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Im Fokus

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Stolze Finisher

Wer läuft denn eigentlich und wie viele? Bei Laufveranstaltungen starten derzeit deutlich weniger Teilnehmer als vor zwei Jahren. Wie kann die Szene

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wieder wachsen? TEXT_Andreas Maier

Nach bald zwei Jahren Pandemie ist es höchst an der Zeit zu fragen, wie die Leute in Bewegung gebracht werden.

Ein sportliches Ziel zu erreichen, gehört zum Besten, das man sich vorstellen kann. Fragen Sie Eliud Kipchoge und wie er sich nach 1:59:40,2 Stunden bei seinem Lauf in Wien über die Marathondistanz gefühlt hat. Erinnern Sie sich an einen Erfolg, für den Sie lange gearbeitet haben. Fragen Sie Läuferinnen und Läufer, die nach mehreren Versuchen und ambitioniertem Training eine „Schallmauer“ durchbrochen haben. 10 Kilometer erstmals unter 60, 50, 40 Minuten laufen, oder einen Marathon erstmals unter 4 Stunden, unter 3 Stunden – das ist einfach großartig. Man fühlt sich unbesiegbar, zufrieden, bestätigt.

Solche Leistungen, ob Weltklasse oder individueller Traum – sie motivieren und begeistern. Über diese Momente berichten wir Medienvertreter gerne. Auf Social Media verstärkt der Algorithmus die Verbreitung.

Wenn es aber darum geht, möglichst viele Menschen zum Sport und zum Laufen zu bewegen: Sind diese Bilder die richtigen? Die strahlenden Sieger? Die Fitnessgötter, die nebenbei einen verantwortungsvollen Beruf und klassische Familie haben? Die laufenden Yoga-Queens, deren fiktiver Beauty-Shape-Index stets ins Zentrum der Instagram-Ideale trifft? Aus der Krise laufen Nach bald zwei Jahren Pandemie, in denen von einem Corona-Laufboom die Rede ist, aber Laufveranstaltungen nur rund die Hälfte der Teilnehmer von 2019 an den Start bringen, ist es höchst an der Zeit zu fragen, wie die Leute in Bewegung gebracht werden können. Genauso wie die Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise eine dringende Aufgabe der Gegenwart ist, ist es die Gesundheitskrise, die aus Bewegungsmangel und inaktivem Lebensstil entsteht. Diese gab es vor der Pandemie, deren unmittelbare Bekämpfung mit Impfungen und Maßnahmen noch nicht vorbei ist, und es wird sie danach geben.

Wie sieht der Status Quo aus? 2020 war sicher ein Jahr, in dem mehr Menschen als zuvor gelaufen sind. Eine Blickdiagnose genügte. Daten von Strava und viele Umfragen bestätigen das. Die Lockdowns haben andere Sportangebote bekanntlich verschlossen. Gilt dies auch fürs Jahr 2021? Und wird das weiter gelten? Ohne aktive Maßnahmen wohl kaum.

Die Teilnehmerzahlen bei Laufveranstaltungen sind jedenfalls so gering wie schon lange nicht. Mögliche Gründe sind (1) eine generelle Vorsichtshaltung, (2) die Unsicherheit, ob Events denn überhaupt stattfinden dürfen, (3) Unmut über Covid-Regeln bei Veranstaltungen, (4) fehlende Motivation und Form für die Teilnahme an Events.

Hier der Versuch für ein paar Prognosen: Die Punkte 1 und 2 sollten sich im Lauf des Jahres 2022 bessern, wenn man gesehen hat, dass auch große Laufevents ohne Infektionen durchgeführt werden und die Organisation von Läufen nicht mehr die Ausnahme, sondern wieder die Regel ist. Bei Punkt 3, den Covid-Regeln bei Events, wird ein Gewöhnungseffekt einsetzen. Besser man kann laufen und hält sich an einfache Maßnahmen, als man kann nicht laufen, oder? Die Impfung als Voraussetzung zur Teilnahme an Veranstaltungen wird – so meine Erwartung –

FOTO//VCM/Leo Hagen

kein großer Aufreger sein, wenn die Politik dies vorgeben sollte. Impfquoten sind unter Läuferinnen und Läufern ohnehin deutlich höher als im Durchschnitt der Bevölkerung und bewegen sich in Richtung 95 Prozent, wie Befragungen des Vienna City Marathon und des Österreichischen Frauenlaufs gezeigt haben.

Bleibt die Frage der Motivation und Form. Ein etwas genauerer Blick auf die Teilnehmerstruktur zeigt, dass vor allem die ambitionierteren Läuferinnen und Läufer aktuell wieder an den Start gehen. Bei Läufen von 5 Kilometer bis zum Halbmarathon sind die schnelleren Läuferinnen und Läufer im Vergleich zu 2019 überproportional vertreten. Hier konkrete Beispiele: Anteil „schneller“ Teilnehmer 2021 und 2019 Österreichischer Frauenlauf (5 km) – unter 25 Minuten 2021 4,45 Prozent 278 von 6.248 (nur Läuferinnen) 2019 2,70 Prozent 505 von 18.682 (nur Läuferinnen)

Salzburger Frauenlauf (5,5 km) – unter 30 Minuten 2021 23,44 Prozent 79 von 337 2019 12,88 Prozent 137 von 1.064

Bregenz Halbmarathon – unter 1:30 Stunden 2021 7,70 Prozent 120 von 1560 2019 3,74 Prozent 87 von 2329

Graz Halbmarathon – unter 1:30 Stunden 2021 6,45 Prozent 101 von 1.565 2019 4,43 Prozent 120 von 2.706

Anders sieht es auf der Marathondistanz aus. Der Anteil von Läuferinnen und Läufern unter drei Stunden bei den Männern bzw. 3:30 Stunden bei den Frauen ist in Österreich 2021 so gering wie seit Jahrzehnten nicht – Stand Mitte Oktober. Zahlen der Plattform marathonaustria.com zeigen dies ganz klar.

Nur 3,4 Prozent der Männer liefen unter 3:00 Stunden – im Durchschnitt der vorangegangenen zehn Jahre 2019-2010 waren es 5,66 Prozent. Gleiches gilt bei den Frauen. Nur 5,2 Prozent aller österreichischen Finisherinnen schafften eine Zeit unter 3:30 Stunden. Im Jahrzehnt davor waren es durchschnittlich 7,68 Prozent. Noch deutlicher sieht man es in absoluten Zahlen. Nur 34 Frauen sind im Jahr 2021 bis Mitte Oktober unter 3:30 Stunden gelaufen. In den Jahren davor waren es immer zumindest 100 oder viel mehr.

Eine Interpretation ist, dass ambitionierte Hobbyläuferinnen und -läufer zwar durchaus bereit waren, im Sommer und Herbst 2021 wieder an Veranstaltungen teilzunehmen, aber dass ein Marathon unter diesen Umständen für viele eine zu große Herausforderung darstellte oder das Risiko einer Absage als zu groß gesehen wurde.

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