Auf den Spuren Beruhmter Personlichkeiten

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Auf den Spuren berühmter Persönlichkeiten


Auf den Spuren berühmter Persönlichkeiten

Die Region im Süden Mährens wurde zum Zuhause und zur Wirkungsstätte einer Vielzahl erfolgreicher Menschen. Hier lebten und arbeiteten herausragende Künstler, Wissenschaftler, Politiker und Menschen mit besonderen Qualitäten oder großer Berühmtheit, ihnen begegneten die alltäglichen und außergewöhnlichen Freuden und Leiden. Ihre Namen sind wichtig für diese schöne Region und für die Menschen, die heute hier leben. Erinnern wir uns zumindest an einige Persönlichkeiten, auf die wir als Einwohner von Südmähren stolz sein können, denen aus Dankbarkeit Statuen errichtet wurden, nach deren Namen Straßen, Plätze, Hochschulen, Theater benannt sind, denen auch heute Ausstellungen gewidmet werden, deren Bücher herausgegeben oder über die wissenschaftliche Treffen veranstaltet werden. Begeben wir uns also auf die Spuren unserer berühmten Landsmänner und Vorfahren, und versuchen wir, auf dieser Wanderung die von ihnen hier erlebten Begebenheiten und Schicksale lebendig werden zu lassen.

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Johann Amos Comenius Der Philosoph, Pädagoge und Theologe mit Weltruhm gehört zu den bedeutendsten Söhnen Südmährens. Als eines der fünf Kinder von Martin Komenský und seiner Gemahlin Anna kam er am 28. März 1592 zur Welt. Auf die Frage, wo er geboren wurde, gibt es keine eindeutige Antwort. Einige Materialien sprechen für Ungarisch-Brod (Uherský Brod), andere für Nivnitz (Nivnice). Komňa ist der Ort, welcher der Familie die Herkunft und den Namen gab. In die Aufzählung der Wirkungsstätten von Comenius in Südmähren nehmen wir auch Strassnitz (Strážnice) auf. Hierher kam er als zwölfjähriger Waise nach dem Tod seiner Eltern, die 1604 kurz nacheinander in Ungarisch-Brod verstarben. Der kleine Comenius lebte bei seiner Tante Zuzana Nohálová, 1605 besuchte er die Brüderschule in Strassnitz. Von hier begann sein Bildungsweg europäischen Formats. Nach der Studienzeit kehrte er zurück nach Mähren und wurde in Žeravice bei Kyjov zum Priester ordiniert. Bald darauf prägten die Ereignisse des Dreißigjährigen Krieges sein Leben. Zu Kriegsbeginn lebte Comenius in Fulnek, seine Gemahlin Magdalena Vizovská und seine zwei kleinen Söhne starben frühzeitig. Comenius fand bei Karl dem Älteren von Zierotin in Brandeis am Stillen Adler (Brandýs nad Orlicí) Zuflucht. Seine in der Heimat verbrachten Tage verkürzten sich jedoch unaufhaltsam. 1628 verließ er das Land und die Rückkehr war ihm nicht mehr vergönnt. Auf den Spuren von J.A. Comenius in Südmähren Museum von Johann Amos Comenius, Uherský Brod Denkmal von Johann Amos Comenius, Žeravice Denkmal von Johann Amos Comenius, Komňa Bartek-Mühle, Nivnice

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EliSabeth Richensa Im Hauptschiff der Basilika Minor in Alt-Brünn, an der Stelle der Bodenplatte mit dem Buchstaben „E“ und dem Zeichen der Königskrone, liegt eine der bemerkenswertesten Persönlichkeiten der böhmischen und mährischen Geschichte bestattet, die böhmische Königin Elisabeth Richensa. Elisabeth wurde am ersten Septembertag des Jahres 1288 geboren, ihr Vater war Przemyslaw von Großpolen und ihre Mutter die schwedische Prinzessin Luitgard Richensa, polnisch „Ryksa“ genannt. In dieser Zeit übernahm der damals siebzehnjährige Wenzel II. die Herrschaft der böhmischen Länder. Als Wenzel II. im Jahr 1297 verwitwete, wurde ihm die Hand der neunjährigen polnischen Prinzessin Elisabeth angeboten. Mit einem 17 Jahre älteren Mann zu leben war für sie überhaupt nicht leicht, zudem waren drei der fünf Kinder von Wenzel fast ebenso alt wie sie selbst. Knapp fünf Jahre nach der Hochzeit verstarb der gerade erst vierunddreißigjährige Wenzel II. Sechs Tage vor seinem Tod schenkte die noch nicht siebzehn Jahre alte Richensa ihrer Tochter Anežka das Leben. Wenzel III., der Sohn von Wenzel II., trat 1305 das Erbe seines Vaters an und setzte sich die böhmische Königskrone auf. Doch nach nur einem Jahr seiner Herrschaft wurde er in Olmütz (Olomouc) ermordet.

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Als nächster erkämpfte sich Rudolf von Habsburg die Macht. Der böhmische Adel akzeptierte ihn nur unter der Bedingung als König, wenn er die zwanzigjährige Königswitwe Elisabeth ehelicht, die den Erbanspruch auf die polnische Krone auf ihn übertragen würde. Nicht ganz neun Monate nach ihrer Hochzeit ist Elisabeth jedoch abermals Witwe – Rudolf starb bei der Belagerung der Burg Horaždiowitz im Feldzug gegen die böhmischen Herren, die ihm den Eid verweigerten. Der Adel wählte Heinrich von Kärnten zu seinem König. Nach Mähren gelangt die Königswitwe Elisabeth Richensa durch die schicksalhafte Liebesbeziehung zum mächtigen Mann im Königreich Heinrich von Lippa. Als er zum mährischen Landeshauptmann ernannt wurde, übersiedelte sie mit ihm 1320 nach Brünn (Brno). Die neue Verbindung zwischen Königin Richensa und Heinrich dauerte die nachfolgenden zehn Jahre lang. In Brünn richteten sie ein Haus ein, das schöner war als das Prager Palais. Im Mai 1323 gründete sie an der Marienkirche in Alt-Brünn das Zisterzienserinnenkloster Aula Sanctae Mariae. Ihr alter Verehrer, König Johann von Luxemburg, leistete einen großen finanziellen Beitrag für seine Entstehung. Der Klosterbau dauerte fast fünfzig Jahre, Elisabeth hat die Fertigstellung nicht mehr erlebt. Heinrich von Lippa verstarb 1329, drei Jahre später (1332) ging Elisabeth in das Kloster, das sie gegründet hatte, wo sie ihren Geliebten, Gefährten, Freund und Beschützer um ganze sechs Jahre überlebte. Ihr Vermögen hinterließ sie dem Kloster, unter anderem auch den Satz der kostbaren illuminierten Handschriften, von denen drei erhalten blieben und im Museum des Landes Brünn, im Denkmal des Schrifttums in Mähren und im Mährischen Landesmuseum aufbewahrt werden. Das Kloster ging später an den Orden der Augustiner-Eremiten über. Einer seiner Ordensbrüder war der Begründer der Genetik Johann Gregor Mendel. Zudem war hier auch der Komponist Leoš Janáček tätig. Auf den Spuren von Elisabeth Richensa in Südmähren Augustinerabtei mit der Basilika Mariä Himmelfahrt, Brno Haus der Herren von Lippa, Brno, Platz náměstí Svobody Museum des Landes Brünn, Denkmal des Schrifttums in Mähren

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Kardinal Franz von Dietrichstein Der Name dieser bedeutenden und zugleich kontroversen Persönlichkeit der Geschichte des siebzehnten Jahrhunderts ist an vielen Orten in Zentral- und Südmähren anzutreffen. Der fünfjährige Dietrichstein übersiedelte mit seinen Eltern von Madrid nach Nikolsburg (Mikulov). Fürst Franz von Dietrichstein, die Seele der Gegenreformation in Mähren, einschließlich der gewaltsamen Bemühungen, kümmerte sich vorbildlich um die Familiengüter, in Kremsier (Kroměříž) prägte er sogar eigene Münzen. Unbeabsichtigt machte er sich auch um das malerische Kolorit der charakteristischen Kulisse von Nikolsburg verdient, die er mit der Kapelle und dem Kreuzweg auf dem Tanzberg, heute Svatý kopeček, bereicherte. Der Bau war ein Ausdruck des Dankes für die Überwindung der Pestepidemie im Jahr 1622. Ein großes Denkmal der Dietrichsteiner ist ihre Familiengruft, die heute die östliche Seite des Nikolsburger Platzes abschließt. Bis in den Zweiten Weltkrieg gehörte den Dietrichsteinern das hiesige Schloss. Als der Bischof von Olmütz (Olomouc) Kardinal Dietrichstein hier seinen Sitz hatte, war Nikolsburg praktisch die Hauptstadt von Mähren. In Brünn hinterließ der Ruhm des Kardinals gleichfalls Spuren. Zwischen 1614 und 1620 errichtete der mährische Statthalter ein frühbarockes Palais, in dem heute das Mährische Museum untergebracht ist. Im repräsentativen Gebäude war während des böhmischen Aufstands im Jahr 1620 der „Winterkönig“ Friedrich von der Pfalz zu Gast, 1748 beherbergten die Räumlichkeiten Kaiserin Maria Theresia und im Oktober 1805 vor der Schlacht bei Austerlitz den russischen Befehlshaber Kutusow. Auf den Spuren von Kardinal Franz von Dietrichstein in Südmähren Gruft der Dietrichsteiner, Mikulov Schloss, Mikulov Svatý kopeček, Mikulov Dietrichstein-Palais, Platz Zelný trh, Brno

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Wenzel Anton Kounitz Der bedeutende Politiker und Staatsmann Wenzel Anton Kaunitz stammte aus einer führenden mährischen Adelsdynastie, er erlangte vornehmlich als Minister und Diplomat in den Diensten der Kaiserin Maria Theresia Berühmtheit. Unter seiner Leitung fanden die komplizierten diplomatischen und politischen Verhandlungen um das Erbe von Maria Theresia mit Bayern, Sachsen und Preußen statt. Zurück in Wien von seiner letzten diplomatischen Mission in Paris wurde Graf Kaunitz 1753 zum Staatskanzler ernannt. Er war der Gestalter der österreichischen Außenpolitik, die sich auf das mächtige Frankreich orientierte. Wenzel Anton, Reichsfürst von Kaunitz war auch als Mäzen und Förderer der Künste berühmt. Er starb am 27. Juni 1794, seine sterblichen Überreste wurden in der Familiengruft unter der Kirche des heiligen Johannes des Täufers in Austerlitz (Slavkov u Brna) beigesetzt.

JUDr. Wenzel Graf Kaunitz Einer der wichtigsten Vertreter des tschechischen Zweigs der Dynastie Kaunitz war MUDr. Wenzel Graf Kaunitz. Er gehörte zu den liberalen tschechischen Politikern, er kämpfte für bessere Arbeitsbedingungen für die Arbeiterschaft und das allgemeine Wahlrecht. Sein Schwager war der namhafte tschechische Komponist Antonín Dvořák. Nach dem Tod seines älteren Bruders Albrecht erbte er die Herrschaften Slavkov (Austerlitz) und Uherský Brod (UngarischBrod). Anlässlich seiner zweiten Heirat am 12. Mai 1908 vermachte er den tschechischen Studenten das Kaunitz-Palais in Brünn. Die Erträge aus diesem großen Gebäude flossen in den Bau des Kaunitz-Studentenwohnheims in Brno-Žabovřesky. Auf den Spuren der Kaunitzer in Südmähren Schloss und Museum, Slavkov u Brna Kirche der Auferstehung des Herrn – klassizistischer Bau aus dem Jahr 1789, Slavkov u Brna Familiengruft der Kaunitzer, Slavkov u Brna Kaunitz-Wohnheime, Straße Králova 45, Brno Kaunitz-Palais (heute Rektorat der Masaryk-Universität), Platz Žerotínovo náměstí, Brno

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Jobst von Mähren Jobst von Mähren, der mährische Markgraf aus der Dynastie der Luxemburger und Neffe des böhmischen Königs Karl IV., erreichte in seinem Leben den absoluten Höhepunkt, denn im Herbst 1410 wurde er zum König des Heiligen Römischen Reiches gekrönt. Seines Titels erfreute er sich nur wenige Wochen, denn zum Beginn des Jahres 1411 ereilte ihn der Tod. Die Stadt Brünn (Brno) wurde aufgrund dieses unerwarteten Schicksalsschlags um die Möglichkeit gebracht, radikal ihre Bedeutung zu erhöhen, denn es bestand die große Wahrscheinlichkeit, dass Jobst die Geschicke des Reiches von der mährischen Metropole aus gelenkt hätte, weil er schon zum Beginn seiner Tätigkeit als Markgraf die Brünner Burg Spielberg als seinen Markgrafensitz bestimmte. Jobst war ein sehr fähiger und wendiger Politiker. Er strebte ehrgeizig nach höherer Macht und nach Besitz, und er scheute nicht, im Interesse seiner Ziele die Seiten und Ansichten zu wechseln. Die Verwaltung Mährens musste er sich mit seinem jüngsten Bruder Prokop teilen, was die Ursache für langwierige Kriege war, die bis zu Prokops Tod im Jahr 1405 andauerten. Über seinen Vetter Siegmund von Luxemburg erhielt er einen Teil der heutigen Westslowakei mit Pressburg (Bratislava), Jobst wurde auch Markgraf von Brandenburg, er verwaltete die Grafschaft Luxemburg und die elsässische Vogtei. Jobst bewies sich als tüchtiger Wirtschafter, er erneuerte die Brünner

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Münze und während seiner ganzen Herrschaftszeit prägte er eigene Münzen und eine begrenzte Emission von Dukaten. In Brünn selbst verhalf der Markgraf mit scharfsinnig ausgewählten Steuereinnahmen der Stadt zu einem besseren Aussehen (Straßenpflaster) und er rief den berühmten Baumeister Peter Parler aus Gmünd zu sich. Brünn steht bis heute auf den von den mährischen Luxemburgern gegründeten Fundamenten (städtebauliche Anordnung der Stadt, Peterund-Pauls-Kathedrale und Jakobskirche, Klostergelände an der Thomaskirche und in Königsfeld/Královo Pole, Umbau der Burgen Spielberg/Špilberk und Eichhorn/Veveří). Jobst baute schnell seinen Besitz und seine politische Macht aus. 1410 wurde er gegen Siegmund in der zweiten Wahlrunde zum König des Heiligen Römischen Reiches gewählt. Den Titel des römischen Königs konnte er jedoch nur kurze Zeit genießen, und zwar vom 1. Oktober 1410 bis zum 18. Januar 1411, als er auf dem Brünner Spielberg starb. Jobst von Luxemburg, Markgraf von Mähren und Brandenburg, wurde am 20. Februar 1411 in der Thomaskirche beigesetzt. Jobst von Mähren wurde an der Fassade des Statthalterpalais am Mährischen Platz (Moravské náměstí) vom Bildhauer Johann Leonard Weber in den siebzehnhundertvierziger Jahren in idealisierter Form dargestellt. Den Namen von Jobst trägt eine der Hauptstraßen im Zentrum von Brünn. Auf den Spuren von Jobst von Mähren in Südmähren Thomaskirche, Brno Burg Spielberg Statthalterpalais am Platz Moravské náměstí (früheres Augustinerkloster) in Brno

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Jean-Louis Raduit de Souches Als einer der fähigsten Feldherren des Dreißigjährigen Krieges kämpfte Raduit de Souches zuerst als Protestant auf der Seite der Hugenotten bei seiner Geburtsstadt La Rochelle. Danach kehrte er Frankreich den Rücken und trat in die schwedische Armee ein. Wegen Differenzen mit seinen Vorgesetzten verließ er diese jedoch wieder und schlug sich auf die Seite der österreichischen Habsburger (1642). Im März 1645 ernannte ihn Kaiser Ferdinand III. zum Befehlshaber von Brünn (Brno). Die unter seinem Befehl nur 1 500 Mann zählende Brünner Besatzung, von der in Wirklichkeit nur ein Drittel Soldaten waren, brachte das scheinbar Unmögliche zustande, denn sie konnte die Stadt gegen die 28 000 Männer des General Torstenson halten, dessen Belagerung vom 3. Mai bis 23.August 1645 dauerte. Nach diesem gewaltigen Erfolg ging es mit seiner Karriere steil bergauf, er wurde zum Befehlshaber von Mähren und Brünn ernannt und durfte 1649 die Herrschaft Jevišovice im Land Znaim (Znojmo) abkaufen. Im gleichen Land erwarb er 1670 die Festung in Boskovštejn und 1679 das Schloss in Plaveč. 1663 wurde er in den Grafenstand erhoben. Raduit de Souches verließ sich nicht nur auf die Einkommen aus seinen Gütern, wie es in seinem Geburtsland Frankreich üblich war, sondern er begann auch selbst Aktivitäten zu entwickeln. Er ließ in den siebziger Jahren in Jevišovice einen Hochofen und drei Hammerwerke bauen. Er produzierte Schmiedeeisen und Bomben für die Armee. Auch in Hluboké Mašůvky wollte er sein Geschick als Unternehmer nutzen. Der Ort war schon seit Langem durch seine Heilquellen bekannt.

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Raduit entschied sich, hier ein Kurbad zu schaffen, er ließ eine große Gastwirtschaft und eine neue Kirche errichten. Um mehr Besucher zu diesem Ort zu locken, schenkte er der Kirche die wertvolle Statue der Jungfrau Maria de Foi. Seinen Lebensabend verbrachte er auf seinen großen mährischen Besitzungen. Graf Jean-Louis Raduit de Souches starb am 12. August 1682 kurz vor der Vollendung seines 74. Lebensjahres auf seinem Schloss in Jevišovice. Durch einen Wunsch im Testament wurden seine sterblichen Überreste in der Brünner Jakobskirche beigesetzt. Das Grabmahl schmückt die kniende Gestalt des Marschalls aus Bronze, zudem trägt es die Namen seiner wichtigsten Feldzüge. Der Körper von Jean-Louis Raduit de Souches ruht in einem Kupfersarg in der Gruft unter der Kirche. Eine weitere Erinnerung an den berühmten Marschall finden wir auf dem Schloss in Jevišovice, und zwar das Wappen unter der Arkade auf dem Hof. Die Steinplatte enthält zwei Wappen. Das rechte gehört Raduit de Souches und das linke seiner ersten Gemahlin Anna Elisabeth. Hluboké Mašůvky ist der zweite Ort, wo das Wappen von Raduit und hier seiner zweiten Gemahlin Anna Salome bewahrt blieb. An den Erfolg des Marschalls bei der Verteidigung von Brünn erinnert auf dem Spielberg seine Büste rechts neben dem Hauptweg zur Burg. Auf den Spuren von Raduit de Souches in Südmähren Jakobskirche (Brno) Haus der Herren von Lippa (Brno) Petrov, Brno – Steinwappen in der Mauer am Eingang in die Bischofsresidenz und Gedenkplatte aus Stein in Gestalt einer Kartusche am Haus Petrov Nr. 6 Kirche Mariä Heimsuchung (Hluboké Mašůvky) Jevišovice – Schloss und Museum (Jevišovice) Spielberg – Burg und Museum (Brno) Boskovštejn – Schloss Plaveč – Schloss

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Karl von Liechtenstein Der nach dem Kaiser zweite Mann in den böhmischen Ländern nach der Schlacht am Weißen Berg ist eine Person voller Widersprüche. Mit seinem Namen ist einerseits die Hinrichtung von siebenundzwanzig böhmischen Herren verbunden, deren Urteil seine Unterschrift trägt, er betrieb zudem den Exodus der protestantischen geistigen Eliten, eingeschlossen Johannes Amos Comenius, er war hohen Grades ein opportunistischer Mensch. Andererseits dürfen seine Erfolge auf politischer, diplomatischer und wirtschaftlicher Ebene nicht unbeachtet bleiben. Er stand an der Wiege der Macht der Liechtensteiner, die in ihrer goldenen Ära die mächtigste Adelsdynastie im Land repräsentierten. Die Habsburg treuen Familienmitglieder bekleideten auch nach der Zeit von Fürst Karl Spitzenämter in der Donaumonarchie, und die Generäle unter ihnen kämpften in den Kriegen gegen Napoleon. Ein Beispiel für ihren Erfolg ist das faszinierende Schlossgelände von Eisgrub und Feldsberg (Lednice und Valtice). Die Liechtensteiner schufen auf dem Umland der beiden Schlösser über Jahrhunderte einen in sich geschlossenen Landschaftskomplex. 1996 wurde das Lednice-Valtice-Areal in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. In Vranov bei Brünn (Brno) steht die Familiengruft, die regelmäßig von den Lichtensteinern besucht wird, deren Wappen seit 1709 zugleich das Staatswappen ihres Fürstentums in den Alpen ist. Es finden nur Besuche statt, denn 1945 wurde der Besitz der Liechtensteiner konfisziert und sie verließen die tschechischen Länder. Auf den Spuren der Liechtensteiner in Südmähren Lednice-Valtice-Areal Gruft der Liechtensteiner, Vranov bei Brno

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Silvio Pellico Der italienische Dichter, Dramatiker, Prosaist und Journalist (1789-1854) war auf der Burg Spielberg in Brünn (Brno) von 1822 bis 1830 für seine Aktivitäten in der geheimen revolutionären vaterländischen Gesellschaft der Karbonari, welche die Befreiung Italiens von der fremden Vorherrschaft anstrebten, eingekerkert. Nach den Napoleonischen Kriegen blieb Italien ein zersplittertes Land, in dem sich Österreich und Frankreich die Macht teilten. Das Schicksal von Italien lag im Wesentlichen in der Hand des österreichischen Fürsten Metternich. Der bekannte Literat Pellico wurde im Oktober 1820 verhaftet und unmittelbar darauf wegen Verschwörung gegen Österreich zum Tode verurteilt. Im letzten Augenblick änderte ein kaiserlicher Erlass die Strafe zu 15 Jahren schweren Kerkers auf dem Spielberg. Die Gefangenen erlebten hier schwere Zeiten, ihre Füße waren angekettet, sie litten an Kälte und Hunger. Pellico wurde nach achtjährigem Martyrium vom Kaiser begnadigt. Seine Erlebnisse aus den österreichischen Kerkern schrieb er im Buch „Meine Gefängnisse“ nieder. An den Gefängnisaufenthalt der Karbonari auf dem Brünner Spielberg erinnern die Gedenktafel aus dem Jahr 1922 an der Burgmauer in der Nähe des Eingangs in die Kasematten und das Denkmal für die italienischen Märtyrer, das der Brünner Ausschuss der Gesellschaft Dante Alighieri 1925 am Fuß des Spielbergs aufstellen ließ. Der Spielberg ist somit ein Anziehungspunkt für die italienischen Touristen bei ihrem Besuch in Brünn. Nach Pellico, dem bekanntesten Gefangenen von den Karbonari, ist eine Straße in Alt-Brünn benannt. Auf den Spuren von Silvio Pellico in Südmähren Museum der Stadt Brno, Burg Spielberg – Gedenktafel, Denkmal, Zelle des Silvio Pellico Straße Pellicova ulice, Brno

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Thomas Garrigue Masaryk Die bedeutendste Persönlichkeit der neuzeitlichen tschechischen Geschichte, der erste tschechoslowakische Präsident, der tschechische Philosoph, Pädagoge, Politiker, Wissenschaftler, Schriftsteller und Journalist Thomas Garrigue Masaryk hat seine Wurzeln im Süden von Mähren. Masaryk wurde am 7. März 1850 in Hodonín (Göding) geboren. Seine Mutter Terezie Kropáčková stammte aus einer deutschsprachigen, sein Vater Josef Masárik aus einer slowakischen Familie. Masaryks Vater war Kutscher auf den kaiserlichen Gütern in der Region Hodonín und die Familie musste häufig umziehen. Die Kindheit von Thomas Masaryk war deshalb mit den mährisch-slowakischen Gemeinden Čejkovice, Hodonín, Mutěnice und Klobouky bei Brno verbunden. 1856 kam er als sechsjähriger Junge nach Čejkovice, er verbrachte hier sechs Jahre und ging zur Schule. An dem Haus, in dem die Masaryks wohnten, wurde 1933 eine Gedenktafel angebracht. Im Haus befindet sich eine Dauerausstellung über Masaryks Leben. Nach seinem zweijährigen Studium an der Piaristenrealschule in Hustopeče (Auspitz) trat der damals fünfzehnjährige Thomas Masaryk im Herbst 1865 in das zweite Studienjahr des deutschen Gymnasiums in Brünn (Brno) ein. Eine 1994 an der

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Fassade der Realschule in Hustopeče enthüllte Gedenktafel erinnert daran, dass Masaryk zwischen 1861 und 1863 diese Bildungseinrichtung besuchte. Seine Eltern wurden auf dem Friedhof in Hustopeče bestattet, sein Bruder Ludwig Masaryk besaß in den Jahren 1880/89 in Hustopeče eine Druckerei und gab das Auspitzer Wochenblatt heraus. Der junge Masaryk finanzierte sich sein Studium in Brünn zum Großteil selbst. In dem prunkvollen Bau des Brünner Deutschen Gymnasiums am Platz Komenského náměstí ist heute die Janáček-Akademie der musischen Künste (JAMU) ansässig. In Brünn wohnte der Student Masaryk an drei Orten. Zuerst im Haus Nummer 12 in der Straße Velká Nová ulice (heute Lidická), danach im Haus Nummer 153 in der Straße Nová Veselá ulice (heute Česká ulice), im letzten Jahr seiner Brünner Studien quartierte sich der damals neunzehnjährige Student Masaryk zur Untermiete im Haus Nummer 28 in der Straße ulice Františka Josefa (heute ulice Milady Horákové) ein. 1869 ging er nach Wien. Masaryk war bereits während der Österreichischen Monarchie politisch und gesellschaftlich aktiv. Im Ersten Weltkrieg organisierte er den Aufstand gegen Österreich, der auf die Gründung der selbständigen Tschechoslowakischen Republik hinzielte. 1878 ehelichte Masaryk die Amerikanerin Charlotte Garrigue. T.G. Masaryk besuchte Brünn mehrere Male auch als tschechoslowakischer Präsident. Wichtig war sein Besuch in der Landeshauptstadt und auf der Ausstellung der zeitgenössischen Kultur auf dem Brünner Ausstellungsgelände im Jahr 1928. Während seiner Präsidentschaft war Masaryk ein häufiger Gast in Mähren, vornehmlich in Židlochovice. Auf dem dortigen Schloss, seinem offiziellen Sitz in Mähren, weilte er insgesamt sechsmal. Masaryk dankte 1935 aufgrund seines hohen Alters ab. Auf den Spuren von Thomas Garrigue Masaryk in Südmähren Masaryk-Museum, Hodonín, Platz Zámecké náměstí Židlochovice , Schloss, Präsidentensitz Hustopeče, Berufsschule, früher Piaristenrealschule, Platz Masarykovo náměstí Haus von T.G. Masaryk, Čejkovice Botanischer Garten der Naturwissenschaftlichen Fakultät an der MasarykUniversität, Brno Gedenktafel, JAMU, Platz Komenského náměstí 6/04, er studierte an diesem damaligen Gymnasium Masaryk-Turm der Selbständigkeit – Museum mit Aussichtsturm, Hořice Stadtmuseum und Galerie, Hustopeče

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Adressen in Brünn: - Velká Nová Nr. 12 (1865, heute Straße Lidická 4) - Neufröhlichergasse 153 (Schuljahr 1866/67, heute Česká 14) - Gedenktafel, früher Franz-Josef-Straße (Schuljahr 1868/69, heute ulice Milady Horákové Nr. 28)


Napoleon Bonaparte Einer der größten Feldherren in der Weltgeschichte, der französische Kaiser Napoleon I., hinterließ bei seinen Feldzügen durch Mähren viele Spuren. Es handelt sich nicht nur um die Denkmäler auf den Schlachtfeldern, die reiche Folklore, die durch die Schlacht bei Austerlitz (Slavkov) inspiriert wurde, oder um die Tradition der Rekonstruktion des Schlachtverlaufs, sondern beispielsweise auch um die bunte Palette der tschechisierten französischen Familiennamen. Sie sind eine Hinterlassenschaft der Soldaten, die ihrem berühmten Feldherrn nicht nach Hause folgten und sich in Mähren niederließen. Aus der Geschichte der Napoleonischen Kriege waren für Mähren zwei Feldzüge am wichtigsten. Der erste dieser Feldzüge fand 1805 mit der berühmten Drei-Kaiser-Schlacht bei Austerlitz seinen Höhepunkt und 1809 spürte es die Nachwirkungen der nächsten siegreichen Schlacht des französischen Heeres bei Wagram. Im November 1805 betrat Napoleon Mähren, als er die österreichische und die russische Armee unter dem Befehl von General Kutusow verfolgte. Nach der siegreichen Schlacht bei Hollabrunn in Niederösterreich traf Napoleon in Znaim (Znojmo) ein, wo er im Ugarte-Palais am Platz Horní náměstí, heute Hotel Napoleon, Quartier bezog. Wenige Tage später befand er sich in Brünn (Brno) und bezog das Statthalterpalais. Napoleons „Grande Armée“ siegte am 2. Dezember in der berühmten Schlacht zwischen Brünn und dem kleinen Städtchen Austerlitz. Nach dem Ausbruch des nächsten Krieges zwischen Frankreich und Russland besetzte Kaiser Napoleon im Jahr 1809 erneut die Stadt. Im Augarten (Lužánky) fand sogar eine große Feier anlässlich seines Geburtstags statt. Nach dem

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Friedensschluss gab Napoleon den Befehl zur Zerstörung eines Teils der Befestigungen des Spielbergs. Heute sind diese Bastionen wieder aufgebaut. Wenn wir die wichtigsten Stationen der Kriegsgeschichte auf dem Austerlitzer Schlachtfeld nachvollziehen wollen, können wir mit dem Friedensdenkmal auf der Pratzen Anhöhe (Pratecké návrší) beginnen. An dieser Stelle, im Zentrum des damaligen Schlachtfelds, fiel die Entscheidung. Mehr als einhundert Jahre nach der Schlacht entstand hier ein Denkmal für die Opfer der Schlacht im sezessionistischen Stil. Die hiesige neue multimediale Ausstellung verschafft den Besuchern einen umfassenden Überblick und ein außergewöhnliches Erlebnis. Von hier bietet sich zudem ein herrlicher Ausblick auf die Landschaft. In der Ferne erhebt sich die Anhöhe Schorrain (Žuráň), von wo aus Napoleon die Bewegung seiner Truppen lenkte, oder der Hügel Santon, der Stützpunkt der französischen Artillerie. Über die alte Kaiserstraße, die von Brünn nach Olmütz (Olomouc) führt, gelangen wir vom Schorrain und Santon zur Alten Post in Pozoritz (Pozořice), zur Poststation, wo sich Napoleon vor der Schlacht mit seinen Marschällen traf und sich während der Schlacht der Stab des russischen Generals Bagration befand. Das Umfeld der Post war hart umkämpft, in der Nacht nach seinem Sieg verhandelte an diesem Ort Napoleon mit dem österreichischen Parlamentarier Fürst von Liechtenstein. Unsere Wanderung über das Schlachtfeld können wir in Austerlitz beenden. Nach dieser kleinen Stadt erhielt die Schlacht ihren Namen und im monumentalen Schloss wurde der Waffenstillstand abgeschlossen. Auf den Spuren Napoleons Bonaparte in Südmähren Friedensdenkmal Pratzen – Denkmal für die Opfer der Schacht und multimediale Ausstellung „Drei-Kaiser-Schlacht. Slavkov / Austerlitz 1805“ (Prace) Austerlitz bei Brünn – Schloss und Präsentation der Schlacht (Slavkov u Brna) Alte Post bei Pozořice Diorama der Schlacht (Tvarožná) Lustschloss Mittrowski in Brünn (Brno) Znaim, Ugarte-Palais am Platz Horní náměstí, heute Hotel Napoleon (Znojmo) Gedenktafel, Brno, Statthalterpalais, Platz Moravské náměstí 1/02

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Sir Winston Churchill Der bekannte britische Politiker von Weltrang war häufig in Mähren zu Gast. Zumindest dann, wenn wir vom Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts sprechen. Dreimal weilte er auf der Burg Eichhorn (Veveří) auf Einladung seines Freundes Baron Moritz Arnold de Forest. Der Besitzer der Herrschaft Veveří–Rosice lebte vorwiegend in England, deshalb auch diese nahe Beziehung mit dem damaligen Handelsminister des britischen Imperiums. Churchill besuchte Eichhorn zuerst im August 1906, dann im September 1907, als er wohl Hasen und Fasane jagte, und zuletzt im September 1908 auf der Hochzeitsreise mit seiner Gemahlin Clementine. Sie statteten auch dem Schloss in Rosice einen Besuch ab, das sich im Besitz von de Forest befand. An den Aufenthalt von Churchill auf der Burg Eichhorn erinnert heute eine Gedenktafel, die in der Durchfahrt hinter dem Tor der Innenburg im Jahr 2005 angebracht wurde. Sie ist eine Arbeit von Otmar Oliva. Auf den Spuren von Winston Churchill in Südmähren Burg Veveří Schloss in Rosice

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Karel Absolon Professor Karel Absolon gehört zu den bedeutendsten Vertretern der tschechischen Wissenschaft. In Boskovice geboren war er in seinem späteren Leben an der Karls-Universität in Prag und am Mährischen Landesmuseum in Brünn (Brno) tätig. Das ursprüngliche wissenschaftliche Interesse des jungen Forschers galt den Höhleninsekten. Die entomologischen Sammlungen der Fauna der Dunkelheit weckten in ihm bald die Neugier, Höhlen zu erforschen. Bis 1908 untersuchte und dokumentierte er die meisten Höhlen im nördlichen Teil des Mährischen Karstes und der Schlucht in Rudice. Wiederholt stieg er mit Freunden hinab in die größte tschechische Schlucht Macocha und in vielen bekannten Höhlen gelang es ihm, in neue große Räume vorzudringen. Ihm ist es zu verdanken, dass die Macocha-Schlucht für Besucher geöffnet werden konnte. Eine noch wichtigere Bedeutung besaßen seine archäologischen Forschungen aus der älteren Steinzeit. In der Siedlung der Mammutjäger bei Dolní Věstonice deckte er das große „Paläolithische Pompeji“ auf, von 1924 bis 1938 leitete er hier die archäologischen Untersuchungen. Die Venus von Věstonice wurde 1925 entdeckt. Zwischen 1925 und 1930 fand unter seiner Leitung die Erforschung der Siedlungsstätte der Rentier- und Pferdejäger in der Höhle „Pekárna“ statt. Absolon präsentierte 1928 auf der Ausstellung der zeitgenössischen Kultur in Brünn die Funde vom Anbruch der Geschichte des Menschen. Damals entstand die Idee für den Bau des Pavillons Anthropos, der auf dem Brünner Ausstellungsgelände bis 1945 für Besucher geöffnet war. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er im Park des Brünner Stadtteils Pisárky errichtet. Auf den Spuren von Karel Absolon in Südmähren Punkva-Höhle – Ostrov u Macochy Dietrichstein-Palais Brno Pavillon Anthropos, Brno-Pisárky Ehrengräber-Rondell des Zentralfriedhofs in Brno Gedenktafel, Gebäude Rezidence, Boskovice, Straße Hradní ulice

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Johann Gregor Mendel Der Abt des Augustinerstifts in Alt-Brünn machte vor einhundertfünfzig Jahren durch Kreuzungsversuche mit Pflanzen höchst bedeutsame Entdeckungen, aus denen er die Erbregeln ableitete, die zum Grundstein der Genetik wurden. Die Forschungsergebnisse des 1822 in Hynčice (Heinzendorf) geborenen Botanikers kommen heute vorrangig in der Medizin und weiteren Wissenschaftsbereichen zur Anwendung. Mendels Geburtshaus steht noch heute und beherbergt ein kleines Museum. Die Ausstellung dokumentiert seine Kindheit und seinen Lebensweg. Besonders stolz auf „seinen“ Mendel ist die Stadt Brünn (Brno). Sein Name ist weltweit ein Begriff. Von seiner Berühmtheit werden auch die Besucher der Tschechischen Republik angelockt, die im Brünner Kloster den Arbeitsplatz von Mendel und das Museum besichtigen wollen. 1843 trat Mendel in das Augustinerstift Sankt Thomas in AltBrünn ein und nahm den Ordensnamen Gregor an. Er studierte an der Universität in Wien, anschließend unterrichtete er in Brünn als Vertretungslehrer für Naturgeschichte und Physik an der deutschen Oberrealschule in der Straße Jánská ulice. Ab 1854, dem Baujahr des Gewächshauses im Garten der Abtei,

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begann Mendel seine Kreuzungsversuche mit Erbsenrassen. Basierend auf diesen zehn Jahre dauernden Versuchen trug er 1865 auf der Sitzung des Naturwissenschaftlichen Vereins in Brünn seine Hauptarbeit „Versuche über Pflanzenhybriden“ vor. Er formulierte in dieser Arbeit drei Regeln, die später als „Mendelsche Erbregeln“ Berühmtheit erlangten. Mendel war darüber hinaus ein begeisterter und anerkannter Bienenzüchter. Auf dem Gelände der Abtei steht noch heute sein Bienenhaus aus dem Jahr 1871. Ein weiteres großes Interessensgebiet von Mendel war die Meteorologie, für die er auf dem Abteiareal Beobachtungen durchführte und die zwei Drittel seiner Arbeiten umfasst. Als einer der Ersten beschrieb er beispielsweise einen Wirbelsturm, der 1870 über Brünn hinwegfegte. 1868 wurde Mendel Abt des Augustinerstifts in Alt-Brünn. Nach seiner ernsten Erkrankung im Jahr 1883 starb er am 6. Januar 1884. Er wurde auf dem Zentralfriedhof in Brünn in der Gruft der Augustiner beigesetzt. Das Requiem in der Kirche dirigierte der Komponist Leoš Janáček. Auf den Spuren von Johann Gregor Mendel in Südmähren - Mendelmuseum der Masaryk-Universität – Brno - Mendelianum – Brno - Mendel-Universität für Land- und Forstwirtschaft in Brno – Büste auf dem Universitätsgelände - Augustinerabtei mit der Basilika Mariä Himmelfahrt – Brno - Gedenktafel, Brno, Straße Jánská 22/1 - Haus Nr. 42 in der Straße Jezuitská ulice – Znojmo

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Prokop Diviš Das Denkmal von Bohuslav Fuchs mit dem Modell des ersten Blitzableiters in Europa an der Pfarrkirche Sankt Margareten in Přímětice erinnert an den führenden mährischen Gelehrten und Konstrukteur Prokop Diviš (eigentlicher Name Václav Divíšek), der von 1698 bis 1765 lebte. Ab 1736 war er Pfarrer in Přímětice, wo er in seiner Freizeit vornehmlich mit der statischen Elektrizität experimentierte. Hier errichtete er 1754 den ersten Blitzableiter in Europa, auch wenn zur gleichen Zeit Benjamin Franklin unabhängig von Diviš zu den gleichen wissenschaftlichen Schlüssen gelangte. Neben der Erforschung der atmosphärischen Elektrizität stand Diviš auch an der Wiege der Elektrotherapie. Viel Freude bereitete dem Pfarrer die Musik. In seiner Zeit erstaunte Prokop Diviš ganz Mitteleuropa mit dem Bau des ausgeklügelten und originellen multiharmonischen Musikinstruments mit der Bezeichnung Denis d´Or (Goldener Diviš). Eine Büste des herausragenden europäischen Erfinders sehen wir auch auf dem Platz Divišovo náměstí im Zentrum der Stadt Znojmo. Der Autor ist der berühmte Bildhauer und Medailleur J.F. Fischer aus Znojmo, er war ein Schüler von Otakar Španiel. 1898 brachte der Verein Znojemská Beseda an der Pfarre in Přímětice für Diviš eine Gedenktafel an. 1906 wurde das Modell des Geräts von Diviš auf dem Hof der Burg in Znojmo aufgestellt, wo es einige Jahrzehnte stand. 1936 bauten die Mitglieder der Vereinigung Nationale Einheit vor der Pfarre in Přímětice ein Denkmal mit dem Modell des Blitzableiters. Auf den Spuren von Prokop Diviš in Südmähren Prokop-Diviš-Denkmal, Znojmo-Přímětice Denkmal mit Büste, Znojmo, Platz Divišovo náměstí Stadtmuseum und Haus von Prokop Diviš (Žamberk) Gedenktafel im früheren Jesuitengymnasium, Znojmo, Platz Jezuitské náměstí

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Johannes Evangelista Purkinje Der bedeutendste tschechische Naturwissenschaftler des 19.Jahrhunderts und Begründer der experimentellen Physiologie verbrachte den Großteil seiner Jugend in Südmähren. Purkinje (Purkyně) besuchte zuerst die Schule in seiner Geburtsstadt Libochovice, doch aufgrund seiner musikalischen Veranlagung ging er bereits mit elf Jahren als Chorsänger auf das Gymnasium in Nikolsburg (Mikulov), das dem katholischen Piaristenorden gehörte. Nach seinem erfolgreichen Abschluss des Gymnasiums trat er mit siebzehn Jahren in den Piaristenorden ein. Dieser Orden bot ihm die Gelegenheit, Lehrer zu werden und sich mit der Wissenschaft zu beschäftigen. Die Piaristen lehrten Mathematik, Philosophie und experimentelle Physik, sie pflegten die Naturwissenschaften, Musik, Malerei und Fremdsprachen. Das Nikolsburger Piaristen-Gymnasium war die erste Schule ihrer Art nördlich der Alpen. Nach dem einjährigen Noviziat, das Purkinje in Stará Voda an der schlesischen Grenze verbrachte, wurde er als Lehrer in die Schule in Strassnitz (Strážnice) gesandt. Hier war er 1805/06 als Ordenskleriker tätig, sein Ordensname war Silverius. Heute trägt das Gymnasium in Strážnice ihm zu Ehren seinen Namen. Auf den Spuren von J.E. Purkinje in Südmähren Mikulov, Gymnasium Strážnice, Gymnasium

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Thomas Alva Edison Der großartige Erfinder, Unternehmer und Pionier in der Nutzung der elektrischen Energie Edison hinterließ in Mähren mit der Elektrifizierung des neuen Brünner Theaters ein einmaliges Denkmal. Brünn (Brno) wurde somit zur ersten Stadt in Europa mit einem voll elektrifizierten Theatergebäude. Als vor dem Jahr 1882 die Vorbereitungen für den Bau des neuen Theaters anliefen, das von den zwei bekannten Wiener Architekten Fellner und Helmer entworfen wurde, war allen noch der kürzliche Brand des Wiener Ringtheaters im Gedächtnis, der durch eine Gaslampe ausgelöst wurde. Bei der Entscheidung zwischen der bis dahin noch nicht ausreichend überprüften Elektrizität und dem üblichen Stadtgas siegte deshalb die elektrische Beleuchtung. Die Brünner Ratsherren beauftragten Edisons Pariser Firma mit der Installierung der elektrischen Theaterbeleuchtung. Diese wendete sich aufgrund des Mangels an Erfahrungen an Edison, der für die Verbindung des neu errichteten kleinen Dampfkraftwerks in der Straße Vlhká mit dem 350 Meter entfernten Theater den Prototyp eines Erdkabels entwarf. Die Installation der achthundert Glühbirnen nahm Edisons Assistent Francis Jehl selbst vor. Eine dieser Originalglühbirnen ist heute in der Vitrine unter dem Haupttreppenaufgang des Theaters ausgestellt. 1991 folgte der berühmte Erfinder Edison der Einladung seines früheren Angestellten Emil Kolben, des tschechischen Gründers der Firma Kolben-Daněk, nach Prag. Auf dem Weg von Wien im eigenen Automobil machte Edison am 13. September einen Halt in Brünn und besichtigte die Elektroinstallation des Theaters, mit der er der Überlieferung nach äußerst zufrieden war. Auf den Spuren von Thomas Alva Edison in Südmähren Mahen-Theater in Brno Statue vor dem Kaufhaus Centrum, Brno

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Ernst Mach Ernst Mach gehört zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der Wissenschaft der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, und zwar vornehmlich im Bereich der experimentellen Physik. Nach ihm ist die physikalische Einheit Mach (Mach-Zahl) benannt, die jeder neugierige Schüler kennt, der sich für Flugzeuge und Raumschiffe interessiert. Der Physiker kam in Chrlice bei Brünn (Brno) im damaligen erzbischöflichen Schloss zur Welt, weil dort der Großvater mütterlicherseits als wirtschaftlicher Verwalter des erzbischöflichen Eigentums arbeitete. Machs Vater Johann war zweiundzwanzig Jahre alt, als er als Professor am Gymnasium in Prag die dreizehnjährige Schwester seines Schülers Emerich Lanhaus aus Chrlice kennen lernte. Er traf sich mit ihr, zehn Jahre später fand die Hochzeit mit Josefa statt. Das älteste ihrer drei Kinder, Sohn Ernst Walfried Joseph Wenzel Mach, wurde am 18. Februar 1838 geboren. Die Familie zog schon zwei Jahre später nach Niederösterreich um. Trotzdem lernte der junge Mach am Piaristen-Gymnasium in Kremsier (Kroměříž). Physik und Mathematik studierte er an der Universität in Wien. Von 1867 bis 1895 lehrte er als Physikprofessor an der Prager Universität. In diesen 28 Jahren seiner Tätigkeit in den böhmischen Ländern entstand im Kern sein ganzes physikalisches Werk. 1938 wurde an Machs Geburtshaus, dem erzbischöflichen Schloss in Chrlice, eine Gedenktafel aus Bronze enthüllt, die in den Kriegsjahren verschwand. 1988 wurde eine neue Tafel angebracht. Auf den Spuren von Ernst Mach in Südmähren Gedenktafel am Schloss in Brno-Chrlice

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Josef Jiří Kamel (J. G. Camel) Der Jesuitenmissionar und Botaniker wurde in Brünn (Brno) in einem Haus nahe dem damaligen Judentor geboren, das am Platz vor dem Brünner Hauptbahnhof stand. Er erblickte 1661 in der Familie des Tuchscherermeisters Andreas Kamel das Licht der Welt. Josef wurde mit siebzehn Jahren an der Jesuitenmissionsschule in Wien aufgenommen, danach studierte er am Gymnasium in Brünn. Einundzwanzigjährig trat Kamel (lateinisch Camel) in die Gesellschaft Jesu, d.h. in den Jesuitenorden ein. Die Botanik faszinierte ihn bereits in Jugendjahren und er machte sich in der Kollegapotheke nützlich. Das alte Jesuitenkolleg wurde 1904 zwar abgerissen, doch es ist nicht schwer herauszufinden, wo der Jesuit Kamel lebte. Bis heute trägt die Brünner Straße an diesen Plätzen die Bezeichnung Jezuitská ulice und hier steht auch die Jesuitenkirche Mariä Himmelfahrt. Die Jesuiten erwarben das Kloster 1578 nach den Augustinerinnen – Herburgerinnen. Innerhalb von fünfzehn Jahren begannen sie hier ein neues Kolleg zu bauen. Im 17. Jahrhundert entstand ein umfangreicher Gebäudekomplex, von dem heute nur noch das Tor in der Straße Mozartova ulice stehen blieb. Nach seiner Priesterweihe 1682 war er unter anderem als Apotheker tätig, er arbeitete als Pfleger in den Spitälern in Brünn, Jindřichův Hradec (Neuhaus) und Český Krumlov (Böhmisch-Krumau). Nach fünf Jahren entsandte ihn der Orden als Missionar in die spanische Kolonie Philippinen. Er eröffnet die erste Apotheke in dieser Kolonie und er legte einen großen botanischen Garten mit europäischen und einheimischen

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Heilkräutern an. Josef Jiří Kamel starb am 2. Mai 1706 in Manila an einer Darmerkrankung mit hohem Fieber. Kamels Beitrag für die Botanik und Wissenschaft im Allgemeinen beruht auf seiner systematischen Arbeit, die er bei seiner Mission auf den Philippinen auf der Insel Luzón betrieb, wo er die für die Pharmakologie nutzbare Flora sammelte und beschrieb. Kamel übergab seine Erkenntnisse der britischen königlichen Gelehrtengesellschaft. Seine Zeichnungen werden vornehmlich als wissenschaftliche Unterlagen geschätzt, die keineswegs eine reine Illustration waren und die zu ihrer Zeit jede fachliche Beschreibung übertrafen. Kamel bemühte sich zudem um die systematische Klassifikation der Pflanzen. Es ist sein Verdienst, dass die Wissenschaftskreise in Europa die Fauna und Flora der Philippinen kennen lernen konnten. Kein Wunder, dass der bedeutende schwedische Naturwissenschaftler Carl Linné eine der schönsten Pflanzen des Fernen Ostens nach Kamel benannte. Dem Strauch, der auch als „Japanische Rose“ bezeichnet wird, gab Linné den Namen Camellia japonica. Auf den Spuren von Josef Jiří Kamel in Südmähren Kirche Mariä Himmelfahrt, Straße Jezuitská ulice, Brno

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Viktor Kaplan Viktor Kaplan wurde am 27. November 1876 in der österreichischen Kleinstadt Mürzzuschlag geboren. Nach seinem Abschluss an der Technischen Hochschule in Wien und seiner kurzen Praxiszeit in einer Fabrik für Fremdzündungsmotoren begann er 1903 an der Deutschen Technischen Hochschule in Brünn (Brno) als Konstrukteur zu arbeiten. Schon in dieser Zeit interessierte er sich rege für Wasserturbinen und die wirtschaftliche Nutzung der Wasserflüsse. Die Industrierevolution stellte zunehmend größere Ansprüche an die Energie, deshalb richteten sich die Bemühungen auch auf die Nutzung von Wasserflüssen mit geringem Gefälle, für die jedoch die damals üblichen Francis-Turbinen ungeeignet waren. In dem kleinen Turbinenlabor, das Professor Kaplan an der Deutschen Technischen Hochschule in Brünn einrichtete, schuf er eine Turbine völlig neuen Typs. Durch die Senkung der Anzahl der Schaufeln und die Verminderung ihres Profils setzte er die durch Reibung entstandenen Verluste herab. Später konstruierte er Schaufeln, die während des Turbinenlaufs gedreht und damit den veränderten Durchflussbedingungen angepasst werden konnten. Damit eröffnete sich die Möglichkeit

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der wirtschaftlichen Nutzung von Wasserflüssen mit starken Schwankungen. Professor Kaplan meldete seine Haupterfindungen zwischen 1912 und 1914 zur Patentierung an (radiales Leitrad, drehbare Ausführung der Umlaufschaufeln, Anordnung des schaufelfreien Raumes zwischen dem Leit- und dem Umlaufrad, kammerlose Gestaltung der Umlaufschaufeln). Der Erste Weltkrieg und die Patentstreitigkeiten verschoben die Nutzung von Kaplans Erfindungen bis auf das Jahr 1918, als das Brünner Maschinen- und Gießereiwerk von Ignaz Stork die erste Kaplan-Turbine für eine Spinnerei in der niederösterreichischen Stadt Velm herstellte. Bald darauf folgte der Abschluss von Lizenzverträgen für die Produktion von Kaplan-Turbinen mit vielen Firmen, die im internationalen Kaplanturbinenkonzern zusammengeschlossen waren. Die Arbeitsanspannung und der langwierige Kampf um die Anerkennung seiner Erfindungen riefen bei Professor Kaplan zum Beginn des Jahres 1922 eine sich lang hinziehende Nervenerkrankung hervor. Mit neuen Kaplan-Turbinen wurden dann doch viele Hydrozentralen unter anderen in Loučná, Rapotín und Kremsier (Kroměříž), in Gorizia in Italien oder Lilla-Edet in Schweden ausgerüstet. 1926 würdigte die Prager Technische Hochschule Kaplans Arbeiten mit der Erteilung des Ehrendoktorats der technischen Wissenschaften. 1931 suchte Professor Kaplan um die Freistellung von seiner Tätigkeit an der Hochschule an und siedelte in ein kleines Anwesen auf dem Rochuspoint im oberösterreichischen Salzkammergut um, wo er sich eine eigene Werkstatt und ein kleines Elektrizitätswerk baute. Hier verstarb Prof. Ing. Dr. Viktor Kaplan kurz nach der Erteilung des Ehrendoktorats der technischen Wissenschaften durch die Brünner Technische Hochschule am 23. August 1934. Das Technische Museum in Brünn ist stolz auf die umfangreiche schriftliche Hinterlassenschaft von Professor Kaplan sowie seines Assistenten Ing. Jaroslav Slavík. In siebzehn Archivkartons sind die Originale der Patente, die Professor Kaplan in den einzelnen Ländern erhielt, die während Kaplans wissenschaftlicher Arbeit entstandenen Materialien und die Dokumente aus den Patentverfahren enthalten. Auf den Spuren von Viktor Kaplan in Südmähren Gedenktafel zum 50. Jahrestag der Kaplan-Turbine, Brno. Šmeral–Werke, Straße ulice Křenová 65c/03. Technisches Museum in Brno

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Wolfgang Amadeus Mozart Südmähren hatte das Glück, dass es von einem der größten Komponisten aller Zeiten, Wolfgang Amadeus Mozart, besucht wurde. Die Statue des Musikgenies vor dem Theater Reduta am Krautmarkt in Brünn (Brno) ist eine der neuesten touristischen Attraktionen der Stadt. Der Autor Kurt Gebauer erinnert mit der Statue daran, dass der elfjährige Mozart, das damalige „Wunderkind“, mit seiner älteren Schwester Maria Anna am 30. Dezember 1767 in diesem Theater ein Konzert gab. Der Abstecher nach Mähren war übrigens ein reiner Zufall. Die Mozarts sollten ursprünglich auf der Hochzeit der Tochter von Kaiserin Maria Theresia spielen. In Wien brachen jedoch kurz vor diesem Ereignis die Schwarzen Pocken aus, an denen nach kurzer Zeit auch tragisch die junge Braut verstarb. Die Mozarts begaben sich deshalb aus Angst vor Ansteckung nach Norden, nach Brünn, wo der Bruder ihres Salzburger Mäzens Graf Schrattenbach lebte. Gleich darauf fuhren sie weiter nach Olmütz (Olomouc), wo sich der angeschlagene kleine Mozart fast zwei Monate lang auskurierte. Der geniale Junge war aber kein Müßiggänger, er komponierte in dieser Zeit den wesentlichen Teil seiner 6. Symphonie F-Dur. Zum Heiligen Abend weilten die Mozarts wieder in Brünn und blieben zwei Wochen. Die Familie bezog abermals das Palais des Grafen Schrattenbach in der Straße Kobližná ulice. Heute beherbergt es die Jiří–MahenBibliothek. An den Aufenthalt der Familie Mozart erinnert die Gedenktafel am Bibliotheksgebäude. Auf den Spuren von Wolfgang Amadeus Mozart in Südmähren Theater Reduta, Platz Zelný trh, Brno Mozartstatue, Platz Zelný trh, Brno Gedenktafel, Schrattenbach-Palais, Straße Kobližná 4/1, Brno (im Eingang befindet sich die „Mozartkugel“)

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Otakar Coubine Otakar Coubine (Kubín) wurde am 22. Oktober 1883 in der Familie des Buchhändlers Jan Kubín in Boskovice geboren. Mit fünfzehn Jahren war Otakar in der Lehrerbildungsanstalt in Brünn (Brno) eingeschrieben, aber weil er schon damals vom Malen lebte, konnte er seine Eltern davon überzeugen, ihn in Hořice die Bildhauerei erlernen zu lassen. Im Jahr 1900 meldete sich Coubine in der Prager Akademie an. Sein erstes Geld nach dem Studium verdiente er mit dem Zeichnen der Dokumentationen bei den speläologischen Exkursionen von Karel Absolon in den Mährischen Karst. 1912 fuhr er nach Frankreich, er blieb dort vierzig Jahre und wurde französischer Maler. Zuerst lebte er in Paris, später ging er in die Provence. Er entdeckte für die Franzosen die Anmut der provenzalischen Landschaft, deren Darstellungen in den zwanziger und dreißiger Jahren den Namen von Coubine berühmt machten. Nach dem Ersten Weltkrieg besuchte ihn in der Provence Pablo Picasso, um ihn in seiner neoklassizistischen Anschauungsweise zu unterstützen. 1951 kehrte Coubine mit seiner zweiten Gemahlin in die Tschechoslowakei zurück. Den Winter verbrachten sie in der Regel in Prag, im Sommer weilten sie in Coubines Geburtsstadt Boskovice, wo die Stadt ihrem berühmten Sohn eine Wohnung in der so genannten Residenz am Schloss einrichtete. 1964 verließen sie zum letzten Mal die Tschechoslowakei in Richtung Frankreich und sind nicht mehr zurückgekehrt. Coubine starb in Marseille und wurde in der kleinen Stadt Apt beigesetzt, aus der seine zweite Gemahlin Berthe stammte. Auf den Spuren von Otakar Coubine in Südmähren Denkmal mit Büste an der Stelle, wo sein Geburtshaus stand, im Park an der Straße ulice Kpt. Jaroše in Boskovice Gedenktafel am Gebäude „Residenz“, in dem er wohnte. Straße Hradní ulice, Boskovice Otakar-Coubine-Galerie, Masarykovo náměstí 1/3, Boskovice

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Alfons Mucha Der berühmte tschechische und zugleich weltbekannte Jugendstilmaler und Dekorkünstler wurde am 24. Juli 1860 in Ivančice (Eibenschitz) in der Familie des Gerichtsdieners Andreas Mucha geboren. Das Licht der Welt erblickte er im Hinterhaus des Gerichtsgebäudes, wo sich heute sein Denkmal befindet. Alfons Mucha ist eines von sechs Kindern. Seine künstlerische Veranlagung zeigte sich schon im frühen Alter. 1872 trat er in das Slawische Gymnasium in Brünn (Brno) ein, und weil er nicht nur gestalterisches, sondern auch musikalisches Talent besaß, verschaffte er sich einen Nebenverdienst als Vokalist in der Peter-und-Pauls-Kathedrale. 1877 kehrt Mucha nach Ivančice zurück, wo ihm der Vater eine Stelle als Gerichtsschreiber vermittelte. Im nachfolgenden Jahr misslang der Versuch von Alfons, an der Prager Akademie für bildende Künste zum Studium angenommen zu werden. In dieser Zeit bereitete er die Vorstellungen des Laientheaters vor, er malte Dekorationen und Plakate, und er entwarf Einladungen. Im Herbst 1879 fuhr Alfons Mucha nach Wien, um als Maler für Theaterdekorationen zu arbeiteten. Als 1881 das Ringtheater abbrannte, das der wichtigste Kunde von Muchas Arbeitgeber war, erhielt er als jüngster Angestellter die Kündigung. Nachfolgend hielt er sich in Mikulov (Nikolsburg) auf und verdiente sich seinen Lebensunterhalt unter anderem

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mit dem Malen von Portraits. Auf das Talent von Alfons Mucha wurde Graf Khuen-Belasi aufmerksam, er beauftragte ihn mit der Ausschmückung des Schlosses Emmahof bei Hrušovany nad Jevišovkou und der Burg Gandegg in Tirol. Der Graf war von Muchas Arbeit derart begeistert, dass er ihn bei seinen Studien an der Akademie in München und an den Pariser Akademien Julian und Colarossi finanziell unterstützte. Das Jahr 1894 brachte die entscheidende Wende in Muchas Leben, als die berühmte französische Schauspielerin Sarah Bernhardt ihn fast zufällig um die Gestaltung eines Plakats ansuchte. Mucha überzeugte und erhielt einen Exklusivvertrag für die nachfolgenden sechs Jahre, unter anderem entwarf er für die Schauspielerin auch Kleider und Frisuren. Sein Name wurde zur Marke des dekorativen Stils seiner Arbeit. Die Franzosen nannten ihn „Le styl Mucha“, für sie war er das Synonym für den Jugendstil. Der Künstler Alfons Mucha wurde als Maler, Grafiker, Designer von Plakaten, Schmuckstücken und dekorativen Gegenständen weltweit bekannt. 1904 fuhr er in die USA, wo er sich der vaterländischen Bewegung der Slawen anschloss. In dieser Zeit kam ihm die Idee, das „Slawenepos“, sein abschließendes großes Werk, zu malen. Mit der Arbeit begann er 1910 nach seiner Rückkehr nach Böhmen, die Fertigstellung dauerte bis 1928. Das „Slawenepos“ umfasst zwanzig monumentale Leinwände mit Szenen aus der Geschichte des tschechischen und anderer slawischer Völker. Seit 1963 ist das „Slawenepos“ auf dem Schloss in Moravský Krumlov ausgestellt. Der Künstler entwarf zudem Banknoten und Briefmarken für die selbständige Tschechoslowakei. Alfons Mucha starb am 14. Juli 1939 in Prag. Auf den Spuren von Alfons Mucha in Südmähren Slawenepos – Moravský Krumlov, Schloss Alfons-Mucha-Denkmal – Ivančice 1935 wurde in Mikulov an der Fassade des heutigen Hotels Tanzberg eine Gedenktafel angebracht, die von den Nazis zerstört wurde. Der Autor der neuen Gedenktafel ist Nikos Armutidis. Slawisches Gymnasium, heute Gymnasium in der Straße třída Kpt. Jaroše – Brno Peter-und-Pauls-Kathedrale auf dem Petrov – Brno Museum des Landkreises Brünn, Museum in Ivančice

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Bohumil Hrabal Der bedeutendste Schriftsteller der modernen tschechoslowakischen Literatur des 20. Jahrhunderts wurde 1914 im Stadtteil Židenice in Brünn (Brno) geboren. In der unauffälligen Straße befindet sich an seinem Geburtshaus seit 2004 eine Gedenktafel. Mit seiner ledigen Mutter Marie Kiliánová verbrachte er dort die ersten drei Lebensjahre. Sein Taufpate, der Limonadenhändler František Hrabal, wurde zwei Jahre später sein Adoptivvater. Außer dem Leben am Rande von Brünn lernte der junge Hrabal in der sich in Obřany befindenden Villa seines Onkels Bohuslav Kilián, der die intellektuelle Elite um sich scharte, auch eine ganz andere Welt kennen. Onkel Kilián übte auf Hrabals spätere Schriftstellerlaufbau den entscheidenden Einfluss aus. Die Familie Hrabal zog nach Polná und anschließend nach Nymburk, wo František (aus Hrabals Romanen als Francin bekannt) in der Brauerei die Stelle eines Buchhalters antrat. Der junge Hrabal kehrte jedoch noch einmal für eine gewisse Zeit nach Židenice zurück. Im September 1925 trat er in die Prima des Tschechischen Gymnasiums in Brünn ein (heute Gymnasium Brno in der Straße třída Kpt. Jaroše). Gleich im ersten Schuljahr blieb er sitzen, und deshalb wiederholte er die Prima unter der Aufsicht seiner Eltern an der Staatlichen Realschule in Nymburk. Als Erwachsener besuchte Hrabal die Stadt Brünn fast nicht mehr. Er starb am 3. Februar 1997 nach dem Sturz aus einem Fenster im fünften Stockwerk des Krankenhauses Bulovka. Auf den Spuren von Bohumil Hrabal in Südmähren Gedenktafel: Straße Balbínova 47/01 Denkmal: Straße Balbínova 53/01, Park am Ende der Straße

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Robert Musil Der österreichische Schriftsteller und Neuerer des modernen europäischen Romans Robert Musil (1880 Klagenfurt – 1942 Genf) verlebte einen Teil seiner Jugend in Brünn (Brno). Als er elf Jahre alt war, erhielt sein Vater Alfred die Professorenstelle an der Brünner Technischen Hochschule und die ganze Familie zog um. Sie wohnte in der Straße Jaselská ulice, an ihren Aufenthalt erinnert eine Gedenktafel. Robert verbrachte hier mehr als zehn Jahre seiner Kindheit und Jugendzeit. Die Wohnung seiner Eltern besuchte er bis zu ihrem Tod im Jahr 1924. Die Familie hatte väterlicherseits mährische Wurzeln, Roberts Urgroßvater war Häusler in Rychtařov bei Vyškov. Der junge Musil ging in Brünn auf die Realschule in der Straße Eliščina třída (heute Husova ulice) und später auf die besagte Technische Hochschule. Robert Musil gilt im deutschsprachigen Raum als einer der bedeutendsten Schriftsteller und Denker der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Der monumentale Roman „Mann ohne Eigenschaften“ (tschechisch 1980, 1998) blieb allerdings unvollendet, trotzdem gelang es dem Autor, hier die Krise der modernen europäischen Kultur perfekt zu skizzieren. Robert Musil starb in Armut in seinem schweizerischen Exil in der Mitte des Zweiten Weltkriegs. Auf den Spuren von Robert Musil in Südmähren Gedenktafel, Straße Jaselská 10 Weitere Adressen in Brno: Tivoli 29, heute Jiráskova 29 (1891-1894) Údolní 28 (1894-1897)

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Leoš Janáček Leoš Janáček ist ein weltweit anerkannter Komponist, der sein Leben mit Brünn (Brno) verband. Er wird vornehmlich wegen seiner ungewöhnlichen Melodik geschätzt, die auf der Volksmusik der mährischen Regionen, besonders der Mährischen Slowakei und Lachei und den so genannten Sprachmelodien, beruht. In der Welt ist Janáček vor allem aufgrund seiner Opern, der orchestral-vokalen „Glagolitischen Messe“, der „Sinfonietta“, der symphonischen Dichtung „Taras Bulba“ und der Kammerkompositionen, vornehmlich der Streichquartette, bekannt. Nicht zufällig trägt das Brünner Opernhaus seinen Namen. Leoš Janáček, eine der originellsten Erscheinungen der tschechischen und weltweiten Musikmoderne, wurde am 3. Juli 1854 in der Gemeinde Hukvaldy im Nordosten Mährens geboren. Die armen Eltern schickten den kleinen Leoš 1865 in die Fundation des Augustinerklosters in Brünn. 1869 trat er in die Lehrerbildungsanstalt ein, die sich in der heutigen Fakultät für Architektur in der Straße Poříčí befand. Janáček vertrat Pavel Křížkovský in der Funktion des Chordirektors der Altbrünner Basilika, der ihn für das Studium an der Orgelschule in Prag empfahl. Eine weitere Musikausbildung erhielt Janáček in Leipzig und Wien. Leoš Janáček ehelichte seine sechzehn Jahre alte Schülerin Zdeňka Schulzová. Die jungen Eheleute wohnten zuerst in der

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Straße Měšťanská ulice (heute Křížová ulice) in Alt-Brünn; nach der Geburt ihrer Tochter Olga am 15. August 1882 wohnten sie am Klosterplatz Nr. 2 (heute Mendlovo náměstí), wo Sohn Vladimír 1880 geboren wurde und schon 1890 verstarb. Hier entstanden Janáčeks erste große Werke. Er beendete „Ihre Ziehtochter“ (Jenufa), als 1903 seine geliebte Tochter Olga starb. Während seiner produktivsten Jahre (1910 bis 1928) wohnte Janáček im Gartenhaus an der früheren Orgelschule. Das Gebäude beherbergt heute eine Ausstellung über das Vermächtnis des Komponisten mit seinem Originalarbeitszimmer und dem Klavier. Ein Teil des Hauses belegt eine moderne Ausstellung, die Grundinformationen in Bild und Text über das Leben des Komponisten vermittelt und seine bekanntesten Werke dokumentiert. Zudem bietet sie die Möglichkeit, Musik zu hören und Videodokumente einzusehen. Leoš Janáček, einer der weltweit bedeutendsten Komponisten, starb am 12. August 1928 an einer Lungenentzündung im Krankenhaus in Ostrava. Sein Grab befindet sich auf dem Zentralfriedhof in Brünn. Auf den Spuren von Leoš Janáček in Südmähren Leoš-Janáček-Denkmal – Brno Areal der Vogtei und Volksschule – Kozlovice Gedenktafel, Brno, Altbrünner Kloster, Platz Mendlovo náměstí 1/7 (Janáček wuchs hier ab 1865 auf) Gedenktafel, Brno, Lehrerbildungsanstalt, er lehrte hier von 1878 bis 1904, Straße Poříčí 5/01 Geburtshaus von Leoš Janáček – Hukvaldy Denkmal – Štramberk

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Hugo Haas und Pavel Haas Der berühmte tschechische Schauspieler und Regisseur Hugo Haas wurde am 18. Februar 1901 in Brünn (Brno) in der Familie des Schuhhändlers Zikmund Haas, die in der Nähe der Peter-undPauls-Kirche in der Straße Biskupská ulice wohnte, geboren. Der jüdische Händler bekannte sich im stark germanisierten Brünn zu den Tschechen und schickte seine beiden Söhne Pavel und Hugo in tschechische Schulen. Der jüngere Hugo studierte am Konservatorium, unter anderen bei Leoš Janáček, Gesang. Nach seinem Abschluss am Konservatorium trat Hugo ein Engagement im Nationaltheater in Brünn an. 1925 wurde er im Schauspielensemble des Nationaltheaters in Prag aufgenommen. In der Ersten Republik erlangte er vornehmlich durch seine Filmrollen Berühmtheit. 1939 erfolgte seine Kündigung im Theater aufgrund seiner jüdischen Abstammung und er floh im April 1939 mit seiner Gemahlin Bibi in die USA. Hugo Haas konnte sich in Amerika als Schauspieler in Hollywood sowie als Drehbuchautor, Regisseur und Produzent durchsetzen. Am 1. Dezember 1968 starb er in Wien, seine Urne wurde auf seinen Wunsch neben seiner Mutter auf dem Brünner jüdischen Friedhof beigesetzt. Sein älterer Bruder Pavel, ein bedeutender Komponist, blieb im okkupierten Protektorat. Ende 1941 wurde er nach Theresienstadt deportiert und später nach Auschwitz gebracht, wo er 1944 in der Gaskammer den Tod fand. Am 29. April 1997 wurde die Gedenktafel der Gebrüder Haas am Haus Nummer 8 in der Straße Biskupská ulice enthüllt, in dem die beiden Künstler ihre Kindheit verbrachten. Auf den Spuren von Hugo und Pavel Haas in Südmähren Grab auf dem jüdischen Friedhof in Brno Gedenktafel, Straße Biskupská 8, Brno

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Marie von Ebner-Eschenbach Die in deutscher Sprache schreibende große mährische Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach wurde am 13. September 1830 auf dem Schloss in Zdislawitz (Zdislavice) bei Kremsier (Kroměříž) geboren. Sie stammte aus der alten mährischen Dynastie der Dubsky, mit achtzehn Jahren ehelichte sie ihren Vetter, den Physiker und Chemiker in den Diensten der österreichischen Armee, Moriz von Ebner-Eschenbach. Von 1851 bis 1863 wohnte das Ehepaar in Klosterbruck bei Znaim (Louka u Znojma), weil die Pionierakademie, an der Moriz als Professor tätig war, hierhin verlegt wurde. Sie kamen jedoch auch häufig auf das Schloss Löschna bei Walachisch-Meseritsch (Lešná u Valašského Meziříčí), wo Marie ihre Nichte besuchte, oder in den Stammsitz der Dubsky, auf das Schloss Lissitz (Lysice). Die hiesige ständige Ausstellung in zwei Räumen im Vorschloss ist dieser in Österreich immer noch außerordentlich beliebten Schriftstellerin gewidmet. Der erste Raum beinhaltet das Denkmal der Schriftstellerin, der zweite Raum erinnert an das Theater auf dem Lissitzer Schloss, das bis 1902 Vorstellungen gab, als es samt Kostümen und Kulissen nieder brannte. Das Theater war eine große Vorliebe von Marie von Ebner-Eschenbach, doch Berühmtheit erlangte sie eher durch die Prosa. Kaiser Franz Josef verlieh der Schriftstellerin 1898 das Ehrenkreuz für Literatur. Ein Jahr später erhielt sie das Ehrendoktorat der Wiener Universität. Marie von Ebner-Eschenbach starb am 12. März 1916, sie wurde in der Familiengruft der Grafen Dubsky auf dem Schloss in Zdislawitz beigesetzt. Auf den Spuren von Marie von Ebner-Eschenbach in Südmähren Ständige Ausstellung auf Schloss Lysice Klassizistische Gruft der Familie Dubsky in Zdislavice u Zdounek Kloster in Louka u Znojma Schloss in Lešná u Valašského Meziříčí

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Magdalena Kožená Magdalena Kožená wuchs in der Familie eines Mathematikers und einer Biologin in Brünn (Brno) auf. Sie besuchte die Kunstvolksschule und sang im Kinderchor Kantiléna. Ursprünglich wollte sie am Brünner Konservatorium Klavierspiel studieren, aber eine im Turnunterricht zugezogene Handverletzung vereitelte das Vorhaben. Doch die Prüfungen im Gesangsfach legte sie erfolgreich ab. Das Brünner Konservatorium verließ sie letztendlich 1991 mit ihrem Abschluss in den Fächern Gesang und Klavier. Von 1991 bis 1995 setzte sie ihr Studium an der Hochschule für musische Künste in Bratislava (Pressburg) fort. Den ersten internationalen Erfolg feierte sie beim 6. Internationalen Mozart-Wettbewerb 1995 in Salzburg, wo sie die Kategorie Gesang gewann und zum absoluten Sieger dieses Prestigewettbewerbs gekürt wurde. Zu Hause traf ihr Erfolg auf weniger große Resonanz, dafür bot ihr die Wiener Volksoper ein Engagement an. Seit dieser Zeit ist sie an den größten Operbühnen weltweit gefragt. Die Brünner Mezzosopranistin mit Weltruf kommt in ihre Geburtsstadt, wann immer es ihre Zeit erlaubt, um die Mutter und Freunde zu besuchen. Kožená lebt mit ihrem Gemahl, dem großen britischen Dirigenten Simon Rattle, sowie den Söhnen Jonáš und Miloš, in Berlin. Ihre Vorliebe beruht auf den Renaissance- und Barockautoren, der bildenden Kunst und der Poesie. Magdalena Kožená propagiert schon seit langer Zeit die böhmische und mährische Musik im Ausland. Auf den Spuren von Magdalena Kožená in Südmähren Konservatorium, Brno Beseda-Haus, Brno

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Milan Kundera Der in der Welt bekannteste tschechische Prosaist, Dramatiker, Dichter, Übersetzer und Essayist stammt aus Brünn (Brno). Er wurde im April 1929 in der Familie des Musikwissenschaftlers und ersten Rektors an der Janáček–Akademie für musische Künste Ludwig Kundera geboren. Nach seinem Abitur 1948 am Gymnasium in der Straße třída Kpt. Jaroše in Brünn begann er an der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag Literaturwissenschaften und Ästhetik zu studieren. Nach zwei Semestern wechselte er jedoch zur Filmfakultät FAMU, wo er nach seinem Studienabschluss Weltliteratur lehrte, zuerst als Assistent, ab 1958 als Fachassistent und ab 1964 als Dozent. Bis zum Alter von fünfundzwanzig Jahren studierte er auch Musik, Komposition und Klavierspiel. Er lehrte bis zu seiner Kündigung als politisch unerwünscht im Jahr 1970 an der Filmakademie. 1975 ging er nach Frankreich. Nach dem Erscheinen des Romans „Buch vom Lachen und Vergessen“ (1979), das Gustav Husák als „Präsident der Vergessenheit“ bezeichnet, wurde Kundera die tschechische Staatsbürgerschaft entzogen. Er blieb in Frankreich und nahm später dort die neue Staatsbürgerschaft an. Kundera war an der Universität in Rennes und ab 1980 als ordentlicher Professor an der École des Hautes Études in Paris tätig. Den Medien weicht er permanent aus, sodass über ihn nur bekannt ist, dass er mit seiner Gattin Vera, einer ehemaligen Fernsehsprecherin aus Brünn, in Paris lebt. Nach 1989 hatt er seine Geburtsstadt besucht, allerdings für ihn ganz typisch inkognito. Auf den Spuren von Milan Kundera in Südmähren Gymnasium in der Straße třída Kpt. Jaroše, Brno

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Ludwig Mies van der Rohe Der berühmte deutsche Architekt und Designer ist nicht im wahrsten Sinne des Wortes mit Südmähren verbunden. Er hinterließ hier jedoch ein Werk, das zu den Schmuckstücken der modernen Architektur mit Weltbedeutung gehört. Die Rede ist selbstverständlich von einem Denkmal, das auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO steht, und zwar von der Villa Tugendhat in Brünn (Brno). Mies arbeitete von 1928 bis 1930 am Projekt für die berühmte Brünner Villa. Das Haus war ein Auftrag des Ehepaares Fritz und Greta Tugendhat, deren Familien führende mährische und Brünner Textilfabrikanten jüdischer Herkunft waren. Die Tugendhats wünschten sich ein „Haus mit klaren und einfachen Formen“. Mies erfüllte diese Aufgabe hervorragend, er setzte luxuriöse Materialien und moderne Techniken ein. Die Villa ist mit ihren schlanken tragenden Stahlsäulen, der Klimatisierung, der dekorativen Wand aus edlem Onyx, den großen Fenstern von der Decke bis zum Fußboden, die mechanisch in den Fußboden abgesenkt werden können, ein absolut perfektes technisches und ästhetisches Werk. Die Familie zog im Dezember 1930 in die Villa ein. Schon im Mai 1938 musste sie vor den Nazis fliehen, zuerst in die Schweiz und anschließend nach Venezuela. Nach dem Krieg befanden sich in der Villa eine Tanzschule und ein Rehabilitationszentrum. Zwischen 1981 und 1985 wurde der Bau für Repräsentationszwecke der Stadt renoviert. Seit 1994 ist das Haus für Besucher geöffnet. Auf den Spuren von Ludwig Mies van der Rohe in Südmähren Villa Tugendhat, Straße Černopolní ulice Nummer 45, Brno

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Bohuslav Fuchs Der herausragende Architekt, Stadtplaner, Pädagoge und Designer Bohuslav Fuchs war der führende Vertreter des tschechischen Funktionalismus, der so genannten Brünner Architekturschule. Seine avantgardistischen Gebäude verhalfen Brünn (Brno) zu einer modernen Großstadt und sie gehören mit ihrem künstlerischen und ideellen Wert zu den bleibenden Werken der modernen tschechischen Architektur. Der in Všechovice pod Hostýnem geborene Fuchs kam 1923 nach Brünn, um das Arbeitsangebot der Baubehörde der Stadt Brünn anzunehmen. Von 1925 bis 1929 war er Abteilungsleiter auf dem Bauamt und in dieser Zeit entstanden seine entscheidenden Werke: Das Zeman-Café, das Städtische Bad in Zábrdovice, das Masaryk-Studentenheim in der Straße Cihlářská ulice, die Mährische Bank auf dem Platz náměstí Svobody (gemeinsam mit Arnošt Wiesner), das Eliška–Máchová-Heim in der Nachbarschaft der Schule Vesna, der Pavillon der Stadt Brünn für die Ausstellung der zeitgenössischen Kultur auf dem Brünner Ausstellungsgelände und in erster Linie sein meisterhaftes Projekt, das dem Schaffen der internationalen Spitzenarchitekten gleichgesetzt werden kann, das Hotel Avion in der Straße Česká ulice. Zum Ende der Ersten Republik realisierte er noch die Gebäude der Landesmilitärbehörde in der Straße Kounicova ulice und der Bahnhofspost. Professor Bohuslav Fuchs fand in der Ehrengrabstätte des Zentralen Friedhofs in Brünn seine letzte Ruhe. Zu seinem einhundertsten Geburtstag im Jahr 1995 wurde in dem kleinen Park zwischen den Straßen ulice Neumannova und ulice Lipová im Stadtteil Pisárky ein Denkmal enthüllt. Auf den Spuren von Bohuslav Fuchs in Südmähren Hotel Avion in der Straße Česká ulice, Brno Zeman-Café, Brno Städtisches Bad in Zábrdovice, Brno Masaryk-Studentenwohnheim in der Straße Cihlářská ulice, Brno Mährische Bank auf dem Platz náměstí Svobody, Brno

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Dušan Samo Jurkovič Slowakischer Architekt, Möbeldesigner und Ethnograph. Dušan Samo Jurkovič war ein großer Vertreter der Jugendstilarchitektur. Er schuf einen sehr individuellen „nationalen Stil“ mit starken Einflüssen der Volksarchitektur. Die Wurzeln für die Orientierung von Jurkovič auf Arbeiten mit volkstümlichen Formen müssen in seiner Familie gesucht werden. Sein Vater gehörte zu den bekannten slowakischen Patrioten, seine Mutter war Expertin für Volkskunst. Nach seinem Studium in Wien und der Praxiszeit in Martin und Vsetín in der Slowakei arbeitete er ab 1896 als selbständiger Architekt in Brünn (Brno). Den Impuls für seine Umsiedlung nach Brünn gab das Angebot für die Gestaltung eines Einrichtungsentwurfs für das Internat der Brünner Mädchenschule Vesna. In Brünn realisierte er mehrere Bauten. Die größte Bedeutung besitzt die 1905 entworfene und im darauf folgenden Jahr errichtete eigene Villa im Stadtteil Žabovřesky. Sie repräsentiert ein einzigartiges Beispiel für die Synthese aus den Prinzipien des Volkskunstschaffens, den aktuellen Anregungen der Wiener Moderne und den englischen Vorbildern. Die Villa von Jurkovič ist eines der bedeutendsten Architekturdenkmäler vom Umbruch des 19. zum 20. Jahrhundert in

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Brünn. Die Mährische Galerie, in deren Besitz sie sich heute befindet, plant bis Ende 2010 die Restaurierung des Gebäudes, um es anschließend der Persönlichkeit von Dušan Jurkovič und seinem Schaffen zu widmen und es für Besucher zu öffnen. Interessenten können den Arbeitsverlauf an diesem Objekt online im Internet verfolgen (http://www.moravska-galerie. cz/cs/projekty/on-line-rekonstrukce/on-line-rekonstrukce/). Die Villa bildet mit den Realisierungen der Entwürfe von Jurkovič in Poustevny, Luhačovice und auf dem Schloss in Nové Město nad Metují den Kern seines erhalten gebliebenen Werks in der Tschechischen Republik. Die Biedermeierprinzipien der Wiener Architektur der Moderne können auch am Miethaus des Glaswerkbesitzers Bohumil Škarda (1908) entdeckt werden. Er lieferte das Glas für das Mosaik in der Villa von Jurkovič. Auf den Spuren von Dušan Jurkovič in Südmähren Jurkovič-Villa, Brno, Straße Jana Nečase 2 (derzeit allgemein nicht für Besucher geöffnet) Miethaus von B. Škarda, 1908, Straße Dvořákova ulice, Brno

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Adolf Loos Der anerkannte Architekt und einer der stärksten Verfechter der Einfachheit und Funktionalität in der Architektur wurde 1870 in Brünn (Brno) in der Familie eines Steinmetzen und Bildhauers geboren. An der Stelle von Loos Geburtshaus mit der Adresse Kounicova 6, wo heute das Hotel Continental steht, befindet sich seit 1970 eine Gedenktafel. Adolf besuchte als Kind die Volksschule in Brünn. Mit zehn Jahren trat er in das Höhere Gymnasium ein, zuerst in Brünn, dann in Iglau (Jihlava). Ständige Veränderungen prägten seine Jugend: mit dreizehn Jahren wechselte er in das Gymnasium im österreichischen Melk, mit siebzehn studierte er bereits in Reichenberg (Liberec), doch das Abitur legte der neunzehnjährige Loos wieder in Brünn an der deutschen Kunstgewerbeschule ab. Der Klassiker der modernen Architektur schuf zwischen 1890 und 1933 in den tschechischen Ländern viele Entwürfe und Bauten. Als Höhepunkt seiner Arbeit gilt das Familienhaus für František Müller in Prag. Es ist ein herausragender Beleg für Loos originelle Konzeption der Erschaffung eines Raumes, die unter dem Begriff „Raumplan“ bekannt ist. In Mähren haben seine Arbeiten für den Zuckerfabrikanten Bauer die größte Bedeutung. Auf dem Gelände der Zuckerraffinerie in Hrušovany bei Brünn errichtete er 1914 für den Werksdirektor eine Villa und anschließend wohl auch den Neubau des Fabrikhauptgebäudes. Später baute er die Innenräume in Bauers Schlösschen um, das sich heute auf dem Brünner Messegelände befindet. Auf den Spuren von Adolf Loos in Südmähren Hausumbau in der Straße Jiráskova ulice in Brno, 1910 Villa und Fabrikgebäude auf dem Gelände der Zuckerraffinerie in Hrušovany bei Brno, 1914 und 1916-1922 Hausentwurf für Hermann Konstandt in Olomouc, nach 1914 (wurde nicht realisiert) Schlossumbau für Viktor Bauer in Brno (um 1925)

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Herausgeber Centrála cestovního ruchu – Jižní Morava, z.s.p.o. (Südmährishe Touristenzentrale) Radnická 2, 602 00 Brno www.ccrjm.cz Text Pavel Galík Grafik Ladislav Němeček Übersetzung Mette Dvorská Die Reproduktion aus Sammlungen und Archiven stellten zur Verfügung Archiv der Stadt Brünn (7, 8, 12, 16, 19, 22, 24, 34) Benediktinerabtei in Rajhrad (4) C.E.M.A. – Central European Music Agency (40) Mendelianum, Mährisches Landesmuseum (20) Mährische Landesbibliothek in Brünn (14, 23, 44) Museum der Region Boskovice in Boskovice (31) Komenský-Museum in Uherský Brod (3) Museum der Stadt Brünn (10, 13, 25, 38, 42, 43) Abteilung für Musikgeschichte am Mährischen Landesmuseum in Brünn (30, 36) Regionales Museum in Žďár nad Sázavou (6, Foto Zdeněk Málek) Technisches Museum in Brünn (28) Museum der Region Brünn in Ivančice (32) Profimedia.CZ (18, 35, 41) Kunstgewerbemuseum in Prag (46) www.celysvet.cz (26) Schloss Lysice (39) Schloss Slavkov (7) Produktion Propag servis Brno s.r.o. Advertum s.r.o. Druck Tiskárna EXPODATA-DIDOT, spol. s r.o. Jahr der Herausgabe 2009

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