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Eine kleine Geschichte der Cafte

In der Abi-Zeitung von 1986 schreibt Claus Arend-Schneider, Abiturient und Gründungsmitglied der Cafeteria sowie Sohn des damaligen Stellvertretenden

Schulleiters Bernhard Arend-Schneider, in seinem Kommentar zur Cafeteria: „Die

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Träumer und die Wünschenden halten den feineren Stoff in den Händen.“ Damit spielt er auf die anfangs nicht gänzlich reibungslose Entwicklung der bald liebevoll „Cafte“ genannten Cafeteria am Neuen

Gymnasium an, befürchtete man doch, dass selbige ein Zuschussunternehmen werden würde. Diese Befürchtung sollte sich in den folgenden Jahren glücklicherweise als gänzlich unbegründet erweisen. Im Gegenteil: Die von Anfang an von den Schüler*innen selbst verwaltete Cafeteria wurde sehr bald zu einem äußerst beliebten, sich selbst tragenden

Aushängeschild unserer Schule.

Die Geschichte unserer Cafeteria begann im Juli 1984, als sich Schüler*innen der Jahrgänge 7, 9 und 11 von mir dafür begeistern ließen, in unserer Schule einen gemütlichen Aufenthaltsort und eine Art Kommunikationszentrum für Schüler*innen und Lehrer*innen sowie zu besonderen Gelegenheiten auch für Eltern zu schaffen. Die Idee war, gemeinsam einen Raum zu gestalten, an dem in angenehmer Atmosphäre Begegnungsmöglichkeiten erleichtert werden, die die am Schulleben Beteiligten zwanglos zusammenführen. Auf diese Weise sollten soziales Engagement und Verantwortungsbewusstsein für schulisches Miteinander befördert werden. Am 18.12.1984 war es dann nach viel Eigenarbeit außerhalb der Unterrichtszeit so weit: Die Cafeteria, geleitet von einer Projektgruppe und ihrem Lehrer als `Primus inter pares´, eröffnete in der kleinen Schülerbibliothek nahe der Pausenhalle mit selbst gebackenem Kuchen sowie natürlich Kaffee und Tee. Erste Materialspenden waren eingegangen, darunter eine bescheidene Kaffeemaschine, die angesichts des erheblichen Andrangs nur ein kurzes Leben fristen sollte und entsprechend kurzfristig ersetzt werden musste. Schon nach kurzer Zeit reichten die Einnahmen für die Anschaffung einer professionellen Kaffeemaschine, diverser Regale und einer Stereoanlage.

Schnell erwies sich der Raum als zu beengt, sodass er um den angrenzenden Aufenthaltsraum erweitert werden musste. Doch die drangvolle Enge blieb – und daraus erwuchsen durchaus auch Probleme: Das gebrauchte Mobiliar, das eine wohnzimmerähnliche Atmosphäre bewirken sollte, hielt den Belastungen nicht lange Stand; und trotz aller Bemühungen und Dienstpläne klappte es mit der Ordnung innerhalb des Raumes nicht immer. Doch mithilfe des Hausmeisters Johannes Padberg und des unablässigen Einsatzes der Leitungsteams wurden immer wieder Lösungen gefunden.

Der Anspruch der Projektgruppe jedoch, die sich selbst im Rahmen einer eigenen Satzung mit klaren Zielen und entsprechenden Aufgabenverteilungen, Vollversammlungen und dem Leitungsteam den Problemen stellte, reichte weiter: Neben dem Verkauf von Kaffee und Kuchen setzte sie sich zum Ziel, auch kulturelle Aktivitäten anzubieten. So wurde intern eine Kulturgruppe gegründet, die erstmals während der Afrikawoche („Mit Hurra nach Afrika“) im Dezember 1985 auf sich aufmerksam machte, als zehn Schüler*innen innerhalb einer Ausstellung afrikanische Literatur vorstellten und einen Auftritt des tansanischen Musikers Fredy Macha in der Cafeteria mitorganisierten.

Die Cafte wurde in den Folgejahren, wie es im Jahrbuch von 1999/2000 treffend hieß, zum Selbstläufer – und immer professioneller, sei es, was die Ausstattung, sei es, was den regelmäßigen Kuchenverkauf anbelangte. Als aufgrund der rasanten Aufwärtsentwicklung des Ganztagsgymnasiums neue Kursräume benötigt wurden, musste die Cafeteria weichen. Wohin? Der ehemalige Fahrradkeller sollte nun zum Spielekeller umfunktioniert werden. Ein angrenzender Raum, der bis dahin als Spieleraum fungierte, konnte nun zur neuen Cafeteria werden.

Die Cafte wurde zum Selbstläufer.

Impressionen vom Cafeteria-Leben

Die Cafte im Jahr 2020

Ein Planungsteam mit Christoph Hübener, dem Sozialpädagogen unserer Schule, der mit Einführung des GTG eingestellt worden war, der Schulleitung sowie der tatkräftigen Unterstützung des neuen Hausmeisters Ernst Röhrkasse beteiligte sich der Cafte-Vorstand an der Ausarbeitung und später auch Umsetzung eines umfassenden Konzepts für den erweiterten Freizeitbereich.

Die `neue´ Cafte, weiterhin in Eigenregie geführt, war nun geräumiger, wurde neu möbliert. Das Cafte-Team wuchs ordentlich, das Angebot ebenfalls, und mit der vom Abi-Jahrgang ´98 gespendeten Geschirrspülmaschine hatte die nervige Abwasch-Problematik eine spürbare Beruhigung erfahren. Mit der Erweiterung des Freizeitbereichs kamen neue Aufgaben auf das Cafte-Team zu, so die Organisation der Spielgeräte-Ausleihe.

Ein weiterer Aspekt darf im Zusammenhang mit der Cafte nicht unerwähnt bleiben: Von Anfang an trug sie sich finanziell nicht nur selbst, sondern sie investierte die überschüssigen Einnahmen zum Wohle der Schulgemeinschaft, so z.B. in die Ausgestaltung des damaligen Schulkinos.

Zu Beginn des Schuljahres 1999/2000 erfolgte der nächste Einschnitt und die Cafeteria musste wieder umziehen: Der Umbau des Osttraktes machte die vorübergehende Schließung des Freizeitbereichs erforderlich. Eine „Not-Cafte“ hielt den Betrieb aufrecht – in der begründeten Hoffnung auf eine nochmalige Verbesserung des Cafte-Betriebs. Und diese Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Zurückgekehrt in die nun frisch renovierte Räumlichkeit im Spielekeller, arbeitete die Cafte – zunehmend organisiert wie ein kleines Wirtschaftsunternehmen – als offizielle AG mit annähernd 30 Teamern. Wiederum wurde die Versorgung vielfältiger; und nun verfügte sie auch über Internet-Arbeitsplätze.

Es sollte nicht lange dauern, bis eine erneute, grundlegende Veränderung unumgänglich wurde: Schulpolitische Entscheidungen wie die Abschaffung der Orientierungsstufen führten zu einem erheblichen Anstieg der Schülerzahlen auch an unserer Schule. Der Landkreis als Schulträger reagierte darauf mit umfangreichen Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen, insbesondere mit einem Neubau der Aula vor dem alten Haupteingang. Damit verband sich schließlich der Umzug des Freizeitbereichs in das Hauptgebäude, in die unmittelbare Nähe zur neuen Aula. Und die Cafte gelangte dorthin, wo der Musiksaal sich vorher befand, nun zur Pausenhalle hin geöffnet. Sie kehrte also fast zurück zu dem Ort, wo sie einmal gegründet worden war.

Und doch, sie ist letztlich eine andere geworden. Die umfassende Neugestaltung bedeutete für die Cafeteria eine markante Aufwertung, verlieh ihr einen repräsentablen Cafe´-Bar-Charakter, für Abendveranstaltungen gut nutzbar. Dafür sorgt ein großer, U-förmiger Tresen, der die mittig gelegene, absolut professionelle technische Ausstattung umrahmt, mit Barhockern und weiteren Sitzgelegenheiten und Ausstattungsdetails auf wertigem Holzfußboden. Im hinteren Bereich öffnet sich die Cafeteria mit einer großen Glasfront, in die zwei Schiebetüren eingelassen wurden, zum Atrium, dem Freiluftbereich.

Mit dieser architektonisch anspruchsvollen Lösung musste wiederum der Personaleinsatz Schritt halten; heute arbeiten im Team von Herrn Hübener ehrenamtlich Eltern (mit eigener Teamleitung), Großmütter und eben viele Schüler*innen, die die Cafte als Arbeitsgemeinschaft gewählt haben. Diese erwerben praxisnah – im Umgang mit Kunden, Finanzen und den notwendigen organisatorischen Abläufen – Einblicke in wirtschaftliches Handeln.

So hat die Cafte im Laufe der vielen Jahre ihres Bestehens ihren ursprünglichen Charakter deutlich verändert, wenn auch nicht in Hinblick auf die Zielsetzung, was das Engagement der am Schulleben Beteiligten für ihre Schule und Übernahme von Verantwortung anbelangt, so doch in ihrem Standing: Anfangs getragen von zuweilen trotzigem Selbstbehauptungswillen einer ambitionierten Projektgruppe – so zu lesen in den Abi-Zeitungen jener Jahre -, etablierte sie sich als geradezu unverzichtbare Stütze unseres Ganztagsgymnasiums. Das kann man wohl eine Erfolgsgeschichte nennen...

Helge Krzykowski

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