spezial 3/2015
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d s j - s p e z i a l S p o rt u n d S c h u l e
im deutschen Schulsystem geht die Entwicklung hin zur Ganztagsschule stetig voran. So bieten mittlerweile knapp 60 Prozent der Schulen in unserem Land Ganztagsangebote an. Mehr als ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler nehmen regelmäßig daran teil.
Auch wenn der Dritte Kinder- und Jugendsportbericht bestätigt, dass etwa jedes dritte Ganztagsangebot ein Sportangebot ist und damit der organisierte Sport ein sehr wichtiger außerschulischer Bildungspartner der Ganztagschulen ist, findet die Zusammenarbeit zwischen Sport und Schule leider nicht immer auf Augenhöhe statt. Vielen Kooperationen fehlt es bislang noch an abgestimmten Inhalten und tragfähigen Strukturen. Ende Oktober haben wir gemeinsam mit dem DOSB bereits zum vierten Mal eine Fachkonferenz „Sport & Schule“ durchgeführt, um mit unseren Mitgliedsorganisationen und weiteren Partnern vorrangig die Fragestellung zu diskutieren, inwieweit zum einen der organisierte Sport sich selbst in seinem Engagement in Ganztagsschulen eher als Dienstleister oder bereits als Mitgestalter versteht und zum anderen auch zu erörtern, in welcher Rolle der organisierte Sport von kooperierenden Schulen gesehen wird. Neben den richtungsweisenden Vorträgen von Prof. Dr. Thomas Rauschenbach und Prof. Dr. Nils Neuber wurden in einer Talkrunde und verschiedenen Gesprächsforen aktuelle Themen des Sports in der Ganztagsbildung aufgegriffen und diskutiert. An drei Good-Practice-Beispielen wurde verdeutlicht, welche konkreten Möglichkeiten bestehen, sich sowohl als Großverein, aber auch als kleinerer Sportverein in Ganztagsschulen engagieren zu können. Es bestehen bereits viele gute Lösungsansätze, einige davon stellen wir hier vor. Darüber hinaus erscheint es uns wichtig, systematische, länderübergreifende Befunde zur Qualität und Wirkung der Sportangebote im Ganztag und nicht zuletzt auch zur Perspektive von Kindern und Jugendlichen im Ganztag und in deren Lebenswelten zu erhalten, um bedürfnisorientierte Sportangebote setzen zu können.
Ihr Ingo Weiss
Fachkonferenz Sport & Schule 2015 Der organisierte Sport zwischen Dienstleister und Mitgestalter im Ganztag Prof. Dr. Thomas „Der organisierte Rauschenbach, Sport zwischen der Direktor des Dienstleister und Deutschen JuMitgestalter im gendinstituts, Ganztag“: Unter ging in seinem diesem Titel stand Hauptvortrag die Fachkonferenz unter dem Titel: Sport & Schule des „Zwischen SchuDeutschen Olymle und Verein pischen Sportbun– Der Sport im des (DOSB) und Zeitalter der insder Deutschen titutionalisierten Sportjugend (dsj), Kindheit“ ausdie am 22./23. führlich auf die Oktober 2015 in Ingo Weiss, Walter Schneeloch, Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper und Bernd Neuendorf (v.l.n.r.) Folgen der immer Düsseldorf durchstärker werdenden Institutionalisierung des Aufgeführt wurde. Rund 160 Teilnehmer/-innen aus den wachsens und deren Herausforderungen für den unterschiedlichsten Bereichen kamen auf Einladung organisierten Sport ein. Er riet u.a. zu einer stärkedes DOSB und der dsj im Künstlerverein Malkasten ren Profilierung der Angebote, aber auch zu einer e. V. zusammen, um sich zum Thema auszutauschen. weiteren Professionalisierung der Akteure, um den Vertreter/-innen der Landessportbünde/-jugenden und wachsenden Anforderungen gerecht zu werden. Spitzenverbände und deren Jugendorganisationen, Schulverantwortliche sowie Mitarbeiter/-innen aus den Prof. Dr. Nils Neuber von der Westfälischen WilMinisterien und Sportwissenschaftlichen Instituten helms-Universität Münster betonte in seinem Imdiskutierten über die aktuellen schulpolitischen Herpulsvortrag zum Thema: „Bewegung, Spiel und ausforderungen für den gemeinnützigen Kinder- und Sport im Ganztag - Status Quo und HerausfordeJugendsport. Walter Schneeloch, Vizepräsident des rungen“, dass Partizipation der Schüler/-innen der DOSB und Präsident des Landessportbundes NordSchlüssel zum Gelingen der Ganztagsschule sei. rhein-Westfalen, begrüßte die Teilnehmer/-innen ebenSelbstverantwortung und Mitbestimmung spielen so wie Staatssekretär Bernd Neuendorf vom Ministerium beim Aufwachsen heute eine zentrale Rolle. Als ein für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes weiteres Ergebnis stellte Neuber treffend fest: „Die Nordrhein-Westfalen und sie stellten gemeinsame ProFrage ist nicht mehr, ob der Sport in Ganztagsschujekte sowie Maßnahmen aus Nordrhein-Westfalen vor. len stattfindet, sondern wie er stattfinden soll!“ Zusammengefasst kann herausgestellt werden, dass Das Programm der zweitägigen Konferenz gliederdie Entwicklung hin zur Ganztagsschule im deutte sich in Impulsvorträge, Talkrunden sowie insgeschen Schulsystem stetig voran schreitet. So bieten samt sechs verschiedene Gesprächsforen. Letztere mittlerweile knapp 60 Prozent der Schulen Ganzbeinhalteten die Themen Mitgliedschaftsmodelle für tagsangebote an, wobei weit über ein Drittel aller Vereine, die Qualifizierung von Übungsleiter/-innen Schüler/-innen regelmäßig daran teilnimmt. Positiv und Trainer/-innen sowie Sportkonzepte der Spitist herauszustellen, dass Bewegung, Spiel und Sport zenverbände in der Ganztagsbildung. Ergänzend in nahezu jeder Ganztagsschule angeboten wird. wurde das Thema Vielfalt und Teilhabe als ChanSport macht etwa jedes dritte außerunterrichtliche ce durch den Sport im Ganztag und der Einsatz von Angebot aus. Es wurde deutlich, dass es viele MögFreiwilligendiensten in den Kooperationen zwischen lichkeiten für den Sport gibt, sich in die (Ganztags-) Schule und Sportverein in den Foren diskutiert. Schulen einzubringen. Der organisierte Sport sieht sich dabei mehr als Mitgestalter denn als Dienstleister. Mit dem Ergebnis der Fachkonferenz zeigte sich die Vizepräsidentin für Bildung und Olympische Erziehung im Ingo Weiss, der Vorsitzende der Deutschen SportjuDOSB, Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper, sehr zufrieden. In gend, appellierte an die Teilnehmer/-innen der Fachder Folge sei es nun wichtig, die „Ideen und Lösungskonferenz: „Setzt euch in den Fahrersitz und nehmt ansätze in die Strukturen der Verbände hineinzutragen das Heft des Handelns in die Hand.“ und die Sportvereine an der Basis für den Einsatz innerhalb der Ganztagsschulen bestmöglich vorzubereiten.“ Foto: Andrea Bowinkelmann
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Ein Kommentar von Prof. Dr. Detlef Kuhlmann Die Daten und Ergebnisse der Schulsportstudie, die der Deutsche Sportbund (DSB) als Vorläuferorganisation des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zusammen mit der Deutschen Sportjugend (dsj) seinerzeit in Auftrag gegeben hatte, sind jetzt Prof. Dr. Detlef Kuhlmann zehn Jahre alt geworden. Die knapp 9.000 Schülerinnen und Schüler, die vor genau einem Jahrzehnt in den (ausgewählten) Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein befragt wurden, haben ihre Schulsportlaufbahn längst beendet; viele der über 1.100 befragten Sportlehrkräfte dürften mittlerweile im Ruhestand sein. Aber nicht allein deswegen ist die Frage berechtigt: Brauchen wir eine neue Schulsportstudie? Blenden wir kurz zurück: Mit „Spendengeldern“ der deutschen Bewerberstädte für die Olympischen Spiele 2012 war es DSB und dsj damals gelungen, den Forschungsauftrag an renommierte Sportwissenschaftler von insgesamt sechs Universitätsstandorten mit dem bekannten Paderborner Sportpädagogen Prof. Dr. Wolf-Dietrich Brettschneider als leitenden Koordinator in Auftrag zu geben. Seitdem ist die „DSB-SPRINT-Studie“ zum terminus technicus geworden, wenn hierzulande über den „Sportunterricht in Deutschland“ (Untertitel der Studie, aus der sich die Abkürzung SPRINT zusammensetzt) diskutiert wird. Insofern ließe sich die Frage präzisieren: Brauchen wir also eine neue SPRINT-Studie, vorzugsweise mit finanzieller Hilfe aus Hamburg, wo doch bis 2019 allein insgesamt 270 Mio. Euro in Schulsporthallen investiert werden sollen? Die Ausgangslage des Schulsports hat sich in der Zwischenzeit gravierend verändert. Kinder verbringen heute im Zuge der Ganztagsschulentwicklung deutlich mehr Zeit in der Schule als noch vor zehn Jahren. Demzufolge könnte „SPRINT II“ z.B. auch Befunde über die inhaltliche Gestaltung und die (wünschenswerten) Wirkungen von Sportangeboten im Ganztag sowie speziell über die Rolle des Sportvereins als Bildungspartner und Mitgestalter im Kontext von Bildungsnetzwerken hervorbringen, zumal wenn der organisierte Sport mit dem DOSB und der dsj wiederum die Initiative übernimmt, eine solche Studie zu initiieren. Aber völlig unabhängig davon, wer das Projekt schließlich finanziert bzw. als Motor und Moderator begleitet, stellt sich die Frage, inwieweit es mit einem ausgefeilten Untersuchungsdesign gelingt, Ergebnisse zu erzielen, die sich auf die Vision eines „besseren“ Schulsports in Deutschland projizieren lassen. Dabei ist die Sache dann im Umkehrschluss ganz einfach – denn: Wer sich für einen besseren Schulsport hierzulande stark machen will, hat die Frage, ob wir eine neue Schulsportstudie brauchen, im Grunde per se schon mitbeantwortet. Und für interessierte Forscher/ -innen und Forscher aus der Sportwissenschaft käme das einem Startsignal gleich: „Bitte fertig machen zum SPRINT!“
Mit Handicap zum Schwung Der Deutsche Golfverband führt ein Inklusionsprojekt mit dem GC Skyline Oberursel, der Hans-Thoma-Schule Oberursel und der Phorms Schule Steinbach durch. Als der Golfclub Oberursel 2006 gegründet wurde und in seine Satzung den Passus, „Förderung der jugendlichen Mitglieder, Nachwuchsspieler, Schüler, Senioren und Menschen mit Behinderung“ aufnahm, konnte keiner ahnen, dass aus den danach jährlich durchgeführten Schnupperkursen für Kinder und Jugendliche unterschiedlichster Beeinträchtigungen im Jahre 2014 ein erfolgversprechendes Inklusionsmodell des Golfsports erwachsen würde.
oder sich um Teilgruppen kümmerten. Von Beginn an war bei den Schülern beider Schulen die Motivation hoch. Fast alle begannen bei null, mussten sich mit ihren Individuellen Schwächen und Stärken auseinandersetzen und kamen wöchentlich mit großer Begeisterung und entwickelten Ehrgeiz. Besonders nahm man sich in der Unterschiedlichkeit wahr, beobachtete, verglich und stellte fest, dass der Mitschüler, ob mit oder ohne Behinderung, sich auf seine individuelle Weise bemühte und Erfolge erlebte.
Ein Schüler der Phorms Schule beschrieb es seiner Mutter und seinem Lehrer so: „Ich habe natürlich auch die anderen Kinder beobachtet, wie die so spielen. Bei manchen sah es etwas unbeholfen aus, aber alle haben ihr Bestes gegeben und schließlich waren wir ja alle Anfänger. Dass die Kinder der Hans-Thoma-Schule anders waren als ich und meine Klassenkameraden, störte mich bald nicht mehr. Einige waren genau so lustig oder auch mal launisch wie viele meiner Freunde. Schüler/-innen können beim Golfspiel das Spieltempo ohne Zeitdruck selbst bestimmen Manch einer wurde tatsächlich zu einer ernst zu Im Herbst 2013 wurde die Hans-Thoma-Schule Obenehmenden sportlichen Konkurrenz! Beim Golf – so rursel, Förderschule mit den Förderschwerpunkten sagte unser Trainer – hat man mal schlechte Tage und körperliche und motorische Entwicklung und Lernen, mal gute Tage. Und dann ist es egal, ob du von der zu einem Golfschnuppertag auf die Anlage in Winnrod Phorms oder von der Hans-Thoma-Schule kommst. Ich eingeladen. Am Schnuppertag in Winnerod war auch fand das Projekt wirklich toll und würde mich freuen, der Referent für den Schul- und Hochschulsport des wenn es weiter geht.“ Deutschen Golf Verbandes (DGV) anwesend und noch Was weder von den Initiatoren geplant oder erwartet während der Veranstaltung liefen die Gespräche nur wurde, waren die vielen kleinen Erfolge der Schüler noch in eine Richtung, für diese begeisterten Schüler der Hans-Thoma-Schule, die von deren Eltern und Leheine allgemeinbildende Partnerschule zu suchen und rern/-innen nach den ersten sechs Monaten des Pro„Abschlag Schule“ zu einem Inklusionsprojekt aller jektes geschildert wurden. Beteiligten zu entwickeln. Ziel: Schüler mit und ohne Behinderung sollten unbefangen miteinander das Diese Schüler/-innen, die ihre Freizeit größtenteils im Golfspiel erlernen. In Winnerod kam von Seiten der häuslichen Umfeld verbrachten, waren von ihrer wöHans-Thoma-Schule ein deutliches und erwartungsfrochentlichen Golfstunde fasziniert, waren auf die regelhes „Ja“ zu dieser Idee. mäßige Teilnahme bedacht, erlebten Erfolge und diejenigen, die zu Beginn lieber nicht teilnehmen wollten, Nach einigen Gesprächen war dann auch mit der Phoweil sie sich überfordert fühlten, entwickelten Vertraurms Schule Steinbach eine Partnerschule gefunden, bei en in ihre eigenen Fähigkeiten. Die Lehrer stellten fest, der von Beginn an deutlich wurde, dass die Schulleidass ihre Schüler geduldiger, ausdauernder wurden tung nicht nur die sportliche Herausforderung für ihre und sich bemühten, Regeln einzuhalten. Diese erhöhte Schüler sah, sondern primär auch den sozialen Kontakt Ausdauer und Zunahme an Konzentrationsfähigkeit zu Schülern, mit denen sie im Alltag nur selten zusamzeigte sich im Sinne eines Transfers bisweilen auch im men kommen, als wichtig herausstellte. Über Inklusion Unterricht. sollte nicht nur gesprochen, sondern sie sollte in einem Teilbereich des schulischen Alltags um-gesetzt werden. Bei fast allen Schülern/-innen konnte eine Verbesserung der Koordinationsfähigkeit festgestellt werden. Da es in Oberursel keinen Golfplatz gibt, wurde die Bei grob- und feinmotorischen Bewegungen zeigten Anlage des Bad Vilbeler Golfclubs Lindenhof e.V. aussich nach einigen Trainingsstunden differenziertere, gewählt. Große Unterstützung kam nun von Seiten des zielgenauere Bewegungen. Auch war bei einem SchüDGV, der ganz erheblich zur finanziellen Absicherung ler mit einer starken Schwäche der Augen-Hand-Kodes Projektes beitrug. ordination eine deutliche Verbesserung festzustellen. Beide Schulen benannten je acht Schülerinnen und Die Eltern stellten bei ihren Kindern nicht nur eine Schüler, die von einem Golflehrer unterrichtet wurden. höhere Frustrationstoleranz bei Misserfolgen fest, Dieser erhielt meist Unterstützung von zwei bis drei sondern ihre Kinder entwickelten auch ein positives weiteren Personen, die dann individuelle Hilfe gaben Foto: GCO Golfclub Oberursel Skyline e.V.
Brauchen wir eine neue Schulsportstudie?
NRW be we g t se i n e KI ND E R!
Foto: GCO Golfclub Oberursel Skyline e.V.
Bemerkenswert sind die Äußerung mehrerer Eltern, dass ihre Kinder verschiedenste Sportarten, Vereinsangebote probierten und jetzt ihre Kinder beim Golf erstmals einen Sport für sich fanden, bei dem sie ohne äußeren Druck, ohne Zeitdruck ihr Spieltempo selbst bestimmen können, jeder seine eigenen Ziele sich selbst setzten kann und damit individuelle Erfolgserlebnisse hat. Die Ruhe, keine Hektik, kein Lärm beim
Schüler/-innen mit und ohne Handicap trainieren gemeinsam
Üben ist für viele Schüler der Hans-Thoma-Schule sehr wichtig. Im Gegensatz zu ihren Mitschülern von der Phorms Schule profitieren sie noch stärker von diesem „Bewegungsausgleich“ zu einem für sie eher bewegungsarmen Schultag und häuslichen Alltag. Neben den für die Schüler beider Schulen positiven Erlebnissen im Sinne der Inklusion zeigte sich, dass der Golfsport problemlos gemeinsam von Schülern mit und ohne „Handicap“ betrieben werden kann. Einige der Schüler/-innen der Förderschule möchten diesen Sport weiter betreiben. Sie erhalten das Angebot in die Jugendabteilung des Golfclubs Oberursel übernommen zu werden. Wer sich dafür entscheidet, wird dann reguläres Clubmitglied und trainiert in der Jugendgruppe. Damit ist aus einem inklusiven Projekt auf Zeit Jugendarbeit und Inklusion im Verein geworden. Im nächsten Jahr soll es wieder eine Projektphase geben, in der neue Interessierte mit und ohne Behinderungen kostenlos in das Schulprojekt „Mit Handicap zum Schwung“ einsteigen, ihre persönlichen Erfahrungen machen und eine neue Sportart für sich entdecken können. Norbert Fleischmann
Der offene Ganztag stellt die Kinder- und Jugendarbeit der Sportvereine vor große Herausforderungen. Darum entwickelt der Landessportbund/die Sportjugend NRW im Rahmen des Programms „NRW bewegt seine KINDER!“ Ideen und Modelle, wie aus Kooperationen mit Schulen handfeste Mitgliedschaften entstehen können. Seit 2013 gibt es verschiedene Mitgliedschaftsmodelle, die von den Sportvereinen genutzt werden können. Die Herausforderung ist bekannt: Der schulische Ganztag dominiert das Leben der Kinder und Jugendlichen. Für außerschulische Aktivitäten, Musik oder Sport im Verein fehlt es zunehmend an Zeit. Die Vereine leiden unter dem Nachwuchsschwund, besonders Mannschaften können kaum noch wettkampffähig gehalten werden. Die Lösung klingt einfach: Kommen die Kinder nicht zum Verein, dann kommt der Verein eben zu den Kindern. Aber wie und mit welchen Angeboten können auch neue Mitglieder gewonnen werden? Eine berechtigte Frage, die sich viele Vereine auch in Nordrhein-Westfalen stellen. Denn bisher zeigte sich das Engagement eines Sportvereins im Ganztag nicht direkt in der Steigerung der Mitgliederzahlen. Im Verbundsystem des NRW-Sports und in Zusammenarbeit mit dem Schulministerium NRW wurden vor diesem Hintergrund so genannte „Mitgliedschaftsmodelle“ für die Kooperation von Sportvereinen mit Schulen im Ganztag entwickelt. Die Überlegung, die hinter dem Mitgliedschaftsmodell steckt, ist, die durch Schulen bzw. Träger bewirtschafteten Ganztagsmittel nicht nur im Rahmen von Honorarkosten für die Übungsleiter/-innen zur Gestaltung der Sportstunde einzusetzen, sondern darüber hinaus auch für Mitgliedsbeiträge der Kinder und Jugendlichen im jeweiligen Sportverein zu nutzen. Kindern und Jugendlichen wird so während der Laufzeit des Mitgliedschaftsmodells eine für sie
kostenfreie Mitgliedschaft im Sportverein ermöglicht. 49 Mitgliedsorganisationen haben sich zwischen 2013 und 2015 in NRW intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und für die Erprobung des entwickelten Modells in Sportvereinen und Schulen geworben.
Foto: LSB NRW
Die Schüler zeigten deutliches Interesse für den Golfsport, schauten sich im Fernsehen Berichte an, berichteten im Gegensatz zum normalen Schulalltag ihren Eltern vom Unterricht und nutzten dabei Golffachbegriffe wie Pitchen, Putten, Eisen und Hölzern.
Sport bewegt Mitgliedschaftsmodelle
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Selbstwertgefühl. Für sie war die Golfstunde immer der Höhepunkt der Woche. Über positive Veränderungen bei den Schülern kamen auch Rückmeldungen von Seiten der Physio- und Ergotherapeuten. Im Gegensatz zum Alltag, wo zwei Schüler immer wieder von ihren Therapeuten zur Nutzung beider Hände (bei einer vorliegenden Hemiparese) aufgefordert werden mussten, war dies für sie beim Golfspiel kein Problem. Koordinierte, beidhändige Bewegungsabläufe waren hier nun möglich.
Für außerschulische Aktivitäten fehlt es zunehmend an Zeit.
Im Rahmen der Erprobung wurden Vereinsberatungen, um vereinsrechtliche Aspekte zu klären (z.B. Satzungsfragen, Kalkulation des fiktiven Mitgliedschaftsbeitrags), und Gespräche mit Schulen und Trägern geführt, um sich auf eine für beide Seiten (Schule/Träger und Sportverein) tragbare Finanzierung zu verständigen. So kamen 18 erfolgreiche Modelle zu Stande. Erste Ergebnisse der evaluierten Modelle zeigen, dass sich rund 25% der am jeweiligen Ganztagsangebot teilnehmenden Kinder während der Laufzeit gleichzeitig für eine Vereinsmitgliedschaft entschieden haben. Zudem zeigte sich, dass das Modell aufgrund der notwendigen Vorarbeiten nicht für jeden Sportverein bzw. jede Schule und jeden Träger das passende ist, es aber die bestehenden Möglichkeiten zur Kooperation von Schule und Verein ergänzt und gezielt zu neuen Mitgliedschaften im Sportverein führt. Eine abschließende Evaluation hat Gelingensbedingungen und Stolpersteine identifiziert und wird demnächst veröffentlicht. Julian Emde
Grundmodell Kooperationbasis Vertrag Sportverein
Schule/Träger Ganztag
Sportangebot Ganztag durch ÜL des Vereins Mitgliedschaft/Beteiligung
Kosten/Finanzen/Versicherung
• Mitglied während Dauer des Angebots
• MG-Beiträge/weitere Kosten aus Ganztagesmitteln
• Beitritt/Kündigung durch Eltern
• „Fiktiver“ MG-Beitrag • ÜL über Ganztagesangebot versichert
• Gleiche Rechte und Pflichten • Weitere sportliche Angebote im Verein • Gemeldet beim Bund/Verband
• Schüler/-innen über Schulveranstaltung versichert
Langfristige Mitgliedschaft
Sportvereine arbeiten zusammen im Sportkarussell Exemplarische Sportkarussell-Runde
Das Sportkarussell stellt ein durch den Kreis- oder Stadtsportbund Ennepe-Ruhr organisiertes Kooperationsmodell für Sportvereine und Schulen dar. Kinder sammeln in einem Schuljahr vielfältigste Bewegungserfahrungen aus bis zu sechs Sportarten, jeweils in einem Zeitraum von sechs Wochen á 90 min pro Woche. Aber nicht nur die Sportart wird vermittelt. Eltern und Kinder lernen die verantwortlichen Übungsleiter/-innen und Trainer/-innen kennen, um langfristiges Sporttreiben im Verein zu begünstigen. Die Verantwortung für die Sportangebote übernehmen die jeweiligen Vereine - aber nur für sechs Wochen, sodass Übungsleiter/-innen entlastet werden und gleichzeitig die Kinder bzw. Schulen ein durchgehendes und vielfältiges Sportangebot erhalten. Ziel ist es, alle Kinder für eine Sportart (im Verein) zu begeistern, zusätzliche Bewegungsangebote durch Vereine in Schulen zu schaffen und das Zusammenwirken aller Beteiligten zu stärken. regelmäßige Zusammenarbeit wird die Kommunikation im Ennepe-Ruhr-Kreis unter allen Beteiligten deutlich gestärkt. Die fortlaufende Evaluation mittels Fragebögen an Eltern und Übungsleiter/-innen zeigt die Vorteile auf einen Blick.
Oktober November
Für die Kinder ist das Sportkarussell eine tolle Erfahrung. Vor allem die Vielfältigkeit und die nicht alltäglichen Sportarten wie Drums Alive, Fechten oder Kanupolo stießen bei vielen Kindern auf Begeisterung. Ungefähr 1/3 der Kinder ist am Ende des Jahres in einem der Vereine zum Probetraining erschienen. Die Kinder konnten durch die recht kleinen Gruppen immer optimal an die Sportart herangeführt werden und sich so individuell verbessern.
September
Das Sportkarussell aus Sicht der Beteiligten
Start nach den Sommerferien
Die Vorteile auf einen Blick • Vielfältige Bewegungserfahrungen - Kinder können sechs Sportarten innerhalb eines Schuljahres ausprobieren und lernen die Vereinslandschaft kennen!
März Mai
Foto: LSB NRW/Andrea Bowinkelmann
April Juni
Gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes (KJP)
Februar
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IMPRESSUM
Januar
Foto: LSB NRW/Andrea Bowinkelmann
Dezember
• Bewegung und Gesundheit – Eltern erfahren WisAuch die Übungsleiter/-innen empfinden das Sportsenswertes über die Bedeutung von Bewegung für karussell als durchweg positiv. Da das Sportkarussell die Gesundheit und ein lebenslanges Sporttreiben im zum größten Teil durch Verein. Hauptamtlichkeit organisiert wird, fällt für den • Sportvereine arbeiten Übungsleiter nur seine zusammen – nicht nur eigene Stundenvorbereiein Verein profitiert von tung als Arbeit an. Auch der Kooperation, sondern die frühzeitige und flexible gleich mehrere Vereine Einteilung im Jahresverlauf haben die Chance, Kinder ist für die Übungsleiter/-inund Eltern für ihre Sportnen von Vorteil, da so auf art und damit auch ihren Semesterferien, Urlaube, Verein zu begeistern! Wettkämpfe, etc. Rücksicht • Absehbares Sportangenommen werden kann. Vereine stellen ihre Sportangebote vor gebot - der Sportverein Die Eltern sind besonders muss nur für sechs Wovon der Vielfältigkeit des Programms begeistert und chen eine/-n Übungsleiter/-in oder Trainer /-in bebegrüßen, dass ihre Kinder viele Sportarten kennenlerreitstellen und hat frühzeitig Planungssicherheit. Wer nen können. Durch die Flyer und die Schule sind alle mehr Zeit hat, kann an einer weiteren Schule einen Eltern gut informiert und lernen bei der Halbzeit- als Sportblock übernehmen! auch Abschlussveranstaltung die beteiligten Sportver• Vernetzung in der Kommune – durch die Zusameine kennen. menarbeit entsteht ein enger und kontinuierlicher Die Schulen sehen im Sportkarussell den Vorteil, dass Austausch aller Beteiligten. Vereine, Schule, KSB/SSB die Sportart alle sechs Wochen wechselt und so die und Stadtverwaltung finden auch in anderen Projekten Motivation bei den Kindern besonders hoch bleibt. schnell zueinander! Auch sehen die Schulen die Möglichkeiten, sich selbst • Vernetzung im Kreis – die Sportjugend und Sportzu profilieren, um so für Bewegungsfreude zu werben, fachverbände arbeiten eng zusammen, können weiteaber auch die Gesundheitsförderung zu stärken und an re Vereine im Kreisgebiet für das Modell gewinnen und die Eltern weiter zu tragen. sich deutlich als Bildungspartner und Dienstleister für Sowohl für die Sportvereine, als auch für den Kreisdie Vereine positionieren! sportbund als Organisator entstehen durch das SportPhilipp Topp karussell viele Vorteile. Durch die enge und vor allem
Abschlussfest am Schuljahresende
Redaktion: Ute Barthel, Gisela Nüssler Herausgeber: Deutsche Sportjugend im DOSB e.V. V.i.S.d.P.: Ingo Weiss www.dsj.de @dsj4sport www.facebook.com/deutschesportjugend
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