SONO - Musik für erwachsene Hörer

Page 1

www.sonomagazin.de

Musik für erwachsene Hörer

NOV./DEZ. 2011

80.000 Exemplare

Roger Cicero Mehr Soul im Swing – die „Männersachen“ geben Gas

Keith jarretT Solo in Rio und die Magie des Moments

Ian Anderson „Das alles macht mich immer noch wütend!“

Anoushka Shankar Eine Sitar auf dem Weg nach Spanien

Außerdem: George Benson, U2,

Peter Gabriel, Michel Godard u. a. Und immer: CD-Besprechungen und Tourneedaten aus Pop, Rock, Klassik und Jazz!


JAZZ-KLASSIKER

EINGEBOXT! Für diese streng limitierten Boxen sollten Jazz-Fans unter dem Weihnachtsbaum Platz freihalten!

The Real Jazz ! k c a B s I

oleman e McCoy Tyner C an tr ol C e lic A p e Archie Shep e s M in g u s D u k rl a h C tt e rr a J e rs H a w k in s K e it h P h a ro a h S a n d n to il m a H o ic t A yl er E ll in g to n C h R o b er ts A lb er rd a w o H es lv ilt sa Pa u l G o n Sonny Rollins M te hi W el ha ic M Terr y Freddie Hubbard ad Jamal Clark m h A n so el N r ve Brown Jackson Oli Gabor Szabo Mel ey k la B rt A es llen n Hank Jo tis Fuller Steve A ur C n w ro B n io Handy Sonny Stitt Mar irley Scott John Sh ss ri C y nn So Elvin Jones

ltlabels: Jubiläum des Ku Zum fünfzigsten r CD ! e Alben auf eine är nd ge le ei zw ls • Jewei s Remastering! • Neues digitale rb-Booklet! al-Artwork im Fa in ig Or s te et pl m • Ko .de

www.impulse50

Sie bleiben die Größten: Louis Armstrong, Ella Fitzgerald, Billie Holiday, Charlie Parker und Sidney Bechet! Die fünf prächtigen Boxen der neuen THE JAZZ MASTERS-Serie gehen zurück in die 30er bis 50er Jahre und präsentieren auf jeweils 13-15 CDs digital neu remastert das Komplettwerk dieser Künstler. Die erstaunlich preiswerten Boxen enthalten zudem prachtvolle, ausführliche Booklets! WES MONTGOMERY’s Verve-Alben gelten als die Meisterwerke des unvergessenen Gitarristen. Das 5-CD-Set MOVIN’: THE COMPLETE VERVE RECORDINGS beinhaltet alle acht Alben wie “Movin’ Wes”, “Bumpin’”, “Tequila” und “The Dynamic Duo”, remastert und mit reichlich Bonustracks in einem ausführlichen, reich illustrierten Hardcover-Buch (19 x 19 cm).

Zum 50. Jubiläum vollendet Impulse seine JOHN COLTRANEBoxenserie! THE ORIGINAL IMPULSE ALBUMS 4 & 5 enthalten jeweils fünf Albumklassiker und runden damit das Gesamtwerk des Saxophonisten ab: “Expression”, “Live at the Village Vanguard Again!”, “Om”, “Cosmic Music”, “Selflessness”, “Live in Seattle”, “Sun Ship”, “Transition”, “Infinity” und “Live in Japan”. Der swingendste schwarze Kasten aller Zeiten! Alle zwanzig Folgen der erfolgreichen ORIGINAL JAZZ CLASSICS REMASTERS in einer Box, mit einem nahezu unglaublichen Preisvorteil! Jedes der hier enthaltenen Alben von Top-Stars wie MILES DAVIS, SONNY ROLLINS, CHET BAKER, ART BLAKEY usw. ist ein Klassiker und wurde neu digital remastert!

www.jazzecho.de


inhalt Zunächst das Wetter: Golden scheint die Herbstsonne durch das Münchner Redaktionsfenster, ein prächtiger Altweibersommer. Dann die Stimmung: Ist auch ganz gut, denn die musikalische Saison wartet mit vielen Prominenten und noch mehr Künstlern auf, die endlich entdeckt werden wollen. Da heißt es, eine Auswahl treffen: Alte Recken und junges Blut, klas­sischer Jazz und modernes Entertainment, Weltmusik und Kammerklänge, alles unter einem Dach. Und dazu so manches Schmankerl, das über diesen Horizont hinausreicht. Lassen sie sich also ruhig zum Schmökern verführen. Denn wenn uns das gelingt, haben wir unsere Mission erfüllt!

Als Camille Mutter wurde,

Ralf Dombrowski Chefredakteur SONO

schürft bei Freud und Dali,

klang plötzlich alles anders

20

die sono -liste

Mussorgskys „Bilder einer Aus-

22

stellung“ im neuen Gewand Jazz trifft bei Michel Godard , auf Alte Musik und die

24

Ideen Monteverdis

In Anoushka Shankas Welt

4

News aus der Welt der Musik

Camille

Das radio.string.quartet.vienna

26

ein traumhaftes Projekt

trailer

10

lernt die Sitar spanisch

28

CD - Rezensionen Ro ck , Pop & Co.

leserpost/IMPRESSUM

Lob, Kritik und Wissenswertes In Rio spielte Keith Jarrett eines der Konzerte seines Lebens Jethro Tulls Ian Anderson denkt an die Kirche und an „Aqualung“ Entertainment ist eine Kunst

finden Alsmann, Cicero, Tukur

5

Jeff Bridges, Theo Bleckmann, Superheavy,

6

Daniel Barenboim, Hélène Grimaud, Sharon

8

10 12

Der Grübler Peter Gabriel feilt weiter am Gesamtkunstwerk

CD - Rezensionen Kl a ssik

14

Malcolm Braff, Chick Corea, Brad Mehldau Rudresh Mahanthappa, Stefano Bollani u.a. schat z truhe Neue Boxsets, Serien und Sampler Mediamix Neue Bücher, Spiele und DVDs

15

Berlin hatte für U2 die nötige Frischzellenkur parat

16

Vergesst die Stones! Die Stadionrocker Coldplay, Kings of Leon RHCP machen das Rennen

18

Michel Godard

36 38 42

Tourneen Pop Ina Müller, Saga, Tok Tok Tok, Wilco, u.a.

46

10

Stadionrocker

14

radio.string. quartet. vienna

Tourneen Kl a ssik Lisa Batiashvili, Nigel Kennedy, Alice Sara

Irma, Alexander von Hagke, Duo Gazzana

8

CD - Rezensionen Ja z z & world

Ott, Martin Stadtfeld, Ingolf Wunder u.a.

neue gesichter

34

Isbin, David Orlowsky, David Garrett u.a.

Tony Christie, Bob Dylan, Jean Michel Jarre,

Diesmal singt George Benson kaum, greift dafür in die Saiten

30

Udo Lindenberg, John Watts u.a.

48

Tourneen Ja z z Jan Garbarek, Tringvall Trio u.a. Rückblick: Badi Assad Promi- Hörer-Steckbrief Fantasy-Autor Kai Meyer

E x k l us i v f ü r Abo n n e n t e n : 16 Seiten SONO plus

49 50

3


Trailer

Björk ist die Zukunft, R.E.M. schon Vergangenheit. Die eine feilt am eigenen Musik-App, die anderen haben vorerst die Segel gestrichen.

Christoph Schlingensiefs Operndorf in Burkina Faso wächst und wächst. Sir Cliff Richard (l.) hilft gerne und singt am liebsten Souliges.

D

ie Feuilletons haben geweint. Denn R.E.M. haben sich aufgelöst, und damit ging für manchen Redakteur ein „kleines Wunder der Pop-Geschichte“ (Süddeutsche Zeitung) zu Ende. Michael Stipe, Sänger und Vordenker der US-amerikanischen Edelrocker, nahm es allerdings gelassen. „Wie ein weiser Mann einmal sagte: Die Kunst ist es zu wissen, wann es Zeit ist, die Party zu verlassen“, gab er zu Protokoll und verwies darauf, dass 31 Jahre und 15 Alben mit einer Band genug seien. Man trenne sich in Freundschaft, hieß es weiter, und wer noch einmal die ganze Pracht des R.E.M.-Sounds genießen wolle, der könne ja zum frisch kompilierten AbschiedsBest-Of-Album „Part Lies, Part Heart, Part Truth, Part Garbage, 1982–2001“ greifen. There’s no biz like showbiz! Paul McCartney hat ein Ballett geschrieben. Es heißt „Ocean’s Kingdom“ und ist das erste Werk

4

des Liverpoolers für die Welt des Tanzes. Den Auftrag dazu gab das New York City Ballet, das sich auch um die Uraufführung am 22. September in New York kümmerte. Gerade einmal zwei Monate soll McCartney für die Entwürfe gebraucht haben, die er dann zusammen mit dem Dirigenten John Wilson in eine Orchesterpartitur verwandelte und dem Leiter des New York City Ballet für die Bühne präsentierte. Die Kostüme übrigens designte McCartney-Tochter Stella , die in diesen Tagen auch sonst viel zu tun hatte. Schließlich wollte Papas dritte Ehefrau Nancy Shevell, die der Ex-Beatle am 9.Oktober in London geheiratet hat, ebenfalls im schicken Kostüm antreten. Jamie Oliver hat ihn schon erhalten und auch Robin Gibb. Und Prince Charles. So befindet sich Cliff Richard in guter Gesellschaft, wenn er am 4. November in Düsseldorf den Ehrenpreis des Deutschen Nachhaltigkeitspreises

überreicht bekommt. Der Künstler und Entertainer, der nicht zuletzt wegen seines humanitären Engagements von Queen Elizabeth II in den Adelsstand erhoben wurde, wird damit unter anderem für die weitreichende Unterstützung geehrt, die er wohltätigen Organisationen zukommen lässt. Allerdings wäre es nicht wirklich

Die zahl

30,1 % der Fernsehzuschauer hätten gerne Helge Schneider als neuen TatortKommissar im Ruhrpott. In einer repräsentativen Umfrage des Medienportals Blickpunkt:Film konnte der Komödiant und Querdenker sich knapp vor Armin Rohde (27,9 Prozent) platzieren. Andere Musikerkollegen blieben wie Marius MüllerWesternhagen (10,3 Prozent) und Herbert Grönemeyer (6,6 Prozent) weit abgeschlagen in der Gunst der Krimi-Freunde.

nachhaltig, wenn Cliff Richard angesichts der Gala nicht auch einen Teil des Programms von „Soulicious – The Soul Album“ vorstellen würde. Apropos Nachhaltigkeit: Die Sängerin Björk, Islands Königin der Illusion, hat ihr neues Album „Biophilia“ zuerst nur als App veröffentlicht. Denn das Virtuelle macht weniger Müll, vielleicht aber auch nicht so viel Spaß. Deshalb kam die CD dann doch noch hinterher. Es war einer der Träume des im vergangenen Jahr gestorbenen Theaterpioniers Christoph Schlingensief : ein Operndorf in Burkina Faso, ganz real und zugleich eine „soziale Plastik“. Am 8.Oktober nun wurde diese Vision ein wenig mehr zur Wirklichkeit. Denn da öffnete die vom Architekten Francis Kéré entworfene Dorfschule ihre Pforten. Und auch sonst wird eifrig weiter gearbeitet, wie etwa in der vom Goethe-Institut geförderten „Dodo Opera Connection“, in der der Theateraktivist Wilfried Bambara Künstler und über 70 Jugendliche der umliegenden Dörfer in Tanzund Gesangsprojekte integriert. Das Operndorf wächst.

Foto: Corbijn

Während Modesignerin Stella McCartney gerne Modells betrachtet, hat Papa Paul in New York Spaß bei den Proben zu seinem Ballett.


leserPost Mehr junges Blut

Der Blender

Echt der Hammer

Betrifft: SONO allgemein

Betrifft: Nigel Kennedy in SONO 4/11

Betrifft: Sono-Liste in SONO 3/11

Erst ein Kompliment: Sie machen ein wirklich schönes Heft! Dann auch Kritik: Warum kommen so wenig jüngere Rockthemen vor? Ich bin zwar aus dem Hitparadenalter raus. Aber das heißt ja nicht, dass ich nicht noch was Neues entdecken möchte. Also nur Mut zu jungem Blut! Heinz Beierlein, per eMail

Also, ich will ja nicht meckern, aber Nigel Kennedy ist nun wirklich ein Blender. Mir kommt er vor wie ein Geiger, der nicht übt, und deshalb alles Mögliche spielt. Da hätte man ihm ruhig mal ein bisschen auf den Zahn fühlen können! Annemarie Liephold, Potsdam

Ihre SONO-Liste ist ein echtes Schmankerl! Dass da auch mal so Leute vorkommen wie Joni Mitchell , die ja sonst gerne bei all den Lady Gagas vergessen werden! Ich habe mir jedenfalls gleich mal ein paar von diesen Tipps bestellt und Joni Mitchell, Joe Jackson und Steve Hackett sind echt der Hammer. Freue mich schon auf die nächste Liste! Anselm Schuster, per eMail

Sehr ehrlich Swingt ordentlich

Betrifft: Chris Rea in SONO 4/11 Ich war sehr beeindruckt, wie selbstverständlich Chris Rea Manche brauchen dafür ein ganin ihrem Interview über seine zes Buch, aber der Beilage vom letzten SONO Heft ist es gelungen, Krankheit und den Tod geredet die Geschichte des Swings wirkhat. Solche Themen werden bei lich spannend und unterhaltsam Künstlern in der Öffentlichkeit auf wenigen Seiten darzustellen. von den Hochglanzblätter ja oft Ich habe das mit viel Vergnügen verschwiegen. Dabei machen sie sie erst richtig menschlich. gelesen! Klaus Friedemann Strate, Essen. Projekt1:Layout 1 13.10.2011 11:54 amHeinemann, Seite 1 Trittau Betrifft: SONOplus

!

Ihre meinung ist uns wichtig! Haben Sie Fragen, Kritik, Anregungen oder Ergänzungen zu den Artikeln in SONO? Dann schreiben Sie uns – die Redaktion freut sich auf ihr Feedback unter post@ sonomagazin.de oder per Post an Inmedia, Redaktion SONO, LucileGrahn-Str. 37, 81675 München

I m p r e s su m Verl ag: INM EDIA Verlagsund Redaktionsbüro GmbH Lucile-Grahn-Str. 37 81675 München Telefon 089 / 457 261-0 Fax 089 / 457 261-50 Mail post@sonomagazin.de Herausgeber: Günter F. Bereiter Redaktion: Ralf Dombrowski (r.dombrowski@inmedia.de, Tel. 0 89 / 45 72 61-41) Autoren dieser Ausgabe: Guido Fischer, Sascha Fröhlich, Raoul Gulbenkian, Paul Hammerthal, Wolf Kampmann, Jörg Laumann, Reinhard Lemelle, Felix Marondel, Gunther Matejka, Christiane Rebmann, Christian Stolberg, Steffen Rüth, Hans-Jürgen Schaal, Robert Wallner Bildredaktion: Fritz Osskar Termine: Michael Sailer Design: Arndt Knieper Produktion: Viola Müller-Hergerdt Anzeigenmarketing: Maren Kumpe (m.kumpe@inmedia.de, Tel. 089 / 457 261-35) Abo + Vertrieb: Susanne Lanzinger (s.lanzinger@inmedia.de, Tel. 0 89 / 45 72 61-45) Druck: Augsburger Druckhaus ADV Aindlinger Str. 17–19 86167 Augsburg SONO erscheint sechsmal jährlich

www.petergabriel.com


Keith Jarret t

Das Rio-Erlebnis Eigentlich wäre Bach an der Reihe gewesen. Und auch ein Album im bewährten Trio steht auf der Warteliste. Aber dann spielte Keith Jarrett ein Konzert in Rio de Janeiro und war selbst so fasziniert, dass er alles andere vertagte. Von Ralf Dombrowski

E

s sollte eine kleine Tournee im vergangenen Frühjahr werden. Drei Termine in Südamerika, São Paulo, Rio de Janeiro und Buenos Aires, drei der raren Solokonzerte, die Keith Jarrett selbst streng kontingentiert, um nicht in eine Routine der Gestaltung zu verfallen. Für die Fans in Brasilien war das eine Sensation, schließlich hatten sie mehr als zwei Jahrzehnte warten müssen, bis der anspruchsvolle Pianist zum überhaupt erst zweiten Mal in ihrem Land gastierte. Jarrett selbst hatte das Gefühl, dass er noch einen Koffer in Brasilien hatte, und so waren die Voraussetzungen gut für ein paar außergewöhnliche Konzertgastspiele. São Paulo klappte gut, Buenos Aires auch, aber der Abend in Rio de Janeiro fiel aus dem Rahmen. „Ich hatte zuvor nicht wirklich eine Vorstellung davon, was das bedeuten sollte, aber dann war mir klar: Dieses Konzert ist es!“ meint Keith Jarrett in der Rückschau. „Alles, was ich in Rio gespielt habe, ist improvisiert und es führt schlicht kein Weg dorthin, zu diesem speziellen musikalischen Platz ein zweites Mal zurückzufinden, nicht in einem anderen Land, nicht in einem anderen Saal, mit einem anderen Publikum oder in einer anderen Nacht.“

entfalten ließ, um sie in einem Fluss der Energien am Ende wieder zusammenzuführen. Keith Jarrett betont, dass er beim Spielen selbst nicht wusste, was er tat, am Ende aber ein Konzert formte, das alles hatte, was er sich als Künstler wünschte. Denn die Aufnahme aus Rio fühle sich auch aus der Distanz noch gut an, „ jazzig, ernsthaft, sanft, spielerisch, warm, ökonomisch, energetisch, leidenschaftlich und mit der brasilianischen Kultur auf einzigartige Weise verknüpft. Der Sound in der Halle war exzellent und ebenso das enthusiastische Publikum.“

Der magische Moment Es ist das Mysterium des Spontanen und es führte dazu, dass der Pianist sich in Rio auf ungewohnt streng gegliederte Weise in Form spielte. Wo er früher große Bögen spannte, indem er lange Passagen oft aus einem initialen Motiv entwickelte, es in Farben, Formen, Dynamiken variierte und mit kontrastiven Elementen konfrontierte, bevorzugte er in Rio einzelne Stücke, 15 improvisierte Albumblätter, die er jedes für sich sich emphatisch

6

Ganz bei sich und bei der Kunst: Der junge Keith Jarrett definiert das Solo-Konzert

„Ich hatte zuvor nicht wirklich eine Vorstellung davon, was das bedeuten sollte, aber dann war mir klar: Dieses Konzert ist es!“

Ein Glücksfall also und doch auch das Ergebnis langjähriger Erfahrung. Denn Jarrett gehört zu den Mitbegründern des kammerjazzigen Solokonzerts, das er in der stilistischen Phase der Verinnerlichung im Anschluss an den extrovertierten freien und den lümmelig lärmenden Jazz entwickelt hatte. Viele Entwicklungsstränge liefen damals in den frühen 70er Jahren zusammen, zum einen das Bedürfnis nach einer neuen Individualität und Privatheit der Musik, nachdem man sie jahrelang in den Dienst


jungen, überaus begabten Keith Jarrett, der nach dem rasanten Aufstieg in Bands von Charles Lloyd bis Miles Davis nach einer veränderten, eigenen Identität suchte. Mit einer Prise Romantik im auditiven Cortex startete er eine ganze Reihe von Solokonzerten, traf damit auf eine Empathie des Publikums, das sich diesen Klangreisen verbunden fühlte, und schuf vor allem mit dem pathostrunkenen Kölner Konzert vom 24.Januar 1975 einen Monolithen der künstlerischen Selbstoffenbarung, der weit über die engen Kreise der improvisierenden Musik hinaus die Menschen bei der Emotion packte.

Ein lebenslanges Projekt Seitdem kehrt Keith Jarrett in verschiedenen Näherungen alternierend mit der Arbeit im Trio zu den Soloprojekten zurück und erforscht die Dimensionen des Konzepts aus

T h e K ö l n Co n c e rt Dauerbrenner des Spontanen Das Konzert, das Keith Jarrett am 24. Januar 1975 in der Kölner Oper spielte, war ein Glücksgriff. Zwar hatte der Pianist bereits in Lausanne, Bremen und andernorts seine Improvisationen präsentiert. Manchem Spezialisten gelten die Aufnahmen dieser Abende als die eigentlichen Sternstunden jener Solojahre. In Köln jedoch brachte Jarrett seine künstlerische Idee so pfiffig auf den Punkt, das ihn im Anschluss daran auch das große Publikum ins Herz schloss.

des Poltischen, Engagierten, Öffentlichen gestellt hatte. Ein bisschen Genietypus durfte ruhig auch dabei sein, die Absetzung vom Diktat des Afroamerikanischen, die Idee des Konzertanten, des Hochkulturellen, letztlich eine Abkehr von den Werten des überhitzten vorangegangenen Jahrzehnts, das mit dem offensichtlich scheiternden Vietnamkrieg, den unheilvollen Prophezeiungen des Club of Rome von den Grenzen des Wachstums die Bedürfnisse der Menschen nach Ruhe, Einkehr, Bedeutung multiplizierte.

Zufriedenheit ist harte Arbeit. Keith Jarrett stellt hohe Ansprüche an sein Publikum, aber auch an sich selbst. Das Los des Genies.

Die Möglichkeiten rasant sich verbessernder Aufnahme- und Wiedergabetechniken trafen damals auf den jungen Produzenten Manfred Eicher, der diese Notwendigkeiten erkannte, und auf den ebenfalls noch

wechselnden Perspektiven, noch immer streng dem Dogma des Spontanen folgend, bis hin eben zu dem Abend in Rio, den er in einer Dramaturgie der Kontraste von impressionistischen Flächen und bluesigen Exkursen, balladenhaften und gospelig-funkigen, weit schweifenden und kompakt verdichtenden Kapiteln fließen ließ. Es ist diese Vielfalt der improvisierten Angebote, versöhnlich im Impetus und von einem aufbrausend enthusiastischen Publikum begleitet, das „Rio“ eine besondere Atmosphäre verleiht und auch als Livedokument mit einer Aura des Besonderen umgibt. Und den Künstler rundum zufrieden macht. Neu: Das Doppelalbum „Rio“ (ECM/Universal) mit dem Live-Mitschnitt des spektakulären Konzerts erscheint am 4.November.

7


Je thro Tull

„Das alles macht mich immer noch wütend!“ Mit „Aqualung“ überschritten Jethro Tull die Schwelle zum Erfolg. Jetzt wird der Album-Klassiker wiederveröffentlicht, aufwendig restauriert in neuer klingender Pracht. Bandleader Ian Anderson erinnert sich im Gespräch mit SONO an dessen schwere Geburt. Interview: Christian Stolberg

das gewisse Feeling in der Musik fand, das ich haben wollte. „Aqualung“ ist zwar kein Konzeptalbum, aber es hat doch ein eindeutiges und durchaus ungewöhnliches Zentralthema: Ihre Auseinandersetzung mit der organisierten Religion. War das von vorneherein so geplant?

Nein, aber es war unvermeidlich – denn das waren Dinge, die mir damals ständig durch den Kopf gingen. Ich hatte sehr widerstreitende Gefühle und Gedanken, was das Christentum anbetraf, und sie verwirrten mich, so ähn-

I

an, dies ist nicht die erste Anniversary-Edition von „Aqualung“ – zum 25. gab’s auch schon eine. Was bedeuten Ihnen selbst diese Jubiläen?

Mir persönlich sind sie im Grunde ziemlich egal. Die Plattenfirmen nutzen sie natürlich, um ältere Titel wieder in Umlauf zu bringen. Die neue „Aqualung“Edition hat aber auch für mich persönlich besondere Reize, weil wir dank der neuen Technologien endlich den Klang hingebracht haben, der mir seinerzeit schon bei der Aufnahme vorschwebte. Damals mussten wir aus rein technischen Gründen eine Reihe von Kompromissen machen, die mir überhaupt nicht behagt haben. In den neuen Mixen klingt das alles um Welten besser. Was für Erinnerungen kommen in Ihnen hoch, wenn Sie diese Songs nun wieder hören?

8

Clown mit Tiefgang: Ian Anderson spart nicht mit klaren Worten Foto: Corbis

Offen gestanden keine so besonders erfreulichen, obwohl ich auf dieses Album sehr stolz bin. Aber es war keine leichte Geburt: Die Räume waren feucht und kalt, die Akustik im Studio ziemlich unbefriedigend. Ich hatte bald einen satten Schnupfen, und die Band brauchte lange, bis sie unter diesen Umständen


Officium Novum

war. Übrigens war es damals auch nur in Deutschland und im Vereinigten Königreich so, dass „Locomotive Breath“ das Zugpferd von „Aqualung“ wurde. Die Amerikaner fuhren erst mehr auf „Crosseyed Mary“ ab, und in Italien und Spanien war „My God“ sehr populär. „Aqualung“ war das Album, das für Jethro Tull den endgültigen Durchbruch in Stadiondimensionen brachte. Hat Sie das über-

Jan Garbarek

and the Hilliard Ensemble

07.11. MÜNCHEN Lukaskirche

08.11. AUGSBURG lich wie die widersprüchlichen Emotionen in der Pubertät einen umtreiben. Mir ist eigentlich auch erst im Nachhinein klar geworden, wie sehr das Album von diesen Themen geprägt ist. Viele Leute behaupten ja bis heute, es sei ein Konzeptalbum, aber das ist schlicht nicht wahr!

„Wir haben dank der neuen Technologien endlich den Klang hingebracht, der mir seinerzeit schon bei der Aufnahme vorschwebte“ Wie stehen Sie 40 Jahre später zu dem, was der 24jährige Ian damals über die Anglikanische Kirche von sich gegeben hat?

Gut, ich habe heute nicht nur deutlich weniger Haare auf dem Kopf, sondern auch ein paar Flausen weniger im Sinn. Aber in den wesentlichen Punkten hat sich meine Meinung nicht geändert. Ich war ja kein Teenie damals, sondern immerhin schon

Heilig Kreuz Kirche

Jethro Tull schminkten sich alt, als alle jung sein wollten. Ian Anderson (r.) ist noch immer der Derwisch der Rockflöte.

09.11. WÜRZBURG 09.

Johanniskirche

10.11. NÜRNBERG

G. Adolf Kirche

ein junger Erwachsener, der alt genug war, um Auto fahren zu dürfen und bei Bedarf in den Krieg geschickt zu werden. Auch heute noch finde ich vieles an den Amtskirchen haarsträubend: die Überalterung ihres Führungspersonals, dass bei Anglikanern und Katholiken Frauen noch immer vom Klerus ausgeschlossen sind und so weiter und so fort. Das alles macht mich immer noch wütend. Andererseits sollten wir nie vergessen, wie sehr unsere Geschichte von den Kirchen geprägt ist. Und so laut ich vieles kritisiere, so wichtig ist es mir, etwa durch Benefizkonzerte meinen Beitrag zu leisten, um alte Kirchenbauten zu erhalten. Trotzdem: Der Reformbedarf in den Kirchen ist gewaltig! War Ihnen klar, als sie „Locomotive Breath“ fertig komponiert hatten, dass da etwas Besonderes im Entstehen war, dass dieser Song ein Klassiker werden könnte?

Ich war schon sehr zufrieden mit dem Song, den späteren Hit habe ich aber nicht gerochen, auch weil er in meiner ursprünglichen Vision ruhiger und fast rein akustisch instrumentiert

12.11. HAMM

Pauluskirche

rascht, angesichts der schweren Thematik?

Wir haben das erst gar nicht so mitbekommen, weil es sich auch nicht über Nacht vollzogen hat, sondern nach und nach passierte. „Aqualung“ war ein „Slow­ burner“, wie wir das in England nannten.

13.11. ESSEN

Ev. Kirche Katernberg

11.12. STUTTGART Markuskirche

info: 06221 25672

www. bremme-hohensee.de

Sie spielen einige der Songs ja auch noch heute noch in Ihren Konzerten. Wie fühlt sich das für Sie an nach 40 Jahren?

In aller Bescheidenheit: Die Substanz der Songs ist doch immerhin so gut, dass man sie in immer wieder neuen, anders akzentuierten Arrangements spielen kann. Und das hält sie dann auch für mich frisch. Neu erscheint:am 28. Oktober Jethro Tulls „Aqualung“ (EMI) als remasterte Doppel-CD-Edition und als 40th Anniversary Deluxe Edition mit einer 180g-LP, zwei CDs, jeweils einer Audio-DVD und Audio-Blu-Ray inkl. unveröffentlichtem Material, verschiedenen Mixen und einem 48seitigen Hardcover-Booklet.

9

16.11. KÖLN Philharmonie 23.11. ZÜRICH Neumünster 02.12. WIEN Konzerthaus 03.12. MÜNCHEN Herkulessaal 04.12. HALLE Oper 07.12. HANNOVER Markuskirche Das neue Album 08.12. HEIDELBERG Heilig Geist Kirche info: 06221 25672 www. bremme-hohensee.de


That’s Entertainment! Dezent fing es in der 90ern mit Künstlern wie Max Raabe an. Inzwischen hat deutsches Entertainment auch jenseits des Schlagermarktes wieder Konjunktur. Ein Seitenblick auf drei Protagonisten dieses Musikherbstes. Von Ralf Dombrowski

V

or fünf Jahren ging es für Roger Cicero richtig los. „Männersachen“ wurde veröffentlicht, ein Album, das aus der Rückschau wirkt, als wäre es genau für ein verändertes Bedürfnis erwachsener Hörer konzipiert worden, die angesichts rasant sich beschleunigender Download-Beliebigkeit ein wenig Originales mit einem Hauch von Nabelschau und der nötigen Portion machistischer Larmoyanz zum selbstkritischen Beschmunzeln suchten. „Tatsächlich war das für mich ein Experiment“, erinnert sich der Sänger und Entertainer aus heutiger Sicht. „Zuvor hatte ich mich immer irgendwie in den Dienst von anderen gestellt. Das wollte ich nicht mehr, sondern an meiner eigenen Karriere basteln. Und so stand schnell die Idee im Raum, ob ich es mal mit deutschsprachigem Swing versuchen sollte. Nun waren bereits andere Pioniere wie Götz Alsmann an der Grenze von Swing und Pop unterwegs, aber das war ein anderer Sound, Chanson-Schlager-JazzSwing der 20er bis 40er. Wir wollten eher den typischen Big-Band-Swing, da hatte ich auch schon etwas Erfahrung. Dieser Mischung aus großer Band, Swing, Pop und etwas Soul sind wir dann über drei Alben hinweg treu geblieben. Diese vier Zutaten sind weiterhin im Topf, wurden aber für „In diesem Moment“ neu vermengt und mit einer anderen Kelle verrührt.“ Außerdem wurden ein paar neue Köche hinzugefügt. Kiko Masbaum, bekannt unter anderem von seiner Arbeit mit Unhei-

Mit „Männersachen“ gegen den Rest der Popwelt: Der Big-Band-Swing hat Roger Cicero in die großen Hallen geführt. Nun ist er „In diesem Moment“ angekommen.

10

lig, stieß als Produzent zum Team, versierte Arrangeure wurden gewonnen, „um den BigBand-Sound ein wenig aufzubrechen“. Der neue Roger Cicero ist also ein bisschen noch der alte, vor allem in der Tendenz, seine Texte pointiert, aber nicht zu exaltiert zu gestalten. Ansonsten dominieren Soul und Pop im orchestralen Gewand, präsent gemischt und durchaus mehrheitsfähig.

K

ollege Götz Alsmann hingegen präsentiert sich noch ein wenig puristischer als bisher. „Die Idee, ein wirklich durchgestyltes Konzeptalbum zu machen, stand immer wieder mal im Raum. Als dann die Idee mit Frankreich kam, war das etwas, wo man am wenigsten nachdenken musste. Das fühlte sich gleich so organisch, total gut an. Lass uns nach Paris fahren und dort Chansons suchen! Natürlich, nichts könnte selbstverständlicher sein!“ Als bekennendem Nostalgiker war es Alsmann klar, dass Recherche und Aufnahme vor Ort stattfinden mussten. Sänger und Band packten ihre Sachen, ließen sich als Wanderzirkus im Traditionsstudio Ferber nieder und machten sich daran, Lieder von Charles Trenet, Yves Montant oder auch Charles Aznavour in ein deutsches Bar-Jazz-Gewand zu kleiden. Die Stimmung in den Räumen des Komplexes war ebenso pittoresk wie inspirierend. „Da steht ein Flügel“, erinnert Alsmann sich weiter, „angeblich sollen auf dem schon Gilbert Becaud und Charles Aznavour gespielt haben. Ich sage, dieser Flügel hat schon Johannes Brahms persönlich gekannt.“ Künstler und Instrument gewöhnten sich aneinander, ebenso wie die 15 Lieder, die Alsmann und sein Quar-

Foto: Mathias Bothor

Cicero · Al smann · Tukur


Die Pomade passt zum Konzept: Götz Alsmann schlendert musikalisch swingend durch Paris und landet damit in der Bar der Nostalgie. Voilà, un homme!

Musik mit auf den Weg und taucht in eine Klangwelt ein, die im akustisch befrackten Bar-Swing-Gewand von „Liebling, was wird nun aus uns beiden“ bis „Ich steh im Regen“ führt. Auf Charles Trenets „Que reste-t-il de nos amour?“ textet er gar seinen eigenen galan­ten Epilog. Zieht man zu Cicero, Alsmann und Tukur Phänomene in Betracht wie dass alte Recken wie Udo Lindenberg es wieder in die Hitparade schaffen und Annette Humpe mit Max Raabe fabulierend fusioniert, fällt das Fazit beinahe euphorisch aus. Denn wer sich dieser Tage niveauvoll unterhalten lassen will, hat gute Chancen, den richtigen Songs fürs nostalgisch zeitlose Gemüt zu finden.

tett anstimmten. „Es gibt mehr Schnittstellen, als man glaubt. Wenn man sich vorstellt, dass schon in den 30ern französische Chansons ins Deutsche übertragen wurden, deutlich liebevoller und originalgetreuer als die USamerikanischen Schlager dieser Zeit, dann merkt man doch, wie früh man Notiz davon nahm.“ Nun also „In Paris“, mit Klassikern und Randnotizen des bilateralen Musikverständnisses, wie gewohnt stilvoll souverän gespielt und mit etwas Pomade im Konzept. Aber diese Konsequenz ist es ja, warum der Entertainer Alsmann so unterhaltsam ist.

ter Besinnlichkeit, Sie tanken die Kraft, die Sie nötig brauchen, um mit rebellischer Entschlossenheit eine marode Welt durch eine neue, anmutigere zu ersetzen.“ „Coraggio e buon divertimento!“ gibt Tukur als Motto der

Neu: Götz Alsmann „In Paris“ (Blue Note/ EMI) erscheint am 21.Oktober, Roger Cicero „In diesem Moment“ (Warner) folgt am 28. Oktober. Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys „Musik für schwache Stunden“ (Trocadero/Indigo) ist bereits seit 23. September erhältlich.

Männer auf verlorenem Posten: Ulrich Tukur (ohne Eis) spielt mit den Klischees der heilen Welt und macht daraus einen bittersüßen Fluchtraum der Melancholie

Auf Tournee zu erleben: Götz Alsmann: Tourneestart 21. Oktober 2011 (Dortmund). Roger Cicero & Big Band: Tourneestart 23. Feb­ ruar 2012 (Timmendorf). Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys: Tourneestart 28. November 2011 (Hamburg)

M

it Stilisierung hat auch der dritte im Bunde der souveränen Selbstdarsteller viel Erfahrung. Ulrich Tukur, Schauspieler, zuweilen Tatort-Kommissar, pflegt schon seit den späten 90ern mit seinen Rhythmus-Boys die Kunst der nostalgischen Unterhaltung. Das hat ihm sogar Jazz-Awards beschert, auch wenn die Musik deutlicher in der Tradition des Varietés als des improvisierenden Untertagebaus steht. Er selbst jedenfalls nimmt es mit einem Quäntchen Ironie, beschert dem goldenen Herbst „Musik für schwache Stunden“ und heftet dem Programm ein Augenzwinkern ans Revers. „So grau und trüb kann kein Tag, so schwach keine Stunde sein, dass sie nicht von Ulrich Tukur und den Rhythmus-Boys in ein heiter-lichtes Fest verwandelt würden. Hier haben Sie nicht nur Momente schöns-

11


Pe ter Gabriel

Hits ohne Beats Mastermind ist das falsche Wort. Peter Gabriel ist eher eine Mischung aus Sinnsucher, musikalischem Pfadfinder und Filou. Und er liebt das Orchester. Von Christiane Rebmann

A

ls Peter Gabriel im vergangenen Jahr sein Album „Scratch My Back“ mit Coverversionen der Songs seiner Lieblingsmusiker herausbrachte, kündigte er an: „So, jetzt drehe ich den Spieß um und bitte die Kollegen, meine Songs zu interpretieren. Das wird mein nächstes Album.“ Dann aber hat der 61jährige Brite sich für sein neues Werk „New Blood“ umentschlossen und eigene Songs im veränderten Klanggewand aufgenommen.

ein ganzes Album damit aufzunehmen.

Herr Gabriel, haben sich keine Kollegen gefunden, die Ihre Songs singen wollten?

Unter anderem nahmen Sie eine sehr filigrane Version ihres Liebesliedes „In Your Eyes“ auf.

(lacht) Doch. Ich habe jetzt die Hälfte zusammen. Da sind richtig schöne Sachen dabei: David Byrne singt „Not One Of Us“, Paul Simon „Biko“ und Lou Reed „Solsbury Hill“. Aber insgesamt dauert es länger, als ich geschätzt hatte. Die Idee zum jetzigen Album entstand dann, als wir meine letzte Tournee vorbereiteten. Wir stellten fest, dass wir außer den Coverversionen noch ein bisschen Material brauchten. Deshalb ließ ich meinen Arrangeur John Metcalfe auch einen Teil meiner eigenen Songs umarrangieren, wie die „Scratch my Back“-Versionen ohne Gitarre und ohne Schlagzeug. Und diese Arrangements gefielen mir so gut, dass ich mich entschied,

Das Stück bot sich für diese Art von Arrangement geradezu an.

12

Ich mag das rhythmische Element, das die Streicher diesem Lied geben. Es bekommt in dieser Fassung auch eine ausgeprägtere spirituelle Komponente. Das war mir wichtig. Eine Konsequenz des Älterwerdens?

Wenn Sie so wollen. Ich habe quasi den Mittelpunkt der Schwerkraft im Körper etwas mehr von unten nach oben verlagert. (lacht) Wenn man älter wird, ist Sex nicht mehr so ein ausgeprägter Motivator. Für Ihre neue Version des 86er Klassikers „Don’t Give Up“ holten Sie sich die norwegische Sängerin

Ane Brun ins Studio, die hier Kate Bush ersetzt. Können Sie sich noch an die Situation erinnern, in der Sie den Song schrieben?

Er entstand in dem Bauernhaus, das ich damals außerhalb von Bath gemietet hatte. Ich hatte mir vorher einen Bildband der Fotokünstlerin Dorothy Lange angesehen, Fotos von der Großen Depression, der US-Wirtschaftskrise von 1929. In den Song flossen aber auch meine persönlichen Probleme ein. Ich hatte damals mit Eheproblemen und einer Depression zu kämpfen. Sie kämpften und hatten Erfolg.

Ja, nach meiner Scheidung ging ich sechs Jahre lang in eine The-

Hits wie „Sledgehammer“ sind allerdings nicht mit drauf. Nach welchen Kriterien haben Sie die Songs für dieses Album ausgesucht?

Ich wollte nicht meine Hits mit Orchester. Ich suchte die Kompositionen aus, die nicht gerade traditionelle Popsongs sind. Ich fand, dass „San Jacinto“, „The Rhythm Of The Heat“ oder „Wallflower“ besser passen.

„Ich wollte nicht meine Hits mit Orchester. Ich suchte die Kompositionen aus, die nicht gerade traditionelle Popsongs sind“

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Peter Gabriel liebt es, sich musikalisch selbst zu kommentieren


rapie. Ich bin dadurch ein bisschen offener geworden für die Gefühle anderer Menschen.

fenden Ältestenrat, der für eine bessere Welt kämpfen will. Wie kommen Sie voran?

Zumindest die Zeit der Eheprobleme scheint passé. Sie leben seit einigen Jahren in zweiter Ehe mit zwei kleinen Söhnen. Spüren Sie hier und da noch etwas von den Depressionen?

Gerade versuchen wir, eine Zusammenarbeit mit der inter­ nationalen NichtregierungsOrganisation Avaaz aufzubauen. Protestbewegungen in Online-Petitionen eine Plattform zu geben, darin sehe ich die Zukunft.

Vor vier Jahren gründeten Sie gemeinsam mit Richard Branson The Elders, eine Art nationenübergrei-

Neu erschienen: Das Doppelalbum „New Blood“(Real World/EMI) von Peter Gabriel ist seit 7. Oktober erhältlich. Am 21. Oktober folgt die DVD „New Blood – Live In London“ mit der Konzertaufzeichnung vom März 2011 aus dem Hammersmith Apollo (siehe SONO Mediamix).

backstage-le ktü re

Nils Wülker Sind sie schon einmal nachts vor dem Fernseher aufgewacht und haben festgestellt, dass die Musik der blauen Stunde besser klingt als manches im Hauptprogramm? Dann sind sie wahrscheinlich bei der „Space Night“ gelandet, einem der vielen Projekte, bei dem Nils Wülker mitmischt. Denn der Trompeter aus Bonn gehört in Deutschland zu den gefragtesten Musikern seines Fachs. Im Handgepäck hat er zur Zeit einen amerikanischen Roman, für den die Kritik nur lobende Worte fand: „Aktuell lese ich ‚Freedom‘ von Jonathan Franzen im Original. Besonders faszinieren mit die Absurditäten und Abgründe im Alltag der Protagonisten vor dem Hintergrund aktuellen Zeitgeschehens. Für mich das Richtige, wenn ich im Tourbus sitze.“ Hörfutter: Nils Wülkers Album „6“, erschienen auf seinem eigenen Label Ear Treat.

verlosung

„In The Spirit Of Jazz“ Die Compilation „In The Spirit Of Jazz _ Magic Moments 5 “ enthält unter anderem die einzige Solo-Aufname des Pianisten Esbjörn Svensson. Wir verlosen drei Exemplare dieser famosen Komplilation mit Jazz und mehr für die langen Abende des Herbstes. Foto: York Tillyer

Manchmal. Ich habe dann das Gefühl, als wäre ich unter Wasser. Aber meistens bin ich viel entspannter als damals und fühle mich, als würde ich auf dem Wasser schweben.

Einfach eine Postkarte mit dem Stichwort „Spirit Of Jazz“ abschicken an: Inmedia, Redaktion SONO, Lucile-Grahn-Str. 37, 81675 München. Einsendeschluss ist der 10. November 2011.

13


George Benson

Der sanfte Riese Kaum zu glauben, aber George Benson steuert zügig auf die 70 zu. Eineinhalb Jahre vor dem runden Geburtstag zeigt er, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Von Sascha Fröhlich

E

r spielt „I Want To Hold Your Hand“, aber man hört eigentlich „Breezin’“. George Benson darf das. Denn unter allen US-amerikanischen Jazzmusikern der vergangenen vier Jahrzehnte hat es der Gitarrist aus Pittsburgh in Pennsylvania am überzeugendsten geschafft, auf dem Grat zwischen improvisierter Musik und Pop entlang zu balancieren. Einst als Wunderknabe in der Nachfolge von Wes Montgomery gefeiert, konnte man es ihm angesichts seiner verblüffenden Fingerfertigkeit am Instrument noch nicht einmal übel nehmen, als er in den frühen 80ern in den Hitparaden auftauchte. „Für mich gibt es nur Musik“, meint Benson aus heutiger Perspektive. „Ich muss immer daran denken, dass früher viele Popsongs, die in den USA ein Hit waren, mit Jazzmusikern aufgenommen wurden. So entstanden zum Beispiel viele Motown-Aufnahmen. Die Jungs, die da spielten, waren Jazzmusiker, die in Detroit

lebten. Man gab ihnen diesen Job, und sie erledigten ihn prima. Ich versuche, dasselbe zu machen. Egal was ich spiele, es soll natürlich klingen. Denn es gibt nur zwei Sorten Musik: gute und schlechte.“ Das ist ein Topos der Interviewgeschichte, aber er führt noch immer zum Wesent­ lichen zurück. Denn am Anfang aller als lässig empfundenen Musik stehen Künstler, die auch einmal loslassen können. George Benson hat diese Fähigkeit bei zahllosen Konzerten in aller Welt erworben und über die Jahre darüber hinaus seine Spielkompetenzen am Instrument weiter verfeinert. Wenn er ein Album nun „Guitar Man“ nennt, dann ist das zum einen ein Bekenntnis zu den Wurzeln seines Musikantentums, setzt aber auch die Latte hoch, an der er sich messen lassen will. Aufgenommen live im Studio mit überwiegend kleiner Band – nur an einigen Stellen ergänzt ein schmeichelndes Orchester im Ogerman-Stil die Aufnahmen –, spürt er dem Gefühl der Unmittelbarkeit nach und erweist sich abermals als souveräner Melodiker.

Hauptsache elegant Damit setzt er sich aber auch gleichzeitig die Grenzmarke. Denn so flüssig und leichtfingrig ihm die Lieder von „Don’t Know Why“ bis „Tequilla“ von der Hand gehen, so wenig wagen sie doch, über ein gewisses Maß der Expressivität hinaus zu gehen. Es ist die künstlerische Maske, die George Benson seit zwei Jahrzehnten angelegt hat, die freiwillige Selbstbeschränkung des Erfolgs, von der er sich auch bei „Guitar Man“ an vielen Stellen nicht lösen kann oder will. Wie sehr wünscht man sich manchmal den Hendrix im Manne, der dem Glanz ein wenig Bodensatz verordnet. Aber das erlebt man nur in den seltenen Momenten, wenn der Meister sich inkognito wie eines Nachts beim Jazzfestival in Montreal im Club blicken lässt. Und so bleibt es bei sanften, wenn auch wunderschönen Harmonisierungen wie etwa in den Balladen „Tenderly“ und „My One And Only Love“, die die Kunst des „Guitar Man“ prägen. Und das wiederum beherrscht George Benson elegant und geschmackvoll wie sonst kaum ein anderer Gitarrist der Jazzwelt.

Show gehört zum Geschäft. George Benson ist ein großer Poser, aber gut genug, um sich ein bisschen Eitelkeit leisten zu können.

14

Foto: Vince Ricardel

Neu: George Benson „Guitar Man“ (Concord/ Universal) erscheint am 21. Oktober 2011.


neue gesichter

Irma

Die Selbstbewusste [World Pop] Es muss ein Kulturschock gewesen sein. Vor acht Jahren kam Irma aus Kamerun nach Paris, eine Teenagerin vom afrikanischen Land in einer vor Eindrücken nur so sprudelnden Metropole. Erst einmal wurde sie umgeworfen von der normativen Kraft der Großstadt, aber dann entdeckte sie bald deren Chancen. Irma hörte sich so viel Musik an wie nur möglich und begann als Sängerin eigene Schlüsse daraus zu ziehen. „Letter To The Lord“ ist das Resultat dieser Orientierungsphase, ein Debüt, das Irma sogar zweimal aufgenommen hat, weil

Die Melancholie im Blick täuscht – Irma singt Lieder voller Energie

ihr die erste Version nicht gefallen hat. Die Themen ihrer Lieder behandeln das Allzumenschliche, von der Gleichgültigkeit des Alltags bis hin zur Leidenschaft der Zweisamkeit. Aber sie bringen die bekannten Themen derart auf den Punkt, wie man es seit Tracy Chapman nicht mehr erlebt hat. „Ich vermische in meinen Liedern alles was ich irgendwo aufschnappe: ein paar Sekunden aus dem Radio und Sachen, die ich auf der Straße höre. Ich verarbeite alles zu meinem ganz eigenen Style.“ Das sagen viele Künstler, aber nur selten trifft es so genau zu wie bei Irma. Ralf Dombrowski Irma „Letter To The Lord“ (Warner)

Alexander von Hagke Der Seitenspringer

[Jazz] Das Panzerballett ist harter Stoff. Sehr gut, aber braucht man nicht immer, befand der Münchner Saxofonist Alexander von Hagke. Mit eigenem Quartett gelingt es ihm nun auf „Loreley“, erfrischend moderne Kompositionen zu entfalten, die anders als bei den herben Kollegen den Fokus ganz auf die Feinheit der Melodieführung und die Ästhetik des Instrumentalklangs lenken. Damit schafft er Perspektiven für die eigene künstlerische Zukunft und empfiehlt sich als neue Kraft am Horn. Sascha Fröhlich

Römische Kunst: Natascia (l.) und Raffaella Gazzana

Alexander von Hagke „Loreley“ (Enja/Soulfood)

Duo Gazzana

Die Klangverwandten

[Klassik] Auf Bildern sehen sie so jung aus. Aber das heißt nicht, dass Natascia und Raffaella Gazzana nicht schon längst international auf sich aufmerksam gemacht hätten. Schließlich sind die beiden Schwestern aus Sora in der Nähe von Rom seit Mitte der 90er auf den Bühnen der Klassikwelt unterwegs. So war es an der Zeit, die Früchte der gemeinsamen künstlerischen Arbeit festzuhalten. „Five Pieces“ führen die Geigerin und die Pianistin von Paul Hindemith bis Valentin Silvestrov. Dabei können sie auf eine musikalische Sensibilität bauen, die über die Spielkompetenz hinaus dem Programm Tiefe, Nachdruck, Bedeutung verleiht. Zwei Schwestern sind doch mehr als nur ein Duo. Paul Hammerthal Duo Gazzana: „Five Pieces“ (ECM/Universal))

15


U2

Der Hansa-Encounter

D

er Trabi wurde zum Symbol. Im Jahr 1991 wusste niemand genau, was bitte die Zweitaktplastikwannen des real nicht mehr existierenden Sozialismus auf dem Cover einer der beliebtesten Rockbands der Ära sollten. Koketterie wurde gemutmaßt, Ironie soll auch Pate bei der seltsam traumatisch anmutenden Collage gestanden haben, die Szene-Photograph Anton Corbijn für die CD-Hülle gestaltet hatte. Jedenfalls versuchten U2 sich mühsam neu zu erfinden, monatelang im noch unaufgeräumten Berlin, in das sie im November 1990 auf der Suche nach dem renovierten Gruppensound gezogen waren. Immerhin verhieß die kommende Hauptstadt des auf eine Vereinigung zustrebenden Deutschlands gleichzeitig Historie und Aufbruch, noch diffus in seiner künstlerischen Stoßrichtung, aber – und da machte der Trabi als Zeichen wieder Sinn – als Metropole, auferstanden aus ideologischen Ruinen mit der Option, die hippste Adresse der Alten Welt zu sein. U2 liefen im alten Hansa-Studio ein, das spätestens mit David Bowie und den Aufnahmen zu „Heroes“ den Ritterschlag der künstlerischen Bohème erhalten hatte. Die Räume lagen im ehemaligen Grenzgebiet, draußen herrschte die Atmosphäre eines vergessenen Carpenter-Films, abgerissen und irgendwie abgefahren. Drinnen war es bald ebenso. The Edge trennte sich während der Aufnahmen von seiner Frau Aislinn O’Sullivan, die Stimmung war gespannt, der Gitarrist stürzte sich ins Chaos der Untreue, während Produzenten wie Daniel Lanois und Brian Eno im Studio vorbei schauten und einer Band Ratschläge gaben,

16

die zwischen Überspanntheit, musikalischer Frühvergreisung und Diventum pendelte. Eigentlich platzte der Knoten erst, als in einem konzentrierten Moment „One“ entstand, geschrieben innerhalb einer Stunde und trotzdem einer der größten Songs, die der Band bislang gelungen waren. Von da an ging es voran, wenn auch langsam. Nach Monaten, die aus der Rückschau eigentlich der Weg aus der Agonie waren, ging es U2 wie Berlin. Aus den Relikten der Vergangenheit entstand etwas Neues. Der Sound der Gitarren war härter, die Beats hatten das Elektrifizierte kennengelernt, die christliche Rockmusik der irischen Gutmänner war in der säkularen Wirklichkeit angekommen. Im November 1991 erschien „Achtung Baby“. Im Anschluss daran wurde viel getourt, die Fans erlebten eine ins Gigantische gewachsene Combo der Superstars, und die Promi-Szene gefiel sich, Bono & Co. die Reverenz zu erweisen. Aber es wurden eben gleichzeitig auch Alben wie Nirvanas „Nevermind“ veröffentlicht, das mal eben die Hybris des saturierten Vorjahrzehnts mit melancholischer Wut hinwegfegte, und grellbunte Hedonisten feierten in Clubs wie dem ‚Tresor‘ ein ganz anderes, boomendes Lebensgefühl. U2 jedenfalls hatten den Anschluss geschafft. Aber fast wäre es ihnen wie den Trabis auf dem Cover gegangen. Denn sie standen kurz vor der Ausmusterung. Info: Davis Guggenheims Doku „From The Sky Down“ eröffnete am 8.September das Toronto Film Festival. „Achtung Baby 20th Anniversary – Remastered“ (Island/ Universal) erscheint am 28.11. als Doppel-CD und Super Deluxe Edition.

Fotos: Anton Corbijn, Mark Monheim, Erich Roland, Eric Steelberg

Es gibt Platten, an denen gehen Bands kaputt. Mit „Achtung Baby“ überwanden U2 vor genau 20 Jahren die Mauer zum Ernst des Künstlertums, kämpften und gewannen gegen die Reste der eigenen Pubertät. Nicht ohne Tränen im Auge. Von Sascha Fröhlich

The Edge (l.) und Bono (r.) in Kanada: Für die Doku „From The Sky Down“ haben U2 alte Lieder noch einmal live aufgenommen


Wenn nicht Berlin, dann Marokko: Auf der Suche nach Inspiration fuhren U2 auch in den Maghreb

Der Trabi wurde zum Maskottchen und zum Lieblingsbandmotiv von Star-Photograph Anton Corbijn

„Die Rohmixe haben mich umgehauen“, meinte Gitarrist The Edge (l.) beim Remastering von „Achtung Baby“

Im Frühjahr sind U2 für Dokufilmer Davis Guggenheim in das Hansa-Studio zurückgekehrt

„So hört es sich an, wenn vier Männer den Joshua Tree zerlegen“ Bono über „Achtung Baby“ 17


Bühne mit Aussicht: Noch vor wenigen Jahren ein Geheimtipp aus der Südstaatenprovinz, füllt die Familienband Kings Of Leon inzwischen die Rockarenen

Alte Recken, junges Blut

Die erfolgreichsten Tourneen der vergangenen Jahre waren The Police, Genesis, U2. Die Herren füllen, wie auch Metallica oder AC/DC die Stadien, doch was macht der Nachwuchs? Ein Ausblick von Steffen Rüth

D

ie Dinosaurier des Rock’n’Roll sind zwar beileibe noch nicht ausgestorben, doch so langsam grasen sie mit unterschiedlichem Tempo ihrer wohlverdienten Ruhestandsweide entgegen. Nehmen wir die Rolling Stones als Paradebeispiel, seit fünf Jahrzehnten sind sie die internationalen Vorzeigestadionrocker schlechthin. Charlie Watts hat dieses Jahr seinen 70. gefeiert, auch Mick Jagger und Keith Richards sind inzwischen alt genug, um die Rente mit 67 zu

18

bekommen. Im kommenden Jahr feiert die Band ihr 50jähriges Bestehen, es halten sich Gerüchte, dass sie zu diesem Anlass Konzerte spielen, doch ob es noch einmal eine wirkliche Welttournee geben wird, ist unklar. Oder Bon Jovi. Der an guten Tagen immer noch schwer juvenil wirkende Herzensbrecher am Mikrofon wird nächsten März auch schon 50, und nach anstrengenden Jahren in den Stadien dieses Erdballs gönnt sich die Gruppe bis auf weiteres ein ausgedehntes Päuschen.

Was wird also aus ihm, dem guten alten Stadionrock, der in den 80er und 90er Jahren, als auch noch pensionierte, nicht mehr so angesagte oder verblichene Künstler wie Bryan Adams, Tina Turner, Michael Jackson das Genre verstärkten, so wahnsinnig boomte? Alles Geschichte, oder steuern wir gar auf die Ära Netrebko zu? Entwarnung, der Generationenwechsel hat eingesetzt. Coldplay zum Beispiel gastierten im Oktober im FNB Stadium in Johannesburg, Südafrika, und 62.000 Besucher waren Zeugen. Die Band um Sänger Chris Martin ist eine Besonderheit. Eigentlich sind ja die wenigsten ihrer Songs besonders knallig, laut oder zum Grölen animierend. Und dennoch gelten die Briten global als diejenige Band, der man am ehesten zutraut, die nächsten U2 zu werden – eine verlässliche, qualitativ über die meisten Zweifel erhabene und fleißige Megaband. Dabei haben Coldplay vor 15 Jahren einmal als eher zarte, kleine Gitarrenpopgruppe angefangen, besonders unbescheiden waren sie außerdem nie. „Die Entwicklung ist bei uns nicht über Nacht passiert“, sagt Will Champion, der Schlagzeuger. „Wir haben sehr viel live gespielt und überhaupt sehr

Foto: Thomas Rabsch

Coldplay: Britsound für alle

stadion-rocker


viel gearbeitet. Wir sind nicht eines Morgens wach geworden und haben festgestellt: Oh, wir sind ganz oben. Ich denke auf jeden Fall, dass wir Schwein hatten, eine der letzten Bands zu sein, die innerhalb eines stabilen Plattenfirmengefüges sich haben entwickeln können.“ Es ist also ein bisschen paradox. Coldplay sind eine Stadionrockband, ohne direkt Stadionrock zu spielen. Gut, ihr Hit „Viva La Vida“ und die jüngste, vom neuen Album „Mylo Xyloto“ stammende Single „Paradise“ passen schon ganz gut dazu, die Hände zum Himmel zu heben. Trotzdem schafft es die Band, speziell mit stilleren, fast intimen und doch energisch vorgetragenen Songs wie „Fix you“, „Clocks“ und „Yellow“ große Arenen zu bewegen. „Es gibt immer den Weg, eine kompromisslose künstlerische Reise damit zu verbinden, populär zu sein. Wenn du die ganzen Rock’n’Roll-Stories hören willst, dann sind wir die falsche Band. Wir arbeiten sehr hart, und das könnten wir nicht, wenn wir die ganze Zeit Party machen würden. Man muss fit und gesund bleiben, sonst bricht so ein Bandgefüge auch ganz schnell auseinander. Deshalb sind wir sehr vernünftig. Harte Drogen etwa sind bei uns vollkommen tabu. Und einen trinken tun wir nur, wenn es unserer Energie und der Show nicht schadet.“

Alltagsphilosophen mit Hang zur großen Geste: Coldplay verquirlen Melancholie und Ethos zur breitenwirksamen Mischung

Alles Macho oder was? Konzerte der Red Hot Chili Peppers sind auch Konditionssache

den Laufbahn mit Drogenproblemen. Heute sind die Männer clean und gesund, Sänger Anthony Kiedis surft täglich, Bassist Flea läuft Marathon, und die Shows rund um das jüngste Album „I’m With You“ haben absolute Großraumqualitäten. Die Lichttechnik der aktuellen Tournee hat Champions-LeagueFormat, und Funkrocksongs wie „Give It Away“ und „Under the Bridge“ elektrisieren Massen jedes Alters. Denn auch das ist wichtig: Wer heute Stadien füllen will, der muss Zielgruppen und Generationen übergreifend die Leute begeistern. Coldplay schaffen das, die Chili Peppers auch.

Kings Of Leon: Think Nashville!

RHCP: Muskelspiel mit Appeal Bei den Kings Of Leon aus Nashville und den Red Hot Chili Peppers aus Los Angeles, also den zwei anderen Bands, die sich langfristig in der Stadionliga etablieren dürften (Kings Of Leon) oder diesen Schritt schon geschafft haben (Chili Peppers), sind die Regeln im Umgang mit Rauschmitteln laxer. Insbesondere die Mitglieder der Chili Peppers haderten lange Jahre ihrer seit den frühen 80ern währen-

Die Kings Of Leon indes haben zumindest großes Potential, seit ihrem ersten Album „Youth And Young Manhood“ aus dem Jahre 2003 bauen sie ihr Publikum sowie ihre stilistische Bandbreite kontinuierlich aus. Angefangen als Südstaatenrocker zwischen den Strokes und Lynyrd Skynyrd, umfasst das musikalische Spektrum auf dem neuesten Werk „Come Around Sundown“ auch viel Folkiges und Countryklänge. Ihren Durchbruch schafften die drei Söhne eines Wanderpredigers und ihr Cousin in Europa und dort speziell in Großbritannien. Seit sie 2008 die zwei Hymnen „Sex On Fire“ und „Use Somebody“ auf ihrem Album „Only By The Night“ am Start hatten, sind die etwas kauzigen Kings Of Leon auch in der US-Heimat Superstars. Nur sind die Rocker, bei denen nur Schlagzeuger Nathan Followhill die 30 überschritten hat, bisweilen etwas unstet. Nach einem abgebrochenen Konzert in Dallas muss-

ten sie zuletzt eine ganze US-Tour absagen, man tuschelte über Alkoholprobleme von Frontmann Caleb Followhill, zudem gibt es immer wieder Streit zwischen den Brüdern, die ihre bewegten Anfänge als Band jetzt in dem wirklich feinen Dokumentarfilm „Talihina Sky“ in die Kinos bringen. Mittlerweile ist das unermüdliche Quartett jedoch wieder unterwegs, und Bandküken Jared Followill bringt auf den Punkt, was für alle drei der nachrückenden Stadionrockbands gilt: „Ich weiß, dass wir ein wunderbares Publikum haben, sehr loyale Fans. Ich hoffe, dass wir immer in der Lage sein werden zu touren, egal was im Musikgeschäft sonst noch passiert.“ Neu erschienen: Bis zur nächsten Stadion­ saison kann man sich mit neuen Alben von Coldplay „Mylo Xyloto“ (EMI), den Red Hot Chili Peppers „I’m With You“ (Warner) und der Doku-DVD „Talihina Sky“ (Sony) trösten.

„Wir arbeiten sehr hart, und das könnten wir nicht, wenn wir die ganze Zeit Party machen würden“ Will Champion, Coldplay 19


C amille

„Ein Song ist eine Frage“ Camille ist Mutter geworden. Auch für ihre Lieder hat die Stimmkünstlerin ein neues Gefühl von Verantwortung entwickelt. Die CD „Ilo Veyou“ steht für ihre Liebe zu ihrem Kind, zu Frankreich und zum Leben. Interview: Wolf Kampmann

S

ie ist nicht einfach nur Sängerin, sondern hat ihre Stimme zur Skulptur gemacht. Von der Popband Nouvelle Vague kommend, erkundet Camille mit radikaler Hingabe die Abgründe und Horizonte ihres Instruments. Dabei nimmt sie stets in Kauf, den Hörer mit ihrer Hyper-Poesie zu überfordern. Auch auf ihre neue CD muss man sich sehr bewusst einlassen, denn Camille macht es uns nicht leicht, diesem äußerst heterogenen Liederzyklus zu folgen. Warum sie dennoch viel entspannter wirkt als auf früheren Alben, lässt sie im Interview mit SONO durchblicken.

hin ich gehen würde. Ausgehend von ein paar losen Ideen, musste ich mich immer wieder fragen, was ich will und was nicht. Jedes Album ist eine Reise von einem Punkt zu einem

an alle Orte gelangen, an die das Leben mich führt. Gib dich zärtlich und verspielt in den Lauf der Dinge, sagte ich mir. Ein Album zu machen, ist ja niemals ein hundertprozentig friedvoller Prozess. Es ist viel Arbeit, bei der man immer wieder an seine Grenzen stößt und sich selbst hinterfragt. Aber ich fühlte mich voller Leben. Darum geht es. Es ist ein Fluss. Jeder Song stellt die Frage, wer und wo bin ich. Doch bevor Gelegenheit für eine Antwort da ist, beginnt ein neuer Song.

Richtig, ein Song ist eine Frage. Und ich erhalte niemals die Antwort. Ich wusste wirklich nicht, wo-

Auf „Ilo Veyou“ erzählt jeder Song eine andere Geschichte. Gibt es auch eine übergreifende Story?

20

Ca m i l l e s W e lt Stimme mit Anspruch Bossa Nova hieß die erste Liebe der Camille Dalmais. 2004 sang die Pariserin Hymnen den Punk-Ära im brasilianischen Klanggewand bei der Band Nouvelle Vague. Es folgten nationale Pophits wie „Ta douleur“, ein Song-Auftritt in „Ratatouille“ und eine Solokarriere, die sie immer weiter von den Klischees der Popmusik entfernt.

Foto: Armelle Bouret

Ich habe mich bewusst gegen ein Konzeptalbum entschieden. Es war ein Experiment. Ich wollte a cappella in Kirchen arbeiten, mit einem Streichquartett aufnehmen und andere Dinge ausprobieren. Weil ich ein Baby erwartete, war ich in einer speziellen Stimmung. Einige Songs waren fertig, andere in Planung. All das musste raus. Wenn sich überhaupt ein roter Faden durch das Album zieht, dann diese Energie. Ich wollte in den Songs

Eine Madonna des Gesangs: Camille liebt Inszenierungen mit Hintersinn


anderen. Das ist ein Ritual. Ich schließe eine Türe und öffne eine andere. Es macht ja kaum einen Unterschied, ob du a cappella singst oder dich in verschiedenen Konstellationen begleiten lässt.

Die Stimme hält alles zusammen. Ich wollte keinen Backgroundgesang, vom Kinderchor an einigen Stellen mal abgesehen. Meine Stimme sollte das Boot den Fluss hinabsteuern. Für mich als Deutschen geht es auf der Platte auch um verschiedene Zustände und Phasen von Frankreich.

Manchmal bin ich ganz erfüllt von Frankreich. Heutzutage ist es so einfach zu reisen. Man bildet sich ja oft ein, überall sonst

Reichtum der ganzen Welt in Paris. Als Künstlerin kann ich nicht vergessen, dass ich Französin bin. All diese Gerüche von Frankreich von Vietnam über den Maghreb bis zu Edith Piaf sind ja auf deiner Platte zu hören.

Frankreich ist wie ein Stern mit ganz unterschiedlichen Zacken. Es ist der Schnittpunkt zwischen Süd-, Nord- und Osteuropa. Ohne die Einwanderer wären wir nichts. Wir waren schon immer ein Einwanderungsland. Das vergessen wir oft. Die extremen Rechten werden immer stärker und wollen die Zigeuner und andere Volksgruppen einfach aus dem Land schmeißen. Das ist eine Schande, denn sie missverstehen unsere Kultur.

„Frankreich ist ein schönes Land. Warum tun wir uns so schwer, diese Schönheit zu erkennen?“ wäre es besser als dort, wo man lebt. Für uns abendländische Künstler ist es oft die größte Herausforderung, zu bleiben, wo wir sind, und zu beobachten, wie sich die Dinge dort entwickeln. Wir müssen uns mit den Schwierigkeiten unserer Umgebung konfrontieren und etwas daraus machen. Das passiert mir gerade. Ich bin so viel gereist und sehe mein Land sehr kritisch. Paris ist keine freundliche Stadt. Die Leute sind immer gestresst. Überall ist Stau. Es wäre so einfach, zu verschwinden. Aber Frankreich ist auch ein schönes Land. Warum tun wir uns so schwer, diese Schönheit zu erkennen? Außerdem haben wir so viel Ausland im eigenen Land. Wir haben den

Früher sagtest du einmal, eine Platte zu machen sei wie eine Geburt. Siehst du das als junge Mutter immer noch so?

Es gibt viele Gemeinsamkeiten, aber ein Hauptunterschied besteht darin, dass das Leben bei der Geburt eines Kindes stärker ist als du selbst. Der Zeitrahmen ist in etwa ähnlich. Bei einer Platte ist dieser Prozess nur ungleich komplizierter, weil du Kontrolle darüber hast. Wenn ein Baby dann auf der Welt ist, gehört es dir genauso wenig wie eine veröffentlichte Platte. Beide gehen ihren eigenen Weg. Neu erschienen: Camille „Ilo Veyou“ (Virgin / EMI) Live: Camille ist Ende Mai 2012 mit vier Konzerten in Deutschland zu erleben. .

21

Die neue CD des weltberühmten britischen Geigers mit einer Eigenkomposition für Violine, Orchester, Band und Vokalstimme, inspiriert von Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“ und den vier Elementen

LUFT, ERDE, FEUER UND WASSER. Eine spannende Mischung aus Klassik, Jazz, Pop und Folk, eingespielt mit dem von Kennedy gegründeten „Orchestra of Life“.

GROSSE DEUTSCHLAND-TOURNEE 2011 1.11. Leipzig, 2.11. Stuttgart, 3.11. München, 5.11. Freiburg, 6.11. Hannover, 8.11. Düsseldorf, 9.11. Bielefeld, 10.11. Hamburg, 12.11. Nürnberg, 13.11. Berlin, 14.11. Dresden, 16.11. Dortmund, 17.11. Regensburg, 18.11. Baden-Baden, 20.11. Mannheim, 21.11. Aachen, 23.11. Bremen, 24.11. Köln, 26.11. Kassel, 28.11. Essen, 29.11. Saarbrücken, 30.11. Frankfurt WWW.NIGEL-KENNEDY.NET WWW.SONYMUSICCLASSICAL.DE


Die Sono -liste

Sie kennen schon alle Bearbeitungen von Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“?

Illustration: Fornfest

Werfen Sie lieber mal einen Blick auf unsere Liste. Von Hans-Jürgen Schaal

22


1. Emile Naoumoff „The Piano Concerto“

4. Tomita „Pictures At An Exhibition“

7. Fine Arts Brass Ensemble

10. German Marimba Duo

Wenn Sie sich zwischen Mussorgskys Original für Klavier und Ravels Orchesterfassung mal wieder nicht entscheiden können, versuchen Sie es doch mit diesem 44minütigen Zwitter. Die „Paraphrase“ des bulgarischen Pianisten Naoumoff zusammen mit dem Deutschen SymphonieOrchester Berlin lässt zuweilen an ein brillantes russisches Klavierkonzert denken. Im Orchesterklang überraschen dagegen vorklassisch wirkende Holzbläserfarben. (Alcra-Wergo)

Die Synthesizerversion des Elektronikpioniers Isao Tomita ist längst selbst zum Klassiker geworden. Ravels Orchester-Instrumentierung folgend, steigert sich der Japaner in einen wilden Rausch greller Klangfarben zwischen Horror und Humor. Zwitschernde Küken, blubbernde Tuilerien, sphärische Chorstimmen und diskrete Perkussionsanklänge – all das quetschte Tomita aus den frühen Synthesizermodellen von anno 1974. (BMG/RCA)

Noch einmal Blech, aber ganz anders: Das 1980 gegründete britische Fine Arts Brass Ensemble ist ein klassisches Blechbläserquintett – mit zwei Trompeten, Horn, Posaune und Tuba. Äußerst geschickt hat Stephen Roberts, der Hornist des Ensembles, Mussorgskys Klaviernoten auf das fünfstimmige Gebläse verdichtet. Das Ergebnis ist konzentrierte, virtuose Kammermusik mit Biss und Tiefe: 16 wohlklingend-expressive Miniaturen. (Nimbus Records)

Für Matthias Krohn und Andreas Schwarz war ihre Version der „Bilder“ der erfolgreiche Karrierestart als „German Marimba Duo“. Zu welchen Wirkungen zwei fünfoktavige Marimbas im Verein fähig sind, darüber kann man bei ihnen in jedem Stück staunen. Fast scheint es, als würde das Motorische in Mussorgskys Musik hier noch motorischer, das Groteske noch grotesker, das Schaurige noch schauriger. Wer braucht da Orchesterfarben? (KlangRäume)

8. Mats-Up „Same Pictures, New Exhibition“

11. ChoralConcert „Bilder einer Ausstellung“

2. John Wallace & The Wallace Collection

5. Carsten Wiebusch „Reger – Wagner – Mussorgsky“

Es gibt rund 30 verschiedene sinfonische Orchestrierungen der „Bilder einer Ausstellung“ – und ein Vielfaches an weiteren Bearbeitungen. Diese hier – nur für Blechbläser und Perkussion – schuf Elgar Howarth 1977 für das Philip Jones Brass Ensemble. Die Neuaufnahme unter John Wallace besticht durch ihre Farbigkeit und Dynamik – butterweich in den Solostellen, messerscharf in den Tutti. Eines vermisst man hier nie: Streicher. (Collins Classics)

Erste Orgelversionen der „Bilder einer Ausstellung“ entstanden in den 1970er Jahren. Der Organist Carsten Wiebusch aber schrieb sich seine Fassung lieber selbst – maßgeschneidert auf die historische Walcker-Orgel der Evangelischen Kirche in Essen-Werden. Statt in extremen Registern musiziert Wiebusch auf ihren Manualen fast romantisch und mit der Finesse eines Konzertpianisten. Ein unspektakulär daherkommendes, großes Hörerlebnis. (Fermate)

3. Granados Trio „Bilder einer Ausstellung“

6. Heavy Tuba & Jon Sass

Mussorgskys Klavierzyklus, übersetzt auf drei klassische Gitarren: Das hat perkussive Kontur, schönen Akkordklang und atmende Räumlichkeit. Die drei Gitarristen, die sich vor 20 Jahren in Professor Teucherts Solistenseminar in Frankfurt zusammenfanden, verzaubern die hohen Töne mit Silber und die tiefen mit Bronze. Wie wohligwarm akustische Gitarren klingen können, das wissen eben nicht nur Folkmusiker und Singer/Songwriter. (FSM)

Den Kern dieser eigenwilligen Jazzband aus Österreich bilden sieben tiefe Blechbläser, darunter der New Yorker Wahl-Wiener Jon Sass an der Basstuba. Wo das schwere Blech an Grenzen stößt, ergänzt Keyboarder Helmar Hill digitale Sounds. Er schrieb auch die phantasievollen Arrangements: Die „Tuilerien“ gibt’s rein perkussiv, die „Küken“ tanzen ein Blues-Duett auf synthetischen Flöten, immer wieder geht’s übermütig Richtung Rock und Salsa. (ATS Records)

Aus der Schweiz kommt die bislang überzeugendste ModernJazz-Adaption der „Bilder einer Ausstellung“. Das Septett des Trompeters Matthias Spillmann – vier Bläser und ein Rhythmustrio – stülpt Mussorgskys Themen jazzmäßig um und verwendet sie als Startschuss für kompetente Improvisation. Da werden Techniken der Westcoast-Jazz-Arrangeure aufgegriffen und große Bläsersoli der Jazzgeschichte zitiert. Mussorgsky swingt! (Unit Records)

9. Mekong Delta „Pictures At An Exhibition“ Wie man die „Bilder“ rockt, haben Emerson, Lake & Palmer 1971 mit viel Phantasie vorgemacht. Damit verglichen wirkt die KomplettVersion des deutschen ProgMetal-Trios Mekong Delta asketisch streng: nur Gitarre, Bass, Drums. Allerdings erklingt die Gitarre zuweilen in ganzen Chören, der Bass spielt auch Melodie, der Drummer schlägt originelle Rhythmen – und wo es passt (Bydlo, Katakomben), wird’s auch mal heavy-düster. (Bullet Proof)

Jazz mit Kirchenorgel? Oder Orgelmusik mit Gästen? Beim Trio ChoralConcert bleibt so manches in der Schwebe, nicht nur stilistisch. Karl Scharnweber an der Orgel der Christkirche Rendsburg, Thomas Klemm an Saxofon und Flöten und Wolfgang Schmiedt an den Gitarren treten immer wieder überraschend zusammen und auseinander, als wollten sie Endgültiges vermeiden. Ein musikalischer Essay, der zum Nachdenken anregt (KlangRäume).

12. „Mussorgsky für 44 Pianisten“ Zum Schluss noch ein echtes Unikum, ein Happening, ein musikalisches Ereignis zwischen Monumentalität und Bizarrerie. Fünftausend Zuhörer erlebten 1993 in einer Braunschweiger Klavierfabrik diese Aufführung der „Bilder“ an 44 Flügeln und einem präparierten Piano. HansChristian Wille plante, HansWilhelm Plate arrangierte, Uwe Präkelt dirigierte, VW sponserte. Heraus kam Klaviermusik als orchestrales Raumerlebnis. (ram)

23


Monteverdi macht glücklich. Das Projekt war für Michel Godard (r.) und seine Freunde die Erfüllung eines Traums

Michel Godard

Claudios Erben

Drei Barockmusiker treffen auf drei Jazzkollegen. Sie spielen Musik von Monteverdi und ein bisschen mehr. Und aus dem Experiment wird eine Begegnung auf Augenhöhe. Von Ralf Dombrowski

D

ie ehemalige Zisterzienserabtei von Noirlac ist ein besonderer Ort. Seit 2008 ein Kultur- und Begegnungszentrum, sind dort häufig Künstler zu Gast, um sich von der Atmosphäre oder auch der Akustik inspirieren zu lassen. Im Juni 2011 versammelte der Tubaist Michel Godard ein ungewöhnliches Sextett in den Gewölben. Theorbe, Barockvioline und Gesang standen Serpent, Bassgitarre und Saxofon gegenüber. Heraus kam Musik zwischen den Stilwelten, feintönend, manchmal knorrig, aber sehr französisch im Impetus der Klangkulturverschmelzung. Das Album „Monteverdi – A Trace Of Grace“ ist bei Carpe Diem Records erschienen, einem Label aus Bremen, das sich auf Alte Musik und deren Grenzgänge konzentriert.

24

Wie kam es zu „Monteverdi“? Die Aufnahme ist der Abschluss einer Trilogie. Der erste Teil beschäftigte sich mit Musik und Parfüm, der zweite mit Wein, und jetzt folgt Monteverdi. Jedes Mal ging es um Grenzüberschreitungen, zu Düften, zum Geschmack oder eben nun zur Alten Musik. Und es war außerdem ein Treffen von Musikern verschiedener Stilherkünfte. Drei entstammen der Barockszene, die anderen drei im Großen und Ganzen dem Jazz. Wie haben Sie sich vorbereitet? Die Musik von Monteverdi kenne ich, seit ich klein bin. Sie hat mich eigentlich immer schon begleitet. Dann habe Steve Swallow gefragt, ob er auch Kompositionen beisteuern möchte. So steht Monteverdi auf der einen Seite und unsere Musik als Spiegel auf der anderen. Als wir dann zu den Proben kamen, hatten wir ursprünglich Arrangements dabei, die sich dann aber vielfältig verändert haben. Denn im Kern geht es auch um Improvisation. Die Barockmusiker haben auch improvisiert? Natürlich. Vor allem der Spieler der Theorbe hat andauernd die Stücke variiert, ebenso die Geigerin. Lediglich Guillemette Laurens hat ihre Stimmpassagen weitgehend original beibehalten. Sie ist ja eine der Pionierfiguren der Alten Musik. Sucht man nach frühen MonteverdiAufnahmen, war meistens sie daran beteiligt. Wie kam das Repertoire zustande? Die meisten Stücke sind mir sehr präsent, überwiegend Madrigale und Ausschnitte aus der Oper „L’Incoronazione di Poppea“. Sie basieren vielfach auf einer ostinaten Grundform. Da wiederum ergeben sich


KARSTEN JAHNKE KONZERTDIREKTION

viele Berührungspunkte zum Jazz und sogar zur heutigen populären Musik. Warum diese Kombination von Musikern?

Wichtig war für mich natürlich Steve Swallow, eines meiner großen Idole. Die Möglichkeit, mit ihm zu arbeiten, war die Erfüllungen eines Traumes. Aber auch die anderen Musiker kenne ich schon länger. Warum spielen Sie in diesem Fall nur Serpent und ein bisschen Bass?

Tönende schlange Der (oder das) Serpent wurde um 1590 erfunden und besteht aus einer bis zu 240 cm langen konischen, schlangenförmig gewundenen Schallröhre. Aufgrund seines tiefen und vokalnahen Klangs wurde es vor allem in Frankreich zur Begleitung von Gregorianischen Chorälen verwendet. Im 19. Jahrhundert wurde das Serpent durch Basshorn und Tuba verdrängt und geriet lange in Vergessenheit.

Auf der eine Seite wollte ich so nah wie möglich am Barock sein. Darüber hinaus aber hätte die Tuba in dieser Akustik dem Ganzen ein wenig die Natürlichkeit genommen. Sie wäre zu kraftvoll, zu dominant gewesen. Ich wollte mich da auch etwas selbst beschränken. Worin besteht die besondere Faszination des Serpents?

Es lässt sich wie viele traditionelle Instrumente sehr reduziert spielen. Manchmal reicht die richtige Positionierung eines Tones, um eine große Wirkung hervorzurufen. Dafür werden Fragen etwa der Intonation viel wichtiger. Was kommt als nächstes? Ein Album zur französischen Küche? Nein, nein. Es wird eher darauf hinaus laufen, dass ich mit Steve Swallow enger zusammenarbeite. Erst unlängst meinte er, wir sollten öfter spielen, aber uns nicht mehr nur der Musik anderer Komponisten widmen, sondern etwas Eigenes machen. Und da habe ich nun wirklich nichts dagegen.

Auch ein Schluck Wein im Becher: das Monteverdi-Team bei der Arbeit

25

15.03.12 17.03.12 22.03.12 23.03.12 24.03.12 27.03.12 28.03.12 30.03.12 11.11.11 12.11.11 24.11.11 25.11.11 26.11.11 01.12.11 02.12.11 09.12.11 10.12.11 14.12.11 15.12.11 17.12.11 12.01.12 13.01.12 14.01.12 19.01.12 20.01.12 21.01.12 22.01.12 28.01.12 29.01.12 09.02.12 10.02.12 11.02.12 08.03.12 09.03.12 10.03.12 14.03.12 15.03.12 16.03.12

Erfurt - Alte Oper Halle - Steintor-Varieté Stade - Stadeum Paderborn - Paderhalle Mülheim a.d. Ruhr - Stadthalle Dortmund - Konzerthaus Soest - Stadthalle Berlin - UdK Elmshorn - Stadttheater Düsseldorf - Tonhalle Mannheim - Capitol Frankfurt - Alte Oper Aachen - Eurogress Wuppertal - Historische Stadthalle Bonn - Oper Stuttgart - Liederhalle / Hegelsaal Lörrach - Burghof Mainz - Frankfurter Hof Saarbrücken - Congresshalle Ludwigsburg - Scala Karlsruhe - Tollhaus Wahlstedt - Kleines Theater am Markt Flensburg - Deutsches Haus Hamburg - Laeiszhalle Münster - Halle Münsterland, Congress-Saal Hannover - Theater am Aegi Buchholz - Empore Lüneburg - Vamos! Kulturhalle Bremen - Glocke Lübeck - Musik- und Kongreßhalle

Düsseldorf - Tonhalle Hamburg - Laeiszhalle Bremen - Glocke Frankfurt - Alte Oper Freiburg - Konzerthaus Stuttgart - Liederhalle München - Philharmonie Berlin - Tempodrom

lneu funkelnage

Winner Emmy Award

17.03.12 19.03.12 22.03.12 23.03.12 24.03.12 31.03.12 13.04.12 14.04.12 15.04.12

TOWER OF POWER

Kiel - Kieler Schloss Köln - Philharmonie Datteln - Stadthalle Essen - Philharmonie Bielefeld - Rudolf-Oetker-Halle Theater am Ring Trier - Europahalle Aurich - Stadthalle Lingen - Theater an der Wilhelmshöhe Krefeld - Seidenweberhaus

20.03.2012 Hamburg - Fabrik 21.03.2012 Hannover - Capitol 22.03.2012 Berlin - Postbahnhof

TICKETS: 01805 - 62 62 80* | 040 - 413 22 60 | www.karsten-jahnke.de * 0,14/Min. aus dem dt. Festnetz, Mobilfunk max.  0,42/Min.


radio.string.quartet.vienna

Rapid String Movement Das radio.string.quartet.vienna wagt den ästhetischen Neuanfang und kommt mit „radiodream“ seinem Ziel ein gutes Stück näher. Von Paul Hammerthal

B

jörk würde er gerne einmal treffen. Aber daraus wird wohl nichts, denn die isländische Künstlerin, die sich eben erst mit dem Album „Biophilia“ wieder einmal neu erfunden hat, gehört zu den am besten abgeschotteten Künstlerinnen der Netzwelt. „Es ist erstaunlich und auch ein bisschen frustrierend“, meint Bernie Mallinger, erster Geiger und Mitbegründer des radio.string.quartet.vienna. „Einen ganzen Tag lang habe ich das Internet abgesucht, aber nicht einen Hinweis gefunden, kein Kontakt, nichts, was man verwenden könnte.“ Dabei hätte er der Sängerin gerne ein Exemplar von „radiodream“ in die Hand gedrückt. Denn Mallinger ist der festen Überzeugung, dass eine Geistesverwandschaft zwischen dem besteht, was er in Wien mit seinen Freunden experimentiert, und dem, was die öffentlichkeitsscheue Sängerin im Land der Geysire imaginiert. Tatsächlich gibt es Gemeinsamkeiten, wenn auch vor allem konzeptioneller Natur. So schwer sich Björk in ein Schema der Popwelt einpassen lässt, so wenig sieht sich auch das r.s.q.v. noch als Statthalter einer festgefügten Tradition. „Ich glaube, wir sind schon ein Streichquartett. Aber wir entwickeln uns immer mehr in Richtung einer Art globalen Musik. Deshalb bleibt es nicht immer beim Streichquartett, sondern der Sound öffnet sich nach vielen Seiten. Natürlich lieben wir alle die ursprüngliche Form, und auch auf dem Album gibt es Passagen, die sich ganz klassisch im klanglich bekannten Rahmen bewegen. Aber

26

es ist eben nicht das Einzige. Ein weiterer Punkt: Wir dürfen, sollen und wollen über den Tellerrand schauen. Das ist bei vielen Kollegen anders, die sind aus unterschiedlichen Gründen festgelegter.“ Dieser Anspruch der latent Klangausweitung hat allerdings nicht nur Vorteile. Während traditionelle Streichquartette sich zwar in harter Konkurrenz, aber doch innerhalb eines klaren Rahmens von Repertoire, Interpretation und Rezeption bewegen, muss das r.s.q.v. mit der Vielfalt der Möglichkeiten kämpfen, um eine eigene Sprache zu finden. Grenzgänger mit Geigen und einem Faible fürs Konzeptuelle: das r.s.q.v

Die musikalischen Ergebnisse dieser ästhetischen Auseinandersetzung fielen bislang sehr unterschiedlich aus. Während das Tribute an die Musik des Mahavishnu Orchestra in sich rund und stimmig wirkte, gelang ihnen mit den folgenden drei Alben kein wirklicher Treffer. Zwar führten auch diese Projekte durch unterschiedliche Gäste wie den Akkordeonisten Klaus Paier klanglich über den engen Stilzusammenhang des Genres hinaus. Im Kern jedoch verwiesen sie das Streichquartett auf den Platz der Begleitung, wohltönend und wenig charakteristisch. „Quartett mit Gast ist etwas ganz anderes. Natürlich waren die ganzen Kooperationen der vergangenen Jahre jede für sich großartig. Aber jetzt schien es uns dringend nötig, wieder einmal etwas nur als Quartett zu machen. Denn wir hatten das Gefühl, dass sich sehr viel verändert hat, was wir noch nicht festgehalten hatten und unbedingt mitteilen wollten.“

Traumdeutung musikalisch Und so reifte ein Programm heran, mit dem das r.s.q.v. die Träume einer Nacht musikalisch nachvollziehen wollte. „Von Anfang an war klar, dass vieles von uns selbst geschrieben sein sollte. Aber es durften auch Stücke von anderen vorkommen, die irgendwie mit dem Thema zu tun hatten.“ Und so machten sich die Musiker und Musikerinnen des r.s.q.v. auf die Traumreise, ließen sich von Sigmund Freud und Salvador Dali, von Kinospektakeln wie „Inception“ und Henry Mancini inspirieren. Manches entwickelte sich schrill, anderes profitierte von der Transparenz der Streicherstimmen. Soundopulenz und Reduktion, Synthetik und Natürlichkeit stehen nebeneinander und ergänzen sich in 14 Abschnitten zu einer Suite der akustischen Chimären. Aus den bisherigen Experimenten innerhalb der originär klassischen Klangwelt wurden Ausflüge bis hin in rockverwandte Gefilde. Für das r.s.q.v. jedenfalls ist „radiodream“ ein großer Schritt aus dem Lager der Puristen heraus. Und für die Szene womöglich ein Wegweiser in eine bislang kaum erforschte Richtung. Neu: Das Album „radio-dream“ (ACT/Edel Kultur) des radio.string. quartet.vienna erscheint am 28. Ok­tober 2011.


MiCHAel JACkson The Ultimate Collection

AC/DC roger WAters

Pug Me In

The Roger Waters Collection

Billy Joel Live at the Shea Stadium

Miles DAvis The Complete Columbia Album Collection

BruCe springsteen Born To Run - 30th Anniversary

peArl JAM Ten (Collector's Edition)

JiMi HenDrix West Coast Seattle Boy: The Jimi Hendrix Anthology (Collectors Edition)


Anoushk a Shank ar

Krishna – Olé!

Sie ist die Halbschwester von Norah Jones und trägt einen großen Namen. Doch mit ihrem Können ist Anoushka Shankar an der Sitar mehr als nur in die Fußstapfen ihres Vaters Ravi Shankar getreten. Von Guido Fischer

D

er Sound einer Sitar ist einzigartig. Aber bei keinem anderen Weltmusik-Instrument schwingen bis heute so hartnäckig Klischees mit. Schließlich steht sie für eine Zeit, als Erleuchtungswillige und Blumenkinder sich nach Indien aufmachten, um am eigenen Karma zu feilen. Natürlich kann man sich auch weiterhin an der Sitar in höhere Klangsphären improvisieren. In einer genau geregelten Bodensitzhaltung, die wahrscheinlich allen orthopädischen Weisheiten spottet. Anoushka Shankar ist allein schon optisch der Beweis, dass man bei ausgiebigen Sessions seine Würde und Schönheit bewahren kann. Die 30jährige hat aber eben nicht nur das tiefverwurzelte ABC der indischen Musik verinnerlicht, all die Ragas, die den Weg zur spirituellen Einkehr ebnen. An der Sitar konnte sie mittlerweile selbst die verschiedensten musikalischen Freundschaften knüpfen. Mal spielte sie mit dem klassischen Cellisten Mstislaw Rostropowitsch und dann wieder mit Jazzklavier-Ikone Herbie Hancock. Und wenn sie nicht gerade mal mit Lenny Kravitz jammte, bildete sie mit Sting ein durchaus magisches Duo. Für ihr sechstes Album „Traveller“ hat Anoushka Shankar aber nun an eine musikalische Tradition angedockt, die in ihrer feurigen Robustheit eigentlich so gar nichts mit den filigranen Reizen der indischen Musik zu tun hat. Für die Virtuosin liegen die Unterschiede zwischen dem Flamenco und der Musik ihrer Ahnen aber Vater Ravi kann stolz nur im Detail. Was beide dagegen unübersein: Noch ist Anoushka hörbar miteinander verbindet, ist nicht nur Shankar keine Legende. ihr Fokus auf den Rhythmus. „Flamenco Aber musikalisch hat mich immer schon begeistert und faskann sie ihm bereits ziniert“, erinnert sich Anoushka Shankar. das Wasser reichen. „Er sprach mich an, da ich spürte, dass

28


er eine Eigenschaft mit der klassischen indischen Musik teilt, die ich ganz besonders schätze: die grenzenlose Musikalität des Ausdrucks, ganz gleich, ob es sich um eine Solostimme handelt, eine Sitar oder eine Gitarre.“

Die indischen Wurzeln des Flamenco Warum sich Shankar im Flamenco von jeher ein wenig wie zu Hause fühlte, wurde ihr erst so richtig bei den Vorbereitungen ihres Albums klar, als sie erfuhr, dass der Flamenco seine Ursprünge in Indien hat. So sollen vor rund 800 Jahren die Vorfahren der Gitanos aus Rajasthan zu einer lange Reise aufgebrochen sein, die sie über Asien und den Vorderen Orient bis nach Spanien geführt hat. Musikhistorisch gesehen ist der Flamenco damit gewissermaßen der kleine Bruder der indischen Musik. Nur hatten sie sich auch in der ansonsten so hellhörigen Weltmusik-Szene etwas aus den Augen und Ohren verloren. Jetzt ist aber die überfällige und verblüffende Familienzusammenführung geglückt, unter der Ägide von Anoushka Shankar und dem spanischen Gitarristen Javier Limón, die jeweils Koryphäen aus ihrem Umkreis wie den Ghatam-Spieler Pirashanna Thevarajah und Flamenco-Altmeister Pepe Habichuela zu den Aufnahmen mitgebracht haben. Dementsprechend bestaunt man da hitzige Duelle zwischen Tablas und spanischer Perkussion. Und plötzlich scheinen die Schleifgesänge von der Spanierin Sandra Carrasco und der Inderin Shubda Mudgal auf einem Atem daherzukommen. Die Musik auf „Traveller“ stammt durchweg von Anoushka Shankar und Javier Limón. Bei den Texten hingegen hat neben historischen Vorlagen auch ihr Vater Ravi ShanDie Töchter kar mitgewirkt, den sie voller Stolz „meinen Guru, meinen Lehrer“ nennt. Ravi Shankars Neun Jahre war sie gerade mal, als sie Erben sind von ihm in die Kunst des Sitarspiels überaus aktiv eingewiesen wurde. Aber bereits mit Die erfolgreiche Halbschwester 13 Jahren gab das in London gebore- ging ihren eigenen musikalischen ne und in den USA aufgewachsene Weg. Im Jahr 2002 veröffentTalent anno 1994 sein erstes Konzert lichte Norah Jones „Come Away in Neu-Dehli. Ravi Shankar war aber With Me“, den Überraschungsmehr als nur ihr unerschöpflicher Ur- erfolg des Jahrzehnts. Und mit quell der Inspiration. Wer wie er Gott Anoushka Shankar fand sie auch und die Welt kannte, vom Klassikvi- zusammen. Zwei Talente mit viel olinisten Yehudi Menuhin bis zu den Wirkung auf die Musikwelt. Beatles, der machte seine Tochter auf den ständigen gemeinsamen Reisen mit der musikalischen Prominenz bekannt. Das größte Erlebnis aber waren nicht die George Harrisons und Eric Claptons dieser Welt – obwohl gerade mit ersterem die Teenagerin eine musikalische Seelenverwandschaft verband –, sondern die Geburt ihres ersten eigenen Kindes. Zubin heißt der stramme Junge und war schon bei den „Traveller“-Sessions mit dabei. Und so wie Anoushka Shankar in dem Stück „Inside Me“ ihre Sitarsaiten hüpfen und glitzern lässt, kann man sich lebhaft vorstellen, in welch freudiger Erwartung sie sich da befand. Neu: Anoushka Shankar „Traveller“ (DG/Universal) Tournee: Anoushka Shankar spielt von 6. November 2011 an sechs Konzerte in Deutschland, in München (6.11.), Heidelberg (7.11.), BadenBaden (17.11.), Berlin (6.12.), Hamburg (7.12.) und Dortmund (8.12.).

„Tut uns leid, alle vergriffen!“ Wenn Sie diesen Satz nie mehr hören wollen, können Sie ihn hier unten löschen – jetzt und für immer.

BestellcOupon JA, ich bestelle ein SONO-Abonnement zum Preis von € 12* pro Jahr (6 Ausgaben mit SONOplus, dem Sonderteil für Abonnenten). Ich kann das Abo jederzeit ohne zusätzliche Kosten kündigen. V o r n am e / Nam e :

St r aSS e / Ha u s n r .

PL Z / O r t ( n u r D , A , C H , EU )

E - M ai l

B itt e b u c h e n Si e d e n R e c h n u n g s b e t r ag ab v o n Konto Nr.

B a n k l e itza h l / B a n k

K o n t o i n h ab e r ( fa l l s abw e ic h e n d)

D at u m / U n t e r s c h r ift

29

Foto: Getty

Coupon senden an SONO, Abt. Vertrieb, Lucile-Grahn-Str. 37, 81675 München. Oder per Fax senden an 089 / 457 261 – 50 *Ausland: € 24 pro Jahr


POP, Rock & co die pop-cd des monats

Theo Bleckmann „Hello Earth! - The Music Of Kate Bush“ WINTER & WINTER / EDEL:KULTUR Jeff Bridges „Jeff Bridges“ BLUE NOTE/EMI

[Americana] Wie HollywoodRecke Jeff Bridges auf dem Cover seiner gleichnamigen Debüt-CD mit einer alten Gretsch-Klampfe posiert – das passt. Das wirkt auch nicht gestellt. Klar, Bridges hat für seine Rolle als abgehalfterter Countrysänger in „Crazy Heart“ einen Oscar bekommen. Doch Musik spielt, so sagt er, eigentlich schon lange in seinem Leben eine Hauptrolle. Gemeinsam mit Produzent T-Bone Burnett und Songwritern wie John Goodwin und Greg Brown – alle waren sie auch bei „Crazy Heart“ beteiligt – präsentiert er jetzt zehn Titel aus dem Americana-, Folk- und Country-Fach. Meist hält sich der Hollywood-Veteran stimmlich diskret zurück: Er grummelt, nuschelt und näselt zu gemütlichen Rhythmen wie Dylan oder Young. Wenn das Tempo mal anzieht, wie bei „Blue Car“, lassen Clapton und/oder Cale grüßen. Kurz: gut gemachter LaidbackSound. Gunther Matejka Hintergrund: Mit Produzent TBone Burnett verbindet Bridges seit 30 Jahren eine enge Freundschaft. Downloadtipp: „What A Little Bit Love Can Do“, „Everything But Love“, „Blue Car“

The B-52s „With The Wild Crowd! – Live In Athens, GA“ EAGLE/EDEL [New Wave/Rock] Auf ein Livealbum der legendären New-WaveBand aus Athens, Georgia, hat wahrscheinlich niemand drin-

30

K

ate Bush ist sakrosankt. Zu eigenwillig erscheint ihre Musik im Kosmos der anspruchsvollen Popmusik der vergangenen drei Jahrzehnte, um sich einer Bearbeitung unterziehen zu lassen. Tatsächlich blieben ihre Lieder im Vergleich zu denen von Kollegen wie Sting oder Peter Gabriel bislang weitgehend ungecovert. Denn sie erfordern nicht nur einen brillanten Interpreten, um den bereits komplexen Originalen eine weitere Ebene hinzuzufügen, sondern auch eine selbstbewusste Ästhetik, die sich am Bush-Universum reibt. Kurz: Es braucht jemanden wir Theo Bleckmann, um der britischen Künstlerin auf Augenhöhe zu begegnen. Denn der in New York lebende Sänger ist mit allen AvantgardeWassern gewaschen, zugleich aber empathisch genug, um Musik von innen heraus leuchten zu lassen. „Hello Earth!“ hat er im Quintett mit Gleichgesinnten wie dem Pianisten Henry Hey und dem Bassisten Skuli Sverrisson aufgenommen, mit Schwerpunkt auf der „Hounds Of Love“-Phase , aber auch mit Liedern wie „Army Dreamers“ und „The Man With The Child In His Eyes“. Und es gelingt Bleckmann mit weicher, dezent dramatischer Stimme und Stilexkursen in die Welten von Folk bis Jazz, die Lieder auf ihre ursprüngliche Schönheit zurückzuführen. Das ist ein Kunststück, denn es entkleidet die Musik von Kate Bush der Dominanz ihrer Stimme, ohne ihr gleichzeitig die Identität und Finesse zu nehmen. Ein Meisterstück der Interpretationskultur. Ralf Dombrowski Wissenswertes: Theo Bleckmann hat bereits mit Künstlern wie Laurie Anderson, Philip Glass oder auch Meredith Monk gearbeitet. Downloadtipp: das ganze Album

gend gewartet. Umso größer ist die Überraschung, in welch bestechender Form sich die Formation um Sängerin Kate Pierson und Sänger Fred Schneider auf diesem Livemitschnitt aus dem Classic Center in ihrer Heimatstadt präsentiert. Nachdem ihr 2008 veröffentlichtes Comeback-Album „Funplex“ auf durchaus gemischte Reaktionen stieß, scheint die Band ihr kleines Tief wieder überwunden zu haben. Die anlässlich des 34jährigen Jubiläums ihres ersten Konzerts am Valentinstag 1977 aufgezeichnete Show überzeugt jedenfalls ohne Abstriche. Hits wie „Rock Lobster“ und „Party Out Of Bounds“ haben bis heute nichts von ihrer Dynamik eingebüßt und klingen erstaunlich modern und zeitgemäß. Entsprechend groß ist der Jubel, der der Band entgegen brandet, die sich gegen Ende hin bei Stücken wie „Love Shack“ und „Planet Claire“

What I Did For Maria“ bekannt wurde, in der EntertainmentWelt nicht alleine. Schon Tom Jones hatte als reiferer Herr die „Sex Bomb“ platzen lassen, und Produzent Rick Rubin recycelt erfolgreich alte Recken von Johnny Cash bis Neil Diamond. Nun also auch Tony Christie, und siehe da: Der Profi macht seine Sache gut. „Now’s The Time!“ hat mit seiner souligen Grundhaltung klares Partypotential, und der Meister selbst profitiert mit kräftigem Bariton davon, dass er mit allen Showwassern gewaschen ist. Ein Prise Motown schwingt da mit und ein pfiffiges Pathos, wie man es aus der Paul-AnkaSchule kennt. Handgemachter Studiosound mit einer Prise Big Band bildet den Rahmen, und der rüstige Crooner selbst fühlt sich in diesem entspannten Ambiente hörbar wohl. Offenbar wurde es wirklich Zeit für einen neuen Tony Christie. Sascha Fröhlich Ähnlich wie: Tom Jones, Phil Collins, Neil Diamond Downloadtipp: „Now’s The Time!“

in einen wahren Spielrausch hineinsteigert. Robert Wallner Downloadtipp: „Give Me Back My Man“, „Party Out Of Bounds“ und „Rock Lobster“

Fatoumata Diawara „Fatou“ WORLD CIRCUIT/INDIGO

Tony Christie „Now’s The Time!“ COLUMBIA/SONY [Adult Pop] Der Titel ist Programm: Zeit wird’s, meint Tony Christie, um aus dem Soziotop der Schlagerwelt heraus zu treten und einen Sound zu machen, der das Erbauliche zugunsten des Tanzbaren und Soulgetönten hinter sich lässt. Damit steht der 68jährige Brite, der vor vier Dekaden mit Liedern wie „I Did

[World Pop] Die 1982 in der Elfenbeinküste geborene Sängerin und Schauspielerin zählt zu den großen Talenten der Weltmusikszene. Zu ihren Bewunderern gehören unter anderem Herbie Hancock, John Paul Jones, Damon Albarn und Tourmani Diabaté. Und das vollkommen zu Recht, denn auf ihrem Debütalbum für das Label World Circuit überzeugt Fatoumata Diawara mit zwölf eindringlichen, angenehm zurückhaltend instrumentierten Songs. Eingespielt hat die Künstlerin die Platte mit Hilfe von Produzent Nick Gold und Musikern wie Gitarrist Moh Kouyate, Keyboarder


Boris Persikoff, Schlagzeuger Seb Rochford und Bassist Alioune Wade. In Stücken wie „Sowa“ oder „Makoun Oumou“ begeistert Fatoumata Diawara als einfühlsame Geschichtenerzählerin, die durchaus auch vor kontroversen Themen nicht zurückschreckt. Zu den eindringlichsten Kompositionen auf „Fatou“ gehört neben dem mit einem hypnotischen Gitarrenmotiv unterlegten Opener „Kanou“ vor allem der mit einem hypnotischen Afrobeat-Groove veredelte Titel „Bissa“. Robert Wallner

auch neue Songs wie „Sie kriegen uns nie“ zum Einsatz, die im dezent orchestrierten Rahmen schon beinahe etwas Offizielles hatten. Überhaupt ist das Experiment der Stil- und Attitude-Fusion auf irritierende Weise geglückt. Denn eigentlich war Hiphop ja einmal der Sound der Kinderzimmer, renitent und subversiv. Mit „Gegen den Strich“ aber tritt er in das Repertoire des erwachsenen Pop ein. Paul Hammerthal Wissenswertes: FM4, die amtliche Jugendwelle des ORF, ist seit 1995 auf Sendung.

Hintergrund: Bereits im Alter von 16 Jahren stand Fatoumata Diawara erstmals als Schauspielerin vor der Kamera. Downloadtipp: „Bissa“

TRIKONT/INDIGO

[Symphonic Hiphop] Mit Kinderzimmer hat „Gegen den Strich“ nicht mehr viel zu tun, eher mit dem Salon einer herrschaftlichen Villa. Und eigentlich hatte sich das Duo von Textor und Quasi Modo, das unter dem Signum Kinderzimmer Productions den deutschen Hiphop expressiv-elektronisch aufgepimpt hatte, zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits seit drei Jahren aufgelöst. Als aber der österreichische Radiosender FM4 die Herren im Sommer 2010 zum Ortstermin mit SymphonieOrchester einlud, konnten sie doch nicht nein sagen und erschienen im Großen Sendesaal des Radio-Kulturhauses des ORF in der Wiener Argentinierstraße. Rund 200 Zuhörer waren außerdem dabei, und so wurde diese Unplugged-Deluxe-Session eine bemerkenswerte Stilhybride dieses Musikherbstes. Neben alten Liedern wie „Marihuana“ kamen

Wissenswert: Noel Gallagher hat zusammen mit den DJs der Forma­ tion Amorphous Androgynous noch ein weiteres Album eingespielt. Downloadtipp: „The Death Of You And Me“

SOUR MASH/INDIGO

[Rock] Seinem Bruder Liam ist es mit dem Anfang des Jahres veröffentlichten Debütalbum seiner Band Beady Eye nicht gelungen, sich nur halbwegs vom allseits bekannten Oasis-Sound zu emanzipieren. Noel Gallagher ist da auf seinem neuen Werk, unterstützt von Toningenieur Paul Stacey und dessen Zwillingsbruder Jeremy Stacey am Schlagzeug, schon etwas mutiger unterwegs. Natürlich enthalten auch die zehn Songs von „Noel Gallagher’s High Flying Birds“ viele bekannte Oasis-Elemente, aber doch in absolut verträglicher Dosis. Zu den außergewöhnlichsten Stücken zählt sicherlich das stark an die Kings Mitte der 60er Jahre erinnernde, mit Ragtime-Elementen angereicherte „The Death Of You And Me“, mit dem Noel unter Beweis stellt, was für ein versierter Songwriter er immer noch ist. Befreit vom einengenden Korsett seiner früheren Band läuft er auch in Nummern wie dem epischen „Everybody’s On The Run“ und der Midtempo-Hymne „If I Had

auf „Bad As Me“ 13 neue Songs (in der Deluxe-Version sogar 16)

Spectrals „Bad Penny“ WICHITA/PIAS

Tom Waits „Bad As Me“ ANTI/INDIGO

Noel Gallagher’s High Flying Birds „Noel Gallagher’s High Flying Birds“ Kinderzimmer Productions „Gegen den Strich“

A Gun“ zu absoluter Hochform auf. Robert Wallner

[Blues, Rock] Amerikas Gossenpoet und Rotlichtbarde Nummer eins ist wieder da und präsentiert sich bestens erholt mit einer so vitalen, engagierten, aufgedrehten Performance wie lange nicht mehr. Zudem haben er und seine Produzentin Kathleen Brennan großen Aufwand für den Klang seiner neuen Songs betrieben: Da scheppert wie immer vieles schräg, aber alle Instrumente bekommen viel Volumen – eine satte Soundkulisse. Die Stimmung der Stücke pendelt zwischen zwei Polen: hier rhythmisch packende Blues- und Funk-Knochenschüttler, in denen heisere Baritonsaxes mit spitzen Riffs den Gitarren nochmals zusätzlichen Pfeffer einblasen – dort gefühlige Texmex-Balladen ähnlich jenen, denen Bob Dylan zuletzt frönte. Aber Waits nölt und wütet heftiger: Im schwülen Boogie „Get Lost“ steigert er sich in einen überdrehten Falsettgesang, dessen Intensität nur noch von einem fiesen Bluesgitarrensolo übertroffen wird. Und in „Hell Broke Luce“, einer Art Rap-Inferno mit Metalgitarren, Maschinengewehrfeuer und Explosionsgeräuschen im Hintergrund, lebt er seine Lust am Untergang hemmungslos aus. Felix Marondel Comeback: Sieben Jahre nachdem er zuletzt mit neuem Material aufgewartet hatte, serviert Tom Waits

[Indie Pop] Louis Jones ist 21 Jahre alt und muss in seinem Leben bereits viel britischen Pop gehört haben. Denn der Sänger und Songwriter, der sich hinter dem Projekt Spectrals verbirgte, präsentiert mit „Bad Penny“ ein Album, das Morrissey in seinen jungen Jahren mit The Smiths kaum besser hinbekommen hätte. Diese Musik hat alles, was das sanfte Independent-Herz englischer Stilprägung sich wünscht: eine Prise Lakonik gepaart mit aufs Wesentliche reduzierten Gitarren-Pop Arrangements, einen launisch vor sich hin singenden Barden mit nicht allzu fordernden Texten über die Liebe und mehr, die bei aller Schlichtheit die Untiefen des Banalen geschickt umschiffen. So ist „Bad Penny“ eigentlich das Album, das man sich von längst etablierten Kollegen wie eben Morrissey oder Matt Johnson wünschen würde. Und das ist schon ziemlich viel für einen Neuling des Geschäfts. Sascha Fröhlich Ähnlich wie: The The, The Smiths, Elvis Costello, Pulp

SuperHeavy „SuperHeavy“ A&M/UNIVERSAL

[Rock/Soul/Reggae] Für Mick Jagger muss es nach fünf Jahrzehnten Rolling Stones durchaus einen gewissen Reiz besitzen, sich musikalisch noch

31


POP, Rock & co einmal neu zu orientieren. Für sein Projekt SuperHeavy hat er seine Mitstreiter, Sängerin Joss Stone, Eurythmics-Mastermind Dave Stewart, Soundtrack-Komponist A.R. Rahman („Slumdog Millionaire“) und Dancehall-Star Damian Marley, mit viel Bedacht ausgewählt. Theoretisch betrachtet eine mehr als reizvolle Kombination, deren musikalischer Mehrwert sich aber leider nicht immer einstellt. So überzeugend diese Gruppe der Genre-Stars auch beim Titelsong „Superheavy“ agiert, auf die gesamte Spieldauer weist dieses Experiment doch zu viele Leerstellen auf, in denen das Zusammenspiel nur bedingt funktioniert. Neben gelungenen Nummern wie der sonnigen Reggae-Hymne „Miracle Worker“ und dem mit Elektronik-Elementen angereicherten „Energy“ gibt es mit dem zu stark an bekannte Strukturen angelehnten „Unbelievable“ und der recht zähen Ballade „One Day One Night“ durchaus ein paar Ausfälle zu vermelden. Robert Wallner Info: Die fünf Beteiligten an diesem Projekt können zusammen elf Grammys auf ihrem Konto verbuchen.

James Morrison „The Awakening“ ISLAND/UNIVERSAL [Pop, Soul] Schon der Opener von „The Awakening“ macht deutlich, wohin die musikalische Reise auf dem dritten Album des Sänger, Gitarristen und Songwriters geht: Der sanfte Popsong „In My Dreams“ bettet James Morrisons prägnanten Gesang in ein ausgeklügeltes Soundgewand aus Streichern, dezenten Gitarren und Percussions ein. Auch mit den übrigen zwölf Songs bewegt sich der Brite fast ausschließlich im Midtempo-Bereich, weiß je-

32

doch einen interessanten Spannungsbogen aufzubauen. Vom souligen „6 Weeks“ über das tanzbare „Slave To The Music“ und das kraftvolle „Forever“ bis hin zur spartanisch instrumentierten Ballade „Right By Your Side“ reicht Morrisons breites Spektrum. Seinen Höhepunkt findet das überwiegend vom ehemaligen Suede-Gitarristen Bernard Butler produzierte Album allerdings in „Up“, einem stimmigen Duett mit der Sängerin Jessie J. Jörg Laumann Wissenswertes: Die „Saturn-Edition“ des Albums enthält eine BonusDVD mit der 20minütigen Dokumentation „Man Behind The Music“ und zwei Videoclips. Downloadtipp: „Up“, „The Awakening“, „I Won’t Let You Go“

Udo Lindenberg „MTV Unplugged – Live aus dem Hotel Atlantic“ STARWATCH MUSIC/WARNER

[Rock] Vor drei Jahren gelang Udo Lindenberg mit dem Album „Stark wie zwei“ ein spektakuläres Comeback. Der Sänger, Musiker, Komponist, Maler und Entertainer feierte dieses Jahre seinen 65. Geburtstag und denkt noch lange nicht ans Aufhören. Mit „MTV Unplugged – Live aus dem Hotel Atlantic“ setzt sich Udo Lindenberg selbst ein Denkmal und legt eine pfiffige Werkschau seiner Karriere vor, eingespielt mit vielen Gästen und Kollegen, darunter Inga Humpe, Jennifer Rostock, Max Herre, Jan Delay, Clueso und natürlich dem Panik­orchester. Aufgenommen wurde das Livealbum, für dessen musikalische Umsetzung Andreas Herbig, Henrik Menzel und Peter „Jem“ Seifert verantwortlich zeichen, in der Kulturfabrik Kampnagel. Die Bandbreite der Songs reicht von „Good Life City“ aus den frühen

70er Jahren über Titel wie „Mein Ding“ aus dem Comeback-Album „Stark wie zwei“ bis hin zum von Annette und Inga Humpe komponierten Song „Ein Herz kann man nicht reparieren“. Robert Wallner Info: Das Album ist in einer „Einzelzimmer“-Edition mit 13 Songs und einer „Doppelzimmer“-Edition mit 24 Songs erhältlich.

Grateful Dead „Europe ’72, Vol. 2“ RHINO/WARNER [Rock] In den frühen 70er Jahren waren die Grateful Dead, jenes Vorzeigekollektiv des Hippierock, nicht nur auf der Höhe ihrer Popularität und kollektiven Schaffenskraft angelangt, sondern hatten die psychedelischen Soundexperimente ihrer Anfangszeit durch einen ansteckend lässigen Folk- und Countryrock ersetzt, den sie in ausgedehnten Improvisationen immer weiter verfeinerten. Mit diesem Sound bestritten Jerry Garcia, Bob Weir & Co. damals eine Tournee auf dem alten Kontinent und durch Großbritannien, die später auf dem legendären Triple-Album „Europe ’72“ dokumentiert wurde. Was die Europäer damals vorgeführt bekamen, war relaxtes, der eigenen ländlichen Wurzeln auf neue Art bewusstes, kalifornisches Alternativ-Lebensgefühl. Die britische Popzeitung Melody Maker würdigte die Gastspielreise später als das „Europäische Rock-Ereignis des Jahres“. Nun wird das historische Livedokument um eine Doppel-CD ergänzt, die weitere fast ausnahmslos hörenswerte Mitschnitte der Konzertreise enthält. In für eine Rock-Liveaufnahme der frühen 70er Jahre verblüffend transparentem und knackigem Sound (die moderne Remixtechnik hat hier Wunder

getan) erlebt man das Septett aus San Francisco in fabelhafter Spiellaune und als ungemein homogene Einheit. Traumhaft schön die entspannte Country-Ballade „Loser“, das dylaneske „BlackThroated Wind“, ansteckend funky das allmaneske „Good Lovin’“, faszinierend der Jam-Block aus „Darkstar – Drums – The Other One“. Felix Marondel Nachschlag: Die Doppel-CD ist eine Art Sequel des erstmals vor fast 40 Jahre erschienenen Albums „Europe ’72“ Klingen ähnlich: Bob Dylan, Neil Young, Gram Parsons, Tom Petty, The Allman Brothers Band

John Watts „Fischer-Z“ PMG [Wave/Pop] Natürlich fragt der Fan: Warum das Ganze? John Watts gräbt zum 30jährigen des Erfolgsalbums „Red Skies Over Paradise“ in der Krabbelkiste der eigenen Hits und nimmt Songs seiner Combo Fischer-Z noch einmal auf. Das ist an sich eine schöne Sache, denn es ermöglicht im Prinzip die Erweiterung der stilistischen Bandbreite. Nur verpasst John Watts diese Chance, denn er hält sich in vielen Passagen weitgehend an die Arrangements der Originale aus den frühen 80er Jahren. Er spielt ein Tribute für sich selbst und setzt damit fort, was er während der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte bereits gepflegt hat. John Watts kann nicht aus seiner Haut und genau genommen ist das auch gut so. Denn der agile und engagierte Brite war einer der großen Songschreiber der New Wave, der wiederum seine Energie aus kulturellen Konflikten vom Kalten Krieg bis zum unsozialen Thatcherismus gezogen hat. Durch die Brille


des Historikers betrachtet ist „Fischer-Z“ die anspruchsvollere Variante eines Best-Of-Albums. Und als solches macht es wieder Spaß. Ralf Dombrowski Wissenswertes: Fischer-Z spielen im November neun Konzerte in Deutschland. Downloadtipp: „Room Service“, „Berlin“

Wilco „The Whole Love“ ANTI/INDIGO

[Progressive Americana] Wilco haben einen langen Anlauf von den mittleren 90er Jahren bis heute genommen, aber es hat sich gelohnt. Als Country-RockBand gestartet, von Jim O’Rourke in Richtung Postrock geführt, durch Nels Cline zur Elitetruppe zwischen Americana, Jazz und Kunstlied avanciert, gelingt Wilco auf „The Whole Love“ ihr bislang komplettestes Statement. Die Sophistication der letzten Alben haben sie gegen simple und eingängige Melodien eingetauscht. Ihr Klangerfindungsreichtum ist grenzenlos, kein einziger Einfall, der sich wiederholen würde. Viele ihrer Songs glaubt man schon eine kleine Ewigkeit zu kennen. Nichts ist vordergründig, alles sanft verpackt. Unaufdringlich breiten sie sich in der Rockgeschichte aus, manches erinnert an die späten Beatles, anderes auch an die frühen Grateful Dead, einiges sogar an Krautrock, aber das Augenmaß, mit dem sie unterschiedlichste Klang- und Störquellen zu einem poetischen Fluss vereinen, kündet von Zukünftigem. Dieses ungewöhnliche Album will wieder und wieder entdeckt werden. Wolf Kampmann Weiterhören: Jim O’Rourke, Bonnie „Prince“ Billy Downloadtipp: „The Whole Love“

The Gotan Project „La Revancha En Cumbia“ ¡YA BASTA!/ALIVE

[Cumbia] Vor zehn Jahren veröffentlichte das Gotan Project sein mittlerweile legendäres Mix-Album „La Revancha del Tango“, das immer noch als Referenzwerk für einen aufgeklärten Umgang mit traditionellen Musikstilen gilt. Für „La Revancha En Cumbia“ haben die drei Herren den Spieß jetzt einfach umgedreht und die Creme der argentinischen Cumbia-Szene verpflichtet, um sich etwas genauer mit ausgewählten Songs des Gotan Projects auseinanderzusetzen. Herausgekommen sind zehn Remixe, unter anderem von Axel Krieger, El Hijo De La Cumbia, Bomba Estereo, Fauna, Tremor und El Remolon, die die ganze Vielfalt dieser ungemein vitalen Szene zeigen. Zu den Höhepunkten dieses Album zählen unter anderem die elektrisierende Bearbeitung des Titels „Triptico“ durch die einzigartigen Frikstailers und vor allem El Hijo De La Cumbias schweißtreibender Remix von „Una Musica Brutal“. Robert Wallner

Blick einfach nur eine Sammlung einfacher Songs, doch bei genauerem Hinhören entpuppen sich alle Lieder als Teil einer größeren Geschichte, die in dem fiktiven County Dustland im mittleren Westen der USA spielt. Es ist eine Story über Amerika, die Chris Eckman so nur anlegen konnte, weil er in seiner neuen Wahlheimat Slowenien genug Distanz zu den Vereinigten Staaten gefunden hat. Durch alle Stücke, die heftigeren wie die ruhigeren, zieht sich ein durchgängiger Groove, der das Erzähltempo vorgibt. In alter Walkabouts-Manier teilen sich Eckman und Torgerson die Gesangsparts auf und wechseln somit die Erzählperspektive. Wenn es schon keine Romane mehr gibt, die an William Faulkner anschließen, dann tun das zumindest die Walkabouts musikalisch mit diesem Album. Wolf Kampmann Weiterhören: The Baseball Project, John Hiatt

V.A. „Geisterbahn“ STEEPLEJACK/INAKUSTIK

Ähnlich wie: Tango Crash

The Walkabouts „Travels In The Dustland“ GLITTERHOUSE/INDIGO VÖ 21.10. [Rock] Es schien so, als hätten sich die Walkabouts nach ihrem letzten Album „Acetylene“ vor sechs Jahren in Wohlgefallen aufgelöst, doch jetzt kehren Chris Eckman, Carla Torgerson und Co. mit einem ihrer bislang stärksten Alben zurück. „Travels In The Dustland“ ist auf den ersten

[Folk] Die Idee klingt zunächst mal gut: Folksänger von den britischen Inseln erzählen uns ein paar Takte über die deutsche Volksmusik. Produzent Andrew Cadie hat sich schon lange mit deutscher Folklore beschäftigt und ist befremdet, dass im deutschen Radio nur angloamerikanischer Pop läuft. Jetzt gibt er uns mit ein paar Landsleuten, die allesamt in Deutschland leben, einige verborgene Folkperlen zurück. So weit, so gut. Leider bleibt er dabei tief in den 70er Jahren stecken. Abgesehen von dem charmanten britischen Akzent erinnern viele der hier vorgetragenen Versionen an längst überwundene Gutmenschenmusik à la Zupfgeigenhansel

(West) und Wacholder (Ost). Diese leicht verklemmte Rüstfahrtenromantik mag die eine oder andere sentimentale Erinnerung wecken, ist aber sicher nicht dazu angetan, eine Trendwende in der Aneignung deutschen Volksguts einzuleiten. Schade, denn es handelt sich hier um eine verschenkte Chance, die in dieser Form nicht so schnell wiederkommen wird. Wolf Kampmann Weiterhören: Wacholder, Brummtopf Downloadtipp: „Es geht ein dunkler Wolk herein“

Johnny Winter „Roots“ MEGAFORCE/NEO/SONY [Blues] Der Name ist Programm bei der neuen Veröffentlichung von Johnny Winter. „Roots“ führt den Gitarristen und Sänger zurück zu seinen musikalischen Wurzeln. Mit Unterstützung diverser Gäste hat Winter elf Blues-Klassiker neu eingespielt. Herausgekommen ist eine unterhaltsame, mit ansteckender Spielfreude dargebotene Zeitreise, die mit Robert Johnsons „Dust My Broom“ den Bogen zurück bis in die 1930er Jahre spannt. DerProtagonist liefert sich Gitarrenduelle mit namhaften Kollegen wie Warren Haynes und Susan Tedeschi und kann auch in gesanglicher Hinsicht überzeugen. Bruder Edgar Winter darf beim Instrumental „Honky Tonk“ mit dem Saxofon die Akzente setzen, bevor das mit satten Bläsersätzen instrumentierte „Come Back Baby“, im Original von Ray Charles bekannt gemacht, den stimmungsvollen Abschluss markiert. Jörg Laumann Wissenswertes: Die Idee zu „Roots“ stammt von dem Gitarristen Paul Nelson, der auch als Produzent und Musiker mitgewirkt hat.

33


Kl a ssik

David Orlowsky Trio „Chronos“ Sony

[Weltmusik] Der deutsche Klarinettist David Orlowsky hat genau diese intensive Herzenswärme in seinem ,singenden’ Ton, der man sich kaum entziehen kann. Und selbst wenn er jetzt wieder auf sein angestammtes Terrain zurückkehrt, in die Welt des Klezmer, reibt man sich verwundert die Ohren. Denn obwohl Orlowsky auch auf seinem dritten Album seiner Klarinette eigentlich altbekannte Tränen entlockt, er sein Instrument frech aufjauchzen lässt oder zum Tanz aufspielt, kommt diese uralte Musik einfach ganz neu daher. Das liegt jedoch weniger an den Kompositionen, die allesamt aus der Feder von Orlowsky, Florian Dohrmann (Kontrabass) und Gitarrist Jens-Uwe Popp stammen. Mit Gästen wie Bandoneonist Per Arne Glorvigen zeigt das Trio, das es hier nicht um das Idiom der osteuropäischen Folklore geht, sondern um ihren Geist. Reinhard Lemelle Weiterhören: Giora Feidman, David Krakauer, Don Byron

David Garrett „Beethoven: Violinkonzert; Kreisler: Violinstücke“ Decca/Universal, V.Ö. 4.11. [Konzert] Fast nur mit der Lupe kann man auf dem CD-Cover lesen, was Glam-Geiger und Teenie-Schwarm David Garrett nun eingespielt hat: Es ist Beethovens einziges Violinkonzert! Wer aber befürchtet, dass Garrett auf diesen Prüfstein der Interpretationkompetenz rockig drauf los

34

drischt, darf durchatmen. Dezent und elegant kommt sein Spiel daher. Sein Ton ist nicht nur schlank, sondern besitzt zudem verzaubernde Schönheit. Als wollte Garrett den oftmals verkannten Melodiker Beethoven endlich rehabilitieren. Und das ist ihm jetzt auf seine Weise gelungen. Im Zugabenprogramm zeigt er dann mit dem (leicht blassen) Royal Philharmonic Orchestra unter Ion Marin, dass er nicht nur sentimental zu schwelgen versteht. In den Wiener Salonstücken des Geigers Fritz Kreisler schaltet Garrett auch bravourös ein paar Gänge höher – und dürfte selbst damit seine ärgsten Kritiker souverän entwaffnen. Guido Fischer Weiterhören: Jascha Heifetz, Gidon Kremer, Nikolaj Znaider

The London Steve Reich Ensemble „Reich: Different Trains, Piano Counterpoint u. a.“ EMI Classics [Minimal Music] Goethe empfand das Streichquartett noch als Gespräch zwischen vier vernünftigen Menschen. Vorausgesetzt, es gibt Themen, über die man sich streiten kann. Beim US-amerikanischen Minimalismus-Guru Steve Reich gibt es stattdessen nur die rhythmische Kinetik. So komponierte er 1999 gleich ein Triple-Quartet, bei dem 12 Streicher über komplex verschachtelte Motive und Rhythmen einen unglaublichen Sog entwickeln. Und mit „Different Trains“ schuf Reich 1988 gar ein beklemmendes Quartett über den Holocaust, das er mit Tonbandzuspielungen collagierte. Anlässlich von Reichs 75. Geburtstag hat das London Steve Reich Ensemble diese Kammermusikwerke enorm spannungsvoll in den Griff bekommen. Kaum glauben möchte man hingegen, dass

Reichs Minimal Music-Manifest „Six Pianos“ jetzt als „Piano Counterpoint“ von einem einzigen Pianisten gestemmt worden sein soll. Guido Fischer Ähnlich wie: Philip Glass, John Adams

on, einen Hauch des Schtetls mit Kammermusikalischem zusammen. Mit viel Emphase gestaltet er Räume voller Offenheit, Melancholie und ist längst da, wo Nigel Kennedy gerne wäre. Ralf Dombrowski Weiterhören: Fauré Quartett, Daniel Kahn, Moscow Art Trio

Trio Bravo+ „Trio Bravo+“ OZELLA/GALILEO MC [Crossover] Eine Biographie, die heute schon wieder unwirklich wirkt. Der Geiger Mark Chaet wur­ de in der realsozialistischen Ukraine geboren, geriet dort zunächst an den falschen Musiklehrer, der ihm sein Talent absprach. Er ließ sich aber davon nicht abbringen, kam in einer Musikberufsschule unter und studierte sein Instrument so lange, bis seine politische Einstellung nicht mehr ins System passte. Zwar wurde er in der Ära der Öffnung als Musiker rehabilitiert, hatte aber 1992 dann doch die Nase voll und wanderte über weite Umwege nach Berlin aus, wo er 1994 endlich an der HannsEisler-Universität seine Kompetenzen weiter verfeinern durfte. Dort traf er auf den Kontrabassisten Sergej Sweschinskij und gründete zusammen mit Pianist Alexander Gutman das Trio Bravo. Mit dieser Formation erspielte Chaet sich im Lauf der folgenden Jahre einen guten Ruf als Geiger zwischen den Stilen, und so entwickelt sich das Ensemble zu einer Konstante in seinem Künstlerleben. „Trio Bravo+“ bietet nun einen Schlusspunkt der ersten 15 Jahre Klangerkundungen im Grenzgebiet von Folklore, Klassik und Jazzgetöntem. Mit wechselnden Besetzungen etwa um die Marimba-Spielerin Maria Schneider ergänzt, schlendert Chaet an den Stationen seiner bisherigem Karriere entlang, bringt eine Prise Russisches mit etwas Abstrakti-

Enrico Pieranunzi „1685 – Enrico Piera­nunzi plays Bach, Händel, Scarlatti“ CAM JAZZ/EDEL KULTUR VÖ 28.10.

[Recital] Irgendwann packt es jeden einmal. Keith Jarrett hat es schon getan, Chick Corea ebenfalls und nun eben auch Enrico Pieranunzi. Der italienische Pianist und Klavierprofessor spielt Klassiker, und er wählt die Komponisten aus, die mit ihrem Hang zur zuweilen improvisiert wirkenden Linienbildung neben den Impressionisten dem Jazzempfinden am nächsten sind. Als Motto wählt er das Geburtsjahr von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und Domenico Scarlatti 1685, von dem aus er verschiedene Kapitel der Variationskultur anvisiert. Das Besondere dabei: Pieranunzi verknüpft die Werke der barocken Meister mit eigenen Improvisationen, gemäß der Vorstellung, dass erst die bürgerliche Klassikrezeption des 19. Jahrhunderts den Interpreten die Fähigkeit zu spontanen Variationen abgewöhnt hat. Und tatsächlich ist dieses Solo-Recital immer dann am besten, wenn Freiheit auf die Festlegung trifft, wenn eine intuitive Passage beinahe unmerklich in eine komponierte übergeht und sich auf diese Weise die musikalischen Welten kommentieren, ergänzen, komplettieren. Allerdings stößt Pieranunzi da auch an seine Grenzen. Denn so souverän sein


Anschlag und seine Phrasierung im Jazzigen klingen, so klar fehlt ihm im Klassischen doch eine Anschlagskultur etwa eines András Schiff oder der Nachdruck eines Friedrich Gulda. Da hilft es auch nicht, für einige Stücke auf ein historisches Instrument aus dem Jahr 1849 zurückzugreifen, denn gerade ein alter Pleyel ist noch herausfordernder als ein neuer Steinway. Ralf Dombrowski Weiterhören: Brad Mehldau, Stefano Bollani, Alfred Brendel

Daniel Barenboim/ Pierre Boulez „The Liszt Concertos“

Farben. Damit das auch möglich werden konnte, lud er seinen Kollegen Pierre Boulez an das Pult der Staatskapelle Berlin, einen der erfahrensten Klangraumgestalter der Gegenwart. Und vor allem diese Entscheidung trug dazu bei, dass die im Juni des Jahres in Essen aufgezeichneten Konzerte sich auch dem nähern, was Barenboim sich dachte. Denn erst im Verbund des dynamisch und dramaturgisch perfekt gesteuerten Orchesters konnte der Pianist mit den Möglichkeiten der Klangfarblichkeit spielen. So wurde aus „The Liszt Concertos“ zwar keine Jahrhundertaufnahme, aber doch eine Version inspirierter Auseinandersetzung mit dem Monumentalen, die Feinheiten des Tiefgründigen zuließ. Sascha Fröhlich Weiterhören: Svjatoslav Richter, Julius Katchen

DG/Universal

[Konzert] Ein Pianist spielt Liszt, natürlich, es ist ja Jubiläum. Und deshalb widmen sich dieser Tage ganze Armaden von Interpreten dem musikalischen Schaffen des romantischen Komponisten, der in vielfacher Hinsicht die Vorstellung und Wahrnehmung von Musik verändert hat. Denn Liszt etablierte die Idee des Virtuosen endgültig in der bürgerlichen Konzertkultur, und seine beiden Klavierkonzerte gelten als Schlachtschiffe des Zirzensischen, gerne geschmäht von einer Musikkritik, die den Kampf des erfolgreichen Künstlers mit den Grenzen der Ausdruckskraft so nicht akzeptieren wollte. Daniel Barenboim nun, selbst auf seine Weise ein Missionar eines toleranten Kulturverständnisses, konnte es daher nicht hinnehmen, dass die Liszt’schen Konzerte im Jubeljahr womöglich falsch verstanden werden könnten, und widmete sich für das Klavier-Festival Ruhr dem mächtigen Werk aus seiner Perspektive. Wichtig war ihm die Entkleidung des Mythos vom Gewand des Historischen und eine Neudeutung des Virtuosen als Spiel mit Illusionen und

Hélène Grimaud „Mozart: Klavierkonzerte Nr. 19 & 23 u. a.“ DG/Universal [Konzert] Von den bisherigen Aufnahmen Hélène Grimauds weiß man, dass sie sich über die ausgewählten Klavierstücke lieber einmal zu viel als zu wenig Gedanken macht. Kopflastig ist ihr Spiel aber nie, sondern bisweilen verstörend aufwühlend. Kein Wunder, dass sie selbst bei ihren in München mitgeschnittenen Konzert-Aufnahmen zwei bekannte Klavierkonzerte von Mozart nicht einfach runterperlte. Mit dem Kammerorchester des Symphonieorchesters des BR legte sie vielmehr Stimmen und Stimmungen frei, die vor allem an den Musikdramatiker Mozart denken lassen. Ungemein empfindsam und subtil lotet Grimaud die langsamen Sätze aus, während die spielerische Brillanz in den schnellen immer auch etwas

Trügerisches besitzt. Geistigkeit und Musikalität geraten bei Grimaud in ein auf- und anregendes Wechselspiel. Guido Fischer

Sylvain Cambreling „Antonín Dvorˇák: Sinfonie Nr. 9 ,Aus der Neuen Welt‘; Leoš Janácˇek: Sinfonietta“ GLOR CLASSICS/SONO MUSIC [Sinfonik] Es ist eine Frage des Tempos und der Offenheit. Denn Antonín Dvorˇáks neunte Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ ist so prall gefüllt mit grandiosen, pathostrunkenen Melodien, dass Dirigenten gerne den Fehler begehen, sie als Potpourri klassischer Gassenhauer zu verstehen oder auf der anderen Seite via übertriebener Empathie dem imaginierten Schicksal der Indianer akustisch nachzuspüren. Es ist eine Frage der Balance, und Sylvain Cambreling erweist sich als umsichtiger Gestalter mit dem Gespür für ein passendes Maß der Introspektion. So zart und fragil, beinahe intim war das „Largo“ lange nicht mehr zu hören; mehr portionierter Nachdruck als beim „Scherzo. Molto Vivace“ mit dem SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, das der gebürtige Nordfranzose seit 1999 als Chefdirigent leitet, ist kaum noch möglich. Cambreling schöpft die Möglichkeiten der Farbgestaltung mit Pfiffigkeit aus, und bevor das Fest der Ohrwürmer allzu versöhnlich wird, ist die 2009 entstandene Aufnahme auch schon vorbei und mündet in Leoš Janácˇek „Sinfonietta“, eine Komposition des bereits 72jährigen Tschechen, die er in nur drei Wochen anlässlich eines Kongresses des patriotischen Turnerverbandes „Sokol“ geschrieben hatte und die 1926 in Prag uraufgeführt wurde. Hier treffen imaginierte Folklore und Fanfarenpracht, orchestraler Wohlklang und dezente

Abstraktion aufeinander, als spätes Erbe der nationalen Musikjahrzehnte. Für Cambreling und sein Orchester ist Janácˇek mehr noch als Dvorˇák eine Spielwiese der Akzente, der Präsenz in der Transparenz. Eine ebenso feinsinnige wie unterhaltsame Aufnahme zweier großer Orchesterwerke aus dem Geiste der reflektierten Romantik. Sascha Fröhlich Wissenswertes: Im Jahr 2009 bekam Sylvain Cambreling den Echo Klassik als Dirigent des Jahres für sei­ne Beschäftigung mit Olivier Messiaen.

Sharon Isbin & Friends „Guitar Passions“ Sony Classical

[Crossover] Natürlich ist die US-amerikanische Topgitarristin Sharon Isbin absolut sattelfest im klassischen Kernrepertoire, ob bei Bach oder in den spanischen Miniaturen eines Albéniz. Die ehemalige Schülerin des Jahrhundertgitarristen Andrés Segovia geht aber eben gerne mal musikalisch fremd. Für ihre Klangroute in Richtung Brasilien und Lateinamerika hat sie sich nun namhafte Begleitung gesichert. Ex-Zappa-Gitarrist Steve Vai, die brasilianische Sirene Rosa Passos sowie der TappingSpezialist Stanley Jordan assistieren Isbin bei ihren einfühlsamen, akustischen Saitenschwingungen. Und für weltmusikalisch angenehme Brisen sorgt etwa eine Coverversion von Antonio Carlos Jobims „Chovendo na Roseira“. Das eigentliche Gitarrenfeuer lodert aber erst, wenn Isbin ganz allein und atemberaubend virtuos zupackt, in Klassikern von Agustín Barrios Mangoré und Albéniz. Reinhard Lemelle Ähnlich wie: Miloš Karadagli´c „Mediterráneo“

35


ja zz & world

Inge Brandenburg „Sing! Inge, sing!“ SILVER SPOT/EDEL:KULTUR

[Vocal Jazz] Im Booklet liest man über die gebürtige Leipzigerin Lobeshymnen aus berufenem Jazz-Munde, auch von Emil Mangelsdorff und Klaus Doldinger. Dabei ist der Name Inge Brandenburg längst vom Jazz-Radar verschwunden. 1999 starb die Sängerin mit 70 Jahren in München, verarmt und vergessen. Doch auch in den Jahrzehnten zuvor kannten sie nur noch Insider, obwohl Brandenburg für kurze Zeit als Europas beste Jazzsängerin galt. Ein überfälliger Tribut an diese verschollene Künstlerin versammelt jetzt Aufnahmen von 1959 bis 1995, die sie vorrangig für deutsche Rundfunkstationen gemacht hatte. Und ob nun in den Standards „The Man I Love“ und „Body and Soul“ oder „Non, je ne regrette rien“ – sie besaß neben mitreißender Swing-Power auch stets diese Bittersüße im Ausdruck, die große Jazzstimmen aus und unsterblich macht. Guido Fischer Besonderheit: Ein gleichnamiges Filmporträt über Inge Brandenburg kommt am 26.10. in die Kinos.

Dieter Ilg „Otello live at Schloss Elmau“ ACT/EDEL:KULTUR VÖ 28.10.

[Fusion] Jazz-Bassist Dieter Ilg gibt meistens prominenten Musikern Rückendeckung, wie etwa Till Brönner oder Bassbariton Thomas Quasthoff bei dessen Standardausflügen. Doch 2010 begab sich Ilg mit eigenem Trio ins

36

Studio und in die Operngeschichte, um Giuseppe Verdis berühmten Mohren „Otello“ auf FusionHerz und Nieren abzuklopfen. Das Experiment glückte, die verjazzte Otello-Annäherung wurde mit einem Schallplattenpreis ausgezeichnet. Anfang 2011 entstand nun der Livemitschnitt im oberbayerischen Schloss Elmau. Und mit seinen Kompagnons Rainer Böhm (Klavier) und Patrice Heral (Schlagzeug) legte Ilg noch mal nach, was die dauergroovende Gangart und romantische JazzHymnenseligkeit angeht. Würde da aber zwischendurch nicht einer der Musiker als intriganter ,Jago’ mit einer Free-Funk-ScatArie auftreten, man würde glatt vermuten, hier eine verschollene Aufnahme des schwedischen Esbjörn Svensson Trio zu hören. Guido Fischer

ist die Musik auf sympathisch intendierte Art chaotisch, ein wunderbares Ineinanderwirken konkurrierender Bläsersätze, irrlichternder Linien auf modern swingender Basis, die aber rechtzeitig zur Gemeinsamkeit zurückkehren, bevor musikalische Zentrifugalkräfte wirken können. Zwischendurch wird das Ganze noch gewürzt durch ein wenig Cembalo oder auch ein paar finnische Verse. So bekommt Kerkko Koskinens Klangkosmos eine überraschende Prise Sonderbarkeit, die so vielen gelackten Orchesterplatten abgeht. Eine Entdeckung! Ralf Dombrowski Weiterhören: Le Sacre Du Tympan, Mingus Big Band

Weiterhören: Uri Caine „Wagner e Venezia“

Brad Mehldau, Kevin Hays „Modern Music“

Kerkko Koskinen Orchestra „Trains & Letters“ RICKY-TICK/GROOVE ATTACK [Ensemble Jazz] Der finnische Komponist, Pianist und Bandleader Kerkko Koskinen nennt gerne Charles Mingus als Vorbild seiner eigenwillig humorvollen Klangwelten. Tatsächlich ist da eine entfernte Geistesverwandtschaft auf dem aktuellen Album seines Orchesters zu spüren. Zum einen erscheint das Thema „Trains & Letters“ zunächst abstrus genug, dass es auch von dem amerikanischen Querdenker hätte sein können. Es ist gedacht als augenzwinkernder Nekrolog auf zwei Kulturräume, die in Zeiten von Internet und E-Mail immer mehr verloren gehen, Züge als Soziotope und Briefe als fest geschriebene Dokumente menschlicher Verfasstheit. Vor allem aber

NONESUCH/WARNER [Piano Jazz] In den 90ern startete der New Yorker Tenorsaxofonist Patrick Zimmerli zunächst eine Musiklaufbahn im Umkreis der avancierten Moderne etwa an der Seite des Gitarristen Ben Monder. Doch dann zog es ihn mehr zum Komponieren hin, und er schrieb viel Kammermusik unter dem Eindruck von Minimalisten wie Steve Reich. Eines dieser Projekte ist „Modern Music“, ein Programm, konzipiert für zwei Klaviere, dessen sich nun die Pianisten Kevin Hays und Brad Mehldau angenommen haben. Obwohl weitgehend auskomponiert, ist die Wahl von zwei Jazzkoryphäen für diese musikalischen Zwiegespräche wohl durchdacht. Denn Zimmerlis Kompositionen wirken frei fließend und fordern von den Interpreten dieses nötige Quäntchen Spontaneität und Impulsivität, um aufzublühen. So gelingt es Hays und Mehldau, die „Modern Music“ mit postimpressionisti-

scher Gestaltungskraft wirken zu lassen und der Tendenz zum Plakativen der Ausdruckspatterns mit Impulsivität und pianistischer Eleganz entgegen zu wirken. Sascha Fröhlich Ähnlich wie: Wim Mertens, Michael Nyman

Chick Corea, Stefano Bollani „Orvieto“ ECM/UNIVERSAL [Piano Jazz] Spontan sollte es sein, ein Treffen aus dem Geiste der berühmten Klavierduos, die in den 70er Jahren die Jazzwelt faszinierten. So reisten die Pianisten Chick Corea und Stefano Bollani im vergangenen Dezember ohne große vorherige Absprachen an, um beim Umbria Jazz Winter Festival ihr Glück auf der Bühne zu versuchen. Lediglich ein paar Lieder hatten sie vereinbart, der Rest blieb der Gunst des Moments überlassen. Und die Schwingungen am Abend vor Silvester waren dem Künstlerduo gewogen. Mit charmanter Eloquenz formulierten sie ihre Dialoge, ästhetisch eher unter der postromantischen Führung Bollanins als dem früheren Idiom der Corea-Gespanne folgend. Es gab Kammerjazziges und ein wenig Avantgardeskes, allerdings in Maßen, ansonsten viel Melodie, viele perlende Läufe und fein balancierte, manchmal gar höflich zurückhaltende Zwiegespräche. Tatsächlich fehlt „Orvieto“ daher ein wenig der Schmiss, der zweieinhalb Jahrzehnte zuvor die Konzeption der Klavierduos von Corea bestimmte. Dazu hätten sich die beiden vielleicht doch vorher treffen sollen, um im Kleinen die Grenzen des jeweiligen Partners auszuloten und sie dann vor Publikum im kreativen Idealfall auszukosten. Sei’s


drum: Schön klingt die Musik von Corea und Bollani allemal. Sascha Fröhlich

neu, muss sich setzen, wird aber Spuren hinterlassen. Paul Hammerthal

Wissenswertes: Chick Corea ist der Duo-König des Jazz. Berühmt wurden vor allem seine Aufnahmen mit dem Vibrafonisten Gary Burton.

Joo Kraus & Tales In Tones Trio „Painting Pop“ Malcolm Braff „Inside“

Rudresh Mahanthappa „Samdhi“ ACT/EDEL:KULTUR

[World Jazz] Indien holt auf. Während das Land kurz davor steht, China den demographischen Spitzentitel abzuluchsen, ist auf der anderen Seite der Welt eine Generation von nicht mehr ganz jungen, selbstbewussten Musikern herangewachsen, die in der Jazzszene klangkulturelle Akzente setzen. Dabei geht es nicht um das Relativieren vorhandener Normen, sondern eher um die Definition eines eigenen Stilplatzes im Impulsgemenge starker Gestaltungstraditionen. Dem Saxofonisten Rudresh Mahanthappa kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Denn über seine spieltechnische Kompetenz hat er sich bereits während der vergangenen fünf Jahre einen prominenten Platz in der Wertschätzung von Presse und Publikum erspielt. Mit „Samdhi“ nun geht er einen Schritt weiter als bisher. Im Quintett mit Gitarrist David Gilmore, E-Bassist Rich Brown, Drummer Damion Reid und MridangamTrommler Anantha Krishnan entwickelt er ein Programm zwischen den Welten, verwurzelt im Free Funk ebenso wie im Polyrhythmischen, im Jazz Blues wie in den weit ausholenden Bögen der indischen Ideenwelt. Da findet sich viel New York im Stilgepäck, das Erbe der M-Base-Ära à la Steve Coleman etwa, aber eben auch jazzig Ungewohntes in Tonbildung und Phrasierung. Das ist

ENJA/SOULFOOD [Piano Jazz] Für Malcolm Braff war es auch ein wenig ein Neuanfang. Sein langjähriges Trio mit dem Bassisten Bänz Oester und dem Drummer Samuel Rohrer hatte sich aufgelöst, und so konnte sich der in der Schweiz lebende, aber in Brasilien geborene Pianist Malcolm Braff nach anderen Partnern umsehen, ohne jemanden vor den Kopf zu stoßen. Als ihn das Festival von Cully in diesem Frühjahr als Artist in Residence engagierte, bekam er die Gelegenheit, den Bassgitarristen Reggie Washington und den jungen Drummer Lukas Koenig einzuladen. Die Arbeitsphasen entwickelten sich so produktiv, dass das frischgebackene Trio wenig später ins Studio ging. Elf überwiegend eigene Stücke wurden aufgenommen, funky an der Basis und beiläufig komplex in der Durchführung. Auf „Inside“ laufen die M-Base-Erfahrungen Washingtons mit frei fließenden Grooves und Braffs Hang zu verschmitzter Abstraktion zusammen, ergänzt um das klare, versiert kommentierende Schlagzeug des österreichischen Newcomers. Als kleinen Bonus sang schließlich im Nachhinein noch die bislang unbekannte Aurélie Emery – ein Session-Gast aus Cully – Björk-getönte Linien über ein Stück des Albums. So entstand funky Pianojazz mit ordentlich Kraft in der Hinterhand, ein Rezept, das noch richtig groß rauskommen könnte. Sascha Fröhlich Ähnlich wie: Kevin Hays, Gerald Clayton, Andy Milne

37

EDEL CONTENT / EDel KULTUR [Cool Jazz] Erinnert sich noch jemand an Tab Two? An dieses rätselhaft verschrobene Duo des früheren Kraan-Bassisten Helmut Hattler mit einem jungen Trompeter namens Joo Kraus? Richtig, es ist eben jener Newcomer, der sich inzwischen zu einem der führenden Instrumentalisten seines Fachs in der deutschen Szene gemausert hat. Und er kann es noch immer nicht lassen, mit seinen Projekten die Randgebiete des Jazz an der Grenze zum Pop abzugehen, um nach Inspirationen und Repertoire­ ideen zu suchen. „Painting Pop“ führt ihn nun mit seinem Trio

über den Kosmos von Michael Jackson hinaus, den er mit dem vorangegangenen „Neverland“Projekt erkundete. Wirkte die Hommage an den „King Of Pop“ noch ein wenig konstruiert, so ist dieses Album ein gelungenes Experiment. Die Stücke stammen mal von Toto und 10cc, mal von Sade und sogar Nena, werden aber von den Musikern mit einer Nonchalance in die eigene Klangsprache übersetzt, dass einem stellenweise Gänsehaut kommt. So klingt ein „I’m Not In Love“ momenthaft wie eine verschollene Ballade von Chet Baker, und der „Smooth Operator“ hätte auch aus einer Laune von Art Blakey’s Jazz Messengers heraus entstanden sein können. Hier ist ein Konzept gereift und wirkt sogar bei den Liveaufnahmen der Bonus-CD von der NeverlandTournee homogen und überzeugend. Was für ein cooler Typ dieser Kraus doch geworden ist! Paul Hammerthal

Highlights: Fr., 04.11., 19.30 Uhr, Festsaal Ingolstadt

Pat Metheny Trio

w/Larry Grenadier & Bill Stewart So., 06.11., 19.30 Uhr, Festsaal Ingolstadt

Earth, Wind & Fire Experience

feat. The Al McKay Allstars

Fr., 04.11., Jazz Party I:

• George Duke Quartet • Tingvall Trio • Iiro Rantala

Sa., 05.11., Jazz Party II:

• The Bahama Soul Club • Magnus Lindgren Quartet • Raphael Gualazzi • Incognito • Mike Stern Band feat. Dave Weckl, Bob Malach, Chris Minh Doky

Das komplette Programm & Tickets unter: www.ingolstaedter-jazztage.de, Tel.: 08 41/3 05 18 11


schatzkiste

Saubermänner mit Attitüde: Johnny Marr (l.) und Morrissey (2.v.l.) mit Band

The Smiths „Complete“ RHINO/WARNER The Smiths waren das gute Gewissen der New Wave, jedenfalls stellen sie sich gerne so dar. Während die Kollegen von Human League bis Spandau Ballet den Synthiepop der PunkNachfolge gerne als Kunstform inszenierten, gaben sich Sänger Steven Patrick Morrissey und Gitarrist Johnny Marr mit ihrer Band betont authentisch und normal. Schon der Allerweltsname war eine Botschaft, allerdings eine ironisch relativierte. Denn so durchschnittlich jugendlich The Smiths auf der einen Seite wirken wollte, so massiv nahmen sie auf der anderen Stellung zu den Verfasstheiten der britischen Gegenwart. Morrisseys verbaler Lieblingsfeind war Premierministerin Margaret Thatcher, der er in seinen Liedern schon einmal die Guillotine an den Hals wünschte, dicht gefolgt von Bob Geldof, den er schlicht für einen Scharlatan des Benefiz-Business hielt. Dazu kamen klare Stellungnahmen gegen den Verzehr von Fleisch, dem die Band sogar den Albumtitel „Meat Is Murder“ widmete.

38

So waren The Smiths eine wunderbar widersprüchliche Combo, die zum einen stellenweise aggressive oder traumatische Texte in eine ansprechende musikalische Form brachte, auf der anderen Seite zumindest auf dezente Weise dem Ausverkauf der Popmusik, der in den frühen 80ern einsetzte, einen künstlerischen Anspruch der Originalität entgegensetzten. Markant waren neben Morrisseys mal flehender, mal larmoyanter, aber auch beschwörender Stimme vor allem die schwebenden und fröhlich flirrenden Gitarrenlinien Marrs, die dem Pathos des Textes einen Teil des poetischen Ernstes wieder nahmen. So war es eigentlich unvermeidlich, dass die beiden stilistischen Protagonisten der Band über kurz oder lang aneinander geraten mussten.

Anno 1987, nur fünf Jahre nachdem sich The Smiths in Manchester gegründet hatten, verließ Johnny Marr die Band, die das letzte, noch gemeinsame und vierte Studioalbum „Strangeways, Here We Come“ wenig später als Nachruf veröffentlichte. Morrissey startete seine Solokarriere, setzte mit „Viva Hate!“ im folgenden Jahr das Politikerbashing erfolgreich fort und gilt heute neben Elvis Costello und David Sylvian als integre Ikone der Independent-80er. Marr arbeitete mit Bands wie Electronic weiter, schrieb Songs für Oasis und Beck und machte sich im Vorfeld der 30jährigen Bandjubiläums daran, das Erbe von The Smith zu remastern und in einer CD-Box mit neuen Linernotes herauszugeben. „Complete“ heißt das gute Stück, ist in verschiedenen CD- und Vinylversionen erhältlich und macht alle, die die 80er miterlebt haben, ein bisschen nostalgisch. Denn genau genommen ging es damals kaum jemandem in England, in Europa wirklich schlecht. The Smiths dokumentieren diesen musikalischen Wohlstand in aller verschmitzt intellektueller Pracht. Sascha Fröhlich Info: The Smiths wurden zum Vorbild vieler Bands des Britpop und des New-Wave-Revivals.


Blondie „Original Album Classics“ EPIC/LEGACY/SONY Zwar hatte sich die New Yorker Pop-Punk-Combo Blondie 1983 nach neun produktiven Jahren offiziell aufgelöst. Aber so ganz sein lassen wollten es die Musiker und die Sängerin Deborah Harry dann doch nicht, und so veröffentlicht die Band bis heute Alben unter dem erfolgreichen Namen. Drei Aufnahmen der mittleren Jahre, „No Exit“, „Livid“ und „The Curse Of Blondie“ sind nun im Rahmen der Reihe „Original Album Classics“ in einem Schuber zusammengefasst wieder zu haben. Sie gehören zur Herbstrunde der bereits 2008 gestarteten Serie, die Raritäten und vergriffene Aufnahmen jeweils im Dreierpack mit Originalcovers im Vinylstil zusammenfassen. Neben Blondie sind diesmal Songwriter Ben Folds, die Altrocker von Deep Purple und die britischen Indie-Rocker Manic Street Preachers mit von der Partie. Noch umfangreicher sind die 5-CD-Päckchen mit Alben von REO Speedwagon, Lou Reed, Suicidal Tendencies und Elvis Presley, die ebenfalls dieser Tage in die Läden kommen. Und wem das nicht genügt, der kann noch ein bisschen in den Regalen kramen. Denn seit Start der Serie sind bereits rund 200 Titel im Rahmen der „Original Album Classics“ wieder veröffentlicht worden. Paul Hammerthal Info: Die „Original Album Classics“ umfassen auch Folk- und Jazztitel von Willie Nelson über George Benson bis Deodato.

Ganz entspannt: Als Blondie stagnierte, sang Deborah Harry auch mal Jazz

Miles Davis „The Perfect Miles Davis Collection“ COLUMBIA/LEGACY/SONY Im September 1991 starb Miles Davis an den Folgen eines Schlaganfalls. Zwei Jahrzehnte sind seitdem vergangen, aber noch immer gilt der Trompeter als tonangebende Kraft im Jazz. Denn er war mehreres zugleich: einerseits ein neugieriger und risikofreudiger Musiker, der mehrmals dem Jazz eine Richtung wies und darüber hinaus in seinen Bands mit steter Regelmäßigkeit die Hoffnungsträger seines Fachs versammelte. Auf der anderen Seite war er ein Kämpfer für die Gleichberechtigung schwarzer Künstler, der es als einer der ersten durchsetzte, genauso bezahlt zu werden wie seine weißen Kollegen. Und er war Protagonist eines Lebensstils, der mit exaltierter Mode, ruppigen Gesten und der Botschaft, mit dem Rücken zum Publikum zu spielen, die Verhaltensnormen von Jazzmusikern revidierte. In einer Hinsicht allerdings war Miles Davis erstaunlich konstant. Nachdem er Mitte der 50er Jahre einen Vertrag mit der Plattenfirma CBS/ Columbia unterschrieben hatte, blieb er dem Haus weitgehend treu. Das ermöglicht es Sony, die inzwischen den

Katalog von Columbia verwaltet, erstaunliche Sammlungen seiner Platten herauszugeben. Aus Anlass des 20. Todestages nun kann man als Miles-Davis-Fan auf zwei Zusammenstellungen zurückgreifen. Für den enzyklopädisch veranlagten Sammler bietet die bereits 2009 erschienene Box „The Complete Columbia Album Collection“ die Möglichkeit, den gesamten Miles mit 52 Alben auf 70 CDs, Bonusmaterial und zusätzlicher DVD zu archivieren. Darüber hinaus gibt es nun auch eine Auswahl dieser Edition in einer kleineren, aber für viele Jazzfans vollkommen ausreichenden Version. „The Perfect Miles Davis Collection“ versammelt 20 essentielle Alben, angefangen bei den Gil-Evans-Aufnahmen über „Kind Of Blue“ und das legendäre Quintett der 60er bis hin zum Jazzrock von „Bitches Brew“ und einigen Alben aus den 80ern. Mit einem eigenen Booklet sorgfältig ediert und kommentiert, bietet diese Box einen ausgezeichneten Überblick über die Schaffensphasen mit hohem Genusspotential. Und wer dann erst einmal Blut geleckt hat, kann sich „Sorcerer“, „The Man With The Horn“ oder „You’re Under Arrest“ immer noch einzeln zulegen. Ralf Dombrowski

39


schatzkiste Maria Callas „The Callas Effect“ EMI CLASSICS

Als Teenagerin sang Maria Callas ihre erste Rolle in Mascagnis „Cavalleria Rusticana“ in Athen, und wenig später schon galt die in New York geborene Griechin mit italienischem Pass als Jahrhundertstimme. Sie schaffte es, in den nach neuen Helden und Heldinnen dürstenden Nachkriegsjahren nicht nur der Oper an sich wieder zu neuem Glanz und Popularität zu verhelfen, sondern ganze Epochen wie das Belcanto neu zu beleben. Und sie war eine schillernde Gestalt des öffentlichen Lebens, durch ihre glamouörsen Auftritte, aber auch durch ihre Affäre mit dem Milliardär Aristoteles Onassis. Die Edition „The Callas Effect“ spürt dem besonderen Reiz dieser Märchenkarriere nach, mit zwei CDs, die ihre Paradearien von Gluck bis Verdi und Puccini bis Catalani unter einem Dach versammeln. Als besonderer Bonus wird die Sammlung durch eine DVD-Dokumentation ergänzt, die mit viel historischem Material die Lebensgeschichte von Maria Callas nachvollzieht. Sascha Fröhlich Hände hoch und zuhören! Bugge ist dabei bei SZ Jazz

Verschiedene Interpreten „Süddeutsche Zeitung Jazz“ ALIVE

Es muss eine Heidenarbeit gewesen sein, mehr als 300 Titel zusammenzustellen, um das Thema Jazz mal von einer neuen Seite anzugehen. Aber der Musikjournalist – und frisch gebackene Chefredakteur des SONO-Magazins Ralf Dombrowski – hatte die Idee, das schier grenzenlose Repertoire nicht nach Kriterien wie Chronologie oder Persönlichkeiten, sondern nach einem dramaturgischen Konzept zu gliedern. Es sollten CDs entstehen, die jeweils nach Themen sortiert jede für sich einem Spannungsbogen folgen, der die ganz alten Stücke ebenso integriert wie die ganz neuen. Spezialisten sollten ebenso angesprochen werden wie Novizen des Musikgenusses, Entdecker ebenso wie Hörer, die sich einfach nur gute Unterhaltung wünschen. Heraus kam eine Box mit 18 CDs, die manche Überraschung zu bieten hat. So finden sich die Größen des Geschäfts

40

von Charlie Parker und Miles Davis bis John Coltrane und Ornette Coleman ebenso in den Zusammenstellungen wieder wie Musiker, die auf einem Theremin spielen, eine Bluegrass-Version eines Queen-Klassikers anstimmen oder indische Musik aus Jazzperspektive interpretieren. Darin unterscheidet sich die Jazz-Edition der Süddeutschen Zeitung von anderen Compilations, die diesen Weg schon gegangen sind. Sie nimmt den Hörer an der Hand und führt ihn durch das Spiegelkabinett einer Musik, die viel mehr zu bieten hat als Swing, Bebop und verrückte Bläser. Paul Hammerthal

Little Feat „40 Feat“ PROPER/ROUGH TRADE Als Litte Feat 1968 anfingen, war noch alles offen. Die Rockmusik war gerade erst im Begriff, erfunden zu werden, und allerlei schräge Vögel und Träumer suchten nach ihrem Platz auf der Spielwiese. Einer davon war Lowell George, Sänger und Gitarrist mit Blumen im Haar und Gewürzkraut im Kopf. Er rief mit Freunden aus dem Zappa-Umfeld Little Feat ins Leben, schrieb Lieder, die die Freiheit der amerikanischen Highways priesen, und glaubte selbst an diese Mythen. In den 70ern avancierte die Band zum Kritikerliebling, wurde allerdings vom Publikum langsamer anerkannt. Lowell George frönte den Rauschmitteln, starb 1979 an Herzversagen und hinterließ eine Band, die im Laufe der Jahre auf der Bühne immer besser wurde. „40 Feat/ The Hot Tomato Anthology 1971-2001“ versammelt nun auf 3CDs Live-Aufnahmen aus vier Jahrzehnten vom bandeigenen Hot-Tomato-Label. Manches fällt unter die Rubrik Kurioses, das Meiste aber ist so durch und durch amerikanischer Country-Funk mit Blues vermengt, dass man sich am liebsten gleich ins Auto setzen möchte und gen Süden cruisen, der Sonne, dem Taumel, der Freiheit entgegen. Paul Hammerthal


Elvis Presley Young Man With The Beat – The Complete ’56 Elvis Presley Masters RCA/Legacy/Sony Popgeschichtsschreibung hat etwas Surreales. Denn Journalisten neigen dazu, Karrieren wie Naturgewalten erscheinen zu lassen, die über die Musikwelt hereinbrechen. Da tauchen Genies wie aus dem Nichts auf, walzen alles nieder, was sich ihnen kritisch in den Weg stellt, und schaffen es scheinbar mühelos, ein großes Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Dieses Modell ist zwar alt, aber wirkungsvoll, und einer der ersten, bei denen es breitenwirksam zum Tragen kam, war Elvis Presley. Noch 1955 kannte kaum jemanden den jungen Wilden aus Tupelo, der mit seiner Mischung aus Country-Sound und Rockabilly beim regionalen Sun-Label ein paar ebenso regionale Singles aufgenommen hatte. Allerdings waren die Talentscouts von RCA Victor auf ihn aufmerksam geworden und bearbeiteten Elvis’ Manager Sam Philips, den Newcomer doch für die große Firma zu verpflichten. Es wurde viel gefeilscht, schließlich unterschrieb Presley im November 1955 seinen Vertrag und kassierte den für damalige

Für seine Karriere ging Elvis Presley auch vor den Fans auf die Knie. Die fanden es großartig und liebten ihn.

Verhältnisse traumhaften Betrag von 35.000 Dollar. Das war eine große Investition, die sich für RCA Victor lohnen musste, und deshalb warfen die Werbe- und Marketingleute die Star-Maschinerie an. Elvis Presley, eben erst 20 geworden, machte mit jugendlichem Elan den ganzen Trubel mit. Das Jahr 1956 ging daraufhin in die Pophistorie ein als Beben des Rock’n’Rolls, der in Gestalt des Jungen mit dem Hüftschwung die nach neuen Klängen dürstende Musikszene überflutete. Ein Märchen, möchte man meinen. Doch die umfangreiche Edition „Young Man With The Big Beat – The Complete ’56 Elvis Presley Masters“ zeichnet da ein differenziertes Bild. Natürlich gibt es in dieser opulent bebilderten und mit Devotionalien, Outtakes, Liveaufnahmen und Interviews auf insgesamt 5 CDs geschmückten Edition reichlich mitreißende Musik zu hören. Die minutiös rekonstruierte Chronologie

des Durchbruchsjahres 1956 dokumentiert aber auch einen pausenlos arbeitenden, von Termin zu Termin hetzenden Künstler, der sich ganz in den Dienst der Vermarktung der eigenen Person gestellt hat. Das ist spannend nachzuvollziehen und zeigt darüber hinaus einen Menschen innerhalb eines Räderwerks, dem das Private weitgehend abhanden gekommen war. Auf der Promosingle von 1956, mit der Elvis unter dem Motto „The Truth About Me“ den Wissensdurst der Fans zu stillen versuchte, meinte er: „In vielen der Briefen fragen mich die Leute nach den Dingen, die ich so mache. Also, ich rauche nicht, ich trinke nicht, und ich gehe gern ins Kino. Vielleicht werde ich eines Tages auch ein Heim und eine eigene Familie haben, von der ich mich nicht mehr fortbewegen werde.“ Träume eines 21jährigen, der sich in den Dienst der Öffentlichkeit gestellt hatte, von dort den Weg aber nie mehr zurück in die Normalität gefunden hat. Sascha Fröhlich


Der Durchstarter: Als Produzent und Filmkomponist wird Quincy Jones berühmt

zur Weltkarriere brauchte. Oder als er als erster Schwarzer in leitender Stellung bei einer Plattenfirma 1961 über Nacht mit Lesley Gores Nummer-1-Hit „It‘s My Party“ ein Label sanierte. Oder noch früher, als er als Neuling im Geschäft gleich eine zehnmonatige Orchester-Tournee organisierte und beinahe pleite ging. Genau genommen hat er fast überall im Lauf der Jahre mitgemischt, hat mehrere Dutzend Filmmusiken geschrieben, wurde 79 Mal für den Grammy nominiert und hat die begehrte Trophäe der amerikanischen Musikwirtschaft auch 27 Mal erhalten. So kann ein Buch wie „Mein Leben – meine Leidenschaften“ aus den Vollen schöpfen. Auf 178 Seiten tummelt sich die Hautevolee des amerikanischen Entertainments auf zahlreichen, zum Teil seltenen oder noch nie gezeigten Bildern und der Meister selbst kommentiert die eigene Biographie, aber auch die Geheimnisse des Musikgeschäfts. Es ist keine Autobiographie im strengen Sinne, eher ein mit vielen Zitaten garniertes Portrait, das Quincy Jones‘ Aktivitäten locker chronologisch abbildet. Und das macht auch den Schmökerspaß bei der Lektüre aus. Denn man muss nicht den Erinnerungen allein folgen, sondern bekommt sie von einem Autorenteam im Hintergrund journalistisch aufbereitet präsentiert. Vor allem aber vermittelt sich mit den vielen Dokumenten eines prall gefüllten Lebens eine doppelte, rundum positive Botschaft: Erstens kann man sehr viel mehr erreichen, als es am Anfang erscheinen mag, und zweitens ist Musik eine Leidenschaft, für die es sich zu kämpfen lohnt. Sascha Fröhlich Fakten: Quincy Jones: „Mein Leben – meine Leidenschaften“ (Edel:Vita), 178 Seiten, 24,95 €.

Seine Karriere startete Quincy Jones als Jazztrompeter

Buch: Quincy Jones „Mein Leben – meine Leidenschaften“ EDEL:VITA

Es muss einen unglaublichen Spaß gemacht haben, dieses Buch zu gestalten. Denn zum einen ist Quincy Jones einer dieser Dogen der Musikkultur, der über mehr als ein halbes Jahrhundert hinweg als Musiker, Komponist, Produzent und Master Mind mit so ziemlich allen wichtigen Gestalten des Business gearbeitet hat. Darüber hinaus aber hat er wirklich auch Geschichten zu erzählen, wie das war, damals mit Michael Jackson zum Beispiel, dem begabten Wunderkind des Pop, das den richtigen Anstoß

42


Hörbuch: Walter Moers „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ Man darf Walter Moers nicht unterschätzen. Natürlich, bekannt wurde er über seine Cartoons wie das „kleine Arschloch“, einem renitenten Weltverächter, der mit einer Portion Sarkasmus der hedonistischen Spaßgesellschaft der Neunzigerjahre den Spiegel vorhielt. Und spätestens, seitdem der Großmeister des Seemannsgarns Käpt‘n Blaubär seinen Platz in der „Sendung mit der Maus“ gefunden hatte, waren die charakteristischen Kartoffelnasen ein fester Bestandteil bundesdeutscher Kinderzimmer. Weit weniger bekannt ist aber Walter Moers, der Romanautor. Ähnlich pointiert wie bei seinen Zeichnungen, nur freigiebiger noch mit phantasievollen Ideen hat er von seinem Erstling „Die 13½ Leben des Käpt‘n Blaubär“ an seinen Phantasiekontinent Zamonien aufgebaut, wo sich allerlei schräge Vögel tummeln. Zur zentralen Figur nach dem furchtlosen Blaubären und dem Wolpertinger Rumo hat sich der schriftstellernde Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz entwickelt, der bereits in „Die Stadt der Träumenden Bücher“ tief in die Katakomben von Buchhain hinabstieg, um den Schattenkönig zu suchen. Auf dieser abenteuerlichen Reise ins Innere des Literarischen

begegnete er harmlosen Buchlingen ebenso wie skrupellosen Bücherjägern und entkam einer Katastrophe nur fast. Da sich aber diese seltsame Echse schnell zu einem Liebling einer wachsenden Zamonien-Fanschar entwickelte, entschloss sich der Autor, die Saga von Hildegunst fortzusetzen. Nun also das „Labyrinth der Träumenden Bücher“, zum einen als illustrierter Schmöker-Wälzer, zum anderen in der Hörbuchversion. Wieder kämpft Hildegunst von Mythenmetz mit den Wörtern wie mit den irrlichternden Gestalten und Andreas Fröhlich gibt dem phantastischen Getümmel mit sonorer, dramaturgisch vielseitiger Stimme eine raffiniert lakonische Form. Wer Hörstoff für dunkle, verwunschene Herbstund Winterabende sucht, für den ist dieses „Labyrinth“ ein Füllhorn. Ralf Dombrowski Fakten: Walter Moers „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ (Der Hörverlag), Vollständige Lesung durch Andreas Fröhlich. Laufzeit ca. 1.050 Min. 12 CD (39,99 €), 2 mp3-CD (29,99 €)

DVD: Sonic Youth „1991: The Year Punk Broke“ GEFFEN / UNIVERSAL 20 Jahre ist es her, dass Sonic Youth mit dieser rasanten Filmmontage ein ungewöhnliches Dokument einer Festivaltour, an der neben ihnen selbst auch Nirvana, Dinosaur Jr, die Babes In Toyland und noch ein paar andere Bands beteiligt waren, veröffentlichten. Schon damals ging es weniger um einen Konzertfilm, als um ein Zeitgemälde. Neben mitreißenden Live-Aufnahmen, die meist aus mehreren Shows zusammengeschnitten und nur selten in Bild und Ton synchron sind, gibt es flüchtige Szenen aus dem Backstage und seltsame Inszenierungen wie einen Dackel, der bellend zu Sonic Youth einlädt, Kim Gordon beim vergeblichen Versuch, J Mascis zu interviewen, spontane Gedichte, die in irgendwelchen europäischen Städten proklamiert werden und viele absurde Spielereien. Nichts an diesem Film sollte allzu ernst genommen werden. Wir erleben einen lebensfrohen Kurt Cobain unmittelbar vor der Veröffentlichung von „Nevermind“ und Sonic Youth im Zenit ihres alternativen Ruhmes. Die zentrale Botschaft des Films: Alles hätte ganz anders werden können, wenn es diesen Bands wirklich gelungen wäre, die Macht der Plattenfirmen zu brechen. Hier setzt sich eine Szene selbst ein Denkmal, wohl wissend, dass ihr Husarenritt bald vorbei sein wird. Die erstmalige Veröffentlichung dieses Films auf DVD hat daher einen überaus sentimentalen Beigeschmack. Obwohl es derselbe Film wie damals ist, wurde es doch ein ganz anderer Film, denn wir wissen, wie die Geschichte nach 1991 weitergegangen ist. Wolf Kampmann Weiterhören: Das wohl einflussreichste Album von Sonic Youth ist „Bad Moon Rising“ (1985). Selbst Freejazztrommler Han Bennink gehört wie auch Rapper Chuck D zu den Fans der Band.

MONTEVERDI a trace of grace Anfang Juni 2011 treffen sich sechs Musiker in der uralten französischen Abtei von Noirlac, um in der Stille traumhafter Sommernächte eine außergewöhnliche Musik zu erschaffen. Es entsteht eine einzigartige Begegnung zwischen Jazz und Alter Musik, voll magischer Momente der Improvisation aus einer gemeinsamen musikalischen Sprache. Das neue Projekt von Michel Godard mit Steve Swallow, Guillemette Laurens u.a. Jetzt überall im Handel und als MP3-Download erhältlich. www.carpediem-records.de


MEDIA-MIX 3CD + DVD: Klaus Hoffmann „Mit Freunden“ STILLE-MUSIC / INDIGO

Gästelisten sind verräterisch. Denn wer sich bei einem größeren Event als Freund oder Mitwirkender ansagt, der gibt damit auch ein Votum über die Beliebtheit des Gastgebers ab. Und da kann Klaus Hoffmann nicht klagen. Denn als der Schauspieler und Sänger am 27. März 2011 einen Tag nach seinem 60. Geburtstag zum großen Fest in den Berliner Friedrichstadtpalast lud, kamen nicht nur rund 2.000 Gäste im Saal, sondern auch namhafte Kollegen, um dem Jubilar angemessen zu gratulieren. Mit dabei war beispielsweise Reinhard Mey, der zu Ehren Hoffmanns wie Orpheus singen wollte, sich auf der Bühne außerdem mit Hannes Wader zusammen tat und für diesen Abend mit „Bruder Klaus“ sogar ein neues Lied geschrieben

hatte. Ein ähnliches Kaliber war der holländische Entertainer und Charmeur Herman van Veen, der es sich nicht nehmen ließ, seine verschmitzt besinnlichen Texte auch auf Klaus Hoffmann zu münzen. Hinzu kamen künstlerische Partnerinnen wie Romy Haag und Caroline von Brünken, aber auch Instrumentalisten wie die französische Akkordeonistin Lydie Auvray und der in Berlin lebende Klarinettist Rolf Kühn. Es wurde ein rauschendes Fest, das mehr als drei Stunden lang einen großen Bogen bis hin zu „Mein Weg“ spannte, nicht dem von Frank Sinatra, sondern dem eigenen Song, den Hoffmann mit Reinhard Mey anstimmte. Festgehalten wurde dieser Abend, bei dem, so der Gastgeber, der Geburtstag nur der Anlass gewesen sei, das Leben selbst zu feiern, sowohl auf DVD als auch auf 3 CDs, die neben

dem ungewöhnlichen Programm auch die begeisterte Stimmung dokumentieren, die die Künstler auf der Bühne beflügelt hat, tatsächlich wie Orpheus zu singen. Sascha Fröhlich Wissenswert: Klaus Hoffmann wurde auch als Schauspieler, unter anderem durch die Titel­rolle in der Verfilmung von Ulrich Plenzdorfs „Die neuen Leiden des jungen W.“, und als Interpret der Chansons von Jaques Brel bekannt. „Mit Freunden“ erscheint als 3CD-Box, DVD und Deluxe-Edition mit Bonusmaterial.

Reinhard Mey, Klaus Hoffmann, Hannes Wader: mit Freuden unter Freunden

Buch: „Paul Simon – die Biografie“ von Marc Eliot EDEL:VITA Im angelsächsischen Sprachraum gibt es im Prinzip zweierlei Arten von Popstar-Biografien: die sogenannten „autorisierten“, deren Informationsund Unterhaltungswert oft darunter leidet, dass ihre Autoren Leben und Person der beschriebenen Stars bis zur Peinlichkeit schönfärben. Und, vor allem im Boulevardpresse-Pa­ radies England beliebt, die sogenannten „unautorisierten“, in de-

44

nen durch allerlei mediale Schlammschlachten gestählte „Hacks“ aus der Fleet Street hinter jedem Stöhner ihrer Protagonisten einen Skandal, mindestens aber eine finstere Charakterschwäche wittern. Das Buch des Amerikaners Marc Eliot über Paul Simon gehört weder zur einen noch zur anderen Spezies. Eliot, ein Genera­ tionsgenosse Simons, der schon Biographien über Clint Eastwood, Bruce Springsteen und die Eagles geschrie-

ben hat, ist ein profunder Kenner des US-Showgeschäfts. Er hat allerhand erhellendes mitzuteilen über die zeitgeschichtlichen Umstände, unter denen sich die frühe Freundschaft zwischen Paul Simon und Art Garfunkel, ihr kometenhafter Aufstieg als Popduo in den 60er Jahren und die von allerlei Großtaten, aber auch immer wieder bitteren Enttäuschungen geprägte weitere Laufbahn Paul Simons bis heute vollzog.

Eliot bemüht sich spürbar dem komplexen (und von Komplexen geprägten) Charakter Paul Simons gerecht zu werden. Die Musik und deren Wirkungsgeschichte allerdings bekommt er schriftstellerisch wenig anschaulich in den Griff. Von diesem Manko abgesehen ist das ansprechend gestaltete und solide bebilderte Buch dennoch eine lohnende Lektüre. Christian Stolberg Info: 352 Seiten, 30 Bilder, € 19.95


DVD: Oscar Peterson Trio „The Stuttgart Concert“ Inakustik Der Kanadier Oscar Peterson galt als Wunderkind des traditionellen Jazz und rechtmäßiger Erbe des Titanen der Virtuosität Art Tatum. Tatsächlich konnte sich in Sachen Geläufigkeit kaum jemand mit Peterson messen, zumindest bis zum Jahr 1993, als er einen Schlaganfall erlitt und im Anschluss daran erst mühsam die Kunst des Klavierspiels wieder erlernte. Der Mitschnitt des ZDF Jazz-Clubs vom 25. April 1988 gehört daher zu den goldenen Tagen, als der Pianist die Musik einfach laufen lassen konnte. Tatsächlich zeigte er im Fernsehstudio mit lässiger Eleganz die Facetten seiner Kunst, perlende Unisono-Passagen, Blues-inspirierte Phrasierungen, das ganze Spektrum des geschmackvollen Klavierspiels. Ihm zur Seite standen Bassist Dave Young und Schlagzeuger Kenny Drew, die den opulenten Passagen des Klaviers die nötige Trio-Form gaben. So ist das „Stuttgart Concert“ ein Dokument aus den glücklichen Tagen des Jazz und eines Pianisten, der über Jahre hinweg der Maßstab des modern traditionellen Klavierspiels war. Ralf Dombrowski Info: „Stuttgart Concert“ ist auch im Surround-Sound gemischt und führt High-End-Fans auf diese Weise mitten in den Club.

DVD: Peter Gabriel „New Blood – Live In London“ EAGLE VISION/EDEL Peter Gabriel ist Charismatiker. Schon in den Achtzigern zählten seine Konzerte zu den großen LiveEreignissen der Pop-Kultur und daran hat sich bis heute nicht viel geändert, auch wenn er inzwischen auf Show zugunsten eines Orchesters verzichtet. Zwei Tage machte Gabriel im vergangenen März im Londoner

Hammersmith Apollo Theater Station und hatte ein gutes Dutzend Bearbeitungen seiner Hits von „Mercy Street“ über „Biko“ bis „Solsbury Hill“ im Gepäck. Es war zunächst ein Experiment, aber die beiden Abende wurden für alle, einschließlich des Künstlers selbst, ein derartiges Erlebnis, dass sie schließlich in sein Albumprojekt „New Blood“ mündeten. Und natürlich ließ Peter Gabriel die Shows in London auch mit Kameras für die Nachwelt festhalten. Zusammen mit dem New Blood Orchestra unter der Leitung von Ben Foster und ergänzt um pointierte Visuals lässt sich die Magie dieser Abende nachvollziehen, die auch noch Monate später die Zuschauer in Euphorie versetzen kann. Typisch Peter Gabriel eben, der Charismatiker. Sascha Fröhlich Fakten: Peter Gabriels DVD „New Blood – Live In London“ erscheint am 21. 10.

20 JAHRE Hits Das Berlin-Album von U2 mit den 2-CD Deluxe Version • CD 1: original Album neu gemastert • CD 2: B-Seiten, Raritäten und unveröffentlichte Tracks

www.u2.com | www.universal-music.de

One, Mysterious Ways und The Fly

Limitierte Super Deluxe Edition

• sechs CDs inkl. neu gemastertes Album, unveröffentlichte Remixe, B-Seiten und einer neuen, alternativen Version des Albums • vier DVDs mit Videos, unveröffentlichtem Bonus Material und der neuen Dokumentation „From The Sky Down“

Streng limitierte und nummerierte Über Deluxe Edition

, unver• sechs CDs inkl. neu gemastertes Album neuen, öffentlichte Remixe, B-Seiten und einer alternativen Version des Albums Bonus Material • vier DVDs mit Videos, unveröffentlichtem Sky Down“ und der neuen Dokumentation „From The Exemplar • fünf 7" Singles, Hardcoverbuch sowie ein Bono’s „The Fly“ Sonnenbrille u.v.m.

AB 28. Oktober Auch als Standard-CD, Vinyl und Download


tourneen POP, Rock & co Alle Tourneedaten fortlaufend aktualisiert und mit genauen Ortsangaben finden Sie unter sonomagazin.de

A Laith Al-Deen 24.1. Hannover 25.1. Hamburg 26.1. Dortmund 27.1. Bremen 29.1. Bielefeld 30.1. Köln 31.1. Ulm 1.2. Stuttgart 3.2. Mannheim 4.2. Karlsruhe 5.2. Offenbach a. M. 7.2. Leipzig 8.2. München 10.2. Berlin Tori Amos 25.10. Frankfurt 31.10. Essen

b Beatsteaks 7.11. Osnabrück 8.11. Lübeck 11.11. Trier 12.11. Siegen 14.11. Oldenburg 15.11. Rostock 17.11. Zwickau 19.11. Freiburg 22.11. Heilbronn 23.11. Würzburg 27.11. Fürth 29.11. Magdeburg 30.11. Cottbus 2.12. Köln 3.12. Göttingen 5.12. Braunschweig 7.12. Essen 9.12. Berlin The BossHoss 9.3. Oberhausen 10.3. Leipzig 16.3. München 23.3. Hamburg 24.3. Berling 30.3. Stuttgart 31.3. Offenbach Bush 5.11. Hamburg 7.11. Berlin 8.11. Köln 10.11. München

c Tony Christie 1.2. Heilbronn 2.2. Bonn 4.2. Fellbach 5.2. Berlin

46

7.2. Frankfurt 8.2. Hamburg Coldplay 15.12. Köln 20.12. Frankfurt 21.12. Berlin Elvis Costello 7.11. Berlin Crosby & Nash 20.10. Essen 27.10. Niedernhausen

d Joy Denalane 3.11. Köln 5.11. München 6.11. Berlin 7.11. Hamburg 9.11. Nürnberg The Dubliners 1.11. München 2.11. Nürnberg 3.11. Stuttgart 5.11. Dortmund 6.11. Göttingen 8.11. Dresden 10.11. Braunschweig 11.11. Berlin 23.11. Hannover 25.11. Bielefeld 26.11. Aurich 28.11. Lübeck 30.11. Bremen 2.12. Flensburg 3.12. Hamburg

e

Jean Michel Jarre Sein Vater Maurice Jarre war mit Musik für Schmonzetten wie „Doktor Schiwago“ oder „Lawrence von Arabien“ berühmt geworden. Dem Sohn stand aber der Sinn nach ganz anderer Musik. Sein Orchester holte sich der Technik-Freak aus den frühen Synthesizern, zumeist wandschrankgroßen Ungetümen, die aber ein neues Klang-Universum erschlossen. Als dann 1976 „Oxygène“ erschien, war es geschehen. Jean Michel Jarre war der erste Popstar der elektronischen Musik, allen Kraftwerkern zum Trotz, ein Magier der Sound-Spektakel, zu denen bald auch aufwändige Light-Shows kamen. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Die Konzerte, die der inzwischen 63jährige Meister des Synthetischen gibt, sind Multimedia-Ereignisse mit hohem Unterhaltungswert und Anfang November in zehn deutschen Städten zu erleben. Tournee in Deutschland vom 31.10. bis 19.11.2011, Weitere Infos unter www.jeanmicheljarre.com

Elbow 7.11. Köln 8.11. München 10.11. Berlin

g

13.12. Halle 19.12. Kiel

Erasure 8.11. 11.11. 12.11. 14.11.

Marla Glen 7.11. Aschaffenburg 8.11. Köln 9.11. Hamburg 10.11. Ratingen

i

Evanescene 17.11. Offenbach a. M. 18.11. Düsseldorf 20.11. Berlin 21.11. München

Guano Apes 21.10. München 28.1. Stuttgart 29.1. Mannheim 8.2. Hannover

f

Wise Guys 21.10. Bonn 22.11. Hannover 26.11. Bochum 17.12. Essen 20.1. Limburg 11.2. Mannheim 12.2. Mannheim 1.6. Saarbrücken 20.6. Lübeck 21.6. Lübeck 22.6. Flensburg 30.6. Köln 8.9. Dresden 13.9. Leverkusen 12.12. Leipzig

Die Fantastischen Vier 13.12. Münster 14.12. Düsseldorf 16.12. Leipzig 17.12. Braunschweig 18.12. Augsburg 21.12. Regensburg 22.12. Stuttgart Peter Frampton 21.11. Berlin 22.11. Mainz

In Flames 21.11. Ludwigsburg 22.11. Offenbach a. M. 23.11. München 25.11. Oberhausen

Jennifer Rostock 29.10. München 30.10. Nürnberg 1.11. Stuttgart 3.11. Bremen 4.11. Dresden 5.11. Erfurt 6.11. Hannover 9.11. Osnabrück 11.11. Hamburg 12.11. Leipzig 14.11. Saarbrücken 15.11. Mannheim 16.11. Köln 18.11. Kiel 19.11. Magdeburg 20.11. Berlin Jon Lord Blues Project 15.11. Regenstauf 17.11. Berlin 18.11. Hamburg 19.11. Isernhagen 20.11. Bochum Cowboy Junkies 3.11. Hamburg 4.11. Hannover 5.11. Berlin

k K.I.Z. 10.11. Hamburg 11.11. Flensburg 12.11. Dresden 22.11. Nürnberg 23.11. Saarbrücken 25.11. Bremen 26.11. Dortmund Paul Kalkbrenner 29.10. Neubrandenb. 25.11. Frankfurt 2.12. München 16.12. Berlin The Kooks 28.10. Ludwigsburg 30.10. Offenbach a. M. 31.10. München 1.11. Düsseldorf 3.11. Hamburg 5.11. Berlin

Incubus 19.11. Köln 22.11. München 27.11. Frankfurt

Lenny Kravitz 2.11. Düsseldorf 4.11. Hamburg 5.11. Mannheim 7.11. Berlin 23.11. München

j

l

Jean Michel Jarre 31.10. Frankfurt 1.11. Hannover 3.11. Hamburg 4.11. Dortmund 5.11. Köln 7.11. Dresden 8.11. Berlin 9.11. Erfurt 10.11. Trier 19.11. München

LaBrassBanda 1.11. Erfurt 2.11. Leipzig 3.11. Dresden 4.11. Berlin 7.11. Dortmund 8.11. Köln 9.11. Frankfurt 10.11. Freiburg 2.12. Regensburg 4.12. München

Annett Louisan 25.10. Leipzig 26.10. Kassel 27.10. Bremen 29.10. Karlsruhe 30.10. Stuttgart 31.10. Frankfurt 2.11. Düsseldorf 4.11. Hannover 5.11. Erfurt 6.11. Magdeburg 8.11. Essen 9.11. Saarbrücken 10.11. Mannheim 11.11. Nürnberg 23.11. Dresden 25.11. Bamberg 28.11. Kiel 29.11. Lübeck 30.11. Braunschweig 2.12. Rostock 3.12. Stade 4.12. Oldenburg 5.12. Hamburg 7.12. Münster

m Söhne Mannheims 10.11. Frankfurt 11.11. Hannover 12.11. Leipzig 14.11. Berlin 15.11. Hamburg 18.11. München 21.11. Köln 22.11. Oberhausen 25.11. Mannheim Bob Dylan & Mark Knopfer 26.10. München 27.10. Leipzig 29.10. Berlin 31.10. Hamburg 6.11. Hannover Ina Müller & Band 11.11. Würzburg 12.11. Ilsenburg 18.11. Magdeburg 19.11. Göttingen 20.11. Kassel 25.11. Fürth 27.11. Bamberg 1.12. Bremerhaven 2.12. Kiel 3.12. Hannover 9.12. Bremen 10.12. Flensburg 11.12. Braunschweig 15.12. Hamburg 16.12. Hamburg George Michael Symphonica 9.11. Oberhausen 15.11. Berlin 17.11. München 19.11. Frankfurt Milow 25.10. Bamberg 27.10. Düsseldorf 28.10. Bielefeld 29.10. Hamburg 31.10. Berlin


tourneen klassik 3.11. Hannover 4.11. Leipzig 5.11. Bremen 6.11. Flensburg 11.12. Kempten 12.12. München 13.12. Dresden

n Heather Nova 9.11. Berlin 11.11. Leipzig 13.11. Bielefeld 14.11. Köln 22.11. Stuttgart

r Rea Garvey, Xavier Naidoo, Sasha & Michael Mittermeier 12.12. Dresden 13.12. Dresden Achim Reichel 3.11. Neuruppin 4.11. Berlin

7.11. Rostock 8.11. Hamburg 11.11. Rheine 12.11. Mülheim an der Ruhr 13.11. Witten 15.11. Mainz 16.11. Wolfenbüttel 17.11. Kiel Rihanna 25.10. München 26.10. Frankfurt 4.11. Hannover 5.11. Leipzig 8.11. Köln 4.12. Hamburg Roxette 11.10. München 13.10. Hannover 14.10. Halle/Westfalen 16.10. Mannheim 17.10. Stuttgart 19.10. Oberhausen 24.10. Berlin 25.10. Hamburg 27.10. Nürnberg

s Sade 15.11. Leipzig 16.11. Mannheim 19.11. Dortmund Saga & Marrilion 11.11. München 12.11. Würzburg 14.11. Münster 15.11. Offenbach 16.11. Mannheim 18.11. Stuttgart 19.11. Idar-Oberstein 20.11. Köln 22.11. Berlin 24.11. Hamburg 25.11. Mühlheim Helge Schneider 21.10. Frankfurt 22.10. Bamberg 23.10. Mainz The Smashing Pumpkins 21.11. Bremen 23.11. Berlin 24.11. Köln 25.11. Offenbach a. M. 27.11. München

w John Watts 6.11. Ubach-Palenberg 7.11. Osnabrück 8.11. Wuppertal 9.11. Braunschweig 10.11. Bremen 12.11. Ubach-Palenberg 13.11. Darmstadt 14.11. Nürnberg Wilco 8.11. Frankfurt 9.11. München 12.11. Berlin

Tok Tok Tok Ist es noch Pop oder schon Pop, was Tok Tok Tok spielen? Während sich die Experten streiten, macht die Band um Sängerin Tokunbo Akinro und den Saxofonisten und Gitarristen Morten Klein Karrie­ re. Gerade ist das Album „Was heisst das denn?“ (BHM/ZYX) erschienen, ein Schritt in eine neue Richtung. Denn diesmal sind alle Stücke auf deutsch geschrieben. Ansonsten aber bleiben sich Tok Tok Tok musikalisch treu und verpacken ihre Lieder in eine soulig funky swingenden Mischung flockiger Klänge. Damit stehen sie Ende November in ausgewählten deutschen Städten auf der Bühne – sonniger Sound gegen herbstliche Stimmungen. Konzerte vom 24.11. bis 3.12.2011, mehr unter www.toktoktok.de

Kim Wilde 7.3. Mainz 8.3. Trier 9.3. Köln 10.3. Bremerhaven 12.3. Nürnberg

y Yes 29.11. Dresden 30.11. Stuttgart 1.12. Oberhausen 3.12. München 4.12. Bielefeld

Lisa Batiashvili Der Kollege vom Londoner The Guardian war unlängst schwer begeistert. „Lisa Batiashvili ist auf dem Podium so energiegeladen und charismatisch, eine Geigerin mit ungeheurem Potenzial und der künstlerischen

Alle Tourneedaten fortlaufend aktualisiert und mit genauen Ortsangaben finden Sie unter sonomagazin.de

b Joshua Bell 27.11. Berlin Kolja Blacher 23.11. Nienburg an der Weser 2.12. Berlin 15.12. Landshut 16.12. Neumarkt 18.12. Viersen Lisa Batiashvili 3.11. Bremen 8.11. Stuttgart 9.11. Köln 18.11. Schweinfurt 19.11. Bamberg Khatia Buniatishvili 29.11. Berlin 2.12. Stuttgart 9.12. Mainz 10.12. Aschaffenburg

c

z

Cuarteto Casals 17.11. Köln

Zucchero 3.11. Leipzig 5.11. Nürnberg 6.11. Frankfurt

Ray Chen 11.1. Elmau 13.1. Elmau 15.1. Gütersloh

Neugier, um es auch zu verwirklichen“, gab er im Anschluss an ein Konzert der Newcomerin aus Tiflis zu Protokoll und brachte damit die Euphorie, die Lisa Batiashvili derzeit umgibt auf den Punkt. Dabei gehört sie nicht einmal zu denen, die zum Einstand vor allem Gefälliges spielen, sondern hat unlängst mit „Echoes Of Time“ (DG/Universal) ein durchaus eigenwilliges Debüt mit Klangerinnerungen an ihre georgische Heimat vorgelegt. Aber sie ist eben eine charismatische Gestalt und das hilft, um Musik eine überzeugende Kraft zu verleihen. Konzerte vom 3.11. bis zum 20.11., mehr unter www.lisa-batiashvili.com

Trio di Clarone 7.12. Ludwigshafen

d

Vadim Gluzman 17.11. Leipzig 18.11. Leipzig 25.12. Dresden 26.12. Dresden

Xavier de Maistre 13.11. Hannover 14.11. Köln 15.11. Frankfurt 17.11. BietigheimBissingen 18.11. Dortmund 19.11. Münster 23.11. Berlin

Vittorio Grigolo 30.12. Berlin 3.1. Berlin

e

Nikolaus Harnoncourt 28.10. Berlin 29.10. Berlin

Quatuor Ébène 3.12. Schweinfurt 4.12. Neuss

f Isabelle Faust 25.10. Bad Reichenhall Nelson Freire 26.10. Düsseldorf

g Sol Gabetta 30.10. Berlin Elı¯na Garancˇa 19.12. Berlin 22.12. Berlin Christian Gerhaher 14.11. Hamburg 23.11. Herzogenaurach 25.11. Freiburg 27.11. Baden-Baden

h Hilary Hahn 23.11. Bielefeld

j René Jacobs 3.11. Köln 20.11. Berlin

k Milos Karadaglic 2.12. Berlin 3.12. Hamburg 5.12. Düsseldorf 6.12. Bielefeld 7.12. Münster 9.12. Köln 10.12. Frankfurt Vesselina Kasarova 2.12. München 5.12. München Nigel Kennedy 1.11. Leipzig 2.11. Stuttgart

47


tourneen jazz & world 3.11. München 5.11. Freiburg 6.11. Hannover 8.11. Düsseldorf 9.11. Bielefeld 10.11. Hamburg 12.11. Nürnberg 13.11. Berlin 14.11. Dresden 16.11. Dortmund 17.11. Regensburg 18.11. Baden-Baden 20.11. Mannheim 21.11. Aachen 23.11. Bremen 24.11. Köln 26.11. Kassel  28.11. Essen 29.11. Saarbrücken 30.11. Frankfurt Simone Kermes 1.11. Baden-Baden 5.11. Berlin Gidon Kremer 18.11. Neuhardenberg 20.11. Frankfurt a. M.

m Daniel MüllerSchott 7.11. Würzburg 30.11. Duisburg 1.12. Duisburg 9.12. Stuttgart

o David Orlowsky 30.10. Bremen 31.10. Frankfurt 1.11. Stuttgart 3.11. Dresden 9.11. Ulm 10.11. Augsburg 11.11. Erlangen 12.11. Freiburg 15.11. Heidelberg 16.11. Köln 18.11. Güglingen 19.11. Heilbronn 20.11. Neuenstadt 23.11. Stuttgart 29.11. Halle (Saale) Alice Sara Ott 23.10. Pforzheim 3.11. Bremen 6.11. Düsseldorf 7.11. Düsseldorf 20.11. Mönchengladb. 25.11. München 30.11. Stuttgart 4.12. Berlin

p Murray Perahia 7.12. Berlin Maurizio Pollini 14.11. Berlin 22.11. München

48

q Emerson String Quartet 4.11. Bonn 5.11. Hamburg 10.11. Frankfurt a. M. Artemis Quartett 21.11. Berlin 29.11. München 2.12. Oldenburg Hagen Quartett 21.11. Bremen 22.11. Hamburg

s Fazıl Say 15.11. Stuttgart Martin Stadtfeld 5.11. Leipzig 10.11. Baden-Baden 11.11. Köln 13.11. Flensburg 14.11. Eckernförde 17.11. Berlin 18.11. Mainz

t Nikolai Tokarev 18.11. Berlin 19.11. Berlin 20.11. Dortmund 21.11. Hamburg 22.11. Düsseldorf 23.11. Köln

v Jan Vogler 9.11. Hildesheim 11.11. Mannheim

w Carolin Widmann 29.10. Stuttgart 16.11. Freiburg 21.11. Freiburg Ingolf Wunder 31.10. Hamburg 21.11. Berlin 23.11. Münster 25.11. Bielefeld 27.11. Oldenburg 29.11. Hannover

y Quatuor Ysaÿe 14.12. Erlangen 17.12. Hamburg

z Christian Zacharias 7.11. Neuss

Alle Tourneedaten fortlaufend aktualisiert und mit genauen Ortsangaben finden Sie unter sonomagazin.de

6.1. 7.1. 13.1. 14.1. 16.1. 25.1. 26.1.

Julia Hülsmann Trio 27.10. Gelsenkirchen 29.10. Hameln 2.3. Emsdetten 17.3. Schweinfurt 30.3. Schwäbisch Hall 9.5. Hamburg 12.5. Donaueschingen

b Rebekka Bakken 11.11. Essen 12.11. Mannheim 13.11. Mainz 15.11. Köln 16.11. Oldenburg 17.11. Hamburg 18.11. Berlin 19.11. Kiel 22.11. Erlangen 23.11. Hannover 2.2. München 3.2. Karlsruhe 4.2. Stuttgart 19.4. Lübeck 20.4. Worpswede 21.4. Hamm 22.4. Nürnberg 24.4. Bonn 25.4. Magdeburg 26.4. Halle 27.4. Potsdam 28.4. Dresden 29.4. Helmbrechts Till Brönner 22.10. München 1.12. Hannover

c Cyminology 15.10. Neuhardenberg 24.11. Kassel 25.11. Bremen 26.11. Kiel 9.12. Penzberg 10.12. Nürnberg 4.12. Bielefeld

i

Jan Garbarek & Hilliard Ensemble Als vor 17 Jahren das Album „Officium“ erschien, konnte keiner ahnen, was für eine Welle der Zustimmung dem Experiment folgen sollte. Aber die Verbindung von frühneuzeitlicher Vokalmusik und improvisierendem Saxofon traf auf anhaltenden Resonanz, so dass Jan Garbarek und das Hilliard Ensemble damit inzwischen nahezu überall auf der Welt zu Gast waren. Im vergangenen Jahr nun wurde das Projekt mit „Officium Novum“ (ECM/ UNiversal) fortgesetzt und um Klangeinflüsse erweitert, deren Blick ostwärts in Richtung Armenien zu dem Komponisten Komitas Vardapet schweift. Die Grundhaltung ist geblieben, nur das Repertoire ist noch vielfältiger geworden. Im November sind Jan Garbarek und das Hilliard Ensemble wieder in Deutschland zu Gast. Ein Klassiker der Konzertwelt. Tournee vom 7.11. bis 11.12. 2011, Infos unter www.bremme-hohensee.de

d Barbara Dennerlein 27.1. Kleve 1.3. Bad Hamm 11.3. Halle

e Echoes Of Swing 6.11. Duisburg

g Jan Garbarek & Hilliard Ensemble 14.10. Osnabrück 16.10. Bremen 18.10. Pirmasens 7.11. München 8.11. Augsburg 9.11. Würzburg

Düsseldorf Düsseldorf Dortmund Dortmund Hamburg Frankfurt a. M. Frankfurt a. M.

10.11. 12.11. 13.11. 15.11. 11.12.

Nürnberg Hamm Essen Dortmund Stuttgart

Hubert von Goisern 23.1. Lörrach 24.1. Kaiserslautern 3.2. Landshut 5.2. Karlsruhe 6.2. Stuttgart 7.2. Frankfurt 8.2. Leipzig 10.2. Dresden 11.2. Magdeburg 12.2. Erfurt 10.3. Köln 11.3. Hannover 12.3. Berlin 13.3. Bielefeld

15.3. Hamburg 16.3. Bremen 17.3. Mühlheim an der Ruhr 13.4. Passau 18.4. Nürnberg 19.4. Mannheim 20.4. Regensburg 21.4. München 20.7. Losheim am See

h The Harlem Gospel Singers Show 25.12. Stuttgart 26.12. Mannheim 2.1. Köln 3.1. Köln 5.1. Essen

Irish Folk Festival 19.10. Kleinostheim 20.10. Mainz 21.10. München 22.10. Landsberg 23.10. Stuttgart 30.10. Karlsruhe 31.10. Unna 1.11. Hamburg 2.11. Buchholz 3.11. Oldenburg 4.11. Worpswede 6.11. Schwedt 7.11. Leipzig 8.11. Dresden 9.11. Görlitz 10.11. Berlin 11.11. Neubrandenburg 12.11. Rostock 13.11. Bremerhaven 14.11. Düsseldorf 16.11. Hannover 17.11. Nordhorn 18.11. Kreuztal Vijay Iyer 17.10. Koblenz 20.10. Dortmund 26.10. Innsbruck 27.10. Salzburg 28.10. Hamburg 7.11. Leverkusen 15.12. Singen 26.1. Kassel 27.1. Dornbirn 28.1. Basel 20.4. Neuburg/Donau

k Rolf & Joachim Kühn Quintet 29.10. Frankfurt 4.11. Schorndorf 5.11. Bayreuth 6.12. Hamburg 9.12. Darmstadt 12.1. Düsseldorf 3.3. Dessau

l Charles Lloyd 6.11. Berlin


m Max Raabe & Das Palast Orchester 18.10. Rosenheim 8.11. Erfurt 9.11. Gera 10.11. Cottbus 11.11. Magdeburg 23.11. Hamburg 24.11. Münster 26.11. Niedernhausen 27.11. Darmstadt 28.11. Mannheim 29.11. Aschaffenburg 30.11. Würzburg 2.12. Kassel 10.12. Kulmbach 11.12. Leipzig

Mo’ Blow 23.10. Greifswald 5.11. Wolfsburg 11.11. Dresden 18.11. Jena

Karl Seglem 11.11. Ravensburg 12.11. Herrenwies 13.11. Münster 14.11. Berlin 15.11. Zehdenick 16.11. Marburg 17.11. Gotha 18.11. Altenburg 19.11. Helbedündorf

r

t

Céline Rudolph 9.11. München 12.11. Halle (Saale) 14.11. Dresden 7.2. Augsburg 10.2. Lörrach

Tomasz Stanko 3.11. Berlin 26.4. Dortmund 27.4. Neuburg

21.11. Erfurt 22.11. Dresden 23.11. Berlin 25.11. Mainz

Rudresh Mahanthappa 25.10. Tübingen 26.10. Bamberg 27.10. Köln

s

I Muvrini 15.11. Ludwigsburg 16.11. München 18.11. Düsseldorf 19.11. Hamburg

Diknu Schneeberger Trio 2.12. SulzbachRosenberg 21.1. Kirchheim/Teck

Ryuichi Sakamoto 6.11. Dortmund

Tingvall Trio 3.11. Aalen 4.11. Ingolstadt 5.11. Neuwied 6.11. Dresden 7.11. Leverkusen 12.11. Burghausen 13.11. Freiburg 15.11. München 23.11. Berlin 8.12. Hamburg 19.1. Bremen 21.1. Kassel 24.1. Augsburg 27.1. Offenburg 30.3. St. Ingbert TOK TOK TOK 24.11. Aschaffenburg 29.11. Wiesbaden 1.12. Freiburg 2.12.11 Tübingen 3.12.11 Jena

Tingvall Trio Ein Schwede, ein Kubaner, ein Deutscher treffen sich in der Hamburger Szene und heraus kommt ein Trio, das die heimische Jazzwelt aufmischt. Nun machen der Pianist Martin Tingvall und seine Kumpels nichts wirklich Neues. Aber sie bringen die Idee des Klaviertrios derart gekonnt auf den Punkt, dass sie nicht nur das Publikum, sondern auch die Connaisseure des Fachs überzeugen, die dem Tingvall Trio beispielsweise den Echo Jazz 2010 überreicht haben. Das aktuelle Kapitel ihrer Klangstreifzüge durch die nordisch geprägten Soundlandschaften heißt „Vägen“ (Skip/Soulfood) und ist auch die Grundlage des Live-Programm, mit dem die Musiker von Ende Oktober bis hinein in den Dezember auf deutschen Bühne Station machen. Konzerte vom 27.10. bis zum 8.12., mehr Info unter www.sonomagazin.de

Trombone Shorty 29.11. Bremen 1.12. Karlsruhe 2.12. Erlangen 3.12. Köln 5.12. Stuttgart 6.12. Mannheim 7.12. München 8.12. Berlin 9.12. Hamburg Olivia Trummer 15.10. Esslingen 3.11. Ingolstadt 17.12. Hamburg 27.12. Bad Kissingen

v Colin Vallon Trio 29.10. Ludwigshafen 15.11. Elmau

w Bugge Wesseltoft 27.11. Neuhardenberg 30.11. Bochum 2.12. Heidelberg Lizz Wright 5.11. Berlin 6.11. BIX JazzcClub

Ein Hauch von Bra­s ilien auf der Bühne: Badi Assad

B li c k zu rü c k :

Der Dschungel von Assad Badi Assad, Ottobrunn Man darf nicht immer auf die Ärzte hören. Denn hätte sich Badi Assad an das gehalten, was ihr die Spezialisten vor einen guten Jahrzehnt erzählt haben, dann hätte sie ihre Musikerlaufbahn knicken können. Denn jene meinten angesichts einer Nervenerkrankung an den Händen, sie würde nie mehr Gitarre spielen können. Tatsächlich legte Badi Assad das Instrument, mit dem die Schwester der beiden renommierten Gitarren-Gurus Sergio und Odair Assad zuvor innerhalb weniger Jahre den Sprung in die erste Musik-Liga geschafft hatte, zwei Jahre lang zur Seite und konzentrierte sich auf Gesang und Percussion. Dann aber, Stück für Stück, eroberte sie sich die Kompetenz an den Saiten zurück, und kann daher als besonderer Gast der Ottobrunner Konzerte gelassener und zugleich bewusster spielen, als ihr das früher möglich gewesen wäre. „Man kann sein Schicksal als Opfer verstehen,“ meint sie im Gespräch, „dann ist alles vorbei. Man kann es aber auch als Herausforderung se-

hen und dann geht es immer weiter.“ So massiert sich Badi Assad auf der Bühne zwar zwischendurch die Arme, präsentiert aber ein vielschichtiges Panoptikum der Stileinflüsse auf der Basis der Klangtraditionen ihrer brasilianischen Heimat. Die Klassik hat sie weitgehend hinter sich gelassen, dafür kommen Vorbilder wie Caetano Veloso oder auch die Eurithmics ins Spiel, deren Lieder und Ideen sie geschickt in die eigene Songwelt integriert. Manches verblüfft wie die Mundpercussion, die sie gleichzeitig zum Gesang erzeugen kann, oder wie die mit einem Drumstick präparierte Gitarre, die auf einmal wie eine Mischung aus Koto und Kalimba klingt. Vor allem aber stellt Badi Assad sich als faszinierende Rhythmikerin und musikalische Poetin vor, deren Lieder etwas von der Intensität haben, die viele Menschen suchen. So war das Konzert von Ottobrunn, gespielt in einem wild wuchernden Bühnendschungel aus Palmen und exotischen Dekorationen, einer dieser leisen, feinen Momenten, der weit über den Klangalltag hinausreicht. Ralf Dombrowski

49


der Promihörer

Kai Meyer Kai Meyer ist einer der erfolgreichsten Romanautoren Deutschlands. Mit „Arkadien fällt“ (Carlsen) hat er soeben seine Gestaltwandler­ trilogie fertig gestellt. Und er liebt musikalisch Opulentes.

Welche Platte haben Sie sich als erste selbst gekauft?

Im Anschluss an die Sozialisierung mit Hörspielplatten: „The Black Hole“, den Soundtrack von John Barry. Welches Instrument haben Sie gelernt? Keines. Leider. Trotz der üblichen elterlichen Mahnung. Was war ihr bisher eindrucksvollstes Konzerterlebnis? IQ im Londoner Marquee. Sind Sie auch mal selbst als Musiker aufgetreten? Mit Musikern, aber nicht als Musiker. Was singen sie unter der Dusche? Ich pfeife kunstvolle Eigenkompositionen. Mit wel­chen Songs bringt man sie auf die

Tanzfläche?

Mit keinem. Und mit welchen wieder herunter? Viel zu vielen. Mit welcher Platte testen Sie die Belastbarkeit ihrer Boxen? Metal aller Art. Was läuft bei Ihnen zum Sonntagsbrunch? Das Radio. Wessen Stimme könnten Sie ewig lauschen? Lisa Gerrard Der beste Soundtrack zum Joggen: „Conan the Barbarian“ von Basil Poledouris. Schreibt sich auch gut dabei. Welche Musik haben Sie sich als letztes gekauft? „Ego Anthem“ von Tracedawn Bei welcher Musik bekommen Sie Ganzkörperausschlag? Obwohl ich Prog-RockFan bin: Yes. Geht für mich so was von gar nicht. Ihr Album für die einsame Insel: „The Serpent’s Egg“ von Dead Can Dance.

Erscheinungstermin der nächsten Ausgabe:  1. Dezember 2011 50


www.waps.net

Ilja Richter präsentiert

, s u a t h c i L “ an!” t o p S

✹ DIE DER ITEN EN E H NEU LGREICH IE O ERF LÄUMSSER JUBI UF

2 ✹ ZUGABE!

NEU!

N DER DUR IN DIE B VD-BOX: ONUS -CD

A JETZTD & C D! DV

RELO

ADED

!

DIE N EU DER DEN VERSIO NEN ISCOHITS! KULT-

NACH WIE VOR ERHÄLTLICH:

JETZT AUCH BEI

WWW.SONYMUSIC.DE



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.