch zwingt er das Wasser, einen Umweg zu machen. … eine Ampel, von Zeit zu Zeit muss man innehalten und warten. … ein Vulkan, es lodert immer irgendwo, auch wenn man es nicht sieht. … ein Schicksalsschlag, entweder man arrangiert sich oder man zerbricht daran. … ein Schatten, man kann ihm nicht entkommen. … ein Fallschirmsprung, ereignisreich und nie langweilig. … eine Demonstration, manchmal geht es drunter und drüber. … eine Steuererklärung, früher oder später muss man sich mit ihr auseinandersetzen. … ein Heissluftballon, schwer zu steuern, aber man sieht die Welt mit anderen Augen. … ein Lexikon, schwer zu tragen, aber es erweitert den Horizont.


Homöopathie – die andere Medizin Homöopathie ist eine Wissenschaft, die akute und chronische Krankheiten gemäss den Gesetzen der Natur heilt. Sie erfasst den Menschen in seiner Ganzheit, bestehend aus Körper, Seele und Geist.

Dr. Mohinder Singh Jus Leiter Shi Homöopathie Schule und Praxis, Zug

Homöopathie erfasst den Menschen in seiner Ganzheit. Sie sieht den Patienten als ein Individuum, einen Menschen, der aus Körper, Seele und Geist besteht. Der Charakter, die Gewohnheiten, die psychischen und körperlichen Symptome sowie die bei Familienmitgliedern vorkommenden Krankheiten werden minutiös festgehalten. Primär wird der Mensch behandelt und nicht seine Krankheit. Die homöopathischen Mittel helfen dem Menschen, sein Gleichgewicht wieder zu finden und seine Symptome selber zu bekämpfen. Zwei Menschen mit der gleichen Krankheitsdiagnose werden höchstwahrscheinlich zwei verschiedene homöopathische Mittel verschrieben erhalten. Nicht die Krankheitsdiagnose ist massgebend, sondern wie der Patient seine Krankheit ausdrückt und durch welche Symptome er sich von einem anderen Patienten mit der gleichen Krankheitsdiagnose unterscheidet. Die Homöopathie braucht Heilmittel in sehr kleinen Mengen, vorbereitet nach den Prinzipien der Potenzierung (Verdünnung und Verschüttelung). Oft werden die Urstoffe so stark potenziert, dass kein Molekül davon mehr nachweisbar ist. Die homöopathischen Mittel sind in solchen Verdünnungen nicht toxisch und haben keine toxischen Nebenwirkungen, wie sie in anderen Medizinsystemen bekannt sind. Es ist aus diesem Grund die ideale Medizin für jedes Alter, Säuglinge und Schwangere inbegriffen. Der Vorwurf, die Wirkung der hochverdünnten homöopathischen Mittel könne nur auf einer Placebo-Wirkung beruhen, lässt sich durch die deutlichen und wiederholten therapeutischen Erfolge an Säuglingen, Tieren und sogar Pflanzen endgültig beseitigen.

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Homöopathie hat zur Zeit Hahnemanns die erste Anerkennung bei der Behandlung von Epidemien wie z. B. Cholera oder Scharlach und bei akuten Fällen aller Art gefunden. Die Homöopathie wurde dann durch ihre Erfolge bei der Behandlung von chronischen, wiederkehrenden Krankheiten weltweit bekannt. Sie hat die Kraft, viele solcher Krankheiten dauerhaft zu heilen. Homöopathie ist eine Heilmethode, die auf den festen Prinzipien beruht, welche Hahnemann formuliert hat. Dies sind natürliche Prinzipien, und wie ein physikalisches Gesetz werden sie für alle Zeiten gültig bleiben. Dies bedeutet nicht, dass die Homöopathie stehen bleibt und sich nicht weiterentwickelt, aber sie behält ihre eigene, stabile Wurzel. Gesundheit, Krankheit und Heilung Die Homöopathie sieht den Ursprung von Krankheit im dynamischen und nicht im Stofflichen. Gesundheit und Krankheit sind zwei verschiedene Ebenen des Lebens. Beide Bereiche drücken sich durch ihre eigenen individuellen Zeichen aus. Gesundheit ist ein Zustand von Unbeschwertheit und Harmonie. In diesem Zustand befindet sich der Körper mit allen seinen Organen und deren Funktionen in einer rhythmischen und koordinierten Übereinstimmung mit Geist und Seele. Es herrscht Ruhe, Friede und Freude, und das Individuum ist in der Lage, normal zu denken, normal zu essen und normal zu verdauen; Bewegung und Alltag werden ohne Stress und Schmerz bewältigt. Diesen koordinierten Fluss von Seele zu Geist und Körper kennen wir als Gesundheit. Die Lebenskraft (Abwehr, Immunsystem) ist für die Aufrechterhaltung dieses ununterbrochenen Flusses verantwortlich. Sie schützt uns vor Krankheit. Unsere Lebenskraft, die einem


grossen Energiespeicher gleicht, verfügt über genügend Stärke, um aussergewöhnlichen Stress, extreme Temperaturen und andere unvorhersehbare Situationen auszuhalten. Solange wir diesen Speicher bewusst immer wieder auffüllen, sind wir in Sicherheit und bleiben gesund. Aber wir Menschen sind berüchtigte Verbraucher, wir verschleissen unsere Batterie, indem wir einen monotonen Lebensstil führen, Ramsch essen und wenig für unseren Körper und unseren Geist tun. Krankheit ist das Ergebnis einer erschöpften Lebenskraft. Erst dann werden Bakterien, Viren, Allergene usw. zur Bedrohung für den Körper. Eine geschwächte Lebenskraft unterliegt den Angriffen seiner feindlich gesinnten Umgebung und alarmiert uns durch Warnsignale in Form von Symptomen. Die erste Zerrüttung der Gesundheit findet auf der dynamischen Ebene statt, bevor sie sich auf der stofflichen Ebene zeigt. So ist das Krankheitssymptom nur die Frucht der Krankheit. Ein Beispiel: Ein gestresster junger Mann bekommt vor Jahresabschluss einen Hexenschuss. Dieses Symptom des Rückens ist lediglich die Manifestation des überbeanspruchten Geistes. Vielleicht führt er es darauf zurück, dass er etwas Schweres gehoben hat, oder auf eine falsche Bewegung. Aber warum geschieht es zu einer bestimmten Zeit im Jahr, unter bestimmten Umständen, warum so und nicht anders? Ein weiteres Beispiel: Ein Mann, der seit Jahren immer im gleichen Lokal zu Mittag isst, bestellt eines Tages eine Mahlzeit, die er vorher dort schon oft gegessen hat. Aber heute wird er plötzlich krank davon. Er entwickelt eine Magen-Darm-Entzündung. Bei näherer Betrachtung stellen wir fest, dass der Vorabend schrecklich verlaufen ist. Er hatte zu Hause Streit, und es besteht die Möglichkeit, dass seine Frau ihn verlässt.

tet, Benzin ins Feuer zu schütten. Zuerst ist der Patient froh, dass seine schmerzhaften Symptome verschwunden sind, doch nach einer Weile stellt er fest, dass in anderen, vorher gesunden Körperteilen eine ganze Reihe von Problemen beginnen. Zum Beispiel: Ein Patient wird wegen Stirnhöhlenentzündung behandelt. Die Nebenhöhlen sind danach frei, aber kurz darauf entwickelt er Ödeme in Beinen und Füssen. Oder: Ein Patient wird wegen Polyarthritis behandelt; die Schmerzen in den Gelenken lassen nach, aber nun entwickelt er hohen Blutdruck. Homöopathische Behandlung Eine homöopathische Behandlung eignet sich um sowohl akute, wie auch chronische Krankheiten zu behandeln. Selbst bei schweren chronischen Krankheiten wie Morbus Crohn eignet sich die Homöopathie als nebenwirkungsfreie, ganzheitliche Therapie. Je nach Fall kann eine Heilung oder eine Besserung erreicht werden. Die homöopathische Behandlung kann alternativ oder komplementär zu anderen Therapien angewendet werden.

Keine Bakterien, Viren oder Pollen könnten je diese gesunde natürliche Schutzwand durchdringen. Dazu muss erst irgendwo ein Schlupfloch entstehen. Vor dem Auftreten der physischen Krankheit muss es zuerst eine dynamische Krankheit geben. Heilung ist nur dann möglich, wenn es uns gelingt, die Lebenskraft zu stärken, welche dann die normalen Funktionen wiederherstellt, was wiederum zu einer Umwandlung des kranken Gewebes in normales Gewebe führt. Die Homöopathie glaubt nicht, dass die Entfernung eines Tumors oder eines erkrankten Organs oder eine symptomatische Therapie die dynamische Gesundheit bewirken kann. Heilung bedeutet nicht einfach Beseitigung lästiger Symptome. Sie bezeichnet die Wiederherstellung des Zustandes vor der Krankheit. Bei jeglicher Form von Rückfall können wir nicht von Heilung sprechen. So kann z. B. eine Colitis ulcerosa solange nicht als geheilt erklärt werden, wie Schübe wieder auftreten. Heilung kann leicht mit Linderung oder Unterdrückung verwechselt werden. Linderung ist bei unheilbaren, komplizierten Zuständen nötig. Unterdrückung der Krankheit bedeu-

Weiterführende Information: Die Reise einer Krankheit Mohinder Singh Jus, 320 Seiten Homöosana Verlag Erhältlich bei Homöosana Steinauserstrasse 51 6300 Zug, Tel. 041 748 21 80 bestell@homoeosana.ch Allgemeine Information und Kursprogramm auf www.shi.ch

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TCM-Behandlung bei Morbus Crohn Patienten mit Morbus Crohn leiden häufig unter immer wiederkehrenden Durchfallschüben, begleitet von Bauchschmerzen oder -krämpfen. Neben Operation und medi­kamentöser Behandlung bietet die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) eine nebenwirkungsarme Behandlung, welche die akuten Durchfallschübe bremsen und die chronische Entzündung sowie ihre Symptome lindern kann.

Zhixiang Wang TCM-Arzt Sinomed Lausanne, www.sinomed.ch

Die Jahrtausende alte TCM ist eng mit den grossen philosophischen Richtungen des Taoismus und des Konfuzianismus verbunden. Sie versteht den Körper als ein zusammenhängendes System, in dem alle Körperteile, Organe und Organsysteme durch Energiebahnen miteinander verbunden sind. Dieses wird wiederum in verschiedene Funktionsbereiche eingeteilt. Gesund ist ein Mensch dann, wenn seine gesamte Energie im Gleichgewicht ist, was bedeutet, dass die Energie harmonisch und ungehindert durch den ganzen Körper fliesst. Erst wenn Blockaden oder Ungleichgewichte auftreten, wird dieser Energiefluss gestört, was in der Folge zu Erkrankungen führt. Energien werden grundsätzlich in Yin (Kraft sammelnd) und Yang (Kraft verbrauchend) unterteilt. In der Chinesischen Medizin gibt es keine Standard-­Lösungen, sondern ausschliesslich Behandlungen, die jeden Menschen in seiner Einzigartigkeit erfassen. Vor jeder individuellen therapeutischen Massnahme wird eine umfassende Diagnose durchgeführt – dies auch im Verlauf der Behandlung. Die Diagnosestellung erfolgt in der TCM über das Sehen, Betrachten, Hören, Riechen, Betasten und über die eingehende Befragung des Kranken. Durch Zungen- und Pulsdiagnose kann exakt bestimmt werden, in welchem Funktionskreis ein Ungleichgewicht zwischen den Yin- und Yang-Energien besteht. Zu den möglichen Ursachen der wiederkehrenden Durchfallschübe bei Morbus Crohn, die der TCM- Arzt mit der oben beschriebenen Diagnoseart ermittelt, zählen:

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– Äussere Einflüsse, wie Sommerhitze, Feuchtigkeit, Kälte oder Hitze: Diese haben die Milz- und Magenfunktionsbereiche geschädigt, sodass sie nicht richtig funktionieren. – Ernährungsstörungen: Übermässiges, zu fettes oder kaltes Essen sowie zu viel Süsses belasten die Milz- und Magenfunktionsbereiche negativ, sodass sie ihre Funktion nur noch eingeschränkt wahrnehmen können. – Emotionen, wie Traurigkeit, Ärger, Nervosität, Stress etc.: Sie verursachen Qi-Disharmonien in der Leber, welche wiederum zu Funktionsstörungen in den Milz- und Magenbereichen führen. – Funktionsschwäche der Organe: Unregelmässiges Essen, Müdigkeit durch eine zu hohe Arbeitsbelastung oder auch langjährige Krankheiten beeinflussen die normale Verdauungsfunktion von Magen und Darm. Die Störungen in den Milz- und Magenfunktionsbereichen führen grundsätzlich dazu, dass die vorhandene Feuchtigkeit im Körper nicht rechtzeitig ausgeschieden wird und die Darmfunktion nicht aufrechterhalten werden kann. Je nach Ursache wird Akupunktur, Kräutertherapie oder­ Tuina-Massage angewendet, um die Funktionsstörung zu beheben. Während der TCM-Behandlung soll die herkömmliche schulmedizinische Therapie ohne Absprache mit dem Arzt nicht abgesetzt oder reduziert werden. Der kombinierte Einsatz erzielt meist bessere Ergebnisse.


Endoskopien bei Patienten  mit chronisch ent­zünd­licher Darmerkrankung Darmspiegelungen sind ein zentrales Instrument bei der Behandlung von Menschen mit chronisch ent­zündlichen Darmerkrankungen. Der vorliegende Artikel geht fokussiert auf häufig gestellte Patienten­ fragen zum Thema Endoskopie ein. PD Dr. Alain Schoepfer Centre hospitalier universitaire vaudois / CHUV, Lausanne

1. Endoskopie: Was ist das überhaupt, wie funktioniert dies? Die Endoskopie (auf deutsch Spiegelung) ist ein Verfahren, mit welchem der obere Magen-Darm-Trakt resp. der Dickdarm unter direkter Sichtkontrolle untersucht werden kann. Die Spiegelung erfolgt über ein etwa kleinfingerdickes Gerät (Endoskop genannt), welches im Falle einer Darmspiegelung über den After eingeführt wird, im Falle einer Magenspiegelung über den Mund. Die Endoskope haben eine Länge von rund 1,2 bis 1,4 Meter. An der Spitze des Spiegelungsgerätes befindet sich eine Kamera welcher mit einem Videochip gekoppelt ist, welcher das Bild auf einen Monitor überträgt. So ist es möglich, dass der Patient die Untersuchung aktiv mitver­folgen kann. Die Spiegelungs­ geräte sind mit Kanälen ausgerüstet, mit welchen einer­seits Flüssigkeit abgesaugt werden kann, Luft eingegeben werden kann, über die aber auch Instrumente vorgeführt werden können. Das Vorführen von Instrumenten über die Endoskope gestattet die Entnahme von gezielten Gewebeproben, Blutstillungen, oder auch Polypen-Abtragungen.

2. Wer hat die Endoskopie erfunden? Wichtige Meilensteine? Ein wichtiger Vorbereiter für die Endoskopie war der holländischer Arzt Herman Boerhaave (1668 – 1738) welcher elastische Lederschläuche zur Ernährung von Patienten entwickelte. Erstmals gelang es dem Frankfurter Arzt Philipp Bozzini im Jahre 1806, mit seinem «Lichtleiter» in verschiedene Körperhöhlen hineinzublicken. Damals stellte er als Chirurge seinen «Lichtleiter» auf der Militärakademie in Wien vor, ohne allerdings auf grosses Interesse zu stossen. Der vorgestellte «Lichtleiter» umfasste ein Kerze als Lichtquelle,

eine Reflexionsoptik (Spiegel) sowie eine röhrenförmige Hülse. Der Pariser Urologe Antonin Desormeaux nahm ca. 50 Jahre später die Erfindung Bozzinis wieder auf und entwickelte den Lichtleiter weiter, wobei er die Kerze durch eine deutlich heller brennende Gasbogenflamme ersetzte. Sein Instrument fand rasch Anklang und wurde weit 1853 in grösserer Stückzahl gebaut. Aufgrund seines Erfolges ging Desormeaux als «Vater der Endoskopie» in die Medizingeschichte ein. Die erste Magenspiegelung (mit starrem Endoskop) wurde im Jahre 1868 durch Adolf Kussmaul, sinnigerweise an einem Schwertschlucker, durchgeführt, allerdings gelang es hierbei nicht den Magen genügend zu beleuchten. Der Wiener Chirurge Mikulicz führte im 1878 starre Magenspiegelungen durch mithilfe von Instrumenten an deren

Abb. 1: Starre Magenspiegelung im Jahre 1881 durch den Wiener Chirurgen Mikulicz.

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Spitze eine Beleuchtungskörper montiert war (PlatinumGlühdraht), s. Abb. 1. Thomas Edison stellte im Jahre 1879 die bahnbrechende Erfindung der Glühlampe vor. Diese Entdeckung wurde bei einer Industrieausstellung in Wien vorgestellt. Die Ausstellung wurde vom berühmten Instrumentenbauer Josef Leiter besucht, welcher sich in der Folge mit der Anwendung der Glühlampe in der Endoskopie befasste. Bis zur Einführung der semi-flexiblen Endoskopie im Jahre 1932 durch den amerikanischen Militärarzt Rudolf Schindler wurden alle Endoskopien starr durchgeführt, was für die Patienten mit entsprechender Unbill verbunden war. Im Jahre 1958 wurde durch den Amerikaner Basil Hirschowitz das erste flexible Glasfiber-Endoskop präsentiert, welches über die Lichtleitung mithilfe von Glasfasern nun eine gute Ausleuchtung gestattete. 3. Wie ist der Untersuchungsablauf? Zu Beginn der Untersuchung (Fall einer Darmspiegelung) liegt der Patient meist auf dem Rücken. Das Instrument wird nach der Untersuchung der Afterregion durch den Arzt resp. Ärztin unter Sicht mit Begradigungs- oder Um-lagerungsmanövern vorgeschoben, bis der letzte Teil des Dickdarms (Zökum) erreicht wird. Meist wird auch der letzte Teil des Dünndarms (sogenanntes terminales Ileum) inspiziert, in dem das Instrument über die Klappe in den Dünndarm vorgeführt wird. Auf dem Rückzug wird nun die Schleimhaut (mittels Einblasen von Luft in den Darm für eine gute Entfaltung) gut untersucht, ob sich hier krankhafte Veränderungen befinden. Die Untersuchungsdauer beträgt rund 25 Minuten. Das zur Darmentfaltung eingeblasene Luftvolumen kann während der Untersuchung und auch noch kurzzeitig später Darmblähungen verursachen, ein gehäufter Abgang von Winden ist also normal. 4. Braucht es für eine Darmspiegelung eine Vorbe­ reitung? Prinzipiell ist für eine Darmspiegelung stets eine Darmvorbereitung nötig. Das heisst, dass hierbei der Dickdarm von Stuhl gereinigt werden muss. Dies geschieht über das Abführen mit rund 4 Litern Spüllösung, der Beginn der Vorbereitung erfolgt am Vortag. Eine gute Darmvorbereitung ist essentiell, damit die Untersuchung nicht übermässig lange dauert und damit natürlich alle Schleimveränderungen ent-

Abb. 2: ungenügende Vorbereitung: Dickdarm mit breiigen Stuhlmassen ausgekleidet, Beurteilung der Schleimhaut nicht möglich

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Abb. 3: gute Vorbereitung: praktisch keine Stuhlresten, Schleimhaut mit Gefässen gut erkennbar

deckt werden können. Es gilt die Regel: Je besser die Vorbereitungsqualität, desto schneller und unkomplizierter und erfolgreicher verläuft die Untersuchung, Abb. 1 und Abb. 2. 5. Welche Methoden der Vorbereitung gibt es? Es gibt zwei Arten von Flüssigkeit für die Vorbereitung. Bei der ersten Methode werden für eine Darmspiegelung rund 4 Liter balancierte Salzlösungen getrunken, welche Polyäthylenglykol enthalten. Die Vorteile dieser Spüllösungen sind eine gute Abführqualität, minimale Verschiebungen der Blutsalze und der Flüssigkeiten im Körper, relativ tiefe Kosten. Nachteile sind: das Trinkvolumen und ein leicht unangenehmer Geschmack (diskret salzig, welcher trotz Geschmackszugaben bestehen bleiben kann). Gute Resultate werden erreicht, wenn der erste Teil der Spüllösung am Nachmittag vor der Untersuchung (3 Liter), der zweite Teil (1 Liter) am Frühmorgen der Untersuchung eingenommen werden. Die zweite Möglichkeit zur Abführung besteht in der Einnahme von sogenannten salinischen Laxativa, welche als Grundlage Magnesium oder Phosphat enthalten. Diese wirken durch Entzug von Wasser. Die Wirkstoffe sind Natriumphosphat oder Magnesiumzitrat. Nachteile sind, im Gegensatz zu auf PEG-Basis beruhenden Spüllösungen, häufiger auftretende Verschiebungen von Flüssigkeiten und Blutsalzen, somit sind diese Abführlösungen nicht geeignet für Personen mit eingeschränkter Nierenfunktion, mit Herzleiden oder fortgeschrittenem Leberleiden oder zu Grunde liegenden Störungen im Wasser- und Elektrolythaushalt. 6. Wie muss ich mich für eine Darmspiegelung vorbereiten? Rund vier Tage vor der Untersuchung sollten Sie als ­Patient / -in keine Speisen mit Kernen mehr einnehmen (keine Trauben), da diese Kerne den Absaugkanal des Spiegelungsgeräts verstopfen können. Ebenso sollten eisenhaltige Tabletten rund 5 Tage vor der geplanten Spiegelung abgesetzt werden, da diese schwarzen, klebrigen Stuhl verursachen, welcher nur schwer abgespült werden kann. Blutverdünnende Medikamente wie Aspirin oder Plavix oder eine volle Blutverdünnung sollten nach Rücksprache mit dem Hausarzt rund 7– 10 Tage vor der Untersuchung pausiert werden. Zwei Tage vor der Untersuchung keine Früchte, Gemüse oder Vollkornprodukte mehr essen, nur leicht verdauliche Nahrungsmittel wie  z. B. Brot, Reis, Fisch, Kartoffelstock. Ein Tag vor der Untersuchung ein leicht verdauliches Frühstück, ab Mittag nur noch Bouillon, Mineralwasser, Tee oder Kaffee. Am Vortag der Untersuchung gegen 16 Uhr sollten die 3 Liter polyäthylenglykolhaltiger Spüllösung getrunken werden, der abführende Effekt beginnt nach etwa 3 – 6 Stunden. Ziel ist, dass der Spülsaft klar aus dem Anus wieder herauskommt. Am Morgen des Untersuchungstages sollte noch ein weiterer Liter der Spüllösung eingenommen werden. 7. Ist diese Untersuchung schmerzhaft? Erhalte ich Beruhigungsmittel? Die Untersuchung wird in der Regel unter einem Schlafmittel und einem Schmerzmittel durchgeführt. Das Einblasen von Luft sowie auch das Überwinden von Kurven des Dick-


darms kann kurzzeitig unangenehm sein und ggf. den gezielten Druck auf den Bauch durch die Pflege­person erfordern. Typischerweise vergessen die Patienten unter den Medikamenten die unangenehmen Einflüsse nach der Spiegelung wieder. 8. Wie häufig braucht es eine Spiegelung bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung? Prinzipiell braucht es die Darmspiegelung für die Diagnosestellung, da insbesondere bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung die Diagnose aus dem typischen Bild von Klinik, Spiegelungsbefund sowie passenden Untersuchungen in der Mikroskopie (entnommene Gewebeproben) gestellt wird. Falls die Entzündungsaktivität gut eingestellt ist, braucht es nicht routinemässige Kontrolluntersuchungen, diese sollten speziellen Fragestellungen vorbehalten bleiben. Ab dem 10. Erkrankungsjahr besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Krebsvorstufen (Resultat der lang dauernden Entzündung). In diesem Falle sind im 1  – 2 Jahresabstand Kontrollspiegelungen durchzuführen für die Krebsvorsorge, dies gilt sowohl für Patienten mit Morbus Crohn wie auch Colitis ulcerosa.

Quintessenzen – Die Spiegelung ist unumgänglich zur Diagnosestellung der chronisch entzündlichen Darmerkrankung. – Eine Spiegelung sollte nur dann durchgeführt werden, wenn eine klare Fragestellung zu beantworten ist und hiervon auch eine Therapieänderung absehbar ist. – Ab dem 10. Erkrankungsjahr erhöht sich das Risiko für Krebsvorläufer in der Darmschleimhaut, demzufolge sollten ab dem 10. Erkrankungsjahr im 1 – 2-Jahresabstand Kontrollspiegelungen mit Entnahme mehrerer Gewebeproben durchgeführt werden. – Es gibt prinzipiell zwei Abführschemas für die Darmvorbereitung, das eine beruhend auf Polyäthylenglykolhaltigen Lösungen, das zweite Schema beruht auf salz­haltigen Abführmitteln. Vorzuziehen sind prinzipiell die PEG-haltigen Abführmittel, da weniger Volumen- und Blutsalzverschiebungen auftreten.

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Der Tabakrauch und die chronisch entzündlichen Darm­erkrankungen – ein komplexe­s Zusammenspiel Rauchen beeinflusst sowohl das Risiko, eine chronisch entzündliche Darmkrankheit (CED) zu entwickeln als auch deren Krankheitsverlauf und das Auftreten von Komplikationen.

Dr. med. Luc Biedermann, Dr. med. Jonas Zeitz, PD Dr. med. Stephan Vavricka, Prof. Dr. med. Dr. phil. Gerhard Rogler; UniversitätsSpital Zürich

Rauchen beeinflusst sowohl das Risiko eine chronisch entzündliche Darmkrankheit (CED) zu entwickeln als auch deren Krankheitsverlauf und das Auftreten von Komplikationen. Wie bereits seit längerem bekannt geschieht dies verblüffenderweise keinesfalls übereinstimmend: Während beim Morbus Crohn das Rauchen einen negativen Einfluss ausübt und den Krankheitsverlauf verschlechtern kann, verhält es sich bei der Colitis ulcerosa genau umgekehrt. Obwohl zahlreiche Erklärungsversuche für diesen scheinbar paradoxen Sachverhalt existieren ist der genaue Mechanismus bis heute unklar. Ein Verständnis der komplexen Einflussmechanismen des Rauchens auf die CED könnte das Verständnis der Krankheitsabläufe (Pathogenese) erweitern und möglicherweise den Weg für die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze ebnen. Das Rauchen scheint sowohl die Häufigkeit als auch den Schweregrad und Verlauf zahlreicher gastrointestinaler Erkrankungen zu beeinflussen. Doch entgegen der sich aufdrängenden Annahme sind diese Auswirkungen keineswegs immer negativ für den Krankheitsverlauf. So kann das Rauchen zwar die Entstehung eines Magengeschwüres (Magenulcus) begünstigen, die Symptome von Sodbrennen verstärken oder im schlimmsten Fall die Entstehung zahlreicher bösartiger Tumoren, u.  A. Speiseröhren-, Magen-, Bauchspeicheldrüsenoder Darmkrebs, fördern. Demgegenüber gibt es jedoch Hinweise, dass z. B. die Zöliakie (Unverträglichkeit gegenüber einem Getreideklebeprotein, Gluten, welche eine chronische Entzündungsreaktion mit Zerstörung der Dünndarmzotten auslöst) unter Rauchern seltener auftreten könnte.

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Am eindrücklichsten und in der medizinischen Literatur immer wieder als Beispiel aufgeführt zeigt sich der unterschiedliche Effekt des Rauchens jedoch bei den CED. Obwohl der Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa bis heute noch wegen ihrer Ähnlichkeiten von einigen Experten als extreme Facetten der prinzipiell gleichen Krankheit angesehen werden und in rund 10% der Fälle die Unterscheidung auch mit allen diagnostischen Hilfsmitteln nicht gelingt – colitis indeterminata («unbestimmte Colitis») genannt – zeigt sich bei beiden Krankheiten bezüglich Auftreten und Verlauf ein geradezu gegensätzlicher Effekt des Rauchens. Raucher haben nicht nur ein deutlich erhöhtes Risiko (etwa 50 –100% erhöht), an einem Morbus Crohn zu erkranken. Raucher mit Morbus Crohn entwickeln auch signifikant häufiger Schübe. Zudem müssen Raucher häufiger operiert werden und es kommt ebenfalls häufiger zu schweren Komplikationen wie Darmdurchbrüchen. Ganz anders verhält es sich bei der Colitis ulcerosa. Von dieser Erkrankung sind weitaus am häufigsten Nicht-Raucher oder Ex-Raucher betroffen. In verschiedenen Studien zeigte sich, dass der Anteil Raucher an den untersuchten Patienten mit Colitis ulcerosa gerade einmal bei 10 – 15% lag (oder anders ausgedrückt: 85 – 90% der Patienten mit Colitis ulcerosa sind Nichtraucher!) – gegenüber einem Raucheranteil von 25 – 40% in der Kontrollgruppe gesunder Probanden dieser Untersuchung. Hieraus ergibt sich, dass das Risiko bei Rauchern eine Colitis ulcerosa zu entwickeln nur etwa 40% des Risikos eines Nichtrauchers beträgt. Weiterhin kann als gesichert betrachtet werden, dass eine Colitis


ulcerosa bei Rauchern tendenziell gutartiger verläuft, was sich zum Beispiel in einer niedrigeren Schubrate, weniger Spitalaufenthalten aber auch einem vermindertem Bedarf von Steroiden («Kortison») bis hin sogar zu seltener notwendigen operativen Dickdarmentfernungen (Kolektomien) äussert. Auch die primäre sklerosierende Cholangitis (eine chronische Entzündungsreaktion sowohl der Gallenwege innerhalb der Leber als auch der in den Zwölffingerdarm ableitenden Gallenwege mit einer Art faserigem Umbau zu Beginn, bis hin zu einer vollständigen entzündlichen Verstopfung und Zerstörung der Gallenwege), die eine schwere und glücklicherweise seltene Komplikation einer Colitis ulcerosa darstellt, ist in diesem Zusammenhang interessant. Sie tritt praktisch nur bei Nichtrauchern auf. Wenn ein Raucher mit dem Rauchen aufhört, erhöht sich das Risiko verglichen mit Personen die nie geraucht haben, dass er innerhalb der nächsten 2 – 3 Jahre neu an einer Colitis ulcerosa erkrankt um etwa 60%. In verschiedenen Untersuchungen hat sich zudem die Beobachtung vieler rauchender Patienten mit Colitis ulcerosa herauskristallisiert, dass sich ihre Krankheit nach einem Rauchstopp tendenziell verschlimmere. Im Gegenzug wurde eine erneute Symptombesserung nach Wiederaufnahme des Rauchens festgestellt. Aus den oben genannten Beobachtungen drängt sich nun zunächst folgende Schlussfolgerung auf: Bei rauchenden Patienten mit einem M. Crohn sollten in jedem Fall Anstrengungen im Hinblick einer Aufgabe des Rauchens unternommen werden, da sich hieraus eine zum Teil deutliche Verbesserung des Krankheitsverlaufes erreichen lässt. Wie steht es nun aber um die Colitis ulcerosa? Sollten Raucher mit Colitis ulcerosa besser ihrem «Laster» treu bleiben, da sie sich durch die Zigaretten prinzipiell doch eher etwas Gutes tun? Können Nichtraucher eine Verbesserung ihrer Krankheitsaktivität erreichen, falls sie sich dem blauen Dunst zuwenden würden? So attraktiv ein Bejahen beider obiger Thesen auf den ersten Blick gerade für Raucher erscheinen mag – so grundsätzlich falsch sind diese Annahmen insbesondere wenn man den Fokus vom Darm abwendet.

– Bösartige Tumore (Lunge, Niere, Blase und ableitende Harnwege, Leber, Bauchspeicheldrüse, Magen, Speiseröhre, Mundboden, Kehlkopf, myeloische Leukämien, Gebärmutterhals…) – Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) – Reproduktionsstörungen (Unfruchtbarkeit), spontane Aborte, vorzeitige Wechseljahre, diverse Erkrankungen des Baby im Mutterleib bei rauchenden Müttern) – Osteoporose (Knochenverlust, Knochenbrüche) Gemäss Angaben der WHO gibt es weltweit über eine Milliarde Raucher mit weltweit steigender Tendenz, wenngleich die Zahl der Raucher in den entwickelten Ländern eher zurückgeht. Rauchen stellt einen Risikofaktor für sechs der acht führenden Todesursachen dar. Etwa die Hälfte aller Raucher stirbt an den unmittelbaren Folgen des Rauchens. Die Todesopfer der «weltweit wichtigsten fassbaren Ursache für Krankheit und vorzeitigen Tod» belaufen sich auf etwa 5,4 Millionen Menschen pro Jahr, also etwa ein Todesopfer alle sechs Sekunden. Die durchschnittliche Lebenserwartung sinkt mit zunehmender Zahl gerauchter Zigaretten deutlich ab, etwa um ganze 8  – 12 Jahre bei mehr als 20 Zigaretten pro Tag. Aus den genannten Überlegungen wird klar, dass die überwältigenden negativen Effekte auf den gesamten Organismus den kleinen positiven Effekt auf die Colitis ulcerosa bei weitem überwiegen. Für die Gesamtgesundheit und die Lebenserwartung lohnt sich ein Rauchstopp ohne jeden Zweifel auch bei Patienten mit einer Colitis ulcerosa. Doch durch welchen Mechanismus kommt es zu einem klinisch milderen Verlauf bei rauchenden Patienten mit Colitis ulcerosa im Vergleich zu ihren nichtrauchenden Leidensgenossen? Wie ist der gegensätzliche Effekt beim Morbus Crohn zu erklären? Die genauen Ursachen für diesen unterschiedlichen Einfluss des Rauchens im Allgemeinen oder des Nikotins im speziellen auf den Krankheitsverlauf der CED sind heute noch weitestgehend unbekannt. In den letzten Jahren haben sich

Denn neben den Auswirkungen des Rauchens auf die Colitis ulcerosa müssen unbedingt die zahlreichen anderen praktisch ausschliesslich negativen Auswirkungen des Rauchens auf den gesamten Organismus betrachtet werden (siehe Tabelle): Krankheiten deren Risiko bei Rauchern erwiesenermassen erhöht ist – Herz-Kreislaufkrankheiten (Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit, Schlaganfall, periphere arterielle Verschlusskrankheit («Raucherbein») …) – Lungenkrankheiten (chronisch obstruktive Lungenerkrankung («Raucherlunge»), Lungenentzündungen mit bestimmten Erregern…)

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zahlreiche Forschungsgruppen mit dieser Frage beschäftigt, fast genauso viele mögliche Mechanismen werden zurzeit diskutiert: So könnte z. B. ein das Immunsystem abschwächender (immunsuppressiver) Effekt des Nikotins auf gewisse weisse Blutzellen (Lymphozyten und Makrophagen) eine antientzündliche Wirkung unter anderem auch über die verminderte Synthese einiger Botenstofe der Entzündung (Entzündungsmediatoren), wie z. B. TNF-, IL-2, eine Rolle bei der Colitis ulcerosa spielen. Im Gegenzug könnte dieser Effekt beim Morbus Crohn aber die Fähigkeit weisser Blutzellen in der Darmschleimhaut vermindern, schädliche Bakterien zu bekämpfen. Ebenfalls könnte die Schleimproduktion, welche eine Art Schutzwall der Darmwand vor unter Umständen schädlichen Darmbakterien darstellt (Barrierefunktion), durch das Rauchen verändert werden. Ein beobachteter Effekt des Nikotins auf glatte Muskelzellen, die für den Vorwärtstransport des Darminhaltes entscheidend sind, ist die Förderung der Erschlaffung (Relaxation), was somit eine Hemmung der gesamten Vorwärtsbewegungen des Darmes (propulsive Darmmotilität) bewirken könnte. Dieser Zusammenhang wiederum könnte einen positiven Effekt im Bezug auf die häufigen Stuhlgänge und die plötzlichen und dringenden Stuhldrangepisoden («urgency») erklären. Durch Förderung der Bildung kleiner Blutgerinnsel («prothrombotische Effekte») des Zigarettenrauchens in den kleinen Gefässbahnen der Darmschleimhaut könnten zudem Schäden durch eine Blutminderversorgung entstehen. Wahrscheinlich spielt auch die Zusammensetzung der Darmflora eine wichtige Rolle für die Krankheitsentstehung und – aufrechterhaltung der CED. So haben sich z. B. Unterschiede in der bakteriellen Zusammensetzung der Darmflora zwischen Gesunden und Patienten mit einer CED gezeigt. Eine allseits bekannte Beobachtung beim Rauchstopp ist die anschliessende Gewichtszunahme, die gemäss verschiedenen Studien im Mittel etwa 4 bis 5 kg beträgt, bei Frauen tendenziell deutlich höher liegt und bei etwa 10% sogar Werte von mehr als 13 kg übersteigt. Die Ursachen für die Gewichtszunahme sind letztlich nicht gesichert, auch wenn immer wieder, gerade auch von Rauchern selbst, die erhöhte Nahrungsaufnahme von Kalorien verantwortlich gemacht werden. Hier wäre jedoch auch durchaus ein (Teil-) Mechanismus über eine Veränderung der Darmflora mit hieraus bedingter veränderter Nährstoffaufnahme im Darm denkbar. Obwohl in den letzten Jahren intensiv auf dem Gebiet der Darmflora geforscht worden ist (Vergleiche auch die Artikel über Darmbakterien aus dem SMCCV Special Nr. 5), sind die Kenntnisse bis heute noch relativ bescheiden. Die ist alleine schon wegen der mengenmässig eindrücklichen Kennzahlen umso erstaunlicher: Im Magendarmtrakt jedes einzelnen von uns leben insgesamt etwa 1– 2 kg Bakterien, was einer Anzahl von etwa einer Billiarde Bakterien entspricht – Eine 1 mit 15 Nullen! Das entspricht etwa dem Hundertfachen der Anzahl aller Zellen in einem Menschen, oder anders ausge-

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drückt: Eine Billiarde Escherichia Coli (das häufigste Darmbakterium überhaupt) der Länge nach aneinander gereiht ergäbe eine Strecke von 2 Millionen Kilometern: Genug um unseren Planeten am Äquator 50 Mal zu umrunden! Hat der Effekt des Rauchens auf den unterschiedlichen Verlauf der CED möglicherweise auch etwas mit einer Änderung der Bakterienflora zu tun? Dieser und anderen Fragen geht zurzeit eine klinische Studie am Universitätsspital Zürich nach, welche die Zusammensetzung der bakteriellen Flora bei rauchenden Patienten mit Colitis ulcerosa vor und nach einem vollständigen Rauchstopp untersucht. Dabei werden die Patienten während der Phase der Rauchentwöhung unterstützt und ärztlich begleitet. In Stuhlproben wird die Zusammensatzung der Bakterien untersucht und diese mit den Beschwerden durch die Colitis verglichen. Die Studieninitiatoren erhoffen sich dadurch Aufschluss, ob sich das Rauchen und das Beenden des Rauches vor allem über die Zusammensatzung der Darmbakterien auf die Entzündungsschwere auswirken. Dies hätte Auswirkungen auf eine zukünftige Therapie der Colitis (z. B. evtl mit Probiotika), insbesondere in der Rauchentwöhnung. Bei Fragen bezüglich der Studie können Sie sich an die unten aufgeführten Kontaktpersonen wenden. Trotz umfangreicher weltweiter Forschungsarbeiten innerhalb der letzten Jahrzehnte bleibt die eigentliche Ursache der CED weiterhin unklar. Mittlerweile ist davon auszugehen, dass die Krankheitsentstehung auf einem komplexen Zusammenspiel genetischer Faktoren (also einer Art bereits von Geburt an bestehender «Neigung» des Patienten im Verlauf des Lebens an einer CED zu erkranken), des Immunsystems und zahlreicher Umweltfaktoren beruht. Bei der Untersuchung dieser Zusammenhänge hat sich gezeigt, dass jede vermeintliche Beantwortung einer Frage – wie etwa das Identifizieren und Beschreiben eines speziellen Umweltfaktors ( z. B. Rauchen) oder die Entdeckung, dass sich die Bakterienflora bei CED-Patienten von der von Gesunden unterscheidet – jeweils zahlreiche neue Fragen aufwirft. In diesem Sinne dürfen wir gespannt und durchaus auch optimistisch die Erkenntnisse und Entwicklungen der näheren und ferneren Zukunft erwarten.


Ernährung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Häufig stellt sich die Frage nach der Rolle der Ernährung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Diese Frage ist nicht immer einfach zu beantworten, und es gibt noch sehr viele offene Fragen.

Med. pract. Jonas Zeitz; PD Dr. med. Stephan Vavricka Universitätsspital, Klinik für Gastroenterologie, Zürich

Typische Symptome wie Verdauungsbeschwerden, Durchfall, Bauchschmerzen, Übelkeit und Gewichtsverlust werden bei Patienten mit CED häufig direkt mit der Nahrungsaufnahme in Verbindung gebracht, da sie oft nach dem Essen auftreten. Es besteht deshalb eine grosse Verunsicherung, welche Nahrungsmittel für diese Patienten verträglich sind. Ein schlechter Ernährungszustand wirkt sich ungünstig auf die Aktivität der CED aus. Eine qualifizierte Ernährungsberatung und -therapie leisten einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität bei Patienten mit CED. Allerdings gibt es kein allgemein gültiges Ernährungskonzept für Patienten mit CED. Die Ernährung in den Remissionsphasen und während eines akuten Schubes muss in hohem Masse die individuellen Gegebenheiten der Betroffenen berücksichtigen. Hat die Ernährung einen Einfluss auf die Entzündung bei CED? Bei Kindern mit einem Morbus Crohn, bei denen ein Befall des Dünndarms vorliegt, kann man diese Frage mit «ja» beantworten. In manchen Ländern wird die Ernährungstherapie als Primärtherapie vor allem bei Kindern mit Morbus Crohn angewandt. Die Ernährungsbehandlung besteht vor allem in der Einnahme von Trinknahrung (Engl. ONS, oral nutritional supplements), welche alle Grundbestandteile einer normalen Ernährung enthalten (Fett, Proteine und Kohlenhydrate). Es handelt sich im Prinzip um sozusagen bereits «vor-verdaute Nahrung». Es konnte gezeigt werden, dass eine solche Ernährung einen Effekt auf die Entzündungsaktivität bei Kindern mit Morbus Crohn haben kann. Bei erwachsenen Patienten mit Morbus Crohn konnte in Studien kein Vorteil einer solchen Ernährungstherapie gefunden werden.

Eine weitere, oft gut vom Patienten akzeptierte, Möglichkeit diese Therapieform anzuwenden besteht in der nächtlichen Verabreichung über eine nasogastrale Sonde (ein kleines Schläuchlein, welches via Nase in den Magen geschoben wird). Viele Kinder mit Morbus Crohn führen diese simple Technik gar selbst durch. Sie können die Sonde am morgen selbständig entfernen und eine neue am Abend platzieren. Leider kann mit einer Ernährungstherapie mit Sondennahrung oder ONS keine anhaltende Besserung der Krankheit erreicht werden – nach Absetzen dieser Ernährungsform kommt es nicht selten zu einem baldigen Rückfall. In neuen Studien wird auch von einer entzündungshemmenden Wirkung von Omega-3-Fettsäuren bei Morbus Crohn berichtet. Omega-3-Fettsäuren sind besonders in Fisch (vor allem Hering, Lachs, Makrele und Thunfisch) enthalten. Deshalb ist der Konsum von zwei Fischmahlzeiten pro Woche aus medizinischer Sicht grundsätzlich zu empfehlen. Die damit verbundenen ökologischen Probleme sollen hier nicht im Detail erörtert werden. Die Colitis ulcerosa hingegen kann im Allgemeinen nicht durch eine spezielle Diät behandelt werden. Es ist noch keine Ernährungstherapie bekannt, welche die Entzündung bei Colitis ulcerosa verringern könnte. Eine ausgewogene Ernährung kann sich jedoch positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken und eine Gewichtsabnahme verhindern. Probiotika Probiotika sind apathogene (nicht krank machende) Mikroorganismen ( z. B. Bakterien oder Pilze), die nach Ihrer Einnahme eine gesundheitsfördernde Wirkung entfalten können. Die am längsten als Probiotika angewendeten Organismen sind Milchsäurebakterien, aber auch Hefen und andere Spezies sind in Gebrauch. Probiotika können als Zugabe in Lebensmitteln (hierzu zählen auch Nahrungsergänzungsmittel oder diätetische Lebensmittel) oder in Form

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von Arzneimitteln dargereicht werden. Abgegrenzt werden Probiotika von den Präbiotika (lösliche Nahrungsfasern), die eine positive Wirkung (Wachstumsanregung) auf bereits sich im Darm befindende Bakterien haben, und den Synbiotika, einer Kombination aus beidem. Das spannende Thema der Präbiotika und Probiotika ist aktuell sehr intensiv umforscht, und hat bereits zu sehr vielversprechenden Ergebnissen geführt. Zum Beispiel konnte in klinischen Studien gezeigt werden dass spezielle Probiotika (E. coli Nissle) genauso effektiv sind bei der Verhinderung eines Rückfalls einer Colitis ulcerosa wie 5-ASA Präparate (hoch wirksame entzündungshemmende Medikamente). Solche Ergebnisse geben viel Hoffnung für zukünftige neue Behandlungsmöglichkeiten bei CED und helfen uns zu verstehen, welchen Stellenwert Probiotika in der Therapie von CED haben. Aktuell scheint es so zu sein, dass Probiotika lediglich zur Behandlung von leichten bis mittelschweren Formen der Colitis ulcerosa in Frage kommen. Gibt es spezifische Diäten die helfen können, meine Beschwerden zu kontrollieren? Bis auf einige Ausnahmen gibt es keine klaren Ernährungsgrundsätze, die befolgt werden müssten. Bei Patienten mit Colitis ulcerosa, oder Morbus Crohn mit Befall des Dickdarms sollte es keine Probleme mit der Aufnahme (Resorption) von Nahrungsmitteln geben, da der Dünndarm, der diese Aufgabe hat, nicht betroffen ist. Im Allgemeinen ist alles was der Patient toleriert (verträgt) erlaubt. Der einfachste Weg, Beschwerden auslösende Nahrungsmittel zu erkennen ist es, ein Ernährungs- und Beschwerdetagebuch zu führen. Leider funktioniert dies nicht immer problemlos. Als Alternative empfehlen wir die Durchführung einer Eliminationsdiät unter Anleitung einer qualifizierten Ernährungsberaterin. Dadurch wird sichergestellt, dass die Diät nicht zu einschränkend ist und alle wichtigen Nährstoffe und genügend Kalorien enthält. In den Ruhephasen, in denen die Krankheit nicht aktiv ist (Remmissionsphasen), ist eine ausreichende Nährstoffzufuhr von grosser Wichtigkeit, da der Ernährungszustand verbessert und Mangelzustände behoben werden können.

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Ernährung im akuten Schub Im akuten entzündlichen Schub der CED gestaltet sich die Ernährung besonders schwierig. Auch hier ist eine Anleitung durch eine qualifizierte Ernährungsberaterin wichtig, um eine ausreichende Nährstoffzufuhr zu gewährleisten. Dies kann in vielen Fällen durch spezielle Trinknahrung erreicht werden. In seltenen Fällen ist eine künstliche Ernährung über das Blut (sog. parenterale Ernährung) notwendig. Nahrungsinhaltsstoffe Koffein und Alkohol Koffein und Alkohol können Beschwerden einer CED bei manchen Patienten verstärken. Wenn diese in geringer Menge oder in Verbindung mit anderen Nahrungsmitteln eingenommen werden, können diese Effekte minimiert werden. Kohlenhydrate Bei CED werden die meisten Beschwerden durch die Entzündung selbst verursacht, aber manche Patienten haben das Gefühl durch Streichung von bestimmten Kohlenhydraten aus der Ernährung, Durchfall und Blähungen reduzieren zu können. Eine Meidung der Kohlenhydrate hat jedoch keinen Einfluss auf die Entzündung. Kohlenhydrate sind ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung. Kohlenhydratmoleküle unterscheiden sich in ihrer Grösse in kleine (z. B. Zucker wie Sucrose, Fruktose und Laktose), mittlere (z. B. Raffinose) und grosse Moleküle (z. B. Inulin und Stärke). Die Verdauung und Aufnahme von Kohlenhydraten ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Zum Beispiel kann jeder von uns Glukose in gleichem Masse leicht aufnehmen. Fruktose hingegen wird von manchen Menschen leichter aufgenommen als von anderen. Alle Kohlenhydrate, die nicht im Dünndarm aufgenommen werden, erreichen den Dickdarm und werden dort von Bakterien vergärt, was Blähungen und auch Bauchschmerzen erzeugen kann.


Kleine Zuckermoleküle Manche Menschen können keine Laktose aufnehmen (der Zucker der in Milch enthalten ist), da ihnen ein Enzym, die sogenannte Laktase, fehlt. Diese Menschen leiden unter der sogenannten Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit). Diese Intoleranz ist bei manchen ethnischen Gruppen ( z. B. Asiaten) häufiger als bei anderen und findet sich etwas gehäuft bei Patienten mit Morbus Crohn. Menschen, die unter einer Laktoseintoleranz leiden, können von einer Ernährung, die nur geringe Mengen Laktose enthält, profitieren. Hartkäse, Joghurt und Hüttenkäse enthalten im Gegensatzsatz zu Milch und Sahne nur geringe Mengen an Laktose. Es ist auch möglich Milch mit geringem Laktosegehalt oder Soja-Milch zu verwenden. Als Alternative kann die Laktase mit speziellen Enzympräparaten ersetzt werden. Ihr behandelnder Arzt kann sie über die verschiedenen Möglichkeiten informieren. Immer sollte gleichzeitig daran gedacht werden, genug Kalzium und Vitamin D einzunehmen. Bei gewissen Patienten mit Colitis ulcerosa lassen sich Antikörper gegen in der Milch enthaltene Proteine nachweisen. Daher wird diesen Patienten angeraten, Milch und Milchprodukte strikt zu meiden. Fruktose ist ein weiterer Zucker der sich in unserer Nahrung befindet. Es gibt eine maximale Menge an Fruktose die unser Körper aufnehmen kann. Wenn diese Menge Fruktose überschritten wird, gelangt Fruktose in den Dickdarm und verursacht Beschwerden wie Blähungen. Wie viel Fruktose man aufnehmen kann variiert individuell. Manche Patienten mit CED können von einer Verringerung der Fruktoseaufnahme profitieren. Grosse Kohlenhydratemoleküle Grosse Kohlenhydratmoleküle passieren den Dünndarm ohne verdaut zu werden, da dem menschlichen Körper die Enzyme fehlen, welche diese grossen Kohlenhydrate in kleinere Zucker abbauen. Nahrungsmittel wie Kohl, Weizen und Zwiebeln enthalten grosse Kohlenhydratmoleküle. Wenn diese den Dickdarm erreichen, werden sie rasch durch Bakterien der Darmflora vergärt und können Beschwerden wie Durchfälle und Blähungen verstärken.

Wie viele Ballaststoffe darf ich essen? Ballaststoffe sind ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung. Ballaststoffe sind unverdauliche, pflanzliche Fasersubstanzen, die aus verschiedenen unverdaubaren Kohlenhydraten aufgebaut sind und die sich in Früchten, Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen und Körnern finden. Sie helfen, unseren Stuhlgang weich zu machen, damit dieser den Darm gut passieren kann. Manche Ballaststoffe fügen dem Stuhl nur Volumen hinzu. Andere Ballaststoffe werden durch Bakterien verstoffwechselt und fördern dadurch das Wachstum der üblichen, «gesunden» Bakterien im Darm. Mit oder ohne CED ist die Verstoffwechselung von Ballaststoffen wichtig für einen gesunden Darm. Daher ist eine ausreichende Zufuhr von Ballaststoffen von grosser Bedeutung. Es gibt jedoch Ausnahmen. Die erste ist, dass Ballaststoffe bei Patienten mit aktiver CED Durchfälle verstärken können. Daher haben einige Patienten, bei denen die Erkrankung aktiv ist, die Erfahrung gemacht, dass Sie von einer Ernährung mit wenigen Ballaststoffen profitieren. Des Weiteren führt eine Vergärung von Ballaststoffen zur Gasproduktion. Daher führt bei Patienten mit starken Blähungen eine Verminderung der Ballaststoffmenge in der Nahrung zu einer Linderung der Beschwerden. Morbus Crohn mit Befall des Dünndarms Patienten mit Morbus Crohn können entzündliche Strikturen (Verengungen) des Dünndarms entwickeln. Gewisse Nahrungsmittel können bei diesen Patienten zur Obstruktion des Darms führen; dies wurde z. B. nach Einnahme von Maiskörnern beobachtet. In der Folge entstehen Beschwerden wie Bauchkrämpfe und -schmerzen, Übelkeit, und wenn die Blockade hochgradig ist Erbrechen. Glücklicherweise lösen sich solche Obstruktionen meist spontan. Als Vorbeugung einer Obstruktion wird Patienten mit Strikturen allgemein empfohlen eine faserarme Diät einzuhalten. Nüsse, Körner und manche Früchte und Gemüse sollten in diesen Fällen gemieden werden. Patienten mit Morbus Crohn und Befall des Dünndarms (vor allem wenn grosse Teile des Darms befallen sind oder wenn ein Teil des Darms entfernt wurde) können Probleme haben,

Es ist wichtig hier zu sagen, dass eine Veränderung der Ernährung keine Alternative zu der konventionellen medikamentösen Therapie darstellt. Mit Ausnahme von Elementardiäten hat eine Veränderung der Ernährung keine relevante Wirkung auf die akute und / oder chronische Entzündung des Darms. Es werden lediglich die Nahrungsmittelbestandteile eingeschränkt, welche die Beschwerden verstärken können. Ganz wichtig ist zu erwähnen, dass eine ausreichende Ernährung für Patienten mit CED unbedingt notwendig ist um Mangelzuständen und insbesondere einer schwer wiegenden Unterernährung vorzubeugen. Um sicher zu stellen, dass die Patienten qualitativ und quantitativ adäquat ernährt werden empfehlen wir deshalb eine regelmässige Betreuung durch eine professionelle Ernährungsberaterin

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Nahrungsmittel aufzunehmen. Dies kann zu einer unzureichenden Nährstoffzufuhr, Gewichtsverlust und Unterernährung führen und den Durchfall verstärken. Diese Patienten machen oft die Erfahrung, dass der Verzehr von Lebensmittel mit hohem Fettanteil zu fettigen, übel riechenden Stuhlgängen führt. Dann sollte die Zufuhr von fetthaltigen Lebensmitteln eingeschränkt werden. Nahrungsergänzungsmittel Gesunde Menschen brauchen keine Nahrungssupplemente, wie Spurenelemente und Vitamine (die sog. Mikronährstoffe), solange sie auf eine ausgewogene Ernährung achten. Patienten mit CED haben hingegen ein erhöhtes Risiko, einen Mangel an Vitaminen und Spurenelementen zu entwickeln. Vitamin B12 Nahrungsmitteln wie Fleisch, Eiern, und Milchprodukte enthalten Vitamin B12. Dieses Vitamin wird im letzten Teil des Dünndarms (dem terminalen Ileum) absorbiert, dem Bereich der am häufigsten bei Morbus Crohn befallen ist. Daher neigen Patienten die eine aktive Entzündung im terminalen Ileum haben, oder bei denen dieser Teil des Darms operativ entfernt werden musste, zu Vitamin B12-Mangel, welcher durch regelmässige Tabletteneinnahme oder (sicherer) mittels Spritzenbehandlung korrigiert werden muss. Folsäure Folsäure ist ein weiteres Vitamin, welches Patienten mit CED häufig abgegeben werden muss. Besonders wenn gleichzeititg eine Behandlung mit Medikamenten besteht die mit der Verstoffwechslung und / oder der Aufnahme von Folsäure interagieren, wie  z. B. Sulfasalazin und Methotrexat, besteht ein hohes Risiko eines Folsäuremangels. Natürlich sollte jede Frau, die im gebärfähigen Alter ist und keine aktiven Verhütungsmassnahmen trifft, täglich Folsäure einnehmen, unabhängig davon, ob sie an einer CED leidet oder nicht. Folsäure verhindert die Entstehung einer Spina bifida («offener Rücken») bei Neugeborenen.

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Vitamin D Vitamin D ist ein wichtiges Vitamin für den Knochenstoffwechsel Gerade bei Patienten mit CED besteht ein erhöhtes Risiko für eine verminderte Knochendichte (Osteoporose, Knochenschwund). Die Einnahme von Vitamin D und Calcium ist besonders für Patienten, welche regelmässig Kortison einnehmen müssen, unabdingbar, um einer Osteoporose vorzubeugen. Deshalb sollte jeder Patient mit Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa von einem Arzt beurteilt werden und bei Bedarf eine Therapie mit Vitamin D und Calcium begonnen werden. Eisen Eisenmangel ist ein häufiges Problem bei CED Patienten. Besonders bei der Colitis ulcerosa können chronische Sickerblutungen zu einer Eisenmangelanämie (einer Blutarmut aufgrund von Eisenverlust durch eine chronische Darmblutung) führen. Daher sollte auf eine eisenreiche Ernährung geachtet werden. Besonders in Fleisch, Vollkornprodukten und grünem Gemüse ist viel Eisen enthalten. Die gleichzeitige Einnahme von Vitamin C-reichen Lebensmitteln (Beeren, Zitrusfrüchte und -Säfte, Kohlgemüse) kann die Eisenaufnahme unterstützen. Manchmal ist die Eisenaufnahme über die tägliche Nahrung nicht ausreichend. Viele Multivitaminpräparate die man kaufen kann enthalten zwar Eisen, jedoch sind die darin enthaltenen Mengen meist zu gering. Leider führen Eisen-Tabletten oft zu Magen-Darm-Beschwerden, sodass Eiseninfusionen (direkt in das Blut) notwendig werden. Diese werden in der Regel gut vertragen und sind sehr wirksam um die Eisendepots wieder aufzufüllen. Zink Zink gehört zu den sogenannten essentiellen Spuren­ elementen und wird mit der Nahrung aufgenommen. Schweinefleisch ist eine gute Zinkquelle ebenso wie Geflügel, Eier, Milch und Käse. Ein Zinkmangel ist beim Morbus Crohn relativ häufig, vor allem dann, wenn er schlecht kontrolliert ist und viele Durchfallepisoden bestehen. In diesem Fall sollte Zink substituiert werden.


Andere Vitamine und Mineralien Ausser bei Patienten mit einem Kurzdarmsyndrom, ist ein Mangel an anderen als den zuvor beschriebenen Spurenelementen und Vitaminen ungewöhnlich. Flüssigkeit Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist bei Patienten mit CED sehr wichtig, besonders wenn sie unter Durchfällen leiden. Patienten mit CED aber auch gesunde Menschen sollten täglich mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit trinken. Ein Wassermangel verursacht unspezifische Symptome wie Müdigkeit und Schwäche. Im Sommer bei heissen Temperaturen und bei einem akuten Entzündungsschub kann sich das Problem verschärfen. Getränke, die Salz ( z. B. Bouillon) und Zucker ( z. B. Colagetränke mit Zucker, nicht «light») enthalten, sind geeignet für den akuten Flüssigkeitsersatz.

Symptome einer leichten Unterernährung können sehr unspezifisch sein und können sich in Müdigkeit, Antriebslosigkeit und erhöhter Infektionsneigung zeigen. Natürlich ist das augenscheinlichste Symptom einer Unterernährung der ungewollte Gewichtsverlust. Regelmässige Gewichtskontrollen, und das Achten auf andere Zeichen eines Gewichtsverlustes wie das zu-weit Werden von Kleidungsstücken oder Schmuck sind einfache Parameter, welche Problem früh erkennen lassen. Ernährung ist besonders wichtig bei Kindern und Jugendlichen mit CED, da eine Unterernährung zu einem verringerten Wachstum und einer verspäteten Pubertät führen kann. Das ist ein weiterer Grund warum eine Ernährungstherapie in dieser Altersgruppe so wichtig ist: es wird nicht nur der Morbus Crohn behandelt, es wird auch der Ernährungsstatus verbessert.

Fruchtsäfte können bei vielen Patienten den Darm reizen und Tee und Kaffee können den Durchfall fördern, da sie die Darmtätigkeit anregen. Patienten die unter einem Kurzdarmsyndrom leiden müssen sich darüber im Klaren sein, dass das Trinken von Getränken, denen kein Salz oder Zucker zugesetzt ist, die Gefahr birgt, Durchfälle zu verschlimmern. Ihr behandelnder Arzt und die Ernährungsberaterin können Ihnen sagen, ob dies für Sie zutrifft. Patienten bei denen der Dickdarm operativ entfernt wurde (Kolektomie) laufen Gefahr zu dehydrieren, da sie über ein Stoma oder einen Pouch viel Wasser und Salz verlieren können. Zu guter letzt: Tipps für eine gesunde Ernährung Die Grundnährstoffe die wir benötigen sind Fette, Kohlenhydrate und Proteine. Diese sind ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung. Wie bereits erwähnt, sind bei Patienten mit Colitis ulcerosa und bei Morbus Crohn Patienten, bei denen nur der Dickdarm betroffen ist, keine Probleme mit der Aufnahme von Nährstoffen zu erwarten. Ernährungsprobleme kommen in diesen Fällen meistens durch eine Unterernährung, hervorgerufen durch einen Mangel an Appetit oder dem Versuch die Durchfälle zu verringern, zustande. Es ist auch wichtig zu wissen, dass der Körper mehr Nährstoffe benötigt wenn eine Entzündung des Darms vorliegt. Das bedeutet, dass Patienten bei denen eine aktive CED vorliegt ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Unterernährung besteht. Einfache Massnahmen wie häufige kleine Mahlzeiten und Getränke mit hohem Nährstoffgehalt können in diesen Fällen helfen. Vor allem in der Remissionsphase, wenn sich die Krankheit ohne wesentliche Symptome ruhig verhält, muss man versuchen, eine allfällige Unterernährung zu korrigieren. Hier soll nochmals erwähnt werden, dass eine adäquate Einschätzung des Ernährungszustands und vor allem eine Ernährungstherapie durch professionelle im Krankenhaus geschulte Ernährungsberaterinnen erfolgen muss. Wenn der Morbus Crohn den Dünndarm befallen hat, oder wenn Teile des Dünndarms operativ entfernt werden mussten, können Probleme mit der Nährstoffaufnahme entstehen.

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Häufige Nebenwirkungen von Medikamenten bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Dem unbestreitbaren positiven Nutzen einer Arzneimitteltherapie bei chronisch entzündlichen Darm­erkrankungen können auch unerwünschte Effekte gegenüberstehen.

Apotheker Martin Huber; Prof. Dr. med. Gerd A. Kullak-Ublick

Durch regelmässige und gezielt durchgeführte Blutuntersuchungen lassen sich potenzielle Nebenwirkungen jedoch meist frühzeitig erkennen, um ein rasches Handeln zu ermöglichen. Der vorliegende Artikel möchte einen kurzen Überblick zu einigen ausgewählten Arzneistoffen geben, die in der Behandlung von Morbus Crohn sowie Colitis ulcerosa häufig angewendet werden. Die jeweils relevanten bzw. besonders typischen Nebenwirkungen sind aufgeführt, ein Anspruch auf Vollständigkeit kann jedoch nicht erhoben werden. Glucokortikoide wie Prednison oder Prednisolon, landläufig als «Kortison» bezeichnet, spielen eine wichtige Rolle bei der Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen. Bei längerfristiger Anwendung, insbesondere von hohen Dosierungen, besteht allerdings die Gefahr eines sogenannten Cushing-Syndroms: Typisches Erkennungsmerkmal sind Vollmondgesicht sowie Stammfettsucht, verbunden mit einem «Stiernacken» (d. h. einer Fettansammlung zwischen den Schultern). Des Weiteren können aber auch verschiedene andere Stoffwechselvorgänge beeinflusst werden. Für das Glucokortikoid Budesonid (als Kapseln zum Einnehmen beispielsweise im Präparat Budenofalk® enthalten) ist das Auftreten eines Cushing-Syndroms ebenfalls prinzipiell denkbar, insbesondere bei gleichzeitiger Anwendung von bestimmten anderen Arzneistoffen, aber auch von Grapefruitsaft. Zu ersteren gehören Ketoconazol (Nizoral®, gegen Pilzerkrankungen) sowie das Antibiotikum Clarithromycin ( z. B. Klacid®). Diese können aufgrund einer Wechselwirkung dazu führen, dass die Menge von Budesonid im Blutkreislauf deutlich zunimmt und in der Folge somit

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das Risiko für unerwünschte Effekte steigt. Selbst bei ausschliesslich rektaler Anwendung von Budesonid in Form von Klistieren (wie Entocort® Enema) ist eine solche Interaktion nicht gänzlich auszuschliessen. Bei der Anwendung des Immunsuppressivums Azathioprin (Imurek® u. a.) stehen in erster Linie Blutbildveränderungen im Vordergrund, welche auf Störungen der Bildung von Blut­ zellen im Knochenmark zurückzuführen sind. Am häufigsten wird eine Abnahme der weissen Blutkörperchen (Leukozyten)


beobachtet, gefolgt von einer Verminderung der Thrombozyten (Blutplättchen), welche eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung spielen. Schwere Störungen, die zu einer massiven Reduzierung der weissen Blutkörperchen führen (man spricht hier von einer Agranulozytose) oder alle Blutzellen gleichzeitig betreffen (Panzytopenie), sind hingegen selten. Um diese Veränderungen frühzeitig feststellen zu können, empfiehlt sich in den ersten 2 Monaten der Therapie eine mindestens wöchentliche Kontrolle des Blutbildes. Anschliessend sind im Regelfall vierteljährliche Untersuchungen ausreichend. Darüber hinaus ist es für jeden Patienten wichtig, bei blauen Flecken und Blutungen sowie Infektionen umgehend den Arzt aufzusuchen, da diese Symptome ein Hinweis für die oben genannten Blutbildveränderungen sein können. Bei schweren Verläufen einer Darmerkrankung sowie un­ genügender Wirksamkeit anderer Arzneistoffe bietet sich der Einsatz von sogenannten TNFalpha-Blockern an. Hierbei handelt es sich um Antikörper gegen bestimmte Botenstoffe, die im Rahmen von Entzündungs-vorgängen von zentraler Bedeutung sind. Zu ihnen gehören Infliximab (Remicade®), Adalimumab (Humira®) und Certolizumab (Cimzia®). Als wichtige und häufig beobachtete Nebenwirkungen dieser Substanzen sind Infektionen zu nennen, wie Grippe, Herpes oder durch Viren verursachte Leberentzündung (Hepatitis), in seltenen Fällen auch Tuberkulose. Bei Auftreten eines solchen Infektes wird der behandelnde Arzt gegebenenfalls einen Abbruch der Therapie erwägen. In

diesem Zusammenhang ist es zudem wichtig zu wissen, dass erste Anzeichen einer Infektion durch die Wirkung des Arzneimittels überdeckt werden können. Mesalazin (5-Aminosalicylsäure bzw. 5-ASA) – enthalten beispielsweise in Salofalk® oder Asacol® – wird zur Behandlung der Colitis ulcerosa verwendet: Entweder oral in Tabletten-form zum Einnehmen oder rektal in Form eines Schaums oder einer Suspension zur lokalen Wirkung im Darm. Selbst bei oraler Einnahme wird der Wirkstoff nur zu einem vergleichsweise geringen Teil vom Organismus aufgenommen. Schwerwiegende Nebenwirkungen, die den gesamten Körper betreffen, sind daher eher selten. Besondere Vorsicht ist hingegen beim Vorliegen einer Allergie /  Überempfindlichkeit gegen sogenannte Salicylate geboten (z. B. Aspirin®). In diesen Fällen sollte Mesalazin nicht ein­ gesetzt werden.

Für alle Fragen zur medikamentösen Therapie von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, z. B. Nebenwirkungen, Wechselwirkungen, Schwangerschaft, Dosierung, genetische Faktoren beim Arzneimittelabbau, Auswahl des richtigen Medikaments, bietet die Klinik für Klinische Pharmakologie und Toxikologie am Universitätsspital Zürich eine Spezialsprechstunde an (Anmeldung über Tel. 044 255 2068 oder www.pharmakologie.usz.ch

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Steroide: Nur noch lokal / topisch? «Kortison», «Steroide» oder «Glucocorticoide» sind verschiedene Bezeichnungen für dieselbe Gruppe von Medikamenten. Es gibt verschiedene Substanzen, ihre Wirkung und die Effekte im Körper sind jedoch sehr ähnlich.

Prof. Dr. Gerhard Rogler UniversitätsSpital Zürich

Sie werden seit nunmehr über 40 Jahren in der Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt. Viele Patienten, bei denen «Kortison», «Steroide» oder «Glucocorticoide» zur Behandlung einer Darmentzündung eingesetzt werden, leiden jedoch an Nebenwirkungen einer solchen Therapie. Fast jedem Betroffenen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sind diese Nebenwirkungen einer solchen Therapie bekannt. Hierzu zählen eine Gewichtszunahme und «Wassereinlagerungen» sogenannte «Ödeme», ein sogenanntes «Vollmondgesicht»; am Anfang der Therapie entsteht oft Euphorie und Schlaflosigkeit, bei längerer Therapie jedoch Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Leistungsschwäche und Depression; bisweilen kommt eine starke Akne vor, psychische Nebenwirkungen können auftreten, erhöhte Blutzuckerwerte sind nicht selten. Darüber hinaus sind viele weitere Nebenwirkungen möglich. Auch Nebenwirkungen, die weniger auffällig sind, wie z. B. Knochenschwund («Osteopoprose») und ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche sind bekannt und stellen natürlich ein Risiko für den mit «Steroiden» Behandelten dar. Daher stellte sich die Frage, wie sich diese Nebenwirkungen vermindern lassen oder vermieden werden können, ohne dass man auf die Wirkung dieser Medikamente verzichten muss. Normale «Steroide», «Kortison» oder «Glucocorticoide» werden nach ihrer Einnahme als Tablette schnell und nahezu vollständig im Magen-Darm-Trakt aufgenommen. Alles Blut, das aus dem Darm kommt, muss im menschlichen Körper noch die Leber passieren. Die Leber ist ein Organ, das sehr effektiv Medikamente umwandeln oder «abbauen» kann. Nur wenn ein Medikament, ohne abgebaut oder umgebaut zu werden, durch die Leber gelangt, kann es sich im Körper verteilen. Dies ist bei den normalen oder «konventi-

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onellen Steroiden», «Kortison» oder «Glucocorticoiden» der Fall. Es werden schnell relativ stabile Blutspiegel erreicht. Da Glucocorticoide normalerweise auch in der menschlichen Nebenniere gebildet werden, hat die «Überschwemmung» des Körpers mit diesem Wirkstoff zur Folge, dass die Nebennieren ihre Arbeit einstellen. Sie haben gleichsam mit der Zeit das Gefühl, dass ihre Produktion nicht mehr benötigt wird. Beim abrupten Absetzen von normalen Glucocorticoiden treten daher Entzugssymptome auf, da die Nebenniere nicht so schnell wieder die Produktion dieser in niedrigen Konzentrationen lebenswichtigen Substanzen aufnehmen kann. Es kann zu Gewichtsabnahme, Übelkeit, Lethargie, Gelenkschmerzen und Fieber kommen. Aufgrund dieser Probleme wurde intensiv nach neuen Substanzen mit gleicher Wirkung, aber geringeren Nebenwirkungen auf den Körper gesucht. Es wurden die sogenannten topischen, also nur lokal wirksamen «Steroide» oder «Glucocorticoide» wie z. B. das Budesonid entwickelt. Budesonid hat den Vorteil, dass es in der Darmschleimhaut die erwünschte Wirkung aufweist, aber nach Aufnahme aus dem Darm sofort in der Leber (zu der wie erwähnt alles Blut aus dem Darm zunächst fliesst) zu über 90% abgebaut wird. Hierdurch sind die Konzentrationen von Glucocorticoid, die an den anderen Organen ankommen sehr niedrig, so dass z. B. kaum eine Unterdrückung der eigenen Nebennierenfunktion auftritt und auch die anderen Nebenwirkungen selten sind. Solche «topischen Steroide» mit hoher lokaler Wirksamkeit bei geringen Nebenwirkungen bei schnellem Abbau in der Leber sind aus der Behandlung des Asthma bronchiale seit langem bekannt.


(«Remissions-erhaltender Effekt») besteht. Nach 12 Monaten ergab sich aber in den Berechnungen kein Unterschied mehr im Vergleich zu Betroffenen, die keine Therapie erhalten haben. Während also die Gabe von «normalen oder konventionellen Steroiden» über einen so langen Zeitraum vor allem aufgrund der Nebenwirkungen vermieden werden sollte, kann eine 6-monatige Therapie mit Budesonid in Einzelfällen durchaus sinnvoll sein. Strukturformel von Budesonid (Wikipedia)

Topisch wirksame Steroide wie das Budesonid können als Tablette (vor allem beim Morbus Crohn) oder lokal als Einlauf oder Rektalschaum (vor allem bei der Colitis ulcerosa) eingesetzt werden. Für Budesonid Tablettenform wurde in mehreren Studien zur Behandlung des akuten Morbus Crohn eine nur gering niedrigere Remissionsrate (komplette Beschwerdefreiheit) im Vergleich zu normalen «Steroiden» oder «Glucocortoicoiden» gefunden («Steroide»: 60 – 73% der behandelten Patienten waren unter Behandlung beschwerdefrei; 9 mg Budesonid, also «topische Behandlung»: 51 – 60% der behandelten Patienten waren beschwerdefrei). Die Häufigkeit und Schwere von Nebenwirkungen war jedoch deutlich geringer im Falle des Budesonid (Tabelle 1) Tabelle 1

Remission-Raten und Nebenwirkungen in kontrollierten Studien mit Budesonid

Insgesamt stellt also die Therapie mit Budesonid in Tablettenform eine sinnvolle Alternative zu im ganzen Körper wirkenden «Steroiden» für die Behandlung von Patienten mit aktivem Morbus Crohn dar. Die empfohlene Tagesdosis liegt bei 9 mg. Im Einzelfall können allerdings Patienten durchaus auch von höheren Dosierungen profitieren. Wird allerdings eine höhere Dosierung gewählt, können auch wieder Nebenwirkungen auftreten. Auch unter einer länger dauernden Therapie mit nur 9 mg Budensonid pro Tag wurde bereits Minderung der Knochendichte, also ein «Knochenschwund» oder eine «Osteoporose», beobachtet. Wenn eine Lebererkrankung vorliegt, funktioniert der Budesonid-Abbau dort natürlich nicht so, wie oben beschrieben. Dann kommen sehr hohe Spiegel des Medikamentes im Blut vor, die es bei Patienten mit gesunder Leber nicht gibt. Wie erwähnt kann ein lokal wirksames Steroid wie Budesonid auch gut als Einlauf oder Rektalschaum bei einer linksseitigen Colitis ulcerosa verwendet werden. Bei entsprechender Indikation können «Standard-Steroide» ohne Nachteil für den Patienten auch gegen Budesonid ausgetauscht werden.

Remission (%)

Budesonid

Rutgeerts 53 Greenberg 51 Gross 56 Campirei 60

systemische Steroide

66 – 73 60

Nebenwirkungen (%)

Budesonid

Rutgeerts 33 Greenberg 26 Gross 29 Campirei 14

Sollten deshalb also nur noch topische / lokal wirksame Kortison Präparate für die Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen eingesetzt werden? Aufgrund der geringeren Nebenwirkungen wäre das offensichtlich wünschenswert. Leider gibt es aber eine Reihe von Gründen, warum immer wieder auf «normales Kortison», also im ganzen Körper wirksame Steroide zurückgegriffen werden muss.

systemische Steroide

55 – 70 38

Einzelne Studien belegten sogar eine gleiche Effektivität für der Therapie mit Budesonid-Tabletten im Vergleich zu konventionellen «Steroiden», wenn nur Betroffene mit Morbus Crohn und Befall des Ileums und / oder Colon ascendens (also den Dünndarm-Endabschnittes und des ersten Teiles des Dickdarmes) mit 9 mg «controlled ileal release» Budesonid einmal morgens behandelt wurden. Damit sind «topische Steroide» bei Morbus Crohn am besten geeignet, wenn die Entzündung vor allem in diesem Bereich vorliegt. Auch kann die Remission (Beschwerdefreiheit) mit Budesonid für eine gewisse Zeit erhalten werden. Eine amerikanische Analyse von Sandborn und Mitarbeitern zeigte, dass nach 6 Monaten immer noch ein Vorteil für die Budesonid Therapie

hronisch entzündliche Darmerkrankungen betreffen 1C nicht nur den Darm. Eine Vielzahl von Patienten hat bereits sogenannte «extraintestinale Manifestationen», also eine entzündliche Beteiligung anderer Organe, erlebt. So kommt es häufig zu Gelenksentzündungen (Arthritis), zu Entzündungen der Haut (Erythema nodosum, Pyoderma), Entzündungen der Augen, der Leber, der Lunge oder anderer Organe. In all diesen Fällen ist eine Wirkung des Medikaments ausserhalb des Darmes nicht nur erwünscht, sondern notwendig. Immer dann, wenn anderer Organe mit beteiligt sind, ist eine Beschränkung der Wirkung auf den Darm nicht sinnvoll. 2 Zudem hat sich gezeigt, dass man auch eine entzündliche Beteiligung der oberen Abschnitte des Verdauungstraktes wie des Magens oder der Speiseröhre beim Morbus Crohn nicht mit topischen Steroiden behandelt werden kann. Die Konzentration an Wirkstoff im Blutkreislauf ist letztlich zu gering (da ja die Leber den aus dem Darm

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kommenden Wirkstoff gleich abbaut), so dass Entzündungen an Magen oder Speiseröhre (wo sich die Tabletten noch nicht aufgelöst haben und der Wirkstoff also über das Blut hinkommen müsste) nicht effektiv bekämpft werden können. 3 Bei der Colitis ulcerosa erreichen Einläufe und Schäume nur den linken Teil des Dickdarmes. Wenn die Entzündung darüber hinausgeht (also eine sogenannte «Pancolitis» vorliegt) kann der Wirkstoff nicht an die Stelle der Entzündung gelangen. Man könnte allerdings in diesem Fall die Lokaltherapie und die Tablettentherapie kombinieren.

Somit lässt sich also die eingangs gestellte Frage wie folgt beantworten: «Steroide: Nur noch lokal / ­ topisch?»: In vielen Fällen ist dies wegen der geringeren Nebenwirkungen in der Tat die bessere Alternative. Bei schweren Erkrankungsschüben, bei Entzündung anderer Organe, bei Mitentzündung des Mundes, der Speiseröhre oder des Magens aber muss man im Allgemeinen immer noch auf die «normalen Steroide» zurückgreifen, die nicht so schnell in der Leber abgebaut werden und sich im ganzen Körper verteilen. Bei der ausgedehnten Colitis ulcerosa gilt dasselbe: Eine Lokaltherapie erreicht hier nicht alle Entzündungsabschnitte.

3

2

Budesonid

Prednisolon

1

2

4

9

Wochen

Unter der Behandlung mit dem «normalem » Glucocorticoid (Prednisolon) oder einem lokal wirksamen Glucocorticoid (Budesonid) tritt innerhalb von 2 Wochen rasch eine Heilung der Darmschleimhaut und ein Rückgang der Einzündung ein (Rückgang des «Endoskopischen Scores»). Danach kann nur noch eine leichte Besserung erwartet werden. Die Unterschiede zwischen Prednisolon und Budesonid sind nicht signifikant (Studie von Löfberg 1996).

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Ernährung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Die Pathogenese der chronisch entzündlichen Darm­ erkrankungen (CED) ist bis heute noch nicht klar. Verschiedene Faktoren (Umgebung, Genetik und die intestinale Darmflora) spielen eine wichtige Rolle. In den letzten Jahren wurde auch eine Zunahme dieser Erkrankungen beschrieben.

Prof. Dr. Rémy Meier Leiter der Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung, Medizinische Universitätsklinik, Kantonsspital Liestal

Hier werden die Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten und die Verbesserung der hygienischen Verhältnisse als Erklärungen diskutiert. Inwieweit die Ernährung in der Entwicklung der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen involviert ist, kann zurzeit nicht beantwortet werden. Es gibt Hinweise, dass eine Brusternährung eher schützend ist und dass die exzessive Einnahme von raffiniertem Zucker und gesättigten Fetten fördernd sein könnten. Bewiesen ist dies aber nicht. Somit kann man bis heute keine Ernährungsempfehlung abgeben, welche das Entwickeln einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung hemmen oder fördern könnte. Besser bekannt sind die Auswirkungen einer CED auf den Ernährungsstatus und den Stoffwechsel. Während akuten Schüben können Schmerzen, Übelkeit und Durchfall zu einer reduzierten Nahrungsaufnahme führen. Wenn grosse Abschnitte des Dünndarms befallen sind oder eine ausgedehnte Resektion des Darms stattfand wird auch und die Absorption von Makro- und Mikronährstoffen beeinträchtigt. Zudem hemmen verschiedene entzündliche Mediatoren (z. B. TNF-) den Appetit. Während eines akuten Morbus Crohn Schubes haben bis zu 75% der Befallenen einen Gewichtsverlust. Ein Mangel an fettlöslichen Vitaminen nimmt mit der Schwere der gestörten Fettverdauung zu. Morbus Crohn Patienten können auch erniedrigte Vitamin D-Spiegel mit einer verminderten Knochendichte haben. Bei der Colitis ulcerosa ist der Gewichtsverlust weniger ausgeprägt. Patienten mit einer Colitis ulcerosa haben durch die blutigen Durchfälle oft eine Eisenmangelanämie. Bei ei-

ner schweren Diarrhö können auch verminderte Spiegel an Kalium, Magnesium, Kalzium und Phosphat vorliegen. Ganz allgemein führt ein schlechter Ernährungsstatus zu zellulären und humoralen Immunstörungen. Das Risiko für Komplikationen nimmt mit der Schwere der Mangelernährung zu und das Ansprechen der Therapie nimmt ab. Es ist deshalb wichtig, Ernährungsdefizite zu korrigieren und die Ernährungstherapie als festen Bestandteil in die Behandlung zu integrieren. In den Remissionsphasen haben die Betroffenen meistens einen normalen Ernährungsstatus. Suboptimale Spiegel für Mikronährstoffe und Vitamine sind aber bekannt. Dies ist vor allem bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen mit einem Morbus Crohn zu finden. Gezielt sollte man nach Eisen, Vitamin B12, Folsäure und Zinkdefizite suchen. Ernährungsempfehlungen während akuten Schüben Die Ernährungsempfehlungen sind während akuten Schüben verschieden gegenüber den Remissionsphasen. Die Ziele der Ernährungstherapie bei den CED sind die Verbesserung oder die Prävention von Ernährungsdefiziten, Reduktion der entzündlichen Aktivität, Verbessern das Wachstum von Kindern und Adoleszenten, die Reduktion von Operationen und anschliessend die Erhaltung der Remission. Generell ist es wichtig, eine ausreichende  Energieaufnahme von 25 – 30 kcal / kg / KG / Tag zu gewährleisten. Ebenfalls ist es wichtig, eine ausreichende Eiweisszufuhr (1,0 – 1,5 g / kg / KG) während den akuten Phasen zu haben. Während der akuten Phase können orale Supplemente oder selten eine enterale Therapie eingesetzt werden. Es sollte immer eine normale Ernährung angestrebt werden. Kann dadurch das kalorische Ziel nicht erreicht werden,

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dann haben sich orale Ernährungssupplemente bewährt. Beim Morbus Crohn konnten bei Kindern und Erwachsenen eine Verbesserung des Ernährungszustandes erreicht werden, wenn im Minimum 500 kcal / Tag als Supplemente zugeführt werden. Generell ist eine Ernährungstherapie beim Morbus Crohn erfolgreicher als bei der Colitis ulcerosa. Heute wird vor allem die enterale Ernährung (Sondenernährung) der parenteralen Ernährung bevorzugt. Die parenterale Ernährung ist der enteralen Ernährung deutlich unterlegen. Mit einer enteralen Ernährung können etwa 60% der Patienten mit einem Morbus Crohn eine Remission erlangen. Im Vergleich zur enteralen Ernährung schneidet aber die KortikosteroidTherapie deutlich besser ab. Die Remissionen werden schneller und in einer höheren Anzahl erreicht. Bei Kindern und Adoleszenten ist der Erfolg mit einer enteralen Ernährung deutlich besser als bei den Erwachsenen, da die Kinder die enterale Ernährung besser akzeptieren. Leider gibt es bis heute keine Studien, welche eine Kombination mit Kortikosteroiden und der enteralen Ernährung untersuchten. Bei Kindern und Adoleszenten mit einem Morbus Crohn konnten mit der enteralen Ernährung Wachstumsstörungen gebessert werden und die Menge an Kortikosteroiden reduziert werden. Bei der Colitis ulcerosa zeigte die enterale Ernährung keinen wesentlichen Vorteil. Spezielle Diäten Während einer langen Zeit bestand eine Kontroverse bezüglich der Zusammensetzung der Diäten. Heute ist aber klar, dass zwischen vorverdauten (chemisch definierten Diäten) und Diäten mit normalen Nährstoffen (nährstoffdefinierte Diäten) kein Unterschied besteht. Diese Diäten können sowohl als Supplemente als auch per Sonden verabreicht werden. Generell werden heute vor allem nährstoffdefinierte Diäten eingesetzt. Wenn diese nicht vertragen werden können chemisch definierten Diäten versucht werden. Interessant ist die Forschung zurzeit bezüglich der zugeführten Fette. Lange hat man gehofft, dass die vermehrte Zufuhr von Omega 3-Fettsäuren (Fischöl) den Verlauf verbessern könnte. Die Resultate beim Morbus Crohn und bei der Colitis ulcerosa waren aber nicht überwältigend und es scheint, dass die Zufuhr von Omega 3-Fettsäuren den Krankheitsverlauf nicht wesentlich verändert. Interessant sind die Daten, welche eine fettarme Diät mit einer fettreichen Diät verglichen haben. Es scheint, dass eine fettarme Diät hilfreicher ist als eine fettreiche Diät. Der Gebrauch von verschiedenen Fettzusammensetzungen in den speziellen Diäten ist sicher interessant für weitere wissenschaftliche Untersuchungen. Zurzeit gibt es aber noch keine kommerziell erhältlichen Diäten für Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung. Bei Kinder und Adoleszenten wurde eine Nährlösung mit einem Zusatz von Transforming growth factor-ß (TGF-ß) untersucht. Kleinere Arbeiten zeigen, dass eine solche Diät

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allein oder im Vergleich mit Kortikosteroiden bei Kindern und Adoleszenten mit einem aktiven Morbus Crohn wirksam ist. Diese Diät hatte sogar einen besseren Effekt als Kortikosteroide auf die Heilung der entzündlichen Veränderungen im Darm. Beim Erwachsenen gibt es praktisch keine Daten dazu. Ernährung in den Remissionsphasen Da Patienten mit einer CED in der Remissionsphase meistens einen normalen Ernährungsstatus haben, brauchen sie keine spezifische Ernährungstherapie. Eine ausgewogene Ernährung reich an Früchten, Gemüse (nach Verträglichkeit) und Fisch wird hier empfohlen. Wichtig ist, dass man auf eine normale Kalzium- und Vitamin D-Zufuhr achtet, insbesondere bei Patienten, welche immer wieder Kortikosteroide benötigen. Bis heute gibt es keine spezifischen Ernährungszusätze, welche die Remissionsphasen verlängern. Die Supplementierung von Omega-3-Fettsäuren ist nicht wirksam, wie zwei grosse, kürzlich veröffentlichte Arbeiten zeigten. Interessante Daten sind für Prä- und Probiotika während den Remissionsphasen bei der Colitis ulcerosa und der Pouchitis interessant (siehe Beitrag Prä- und Probiotika bei IBD). Zusammenfassung Eine Mangelernährung und Ernährungsdefizite findet man häufiger bei Patienten mit einem Morbus Crohn als bei Patienten mit einer Colitis ulcerosa. Ernährungsdefizite müssten in allen Phasen der Erkrankung gesucht und behandelt werden, da diese einen negativen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung haben. Die Ziele der Ernährungstherapie bei Patienten mit CED sind die Therapie einer manifesten Mangelernährung oder die Prävention einer Mangelernährung und Ernährungsdefizite. Die Ernährungstherapie sollte primär wenn immer möglich eine ausgewogene orale normale Ernährung sein. Je nach der Situation kann eine Optimierung mit oralen Supplementen oder einer enteralen oder ganz selten einer parenteralen Ernährung nützlich sein. Bei den Supplementen und der enteralen Ernährung sind die nährstoffdefinierten Diäten ebenso wirksam wie die chemisch definierten Diäten. Für die akute Therapie gibt es noch keine endgültigen Empfehlungen für spezielle Nährlösungen ausser bei Kindern mit Wachstumsstörungen. TGFß angereicherte Diäten können hier empfohlen werden. Bei der Colitis ulcerosa zeigen spezifische Probiotika gute Effekte in der Remissionserhaltung und bei der Verhinderung oder Therapie der Pouchitis. Der Einbezug einer Ernährungsberatung sollte immer erwogen werden bei Patienten mit einer CED.


Immunsuppressiva bei chronisch entzünd­lichen Darmkrankheiten Immunsuppressiva (IS) sind Medikamente, welche die Aktivität unseres Abwehrsystems im Körper vermindern resp. unterdrücken.

Dr. med. Carl M. Oneta Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie

Sie spielen z. B. eine grosse Rolle bei der Behandlung von Abstossungsreaktionen nach Organtransplantationen und ermöglichen es, dass wir Menschen auch mit einem körperfremden, nicht 100%ig auf unseren Organismus abgestimmten Organ leben können. Nur dank der Entwicklung solch potenter, unser Immunsystem modulierender Substanzen sind die Erfolge der Organtransplantationen wie z.  B . Herz-, Leberund Nierentransplantationen heutzutage so gross geworden und ermöglichen deshalb vielen Menschen, nach schwerster Krankheit wieder ein annähernd normales Leben führen zu können. IS spielen aber auch eine grosse Rolle bei der Therapie von Krankheiten, bei denen unser Immunsystem «verrückt» spielt und körpereigenes Gewebe wie z. B. das des Darmes aus irgendwelchen, bis heute unbekannten Gründen nicht mehr toleriert. Man nennt diese Krankheiten sog. «Autoimmunerkrankungen». Zu diesen gehören auch die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie der Morbus Crohn (MC) und die Colitis ulcerosa (CU). Durch die Unterdrückung des Immunsystems (= Immunsuppression) mittels IS kann die Produktion von für die Darmschleimhaut resp. -wand schädlichen Botenstoffen, die vom lokalen Abwehrsystem gebildet werden, drastisch unterbunden und damit die Krankheitsaktivität gemindert, ja teilweise sogar ganz aufgehoben werden. Bei der Behandlung von CED kommen verschiedene IS zum Einsatz (siehe unten). Ihre immunsuppressive Wirkung beruht auf unterschiedlichen Mechanismen, was leicht erklärt, warum diese Substanzen auch unterschiedliche Behandlungsindikationen, unterschiedliche Wirkungen und vor allem auch Nebenwirkungen aufweisen. Als eine der wichtigsten Nebenwirkungen ist allen gemeinsam, dass sie mit einem erhöhten Infektionsrisiko einhergehen.

Dies ist leicht verständlich, weil doch die Hauptfunktion unseres Immunsystems die Abwehr von mikrobiellen (viralen, bakteriellen, parasitären) Infektionen ist. Nur schon von diesem Gesichtspunkt aus gesehen, stellen IS Medikamente dar, die sehr potent in unseren Organismus eingreifen und deshalb eine verantwortungsbewusste, korrekte Einnahme, aber auch eine regelmässige ärztliche Kontrolle bezüglich Wirkung und Nebenwirkungen verlangen. Für die CED sind vor allem folgende IS von Bedeutung: Corticosteroide ( z. B. Prednison, Prednisolon, Spiricort, Entocort, u. a. m.), Azathioprin (Imurek, Azarek) und 6-Mercaptopurin (Puri Nethol), Methotrexat, Cyclosporin (Sandimmun) und Tacrolimus (Prograf). Die klinischen Erfahrungen mit diesen Substanzen bei CED sind unterschiedlich. Weitaus am meisten Erfahrungen gibt es mit Corticosteroiden, Azathioprin und 6-Mercaptopurin. Dies ist auch der Grund dafür, warum diese drei Substanzen weitaus am häufigsten zur Anwendung gelangen. Die übrigen, oben erwähnten Medikamente spielen bei CED eine untergeordnete therapeutische Rolle. Ihr Einsatz ist auf wenige, seltene Indikationen beschränkt. Im Folgenden werden Wirkungsweise, Indikationen, Dosierungen, Nebenwirkungen und das Monitoring der oben erwähnten IS im einzelnen besprochen. Auf die Anwendung von IS während der Schwangerschaft wird hier nicht eingegangen. 1. Cortikosteroide (CS): «die Medikamente für den akuten Schub» CS sind hoch potente Substanzen, die bereits nach kurzer Zeit, d. h. innert Stunden ihre Wirkung zur Entfaltung bringen. Deshalb werden Sie schon seit Jahrzehnten bei mittelschweren bis schweren akuten Schüben einer CED therapeutisch eingesetzt. CS wirken bei MC und CU und

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erlauben es in den meisten Fällen, den akuten Schub zu beenden resp. die Remission, d. h. die Gesundung, einzuleiten. Ist die Remission einmal erreicht, dann haben die CS zu deren Erhaltung nichts mehr zu suchen! Auf der einen Seite ist ihr Nutzen zur Verhinderung eines Rezidivs nicht belegt und auf der anderen Seite sind die Langzeitnebenwirkungen zu schwerwiegend, um eine Dauertherapie zu rechtfertigen. Wie CS genau wirken, ist bis heute immer noch nicht genau bekannt. Sie können entweder als Tabletten eingenommen oder intravenös verabreicht werden. Die intravenöse Verabreichung bleibt schwersten Verlaufsformen von CED vorbehalten. Solche Patienten müssen hospitalisiert werden.

In diesem Zusammenhang sollten die wichtigsten NW von Prednison /-olon aufgezeigt werden. Bei einer Behandlung mit diesen Substanzen werden solche NW teilweise in Kauf genommen, weil man davon ausgeht, dass der unmittelbare Nutzen des CS bezüglich «Beruhigung» des akuten Schubs der CED grösser sein wird als die möglichen negativen Effekte des Medikamentes. Entscheidend dabei ist aber, dass auf mögliche NW geachtet und diesen rechtzeitig vorgebeugt wird. Dies benötigt neben der Kenntnis der häufigsten NW eine regelmässige ärztliche Kontrolle auf der einen Seite, aber auch eine Begrenzung der Therapiedauer auf der anderen.

Bei der oralen Einnahme (Tabletten) werden zwei Formen von CS unterschieden: Erstens das herkömmliche Prednison u/o Prednisolon und zweitens das Budesonid (Entocort oder Budenofalk). Das erste hat bei einer Dosierung von etwa 0,5 – 1,5 mg / kg Körpergewicht eine sehr potente Wirkung auf den ganzen Körper, während das zweite seine Wirkung weitgehend auf den Darmtrakt beschränkt. Dies kommt dadurch zustande, dass Budesonid nach der Aufnahme im Darmtrakt und der nachfolgenden Passage durch die Leber von dieser – noch bevor es in den übrigen Körper gelangt – zu einem sehr grossen Anteil gleich ­wieder abgebaut wird. Daraus resultiert auch, dass Budesonid ein geringeres Potential für unerwünschte Neben­ w irkungen (NW) aufweist als das «althergebrachte» Prednison /-olon, dabei aber auch lange nicht so potent wirken kann wie letzteres. Budesonid in Tablettenform wird bei Patienten mit leichtem bis mittelschwerem MC mit Befall des terminalen Ileums (letzter Anteil des Dünndarms, der in den Dickdarm mündet) angewendet. Die Dosierung beträgt 6 bis 9 mg täglich. Als Einlauf zeigt Budesonid eine sehr gute Wirkung bei CU-Patienten (Entocort Enema), bei denen nur gerade das Rektosigmoid (letzte 40 bis 60 cm des Dickdarms) in leicht bis mittelschwerem Ausmass befallen ist.

Die häufigsten NW der CS sind in Tabelle 1 dargestellt und sollten vor einer Behandlung mit dem Arzt besprochen werden. Dass im Rahmen solcher Gespräche nicht alle NW zur Sprache kommen können, versteht sich von selbst. Wie bei allen Medikamenten, ob pflanzlich oder synthetisch, gibt es häufige und weniger häufige und seltene sowie sehr seltene NW. Jeder Patient sollte immer den Beipackzettel zum entsprechenden Medikament lesen und bei Unklarheiten oder dadurch entstandenen Aengsten mit seinem Arzt darüber reden. Die individuellen (Un- / Verträglichkeiten können nicht vorausgesagt werden, so dass sich vor allem auch der Patient unter Behandlung beobachten und bei Besonderheiten rechtzeitig seinen Arzt kontaktieren soll. Die wichtigste Massnahme zur Verhinderung schwerwiegender NW durch CS ist deren möglichst kurzfristiger Einsatz. Wenn immer möglich, sollte eine Behandlung auf wenige Wochen bis maximal 3 bis 4 Monate beschränkt werden. Zudem ist darauf zu achten, die Dosierung möglichst tief zu halten. CS dürfen bei Langzeitanwendung nur unter langsamer Dosisreduktion (Reduktion in 10 mg bis 2,5 mg Schritten je nach ­vorangegangener Therapiedauer und Dosishöhe) wieder ausgeschlichen werden, da es anderenfalls zu schweren Komplikationen bis hin zum Koma und sogar Tod kommen kann. Bei einer hochdo-

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sierten CS-Behandlung (i.d.R. über 10 mg / Tag) über Wochen wird die natürliche Cortisol-Produktion im Körper in der Nebennierenrinde vollständig unterdrückt. Cortisol ist ein lebenswichtiges Hormon, ohne das wir nicht funktionieren können. Werden CS zu rasch abgebaut, so kommt die unterdrückte Nebenniere mit der körpereigenen Cortisolproduktion nicht mehr nach, der Kreislauf «läuft auf Sparflamme» und es kann zu einer schweren körperlichen Beeinträchtigung kommen (sog. Nebennierenrinden-Insuffizienz). Es kommt zu Symptomen wie Adynamie, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, tiefer Blutdruck mit Schwindel beim Aufstehen, ev. Bauchschmerzen, Bewusstseitseintrübung bis hin zum vollständigen Darniederliegen des Kreislaufes. Patienten mit CED, die CS über längere Zeit u/o immer wieder über viele Jahre benötigen oder erhalten haben, sollten einem regelmässigen Monitoring unterzogen werden (siehe Tabelle 2). Bei Auftreten von relevanten NW muss jedes Mal die Fortführung der Steroidtherapie resp, deren Ersatz durch eine andere Behandlung reevaluiert werden. Spricht eine CED auf die Gabe von CS nicht an oder können CS im Verlauf einer Behandlung nicht vollständig ausgeschlichen werden, ohne dass die Erkrankung nicht wieder von Neuem aufflackert, so spricht man von einer «steroid-refraktären» CED, die – sofern nicht innert nützlicher Frist eine alternative Therapie ( z. B. mittels Mesalazin, Azathioprin, 6-Mercaptopurin, Methotrexat, Biologika) gefunden wird – mit einer hohen Steroidnebenwirkungsrate einhergeht. Eine gefürchtete Langzeitkomplikation stellt der Knochenschwund, die sog. «Osteoporose», dar. Diese Krankheit kann prophylaktisch durch die regelmässige Einnahme von Calzium und Vitamin D3 angegangen werden. Sollte sie sich trotzdem entwickeln, muss sie konsequent mit knochenaufbauenden Medikamenten (sog. Biphosphonaten) behandelt werden. Immer wenn einem Patienten ein neues Medikament verabreicht wird, dann muss erstmals abgeklärt werden, was er bereits für Medikamente einnimmt, um sog. Interaktionen, also Wechselwirkungen mit diesen anderen Medikamenten, die potentiell gefährlich sein können, vorzubeugen. Im Zusammenhang mit CS sind vor allem Wechselwirkungen mit sog. «Nicht-steroidalen Antirheumatika» (NSAR) zu beachten. Es handelt sich dabei um schmerz- und entzündungshemmende Medikamente wie  z. B. Diclofenac ( z. B. Voltaren), Ibubrufen ( z. B. Olfen, Brufen), Mefenacid ( z. B. Ponstan) u. a. m. Letztere können im Magen-Darm-Trakt Geschwüre (sog. Ulzera) auslösen, die durch die gleichzeitige Gabe von CS verstärkt entstehen können. NSAR sind allerdings ohnehin bei Patienten mit CED nicht zu empfehlen, weil sie auch einen Schub der Erkrankung auszulösen vermögen. 2. Azathioprin/6-Mercaptopurin (AZA / 6-MP) AZA und 6-MP sind nach CS die beiden am meisten verwendeten IS bei der Langzeitbehandlung von CED. Die Datenlage aus klinischen Studien ist sehr umfangreich und es bestehen mit diesen Substanzen auch die meisten Erfahrungen von Seiten der Gastroenterologen. Die beiden Sub-

stanzen AZA und 6-MP sind sich bezüglich Wirksamkeit sehr ähnlich, auch wenn keine direkten Vergleichsstudien existieren. Sie ermöglichen es, in etwa 60 bis 70% die Rezidivhäufigkeit (= Häufigkeit des Wiederauftretens eines Schubes) deutlich zu vermindern. Bezüglich Verträglichkeit bestehen aber individuelle Unterschiede. Sowohl AZA als auch 6-MP sind für sich gesehen unwirksame Substanzen, die erst nach Umwandlung in der Leber zu 6-Thioguanin (6-TGN) aktiv und wirksam werden. Die Umwandlungsprodukte führen in der Folge zu einer Beeinträchtigung des Abwehrsystems, vor allem durch Beeinträchtigung der Funktion bestimmter weisser Blutzellen, der sog. Lymphozyten. Ein klinisch merkbarer Effekt wird aber erst verzögert festgestellt, manchmal bereits nach einem Monat, meist nach etwa 2 bis 4 Monaten und bei etwa 20% der behandelten Patienten kommt es erst nach 4 bis 7 Monaten zu einem Therapieansprechen. Einige bemerken keinen wesentlichen Effekt. Eine Behandlung gilt erst dann als ineffektiv, wenn nach 6 bis 7 Monaten Behandlung in ausreichender Dosierung (mindenstens 2,5 mg / kg Körpergewicht pro Tag) kein wesentlicher Effekt erkannt werden kann. Dies zeigt sich oftmals darin, dass das gleichzeitig zur Behandlung des akuten Schubes eingesetzte CS nicht vollständig abgesetzt werden kann. Eine Behandlung mit AZA oder 6-MP braucht also anfänglich viel Geduld und eine gute Aufklärung durch den behandelnden Arzt. Die Indikation für AZA / 6-MP bei CED ist in folgenden Situ­ utem ationen, wie sie Tabelle 3 darstellt, gegeben. Bei g Ansprechen der CED auf die Behandlung sollte diese – sofern keine erheblichen NW entstehen – für mindestens ein paar Jahre (3 bis 4 Jahre) beibehalten werden, bevor eine Dosisreduktion oder gar ein Absetzversuch unternommen wird. AZA und 6-MP gibt es nur in Tablettenform. Sie können vor oder nach dem Essen eingenommen werden. AZA und 6-MP werden meistens recht gut vertragen, ohne dass wesentliche, das Allgemeinbefinden beeinträchtigende NW auftreten. Sehr häufig werden sie Patienten gegeben, die durch CS bereits eine totale Remission oder zumindest eine Teilremission erreicht haben. In der Praxis werden dann meistens sukzessive die CS über einige Wochen bis wenige Monate abgebaut bis die immunsuppressive Wirkung sozusagen durch das AZA / 6-MP übernommen worden ist. Häufigste NW von AZA u/o 6-MP, die zu einer Dosisreduktion oder gar zu einem Therapieabbruch führen können, sind in Tabelle 4 aufgezeigt. Dabei sind allerdings die Knochenmarkssuppression, die schwere Leberentzündung (Hepatitis) und die Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) sehr selten. Durch regelmässige Kontrollen des Blutbildes, der Leber- und Pankreaswerte können solche NW aber meist rechtzeitig erkannt und durch Absetzen des Medikamentes verhindert werden (siehe Tabelle 5). Den Stoffwechsel des AZA / 6-MP ersehen Sie aus der Abb. 1. AZA wird in der Leber zu 6-MP umgebaut, stellt also dessen Vorstufe dar. Auch wenn somit aus AZA schliesslich 6-MP entsteht, können die Verträglichkeiten dieser beiden

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Substanzen unterschiedlich sein. Bei Auftreten von gastrointestinalen Unverträglichkeiten (ausser von Fieber, Pankreatitis und Überempfindlichkeitsreaktionen), aber insbesondere bei Auftreten einer starken Übelkeit, kann AZA versuchsweise auf 6-MP umgestellt werden (und umgekehrt), bevor eine andersartige Behandlung in Betracht gezogen wird. Oftmals wird dann die andere Substanz vertragen.

Dosierung. In tiefer Dosierung wirkt es über diverse immunologische Effekte entzündungshemmend. Es greift in den Stoffwechsel der Folsäure ein, ein Vitamin das für die Zellbildung von grosser Wichtigkeit ist. Daraus verstehen sich auch die meisten Nebenwirkungen. Durch die versetzte Gabe von Folsäure ( z. B. Gabe von MTX am Montag und Gabe von Folsäure am Donnerstag) können diese Nebenwirkungen teilweise vermindert werden.

Bei etwa 0,3% der Bevölkerung ist die Aktivität der Thiopurinmethyltransferase (TPMT) deutlich reduziert (siehe Abbildung 1), so dass es zu einer Anreicherung von 6-Thioguanin Nukleotiden (6-TGN) kommt, die dann zu einer Unterdrückung der Knochenmarksbildung führt. Bei etwa 11% der Bevölkerung ist die TPMT-Aktivität leicht vermindert, was auch zu einer Knochenmarkssuppression, allerdings in milderem Ausmass, führen kann. Um hier sicher zu gehen, können vor Therapie die TPMT-Aktivität und unter Behandlung auch regelmässig die 6-TGN-Spiegel im Blut gemessen werden.

Der Einsatz von MTX bei CED ist seltener, so dass es hierzu auch viel weniger Studien gibt als mit AZA und 6-MP. Beim MC ist die Datenlage etwas besser als bei der CU. Bei ausreichender Dosierung verspricht die Substanz recht gute Erfolge im Erreichen, aber auch Erhalten einer Remission bei MCPatienten. Zudem kann bei diesen Patienten die CS-Dosis signifikant gesenkt werden. MTX kann vorderhand nur bei MC empfohlen werden, wegen der wenigen Studiendaten allerdings nur als Therapie der zweiten Wahl, nämlich dann, wenn AZA oder 6-MP wegen fehlender Wirkung oder wegen Nebenwirkungen abgesetzt werden mussten. In ausgewählten Fällen kann auch ein Therapieversuch bei der CU versucht werden.

Gefährliche Wechselwirkungen (Interaktionen) können bei gleichzeitiger Einnahme von Allopurinol (Medikament gegen Gicht) entstehen. Das gleiche gilt auch bei der Einnahme von Mesalazin, Olsalazin und Sulfasalazin, sog. 5-ASAPräparaten, die bei der leichtgradigen CU Verwendung finden. Es können verstärkt Blutbildveränderungen auftreten. Kombinationen dieser Medikamente mit AZA / 6-MP sind möglich, aber nur unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle. 3. Methotrexat (MTX) MTX ist eigentlich ein sog. «Chemotherapeutikum», d.h. ein Medikament, das die Fähigkeit besitzt, Zellen abzutöten und deshalb zur Krebstherapie verwendet werden kann. Diese Eigenschaft entwickelt es allerdings nur in sehr hoher

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MTX existiert in Tablettenform oder als Lösung für die intramuskuläre (i. m.) oder subkutane (s. c.) Injektion. Durch die i.m. oder s.c. Applikation wird die Substanz viel besser aufgenommen als mittels Tablette über den Magen-DarmTrakt. Deshalb ist der Injektion, in aller ­Regel s. c., der Vorzug zu geben. Diese Injektionen, die einmal pro Woche unter Einhaltung der hygienischen Kautelen durchgeführt werden müssen, können meistens problemlos durch den Patienten nach einer kurzen Anlernphase selbst appliziert werden. Die jeweilige Dosis beträgt anfänglich 25 mg, im Verlauf 15mg MTX pro Woche. Wie bereits oben erwähnt, sollte – um ein paar Tage versetzt – gleichzeitig Folsäure (z. B. 5 mg Folvite) verabreicht werden. Eine klinische Wir-


kung sollte etwa nach 1 bis 3 Monaten beobachtet werden können. In 10 bis 20% der Fälle muss die Behandlung mit MTX wegen Nebenwirkungen abgebrochen werden. Die wichtigsten sind in Tabelle 6 angegeben. Wie alle Behandlungen mit IS baucht es auch bei MTX ein regelmässiges Monitoring (siehe Tabelle 7). Vor Beginn der Behandlung sollte die Nierenfunktion getestet werden, da MTX zu 90% über diesen Weg wieder ausgeschieden wird.

nen. Es muss deshalb eine Prophylaxe für gewisse Infektionen erwogen werden. Tacrolimus kann sowohl in Tablettenform als auch als intravenöse Lösung verabreicht werden. Wegen der seltenen Indikation wird auf Tacrolimus nicht näher eingegangen.

Gleichzeitige Behandlungen mit Trimethoprim-Sulfamethoxazol (Bactrim, Eusaprim) sollte wegen Erhöhung der Toxizität von MTX vermieden werden. Vorsicht ist auch geboten bei gleichzeitiger Anwendung von Medikamenten, die die Nierenfunktion beeinträchtigen können.

Literaturverzeichnis Literatur beim Verfasser

4. Calcineurin-Antagonisten (Cyclosporin A und Tacrolimus) Calcineurin-Antagonisten wie Cyclosporin A (Sandimmun) und Tacrolimus (Prograf) greifen in das Immunsystem ein, indem sie die Aktivierung bestimmter Immunzellen (sog. TLymphozyten) blockieren. Die Erfahrungen bei CED sind mit beiden Substanzen, insbesondere aber mit Tacrolimus, das erst seit den 90iger Jahren auf dem Markt ist, gering. Ihre Anwendung sollte Aerzten mit Erfahrung in deren Handhabung vorbehalten bleiben. Beim MC spielen beide Substanzen mit Ausnahme bei Fisteln und bei der Behandlung von sog. «extraintestinalen Manifestationen» des MC (= Beschwerden des MC, die nicht den Magen-Darm-Trakt betreffen) keine gesicherte Rolle. Haupteinsatzgebiet vor allem für das Cyclosporin A ist die schwerste, therapierefraktäre, also auf eine Behandlung mit hochdosierten CS nicht ansprechende CU. Meistens müssen solche Patienten wegen starker Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes hospitalisiert werden. Mit dieser Behandlung will man in erster Linie eine notfallmässige operative Entfernung des gesamten Dickdarmes verhindern. Dies gelingt auch in über 50% der Fälle und es kommt zu einer deutlichen Besserung des Allgemeinzustandes des Patienten. Die Dickdarmentfernung (= Kolektomie) kann dadurch aber nicht immer verhindert werden. Dies gelingt nur bei etwa der Hälfte aller Patienten. Der Nutzen der Behandlung mit Cyclosporin A besteht vor allem darin, optimalere Bedingungen für eine komplikationslose Operation zu bekommen. Die Entscheidung, ob bei schwerer therapierefraktärer CU ein Calcineurin-Antagonist eingesetzt wird oder ob primär operiert wird, ist nicht immer ganz einfach und sollte individuelle Risiken des Patienten berücksichtigen. Cyclosporin A kann intravenös verabreicht oder aber auch geschluckt werden. Der Wirkungseintritt erfolgt in aller Regel nach etwa 5 Tagen. Bei fehlender Wirkung nach 12 Tagen Behandlung ist deren Abbruch festzulegen. Unter Gabe von Cyclosporin A ist die Nierenfunktion gut zu monitorisieren. Da bei diesen schwer kranken Patienten meist eine gleichzeitige Behandlung mit CS in hoher Dosierung durchgeführt wird, besteht infolge der sehr starken Unterdrückung des Immunsystems eine hohe Gefahr für Infektio-

Häufige Nebenwirkungen von Cyclosporin und Tacrolimus sind in Tabelle 8 aufgeschrieben.

Tabelle 1 Häufigste unerwünschte Nebenwirkungen von Cortikosteroiden – Stoffwechseleffekte: Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), erhöhte Blutfette, Übergewicht bis zur Fettsucht, «Vollmondgesicht», «Büffelnacken», Elektrolytstörungen – Psyche: Psychosen (Unruhe, Aggressivität), Stimmungsschwankungen, Schlaflosigkeit – Haut: Akne, erhöhte Verletzlichkeit (Brüchigkeit, Einblutungen) der Haut (sog. «Cortisonhaut»), vermehrter Haarwuchs, Wundheilungsstörungen – Auge: grauer und grüner Star – Kreislauf: Bluthochdruck, Wassereinlagerungen (Oedeme) – Magen: Magenbeschwerden, v. a. bei gleichzeitiger Einnahme von Schmerzmitteln: Auftreten von Geschwüren (Ulkus) – Knochenstoffwechsel: Knochenschwund (Osteoporose) – Muskelschwund – Hormonal: Unterdrückung der Nebennierenrinde, Wachstumsverzögerung bei Kindern Tabelle 2 Monitoring unter Langzeitbehandlung mit CS – Kontrolle von Gewicht, Blutdruck und Blutzucker – Periodische Messung der Knochendichte (sog. DEXA) – Regelmässige augenärztliche Kontrollen – Nebennierenrinden-Insuffizienz-Vorsorge: o ev. Dosiserhöhung der CS bei Stress (z. B. vor Operationen) o vorsichtige Dosisreduktion – kritische Kontrolle bei «banalen» Infektionen (erhöhtes Risiko für Infektkomplikationen) Tabelle 3 Indikationen für eine Behandlung mit AZA / 6-MP – zur Remissionserhaltung bei MC – zur Remissionserhaltung nach fulminanter CU – zur Behandlung einer chronisch-aktiven CED (MC u CU): persistierende oder rezidiverende Symptome innerhalb von 6 Monaten – zur Behandlung einer steroidrefraktären /-abhängigen CED (MC u CU) – bei fistulierendem MC – ev. als Begleitbehandlung zu Infliximab (MC u CU)

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Tabelle 4 Nebenwirkungen von AZA / 6-MP Potentiell gefährliche Nebenwirkungen Toxizität: dosisabhängig, kann Wochen bis Jahre nach Therapiebeginn manifest werden – Leukopenie (Verminderung der weissen Abwehrzellen) leicht bis schwer – Infektionen (leicht bis schwer) – Leberschädigung (Hepatitis) Überempfindlichkeitsreaktionen: dosisunabhängig, meist innerhalb weniger Wochen nach Theapiebeginn manifest werdend – Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) – Fieber, Hautreaktionen, Muskelschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall Tabelle 5 Monitoring bei Behandlung mit AZA / 6-MP vor Behandlung: – Blutbild – Leberwerte – Bauchspeicheldrüsenwerte – ev. TPMT-Aktivität während Behandlung: – Blutbild, GPT: nach 1, 2, 4, 8, 12 Wochen, wenn normal alle 3 Monate – Alpha-Amylase oder Lipase: während der ersten Wochen u./o. bei Auftreten von Bauchschmerzen, wenn während der ersten paar Wochen (z. B. bis Woche 8) normal bleibend, nicht mehr notwendig – ev. 6TGN-Spiegel-Bestimmungen für adäquate Dosisfindung Tabelle 6 Nebenwirkungen von MTX – Übelkeit (sehr häufig), manchmal so stark, dass Therapie deswegen abgebrochen werden muss – Erhöhte Leberwerte – Erkältungsähnliche Symptome – Bauchschmerzen – Kopfschmerzen – Gelenkschmerzen – Müdigkeit – Hautausschläge – Knochenmarkssuppression (selten) – Sog. Pneumonitis, d. h. nicht-infektiöse Lungenentzündung (selten) – Fötale Schädigung (siehe spez. Kapitel über Schwangerschaft)

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Tabelle 7 Monitoring bei Behandlung mit MTX vor Behandlung: – Blutbild, Leberwerte, Nierenfunktion während Behandlung: – Blutbild, Leberwerte, Nierenfunktion: wöchentlich im ersten Monat, dann monatlich während 6 Monaten, dann alle 3 Monate – Regelmässige Einnahme von Folsäure (5 mg / Woche) zur Verminderung der Nebenwirkungen: die Folsäure sollte nicht am Tag der MTX-Applikation eingenommen werden! – Wenn Schwangerschaft geplant, dann sollte MTX mindestens 3 Monate vorher abgesetzt werden Tabelle 8 Nebenwirkungen von Calcineurin-Antagonisten – Störungen der Nierenfunktion – Hoher Blutdruck – Gefühlstörungen (sog. Parästhesien) – Vermehrter Haarwuchs – Kopfschmerzen – Wucherung des Zahnfleisches – Magen-Darm-Beschwerden – Epileptische Anfälle – Zittern – Schlaflosigkeit – Infektionen – Blutbildveränderungen – Elektrolytstörungen – Erhöhter Blutzucker (Diabetes mellitus)


Merksätze «Wirkungen und Nebenwirkungen (NW) von Medikamenten, ob pflanzlich oder synthetisch, sollten vor einer Behandlung mit dem Arzt besprochen werden. Jeder Patient sollte immer den Beipackzettel zum entsprechenden Medikament lesen und bei Unklarheiten oder dadurch entstandenen Ängsten mit seinem Arzt darüber reden.» «Cortikosteroide sind im akuten Schub sehr gut wirksam, haben aber in der Langzeitbehandlung einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung nichts zu suchen!» «In der Behandlung des MC und der CU mit AZA / 6-MP gibt es sehr grosse Erfahrung. Es handelt sich in über der Hälfte der Fälle um eine sehr effektive Therapie, die aber einer regelmässigen Kontrolle bedarf. Der Wirkungseintritt ist verzögert und kann gelegentlich erst nach 4 bis 7 Monaten erfolgen!»

«MTX ist ein Medikament der zweiten Wahl und kann vor allem beim MC bei fehlender Wirksamkeit einer Behandlung mit AZA / 6-MP in Erwägung gezogen werden. Seine Wirksamkeit ist am besten, wenn es intramuskulär oder subkutan verabreicht wird.» «Cyclosporin A wird vor allem bei der schwersten, therapierefraktären CU angewendet, mit dem Hauptziel, eine notfallmässige Operation (Kolektomie) zu verhindern. Beim MC kann eine Behandlung mit Cyclosporin A oder Tacrolimus bei Vohandensein von Fisteln oder bei sog. extraintestinalen Manifestationen in Erwägung gezogen werden.»

Azathioprin azathioprine

6-Mercaptopurin 6-mercaptopurine (6-MP)

6-Thioinosin-5-Monophosphat6-mercaptopurine 6-thionosine-5-monophosphate (6-TMP)

TPMT

6-Thioguanin-Nukleotide 6-thioguanine-nucléotide

6-Methylthioinosin-5-Monophosphat 6-méthylthioinosine-5-monophosphate

Knochenmarksuppression Suppression moelle osseuse

vereinfachte Darstellung des Stoffwechsels von Azathioprin und 6-Mercaptopurin. Bei verminderter Aktivität des Enzyms Thiopurinmethyltransferase (TPMT) kommt es zu einer Anreicherung von 6-Thioguanin-Nukleotiden (6-TGN) mit erhöhter Gefahr einer Knochenmarkssuppression und konsekutiver, verminderter Blutbildung.

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Bessert Stressreduktion chronisch entzündliche Darmerkrankungen? Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind kaum in erster Linie stressbedingt. Es ist jedoch gezeigt worden, dass kontinuierlicher Stress von Menschen und anderen Säugetieren nicht gut toleriert wird.

Rafael J. A. Cámara, MD, Stefan Begré, MD, Roland von Känel, MD Department of General Internal Medicine, Division of Psychosomatic Medicine, Bern University Hospital, Inselspital, and University of Bern, Switzerland

Aus medizinischer Sicht wird Stress am besten als Drei-Stufen-Kaskade verstanden. Die erste Stufe sind Stressoren, welche physisch (Schmerz, Kälte, Erschöpfung) oder psychisch sein können. Oft kann bereits die Vorahnung, dass in Zukunft eine unangenehme Situation auftreten könnte, ein Stressor sein. Die zweite Stufe ist die Art und Weise, wie Stressoren wahrgenommen, interpretiert und bewältigt werden.1 Hier spielen familiärer Hintergrund, Erfahrungen, soziale Unterstützung und aktueller Gemütszustand eine Rolle.2 Die Stressantwort ist die dritte Stufe. Diese soll den Körper durch momentane Steigerung der Aktivität und Unterdrückung von Schmerz, Fieber, etc. auf eine Kampf / Flucht-Situation vorbereiten.3 Die Stresshormone Adrenalin und Cortisol sind hierbei von Bedeutung. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind kaum in erster Linie stressbedingt.4 Es ist jedoch gezeigt worden, dass kontinuierlicher Stress von Menschen und anderen Säugetieren nicht gut toleriert wird; und zwar seelisch und körperlich; egal, ob eine chronische Erkrankung schon vorhanden ist oder nicht. Ein spannendes und einfach zu lesendes Buch veranschaulicht, dass die Stressantwort nur für kurze Stressphasen geeignet ist, wie Beispielsweise die Verfolgung durch ein Raubtier.5 Wir aber neigen dazu, mit unseren gegenwärtigen und zukünftigen Alltagsproblemen dauerhaft Stressantworten in uns auszulösen (Arbeitsplatz, soziale Situation, Gesundheit, etc.). Fragestellung Da Stressantworten schon durch blosse Antizipation von Schwierigkeiten ausgelöst werden können, sollte es möglich sein, durch passendes Training überflüssige Stressantworten zu minimieren und so die Gesundheit positiv zu be-

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einflussen. Wir wollten wissen, ob sich dieses Prinzip auf Chronisch Entzündliche Darmerkrankungen anwenden liesse. Methode Im Online-Zeitschriftenkatalog PubMed haben wir nach Studien gesucht, in denen versucht worden war, durch Reduktion von Stressantworten den Verlauf Chronisch Entzündlicher Darmerkrankungen positiv zu beeinflussen. Die genaue Methode, die wir bei der Suche und Analyse der Studien angewendet haben, wurde in einem Artikel erläutert, der im Frühjahr 09 in der Zeitschrift für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie veröffentlicht wird.6 Ergebnis Wir haben insgesamt 10 verschiedene zwischen 1986 und 2007 publizierte Studien untersucht, an welchen teilweise dieselben Patienten teilgenommen haben.7-16 Je nach Studie wurde vorwiegend autogenes Training durchgeführt, diverse Entspannungstechniken geübt, oder Strategien zur Bewältigung von Stressoren besprochen. In drei Studien hatten die Teilnehmer einem Morbus Crohn, in weiteren drei eine Coltis ulcerosa und in vier waren die Diagnosen gemischt. Für eine detaillierte Beschreibung der Planung und Durchführung der Studien sei auf den Artikel der Zeitschrift für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie verwiesen.6 Deters Gruppe fand, dass die Zahl der krankheitsbedingten Arbeitsausfälle durch Entspannungstechniken abnehmen würde.7 Die Gruppe von GarciaVega fand, dass Stressmanagement zu weniger Bauchschmerzen führen würde.10 Künsebecks Gruppe fand, dass psychologische Unterstützung während akuten Schüben zu einer Reduktion der Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte führen würde.15 Die Gruppe um Milne fand, dass sich die Krankheitsaktivität durch Stressmanagement vermindern liesse.16


Diskussion Für die akademisch interessierte Leserschaft, die mehr über die Stärken und Schwächen der untersuchten Studien erfahren möchte, ist der Artikel der Zeitschrift für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie zu empfehlen.6 Dort ging es darum, Vorschläge auszuarbeiten, wie Studien in Zukunft geplant werden sollten, um schlüssigere Ergebnisse zu erhalten. In diesem Text wollten wir die Frage nach einem positiven Einfluss stressreduzierender Verfahren auf den Verlauf Chronisch Entzündlicher Darmerkrankungen diskutieren. Diese Frage liess sich jedoch nicht schlüssig beantworten, da die Zahl der bisher durchgeführten Studien zu klein und die Langzeitverläufe unbekannt waren. Wohl wurden einige positive Effekte gefunden, aber das waren verhältnismässig wenige, verglichen mit der grossen Zahl an krankheitsbezogenen Aspekten, an denen der Verlauf gemessen worden war. Im Übrigen wäre es noch nicht damit getan, nachzuweisen, dass der Verlauf Chronisch Entzündlicher Darmerkrankungen durch Stressreduktion positiv beeinflusst wird. Dieser Einfluss müsste gross genug sein, um sich für die Patienten zeitlich und finanziell zu lohnen. Es besteht also ein Bedarf an weiterer Forschung, um das Potential von Stressreduktion zu ergründen. Bei genügend grossem Nutzen wären die Vorteile dieser Methode vor allem darin zu sehen, dass die Nebenwirkungen gering wären und die Patienten die Techniken, einmal gelernt, für sich weiterentwickeln könnten.

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Korrespondenzadresse: Dr. med. Rafael Cámara Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Abteilung für Psycho­ somatische Medizin Universitätsspital Bern / Inselspital, Freiburgstrasse, CH-3010 Bern, Schweiz Tel. +41 31 632 45 74, Fax +41 31 382 11 84, E-Mail Rafael.Camara@insel.ch Acknowledgments: This work was supported by grant 33CSC0-108792 from the Swiss National Science Foundation to R.v.K. & S.B. (Mental Health Core Project of the Swiss Inflammatory Bowel Disease Cohort Study, SIBDCS).

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Mein Bauch tut immer wieder weh: Kommt dies von meinem Morbus Crohn oder kann es auch ein Reizdarm sein? Mehrere Studien konnten zeigen, dass Patienten mit Colitis ulcerosa als auch mit Morbus Crohn ähnliche Beschwerden haben wie Patienten mit Reizdarm.

Prof. Dr. med. Frank Seibold Spital Tiefenau, Inselspital Bern

In zwei Studien, in denen man schubfreie Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen untersuchte, wurden Reizdarmsyndrome bei ca. 33% der Patienten mit Colitis ulcerosa und zwischen 40% und 60% der Patienten mit Morbus Crohn gefunden. Nun stellt sich natürlich die Frage, ob man einen Reizdarm und eine chronisch entzündliche Darmerkrankung gleichzeitig haben kann, ob eine unentdeckte Entzündung im Rahmen der chronisch entzündlichen Darmerkrankung vorliegt oder ob Reizdarmsyndrome bei Reizdarm als auch bei der Colitis ulcerosa in ähnlicher Weise vorkommen. In einer in England durchgeführten Studie hat man untersucht, ob bei Reizdarm-Patienten ein erhöhtes Risiko besteht, eine chronisch entzündliche Darmerkrankung zu entwickeln. In der Tat hat man in dieser Studie gefunden, dass das Risiko für Reizdarm-Patienten an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung zu erkranken während einer dreijährigen Beobachtungsphase 16% höher liegwt als in der Allgemeinbevölkerung. Natürlich ist hiermit nicht die Frage beantwortet, ob es eine gewisse Überlappung zwischen Reizdarmsyndrom und chronisch entzündlicher Darmerkrankung gibt oder ob bei den Reizdarmsyndrom-Patienten die Diagnose der chronisch entzündlichen Darmerkrankung einfach verpasst wurde. Also müssen wir das Problem etwas näher beleuchten. Das Problem des Reizdarmes ist, dass es keine harten Kriterien gibt, eine solche Diagnose sicherzustellen. Der Reizdarm wird anhand von Symptomen diagnostiziert, es gibt jedoch keine sichtbaren Laborveränderungen oder endoskopische Kriterien wie ein Reizdarm zu diagnostizieren ist. Das Reizdarmsyndrom ist über die Formkriterien definiert: Sich wieder­ holende Bauchschmerzen und Veränderung der Stuhl­ gewohnheiten mit Besserung der Schmerzen nach Stuhl­ -

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entleerung. Ganz anders ist dieses natürlich bei einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, die bei einer Darmspiegelung relativ einfach zu entdecken ist. In einer neueren Studie konnte gezeigt werden, dass Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und Reizdarmsymptomen erhöhte Spiegel für Calprotectin im Stuhl hatten. Calprotectin im Stuhl ist ein relativ empfindlicher Entzündungsmarker. Somit muss davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, die eine Reizdarmsymptomatik hatten, nicht kontrollierte Entzündungsvorgänge im Darm auswiesen. Aus diesem Grunde ist es sicherlich sinnvoll, sofern Sie unter Reizdarmsymptomen mit Veränderung der


Stuhlgewohnheiten und Schmerzen, die sich nach dem Stuhl entleeren bessern, leiden, zu überprüfen, ob bei Ihnen solche Entzündungsmarker erhöht sind. Sollte dies der Fall sein, müsste die Therapie der zugrunde liegenden chronisch entzündlichen Darmerkrankung intensiviert werden. Nichtsdestotrotz gibt es bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und dem Reizdarmsyndrom einige interessante Überlappungen. Bei beiden Erkrankungen gibt es Zwillings-Studien, die darauf hinweisen, dass beide Erkrankungen gehäuft bei Zwillingen vorkommen. Das Immunsystem scheint bei beiden Erkrankungen aktiviert zu sein. Während sich bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen deutliche Infiltrationen von weissen Blutkörperchen in der Schleimhaut finden, zeigt sich eine solche Entzündung nur in geringerem Masse bei Reizdarm-Patienten. Gewisse Entzündungsbotenstoffe (Zytokine) spielen bei beiden Erkrankungen eine wichtige Rolle. Offensichtlich scheint auch bei beiden Erkrankungen der Darm nicht in der Lage zu sein, Entzündungsvorgänge wieder zu stoppen. Im Blut können bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen unterschiedliche Eiweissstoffe auftreten, die in der Diagnose einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung hilfreich sein können, beispielsweise ein PAB, ASCA oder pANCA. Interessanterweise können auch bei einem Teil von Patienten mit Reizdarmsyndrom solche Eiweissstoffe auftreten. Wiederum stellt sich natürlich hier die Frage, ob bei solchen Patienten nicht eine übersehene chronisch entzündliche Darmerkrankung vorliegen könnte.

Ein grosser Unterschied bei beiden Erkrankungen besteht in der Therapie. Während bei Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa die Krankheit durch anti-entzündliche Substanzen, Immunsuppressiva und TNF-Blocker sehr gut zu kontrollieren ist, haben solche Therapieversuche bei Reizdarm-Patienten nichts genützt. Zusammenfassend kann man festhalten, dass es im Bereich der Immunologie und der Genetik gewisse Überlappungen zwischen Reizdarm und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen gibt. Das grosse Problem beim Reizdarm ist aber eine sogenannte Überempfindlichkeit der Schmerzwahrnehmung. Die Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, die über Reizdarm-ähnliche Beschwerden klagen, sollten zunächst genau ab­geklärt werden, ob noch entzündliche Veränderungen vorliegen. Falls ja, sollten diese medikamentös intensiver behandelt werden. Sollten keine entzündlichen Veränderungen nachzuweisen sein (normale Calprotectin-Werte im Stuhl) und dennoch Beschwerden vorliegen, können bei Patienten mit chronisch entzünd­ lichen Darmerkrankungen Bauchschmerzen auch auf Verwachsungen (beispielsweise nach Operationen) zurückzuführen sein. Bei einem Teil der Patienten scheint es wirklich eine gewisse Überlappung zwischen Reizdarm und chronisch entzündlicher Darmerkrankung zu geben. Hier muss der behandelnde Gastroenterologe nach sorgfältiger Abklärung eine individuelle Therapie für den Patienten wählen.

«In der Gruppe verstehen alle, wovon ich rede, weil sie täglich Gleiches oder Ähnliches erfahren. Ich brauche mich nicht zu rechtfertigen, brauche nichts zu erklären. Klar, wir können uns gegenseitig die Krankheit nicht abnehmen. Aber gemeinsam lässt sich die schwierige Situation besser akzeptieren und es hilft die Isolation zu überwinden. Wir ermutigen uns gegenseitig, neue Ansätze zu finden und Schritte zur Veränderung zu wagen.»

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Entzündliche Darm­er­krankungen und Depression Chronische Erkrankungen sind bei den meisten Patienten mit einem erheblichen Stresspotential verbunden. Aus körperlichen Beschwerden resultieren oftmals zahlreiche soziale Einschränkungen, aus denen depressive Verstimmungen und starke Ängste resultieren können.

Stefan Begré, Rafael J. A. Cámara1, Roland von Känel Kompetenzzentrum für Psychosomatische und Psychosoziale Medizin, Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Inselspital / Universitätsspital Bern, CH-3010 Bern

Entzündliche Darmerkrankungen (CED) verursachen neben Schmerzen auch Symptome wie Durchfall und übel riechende Windabgänge. Diese Symptomatik kann zu sozialem Rückzug und damit ungenügender sozialer Unterstützung in persönlichen oder beruflichen Belastungssituationen führen. Oftmals zeigen sich im Laufe der Erkrankung Stimmungsschwankungen, Freudlosigkeit und Interesseverlust, Wertlosigkeitsgefühle, negative Zukunftsideen, Konzentrationsstörungen, Schlafprobleme und Appetitmangel. Diese Symptome entsprechen denjenigen einer Depression (Kasten). Es stellt sich die Frage, ob bei Patienten mit CED eine Häufung von Depressionen beobachtbar ist, dies aufgrund ihrer starken psychischen Belastung im Rahmen wiederkehrender diagnostischer und therapeutischer Interventionen, Hospitalisierungen und sozialen Einschränkungen. Der Zusammenhang zwischen körperlicher Erkrankung und dem Auftreten von Depressionen ist in der Literatur v.a. bei chronischen Schmerzen und Herz-Kreislauferkrankungen gut dokumentiert. Je nach Studie leiden 1,5 – 100% der Patienten mit chronischen Schmerzen unabhängig von deren Ursache an Depressionen. Umgekehrt leiden 15–100% der an Depression erkrankten Menschen auch unter chronischen Schmerzen1. Die Frage nach dem Huhn und dem Ei ist hier methodisch nicht einfach zu beantworten. Bei Herzgefässerkrankungen ist die Datenlage klarer. So scheinen Herzgefässerkrankungen vermehrt bei Depressiven aufzutreten2 und der Verlauf ist bei nach Herzinfarkt neu aufgetretener Depression ungünstiger, verglichen mit Patienten die nach Infarkt nicht depressiv wurden3. Zunehmend bildet sich die Erkenntnis ab, dass chronische Erkrankungen aufgrund wiederholter diagnostischer und therapeutischer Eingriffe psychisch ebenso traumatisierend erlebt werden können, wie

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durch Einzelereignisse verursachte Traumata im Zusammenhang mit Naturkatastrophen, Unfällen, Folter oder anderen körperlichen und seelischen Gewalteinwirkungen. So leiden ungefähr 10% der Patienten mit einer Herzgefässerkrankung nach Infarkt unter einer sogenannten posttraumatischen Belastungsstörung4. Solche Menschen erleben wiederholt und ohne ihr Zutun immer wieder neu die Ereignisse rund um ihren Infarkt. Sie vermeiden deshalb, wenn immer möglich, Hinweisreize, die sie an die Erlebnisse rund um den Infarkt erinnern und leben in einer ständigen ängstlichen Anspannung und erhöhten Wachsamkeit für Symptome, die einen erneuten Infarkt anzeigen könnten. Eine posttraumatische Belastungsstörung erhöht das Risiko für depressive Verstimmungen nach Herzinfarkt zusätzlich.

Einige folgender Symptome können bei einer Depression* vorliegen:

– Anhaltend deprimierte, traurige oder ängstliche Stimmungslage – Vermindertes Interesse an sonst angenehmen Tätigkeiten – Ein- und Durchschlafstörungen oder vermehrtes Schlafbedürfnis – Reizbarkeit und Ruhelosigkeit – Antriebsschwäche – Müdigkeit, Energielosigkeit – Wertlosigkeits- und Schuldgefühle – Entscheidungsschwierigkeiten, Konzentrations und Gedächtnisprobleme – Todes- und Suizidgedanken, Suizidversuche *  Gemäss Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders DSM-IV


Bei CED sind ähnliche Zusammenhänge in der Literatur noch wenig beschrieben. Unzulängliche Stichprobengrössen und andere methodische Probleme liessen bisher keine klaren Schlüsse zu, inwieweit eine depressive Erkrankung sich aus einer CED entwickelt, deren Verlauf ungünstig beeinflussen mag oder gar das Risiko für deren Auftreten erhöht5. Nichtsdestotrotz deuten mehrere Studien auf einen Zusammenhang zwischen M. Crohn resp. Colitis ulcerosa und ge­ häuftem Auftreten von Depressionen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. Auch unsere Forschungsgruppe konnte in der bisher grössten repräsentativen Stichprobe mit M. Crohn aus der Schweizer Kohortenstudie (Swiss IBD Cohort Study SIBDCS) für CED eine Häufung entzündlicher Schübe über 18 Monate nachweisen je stärker die Patienten unter Depression und Angst litten6. Fast 20% der zufällig überprüften Patienten aus dem gleichen Patientenkollektiv wiesen eine klinisch bedeutsame posttraumatische Belastung auf. Bei Menschen, welche durch ihre Krankheit traumatisiert waren, standen die Chancen auf einen schubfreien Verlauf 13x schlechter als bei solchen, die keine Gefühle der Traumatisierung aufwiesen7. Sozialer Support übte einen günstigen Einfluss auf den Verlauf aus. So erlitten Patienten mit ungenügender sozialer Unterstützung eher (37%) einen oder mehrere entzündliche Schübe über 18 Monate als das gesamte Kollektiv (22%) 8. Die «schützende» Wirkung von guter sozialer Unterstützung wurde vor allem bei den Patienten mit einem niedrigen Body Mass Index beobachtet. Bemerkenswert war bei allen Beobachtungen, dass die Verlaufsergebnisse über 18 Monate alle unabhängig waren von verschiedenen anderen möglichen Einflussfaktoren wie Krankheitsaktivität bei Beginn der Beobachtung, Krankheitsdauer, Medikamenteneinnahme, chirurgische Interventionen, Anzahl Hospitalisierungen, Nikotinkonsum, Alter und Geschlecht. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass depressivängstliche Verstimmungen bei CED-Patienten häufiger sind und wie bei anderen Erkrankten früh erfasst und behandelt werden sollten. Aufgrund der bisherigen Datenlage könnten psychotherapeutische Interventionen oder ein begleitendes Coaching die Entwicklung entzündlicher Schübe möglicherweise reduzieren. Auch wenn bisher entsprechende Studienresultate zur Erhärtung dieser Hypothese noch ausstehen9, muss deshalb zumindest einem Teil der CED-Patienten zu einer psychotherapeutischen Begleitung und medikamentösen Unterstützung mit antidepressiven Medikamenten geraten werden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Magen-Darmspezialisten und Psychosomatikern /  Psychiatern / Psychotherapeuten ist anzustreben.

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Korrespondenzadresse Dr. med. Stefan Begré Chefarzt-Stv. Psychosomatik, FMH Innere Medizin, Spez. Psychosomatik SAPPM, FMH Psychiatrie und Psychotherapie Klinik für Allgemeine Innere Medizin, CH-3010 Inselspital Tel. +41 31 632 20 19, Fax +41 31 382 11 84 E-Mail stefan.begre@insel.ch

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Eisenmangel: Ein häufiges Problem bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Die Symptome bei chronisch entzündlichen Darm­ erkrankungen sind vielfältig. Zum Teil sind sie jedoch nicht nur auf die Erkrankung selbst zurückzuführen, sondern auch auf Mangelsituationen.

Prof. Dr. med. F. Seibold Crohn-Colitis-Sprechstunde, Spital Netz Bern, Spital Tiefenau und Inselspital Bern

Neben Vitaminmangel können auch Spurenelemente zu wenig aufgenommen werden. Ein Eisenmangel ist einer der häufigsten Mangelsituationen bei Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung. Erfreulicherweise kann dieser Mangel heutzutage mit einer entsprechenden medikamentösen Therapie einfach behoben werden. Wie merke ich einen Eisenmangel? Ein starker Eisenmangel führt zu einer Blutarmut (Anämie). Bei einer Anämie wird das Gewebe nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Dies kann dazu führen, dass sich der Patient ungewöhnlich müde oder schwach fühlt. Neben der chronischen Müdigkeit können auch Kopfschmerzen, Schwindel bis hin zu Ohnmachtsanfällen auftreten. Des Weiteren kommt es insbesondere bei körperlicher Belastung zu einer Kurzatmigkeit, Patienten können ein Herzrasen spüren. Daneben kann es eine Schwäche der Muskulatur geben, und Patienten fallen meistens durch ihre blasse Haut auf. Weitere Symptome des Eisenmangels sind Störungen der Gemütslage, Schlafstörungen, Appetitverlust und reduzierte Libido. Da es durch Entzündungsvorgänge bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ohnehin zu Müdigkeit und Abgeschlagenheit kommen kann, können diese Symptome durch das Vorliegen einer Anämie noch verstärkt werden. Um herauszufinden, ob Sie an einer Blutarmut leiden, muss eine Blutentnahme durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang wird der Hämoglobin-Wert (Hb) getestet: Wenn dieser tief ist, spricht man von einer Anämie. Gleich-

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zeitig wird in der Regel auch der Eisenspeicher (Ferritin) im Blut untersucht. Dieser Parameter hilft festzustellen, wie viel Eisen im Körper vorhanden ist. Eine Anämie muss nicht zwangsläufig auf einen Eisenmangel zurückzuführen sein. Auch der Mangel an Folsäure oder Vitamin B12 oder auch der Einfluss von Medikamenten kann zu einer Blutarmut führen. Aus diesem Grunde braucht es eine sorgfältige Abklärung, bevor Therapiemassnahmen eingeleitet werden. Wie häufig ist eine Blutarmut? Der Eisenmangel führt weltweit zu einer Blutarmut bei ca. 1,5 Milliarden Menschen. Bei 21% der Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa in der Schweiz liegt ein Eisenmangel vor. Der Eisenstoffwechsel Eisen ist ein wichtiges Spurenelement für den menschlichen Körper. Es wird im Darm aus der Nahrung aufgenommen und ins Gewebe transportiert. Dabei nehmen Darmzellen ca. 1 – 2 mg Eisen pro Tag auf. Eiweisstransportstoffe transportieren das Eisen weiter, z. B. in das Knochenmark, wo sich das Eisen dann mit dem Hb verbindet und zur Bildung von neuen Blutkörperchen führt. Durch Blutverlust über den Darm bei entzündlichen Herden bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, durch die Monatsblutungen bei der Frau oder sonstige Blutverluste, wird dem Körper viel Eisen entzogen. Ein regelmässiger Blutverlust kommt auch durch abgestossene Darmzellen zustande. Insgesamt ist der Körper mit diversen Regulierungsmassnahmen damit be-


schäftigt, genau so viel Eisen aufzunehmen, wie andererseits wieder verloren wird. Die Milz und die Leber können Eisen, welches in beschädigten roten Blutkörperchen vorliegt, beispielsweise «recyclen» und es dann an den EisentransportEisweissstoff binden. Bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen kann der Blutverlust so gross sein, dass die tägliche Eisenaufnahme nicht ausreicht, um den chronischen Blut­ verlust auszugleichen. Zum Anderen kann aufgrund der Entzündung im Dünndarm die Eisenaufnahme reduziert sein. Zuletzt gibt es auch bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen das Problem, dass sie aufgrund von Bauchschmerzen und Inappetenz mit der Nahrung nicht genügend Eisen zuführen können. Für die meisten Menschen wird eine Eisenzufuhr von 8 – 10 mg pro Tag empfohlen. Oft ist es für Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa schwierig, solche Mengen zu erreichen. Der Körper eines gesunden Menschen enthält durchschnittlich 2000 – 4000 mg Eisen. Pro Tag verlieren wir ungefähr 1 – 2 mg Eisen durch abgestorbene Zellen aus dem Magendarmtrakt und durch kleine Blutungen. Frauen verlieren während der Monatsblutung zusätzlich pro Tag noch einmal bis 1,5 mg Eisen. Dieser Verlust wird normalerweise durch Nahrung ausgeglichen. Wie entsteht ein Eisenmangel bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen? Es gibt drei Hauptursachen für einen Eisenmangel bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen: a die Zufuhr von Eisen aus der Nahrung Entzündungs1D vorgänge im Magendarmtrakt verstärken kann, haben Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen häufig eine instinktive Abneigung gegen eine eisenreiche Kost. Es wird dadurch zu wenig Eisen über die Nahrung aufgenommen. 2 Patienten verlieren durch Entzündungsvorgänge im Magendarmtrakt und Blutungen kontinuierlich Blut. Diese Eisenverluste können oft über die Nahrung nicht mehr ausgeglichen werden.

3 Eine dauerhafte Entzündung blockiert z. T. die Eisenaufnahme über den Darm und verschliesst Eisenspeicher in Leber und Milz. Das heisst, obwohl eigentlich ausreichend Eisen im Körper vorhanden ist, steht es nicht mehr für die Blutbildung und für viele andere wichtige Aufgaben zur Verfügung. Für den Arzt ist es aufgrund der Bestimmung von unterschiedlichen Laborparametern möglich herauszufinden, wo bei Ihnen das Problem ist: Ob ein absoluter Eisenmangel vorliegt, d.h., dass die Eisenspeicher leer sind oder ob ein funktioneller Eisenmangel vorliegt der aufgrund einer Entzündung zu einer verminderten Mobilisierung des Eisens aus den Speichern führt. In welchen Nahrungsmitteln ist Eisen enthalten? In der Nahrung liegt Eisen in zwei Formen vor: In pflanzlichen Quellen wie Getreide, Hülsenfrüchte und Gemüse oder in tierischer Form, d. h. vor allen Dingen im roten Fleisch, aber auch in Geflügel und Fisch. Rotes Fleisch ist die Hauptquelle von Eisen. Das fleischliche Eisen kann vom Körper auch leichter aufgenommen werden als das Eisen, welches von Pflanzen stammt. Es ist immer wieder zu beobachten, dass selbst unter einer ausgewogenen Ernährung Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ihren Eisenbedarf nicht ganz decken können. In einem solchen Fall müssen orale Eisenpräparate oder intravenöse Eiseninfusionen durchgeführt werden. Es gibt auch Nahrungsmittel welche die Eisenresorption beeinträchtigen können; dazu gehören Schwarztee, Kaffee, Milch und Milchprodukte sowie Weissmehlprodukte. Eisenlieferenten in der täglichen Ernährung Nahrungsquelle

Eisengehalt (mg / 100 g)

Leberwurst Erbsen Haferflocken Spinat Roggenbrot Truthahnfleisch / Putenfleisch Schweinefleisch Fenchel Thunfisch Erdbeeren

5,2 5,0 4,6 3,5 3,3 3,0 2,5 2,5 1,2 0,9

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Was kann ich gegen einen Eisenmangel unternehmen?

Im Vordergrund steht die ausgewogene Ernährung (siehe oben). Ein Verzehr von Fisch und Fleisch ist in der Regel hilfreich, um einem Eisenmangel entgegen zu wirken. Wenn die Ernährungsumstellung nur begrenzt effektiv ist, kann ein Eisenersatz mit Tabletten oder Tropfen versucht werden. Es gibt ganz unterschiedliche Präparate auf dem Markt, die Eisen in unterschiedlichen Formen und Konzentrationen enthalten, z. B. als Eisensalze oder Eisen-Polymaltose-Komplex. Eisensalze sollten am Besten eine Stunde vor dem Essen eingenommen werden, Eisen-Polymaltose mit einer Mahlzeit. Eine gleichzeitige Einnahme mit Milch, Kaffee, Schwarztee oder Calciumpräparaten sollte vermieden werden. Die Einnahme von Eisentabletten ist in der Regel wirksam, problematisch ist jedoch, dass diese Therapie über Monate hinweg regelmässig verabreicht werden muss. Leider wird Eisen, welches in Tabletten oder Tropfenform zugeführt wird, häufig von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nicht sehr gut vertragen. Somit gibt es immer wieder Patienten, die die Therapie recht schnell beenden müssen. Manche Patienten leiden durch diese Therapie auch an Durchfall und an Übelkeit, vor allen Dingen zu Beginn einer Behandlung. Bei Patienten, die Eisentabletten oder Tropfen nicht vertragen, bei denen ein schwerer Eisenmangel vorliegt oder die Eisenresorptionsfähigkeit des Verdauenstrakts herabgesetzt ist, wird heutzutage ein intravenöser Eisenersatz favorisiert. Dabei leitet man das Eisen direkt in die Blutbahn, womit es nicht erst den Magendarmtrakt passieren muss. Der Körper kann mehr Eisen verwerten, so dass eine Blutarmut in der Regel schnell behandelt werden kann. Das intravenöse Eisen muss von einem Arzt verordnet werden. Die Anzahl der Infusionen oder Injektionen hängt von der Art des eingesetzten Präparates und dem Schweregrad ihres Eisenmangels ab. Es gibt heute neue Präparate von intravenösem Eisen, deren Verabreichung weniger zeitintensiv ist und die weniger oft verabreicht werden müssen. Wie wird intravenöses Eisen verabreicht?

Intravenöses Eisen wird entweder direkt in die Vene eingespritzt oder in einer kleinen Infusion verabreicht. Welche Nebenwirkungen hat intravenöses Eisen?

Die neuen intravenösen Eisenpräparate sind in der Regel gut verträglich. Allerdings gibt es in seltenen Fällen allergische Reaktionen auf diese Produkte. Normalerweise können die intravenösen Eisenprodukte rasch appliziert werden, bei schwerem Eisenmangel sind jedoch 1 – 3 Kurzinfusionen notwendig. Optimale Therapie der Blutarmut

Falls bei Ihnen eine Blutarmut vorliegt, muss die Ursache dieser Blutarmut professionell abgeklärt werden. Liegt bei Ihnen eine erhöhte entzündliche Situation im Magen-

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darmtrakt vor, müssen die zugrunde liegenden chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa adäquat behandelt werden. Sind die Schleimhäute im Magendarmtrakt abgeheilt, wird es auch zu einer besseren Eisenaufnahme und zu einem geringeren Eisenverlust kommen. Der Eisenmangel ist die häufigste Ursache der Blutarmut. Dieser kann einfach behoben werden (s. o.). Liegt bei Ihnen ein Vitamin B12- oder Folsäure-Mangel vor, muss dieser adäquat durch Tabletten oder Injektionen behandelt werden.

Sehr selten ist die Injektion von Erythropoietin notwendig. (Bekannt durch das Doping von Velofahrern). Dieses Mittel muss durch eine Injektion verabreicht werden und wird jedoch nur dann eingesetzt wenn Eisenmangel, Vitamin B12- und Folsäure-Mangel ausgeglichen ist und dennoch eine Blutarmut vorliegt. Bluttransfusionen kommen bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nur dann zum Einsatz, wenn bei einem Patienten über Wunden in einem Operationsgebiet oder im Rahmen von Entzündungen ein massiver Blutverlust vorliegt. Was empfehlen europäische Crohn- und Colitis-Experten?

Bei den Spezialisten herrscht Einigkeit, dass Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen regelmässig auf eine Blutarmut hin untersucht werden sollten. Diese Untersuchung sollte alle 6 –  12 Monate erfolgen. Bei Patienten mit hoher entzündlicher Aktivität sogar alle 3 Monate. Bei einem Hb-Wert unter 12 bei Frauen und unter 13 bei Männern sollte eine Behandlung der Blutarmut erwogen werden. Bei Vorliegen eines Vitamin B12 oder Folsäure-Mangels sollte dieser ebenfalls behoben werden. Generell wird inzwischen einer intravenösen Eisentherapie der Vorzug gegeben, da sie sich als verträglicher und etwas wirkungsvoller erwiesen hat als die Behandlung mit Tabletten oder Tropfen. Mit der Entwicklung eines neuen intravenösen Eisen­ präparates (Eisencarboxymaltose) kann im Gegensatz zu den früher verwendeten Eisensucrosepräparat der Eisenmangel schneller ausgeglichen werden.


Wichtiges für den Nicht-Gastroenterologen Pascal Frei, Luc Biedermann, Gerhard Rogler Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Departement für Innere Medizin, UniversitätsSpital Zürich, Schweiz Med Forum 2011;11(41):718–726

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED, englisch inflammatory bowel disease oder kurz IBD) werden unterteilt in den Morbus Crohn, die Colitis ulcerosa und – falls die CED nicht sicher zu klassifizieren ist – die Colitis indeterminata (oder wie es neu in der internationalen Terminologie heisst: inflammatory bowel disease type unclassified). CED manifestieren sich meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr; grundsätzlich ist die Erstmanifestation aber (insbesondere bei der Colitis ulcerosa) in jedem Alter möglich. Da es sich um chronische Krankheiten handelt, heisst das auch, dass CED-Patienten in jedem Alter in der Sprechstunde anzutreffen sind. Die Colitis ulcerosa findet sich in den meisten epidemiologischen-Studien etwas häufiger als der Morbus Crohn.Beide Erkrankungen sind in Nordeuropa häufiger als in Südeuropa.1 In der Schweiz gibt es ca. 12’000 – 16’000 Patienten mit einer CED. CED sind in Ländern mit «amerikanischeuropäischer Lebensweise» deutlich häufiger als in anderen Regionen der Welt. Allerdings steigt die Inzidenz z. B. in asiatischen Ländern, die sich derzeit rasant entwickeln und deren Lebensstil sich «verwestlicht», ebenfalls stark an. Daher wird angenommen, dass Umweltfaktoren zur Entstehung beitragen. Wir möchten in dieser Übersicht zuerst wenige wichtige Punkte zu Pathophysiologie und Diagnostik darstellen. Ein zweiter Teil fasst knapp die therapeutischen Stufenschemata zusammen, die bei Crohn und Colitis angewandt werden. Das eigentliche Ziel dieser Übersicht ist es aber, in einem dritten Teil zehn wichtige Punkte zu diskutieren, die im Alltag auch für den Nicht-Gastroenterologen wichtig sind. Pathophysiologie, Verlauf und Diagnostik der CED Ätiologisch spielen bei den CED sowohl eine genetische Disposition als auch Umweltfaktoren eine wichtige Rolle. 2 So haben 20 – 30% der Patienten eine positive Familien­anamnese, und monozygote Zwillinge erkranken häufiger als heterozygote. Der bekannteste, aber bei weitem nicht einzige genetische Faktor ist das NOD2-Gen, ein intrazellulärer mikrobieller Rezeptor, der bei 20 – 30% aller Patienten mit Morbus Crohn bestimmte Varianten aufweist. Kürzlich wurden zusätzliche pathophysiologisch ­relevante Polymorphismen in

Pascal Frei

Quintessenz – In der Schweiz gibt es ca. 12’000 –16’000 Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung. – Ätiologisch spielen bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen genetische und Umweltfaktoren eine Rolle, derzeit gibt es aber keine in der Praxis anwendbaren genetischen Tests. – Steroide sind bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sehr wirksam, aber langfristig unbedingt zu vermeiden. – Immunsuppressiva haben bei chronisch entzünd­ lichen Darmerkrankungen einen grossen therapeutischen Nutzen und ein kleines, zu diskutierendes Risiko. – Nichtsteroidale Antirheumatika (und wahrscheinlich auch Antibiotika wie Penizilline) lösen häufig Schübe aus und sind wenn immer möglich zu vermeiden.

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spezifischen Autophagie-Genen entdeckt ( z. B. im ATG16L1Gen), die für den intrazellulären Bakterienabbau wichtig sind. 3 Inzwischen sind für den Morbus Crohn bereits mehr als 70 Risikogene nachgewiesen, für die Colitis ulcerosa sind es bereits mehr als 30. All diese Risikogene können aber dennoch nur etwa ein Viertel der Erkrankungen erklären. Derzeit gibt es keine genetischen Tests, die in der Praxis für die Diagnostik der CED sinnvoll anwendbar wären. Dies lässt sich an einem rechnerischen Beispiel einfach erläutern. Ein Patient ohne Risikogen ( z. B. keine NOD2-Variante) hat ein absolutes Risiko für eine CED von 0,2 bis 0,3%. Bei Vorhandensein eines Risikogens (NOD2-Variante) steigt das Risiko um das Vierbis Fünffache. Damit ist das absolute Crohnrisiko auch bei Trägern der NOD2-Mutation nur ca. 1  –  1,5%. Da 40% der Crohnpatienten NOD2-Varianten aufweisen, aber auch 10% der Gesunden (von denen es ja mehr als 100-mal mehr gibt), wäre die Zahl der nicht Erkrankten mit einem positiven Gentest viel höher als die Zahl der Erkrankten. Eine Genanalyse macht daher für die Diagnostik der CED trotz der grossen Fortschritte im Verständnis der genetischen Risikofaktoren keinen Sinn. Gute Hinweise für eine Beteiligung von Umweltfaktoren liefern epidemiologische Studien. CED treten gehäuft in industrialisierten, westlichen Ländern auf, insbesondere in städtischen Gebieten und bei Personen höherer Bildung. Mögliche ursächliche Umweltfaktoren sind infektiöse Agenzien, Ernährungsfaktoren, Medikamente (wie Antibiotika) und Toxine. 4 Auch ein zu hoher Hygienestandard in der Kindheit scheint ein Risikofaktor für einen Morbus Crohn zu sein. 5 Worin unterscheiden sich ein Morbus Crohn und eine Colitis ulcerosa? Die Entzündung beim Morbus Crohn befällt prinzipiell den gesamten Intestinaltrakt, bevorzugt aber den distalen Dünndarm («Ileitis terminalis») und / oder den Dickdarm («Crohn-Colitis»). Es handelt sich um eine transmurale, teilweise granulomatöse Entzündung, die auch die Serosa und die regionalen Lymphknoten involvieren kann. Allerdings finden sich Granulome bioptisch inzwischen nur mehr in wenigen Fällen. Daher ist es für Pathologen oft schwierig, eine eindeutige Diagnose zu stellen. Man kann also die Diagnosestellung nicht vom pathologischen oder histologischen Befund abhängig machen. Vielmehr wird die Diagnose klinisch unter Zusammenschau aller vorhandenen Daten gestellt. Die Crohnerkrankung ist durch ihren diskontinuierlichen Charakter mit oft gleichzeitigem Befall von­ einander entfernt liegender Abschnitte des Darmtrakts charakterisiert, was man auch als skip lesions bezeichnet. Die Colitis ulcerosa ist auf die Mukosa des Dickdarms beschränkt und weist eine vom Rektum ausgehende kontinuierliche Ausbreitung in das distale und seltener das gesamte Kolon auf. Selten gibt es Fälle, bei denen das Rektum ausgespart ist oder bei denen neben einer distalen Colitis zusätzlich eine fleckförmige Entzündung im Bereich der Appendixgrube (cecal patch) besteht. Die CED-Diagnostik ist vielschichtig. Es gibt keinen Test, mit dem eine CED bewiesen oder ausgeschlossen werden kann. Darum erfolgt die Diagnostik immer in Zusammenschau von Klinik, Endoskopie, Histologie, Radiologie und Laborchemie.

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Mit welchen Beschwerden geht ein CED- Patient zum Hausarzt? CED-Patienten äussern nicht nur abdominelle Symptome, auch wenn die führenden Symptome chronische Durchfälle mit oder ohne Blutbeimengungen (gelegentlich auch Obstipation bei Morbus Crohn) und rezidivierende Bauchschmerzen sind. Ebenfalls häufig sind allgemeine Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Übelkeit. Im Alltag ist es wichtig, auch sogenannte extraintestinale Symptome zu erkennen und zu behandeln. Sowohl initial wie auch im Verlauf können Gelenkschmerzen (einfache, nichtentzündliche Arthropathien, Spondylarthritis, Oligoarthritis), Hautveränderungen (Erythema nodosum, Pyoderma gangraenosum), Augenentzündungen (Uveitis, Iritis, Konjunktivitis) und subfebrile Temperaturen auftreten. Nur durch Kenntnis der möglichen Symptome und eine zielgerichtete Diagnostik kann eine häufig lange Latenz von Erstsymptomen bis zur Diagnose verkürzt werden. In einer kürzlich publizierten Untersuchung der schweizerischen IBD-Kohorte (SIBDCS), in der mehr als 2000 CEDPatienten eingeschlossen sind, betrug die Latenz bei der Colitis etwa ein Jahr, beim Morbus Crohn sogar bis zu drei Jahren. Diese Latenz entsteht einerseits, weil sich Patienten oft erst nach Monaten beim (Haus) Arzt melden, andererseits aber auch durch eine verzögerte Diagnostik nach Erstpräsentation in der ärztlichen Sprechstunde. 6 Therapieschemata bei Crohn und Colitis Eine sehr ausführliche und aktuelle Zusammenfassung der aktuellen Crohnund Colitistherapie liefern die regelmässig aktualisierten ECCO-Guidelines. 7  – 10 Für einen kompakten Überblick verweisen wir auf eine kürzliche deutschsprachige Zusammenfassung. 11, 12 Hier möchten wir ganz kurz die zur Verfügung stehenden Medikamente wiedergeben, deren Einsatz einerseits vom Schweregrad der Erkrankung, andererseits vom Befallmuster abhängig ist. M. Crohn Grundpfeiler zu Beginn der Therapie beim akuten Crohnschub sind Steroide. Bei leichter bis mässiger Ileitis terminalis sollte das ileozoekal gut wirksame Budesonid verwendet werden (9 mg / d), da es bei nahezu gleicher Wirkung wesentlich weniger Steroidnebenwirkungen hat. Bei Versagen dieser Therapie oder bei schweren ilealen oder kolonischen Schüben ist nach wie vor das konventionelle Prednison (kurzfristig bis 60 mg, dann ausschleichende Dosierung, insgesamt für nicht mehr als drei Monate) indiziert. Der Einsatz von mehr als 60 mg Prednison ist nicht sinnvoll. Immunsuppressiva, in erster Linie Azathioprin, werden verwendet, um langfristig v. a. auch beim chronisch aktiven Crohn möglichst auf Steroide zu verzichten. Alternativen bei Nicht-Ansprechen auf Azathioprin sind Methotrexat oder Anti-TNF-Antikörper (Infliximab, Adalimumab, Certolizumab). Diese Medikamente werden bei schweren Verlaufsformen mit Erfolg während (Monaten bis) Jahren angewendet, um eine langfristige Remission zu erzielen. Hier nicht speziell


erwähnt ist die komplexe und interdisziplinäre Therapie bei Fisteln 13, welche unserer Ansicht an spezialisierte Zentren gehört. Am häufigsten sind perianale Fisteln, grundsätzlich können aber Fisteln im gesamten Abdominalbereich auftreten (enteroenteral, enterokutan, enterovesikal, enterovaginal). Colitis ulcerosa Grundpfeiler der Colitistherapie sind 5-Aminosalizylate, welche sowohl oral als auch rektal appliziert werden können («topische Therapie»). Bei einer Proctitis ulcerosa sind Suppositorien den Einläufen überlegen, da sie das Rektum effizienter mit dem Wirkstoff benetzen. Bei einer linksseitigen Colitis braucht es hingegen Schäume oder Einläufe, bei Befall auch proximal der linken Flexur perorale Therapien. Bei linksseitiger Entzündung ist die topische Therapie effektiver als die orale, was immer bedacht werden sollte. Die häufige Annahme, eine Lokaltherapie mittels Schaum oder Einlauf sei den Patienten unangenehm, trifft für die allermeisten Patienten nicht zu. Werden die orale und topische 5-ASA-Gabe kombiniert, wirken sie zusammen noch stärker als eine der Applikationsformen allein. Bei schwereren Schüben wird, analog zum Crohn, Prednison verwendet, oral in einer Dosis von 40 bis 60 mg. Bei sehr schweren Schüben sollte die Prednisongabe intravenös erfolgen. Bei fulminanten Schüben wird Infliximab oder Ciclosporin intravenös zur Remissionsinduktion verwendet, mit anschliessend langfristig remissionserhaltender Therapie mit Infliximab oder klassischen Immunsuppressiva (Azathioprin, selten Tacrolimus). Immun­suppressive Therapien mit Ciclosporin oder Tacrolimus bei schweren Kolitiden sollten aus unserer Sicht ebenfalls an spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Im Folgenden möchten wir nun zu praktischen Tipps übergehen anhand von zehn Dos and Don’ts. Diese Tipps sollen helfen, einerseits die Therapie zu optimieren, aber auch allfällige Missverständnisse zu beseitigen. Die zehn Dos and Don’ts 1. Steroide sind wirksam, aber langfristig zu vermeiden Hochdosierte Steroide sind eine potente Therapie bei einem CED-Schub. Die Number Needed to Treat (NNT) beträgt bei einem akuten Crohnschub 2 – 3. 14, 15 Peroral wird eine Dosis von 40 bis 60 mg Prednison verabreicht. Dennoch gibt es Situationen, wo die perorale Medikation nicht reicht und auf i. v. Steroide gewechselt werden muss. Richtlinien empfehlen bei einem akuten Colitisschub eine Dosis von 4 x 100 mg Solu-Cortef® i. v. (oder Äquivalent), was analog wahrscheinlich auch bei einem schweren Crohnschub sinnvoll ist. Auch wenn dies letztlich durch Studien nicht eindeutig bewiesen ist, empfehlen wir eine mehrfache tägliche Prednisongabe. Wegen der bekannten Steroidnebenwirkungen, der bei längerfristiger Anwendung gehäuft auftretenden Komplikationen (wie Perforationen und Abszesse) und der Tatsache, dass Steroide nicht zur Remissionserhaltung geeignet sind,

sollte langfristig auf eine Steroidtherapie verzichtet werden. Darum dürfte es den Begriff der «steroidabhängigen» CED eigentlich gar nicht geben. Ziel muss auch bei schwereren Verläufen eine steroidfreie remissionserhaltende Therapie sein. Dies gelingt bei vielen Patienten mit Azathioprin oder 6-Mercaptopurin. Azathioprin (Imurek®, Azarek®, Azaimun®) wird in einer Dosis von 2 bis 2,5 mg / kg Körpergewicht eingesetzt, idealerweise einschleichend (50 mg abends während einer Woche, dann schrittweise Erhöhung bis zur erwähnten Zieldosis). Es hat bei ca. 10 – 15% der Patienten «unangenehme» Nebenwirkungen (grippale Symptome, Übelkeit, Magendrücken, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Haarausfall), in ca. 10% erzwingen schwerere Nebenwirkungen (Hepatitis, Pankreatitis, Knochenmarkssuppression) einen Therapiestopp. Bei Auftreten der «unangenehmen» Nebenwirkungen kann es durchaus sein, dass Patienten das verwandte, aber leider wesentlich teurere 6-Mercaptopurin Purinethol®, in einer Dosis von 1 bis 1,5 mg / kg KG gut vertragen. Mit 2 Azathioprin kann bei etwas weniger als ⁄ 3 der Patienten, die es letztendlich vertragen, eine Remission erreicht werden. Diese Therapie macht aber nur Sinn, wenn sie längerfristig (über Jahre) durchgeführt wird, worüber der Patient gut informiert werden muss. Alternativ kann beim Morbus Crohn Methotrexat eingesetzt werden. Hier verwenden wir 25 mg s. c. zur Remissionsinduktion und 15 mg s. c. (oder i.  m. oder p. o.) wöchentlich zur Remissionserhaltung, immer kombiniert mit einer Folsäuresubstitution mindestens zwei Tage nach Methotrexat (Merkspruch: «Methotrexat am Montag, 5 mg Folsäure am Freitag»). Eine nun seit mehreren Jahren erprobte Therapie zur Remissionsinduktion und steroidfreien Remissionserhaltung stellen die Anti-TNF-Antikörper dar, häufig auch Biologika genannt. In der Schweiz sind drei Präparate für die Crohnbehandlung zugelassen, namentlich Infliximab (Remicade®) alle 8 Wochen i.  v.; Adalimumab (Humira®) alle 2 Wochen s. c.; Certolizumab pegol (Cimzia®) alle 4 Wochen s. c. Aktuell ist für die Colitisbehandlung nur Infliximab zugelassen. Der in letzter Zeit vieldiskutierte aggressive Einsatz von Anti-TNF-Antikörpern mit oder ohne Kombination mit Azathioprin erzielt zwar beim Crohn rascher eine steroidfreie Remission. 16 Kritisch betrachtet führt die regelmässige Kombinationstherapie aber zu einer Überbehandlung von vielen Patienten (denn sie führt nur in etwas mehr als 10% der behandelten Patienten zu einer besseren Wirkung als die InfliximabMonotherapie), und längerfristig fällt dieser Vorteil kleiner aus, so dass wir im Falle einer kombinierten Therapie meist nach sechs Monaten Therapie auf eine Mono-Antikörpertherapie zurückgehen. Dies vermeidet nicht nur Kosten, sondern auch mögliche Nebenwirkungen der doppelten (und allenfalls jahrelangen) Immunsuppression. Der einfachste und billigste Weg, Steroide in der Crohntherapie zu sparen, ist bei Rauchern der konsequente Nikotin-

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stopp. Ein vollständiger (!) Nikotinstopp hat einen nachgewiesen günstigen Effekt auf einen M. Crohn. 17 Leider gilt dies nicht für die Colitis ulcerosa, bei der Rauchen protektiv wirkt. 2. Nicht zu früh operieren Ziel der medikamentösen Therapien beim Crohn ist es, Beschwerden und wiederholte Operationen zu vermeiden. Die Wirksamkeit der antientzündlichen und immunsuppressiven Therapien zur Remissionsinduktion und erhaltung wurden oben erwähnt. Es häufen sich Hinweise, dass durch diese Therapien die Operationshäufigkeit in der Tat abnimmt. 18 Auch bei schweren Verläufen der Colitis ulcerosa kann die Kolektomierate durch die neuen Medikamente (Ciclosproin, Tacrolimus, Infliximab) signifikant reduziert werden. Darum sollte bei schweren Verläufen ein Therapieversuch mit diesen Medikamenten während einer begrenzten Zeit evaluiert werden. Solche («Rescue») Therapien sollten Zentren mit entsprechender Erfahrung vorbehalten sein. Dabei ist es nicht so sehr entscheidend, mit den genannten Substanzen vertraut zu sein, als vielmehr den Zeitpunkt, an dem eben doch operiert werden muss, nicht zu verpassen (s. u.). 3. Nicht zu spät operieren Trotz bemerkenswerter Erfolge der medikamentösen Therapien muss eine operative Therapie rechtzeitig, interdisziplinär und mit dem Patienten besprochen werden. Die Operation bei schweren CED-Verläufen darf nicht als Versagen des Patienten, des Gastroenterologen oder der Medikamente angesehen werden. Am Beispiel der Ileitis terminalis gilt die frühzeitige Ileozoekalresektion auch in den ECCOGuidelines nebst Azathioprin und Prednison als sinnvolle Therapieoption. Es ist zu berücksichtigen, dass Resektionen darmsparend durchgeführt werden, da «Sicherheitsabstände» bei einer grosszügigen Resektion das Rezidivrisiko nicht günstig beeinflussen. Ebenso müssen darmsparende Strikturplastiken bei narbigen Stenosen («Fibrostenosen»)

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diskutiert werden, bei denen der lange, teure und potentiell nebenwirkungsreiche Einsatz von Immunsuppressiva / Biologika gar nicht wirken kann. Vor allem nach Resektionen gilt es, eine sinnvolle medikamentöse Rezidivprophylaxe in Betracht zu ziehen. Auf jeden Fall muss der Patient informiert werden, dass der Crohn mit einer Operation nicht geheilt werden kann und eine Rezidivprophylaxe sinnvoll ist. Das durch uns am häufigsten verwendete Schema beinhaltet eine postoperativ rasch begonnene dreimonatige Metronidazol-Therapie (250 mg 3x /d), kombiniert mit einer mehrmonatigen AzathioprinTherapie. 19 Alternativ (zum Beispiel bei einer Azathioprinunverträglichkeit) scheint eine Rezidivprophylaxe mit AntiTNF-Antikörpern sehr effektiv 20, eine Rezidivprophylaxe mit 5-ASA hingegen ist hingegen weniger effektiv (Number Needed to Treat, NNT, von 8 bis 12). 21 Auch wenn oben erwähnt wurde, dass die heutigen Medikamente das Kolektomierisiko bei der Colitis ulcerosa wesentlich reduzieren, darf nicht vergessen werden, dass erstens eine nicht ideal kontrollierte Entzündung langfristig das Karzinomrisiko erhöht und zweitens die Krankheit durch eine Kolektomie geheilt werden kann. Viele Patienten zeigen sich ängstlich gegenüber einer Kolektomie. Postoperativ sind allerdings fast alle zufrieden mit dem Kolektomieresultat, und die meisten wünschten sich postoperativ, sie wären schon früher kolektomiert worden. 22 Die Langzeiterfahrungen nach totaler Proktokolektomie mit ileoanaler Pouchanlage an einem Zentrum sind hervorragend. 23 4. Topische Therapie bei der Colitis ulcerosa häufiger anwenden Viele Patienten in unserer Sprechstunde hatten oder haben keine topische Therapie, obschon deren Colitis aufgrund des Befallsmusters gut topisch behandelt werden könnte. Zur Verfügung stehen Suppositorien für die Proctitis ulcero-

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Schäume und Klysmen als topische Therapie. Sowohl Schaumpräparate A als auch Klysmen B erlauben eine topische Therapie bis zur linken Flexur. Allerdings verteilen sich Schaumpräparate gleichmässiger als Klysmen24.

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sa u nd Schäume oder Einläufe für die linksseitige Colitis, definiert als Befall bis zur linken Flexur. Vorteil dieser Therapien ist, dass der Wirkstoff ausschliesslich, dafür in umso höherer Dosis dort ankommt, wo er benötigt wird. Eine milde bis mässige Proctitis ulcerosa kann oft mit «nur» 1 g 5-ASA-Suppositorien behandelt werden, bei ungünstigem Verlauf kann trotz des sehr distalen Be­falls eine ergänzende perorale 5-ASA-Medikation zusätzlichen Gewinn bringen. Ist diese Therapie unwirksam, sollte die topische Therapie zunächst mit einem ergänzenden steroidhaltigen Suppositorium ausgebaut werden. Ein linksseitiger Befall kann analog gut mit Ein läufen oder Schäumen behandelt werden (Abb. 1). Diese Therapien sind erst sinnvoll, wenn ein Befall über das Rektum hinaus besteht, da nur 40% der Schäume und 10% der Einläufe nach 4 Std. im Rektum sind. 24, 25 Grundsätzlich sind für viele Patienten kleinvolumige Präparate angenehmer, weshalb auf das Volumen des jeweiligen Präparates geachtet werden soll. Schäume werden von den Patienten bevorzugt und können besser gehalten werden. Wir empfehlen unseren Patienten, nach applizierten topischen Therapien mindestens 30 Min. in Linksseitenlage oder noch besser in Bauchlage zu verweilen (zum Beispiel abends lesend im Bett). Zeitgleich verordnen wir häufig auch Loperamid 20 – 30 min vor der topischen Therapie, welches die Motilität hemmt und dadurch das Halten der topischen Therapie erleichtert. Obschon die 5-ASA-Therapie alt und billig ist, ist sie doch sehr effektiv. Es darf bei einer leichten bis mässigen Colitis von einem Ansprechen in mehr als 70% der Patienten ausgegangen werden. Damit spricht praktisch alles dafür, eine solche Therapie – mit der entsprechenden Instruk­ tion – konsequent während einiger Wochen zu versuchen. 5. Die Off-label-Anwendung von Medikamenten kann notwendig sein In der Behandlung von CED-Patienten mit ungünstigem Verlauf sind wir immer wieder auf den Offlabel-Einsatz von Medikamenten angewiesen. Leider besteht nicht selten eine Diskrepanz zwischen den von Swissmedic akzeptierten Indikationen (siehe Documed) und internationalen Behandlungsrichtlinien (7 – 10). Die ECCO-Guidelines erwähnen am Beispiel schweren Colitis ulcerosa auch den Einsatz von Tacrolimus, diese Indikation ist aber in Documed® nicht aufgeführt. Nach Einreichen von Kostengutsprachen und korrekter Information des Patienten ergeben sich mit dem Einsatz von Offlabel-Medikamenten neue Therapieoptionen mit dem Ziel, Symptome zu lindern und Operationen zu vermeiden. Da die schweren Fälle (beispielsweise schwere Colitis ulcerosa mit Indikation für Tacrolimus) insgesamt doch nicht allzu häufig sind, schlagen wir vor, diese Patienten an einem Zentrum zu behandeln. 6. Nichtsteroidale Antirheumatika sind zu meiden Schmerzen sind ein häufiges Thema im ärztlichen Alltag, seien es Kopfschmerzen, posttraumatische Schmerzen

oder Arthralgien, unter denen fast die Hälfte aller CEDPatienten leiden. Man unterscheidet hier Spondyloarthropathien des Achsenskeletts von peripheren Arthritiden Typ I und Typ II nach Orchard. Die sogenannte Typ-I-Arthropathie ist meist eine akute Erkrankung überwiegend an wenigen grossen Gelenken wie Knien und Schultern, welche einhergeht mit einer intestinalen Krankheitsaktivität, weshalb hier eine effiziente CED-Therapie entscheidend ist. Leider sind aber Typ-II-Arthropathien (symmetrische seronegative Polyarthropathien mit Befall von mehr als fünf Gelenken mit persistierenden und langdauernden Symptomen) als auch eine axiale Arthritis (ankylosierende Spondylitis, Sakroileitis) häufig unabhängig von der intestinalen Aktivität. Darum muss hier auf klassische Schmerztherapien zurückgegriffen werden, was leider kompliziert wird durch die Kontraindikation für nichtsteroidale Antirheumatika 26, 27, die einen akuten Schub oder einen Anstieg der intestinalen Krankheitsaktivität auslösen können. In einer interessanten Studie von 2006 trat bei bis zu 25% aller CED-Patienten innerhalb von zwei Wochen ein Schub auf, wenn sie während einer Remission mit Naproxen, Diclofenac oder Indomethacin behandelt wurden. 28 Als unbedenklich dürfen wahrscheinlich Paracetamol, Metamizol und Opioide eingestuft werden. Celecoxib als spezifischer COX2-Inhibitor scheint bei CED bezüglich Schubauslösung sicher zu sein. 29 Zwecks besserer Verträglichkeit einschleichend zu dosierendes Salazosulfapyridin (nicht aber die «neuen» 5-ASA-Präparate) wirken häufig gut gegen periphere Gelenkschmerzen. Bei Patienten mit axialer Arthritis ist vor allem eine Therapie mit einem der drei verfügbaren Anti-TNF-Antikörpern wirksam. 30 – 34 7. Adäquate Risikokommunikation gegenüber dem Patienten Viele Patienten (aber auch Ärzte) haben Ängste und Hemmungen gegenüber immunsuppressiven Therapien. Grundsätzlich ist es sicher richtig, die Indikation hierfür sorgfältig zu stellen, dennoch spricht viel für eine immunsuppressive Therapie, wenn die Alternative chronische Krankheit oder wiederholte Steroidbehandlungen ist. Wichtig ist es, dem Patienten klarzu machen, dass der Nutzen einer Immunsuppression wesentlich höher ist als das Risiko dieser Therapie (u. a. Lymphome, Infekte und Teratogenität). Die Nutzen-Risiko-Überlegung bezüglich Lymphome lässt sich am Beispiel eines schweren Crohns illustrieren, bei dem die kürzlich erschienene SONIC-Studie 16 den kombinierten Einsatz Anti-TNF- und Azathioprin empfohlen hat. Mit einer solchen Therapie ist der Nutzen (Erreichen einer steroidfreien Remission nach sechs Monaten) gut 60%. Hingegen verfünffacht sich das Risiko für lymphopro liferative Erkrankungen schon unter alleiniger Azathioprintherapie 35, und unter Azathioprin / Anti-TNF-Therapie wurden (sehr selten) hochmaligne hepatosplenische T ZellLymphome beschrieben. In absoluten Zahlen heisst das aber, dass unter Azathioprin das Risiko für lymphoproliferative Erkrankungen von 0,26 / 1000 auf 0,9 / 1000 Patientenjahre steigt. Ingesamt muss also mit einem zusätzlichen Lymphom auf etwa 1000 Patientenjahre Azathioprin gerechnet werden. 36

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Damit wird klar, dass der Nutzen der Immunsuppression bei CED (weniger Beschwerden, Verhinderung von Operationen bei gut kontrolliertem Crohn, Verhinderung von Kolonkarzinomen durch gute Kontrolle der Entzündungaktivität bei der Colitis ulcerosa) um ein Vielfaches höher ist als das Risiko. Auch das Risiko für weitere Neoplasien (Hautmalignome vom Nicht-Melanom-Typ; Zervixkarzinom, kolorektale Karzinome) wird in der Literatur diskutiert, die Evidenz hier ist insgesamt aber schlecht. Dennoch raten wir unseren Patienten unter Langzeitimmunsuppression zu regelmässigen dermatologischen und gynäkologischen Kontrollen. Das Risiko von Infekten ist unter Immunsuppression, auch unter Anti-TNF-Antikörpern, statistisch gesehen erhöht. Damit sind aber nicht immer schwere und bedrohliche Infektionen gemeint. Unter regelmässigen Blutbildkontrollen, mit denen eine zu starke Immundefizienz vermieden werden kann, sind schwere Infektionen sehr selten. Auch nach mehrmonatigen normalen Kontrollen sind mindestens dreimonatliche Blutbildkontrollen sinnvoll, da auch nach zwei Jahren Immunsuppression mit Azathioprin plötzlich eine Knochenmarkssuppression auftreten kann. Wir empfehlen eine Dosisreduktion der Immunsuppression, sollte die absolute Lymphozytenzahl auf unter 600 / μl fallen, da dann die Zahl von T-Helferzellen (circa 40% der Lymphozyten) auf ein gefährliches Mass sinkt. Impfungen sind auch unter Immunsuppression effektiv, vermieden werden sollten allerdings Lebendimpfstoffe (Beispiel Gelbfieber, orale Poliomyelitis). Totimpfstoffe (Beispiel Grippeimpfung, Hepatitis A / B) sind unbedenklich. 37 Das Teratogenitätsrisiko während der Schwangerschaft ist nicht zu verharmlosen, aber bei fast allen Medikamenten gering und insgesamt geringer als das Risiko eines schweren Schubes für Mutter und Kind. Darum sollte vermieden werden, bei einer CED-Patientin in Remission durch einen Medikamentenstopp in der Schwangerschaft einen erneuten Schub zu riskieren. Strikt verboten kurz vor und während der Schwangerschaft ist nur Methotrexat. Steroide sollten wenn möglich im ersten Trimester wegen der erhöhten Gefahr von Gaumenspalten vermieden werden. In der Spätschwangerschaft versuchen wir, AntiTNF-Antikörper zu pausieren, da dieses im letzten Trimester in den embryonalen Kreislauf übertreten kann. Unter Azathioprin steigt zwar das Risiko von Frühgeburten und tiefem Geburtsgewicht, wie viel hier aber dem Azathioprin und wie viel der Krankheit zuzuschreiben ist, ist unklar 38. Fast 9 von 10 IBD-Spezialisten würden Azathioprin wenn nötig auch in der Schwangerschaft fortführen 39. Eine Anpassung der Immunsuppression sollte nur in Rücksprache mit dem behandelnden Gastroenterologen vorgenommen werden. 8. Symptomatische Therapie ausnützen In der CED-Behandlung werden nicht nur entzündungshemmende, sondern auch symptomatisch wirksame Medikamente eingesetzt. Hier möchten wir auf die Behandlung von Durchfällen / Stuhldrang, Bauchschmerzen und die Eisensubstitution bei Eisenmangel (anämie) eingehen.

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Sehr dankbar sind Patienten mit Durchfall für die Empfehlung, Loperamid einzunehmen, um unterwegs den Stuhldrang zu reduzieren (beispielweise Pendler auf dem Weg zur Arbeit, vor dem Sport), oder auch vor Applikation von topischen Therapien wie oben erwähnt. Es gibt keine Hinweise, dass eine solche bremsende Therapie im Alltag gefährlich ist. Zu meiden ist eine motilitätshemmende Therapie nur bei einem schweren ColitisSchub, dann sollten analog aber auch Opiate und ­Anticholinergika vermieden werden (Gefahr des toxischen Megakolons). Bei postoperativen Durchfällen nach Ileozoekalresektion, welche suggestiv für eine Gallensäuremalabsorption sind, macht eine Therapie mit «Gallen­säure-Bindern» Sinn (Quantalan®, Ipocol®). Diese Medikamente sollten aber wegen Interaktionen in einem mehrstündigen Abstand zu anderen Medikamenten eingenommen werden. Wenn CED-Patienten über Bauchschmerzen klagen, ist eine Differenzierung von entzündlicher Aktivität und funktionellen Beschwerden oft schwierig. Dennoch sollte nicht jeder Abdominalschmerz als Schub mit Steroiden behandelt werden. Das Creaktive Protein ist in dieser Situation häufig zu wenig sensitiv, hilfreich kann eine Bestimmung des fekalen Calprotectins als Entzündungsmarker sein, um einen «Nicht-Schub» zu dokumentieren. Da bei CED-Patienten mit Reizdarmtypischen Beschwerden das fekale Calprotectin oft erhöht ist, sollten unspezifische Beschwerden aber nicht zu rasch als nur funktionell abgetan werden. 40 Schmerzen im Falle eines Schubs sollten antientzündlich behandelt werden. Bauchschmerzen bei (weitgehender) Remission behandeln wir oft mit einem trizyklischen Antidepressivum, beispielsweise TrimipraminTropfen in niedriger Dosis. Die Dosis liegt dabei 5 bis 10-fach niedriger als die empfohlenen Dosierungen bei einer antidepressiven Therapie (Beginn mit 25 mg Trimipramin). Trizyklische Antidepressiva werden in der Behandlung von funktionellen Störungen als «viszerale Analgetika» schon lange angewandt. 41 Allerdings können wir diese Empfehlungen im CED-Bereich nicht mit grossen Studien unterlegen. Eine Eisensubstitution bei krankheitsbedingtem Eisenmangel ist sinnvoll, um die Anämie zu behandeln und auch die Lebensqualität zu verbessern. Ob eine Eisensubstitution bei CED i. v. oder p. o. erfolgen soll, ist umstritten. 42, 43 Aus unserer Erfahrung wird eine kostengünstige perorale Eisensubstitution von CED-Patienten häufig schlecht toleriert und ist nicht selten wegen der gestörten intestinalen Resorption auch ineffektiv. Der hohe Eisengehalt in Kombi­ nationspräparaten ist zu beachten (beispielsweise 60 mg Eisen in einer Kapsel Elevit®, welches häufig in der Schwangerschaft verwendet wird). Sollten die Beschwerden unter einer solchen «Vitaminund Mineralstoffsubstitution» zunehmen (was häufig der Fall ist), sind die Präparate abzusetzen, da sie auch Entzündungsschübe auslösen können. Üblicherweise substituieren wir darum bei Eisenmangel mit intravenösem Eisen, auch wenn diese i. v. Präparate leider wesentlich teurer sind.


9. Ständige Endoskopien sind vermeidbar In vielen Situationen sind Endoskopien bei Crohn und Colitis ulcerosa hilfreich und entscheidend für die Therapie. 1 Eine Endoskopie zeigt das Befallsmuster einer CED mit dann auch therapeutischer Konsequenz. Zeigt sich beispielsweise nur eine linksseitige Colitis ulcerosa, wird dies für eine topische Therapie sprechen. Zeigt sich eine schwerste Kolonstenose, wird dies für eine Operation sprechen. Abb. 2 zeigt als Beispiel die Befunde einer Patientin mit langjähriger Crohn-Colitis. Bei ihr hätte eine neue Studienmedikation versucht werden sollen, die Endoskopie und radiologische Abklärung zeigte dann aber einen Befund, der eine Operation favorisieren liess. Analog sollte bei einem Crohn mit Symptomen, die einen Befall des oberen GI-Traktes nahelegen, eine Gastroskopie erfolgen, um dies zu dokumentieren. 2 Bei Unklarheit über den klinischen Verlauf (ist der Patient wirklich in Remission?) kann eine Endoskopie das therapeutische Ansprechen dokumentieren mit dem Ziel, ein overtreatment o der undertreatment zu verhindern. 3 Bevor die immunsuppressive Therapie bei einem ungünstigen Verlauf einer Colitis stetig gesteigert wird, ist eine CMV-Infektion bioptisch / histologisch auszuschliessen. 4 Die Richtlinien zur Karzinomvorsorge bei lange bestehender Colitis ulcerosa (und analog auch CrohnColitis) sollten eingehalten werden. Eine Screeningkoloskopie empfiehlt sich nach acht Jahren Colitis. Bei einer extensiven Colitis (über die linke Flexur hinaus) empfiehlt man ab diesem Zeitpunkt SurveillanceKoloskopien alle zwei Jahre bis zum 20. Krankheitsjahr, danach jährlich. Bei einer linkssei tigen Colitis muss die Surveillance erst nach 15 Jahren beginnen. Bei einer Proctitis ulcerosa ist keine Surveillance notwendig. Das grösste Risiko besteht bei Pa tienten mit einer Colitisassoziierten primärsklerosierenden Cholangitis, hier müssen bereits nach Diagnosestellung jährlich Endoskopien stattfinden.

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Hingegen sollten nach unserer Meinung wiederholte und nicht streng indizierte Endoskopien vermieden werden, da diese für den Patienten doch belastend sind. Es gibt (aktuell) keine Indikation, um bei einem Morbus Crohn jährlich die klinische Remission auch endoskopisch zu beweisen. Hilfreich im klinischen Alltag sind hier als alternative Methoden die (oben erwähnte) Bestimmung des fekalen Calprotectins und die Abdomensonographie. Das Calprotectin ist ein zytoplasmatisches Eiweiss in Leukozyten, welches bei einer Darmwandentzündung mit dem Zelluntergang in den Stuhl abgegeben wird. Dieses ist während Tagen auch bei Raumtemperatur stabil, was erlaubt, dass der Patient zu Hause unter Wahrung der Intimsphäre eine Stuhlprobe sammeln und dann per Post ins Labor senden kann. Als normal gilt ein Wert unter 50 μg / g, bei bekannter CED sind unter Therapie aber schon Werte unter 200 μg / g ein Erfolg. Das Calprotectin korreliert gut mit dem endoskopischen Befund. 44 Wir bestimmen das Calprotectin beispielsweise, um vor einer Therapieminimierung bei subjektiver Remission (Beschwerdefreiheit) diese zu objektivieren. Kritische Stimmen beklagen hier, dass das Calprotectin nur eine sehr indirekte Aussage erlaubt. (Man schliesst aus der Calprotectinbestimmung, dass keine Entzündung da ist, und bei Fehlen der Entzündung hofft man, auch langfristig einen therapeutischen Gewinn erzielt zu haben – damit ist das Calprotectin ein Surrogatmarker für einen Surrogatmarker.) Wenn allerdings keine Beschwerden bestehen und das Calprotectin normwertig ist, scheint eine Remission doch sehr wahrscheinlich, wobei das Calprotectin bei isoliertem ilealem Crohnbefall eine etwas schlechtere Sensitivität hat. Anzumerken ist, dass es keine gute Evidenz zum CED-Screening mittels Calprotectin in der hausärztlichen Praxis gibt 45, denn hier ist die Vortestwahrscheinlichkeit deutlich verschieden zum Patientengut in einer Spezialsprechstunde. Es gibt eine Vielzahl von Erkrankungen, die in der hausärztlichen Praxis häufiger vorkommen als CED und die ebenfalls eine Calprotectinerhöhung verursachen, unter anderem gast-

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Abb. 2: Endoskopie / Radiologie zur Abklärung des Befallsmusters. Bei dieser Crohnpatientin mit therapieresistenter CrohnColitis zeigte sich endoskopisch eine nichtpassierbare Stenose A im distalen Transversum, nach Kontrastmittelgabe gut darstellbar (Pfeil, B). Im MRI war eine isolierte kurzstreckige Engstelle (ca. 10 cm) nachweisbar (Pfeil, C). Hier wurde zugunsten einer Resektion auf eine neue Immunsuppression verzichtet (nach Unverträglichkeit von Azathioprin / 6Mercaptopurin und NichtAnsprechen auf 2 AntiTNFAntikörper).

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rointestinale Infektionen, aber auch die Collagencolitis, Neoplasien oder Polypen. 46 – 48 Ein erhöhtes Calprotectin heisst also aufgrund der geringen Spezifität nicht zwingend CED. Darum würden wir die Calprotectinbestimmung in der hausärztlichen Praxis nicht als Screeningtest empfehlen.

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Manchmal hilfreich, aber oft schwierig zu interpretieren sind systemische Entzündungszeichen (Leukozytose, CRP). Falschpositive Leukozytenerhöhungen sind häufig (Prednison, Raucherleukozytose, Stress…). Das CRP ist (vor allem bei der Colitis) zu wenig sensitiv. Eine symptomatische CED muss kein erhöhtes CRP aufweisen, und auch deutlich kranke CED-Patienten können ein nur leicht erhöhtes CRP um 10 – 20 mg / l zeigen (Abb. 3) 47. Die Abdomensonographie ist in geübten Händen eine sehr gute Methode, um insbesondere eine Ileitis terminalis Crohn im Verlauf und unter Therapie zu kontrollieren (unter medikamentöser Therapie mit Frage nach Therapieansprechen oder mit Frage nach Rezidiv nach Ileozeokalresektion). Dann erübrigt sich aus unserer Sicht die Endoskopie. Bei einem Colitisschub kann der Kolonrahmen häufig gut beurteilt werden. Eine Darmwanddicke bis 2 – 3 mm gilt sowohl im Ileum als auch im Kolon als normal. Abszesse lassen sich sonographisch darstellen und helfen, bei den oft jungen Patienten wiederholte CTUntersuchungen zu vermeiden. Falls eine Sonographie ungenügend scheint, sind wir grosszügig mit der Durchführung von MRIs. Abb. 4A illustriert die Wandschichten der Darmsonographie am Beispiel Ileitis terminalis bei M. Crohn mit nur noch ganz geringer ilealer Wandverdickung unter Adalimumab, aber schöner Darstellbarkeit der Wandschichten. Die Patientin litt zudem unter einer Anastomosenstenose 4B, die ballondilatatiert werden musste. Abb. 5 zeigt als Beispiel den sonographischen und endoskopischen Befund einer schweren Colitis ulcerosa, die ungenügend auf i.v.Steroide und Ciclosporin ansprach, dann aber unter Infliximab in Remission kam.

Abb. 3: Das CRP lässt die intestinale Aktivität nicht gut abschätzen. Bei dieser Crohnpatientin mit therapieresistenter CrohnColitis zeigten sich bei immer nur wenig erhöhtem CRP (und Leukozytose unter Nikotinabusus) tiefe lange Ulzera im Sigma. Kurz vor geplanter Operation kam es zu einer freien rektosigmoidalen Perforation.

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Abb. 4: Darmsonographie: Interpretation der Wandschichten. A: Wandschichten am Beispiel einer behandelten Ileitis terminalis mit 3 – 4 mm Wanddicke [normal <2 – 3 mm]. 1. Innere Grenzschicht (weiss), 2. Lamina muscularis mucosae (schwarz), 3. Submucosa (weiss) 4. Muscularis propria (schwarz), 5. Serosa (weiss) – nicht immer gut sichtbar. B: Endoskopisch ganz kurzstreckige Anastomosenstenose. C: Nach Dilatation passierbare Stenose mit dann Nachweis einer normalen Ileumschleimhaut.

10. Denken Sie an Therapiestudien! Eine Vielzahl von Medikamenten ist aktuell in der Behandlung der CED verfügbar, damit sind aber beileibe nicht alle Probleme gelöst. Einerseits gibt es Patienten, die nicht oder nur ungenügend auf die bisherigen Medikamente ansprechen oder relevante Therapienebenwirkungen haben. Andererseits fehlen wirkliche Langzeitdaten auch für die neuen und potenten Biologika, und nichtoperative Therapien für Biologika-Versager sind oft schwierig. Für alle diese Patienten kann es eine Chance sein, an Therapiestudien teilzunehmen, und nur mit diesen Therapiestudien werden wir künftig weitere Alternativen zur Verfügung haben, um auch Patienten mit ungünstigem Verlauf zu behandeln. Exemplarisch möchten wir hier einige aus unserer Sicht spannende Studien erläutern, die unter anderem in der Schweiz derzeit durchgeführt werden. In einer vieldiskutierten Studie versucht man aktuell, die günstige Wirkung von oral eingenommenen, vitalen, aber nicht fortpflanzungsfähigen Schweinepeitschenwürmern (Trichuris suis ova) zu beweisen, zu denen Pilotexperimente schon vor Jahren vielversprechende Daten zeigten. 49 Durch diese «natürliche» Stimulation erhofft man sich eine günstige Beeinflussung des intestinalen Immunsystems und damit weniger Entzündungsaktivität. Im


weitesten Sinne sind diese Wurmeier als Probiotika zu verstehen. Für mehrere Probiotika wurde der günstige Effekt in verschiedenen ­Situationen bereits gezeigt (Beispiele: E. coli Nissle in Mutaflor® zur Remissionserhaltung bei der Colitis ulcerosa; Saccharomyces boulardii in Perenterol® zur Prävention von Antibiotikaassoziierten Durchfällen). Selber untersuchen wir derzeit den Effekt von Heidelbeeren (in hoher Dosis) auf die Colitis. Die bisherigen Resultate sind vielversprechend. Neue Antikörpertherapien werden darauf abzielen, noch selektivere Antikörper herzustellen, um bei guter antientzündlicher Aktivität eine systemische Immunsuppression zu minimieren. So wird  z. B. derzeit ein neuer Antikörper zur Therapie von Fisteln bei Morbus Crohn getestet. Neue orale Immunsuppressiva mit einem günstigeren Nebenwirkungsprofil sind ebenfalls in Erprobung. Bis diese neuen Therapien marktreif sind, werden jedoch noch mehrere Jahre vergehen. Abschliessend zu erwähnen ist eine internationale Studie zur Stammzelltransplantation bei schwersten therapierefraktären Crohnverläufen. Hier erhofft man sich, durch die Stammzelltransplantation das krankmachende Immunsystem erneut «auf null zu stellen». Bei vielen der bisher behandelten Patienten zeigte sich ein gutes Ansprechen auf diese Therapie. Empfohlene Literatur – Dignass A, Van Assche G, Lindsay JO, Lemann M, Soderholm J, Colombel JF, et al. The second European evidencebased Consensus on the diagnosis and management of Crohn’s disease: Current management. J Crohns Colitis. 2010;4:28-62. – Travis SP, Stange EF, Lemann M, Oresland T, Bemelman WA, Chowers Y, et al. European evidencebased Consensus on the management of ulcerative colitis: Current ma-

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nagement. J Crohns Colitis. 2008;2:24-62. – Pache I, Rogler G, Felley C. TNF-alpha blockers in inflammatory bowel diseases: practical consensus recommendations and a user’s guide. Swiss Med Wkly. 2009;139:278-87. – Dubinsky M, Abraham B, Mahadevan U. Management of the pregnant IBD patient. Inflamm Bowel Dis. 2008;14:1736-50. – Summers RW, Elliott DE, Urban JF, Jr., Thompson R, Weinstock JV. Trichuris suis therapy in Crohn’s disease. Gut. 2005;54:87-90. Die vollständige nummerierte Literaturliste finden Sie ­unter www.medicalforum.ch. CME www.smf-cme.ch 1 Ein 22-jähriger Student mit schwerer linksseitiger Colitis ulcerosa, welcher mit Remicade® in eine steroidfreie Remission gebracht werden konnte und nun seit 6 Monaten in Remission ist, klagt seit zwei Wochen über erneut aufgetretene teils blutige Durchfälle bis 8-mal tags und 3-mal nachts und Bauchschmerzen, welche zwei Wochen nach der letzten Remicade®Gabe begonnen haben. Die Reiseanamnese und Umgebungsanamnese sind negativ, die Stuhlbakteriologie war unauffälllig. Klinisch hat er eine Druckdolenz im linken Unterbauch, das Hämoglobin ist 9,3 g / dl, das CRP 22 mg / l. Was ist der ideale nächste Schritt? A 100 mg Prednison peroral. B Imurek® zusätzlich zu Remicade®, um mit einer Immunsuppression gemäss SONIC-Studie rasch eine erneute Remission zu erreichen. C 40 – 60 mg Prednisolonäquivalent i. v. und Sigmoidoskopie zum CMV-Ausschluss. D Vollständige Koloskopie, um das Ausmass der Colitis zu bestimmen und allenfalls eine linksseitige Hemikolektomie durchzuführen bei nur linksseitigem Befall. E Kolektomie bei Verdacht auf ein toxisches Megakolon.

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Abb. 5: Darmsonographie: Beispiel Colitis ulcerosa. 1 Woche nach Ciclosporin i. v. wegen steroidrefraktärer Pancolitis ulcerosa zeigte sich klinisch keine Remission. Sonographisch war die Kolonwand fast überall wieder normwertig (<3 mm), allerdings persistierte eine Wandverdickung im Bereich der linken Flexur (A). Endoskopisch liess sich rektosigmoidal eine weitgehend geheilte Schleimhaut nachweisen, mit hier bereits wieder schöner Gefässzeichnung (B). Im Bereich der linken Flexur persistierten tiefe Ulzera (C). Nach sicherheitshalber CMV-Ausschluss bioptisch wurde die Therapie auf Infliximab umgestellt, mit seither mehrmonatiger Remission.

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2 Eine 34-jährige Patientin mit einem Morbus Crohn (bekannte Ileitis terminalis seit drei Jahren) kommt zur e rneuten Kontrolle. Aktuell ist der Crohn aus Angst ­ vor Steroidnebenwirkungen und bei grossem Kinderwunsch nicht medikamentös behandelt. Es geht ihr nicht schlecht, aber bei üppigen Mahlzeiten beklagt sie doch seit vielen Wochen Bauchkrämpfe und Blähungen, und morgens leidet sie unter Rückenschmerzen. Das Labor zeigt eine Leukozytose von 11’000 / μl, ein CRP von 7 mg / l und eine leichte Eisenmangelanämie (Hb 11,2 g / dl, MCV 79 fl, Ferritin 14 μg / l). Was schlagen Sie ihr vor? A Erneute Koloskopie zur jährlichen endoskopischen Standortbestimmung. B Niedrigdosierter Nikotinkonsum, welcher häufig eine Besserung des Crohns bewirkt. Lokal wirksames Steroidpräparat (Entocort® oder BuC denofalk®) und Anmeldung zur Abdomensonographie. D CT Abdomen mit Frage nach Abszess. E Eine Ileitis mit Rückenschmerzen im Rahmen einer Spondarthropathie kann ideal mit Methotrexat behandelt werden.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Dr. phil. Gerhard Rogler Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie Departement für Innere Medizin UniversitätsSpital Zürich CH-8091 Zürich pascal.frei@usz.ch; gerhard.rogler@usz.ch

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«Na, Süsse! Schicker Flitzer, oder?» Dating mit CED.

FCMII Hergestellt durch den Conseil consultatif des jeunes der FCMII (Fondation canadienne des maladies inflammatoires de l’intestin)

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) werden meist bei Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren diagnostiziert. Daher ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass Dating ein wichtiges Thema ist, das viele Fragen aufwirft. Wie geht man auf Leute zu? Wann kann ich wieder mit jemandem ausgehen? Wie kann ich meine Beziehung schützen? Dating ist an und für sich schon kompliziert genug, was tun, wenn zudem spontane physiologische Reaktionen mitmischen? Hier geben wir Tipps zur Art und Weise, und dem richtigen Zeitpunkt, dich mit deinem Liebesleben zu befassen, damit du dich später besser auf die anderen konzentrieren kannst: Ab wann kann ich wieder Leute kennenlernen? Diese Frage kannst nur du beantworten und du darfst deine Meinung auch ändern. CED sind kein Grund, keine neuen Begegnungen zu machen. Nimm dir genügend Zeit, um die Symptome und die Anzeichen deiner Krankheit zu erkennen, um dich in deinem Körper wohl zu fühlen. Auf diese Weise erkennst du besser, was deinem Gesundheitszustand schaden, oder ihn positiv beeinflussen kann. Und damit kannst du besser auf Veränderungen reagieren. Du hast die Diagnose erst vor Kurzem erhalten oder kontrollierst deine CED noch nicht? Für die meisten Betroffenen ist es besser, wenn sie etwas abwarten, um eine zusätzliche Stressquelle zu vermeiden. Wenn du dich besser fühlst und die Situation einigermassen stabil ist, sieht man dir das auch an und dein Gegenüber wird sich in deiner Gegenwart ebenfalls wohl fühlen. Wenn du dich jedoch deiner Situation schämst, dann fühlt das die andere Person ganz unbewusst sofort. Merkzettel: Wie kann ich mich auf ein Date vorbereiten und mich amüsieren? – Arbeite an deinem Selbstbewusstsein. So wie du dich siehst, so sehen dich auch die anderen. Nur weil du an einer CED erkrankt bist, steht dir das noch lange nicht auf der Stirn geschrieben. Wann und mit wem du darüber sprechen willst, ist allein deine Entscheidung.

– Nimm immer ein Notfallkit in deiner Handtasche oder einer sonstigen Tasche mit, um peinliche Situationen zu vermeiden (z. B. Handtuch, Zubehör für Stomie, usw.). – Wähle Orte aus, in denen du dich wohl fühlst. Wenn du dich für ein Abendessen im Restaurant verabredest, trinke nicht zu viel Alkohol, meide scharfe oder MSG- und fetthaltige Speisen, etc. Kurzum: Vermeide soweit möglich alles, was normalerweise deine Symptome auslöst. – Vernachlässige deine Gesundheit nicht wegen eines Tête-àtêtes. Du bist die Hauptperson und musst zuerst an dich denken. Überspringe keine Medikamente, nur weil du Angst hast, dadurch drogensüchtig zu wirken. Denke viel eher daran, dass dein Date, wenn du sie nicht nimmst, gleich zu Beginn die schlimmste Seite deiner Krankheit sieht. – Wenn die Krankheit wütet, denkst du natürlich nicht im Entferntesten daran, sexy zu sein. Ob jemand sexy ist, oder nicht, hängt jedoch nicht mit der Selbstauffassung einer Person zusammen, sondern wie sie sich in ihrem Körper fühlt. Wenn du das Gefühl hast, sexy zu sein, dann bist du es auch! – Ganz allgemein können Beziehungen für alle frustrierend sein! Das hat nichts mit deiner Krankheit zu tun. Denke an deine Freunde, die trotz bester Gesundheit Liebeskummer haben können! Wann soll ich es sagen? CED sind bestimmt nicht das beste Thema für ein erstes Date. Warte jedoch nicht zu lange, um darüber zu reden. Eine entzündliche Darmerkrankung ist zwar nicht die «glamouröseste» Krankheit, aber du musst dich dafür bestimmt nicht schämen!

Tipp Sag nicht bereits beim ersten Treffen «Hallo, ich heisse Manuel und habe eine CED.»

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Sei offen und rede darüber. Spreche das Thema an, sobald es dir angemessen scheint. Der ideale Moment, über eine CED-Diagnose zu sprechen, ist für jeden Betroffenen unterschiedlich. Natürlich ist es schwieriger, darüber zu reden, wenn Komplikationen wie ein künstlicher Darmausgang aufgetreten sind. Dein Gegenüber wird jedoch besser verstehen können, weshalb du so viel Zeit im Badezimmer verbringst… Versuche, eine positive Haltung einzunehmen und das Thema kreativ anzugehen. Wenn es sich nur um ein einfaches Date handelt, musst du deine Krankheit vielleicht gar nicht erst erwähnen, zumindest nicht, bevor die Beziehung ernster wird. Vergewissere dich nur, dass du dich in einem sicheren Umfeld befindest und im Notfall schnell Hilfe erhältst. Was soll ich sagen? Vielleicht möchtest du beim ersten Mal nicht gleich alle Aspekte deiner Krankheit preisgeben. Du kannst das Thema anfangs nur grob anschneiden und wenn die Beziehung ernster wird, nach und nach mehr darüber erzählen. Gib der Person, mit der du ausgehst, Zeit, sich selbst darüber zu informieren (Webseiten, Broschüren, Ratgeber) und hilf ihr dabei, die Krankheit zu entmystifizieren. Wenn sie mehr darüber erfahren will, lade sie zu einem Treffen mit anderen Betroffenen ein, damit sie auch deren Geschichte hört. Zu diesem Thema kannst du auch das Merkblatt «Finding Support in Your Friendships» durchlesen. Es gibt Anstösse, wie du das Thema der CED mit deinen Freunden ansprechen kannst. Bravo, du hast es gesagt! Was nun? Wie hat die Person reagiert? Nicht alle sind bereit, ihr Leben mit einem chronisch kranken Menschen zu teilen. Du kannst deinem Gegenüber jedoch erklären, worum es dabei geht und ihm / ihr die Möglichkeit geben, darüber zu sprechen und

Fragen zu stellen. Du musst der Person jedoch auch Zeit geben. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ist sie empfänglich für das Thema oder aber sie ist nicht bereit, mit dieser Situation umzugehen. Eines ist jedoch sicher: Der Verlauf einer Beziehung kann nie vorhergesagt werden, und daran ändert auch eine CED nichts. Was, wenn die Person nicht mit meiner Krankheit umgehen kann? Leider können einige Personen nicht mit CED umgehen. Wenn dich jemand wegen deiner Krankheit im Stich lässt, ist es ohnehin besser, die Beziehung zu beenden. So eine Person solltest du bestimmt nicht in deinem Freundeskreis haben. Das ist wahrscheinlich der traurigste Aspekt der Dating-Frage. Wie du weisst, sind nicht alle Menschen stark genug, um ihr Leben mit einer chronisch kranken Person zu teilen. Je früher du darüber redest, je früher weisst du, wie die Person darauf reagiert, bevor du dich Hals über Kopf in die Beziehung stürzt. Die Zeit und die Energie, die du in eine Beziehung steckst, machen eine Trennung umso schmerzhafter. Aber Vorsicht: Du solltest deine Krankheit nicht als Ausrede für eine Trennung verwenden. Zugleich solltest du dich nicht dafür schuldig fühlen, wenn eine Beziehung scheitert. Sei stark und versuche zu verstehen, dass das Problem im persönlichen Konflikt zwischen deinem Gegenüber und der Krankheit liegt und nicht zwischen euch beiden. Verlier nie die Hoffnung, diejenige oder denjenigen kennenzulernen, der in guten und in schlechten Zeiten an deiner Seite steht und dich unterstützt, trotz CED. Du verdienst mehr als seine Person, die dich in den schwierigen Momenten im Stich lässt. Du verdienst es, jemanden kennenzulernen, der dir das Gefühl gibt, einzigartig zu sein! Er oder sie reagiert gut auf das Thema und will dich näher kennenlernen… Langsam! Überflute sie / ihn nicht gleich zu Beginn mit Informationen. CED sind für viele Leute erschreckend! Lass die Informationen nach und nach in die Beziehung einfliessen. So kann sich dein Partner mit der Krankheit vertraut machen und sehen, wie du damit umgehst. Lerne, darüber zu lachen. Auch wenn das Leben mit einer CED sehr schwierig sein kann, gibt es auch heitere Momente! Erzähle deinem Partner witzige Geschichten aus deinem Leben mit der Krankheit. Lerne auch, offen über deine CED zu sprechen. Du gibst dabei den Ton an. Wenn du bei diesem Thema entspannt bist, werden es die anderen dir nachmachen. Für die Reaktion der meisten Menschen ist nicht die Krankheit, sondern die Art und Weise, wie du sie angehst, entscheidend. Deine positive Haltung ist für sie Zeichen deiner inneren Kraft. Wenn du jedoch negativ eingestellt bist, dann wirst du auch so aufgefasst. Natürlich ist das Leben mit der Krankheit nicht alle Tage lustig, aber profitiere einfach von den guten Tagen in Begleitung dieser speziellen Person, die trotz deiner Krankheit mit dir ausgehen will. Eines ist sicher, so werdet ihr die guten Tage umso mehr geniessen können!

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Weil dein Partner dich liebt, kann es für ihn belastend sein, dich leiden zu sehen: Er fühlt sich möglicherweise ohnmächtig. Sag ihm, was er für dich tun kann, um dir zu helfen (beispielsweise dir psychisch beizustehen, dir die Füsse zu massieren, dich in die Arme zu nehmen oder einfach nur für dich da zu sein). Der Verlust von sexuellem Verlangen ist verbreitet. Was sind die Ursachen? Erwachsene CED-Patienten können einen unwillentlichen Mangel an sexuellem Verlangen spüren. Dieser Nebeneffekt kann auch für den Partner frustrierend sein. Auch hier ist es besser, deinen Partner über deine Gefühle zu informieren, damit das Problem nicht aus dem Ruder gerät und womöglich die Beziehung gefährdet. Es ist besser, über die Ursachen zu sprechen. Auch wenn die Gründe von Person zu Person variieren können, so gibt es doch einige Parallelen: Häufig beeinflussen Medikamente, Müdigkeit, Fisteln / Abszesse, körperliche Veränderungen und Selbstbewusstseinsschwankungen die Libido. CED können verheerende Folgen für den Körper haben, und dies im intimsten Bereich – kein Wunder, dass du nicht immer Lust auf inniges Schmusen hast. Vergiss jedoch nie, dass es in einer Liebesbeziehung nicht nur um Sex geht! Um dich wohl zu fühlen, benötigst du Vertrauen, Verständnis, Freundschaft, und Unterstützung. Das beste Heilmittel, um deine Libido zu erhalten, ist es, dich und deinen Körper in Form zu halten. Du musst jedoch selbst herausfinden, wie du darüber reden kannst. Was kann ich tun, um auf Nummer sicher zu gehen? – Rede mit einem Ernährungsberater oder deinem Arzt über deine Ernährung. Insbesondere Blutarmut kann sich auf dein sexuelles Verlangen auswirken. Rede mit deinem Arzt über die Möglichkeiten, die dir zur Behandlung der Blutarmut offenstehen (die Diagnose erfolgt über eine einfache Blutentnahme). – Informiere deinen Arzt immer über alle Veränderungen, die du bemerkst. Manchmal reicht es aus, lediglich die Dosis oder das Medikament zu ändern, um das Problem zu lösen. – Manche Dinge brauchen Zeit… Das gilt auch für Abszesse und Fisteln, die medikamentös behandelt werden müssen und manchmal sogar eine Operation erfordern. – Lies das Merkblatt «A Look in the Mirror». Wenn du offen und ehrlich mit deinem Partner darüber redest, wie du dich mit dem Gedanken an Sex fühlst, weiss er / sie, woran er / sie ist und fühlt sich nicht zurückgewiesen. Dein Partner will genauso wie du auch beruhigt werden. Es ist nichts Schlimmes, wenn es mal vorkommt! Wenn ihr euch beide anziehend fühlt, wird alles wieder besser, wenn wieder gute Zeiten kommen.

Kyles Geschichte Normalerweise wird niemand an einem Spital vorbeigehen und denken «Na, das wäre doch ein idealer Ort für ein erstes Date!». Ich hatte Glück und vielleicht ergeht es dir ja genauso! Mein Crohn zwang mich zu einem längeren Spitalaufenthalt, und da hatte ich auch ein romantisches Date. Während meines ersten Studienjahrs an der Uni habe ich eine bildhübsche Mitstudentin kennengelernt. Wir haben die ganze Zeit geflirtet, aber ich hatte nie den Mut, sie auf ein Date einzuladen. Zur selben Zeit erfuhr ich, dass ich an Morbus Crohn leide und ich war so oft im Spital, dass es meine zweite Heimat wurde! Als ich mich gegen Ende meines Spitalaufenthalts besser fühlte, durfte ich das Spital einen Tag lang verlassen, um an einem Laborkurs an der Uni teilzunehmen. Ein schicksalsreicher Tag! Als ich das Labor betrat, war die besagte Mitstudentin völlig geschockt, mich mit einer Infusion zu sehen. Ich hatte nie angedeutet, dass ich gesundheitliche Probleme hatte und auch nie über die Gründe meiner häufigen WC-Besuche gesprochen. Aber mit einer Infusion im Arm kann man nur schlecht vorgeben, dass alles in bester Ordnung ist. Deshalb habe ich ihr meine Geschichte erzählt und ihr gesagt, dass sie mich im Spital besuchen konnte. Wie erstaunt war ich jedoch, als sie noch am selben Abend im Spital auftauchte, wo wir sozusagen unser erstes Date hatten… in meinem Spitalzimmer! Es ist erstaunlich, wie viele Unterhaltungsmöglichkeiten ein Spital bietet, wenn man nur ein bisschen Kreativität an den Tag legt! Diese Erfahrung hat mir die Augen geöffnet. Ich habe verstanden, dass ich meine Krankheit nicht verstecken muss und sich niemand deswegen von mir abwendet. Bei mir ist gerade das Gegenteil eingetreten. Dass ich mir ihr offen darüber geredet habe, fand sie rührend und sehr mutig.

«Als ich sehr krank war, lernte ich jemanden kennen. Nur zwei Wochen nach dem Beginn unserer Beziehung, musste ich mich operieren lassen … Und wir sind immer noch zusammen! Wir haben sogar Zukunftspläne!»

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Die Uhr Andrea C. Mülhaupt SMCCV

21 Uhr 15. Ich sitze auf einem unbequemen Stuhl und schaue auf die Uhr, die direkt vor mir an der Wand hängt. Es ist eine grosse, runde Uhr mit einem weissen Zifferblatt und drei schwarzen, schlanken Zeigern. Die Uhr hat keine Zahlen. Ich höre das Ticken und ich sehe den Sekundenzeiger von Strichlein zu Strichlein hüpfen. Dieses regelmässige Ticken macht mich nervös. Ich habe kalte Hände und doch ist mir heiss. Ich bin unruhig und schaue wieder auf die Uhr. 21 Uhr 20. Ich warte bereits seit drei Stunden. Es ist dunkel draussen, aber hier in diesem Gang ist es taghell. Der Gang ist gelb und hat keine Fenster, dafür unzählige Zimmertüren. Alle Türen sind geschlossen. Es riecht nach Urin, nach Hustentee, nach Desinfektionsmittel und nach Medizin. Ich bin ganz allein hier. Ab und zu geht eine Schwester vorbei, lächelt mich ermutigend an. 21 Uhr 25. Ich stehe auf und gehe den Gang entlang. Ein langer Gang, beleuchtet von sich aneinanderreihenden Neonlampen. Nur wenige Bilder hängen an der gelben Wand. Es sind Fotografien von Wäldern, Bächen und Tieren. Ich betrachte diese Bilder, nehme sie aber doch nicht richtig wahr. Ich gehe langsam weiter. Meine Schritte sind schwer und mühevoll. Ich gehe immer weiter, obwohl ich eigentlich nicht weiss warum. Am Ende des Ganges entdecke ich das Leitbild des Spitals. Es hängt eingerahmt an der Wand. Ich lese die Buchstabenreihenfolge auf dem roten Blatt, verstehe aber nicht, was ich lese. Meine Gedanken schweifen ab.

Ich denke an unsere gemeinsame Zeit. Ich denke an Dinge, die ich viel zu wenig geschätzt und genossen habe. An die frischen Blumen, die sie immer auf den Küchentisch stellte. An den selbstgebackenen Zopf am Sonntagmorgen. An unsere Picknicke am Rhein. Ach, es war so schön mit ihr auf der Decke zu sitzen, Kleinigkeiten zu essen und den Schwänen zuzusehen. Warum habe ich diese Momente nicht bewusst genossen? Was gäbe ich jetzt darum, mit ihr auf der roten Decke am Rhein zu sitzen. Jetzt würde ich jeden Moment bewusst geniessen. Ich darf nicht so denken. Noch ist nichts endgültig. Und ich hoffe weiter. Langsam schreite ich den Gang wieder zurück. Ich setzte mich zurück auf den Stuhl und schaue auf Uhr. Es ist 21 Uhr 40. Die Schwester bringt mir einen Kaffee. Dankend nehme ich das warme Getränk an. Der Kaffee schmeckt mir nicht. Ich stelle ihn neben mir auf das kleine Glastischlein. Erneut schaue ich auf die Uhr. Ich verfolge den Sekundenzeiger mit den Augen. Tick. Tick. Tick. Dieses Geräusch macht mich wahnsinnig. Warum hängt diese Uhr genau hier? Ich möchte sie am Liebsten abnehmen und sie das Treppenhaus hinunterwerfen. Mit voller Wucht würde sie auf den Stufen aufprallen und zerschellen. Dann hätte dieses regelmässige, rastlose Ticken endlich ein Ende. Natürlich nehme ich die Uhr nicht ab. 22 Uhr. Wieder schweife ich ab. Ich denke an die Nächte, die ich neben ihr einschlief. Es war ganz normal neben ihr einzuschlafen. Es war nichts Besonderes. Es war etwas Gewöhnliches, etwas Alltägliches. Warum habe ich ihr nicht gesagt, dass ich mich wohl fühle und es geniesse? Vielleicht werde ich nie wieder neben ihr einschlafen.

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Ich habe Angst. Grosse Angst. Sehr grosse Angst. Ich bemerke, wie mir das Wasser in die Augen steigt. Ich darf nicht an solche Sachen denken. Noch ist nichts endgültig. 22 Uhr 20. Ich stehe auf und gehe den Gang entlang. Ich öffne eine Tür, die mit «Aufenthaltsraum» angeschrieben ist. Ich mache Licht und trete ein. Da stehen ein Sofa und fünf Sessel. Auf dem Tisch liegen viele Zeitschriften und die Fernbedienung des Fernsehers. Ich schalte den Fernseher ein und zappe von einem Kanal zum andern. Ich wusste schon zuvor, dass ich nichts anschauen würde. Auch die Nachrichten auf SF-Info interessieren mich nicht. Ich schalte die Kiste wieder aus. Mein Blick fällt auf die Zeitschriften. Charles und Camilla lächelnd auf der Titelseite der Schweizer Illustrierten. Ein Gorilla an einem Baum hängend auf der GEO-Titelseite. George W. Bush arrogant auf der Facts-Titelseite. All diese Köpfe und ihre Geschichten interessieren mich jetzt überhaupt nicht. Ich habe auch keine Lust die Bilder zu betrachten. Ich verlasse den Raum, lösche das Licht und schliesse die Tür. 22 Uhr 30. Diese Uhr! Warum geht die denn nicht schneller? Warum verfliegen die schönen Stunden und warum dauern die unschönen unendlich lange? Könnte es nicht umgekehrt sein? Ich stehe auf und gehe den Gang entlang. Ohne Ziel schreite ich in die eine Richtung und dann wieder in die andere. Ich schaue auf den grauen, sterilen Linoleumboden.

22 Uhr 40 ich setze mich wieder auf den Stuhl. Der Kaffee auf dem Tischlein ist kalt und die Uhr tickt rastlos weiter. Wenn ich abends spät nach Hause kam und sie bereits im Bett war, lag mein Schlafanzug im Badezimmer. «Gute Nacht, mein Schatz» stand auf einem Zettelchen, welches am Badezimmerspiegel klebte. Ich möchte weinen. Ich möchte schreien, aber ich habe keinen Grund dazu. Noch ist nichts endgültig. 23 Uhr. Warum dauert denn das so lange? Gibt es Komplikationen? Haben die mich vergessen? Ich entschliesse mich zu beten. Ich bete, obwohl ich seit Jahren nicht mehr gebetet habe. Beten ist das Einzige, was ich jetzt für sie tun kann. Ich bete und hoffe, dass Gott meine Gebete erhört. 23 Uhr 15. Die automatische Schiebetüre öffnet sich. Der Oberarzt erscheint. Er kommt mit langen, schweren Schritten auf mich zu. Sein Blick ist gesenkt. Innert Sekunden flitzen die Bilder unseres gemeinsamen Lebens durch meinem Kopf. Mein Herz pocht laut und schnell. Mein Mund ist trocken. Meine Hände sind kalt. Ich zittere. Mir wird übel. Ich lese es aus seinem Gesicht. Es gibt keine Hoffnung mehr. Jetzt ist es endgültig! Und die Uhr tickt einfach weiter.

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Naturheilkunde und Kom­ plementärmedizin in den Leit­linien für Morbus Crohn und Colitis ulcerosa Aussagen zu naturheilkundlichen und komplementärmedizinischen Therapieverfahren sind seit Jahren fester Bestandteil der offiziellen, den aktuellen Forschungsstand zu Diagnostik und Therapie widerspiegelnden AWMF-Leitlinien für Morbus Crohn bzw. für Colitis ulcerosa.

Prof. Dr. med. Jost Langhorst 2011-4-20-100 Langhorst – CAM in LL

Dies spiegelt neben dem grossen Patienteninteresse nicht zuletzt die zunehmende Seriosität der Forschung in diesen Bereichen wider. An verschiedenen Lehrstühlen und universitären Arbeitsgruppen für Naturheilkunde und Komplementärmedizin sind chronisch entzündliche Darmerkrankungen Teil der Patientenversorgung und im Fokus der Forschungsarbeit. Die besondere Bedeutung der DCCV für den Bereich Komplementärmedizin bei CED Die Bedeutung des Engagements der DCCV kann hier nicht hoch genug eingeschätzt werden. So arbeitet der Arbeitskreis Komplementärmedizin mit seinen vielfältigen Aktivitäten u. a. daran, ein Meinungsbild zum Thema unter den Mitgliedern der DCCV zu erstellen (BR 3 / 2011, S. 101) und die Inhalte des Bereiches bekannt zu machen. Auf Initiative der DCCV sind Vorträge zum Thema Komplementärmedizin fester Bestandteil vieler Arzt-Patienten-Seminare. Im Beirat lässt die DCCV den Bereich Komplementärmedizin seit Jahren von zwei wissenschaftlichen Experten vertreten. Regelmässig entsendet die DCCV auch einen Vertreter, der in der Arbeitsgruppe «Psychosomatik und Komplementärmedizin» der AWMF-Leitlinien mitarbeitet. Ganz besondere Bedeutung, gerade im Hinblick auf die Leitlinien, hat die Unterstützung der Forschung im Bereich Naturheilkunde und Komplementärmedizin durch die DCCV. Für die Industrie scheint der Bereich Naturheilkunde und Komplementärmedizin weitgehend uninteressant zu sein.

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Auch von den klassischen Forschungsförderern wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) oder dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wird der Bereich Naturheilkunde und Komplementärmedizin seit Jahrzehnten komplett vernachlässigt. Wie rückständig sich Deutschland hier im internationalen Vergleich präsentiert, macht ein Vergleich mit den USA deutlich. Hier wurde vom NIH (National Institute of Health), der um ein Vielfaches grösseren und in vieler Hinsicht meinungsbildenden der DFG entsprechenden Institution der USA, schon im Jahr 1992 ein eigener Forschungsbereich NCCAM für den Bereich CAM (Complementary and Alternative Medicine) gegründet. Im National Center for Complementary and Alternative Medicine werden pro Jahr bis zu 130 Millionen Dollar Forschungsgelder exklusiv für Projekte aus dem Bereich CAM vergeben. Vor dem Hintergrund des hohen Interesses der Betroffenen fördert die DCCV e.V. seit Jahren nahezu exklusiv die Forschung im Bereich Naturheilkunde und Komplementärmedizin bei CED durch die regelmässige Vergabe des Stipendiums für Komplementärmedizin. Und das Engagement der DCCV für die Forschungsförderung zahlt sich aus. Vor dem Hintergrund von Projekten, die erst durch die Forschungsförderung der DCCV ermöglicht wurden, sind die Therapieformen Akupunktur und Mind-Body Medizin (siehe  z. B. BR 2 / 2008) mit positiven Empfehlungen in die aktuellen Leitlinien aufgenommen worden – eine überaus positive Entwicklung, die ohne das Engagement der DCCV so nicht denkbar wäre.


Als Vorbild für die weiteren Aktivitäten kann die Therapie mit Probiotika in der Behandlung von Patienten mit Colitis ulcerosa gelten. Nachdem diese Therapie über Jahrzehnte als sogenannte «Symbioselenkung» ihren Platz in der komplementären Therapie hatte, ist es durch seriöse Forschung gelungen, diese naturheilkundliche Therapie fest in den Leitlinien für die Behandlung der Colitis ulcerosa zu implementieren. Im Folgenden werden nun zunächst die grundsätzlichen Aussagen aus den Leitlinien für Colitis ulcerosa vorgestellt, welche in vergleichbarer Form auch in den Leitlinien für Morbus Crohn aufgenommen wurden. Des Weiteren werden die Aussagen zu einzelnen komplementären Therapieverfahren für Colitis ulcerosa und Morbus Crohn jeweils mit Auszügen aus den Kommentaren vorgestellt: Allgemeine Aussagen 1. Definition Es gibt keine allgemein akzeptierte Definition komplementärer und alternativer Therapieverfahren. Der Begriff komplementärmedizinische Verfahren beinhaltet, dass die angewendeten Behandlungsmethoden additiv, d.h. als Ergänzung zu konventionellen Standardtherapien angewendet werden. Verfahren, welche die konventionellen Standardtherapien ausschliessen, werden als alternative Therapieverfahren bezeichnet. Unkonventionelle Therapien sind alle Verfahren, die als nicht anerkannt und / oder wissenschaftlich überprüft gelten. Integrative Medizin verbindet konventionelle und komplementäre Therapie zu einer «best practice». («Vorbildliches Verfahren» entsprechend der Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO). Kommentar Die Bezeichnung «alternative Therapieverfahren» spiegelt in der Regel nicht die übliche Anwendungssituation wider, da komplementärmedizinische / naturheilkundliche Therapien

keinesfalls ein Selbstverständnis beinhalten, eine Alternative zur konventionellen Therapie darzustellen. Die angloamerikanische Literatur unterscheidet weniger in alternativ und komplementär und verwendet den gemeinsamen Terminus «complementary and alternative medicine» (CAM), der sich inzwischen international weitgehend durchgesetzt hat. Neuere Literatur spricht bei kombinierter Anwendung von konventioneller und komplementärer Methoden auch von integrativer Medizin. 2. Alternativtherapien anstatt einer evidenzgesicherten Therapie sollen abgelehnt werden. Kommentar Alternativtherapien welche anstatt von gesicherten Therapien benutzt werden sollen, sind abzulehnen. Komplementäre Therapien, welche als Ergänzung einer Standardtherapie angewendet werden, sollten in Absprache mit den behandelnden Ärzten erfolgen und können eine Standardtherapie unterstützen. 3. Die Beurteilung naturheilkundlicher und komplementärmedizinischer Verfahren soll nach Kriterien einer evidenzbasierten Medizin erfolgen. 4. Patient / inn / en sollen über die Anwendung komplementärer Heilmethoden befragt werden. Der behandelnde Arzt soll mit ihnen über ihre Gründe für die Anwendung komplementärmedizinischer Verfahren zu sprechen. Kommentar In zahlreichen Studien wurde beschrieben, dass mindestens die Hälfte (31 bis 68 Prozent) der Patienten mit CED komplementäre Heilmethoden anwendet (1 – 3). Bei Kindern mit CED ist der Gebrauch von CAM nicht geringer als bei Erwachsenen. 30 bis 70 Prozent der Patienten informiert ihre Ärzte / innen nicht über die Anwendung komplementärer Heilmethoden. Die Anwendung und das Verschweigen komplementärer Heilmethoden wird durch die konventionell behandelnden Ärzte unterschätzt. Als Gründe für die

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Anwendung komplementärmedizinischer Verfahren wurden in den Studien die Suche nach der optimalen Therapie, der Wunsch ohne Kortison auszukommen, Nebenwirkungen der konventionellen Therapie, der Wunsch nach Stärkung der Eigenaktivität und der Eigenverantwortung, ein ganzheitlicher Therapieansatz sowie Unzufriedenheit mit der konventionellen Therapie und (relatives) Therapieversagen genannt. 5. Aufgrund des hohen Anteils an Patienten, die komplementärmedizinische Therapien anwenden, sollten Ärzte sich über diese Verfahren informieren. Kommentar Viele Betroffene sehen sich nicht durch die naturwissenschaftlich orientierte konventionelle Medizin in ihrer komplexen mehrdimensionalen Persönlichkeit erfasst. Die Auffassungen von Arzt und Patient zum Krankheitsverständnis und den Umgang mit der Erkrankung, wie auch zum Selbstbild und Weltbild, unterscheiden sich häufig. So kommt es dazu, dass ausserhalb der ärztlichen Versorgung, Beratung und Hilfe von CAM Therapeuten gesucht wird ( z. B. bei Heilpraktikern). Nicht selten verfahren die Betroffenen dabei «zweigleisig». (…) Um hier Gefahren zu minimieren, sollte eine «Zweigleisigkeit» der Therapie durch den Betroffenen vermieden werden und eine enge Abstimmung der Therapieverfahren erfolgen. Dazu sind ausreichende Kenntnisse der komplementären Therapieverfahren beim primär behandelnden Arzt erforderlich. Idealerweise ist ein integratives Konzept anzustreben, bei dem konventionelle und komplementäre Therapieverfahren zu einer «best practice» verschmelzen (WHO-Definition von integrativer Medizin). Im Weiteren werden die Aussagen zu speziellen komplementären Therapien für die Colitis ulcerosa vorgestellt: 6. Curcumin kann in der remissionserhaltenden Behandlung komplementär zu einem Aminosalizylat eingesetzt werden. 7. Plantago ovata (Flohsamen) kann in der remissionserhaltenden Behandlung eingesetzt werden. 8. Mind-Body Therapie kann komplementär zur Verbesserung der Lebensqualität eingesetzt werden. 9. Akupunktur (mit Moxibustion) kann im leicht bis moderaten Schub komplementär in der Therapie eingesetzt werden. 10. Trichuris suis ovata (TSO) kann im leicht bis moderaten Schub die Krankheitsaktivität senken. Das Präparat ist in Deutschland nicht zugelassen. Eine generelle Empfehlung kann derzeit nicht gegeben werden.

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11. Eine Empfehlung für die Anwendung weiterer unkonventioneller Verfahren kann nicht gegeben werden, da die Datenlage unzureichend ist. Abschliessend nun werden die Aussagen zu speziellen komplementären Therapien für den Morbus Crohn aufgeführt: 12. Akupunktur kann im akuten Schub komplementär zur Reduktion der Krankheitsaktivität eingesetzt werden. 13. Omega-3-Fettsäuren können zur Remissionserhaltung nicht empfohlen werden. Kommentar Das erfolgreich in einer multizentrischen italienischen Studie verwendete Omega- 3-Fettsäure Präparat wurde bisher in Deutschland oder anderen europäischen Ländern nicht zugelassen und steht daher nicht zur Verfügung. Daher kann keine positive Empfehlung zur Anwendung von Omega-3-FS bei M. Crohn gegeben werden, da sämtliche am Markt befindlichen Präparate sich von der verwendeten Studienmedikation unterscheiden.

14. Boswellia serrata ist im akuten Schub einer Therapie mit Mesalazin zur Reduktion der Krankheitsaktivität nicht unterlegen. Das Präparat ist in Deutschland nicht zugelassen. 15. Trichuris suis ovata (TSO) führt bei leicht bis mässiggradiger Krankheitsaktivität zu einer Remissionsinduktion. Das Präparat ist in Deutschland nicht zugelassen und kann nicht empfohlen werden. 16. Probiotika (E. coli Nissle, Lactobacillus GG und Saccharomyces boulardii) sind in ihrer Wirksamkeit zur Remissionserhaltung nicht gesichert. Integrative Medizin Mit der Berücksichtigung komplementärer Verfahren in einem integrativen Gesamtkonzept erfolgt eine moderne Medizin «state-of-the-art», auf dem neuesten Stand. Nach der Definition der WHO verbindet der Bereich Integrative Medizin konventionelle und evidenzbasierte komplementäre Therapie zu einer sogenannten «best practice». Prof. Dr. med. Jost Langhorst ist Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie, Naturheilkunde und Psychotherapie. Er ist Leitender Arzt des Bereiches Integrative Gastroenterologie und leitender Oberarzt der Inneren Medizin V, Naturheilkunde und Integrative Medizin an den Kliniken Essen-Mitte am Lehrstuhl für Naturheilkunde der Universität Duisburg-Essen. Für seine Forschungsarbeit wurde er mit mehreren Stipendien der DCCV ausgezeichnet. Er ist einer der beiden Beiratssprecher der DCCV für den Bereich Komplementärmedizin.


«Die sanfte Medizin» – wer sich auskennt, ist im Vorteil Neben- und Wechselwirkungen von naturheilkundlichen und komplementärmedizinischen Verfahren in der Therapie für Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Prof. Dr. med. Jost Langhorst 2011-4-20-100 Langhorst – CAM in LL

Naturheilkundliche und komplementärmedizinische Therapieverfahren werden gern als sanfte Medizin bezeichnet. Trotz der allgemein sehr guten Verträglichkeit gilt es, wie in jedem anderen Bereich der Medizin auch, sich über potentielle Neben- und Wechselwirkungen zu informieren, um die Therapieverfahren optimal einzusetzen. Im Folgenden werden die im vorhergehenden Artikel vorgestellten naturheilkundlichen und komplementären Therapien aus den Leitlinien unter dem Blickwinkel potentieller Neben- und Wechselwirkungen dargestellt: Spezielle komplementäre Therapien für die Colitis ulcerosa: Nie auszuschliessen sind bei pflanzlichen Medikamenten sehr seltene allergische Reaktionen oder eine leichte Reaktion des Magen-Darm-Traktes. Curcumin kann in der remissionserhaltenden Behandlung komplementär zu einem Aminosalizylat eingesetzt werden. Nebenwirkungen: Obwohl Curcumin sehr positive Wirkung am Magen-Darm-Trakt erzielt, kann bei überempfindlichem Magen, besonders bei Übersäuerung, dieses Beschwerdebild verstärkt werden. Plantago ovata (Flohsamen) kann in der remissionserhaltenden Behandlung eingesetzt werden. Wechselwirkungen: Wichtig ist, dass das Präparat andere Medikamente durch Bindung an den Flohsamen in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigen kann. Ein zeitlicher Abstand der Einnahme zu anderen Medikamenten von einer Stunde wird deshalb empfohlen. Eine Kontraindikation stellen Stenosen (Engstellen) des Darmes dar. Probiotika – Bei Unverträglichkeit von Aminosalizylaten kann der apathogene Escherichia coli-StammNissle 1917 oder bei Kindern das probiotische Präparat VSL#3 eingesetzt werden.

Nebenwirkungen: Probiotika können zu Beginn der Therapie zu vermehrten Blähungen führen und sollten deshalb langsam eingeschlichen und aufdosiert werden. Bei Patienten mit schwer beeinträchtigtem Immunsystem – etwa durch die Kombination dreier immunsuppressiver Medikamente – sollten Probiotika nicht eingesetzt werden (niederländische Studienergebnisse berichten von einer erhöhten Sterblichkeit bei akuter Pankreatitis bei Probiotikagabe). Mind-Body-Therapie kann komplementär zur Verbesserung der Lebensqualität eingesetzt werden. Mind-Body-Verfahren sind grundsätzlich sicher und gut verträglich. Wichtig ist auch hier, von erfahrenen Therapeuten geschult zu werden. Während der Relaxation oder Meditation wurden in (nicht CED-spezifischen) Studien selten temporäre Angstgefühle ohne ernsthafte Folgen beschrieben. Bei psychisch vorerkrankten Patienten sind Phänomene wie Angst vor Kontrollverlust, Gedankenzwänge oder Muskelkrämpfe beschrieben worden, die in sehr seltenen Fällen zur Beendigung der Mind-Body-Therapie geführt haben. Bei den für die Aufnahme in die Leitlinien zugrundeliegenden Studien mit Colitis ulcerosa Patienten wurden keine Nebenwirkungen beobachtet. Spezielle komplementäre Therapien für Morbus Crohn und Colitis ulcerosa: Akupunktur (mit Moxibustion) kann im leicht bis moderaten Schub komplementär in der Therapie eingesetzt werden. Nebenwirkungen: Akupunktur ist eine weltweit praktizierte Therapieform, die prinzipiell als sehr sicher anzusehen ist. Sehr selten kann es zu Übelkeit oder einer verstärkten vegetativen (Schwitzen, Schwächegefühl, Schlafstörung) oder emotionalen Reaktion kommen. Wenn Akupunktur allerdings nicht von erfahrenen Therapeuten durchgeführt wird, sind Komplikationen wie Entzündungen oder Blutungen nicht auszuschliessen. Beschrieben ist in der Weltliteratur allerdings nur ein einziger Pneumothorax (Eintritt von Luft in den «Pleuraspalt» zwischen Lungenfell und Rippenfell).

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Einfacher Test für eine schnellere Diagnose In der Schweiz dauert es viel zu lange, bis die Diagnose CED gestellt wird. Das könnte sich mit einem neuen Stuhltest ändern.

Dr. med. Felicitas Witte

Hellrotes Blut sieht der junge Mann auf seinem Stuhlgang. Vermutlich sein Lebensstil, denkt der 25-Jährige – er ernährt sich wohl zu ungesund. Ein Jahr später macht der junge Mann sich doch Sorgen und sucht seinen Hausarzt auf. Der beruhigt ihn: Hämorrhoiden seien das, er solle sich keine Sorgen machen. Vier Jahre später bekommt der Statistiker während einer Reise nach Mosambique starke Bauchschmerzen. Der Arzt vermutet eine Magen-Schleimhaut-Entzündung und verschreibt Medikamente. Die helfen aber nicht. Der junge Mann schläft schlecht wegen der Schmerzen und nimmt Gewicht ab. Der Arzt überweist ihn zum Spezialisten, drei Monate später erfährt der junge Mann die Diagnose: Morbus Crohn, eine chronisch entzündliche Darmkrankheit. «Ich war total schockiert», erinnert er sich. «Vor allem als ich erfuhr, dass man mit einer frühen Therapie die Krankheit beeinflussen kann.» So wie ihm geht es Hunderten von Menschen mit der Crohn-Krankheit in der Schweiz. Zwischen einem viertel und zwei Jahren dauert es bei den meisten vom Beginn der Beschwerden bis zur Diagnose, bei einigen sogar Jahrzehnte. Das zeigen neue Ergebnisse der Schweizerischen IBD-Kohortenstudie*. In dieser Langzeitstudie werden seit dem Jahre 2006 über 2000 Menschen mit chronisch entzündlichen Darmkrankheiten (inflammatory bowel disease, IBD) fortlaufend untersucht, um so viel wie möglich über den Verlauf der Krankheit und die beste Therapie herauszufinden. Für die jetzige Analyse werteten Studienleiter Stephan Vavricka vom Unispital Zürich / Stadtspital Triemli und das IBD-Kohortenteam Daten von 1591 Patienten aus. «Bei manchen Krankheiten wie Eierstockkrebs oder schwarzem Hautkrebs kennen wir solche Verzögerungen», sagt Vavricka. «Dass es bei Crohn auch so ist, haben wir zwar von Patientenberichten vermutet, belegt wurde es aber bisher nicht.» In seiner Studie fand Vavricka noch etwas anderes heraus:

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Bei der anderen Form von IBD, nämlich Colitis ulcerosa, stellen die Ärzte die Diagnose viel schneller, meist innerhalb eines Jahres. «Das liegt an den eindrucksvolleren Beschwerden», erklärt Jürgen Stein, Leiter des Crohn Colitis Centrums in Frankfurt. Eine Colitis äussert sich typischerweise durch häufigen flüssigen Durchfall mit starken Blutbeimengungen – das alarmiert den Arzt, weitere Untersuchungen durchzuführen. «Crohn macht sich aber durch Symptome bemerkbar, die auch bei vielen anderen Krankheiten vorkommen können.» Das sind etwa Bauchschmerzen, Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder leichtere Durchfälle. Dabei denkt der Arzt möglicherweise zuerst an ein Reizdarm-Syndrom, Verdauungsprobleme oder einen Infekt. «Noch schwieriger wird die Diagnose bei Kindern», sagt Stein, «denn wer vermutet das schon bei ihnen?». Crohn bricht typischerweise zwischen 20 und 40 Jahren aus, aber auch Kinder können erkranken. Stein erinnert sich an ein Mädchen, das immer weniger ass und viel Gewicht verlor. Ein Arzt hielt es für Magersucht und empfahl Psychotherapie. Erst viel später stellte sich heraus, dass das Mädchen einen Crohn hatte und wegen der ständigen Bauchschmerzen nichts mehr ass. Leider gibt es noch keine Bluttests, mit denen man IBD einfach feststellen kann. Bei Verdacht schaut sich der Arzt Magen und Darm mit einer Spiegelung an und nimmt Gewebeproben, die im Labor untersucht werden. «Spiegelungen können unangenehm sein – natürlich möchte man das jedem ersparen», verteidigt Stein die abwartende Haltung mancher Kollegen. Abhilfe schaffen könnte ein neuer Test, der Calprotectin im Stuhl nachweisen kann. Calprotectin ist ein Eiweiss, das in hohen Konzentrationen in Entzündungszellen vorkommt, also auch bei chronisch entzündlichen Darmkrankheiten. Kürzlich zeigte eine eine zusammengefasste Auswertung von 13 Studien mit 670 Erwachsenen und 371 Kindern, dass Calprotectin im Stuhl in über 90 Prozent der Fälle rich-


tig zeigte, ob jemand eine IBD hatte oder nicht. «Bei zwei Drittel der Erwachsenen wäre keine Spiegelung notwendig gewesen», sagt Vavricka. Habe jemand länger als vier Wochen Durchfall oder immer wieder Bauchschmerzen, könne jeder Hausarzt den einfachen und preiswerten Test durchführen und wenn er positiv ist, den Patienten an einen Gastroenterologen zur Spiegelung überweisen. «

Je eher man eine IBD feststellt, desto besser», sagt Gastroenterologe Stein. «Aus Studien wissen wir nämlich, dass eine frühe und intensive Therapie die Entzündung bremsen und dauerhafte Schäden am Darm verhindern kann.»

IBD Kohortenstudie IBD ist die Abkürzung für «Inflammatory Bowel Disease», den englischsprachigen Sammelbegriff für die beiden Krankheiten Colitis ulcerosa und Morbus Crohn. Die IBD-Kohortenstudie wurde im Jahre 2005 gestartet, der Schweizerische Nationalfonds (SNF) finanziert und fördert sie. Bei einer Kohortenstudie beobachten Wissenschafter eine oder mehrere Gruppen von Menschen (= Kohorte) über einen längeren Zeitraum. So können sie herausfinden, welche Faktoren eine Krankheit mit verursachen und welche den Krankheitsverlauf verbessern

oder verschlimmern. Mit der Schweizerischen IBD-Kohortenstudie möchten die Forscher viel herausfinden: Zum Beispiel was einen Schub auslöst, wie sich IBD auf den Körper, die Psyche und das tägliche Leben der Patienten auswirkt oder welche Nebenwirkungen die IBDMedikamente langfristig verursachen. Möchten Sie bei der Kohorte teilnehmen oder haben Sie Fragen zu der Studie und den Ergebnissen? Dann wenden Sie sich an Frau Beate Steininger (beate.steininger@usz.ch, 044-2553628).

Geteiltes Leid ist halbes Leid … Schreiben Sie uns Ihre Geschichte, Ihre Geschichte über das Leben mit Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn. Die SMCCV-Homepage, unser Info-Magazin und / oder die FacebookGruppe bieten Ihnen diese Möglichkeit. Andere Patienten sind sehr interessiert an Ihren Erfahrungen und Ihrem persönlichen Umgang mit der Krankheit!

Schreibfaul? Nicht doch! Im Zeitalter von YouTube und sonstigen Videoportalen ist es doch ein leichtes, ein Kurzvideo zu drehen und seine Geschichte darzulegen. Auch an solchen Beiträgen sind andere Patienten sehr interessiert – wer weiss, eventuell werden sie innerhalb der SMCCV-Gemeinde

zur Pionierfigur – mit Ihrer Geschichte … Sie finden übrigens bereits eine grosse Auswahl an Videos von SMCCV-Mitgliedern hier: www.ausdembauchheraus.ch


Darmkrankheit als Tabu Chronische Entzündungen des Verdauungs­ apparates sind unheilbar. Ungewöhnliche Therapien sollen lindern. Dr. rer. nat. Anke Fossgreen Sonntagszeitung

«Bitte helfen Sie! Der Inhaber dieser Karte benötigt aus medizinischen Gründen dringend eine Toilette. Danke», steht auf einer Art Visitenkarte, die Bruno Raffa immer bei sich hat. Der 48-Jährige ist Präsident der Schweizerischen Morbus-Crohn /Colitisulcerosa-Vereinigung (SMCCV) und leidet seit rund 20 Jahren selbst an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung. Patienten wie Raffa haben starke Bauchkrämpfe, Durchfall und müssen häufig und dringend aufs WC. Eine unangenehme Krankheit und ein Tabu. «Viele Betroffene reden nicht über ihre Probleme», sagt Raffa. Auch deshalb würden entzündliche Darmerkrankungen so wenig in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Eine europaweite Befragung von knapp 5000 Patienten aus 24 Ländern – darunter auch einigen aus der Schweiz – hat ergeben, dass sich 25 Prozent der Betroffenen am Arbeitsplatz diskriminiert fühlen, sagte Marco Greco, Präsident der Europäischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa Vereinigung EFCCA. Greco stellte letzte Woche beim Jahrestreffen der Europäischen Crohn’s und Colitis Organisation, ECCO, in Barcelona die Ergebnisse der Umfrage vor. Ein weiteres Resultat: Die überwiegende Mehrheit der Befragten war mindestens einmal notfallmässig im Spital, bevor sie die richtige Diagnose erhielten. Zwar wurden mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer innerhalb eines Jahres korrekt diagnostiziert, aber 18 Prozent der Befragten zogen dafür mehr als fünf Jahre lang von Arzt zu Arzt. Einfache Fragen sollen Diagnose erleichtern Hausärzte denken oft nicht an chronisch entzündliche Darmerkrankungen, wenn Patienten mit Bauchschmerzen und Durchfallbeschwerden zu ihnen kommen. «Deshalb sind wir gerade dabei, in einem Pilotprojekt, zusammen mit Hausärzten, die Diagnose zu erleichtern», sagt Gerhard Rogler, Gastroenterologe am Universitätsspital Zürich.

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Wenn ein Patient bei drei von fünf Fragen mit Ja antwortet, etwa, ob er bereits seit mehr als drei Monaten Bauchschmerzen hat oder länger als vier Wochen Durchfall, dann ist es ratsam, dass der Hausarzt einen Stuhltest durchführt. Sind die Werte eines bestimmten Entzündungsmarkers zu hoch, sollte ein Gastroenterologe den Patienten untersuchen. Mithilfe einer Darmspiegelung spüren die Fachärzte entzündete Regionen im Mast- oder Dickdarm auf oder fahnden mit bildgebenden Verfahren nach Entzündungen, die tiefer im Gewebe oder im Dünndarm liegen. In den meisten Fällen können die Ärzte die Patienten gut behandeln, sagt Frank Werner Seibold vom Inselspital Bern und Spital Tiefenau, der zusammen mit Rogler auch unkonventionelle Therapien ausprobiert (siehe Kasten). Das Ziel ist es, die Schübe zu reduzieren und die schweren Symptome zu lindern. Dazu stehen den Experten heute zwar einige Medikamente zur Verfügung. Doch das Problem ist zu erkennen, wem welche Therapie hilft. Das Immunsystem soll auf null zurückgestellt werden Junge Patienten mit sehr aggressiven Krankheitsformen würden die Experten sofort mit den neusten (und teuersten) «Biologika» behandeln. Das sind Antikörper, die gezielt den Botenstoff TNF-alpha lahmlegen. TNF-alpha spielt eine aktive Rolle, wenn das Immunsystem eigenes Darmgewebe angreift. Etwa ein Drittel der Patienten spricht jedoch nicht auf die Therapie mit den TNF-Blockern an, und bei denen, die von dieser Behandlung zunächst profitieren, kann die Wirkung später nachlassen. Schwere Fälle bei jungen Menschen sind aber nicht die Regel. Bei vielen Patienten helfen zunächst die herkömmlichen entzündungshemmenden Kortisonpräparate für eine akute Phase. Manchmal müssen betroffene Darmstücke operativ entfernt werden. Bei Personen, denen nichts mehr hilft, wird derzeit eine Therapie mit körpereigenen Stammzellen getestet. Dazu


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Escherichia coli (abgekürzt E. coli) – ein Bakterium, das im menschlichen und tierischen Darm vorkommt (10.000-fache Vergrösserung).

werden den Patienten zunächst Blutstammzellen aus dem Knochenmark entnommen, anschliessend das Knochenmark zerstört und dann die Stammzellen zurückgegeben. Die Hoffnung ist, dass das Immunsystem quasi auf null zurückgestellt wird und den Darm nicht mehr angreift. «Aber auch eine Stammzellentransplantation kann die Krankheit nicht heilen», dämpft Julià Panés vom Universitätsspital Clínic in Barcelona allzu grosse Hoffnungen. Er hat bereits einige dieser Stammzelltherapien im Rahmen einer Multizenterstudie durchgeführt. Auch in Zürich seien zwei Patienten derart mit bisher «sehr gutem Erfolg» behandelt worden, bestätigt Rogler. Doch kürzlich starb ein Patient in London an den Nebenwirkungen eines der im Studienprotokoll vorgesehenen Medikamente. «Wir müssen sorgsam abschätzen, ob die Risiken den Nutzen aufwiegen», sagt Rogler. Heidelbeeren, Stuhl, Wurmeier – unkonventionelle Kuren   – Heidelbeerkur: Gerhard Rogler vom Universitätsspital Zürich und Frank Werner Seibold vom Inselspital Bern und Spital Tiefenau arbeiten eng mit der Schweizer Patientenorganisation zusammen. So erfuhren sie, dass sich einige Betroffene nach dem Genuss von Heidelbeeren besser fühlten. Rogler startete eine kleine Studie mit Patienten, die zehn Wochen lang täglich 120 Gramm getrocknete Heidelbeeren zu sich nahmen. Die Symptome besserten sich, kamen aber nach Beendigung der Kur zurück. Mit diesen sporadischen Beobachtungen ist die Wirkung von Heidelbeeren bei entzündlichen Darmerkrankungen nicht bewiesen.

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– Stuhltransplantation: Eine weitere ungewöhnliche Methode sind Stuhltransplantationen. Dabei wird die Darmflora eines Patienten durch diejenige eines Gesunden ersetzt. Die Theorie dahinter ist, dass das Immunsystem bei den entzündlichen Darmerkrankungen die eigenen Darmbakterien angreift. Mit fremden Darmbakterien soll das Immunsystem ausgetrickst werden. Seibold hat in Bern einige Patienten behandelt. «Ein Fall hat mich wirklich verblüfft», sagt er. «Der Patient war danach beschwerdefrei.» Doch in anderen Fällen hat die Therapie nicht gewirkt. Ob das an der Art der Stuhlproben lag oder an anderen Faktoren, ist nicht klar.  – Wurmeierkur: Derzeit testen Seibold und Rogler im Rahmen einer europäischen Studie den Einsatz von Wurmeiern. Die Hoffnung ist, die Entzündungen zu lindern, wenn das Immunsystem die Würmer attackiert anstelle des körpereigenen Gewebes. Diese Studie wird erst in einem halben Jahr beendet sein. Seibold: «Wir haben noch keine Ergebnisse.»

Einfache Anwendungen werden meist nur in kleinen Studien geprüft, weil die Geldgeber fehlen. Schweizerische MorbusCrohn / Colitis-ulcerosa-Vereinigung: www.smccv.ch Verzeichnis öffentlicher Toiletten in der Schweiz, kostenlose App: www.wc-guide.ch Die Pressereise wurde von der Firma Abbott unterstützt.


Wegweiser Sozialversicherungen Die Schweiz kennt zehn Sozialversicherungen, die ver­ schiedene Leistungen ausrichten. Wird die Erwerbsfähigkeit aufgrund einer rheumatischen Krankheit eingeschränkt, sollte man sich früh über seine Rechte und Pflichten informieren.

Dr. med. Jörg Jeger Rheumaliga Schweiz, Forum R, 1  / 2012

Für eine Versicherung steht Folgendes im Vordergrund: Wem muss sie welche Leistungen erbringen? Anhand welcher Kriterien? Und ist unter Umständen ein anderer Versicherer zuständig? Abgrenzungsprobleme führen immer wieder zu aufwändigen Abklärungen und Rechtsstreitigkeiten, die volkswirtschaftlich wenig Sinn machen; vor allem im «Bermuda-Dreieck» Arbeitslosenversicherung – Invalidenversicherung – Sozialhilfe. Um sich im Versicherungsdschungel zurechtzufinden, sind für chronisch Kranke die im Folgenden erklärten Begriffe wichtig.

Dr. med. Jörg Jeger

Die Versicherungstypen

Sozialversicherungen sind staatliche Pflichtversicherungen. Ihr Leistungskatalog und ihre Finanzierung ist gesetzlich festgelegt und erfolgt über lohnabhängige Beiträge der Versicherten, der Arbeitgeber sowie über Staatsbeiträge. Die Versicherung muss sich an den gesetzlich festgelegten Leistungskatalog halten. Wird sie defizitär, müssen Beiträge erhöht oder Leistungen abgebaut werden. Bei der IV ist Letzteres derzeit für viele Betroffene spürbar.

Privatversicherungen sind freiwillig: Niemand ist verpflichtet, eine private Versicherung – beispielsweise eine Tagegeldversicherung – abzuschliessen. Umgekehrt steht es einer privaten Versicherungsgesellschaft frei, bestimmte Risiken zu versichern – beispielsweise die Berufsunfähigkeit eines ProfiFussballers. Die Sozialhilfe Die Sozialhilfe ist eine weitere, in der Bundesverfassung verankerte soziale Sicherung. Sie ist keine Versicherung im engeren Sinn, denn sie erhebt keine Beiträge. Die Gemeinden finanzieren sie und prüfen im Einzelfall den Bedarf. Sozialhilfe kann jeder in Anspruch nehmen, wenn der Bedarf ausgewiesen ist, unabhängig davon, ob er gesund oder krank ist. Die Leistungen unterliegen Richtlinien, die nicht im Gesetz festgelegt sind.

Die allgemeinen Rechte und Pflichten Jeder kann sich bei einer Sozialversicherung wie beispielsweise der IV anmelden, wenn er den Eindruck hat, dass ihm Leistungen zustehen. Eine Anmeldung ist gratis und niederschwellig möglich, die meisten Formulare sind heute im Internet abrufbar. Übrigens: Selbst für die AHV-Rente muss man sich nach Erreichen des 65. Altersjahres aktiv anmelden, sie kommt nicht «automatisch» ins Haus! Pflichten der Versicherung – Eine seriöse Abklärung, ob ein Leistungsanspruch besteht: Angaben des Versicherten wie «Ich kann wegen einer rheumatoiden Arthritis seit 8 Monaten nicht mehr arbeiten» reichen nicht aus. Die Versicherung verlangt Arzt- und Spitalberichte und veranlasst im Zweifelsfall eigene ärztliche Untersuchungen oder berufliche Abklärungen. – Die Leistungspflicht: Ein Anrecht auf Leistungen besteht, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, unabhängig vom Vermögen. Pflichten des Antragstellers – Er hat die Mitwirkungspflicht und muss angeordneten medizinischen oder beruflichen Abklärungen Folge leisten sowie Einsicht in medizinische Berichte gewähren.

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– Der Versicherte untersteht der Schadenminderungspflicht. Das bedeutet, er muss den Schaden so gering wie möglich halten. Die IV kann von einem Patienten mit schwerer Hüftarthrose verlangen, sich einer Operation zu unterziehen, wenn damit die Arbeitsfähigkeit erhalten bleibt. Lehnt er die Operation ab, kann die IV Leistungen kürzen oder gar verweigern. Dabei gilt der Grundsatz der Verhältnis­ mässigkeit, der in der Bundesverfassung verankert ist. Die Versicherung kann zum Beispiel keine Einwilligung in eine Operation verlangen, die gefährlich und deren Ausgang fragwürdig ist. Die Früherfassung der Invalidenversicherung Betroffene haben umso bessere Chancen auf eine Integration am Arbeitsplatz, je kürzer ihre Absenz dauert. Die Invalidenversicherung hat seit der 5. IV-Revision 2008 die nötigen Instrumente, um sich frühzeitig um kranke Menschen mit drohender Invalidität zu kümmern. Betroffene, Ärzte oder Arbeitgeber können eine Anmeldung zur Früherfassung bei der IV ausfüllen. Die IV prüft dann Massnahmen, um krankheitsbedingten Arbeitsausfällen vorzubeugen. Die «Zumutbarkeit» Das Rechtssystem erwartet von Menschen mit Behinderungen, dass sie trotz Unannehmlichkeiten alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um selber für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Diese «Zumutbarkeit» ist eine wichtige Regelgrösse, aber kein gesetzlich definierter Begriff. Sie ist in hohem Masse dem Zeitgeist der Gesellschaft unterworfen und wird letztendlich von Politik und Gesetzgebung festgelegt. Je weniger öffentliche Gelder zur Verfügung stehen, desto mehr wird die Gesellschaft dem Individuum zumuten, für sich selber zu sorgen. Diese Tendenz ist für Menschen mit Behinderungen aktuell stark spürbar.

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Umso wichtiger ist es für Betroffene, Rechte und Pflichten gut zu kennen. Für alle, die mehr erfahren wollen, bietet das Bundesamt für Sozialversicherungen ausführliche Informationen: www.bsv.admin.ch.

Sozialversicherungen in der Schweiz – Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) – Invalidenversicherung (IV) – Ergänzungsleistungen – Erwerbsersatzordnung und Mutterschaftsversicherung – Arbeitslosenversicherung – Krankenversicherung – Unfallversicherung ( z. B. SUVA) – berufliche Vorsorge (Pensionskassen) – Militärversicherung – Familienzulagen


Auch Sie können die SMCCV unterstützen! Es stehen Ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, sich persönlich für die SMCCV einzusetzen. Dank Ihrer finan­ziellen Unterstützung können wir mehr und besser informieren, können der Forschung Beiträge zur Verfügung stellen und zahl­reiche weitere Veranstaltungen organisieren. In der Schweiz leiden zwischen 12’000 und 16’000 Personen an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung – Tendenz leider steigend. Bis heute kennt man die Ursachen nicht und trotz der Entwicklung neuer Therapien ist eine Heilung noch nicht möglich. Ihre Spenden helfen der Weiterführung der Forschung. Und dies nicht nur im medizinischen Bereich, sondern auch im Hinblick auf soziale Probleme, welche damit zusammenhängen.

Sie können unsere Arbeit auf unterschiedliche Weise unterstützen: Ein spezieller Tag? Eine Hochzeit? Ein Geburtstag? Oder sonst ein spezieller Tag? Sie besitzen bereits alles? Sammeln Sie und überweisen Sie den Betrag einfach auf unser Postkonto PC 50-394-6. Ein Inserat im Info-Magazin der SMCCV Inserieren Sie in unserem Info-Magazin, welches pro Jahr in einer Auflage von rund 3’000 Exemplaren erscheint. Unsere Werbetarife sind sehr interessant. Sie erhalten diese Tarife gerne auf Anfrage.

Übrigens: Ihre Spende ist steuerlich abzugsfähig!

Ein Link auf unserer Homepage Als weitere Möglichkeit können Sie einen Link auf unserer Homepage platzieren; die aktuellen Tarife erhalten Sie auf Anfrage. Mitglied werden Werden Sie Mitglied und unterstützen Sie die Vereinigung so dauerhaft!


Morbus Crohn? Colitis ulcerosa? Für uns kein Fremdwort, denn wir leben damit und wollen gemeinsam unser Schicksal meistern.

SMCCV Schweizerische Morbus Crohn /  Colitis ulcerosa Vereinigung Ihre Vorteile als Mitglied: – Öffentliche Informationsveranstaltungen in der ganzen Schweiz über neuste Erkenntnisse aus Medizin und Forschung – Persönliches Beratungstelefon für Betroffene und Angehörige – Regelmässig erscheinendes SMCCV Crohn Colitis Info Magazin und Spezialausgaben mit Schwe­rpunktthemen – Erweiterter Zugriff auf die Homepage der SMCCV (www.smccv.ch) – Eurokey – der Schlüssel für Behinderten-Toiletten

041 670 04 87

– «Can’t wait Card» – Patientenkarte – WC-Cityguide – Stellen Sie Ihre konkreten, medizinischen Fragen unserem Ärzteteam! – Engagement der SMCCV für die Forschung (Stipendium für junge Forscher) – Treffen Sie andere Betroffene, Angehörige und Eltern von betroffenen Kindern (Ausflüge, Gesprächs­gruppen, usw.) – Kinder- und Jugendgruppe


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