Wirtschaft Kompakt

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WIRtschaft kompakt | Heft 53 | März 2020

KONJUNKTUR 2019/2020

Was war – was wird? In puncto Konjunktur lohnt es sich, genauer hinzusehen

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as war‘s wohl – das blaue Auge, mit dem wir wirtschaftlich betrachtet davon gekommen sind. Die Rezession blieb aus, die Unsicherheit bleibt uns als „alte Bekannte“ jedoch erhalten. Im Grunde könnte man es bei dieser Kurzanalyse bewenden lassen. Doch es lohnt sich, genauer hinzusehen. Seit 2018 hat der IHK-Konjunkturklima-Indikator um 24 Punkte nachgegeben (siehe Schaubild). Die Gründe dafür sind vielfältig: Global gesehen schwächelt manche Volkswirtschaft. Und dann die ungelösten Handelskonflikte – müßig, sie hier noch einmal einzeln aufzurollen. Zu kurz sind mittlerweile die Halbwertszeiten vermeintlicher Einigungen und neuer Strafzölle. Manches liegt nur einen Tweet auseinander. Nun hat es Phasen konjunktureller Stärken und Schwächen immer gegeben.

Was unsere jetzige Lage so heraushebt, ist zweierlei: Erstens sind wir nach der Finanzkrise vor gut zehn Jahren nur noch Sonnenschein als Großwetterlage gewohnt. Zweitens haben wir es mit sich überlagernden Wellen zu tun: Konjunktur plus Transformation im Automotive-Bereich plus Digitalisierung aller Branchen. Zu erforschen, inwieweit sich dabei langfristige und konjunkturelle Effekte gegenseitig auch noch beeinflussen, wäre den Schweiß der Edlen wert, führt uns hier aber auch nicht weiter. Uns bleibt, die Folgen zu betrachten: Eine SonderIndustrie-Konjunktur, die sich vom Rest weitgehend entkoppelt hat. Denn einmal ist die Industrie meist stärker im Export engagiert – und leidet damit unter der eingangs skizzierten Weltlage. Zweitens die schon angedeutete Transformation

bei Automobilherstellern, die sich als ziemlich abrupte Abkehr vom Verbrennungsmotor darstellt. Zu Chancen und Risiken fragen Sie unsere politischen Gestalter und Akteure. Keine Frage, dass das natürlich ebenso die Zulieferer und auch manche industrienahen Dienstleister betrifft. Dem gegenüber läuft alles, was mit privatem Konsum (oder auch Investitionen) zu tun hat, unverändert gut. Keine nennenswerten Zinsen, noch immer weitgehend sichere Arbeitsplätze und kräftige Lohnerhöhungen: Das sind die Zutaten dafür, dass Bauwirtschaft, Großund Einzelhandel sowie Dienstleister noch immer nicht – oder nur unwesentlich – klagen können. Bei uns im Schaumburger Land spiegelt sich das Ganze maßstabsgerecht verkleinert wider: Die zeitweilig niedrigsten Arbeitslosen-

quoten im Berichtsgebiet der Hamelner Arbeitsagentur gepaart mit Kurzarbeit, Insolvenzen gar, in einigen Industriebetrieben. Glaubt man den Prognosen, wird sich die Lage in diesem Jahr nicht wesentlich ändern. Die internationalen Auswirkungen des Corona-Virus sind bei den bisher vorliegenden Voraussagen auch noch gar nicht eingepreist. Als Konstante erweist sich hingegen der anhaltende Fachkräftemangel, der – das ist die gute Seite der Medaille – eine nachhaltig hohe Ausbildungsbereitschaft unserer Mitgliedsunternehmen fördert. Ein eher neues und bislang unerwartetes Risiko ist die politische Stabilität in Deutschland, über die man sich leider neuerdings Gedanken, wenn nicht Sorgen, machen muss. Martin Wrede (Geschäftsstelle Stadthagen der IHK Hannover)

Der IHK-Konjunkturklimaindikator für Niedersachsen gibt die Einschätzung der Unternehmen in Bezug auf die gegenwärtige und erwartete Geschäftslage wieder.

GRAFIK: PR.

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