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serge gainsbourg Der Bürgerschreck, der Melody Nelson liebte
Außerdem: das Familienalbum von Johnny Cash; das Pariser Olympia im Portrait Special Service: Die CD-Neuheitenliste für Pop, Rock,Klassik, Jazz & Co.
Serge Gainsbourg
Chansonnier, Bohémien, Provokateur
Foto: Getty
Nichts bleibt, wie es war, und doch kehrt alles wieder. In diesem Jahr jährt sich zum 40. Mal die Veröffentlichung von Serge Gainsbourgs Album „Histoire de Melody Nelson“. Dass sich 2011 auch Gainsbourgs Todestag zum 20. Mal jährte, gerät dabei fast in Vergessenheit. Ein Portrait von Wolf Kampmann.
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Die Inszenierung des Lotterlebens: Im Jahr 1969 lieĂ&#x;en sich Jane Birkin und Serge Gainsbourg als laszives Paar in ihrer Wohnung ablichten
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erge Gainsbourg hat das moderne Frankreich geprägt wie kaum ein anderer Künstler. Er schuf den Soundtrack zur sexuellen Befreiung, lebte den Bruch aller Konventionen und wurde zur Heldenfigur des französischen Individualismus. Man konnte ihn nur von ganzen Herzen lieben oder hassen und daran hat sich bis heute nichts geändert. Nur dass ihn viele, die ihn zu Lebzeiten in die Hölle wünschten, heute verehren, weil er für eine Zeit steht, in der man noch Gesicht zeigen konnte, selbst wenn es hässlich war. Serge Gainsbourg war hässlich wie die Nacht. Doch er wusste seine Makel zu vermarkten. Wer aussah wie er, musste sich nicht verstellen. Der konnte offen heraus posaunen, was immer er dachte. Serge Gainsbourg war ein Genie, zumindest eine zeitlang. Von den frühen Sechzigerjahren bis Ende der Siebziger bildete er nicht nur den Zeitgeist ab, er eilte ihm voraus, erfand ihn. Seine Lieder waren weit mehr als nur Chansons. Er war gnadenlos elitär und sprach doch aus, was alle insgeheim dachten und ersehnten. Über zwei Jahrzehnte konzentrierte sich das kollektive kreative Bewusstsein einer ganzen Nation derart stark auf den Sohn russischer Juden, dass er unweigerlich das Verhältnis zu sich selbst verlieren musste. Am Ende seines viel zu kurzen Lebens verwandelte sich Gainsbourg in einen Clown. Er selbst mag das nicht so empfunden haben, denn sein Leben war von Anfang an ein Kampf gegen die eigenen Unzulänglichkeiten. Erst Jane Birkin verlieh ihm den Glanz, nach dem er sich die Jahrzehnte zuvor gesehnt hatte. Sie war seine Vollendung. Doch der Mann mit den Ballonaugen war zu viel für eine einzelne Frau. Ihr blieb nur die Flucht, und der Zauberer, dem ganz Frankreich zu Füßen lag, verstand die Welt nicht mehr. Seinem ewigen Konflikten mit sich selbst und seiner Umgebung verdanken wir einige der eindringlichsten Lieder der letzten 50 Jahre. Er sah die Welt mir den Augen eines durch und durch verdorbenen Kindes, das über seine eigenen Urängste schallend lachen konnte. Er war ein Komödiant, nie um eine absurde Antwort verlegen. Die Welt war ihm ein riesiger Spielplatz, auf dem er sich nach Herzenslust austoben konnte.
La Bohème Im kollektiven Gedächtnis ist Serge Gainsbourg die Personifizierung der Bohème in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im engeren Sinn des Wortes war er jedoch kein Bohémien, sondern verstand sich
eher als Kosmopolit. Er war an keinen konkreten Ort gebunden, sondern stets auf der Flucht, nicht zuletzt vor sich selbst. Und doch scharte er über die Grenzen Frankreichs hinaus ein enthusiastisches Völkchen Gleichgesinnter um sich, das mit Fug und Recht den Begriff Bohème verdient. Der renitente Gigant pfiff auf jeden Kanon, innerhalb dessen Grenzen er sich hätte bewegen sollen. Der Begriff des Bohémien ist unklar umrissen. Von böhmischen Zigeunern abgeleitet, die im 15. Jahrhundert nach Frankreich kamen, haftet ihm bis heute ein Mix von positiven und negativen Werten an, nicht nur im sozialen, sondern auch im künstlerischen Sinn. Die Bohème gilt als gesellschaftlicher Randbezirk, in dem sich Genie und Scharlatan auf Augenhöhe gegenüberstehen. Das Genie braucht den Scharlatan, um sich seine eigene Größe bewusst zu machen, der Scharlatan benötigt das Genie, um sich an ihm aufzurichten. Im heutigen Sprachgebrauch eine Win-Win-Situation, was den klassischen Bohémiens sicher nicht eingefallen wäre. Die Bohème ist zwar Gegenstand moderner Verklärung, aber letztlich ein durch und durch großstädtisches Phänomen. Auch Gainsbourg brauchte Metropolen wie Paris und London, um zu erblühen. Erste Ankündigungen erleben wir in Deutschland Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Serapionsbrüder um E.T.A. Hoffmann, denen auch Adalbert von Chamisso, Friedrich de la Motte Fouque und Carl Wilhelm Salice-Contessa angehörten, grenzten sich mitten in Berlin von ihrem spießigen Umfeld ab. Die Bezeichnung „Bohème“ setzte sich aber erst gegen 1815 durch, als Henri Murgers Buch „Scènes de la vie de Bohème“ erfolgreich in mehrere Sprachen übersetzt wurde, eine Vorlage, auf die auch Puccinis Oper „La Bohème“ von 1896 zurückgriff. Überall in Europa und später auch in Amerika bildeten sich jene subkulturellen Biotope, die sich bereitwillig als Bohème bezeichneten. Ihre klassischen Tummelplätze waren Cafés und Cabarets. Dabei bleibt der Radius meist auf ein relativ kleines urbanes Umfeld beschränkt, in Berlin unter anderem der Stadtteil Friedrichshagen, in München Schwabing, in Paris Saint-Germain-des-Prés, in New York erst Greenwich Village und später die Gegend zwischen Bowery und Tompkins Square. Die Bohème ist mehr ein Strukturphänomen als eine echte Schicht. Sie ist eine Haltung dezent dekadenter Abwendung von der Bürgerlichkeit, ohne aber deren Rahmen zu verlassen. Denn sie ist auch ein Spiel mit der Biederkeit, mit Bigotterie und Prüderie, die der Bohémien braucht, um sich davon abzusetzen. So auch Serge Gainsbourg.
Vorbilder des Savoir Vivre: die Maler Salvador Dalí (l.) und Fernand Léger (r.)
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Chansonier und Bonvivant Herni Salvador (l.) inspirierte den jungen Serge Gainsbourg (1959, r.) und impfte ihm seinen Lebensstil ein
Oben links: Juliette Gréco, Sängerin und Muse des Pariser Nachtlebens Oben rechts: Françoise Hardy sang selbstbewusst über jugendliche Gefühle Ganz links: Anna Karina, erst Modell für Chanel, dann Frau von Godard Links: France Gall, Sexsymbol und Chanson-Export
Filou und Bonvivant Gainsbourg verkörperte eher das Modell eines bohémienhaften Einzelgängers, als tatsächlich einer speziellen Gruppe anzugehören. Die treffendere Bezeichnung für den singenden Charmeur und anfangs unverbesserlichen Positivisten wäre wohl Bonvivant. Doch er war kein Hedonist im eigentlichen Sinne, denn seinem Auftreten war immer ein Hauch von Ecce Homo eigen, wie er 1981 auch einen Song nannte. Wenn er sich in der Öffentlichkeit hinter dem Rauch seiner Zigarette versteckte, schwang da stets eine gewisse Unsicherheit mit. Als Kind war er meist traurig, während der faschistischen Besatzung musste sich der jüdische Junge im Wald verstecken. Erlebnisse, die ihn prägten und die er später auf pointierte, gar absurde Weise in seinen Liedern reflektieren sollte. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass er das Leben zu nehmen wusste. Das Leben und die Frauen. Schon als junger Mann lernte er die Vorzüge der Bohème lieben. Bei Fernand Léger studierte er die Malerei, mit Salvador Dali war er bereits befreundet, lange bevor sein Genie erste Knospen trug. Zwei waschechte Bohémiens waren es schließlich, die ihn in die Welt des Chansons einführten. Der Dichter Boris Vian machte ihn mit seinem Partner Henri Salvador bekannt, und der nahm Gainsbourg unter seine Fittiche. Salvador sah in ihm zunächst nur einen Songlieferanten. „Serge konnte großartige Lieder
schreiben, aber warum musste er sie auch singen“, beschwerte sich der greise Salvador fast ein halbes Jahrhundert später. „Er hatte überhaupt keine Stimme. Das wusste er auch. Deshalb musste er mit seinem unrasierten Äußeren so auffallen, weil sonst jeder gemerkt hätte, dass er nicht singen konnte.“ Der Lebemann Salvador war kein Kostverächter, und Gainsbourg ahmte ihn nach, so gut er konnte. Auch das Hauchen der Stimme und die intime Arbeit mit dem Mikrofon hatte der pfiffige Plagiator von dem Altmeister übernommen. Ab 1958 wurden erste Platten mit seinen Songs aufgenommen, meist von weiblichen Interpretinnen gesungen. So schrieb er Lieder für Juliette Gréco, später auch für Françoise Hardy und Anna Karina. 1965 gewann die 17-jährige France Gall mit einem Song des Nachwuchs-Troubadours den Grand Prix Eurovision. Endlich hatte er es geschafft und musste sich nicht mehr vorschreiben lassen, was er zu tun und lassen hätte. 1966 schrieb er ein weiteres Lied für die jugendliche Chanteuse, das den Titel „Les Sucettes“ trug und von einem Lutscher handelte. Die naive Newcomerin dachte nicht länger über das unverfängliche Liedchen nach, bis die Presse plötzlich voll davon war, dass Gainsbourg ihr einen Song über Oral-Sex in den
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Gainsbourg und Birkin in „Slogan“ (1969), einem episodischen Liebesfilm von Pierre Grimblat
Oben: Birkin 1966 in Michelangelo Antonionis rätselhaftem Film „Blow up“ Rechts: Gainsbourg und Birkin inszenierten ihre Erotik (um 1970), die Klatschpresse bekam die Schlagzeilen
Oben: Emma Peel lässt grüßen, das Paar im Astonautendress
Liebe, die an an Sucht grenzte : privater Moment in den Siebzigern
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Rechts: Das Glamourpaar flaniert im Mai 1974 beim Filmfestivals in Cannes an den Fans vorbei
Mund gelegt hatte. Er liebte seine kleinen Schweinereien und die Franzosen liebten ihn Provokateur.
Die Schöne und das Biest Und dann geschah das Unfassbare. Bei Probeaufnahmen zu dem Film „Slogan“ stand plötzlich Jane Birkin vor dem inzwischen zum SzeneStar avancierten Songschreiber, Sänger und Schauspieler. Sie war in Großbritannien bereits in einigen Filmen zu sehen gewesen, unter anderem in Michelangelo Antonionis surrealem Hippie-Epos „Blow Up“, hatte sich aber keinen Namen gemacht. Der große Junge Serge konnte nicht fassen, dass er plötzlich der Frau begegnete, von der er immer geträumt hatte. Seine Faszination ließ er sie aber zunächst nicht spüren. Jane Birkin, die zuvor mit dem Filmkomponisten John Barry verheiratet war, beschwerte sich bei ihrem Bruder Andrew, wie eklig ihr neuer Filmpartner zu ihr war. Doch ihr Bruder ahnte bereits, dass sie dem ungehobelten Franzosen längst verfallen war. Es dauerte nicht lange, bis Serge Gainsbourg und Jane Birkin das bekannteste Paar Frankreichs waren. Er schrieb ihr zahlreiche Songs und produzierte mit ihr gemeinsam mehrere Alben. Ihr bekanntester gemeinsamer Hit war 1969 „Je t’aime... moi non plus“, der zunächst wegen seiner eindeutigen sexuellen Anspielungen auf den Index gesetzt wurde, sich aber gerade deshalb binnen Wochen über eine Million Mal verkaufte. Ein ganz ähnliches Stück zelebrierten die beiden im selben Jahr auf ihrem Erfolgsalbum „Jane Birkin – Serge Gainsbourg“ mit dem unmissverständlichen Titel „69 Année Érotique“. Jane Birkin war Gainsbourgs Muse, doch wie alles in seinem Leben pervertierte er auch diese Beziehung zur öffentlichen Inszenierung. Er hatte nämlich zwei Probleme. Sie war jung und er wähnte sich alt, sie war schön und er war hässlich. Gainsbourgs langjähriger musikalischer Weggefährte Jean-Claude Vannier unterstellte später, dass er sich mit 40 Jahren alt fühlte. Kleinen Ferkeleien nicht abgeneigt, war er fasziniert von Vladimir Nabokovs Roman „Lolita“ und sah in seiner Frau eine mädchenhafte Entsprechung, die in krassem Kontrast zu seiner eigenen verlebten Erscheinung stand. Die Schöne und das Biest. Andrew Birkin weiß zu erzählen, das Gainsbourg völlig besessen von Bildern und Filmen aus Janes Kindheit war, vor allem, weil sie damals mit ihrem kurzen Haar ein eher burschikoser Typ gewesen war. Dieses androgyne Image versuchte er in die Zukunft zu projizieren. Es war die Grundlage für seine vielleicht bedeutendste Platte und zugleich sein erstes Konzeptalbum.
Histoire de Melody Nelson Jane Birkins zweiter Vorname ist Mallory. „Histoire de Melody Nelson“ (1971) ist kein Porträt Jane Birkins, sondern ein Monolog über Serge Gainsbourgs emotionale Obsession, die unweigerlich im Desaster enden musste. Jane Birkin bezeichnete das Album als „Ein-Mann-Musical auf einem Album“. Mit ihren kaum 28 Minuten Spielzeit war die LP schon für damalige Verhältnisse relativ kurz. Doch mehr Zeit brauchte Gainsbourg nicht, um seine Geschichte zu erzählen. Die Story handelt von einem reiferen Mann, der mit seinem Rolls Royce eine Jugendliche auf einem Fahrrad anfährt und sie anschließend verführt. Am Ende der Geschichte stürzt sie mit einem Flugzeug ab. Der Plot von Liebe und Tod ist typisch Gainsbourg, mit seiner Instrumentierung hat er indes eine Revolution ausgelöst. „Wir wussten absolut nicht, wohin die Reise gehen sollte“, erinnert sich der damals blutjunge Arrangeur Jean-Claude Vannier. „Wir wussten nur, dass wir etwas völlig Neues machen wollten. Dabei standen wir unter keinerlei Einfluss von außen.“ Als Gainsbourg erstmals mit ihm über das Projekt gesprochen habe, kannte er nichts als den Titel. Doch
in aufreibender, mühevoller Kleinarbeit ist dann eines der beeindruckendsten Gesamtkunstwerke des 20. Jahrhunderts entstanden. Nie zuvor und nie wieder danachwar Gainsbourg so perfektionistisch wie bei diesen Aufnahmen, die in London begannen und in Paris abgeschlossen wurden. Den Kern des Albums bildet eine Spoken Word-Performance des Autors, bei der er dem Ohr des Hörers so nahe kommt, dass man seinen Atem zu spüren scheint. Der Arrangeur von „Melody Seine Worte riechen nach kaltem Nelson“ Jean-Claude Vannier (l.) Tabak, und doch sind sie von unmit Chansonier George Brassens widerstehlicher Erotik. Unter seiner Stimme ist ein hypnotisches Gemisch aus einer frei spielenden Funk-Band, psychedelischer Gitarre und einem sehr kompakt arrangierten 40-köpfigen Streicherensemble. Nie zuvor, so Vannier, seien Streicher so aufgenommen worden, ohne Klavier, nur mit einer E-Gitarre. Der Sound ist massiv, aufdringlich, aber hypnotisch. Es entsteht der Eindruck, Gainsbourg wolle sich eines Drucks entledigen, nicht zuletzt um das unausweichliche Ende seiner Liaison mit seiner privaten Lolita vorwegzunehmen. „Histoire de Melody Nelson“ ist so intensiv wie die Beziehung zwischen Gainsbourg und Birkin. Nach Fertigstellung der kurzen Platte drehte das Paar auf Grundlage der Songs noch einen surrealen Film, der sich der Masse aber noch weniger erschloss. In kommerzieller Hinsicht war „Melody“ zunächst ein Reinfall. Erst über die Jahre wurde das Album als das ungewöhnliche musikalische Dokument anerkannt, als das es heute gilt. Doch Gainsbourg glaubte an seine Mission und schuf eine Reihe weiterer Klangfilme.
L’homme à tête de chou Zwei Jahre nach „Melody“ gelang Gainsbourg mit „Vu de l’extérieur“ (1973) ein Album ganz ähnlichen Zuschnitts, wenn auch nicht von derselben konzeptionellen Geschlossenheit. Während der Aufnahmen dazu erlitt der vom Leben und der Leidenschaft gezeichnete Mittvierziger seinen ersten Herzanfall. Weitere zwei Jahre später sorgte er für einen Riesenskandal mit seiner kurzen Rockoper „Rock around the Bunker“, auf der er seine Erfahrungen im besetzten Frankreich zu einer irrwitzigen Groteske verarbeitete. Unter dem Einfluss der Filme von Mel Brooks brüskierte er die französische Öffentlichkeit mit absurden Spaßsongs wie „Nazi Rock“ oder „S.S. in Uruguay“, in der er sich von aufgekratzten Mädchenchören wie bei einer Karnevalsaufführung begleiten ließ. Bewusst suchte Gainsbourg nach neuen Grenzen, die er überschreiten konnte. Sein größter Wurf nach „Melody“ gelang ihm 1976 mit „L’homme à tête De chou“. Die abstruse Geschichte handelte abermals von der Besessenheit eines Mannes von einer Frau, die für die eine im Tod und den anderen im Wahnsinn endet. Das opulent ausgestattete Konzeptalbum nahm den narrativen Faden von „Melody Nelson“ wieder auf, musikalisch wagte Gainsbourg aber den nächsten Schritt. Neben weiteren Anleihen in Klassik und Psychedelic begab sich der notorische Nonkonformist erstmals auf ein Feld, das in Frankreich bis zu diesem Zeitpunkt völlig unbestellt war. Mit dem „Marilou Reggae“ präsentierte der ewig Suchende seinen ers-
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Links: Tochter Charlotte Gainsbourg 1971 Rechts: Charlotte Ende der Achziger Unten : „Charlotte Forever“: Video 1986 zum InzestSkandal-Song
ten Reggae, ein Genre, dem er kurze Zeit mit einer derartigen Intensität verfallen sollte, wie zuvor nur den Frauen. „L’homme à tête de chou“ ist Gainsbourgs letzter komplexer Klangfilm, das Ende seiner großen Inszenierungen. Letztmalig ist er mehr als nur ein Musiker oder Sänger, der seine große Vision mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln umsetzen muss.
Gainsbourg vs. Gainsbarre Wie viele exaltierte Künstler stellte sich auch Serge Gainsbourg ein Alter Ego zur Seite, das er anfangs noch steuerte, über das er jedoch mehr und mehr die Kontrolle verlor. Gainsbarre wurde geboren. 1979 offerierte er mit „Aux armes et cætera“ seit vielen Jahren sein erstes Album, dem kein übergreifendes Thema zugrunde lag, sondern nur ein einheitliches musikalisches Design. Einzig die Musik selbst war die Botschaft. Nachdem er schon in den frühen Sechzigern eine Synthese aus Latinjazz und Chanson gefunden hatte, war es diesmal der Reggae, den er mit erstaunlicher Konsequenz zelebrierte. Er war dazu nach Jamaika geflogen und mit Musikern aus dem Umfeld Bob Marleys, unter anderem Sly & Robbie ins Studio gegangen. Ohne handfeste Provokation kam Frankreichs Stinkstiefel Nummer Eins dennoch nicht aus. Der Titelsong war eine schnippische Bearbeitung der Marseillaise, was zwischen Ärmelkanal und Mittelmeer einen Schock auslösen musste. Bei einem Auftritt in Straßburg versuchten ihn so-
Einer von Gainsbourgs Kunden: Alain Chamfort ließ sich in den frühen Achtzigern Texte von seinem Kollegen schreiben
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gar Fallschirmjäger an der Aufführung des Songs zu hindern. Der gewiefte Massenbeschwörer schmetterte den Song kurzerhand a capella. Rückblickend war es vielleicht eine Tragödie, dass sich ausgerechnet diese Platte um ein vielfaches besser verkaufte als alle Alben zuvor. Zu dieser Zeit hatte Gainsbourg jedoch ganz andere Probleme. Nach 13 Jahren verließ ihn Jane Birkin. Er hatte diesem Moment stets voller Angst entgegen geblickt, doch jetzt geriet er völlig aus der Bahn. Bei öffentlichen Auftritten war er meist betrunken, seine desolate Verfassung war ihm ins zerknautschte Gesicht geschrieben. In einer Talkshow erklärte er Whitney Houston vor Millionen Fernsehzuschauerinnen, dass er sie gern f... wolle, die Schauspielerin und Sängerin Catherine Ringer bezeichnete er öffentlich als Prostituierte. Gainsbarre, der Unberechenbare, hatte Besitz von ihm ergriffen, er konnte ihn nicht mehr zur Raison rufen. Musikalisch hatte der einstige Titan des Zeitgeists den Anschluss an seine Zeit verloren. Sein zweites Reggae-Album „Mauvaises nouvelles des étoiles“ war nur noch ein lauer Aufguss, die neuen Ausprägungen von Disco, Synthie-Pop und New Wave blieben ihm fremd. Zumindest schien es so, denn seine eigenen Alben der achtziger Jahre wirkten musikalisch völlig uninspiriert und verkauften sich nur über inszenierte Skandale, zum Beispiel als der inzwischen 55-Jährige in dem Song „Lemon Incest“ von der LP „Love On The Beat“ (1984) Geschlechtsverkehr mit seiner noch minderjährigen Tochter Charlotte andeutete. Warum er so außer Kontrolle geriet, ist schwer zu sagen, da er im Hin-
und der Stimme eines Sängers, die dem jungen Serge nicht unähnlich war. Es wird auf ewig ein Rätsel bleiben, warum Gainsbourg nach 1981 nicht mit ähnlicher Leidenschaft an seinen eigenen Platten arbeitete, sondern sich mit peinlichen Halbheiten zufrieden gab.
A l a i n Bas h u n g Von Lebenslust bis Lungenkrebs Alle fünf Jahre gibt es eine neue Hommage an Serge Gainsbourg. Jede Generation französischer Popmusiker entdeckt und reklamiert ihn für sich neu. Mit Jacques Brel, Georges Brassens und Edith Piaf verhält es sich ähnlich. Nach seinem tragischen Tod im Frühjahr 2009 gehört nun auch Gainsbourgs legitimer Nachfolger Alain Bashung zu den Auserwählten. Auf der CD „Tels Alain Bashung“ erweist die aktuelle französische Szene dem großen Meister des traurigen Songdramas Respekt. Für diese Retrospektive haben die im Streit getrennten Noir Desir eigens wieder zusammen gefunden, Benjamin Biolay, Keren Ann, Miossec, -M-,
Alain Bashung
Raphael, Vanessa Paradis, Stephan Eicher und einige andere leisten ihren Beitrag zu einem großen Denkmal des defätistischen Songpoeten. „Tels Alain Bashung“ ist nur zum Teil ein Abschied. Viel mehr ist es die erste Fixierung eines neuen Kanons, der Alain Bashung in der GainsbourgNachfolge zu einem Grundpfeiler der französischen Pop-Identität macht. Fortsetzung folgt!
Alain Bashung hatte einen ähnlichen Lebensweg hinter sich wie Serge Gainsbourg, als die beiden sich erstmals trafen. Er stammte aus einfachen Verhältnissen und hatte sich auf einem mühevollen Weg hocharbeiten müssen. Sein Genius fand wenig Anerkennung. Er verehrte Gainsbourg, und als dieser sich seiner wie ein Mentor annahm, war er überglücklich. Zwar war Bashung 1982 kein Unbekannter mehr auf der französischen Rockszene, aber die Verbindung mit Gainsbourg war wichtig für beide Seiten. Es gibt Fotos, auf denen die zwei Extremisten aneinander gefesselt sind. Beide waren von Selbstzweifeln geplagt, die sie kreativ umsetzten. Doch bei aller Ähnlichkeit gab es einen entscheidenden Unterschied. Bashung kehrte niemals den Bonvivant nach außen, seine Songs und sein ganzes Auftreten waren immer Ausdruck extremer Torturen. Als Serge Gainsbourg im März 1991 verlosch, galt Alain Bashung in der französischen Öffentlichkeit als legitimer Nachfolger. Er trat dieses Erbe mit Würde an. In den achtziger Jahren hatte er zwar einige Pop-LPs produziert, die sich allzu stark an den instrumentalen Möglichkeiten seiner Zeit orientierten, aber in Gainsbourgs Todesjahr stieg er mit seinem apokalyptischen Bluesalbum „Osez Joséphine“ zu triumphaler Größe auf. Er hatte verstanden, in ihm lebte Gainsbourg weiter. Seine Platte „Fantaisie Militaire“ wurde 1996 zum besten französischen Album seit 20 Jahren, also seit „L’homme à tête de chou“ ausgerufen. Er verstand sich als musikalischer Geschichtenerzähler, seine späten Alben wirken wie poetische Zyklen mit düsterer musikalischer Untermalung. Je älter er wurde, desto mehr legte er an Charisma zu. 2008 wurde er von dem Choreografen Claude Callotta aufgefordert, Gainsbourgs Part in einer Ballett-Aufführung von „L’homme à tête de chou“ zu übernehmen, und ließ sich nicht lange bitten. Am 14. März 2009 starb Bashung an Krebs, doch kurz vor seinem Tod nahm er noch eine gran-
tergrund durchaus zeigte, dass er mit seiner Epoche noch mithalten konnte. War letztlich auch seine Selbstzerstörung nur eine riesige Inszenierung, die vielleicht größte Provokation seines Lebens? In den Jahren 1981 und 1982 war er als Songschreiber maßgeblich an zwei Platten beteiligt, die für den französischen Pop richtungsweisend waren. Einmal mehr schien es ihm zu gelingen, mit einer jungen Generation eine Art virtueller Bohème zu gründen, deren kongenialer Dreh- und Angelpunkt er selbst war. Gainsbourg war sensibel genug, um zu spüren, dass er sich verbraucht hatte und es mit seiner eigenen Ausdruckskraft zu Ende ging. Aber er war sich nicht zu schade, seine immer noch überbordende Fantasie in den Dienst jüngerer Künstler zu stellen, in denen er sich selbst wiedererkannte. 1981 schrieb er die Songs für Alain Chamforts Platte „Amour année zero“. Er hatte zuvor schon mehrfach mit Chamfort zusammengearbeitet, der für eine spezifisch französische Mischung aus SynthiePop und Post-Disco stand. Chamfort hatte genug Potential und jugendliche Power, um ein ganz großer Star für die achtziger Jahre zu werden. Von heutigem Standpunkt klingt sein Sound hoffnungslos überholt, aber Anfang der Achtziger verkörperte Chamfort besser als viele andere Frankreichs Aufbruch in ein neues Klangzeitalter. Einen anderen Stellenwert hat bis heute Alain Bashungs LP „Play blessures“, für das Gainsbourg ebenfalls die Songs geschrieben hatte. „Play blessures“ war ohne Frage das überzeugendste Statement des Schöpfers von „Melody Nelson“ in den achtziger Jahren. Das war ganz der alte Gainsbourg, zu dieser Produktion hatte Gainsbarre keinen Zutritt. Hier of- Inzwischen ganz weit draußen: Serge Gainsbourg in seinem Studio im Januar 1988 fenbarte sich sein Genie in düsterem Post Punk und No Wave mit grandiosen, zeitlosen Arrangements
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diose Neubewertung von L’homme à tête de chou“ auf. Sein Vermächtnis ist Gainsbourg.
Das Erbe Alain Bashung war vielleicht der einzige legitimierte, aber längst nicht der alleinige Erbe von Gainsbourgs Vermächtnis. Rockstars wie Iggy Pop und Nick Cave arbeiteten schon zu Lebzeiten an ihren eigenen Kommentaren zum Paradiesvogel der französischen Popkultur, dessen Credo lautete: „Popmusik ist kein Synonym für Massenkultur. Wenn ich machen sage, heißt das ja auch nicht, dass ich aufs Klo gehe.“ Auch Pop und Cave sind wandernde Bohémiens, in ihrem jeweiligen konkreten Umfeld Kulminationsfiguren und doch auch Jahrhundertkünstler, die alle Höhen und Tiefen der kreativen Selbstfindung durchlitten haben. Iggy Pop hat noch nie einen Hehl aus seiner Frankophilie gemacht. Sein aktuelles Album „Préliminaires“ klingt wie eine Apotheose des großen Franzosen, aber auch schon auf „Avenue B“ griff er dessen Lieblingsthema der unvermeidlichen Vergänglichkeit alles Edlen und Schönen auf. Nick Cave hat denselben narrativen Ansatz wie Gainsbourg, seine Alben drehen sich stets um einen be-
Ca n tat & T r i n t i g na n t Die Geschichte, die Serge niemals schrieb Es ist eine Tragödie von Liebe und Tod, kein Produkt der Phantasie, sondern brutale Wirklichkeit. Bertrand Cantat war der aufrichtigste Sänger Frankreichs. Für die Jugend war er eine moralische Autorität, weil er nie vor den Autoritäten kuschte und mit unvergleichlicher Poesie Klartext zu reden verstand. Noir Désir war eine politische Rockband, wie es sie in Deutschland nicht gibt. Ihre Botschaften wurden in ganz Frankreich gehört und Bertrand Cantat (l.) war ihr Sänger. Mit ihrem Song „Lolita nie en bloc“ erwiesen auch sie 1992 Gainsbourg ihren Respekt. Die kometenhafte Laufbahn der Band endete jäh am 26. Juli 2003 in Vilnius. Der angetrunkene Cantat erschlug seine Geliebte Marie Trintignant (r.), die Tochter des berühmten Schauspielers Jean-Louis
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Trintignant, aufgrund einer SMS, die diese von ihrem Ex-Mann erhalten hatte. Kurz nach dem Verbrechen wollte der Sänger Hand an sich selbst legen, wurde jedoch von der Polizei daran gehindert. Wegen „Mord mit indirektem Vorsatz“ zu acht Jahren Gefängnis verurteilt, arbeitete er im Knast an dem Live-Album „En Public“. Nach vier Jahren wurde er wegen guter Führung und echter Reue entlassen. Doch Cantat fand nicht mehr in sein altes Leben zurück. Er nahm zwar mit seinen früheren Kollegen Noir Désir ein neues Album auf, das aber nie veröffentlicht wurde. Die Band fiel im Streit auseinander. Damit hatten die Schicksalsschläge noch kein Ende. 2010 nahm sich Bertrand Cantats Ex-Frau Krisztina Rady das Leben, während er im selben Haus schlief.
stimmten Themenkomplex. Wie Gainsbourg ist er besessen von der Ambivalenz von Liebe und Tod. Am nächsten kam er seinem Idol wohl auf dem Hörcomic „Murder Ballads“, nicht zuletzt wegen seiner hingebungsvollen Duette mit Kylie Minogue und PJ Harvey. Noch größere stilistische Nähe zu Gainsbourg hat Caves jahrzehntelanger Mitstreiter Mick Harvey, dessen erste beiden Alben „Intoxinated Man“ und „Pink Elefants“ sich ausschließlich aus Songs von Gainsbourg zusammensetzten. Unübertroffen ist seine Version von „Je t’aime... moi non plus“ mit Nick Cave und Anita Lane, deren laszive Stimmung sogar noch das Original übertrifft. Auch Harveys spätere Alben hatten stets diesen Gainsbourg-Faktor. „Serge Gainsbourg war eine Stilhure“, konstatierte Harvey, nachdem er die spirituelle Vaterschaft des Franzosen abgeschüttelt zu haben meinte. Doch wenn man sich seine Produktion für PJ Harveys neue CD „Let England Shake“ anhört, dann schaut ihm Serge verschmitzt über die Schulter und lacht sich eins. Genau so hat er einst die Alben für Jane Birkin produziert. Nicht zu vergessen der gewitzte Ekklektizismus des Amerikaners Beck, der diesen selbst immer wieder auf sein Gainsbourg zurückführt. Sein Song „Paper Tiger“ von der CD „Sea Change“ klingt wie eine inoffizielle Coverversion von „Melodie Nelson“, dessen Arrangement er eins zu eins übernommen hat. Zu den jüngsten Gainsbourg-Epigonen gehört der Israeli Jeremy Fogel, der mit seiner Band Fogel And The Sheriffs auf „Exorcism“ den bislang wohl radikalsten Angriff auf das Vermächtnis des Gainsbarre wagt. Politisch inkorrekt bis zur Unerträglichkeit, hat er alle Elemente von Gainsbourg zwischen 1967 und 1979 verarbeitet und in ein aktuelles Soundgewand transformiert. Bei ihm finden wir alle Konflikte wieder, die auch bei Gainsbourg eine Rolle gespielt haben, sein Umgang mit Religion und den Denktabus der Gesellschaft ist ähnlich extremistisch. Auch in Frankreich gibt es freilich nach Bashungs Tod neue Anwärter auf den Gainsbourg-Thron. Da ist an aller erster Stelle Benjamin Biolay zu nennen, der das Charisma und das songpoetische Genie seiner beiden Vorgänger adäquat weiterführt. Er hat Gainsbourgs Sinn für das musikalisch Unmögliche, den äußersten Grenzgang, die permanente Horizonterweiterung. Und er kann so schön rauchen wie der Schöpfer von „Melody Nelson“. Sein schärfster Konkurrent bei der Thronbesteigung ist der junge Chanteur Raphael, der ebenfalls ein goldenes Händchen für die Perfektion der Asymmetrie hat, mit Gainsbourg jedoch dessen Zwielichtigkeit und narrative Überzeugungskraft teilt. Vielleicht ist dem jungen Großkotz am Anfang seiner Laufbahn etwas zu viel Lob zuteil geworden, aber seine Augen leuchten in Erwartung des ganz großen Schlages. Raphael ist der geborene Bohémien und Bürgerschreck, der kein Fettnäpfchen auslässt
Der Esprit lebt weiter – Hommagen an Serge Kaum ein anderer Popmusiker des 20. Jahrhunderts ist nach seinem Ableben mit ähnlich vielen Hommagen geehrt worden wie Serge Gainsbourg. John Zorn widmete ihm eine komplette CD seiner Great Jewish Music Series mit avantgardistischen Neubearbeitungen von Wahne Horvitz über Fred Frith bis Mike Patton und Blonde Redhead. 2002 erschien die Compilation „I Love Serge“ mit elektronischen Transformationen und Remixen, unter anderem aus der Hand von Matthew Herbert und Howie B. Gainsbourg hätte sich von der nicht immer stilsicheren Respektlosigkeit dieses Tributs sicher absolut verstanden gefühlt. Der Reigen ging 2006 mit der Compilation „Monsieur Gainsbourg Revisited“ weiter, auf der angesagte Alternative-Stars von den Kills und Karen Elson über Brian Molko und Franz Ferdinand bis zu Por-
Ein Schmerzensmann, ein Mythos: Iggy Pop hat mehr erlebt als die meisten Popstars und wirkt bei Lulu Gainsbourgs Tribute mit
Große Erzähler und Geistesverwandte von Gainsbourg: der Finsterlyiker Nick Cave (l.) und Birthday-Party-Veteran Mick Harvey (r.)
Junge Epigonen wie Raphael (l.) und Benjamin Biolay (r.) versuchen, an die verlebte Souveränität von Serge Gainsbourg anzuknüpfen
tishead und Catpower sich vor dem Altmeister verneigen. Ob Gainsbourg an dieser unverfänglichen Mainstream-Verneigung seine Freude gehabt hätte, darf zumindest in Frage gestellt werden. An einer weiteren Hommage an seinen einstigen Förderer war Jean-Claude Vannier – der mit über sechzig immer noch jünger aussieht als Gainsbourg mit dreißig – beteiligt, als er 2008 im Londoner Barbican Center „Histoire de Melody Nelson“ mit Jarvis Cocker, Bri-
Das V e r m ä c h t n i s Die „Histoire de Melody Nelson“ Nach vier Jahrzehnten ist die „Histoire De Melody Nelson“ in verschiedenen Varianten wieder erhältlich. Die SuperDeluxe Edition (Universal) enthält 2 CDs, 2 LPs, 1 DVD, ein 52seitiges Hardcoverbuch mit Fotos und Songtexten mit englischer Übersetzung. Die Deluxe Version begnüngt sich mit dem Album, Outtakes und der DVD mit Doku und Surround-Mix
gitte Fontaine, Mick Harvey und Gruff Rhys von den Super Furry Animals aufführte. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann auch dieses Projekt auf CD erscheint. Natürlich wirkten auch die Mitglieder des Gainsbourg-Clans fleißig an der Ausbeutung der Legende mit. Von Jane Birkin gibt es mehrere posthume Liebeserklärungen an ihren einstigen Lebenspartner, so das gelungene Studioalbum „Versions Jane“ von 1996 und die in arabische Tücher gehüllte Live-Platte „Arabesque“ von 2002. Ihre gemeinsame Tochter Charlotte Gainsbourg war in dieser Hinsicht zum Glück erfreulich zurückhaltend, dafür tritt Gainsbourgs jüngster Sohn Lulu jetzt aus dem Schatten seines Erzeugers. Er sieht seinem Vater zwar fatal ähnlich, dessen Genie hat er aber bis jetzt nicht geerbt. Mit prominenten Gästen wie Scarlett Johannson, Johnny Depp, dem unvermeidlichen Iggy Pop, Vanessa Paradis und anderen navigiert er sich durch das väterliche Gesamtwerk, kommt aber selten über seichten Cocktail-Pop hinaus. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
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Cash-Flow Johnny Cashs Sohn öffnet das Familienalbum mit privaten, bewegenden Bildern.
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ohn Carter Cash macht es richtig. Obwohl ihn von Kindesbeinen an Musik umgab und die Versuchung durchaus vorhanden war, selbst als Bühnenkünstler sein Glück zu versuchen, widerstand er der naheliegenden Möglichkeit. Er bevorzugt den Hintergrund, schreibt Songs, produziert Alben, zum Teil im eigenen Studio, und verwaltet das Erbe seiner Eltern. Er ist der einzige gemeinsame Sohn von Johnny Cash und June Carter Cash. Nach der Biographie über seine Mutter „Anchored In Love: An Intimate Portrait Of June Carter Cash“ widmet er sich nun mit einem großformatigen und liebevoll gestalteten Bildband dem Vater. Auf 160 Seiten werden nicht nur Bilder aus allen Lebenslagen präsentiert, sondern auch Faksimiles wichtiger Dokumente aus dem Leben des Stars, wie etwa einer Liebeserklärung an June, eines selbst gestalteten Zeichenheftes und handgeschriebener Briefe. Eine sehr persönliche und würdevolle Verbeugung.
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Links: „Dad schreckte nie davor zurück, seine tiefsten Gefühle zu offenbaren, wenn er dies für richtig hielt.“ (John Carter Cash) Und die sorgen auch bei einem gottesfürchtigen Mann zuweilen für klare Statements
Links und links unten: June begleitete Johnny wann immer möglich zu seiner Arbeit, der Musik. Ruhige gemeinsame Stunden fand en sie im „Haus am See“ am Old Hickory Lake in Hendersonville (um 1968)
Links: „Dad hat sein Leben lang geraucht. Manche sagen, davon komme seine markante Baritonstimme“ (John Carter Cash)
John Carter Cash „Mein Vater Johnny Cash“ Knesebeck Verlag, Hardcoverbuch mit Faksimiles, 160 Seiten, € 39,95
Oben: John hilft seinem Vater beim Stimmen der Gitarre. Der Auftritt in Carter Fold in Hiltons, Virginia, war der letzte vor Johnny Cashs Tod am 12. September 2003
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„K athedralen der kl änge“ (7)
Oben und rechts: Ein unscheinbarer Eingang, aber einer der schönsten Konzertsäle von Paris mit 1772 Plätzen
Olympia, Paris Legende im 9. Arrondissement
A Oben: Viele Stars, viele Fotografen – Joyce Jonathan mit Band Rechts: Paris, Champagner, Savoir vivre – die Atmosphäre der Stadt und der berühmten Bühne ließ selbst Madonna den Abend entspannt angehen
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lle waren dort, die Beatles und Edith Piaf, die Stones und Jacques Brel, Josephine Baker und Louis Armstrong. Das Olympia in Paris am Boulevard des Capucines 28 ist nicht einfach nur ein großer Konzert- und Theatersaal. Es ist eine der berühmtesten Bühnen der Welt, vergleichbar mit der Carnegie Hall in New York. Dort startete Gilbert Bécaud seine Karriere, dort gastierten Oum Kalthoum ebenso wie die Popstar der Gegenwart von Céline Dion bis David Bowie. Die Idee für diese Music Hall hatte einst der Gründer des ‚Moulin Rouge‘ Joseph Oller, der 1888 das Gebäude im 9.Arrondissement von Paris errichten ließ. Am 12. April 1889 wurde der Saal unter dem Namen ‚Montagne Russe‘ eröffnet. Es dauerte jedoch nicht lange, bis man ihn nur noch untern Olympia kannte. Erst Ende der Zwanziger stagnierte der Erfolg. Die Music Hall wurde als Kino genutzt und 1954 von Bruno Coquatrix wiedereröffnet. Als es dann in den frühen Neunzigern verfiel, erklärte der Kultusminister Jack Lang das Olympia zum nationalen Kulturerbe. Es wurde restauriert, das markante rote Interieur wieder hergestellt, so dass der Saal seitdem mit alter, neuer Pracht seine Stars und sein Publikum empfangen kann.
Neuheiten Pop & rock CD-Veröffentlichungsübersichten aus Pop & Rock, Jazz, World & Co. und Klassik finden Sie wöchentlich aktua lisiert unter sonomagazin.de
a American Werewolf „Academy Everything Is Alright So Far“ (03.12.) Ardian Bujupi „To The Top“ (03.12.) Army Rising „Impending Chaos“ (03.12.)
b Birds Of Passage „Winter Lady“ (10.12.) Tim Buckley „Tim Buckles“ (Remaster Deluxe) (2.12.) The Black Keys „El Camino“(2.12.) James Blunt „Trouble - Revisited“ (26.11.)
c Chaos Mon Amour „Dead End Paradise“ (03.12.) Crippled Black Phoenix (Mankind) „The Crafty Ape“ (27.01.)
d Dominant Legs „Invitation“ (03.12.)
e Eddie Henderson „Mahal“ (Expanded & Remastered) (03.12.) Eisregen „Rostrot“ (03.12.)
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King’s Daughters & Sons „If Not Then When“ (10.12.) Korn „The Path Of Totaliy“ (2.12.)
l LA Vampires „So Unreal“ (26.11.) Lagwagon „Trashed“ (Remastered) (03.12.) Lagwagon „Hoss“ (Remastered) (03.12.)
Fennesz + Sakamoto „Flumina“ (03.12.)
Lagwagon „Double Plaidinum“ (Remastered) (03.12.)
Fun Lovin’ Criminals „100% Colombian“ (Digitally Remastered) (03.12.)
Lagwagon „Let’s Talk About Feelings“ (Remastered) (03.12.)
g Liz Green „O, Devotion!“ (27.01.)
h Hipbone Slim & The Kneetremblers „Square Guitar“ (03.12.) Ben Howard „Every Kingdom“ (10.2.)
k K’s Choice „Little Echoes“ (03.12.)
Backstage mit Stil: Zaz veröffentlicht Mitschnitte ihrer Tournee
Marit Larsen „Spark (16.12.) Hugh Laurie „Let Them Talk“ (2.12.)
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p
Meat Loaf „Hell In A Handbasket“ (2.12.)
Nightwish „Imaginaerum“ (2.12.)
Papir „Stundum“ (03.12.)
Pietro Lombardi „Pietro Style“ (2.12.)
Nils Lofgren „Old School“ (03.12.)
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Nitkowski „Stay In Home Of Your Love“ (03.12.)
Peter Hook & The Light „1102/2011“ (Limited Edition) (03.12.)
Mamas Gun „The Life And Soul“ (27.01.) Marco Masini „Niente D’Importante“ (03.12.) James Morrison „Songs For Yoou, Truth For Me“ (31.12.)
o Oliveray „Wonders“ (03.12.) One Man’s Trash feat. Jimi Jamison „History“ (10.12.)
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The Mustache Mozart Affaire „Steaming Satellites“ (06.01.) The Phantom Keys „The Real Sounds Of“ (10.12.)
Rammstein „Made In Germany“ (2.12.)
The Roots „Undun“ (2.12.)
Kelly Rowland „Here I Am“ (2.12.)
The Stone Roses „The Remixes“ (6.1.)
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Thee American Revolution „Buddha Electrostorm“ (03.12.)
Sandstone „Can You Send Me A Silver Thread“ (03.12.) Shy „Unfinished Business“ (Remastered inkl. Bonus-Tracks) (03.12.) Stevie Nicks „House Of Blues“ (26.11.) Swahili Blonde „Psycho Tropicalballet Pink“ (10.12.)
t Taylor Swift „Speak Now World Tour Live“ (2.12.)
Foto: Sony
The Lemonheads „Hotel Sessions“ (03.12.)
Rangers „Pan Am Stories“ (03.12.)
Shakira „Live from Paris“ (2.12.)
Besser als die White Stripes, aber auch nur zu zweit: The Black Keys mit „El Camino“
The Grip Weeds „Under The Influence Of Christmas“ (03.12.)
Tender Forever „Where Are We From“ (03.12.) The Cure „Bestival Live 2011“ (26.11.)
Thee Graveman „Thee Graveman“ (03.12.) Toad The Wet Sprocket „Dulcinea“ (Digitally Remastered) (03.12.)
w White Hills „Live At Roadburn 2011“ (03.12.) Amy Winehouse „Lioness: Hidden Treasures“ (2.12.) Charlie Winston „Running Still“ (10.02.) Wives „Roy Tapes“ (03.12.)
z Zaz „Zaz Live Tour“ (2.12.)
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Neuheiten Klassik, Jazz & world
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Brothers (Digipack)“ (26.11.)
Marita Viitasalo „Lieder“ (26.11.)
Daniel Erdmann/ Samuel Rohrer „How To Catch A Cloud“ (26.11.)
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Michal Szymanowski „Piano Recital“ (26.11.) Mikhail Simonyan / Kristjan Järvi „Two Souls (20.01.)
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Sergio Fiorentino „The Berlin Recordings“ (03.12.)
Florian Poser & Martin Flindt-Duo „Crossing Minds“ (26.11.)
Sir Mark Elder „A London Symphony/ Oboe Concerto“ (03.12.)
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Stravinsky/Shostakovich „Judith Ingolfson/Vladimir Stoupel“ (03.12.)
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Musik aus Sanssouci“ (9.12.)
Anthony Spiri „Piano Works By Gabriel Fauré“ (26.11.)
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b Benjamin Righetti „Sonate Pur Orgue/ Messa Choralis“ (26.11.)
c Chiaroscuro Quartet „Mozart/Schubert“ (26.11.) Christine Schäfer „Arias“ (Limited Edition/Digipak) (26.11.) Cyprien Katsaris „Symphonies 4 & 5“ (03.12.)
Ensemble Lucidarium „Hombres De Maíz“ (26.11.)
f Freiburger Barockorchester „Orchestersuiten Nr. 1-4 BWV 1066-1069“ (26.11.) Fretwork „GoldbergVariationen“ (26.11.)
g Gérard Caussé „6 Suites De Danses“ (26.11.) Guillaume Coppola „Franz Liszt“ (26.11.)
Ja z z & Wo r l d :
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James Gilchrist/ Anna Tilbrook „Winterreise“ (26.11.)
Albatrosh „Yonkers“ (03.12.)
Jörg Breiding „Marienvesper“ (26.11.)
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Jean-Claude Pennetier „Gabriel Fauré“ (26.11.)
Benoit Delbecq/ Francois Houle „Because She Hoped“ (26.11.)
l Lisa Moore „Caprichos Enfáticos“ (26.11.)
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London Philharmonic Orchestra „The Greatest Video Game Music“ (26.11.)
Daniel Hope „Friedrich der Große,
Ildikó Raimondi „Goethe Lieder“ (26.11.)
Ludger Rémy „Six Suites“ (26.11.)
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Sylvain Cambreling/SWR Sinfonieorchester „Sinfonie Nr. 3 - Leonoren Ouvertüre“ (03.12.)
Izhar Elias „Hommage A Debussy“ (26.11.)
Jean-Frédéric Neuburger „Liszt/ Neuburger/Barraqué/ Débussy“ (26.11.)
Eric Watson & Christof Lauer „Out Of Print (Digipack)“ (03.12.)
Sergei Babayan „Sonatas“ (03.12.)
St. Petersburg Orchestras „Russische Meisterwerke“ (10.12.)
Clever und voller Ideen: Elvis Costello bringt ein „Songbook“ heraus
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Hank Roberts „Everything Is Alive“ (03.12.) Hans Reffert & Werner Goos „Stone Cold & Broken“ (26.11.)
j Joe Louis Walker/ Otis Grand „Guitar
Kerkko Koskinen Orchestra „Trains & Letters“ (26.11.)
m Melingo „Corazón & Hueso“ (26.11.) Milton Nascimento „Bituca: The Definitive Collection“ (26.11.)
r Reinhard Schraml Trio „Muerrer spannt aus“ (26.11.)
s Sidony Box „Pink Paradise“ (26.11.) Steve Gadd And Friends „Live At Voce“ (26.11.)
Billy Cobham Band „Live At Leverkusen Jazzfestival“ (26.11.)
c Christian Muthspiel’s Yodel Group „Huljo“ (26.11.) Elvis Costello „The Return Of The Spectacular Spinning Songbook“ (9.12.)
Nicht nur Emmanuel Pahud würdigt Friedrich den Großen, sondern auch Daniel Hope