i m D e u t s c h e n O l y m p i s c h e n S p o r t b u n d e. V.
Kinderwelt ist
Bewegungswelt
Grundlegende Standards einer
bewegungsfreundlichen Kindertagesstätte Positionspapier 2
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Po s i t i o n s p a p i e r 2 - Gr u n d l e g e n d e St a n d a r t s e i n e r b e w e g u n g s f re u n d l i c h e n K i n d e r t a g e s s t ä t t e
Orientierungsrahmen “Kinderwelt ist Bewegungswelt”
Kinderwelt ist
Bewegungswelt
Die Deutsche Sportjugend (dsj) hat im Juni 2007 in ihrem Orientierungsrahmen “Kinderwelt ist Bewegungswelt” das Grundverständnis ihrer Arbeit dokumentiert und die Ausrichtung künftiger Handlungsrichtungen und -aufgaben begründet.
Grundlegende Wegweiser sind: ■ die Bedeutsamkeit der Bewegung und des Spiels aus verschiedenen Perspektiven für Kinder zu erkennen (beispielsweise im Sinne einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung und einer Ressourcenentfaltung sowie für das Erschließen einer Bewegungskultur), ■ die Sicherung einer Bewegungs-Raum-Infrastruktur und einer nachhaltigen Lobbybildung für eine Kinderwelt als Bewegungswelt, die auf eine öffentliche Verantwortung angewiesen ist, zu realisieren und ■ Kinderwelten als Bewegungswelten zu verbessern, aufzubauen, zurück zu gewinnen und in einem gemeinsamen Netzwerk zu sichern. Zentrale Netzwerkpartner im Vorschulbereich sind Kindertagesstätten und regelmäßige Kinderbetreuungsangebote als erste Erziehungs- und Bildungsinstitutionen.
Orientierungsrahmen zur Bewegungserziehung im Elementarbereich Im “Orientierungsrahmen zur Bewegungserziehung im Elementarbereich” vom Januar 2004 hat die dsj bereits Erwartungen und Forderungen formuliert und ihre unterstützenden Selbstverpflichtungen dokumentiert. Sie bezieht sich dabei auch auf die langjährigen Erfahrungen aus vorangegangenen Initiativen wie Sport im Elementarbereich. Die dsj verpflichtet sich, gemeinsam mit ihren Mitgliedsorganisationen, auch weiterhin die aktuelle Diskussion im Erziehungs- und Bildungssektor, insbesondere im Kleinkind und Vorschulalter, konstruktiv zu begleiten und mit ihren Möglichkeiten zu unterstützen. Die dsj und ihre Mitgliedsorganisationen treten nicht in Konkurrenz zur ersten Erziehungs- und Bildungsinstanz Kindertagesstätte, sondern wollen sie ergänzen! Unter Berücksichtigung der eigenständigen Ziele und Aufgaben der Kindertagesstätten sind bewegungsfachliche Vorhaben aufeinander zu beziehen, um Synergien zu nutzen. Aus den im Orientierungsrahmen beschriebenen Erwartungen, Forderungen und Selbstverpflichtungen begründet die dsj ihre Vorstellung einer bewegungsfreudigen Kindertagesstätte. Möglichst alle Einrichtungen sollen bewegungsfreudig sein. Die Kindertagesstätten sollen sich als lebendige Organisationen verstehen, die ihre bewegungsfreudigen Absichten in einem kontinuierlichen Prozess bewegen, sichern und aktualisieren. Lebendige Organisationen folgen der Leitidee “Mehr Bewegung für Kinder zu realisieren”, die sich auf zwei Wegen entfaltet:
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Mehr Bewegung für Kinder realisieren - die zwei Wege ■ Kinder stärken, d.h. sie beispielsweise ermuntern und unterstützen bei der Hinführung zur Bewegung und Entwicklungsförderung durch Bewegung, damit sie zu einem bewegungsfreudigen Alltag und zum lebenslangen Bewegen, Spiel und Sporttreiben finden bzw. in ihrem familiären Setting und Wohnumfeld selbst zum Impulsgeber für mehr Bewegung werden können. ■ Erwachsene (Erziehende wie Erzieher/-innen und Eltern) stärken, damit sie sich als Schlüssel der kindlichen Bewegungsentwicklung sowie als lern- und lebensbegleitende Basis für Kinder erkennen und ihnen so ein lern- und entwicklungsförderliches Bewegungsmilieu bieten. Die dsj ermuntert alle Kindertagesstätten, sich auf den Weg zu einer bewegungsfreudigen Kindertagesstätte zu begeben. Sie bietet dabei über ihre Mitgliedsorganisationen eine begleitende konstruktive Unterstützung an.
Für die dsj gelten folgende Standards für eine bewegungsfreudige Kindertagesstätte:
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Bewegung ist ein wegweisendes pädagogisches Prinzip in der Kindertagesstätte In der Kindertagesstätte ist Bewegung ein wegweisendes pädagogisches Prinzip und entfaltet sich insbesondere an der: ■ Entwicklung der individuellen Persönlichkeit und des Lebenssinns, der Situationsorientierung, ■ Berücksichtigung spontaner kindlicher Bewegungsbedürfnisse, der Ganzheitlichkeit, ■ Förderung sozialer, emotionaler und kognitiver Prozesse, der Offenheit, ■ Möglichkeit kindlicher partizipierender Teilnahme und Mitbestimmung, der Freiwilligkeit, ■ Möglichkeit kindlicher Entscheidungsfreiheit und Selbstständigkeit, der methodischen Umsetzung, ■ angeleiteten oder offenen Bewegungsgelegenheit, der lerngerechten Rhythmisierung, ■ Belastung und Pause.
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Im Bildungsprofil der Kindertagesstätte wird ein besonderer Akzent auf die Bewegungserziehung gelegt Die Kindertagesstätte hat ein Qualitätsbild, in dem Werte, Haltungen und Standards festgelegt sind, an denen sich die Erziehungs- und Bildungsrichtungen und -akzente, die Entwicklung und Evaluation ausrichten. Das Qualitätsbild ist die Grundlage für ein internes Bildungsprofil der Kindertagesstätte. Es legt die gemeinsamen Ziele und Regelungen fest. Im Profil der Kindertagesstätte wird ein besonderer Akzent auf die Bewegungserziehung gelegt. Es wird eine Profilbildung “Bewegung” vorgenommen, d.h. die Verabredung, dass die Bewegungserziehung als grundlegendes Prinzip das pädagogische Konzept trägt. Das Konzept akzentuiert eine bewegungsfreundliche Lern- und Lebensgestaltung und -entfaltung des Kindertagesstättenlebens. Bewegung wird hier auch als überfachliches Gesamtanliegen gesehen und ist ein bedeutsamer integraler Bestandteil. Dieses bedeutet das Sammeln von kindgerechten (alters- und entwicklungsgemäßen) Bewegungsund Körpererfahrungen, von psycho-emotionalen und sozialen Erfahrungen sowie die Schulung der Material- und Sinneswahrnehmung bei Bewegungsangeboten. Hierzu zählen die kindliche Mitbestimmung, Selbstentfaltungsmöglichkeiten und individuelle Förderungen, Bewegungsgarantien bei jedem Wetter, Bewegung als integraler Bestandteil aller weiteren Bildungsbereiche, sowohl themenbezogene als auch methodenbezogene Bewegungsherausforderungen und infrastrukturelle offene und geschlossene Bewegungsanlässe an verschiedenen Orten. Der kindlichen Bedürfnisverschiedenheit und den unterschiedlichen Voraussetzungskompetenzen der Jungen und Mädchen wird dabei Rechnung getragen. Bewegungsförderung ist immer auch eine aktive Gesundheitsförderung.
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Es herrscht eine bewegungsfreudige, gesundheitsfördernde Atmosphäre In der Kindertagesstätte herrscht ein Klima, das allen Akteuren gerecht wird, d.h. es bietet eine freundliche Atmosphäre, motivierende Lern-, Lebens- und Arbeitsbedingungen und einen bewegungsförderlichen Rahmen, der gesundheitsförderlich und sicher ist. Im Qualitätsbild der Kindertagesstätte sind die Werte und Haltungen festgelegt. Eine bewegungsfreudige und gesunde Kindertagesstätte wird nicht primär durch Strukturen und Mittel optimiert, sondern sie lebt vielmehr von einer wertschätzenden Grundhaltung ihrer Akteure, der Erziehenden untereinander, der Kinder untereinander und der Erziehenden und Kinder untereinander und von der Wertschätzung weiterer Partner der Kindertagesstätte.
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Ein besonderer Akzent wird auf die Zusammenarbeit mit den Eltern gelegt Die Kindertagesstätte pflegt mit den Eltern einen regen Informationsaustausch, fördert die Kommunikation durch gezielte Aktionen wie “Bewegungsspiele”, “bewegte Pausen”, aber auch “multikulturelle Kochveranstaltungen” und unterhält ein Beratungsangebot. Sie verpflichtet sich, mindestens einmal jährlich einen Elternabend mit dem Hauptthema “Bewegung” durchzuführen.
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Es gibt ein verlässliches, nachhaltiges, tägliches Bewegungsangebot In der Kindertagesstätte stehen allen Kindern täglich mindestens 45 Minuten strukturierte und angeleitete Bewegungsangebote und -gelegenheiten und mindestens 45 Minuten offene Bewegungsanlässe sowohl drinnen als auch draußen zur Verfügung.
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Es stehen multifunktionale Gruppenräume und ein gesonderter Bewegungsraum zur Verfügung Die Kindertagesstätte bietet den Kindern bewegungsfreundliche, ergonomisch gestaltbare Gruppenräume, die multifunktional, auch für Bewegung und Wahrnehmungsanlässe, leicht veränderbar und nutzbar sind. Ein großer Bewegungs-Mehrzweckraum steht allen Kindern der Einrichtung zur Verfügung, der vielfältige Bewegungsformen, z.B. Förderung aller Sinne, von Fähigkeiten und Fertigkeiten und selbstständiges Experimentieren in Bewegungsbaustellen und Stationen erlaubt. Eine sichere, saubere und kindgemäße Geräteausstattung und Materiallagerung besteht.
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Es steht ein bewegungs- und erfahrungsfreundliches Außengelände zur Verfügung Die Kindertagesstätte verfügt über ein gestaltetes bewegungs- und erfahrungsfreundliches Außengelände im nahen Umfeld, das ausreichende, selbst zu gestaltende Herausforderungen bietet und nachdrücklich die Bewegungskompetenz von Kindern fördert. Das Gelände sollte naturnah angelegt sein und verschiedene Zonen/Bereiche, z.B. Rückzugsräume, Bau- und Experimentierbereiche, Kommunikationsnischen und bewegungsaktive Bereiche, ausweisen. Die Qualität eines Außengeländes zeigt sich beispielsweise an der Nutzbarkeit bei jedem Wetter (z.B. Bodenbeschaffenheit).
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Es stehen kindgerechte Bewegungsgeräte sowie bewegungsund wahrnehmungsanregende Materialien zur Verfügung Die Kindertagesstätte verfügt über ausreichende kindgerechte (altersadäquate und erfahrungsorientierte) Bewegungsgeräte und über eine bewegungs- und wahrnehmungsanregende Materialausstattung. Eine angemessene und sichere Material-Aufbewahrung ist gewährleistet.
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Po s i t i o n s p a p i e r 2 - Gr u n d l e g e n d e St a n d a r t s e i n e r b e w e g u n g s f re u n d l i c h e n K i n d e r t a g e s s t ä t t e
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Erzieherinnen und Erzieher verfügen über ausreichende Kompetenzen und erhalten grundlegende Kenntnisse einer kindgerechten “Bewegungserziehung” Die Leitung der Kindertagesstätte und mindestens eine Gruppenleitung pro Kindergruppe verfügen über eine Ausbildung “Übungsleiter C Breitensport Profil Kinder/Jugendliche (DOSB 1. Lizenzstufe)” oder eine vergleichbare Ausbildung “Bewegungserziehung”. Die Qualifikation wird regelmäßig (alle vier Jahre) durch Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen aktualisiert. Darüber hinaus holt sich die Kindertagesstätte externe Unterstützungsangebote zum Erhalt ihrer Qualität, z.B. für interne Fortbildungen. In diesem Zusammenhang wird als selbstverständlich erachtet, dass die Kindertagesstätte ihr Programm und Profil stets evaluiert und fortschreibt und für einen fortlaufenden, systematischen Prozess der Qualitätssicherung und -entwicklung sorgt.
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Erzieherinnen und Erzieher kooperieren mit Sportvereinen zur Sicherung einer umfassenden Alltagsmotorik Die Kindertagesstätte kooperiert mit ansässigen Sportvereinen/Sportorganisationen, um ihren Kindern ein umfangreiches, kindgerechtes Bewegungs-Entwicklungsangebot zu bieten. Dazu gehört auch die Nutzung von Sportstätten der Sportorganisationen. Nur im Verbund können Synergien genutzt und Ressourcen ausgeschöpft werden, um eine Kinderwelt als Bewegungswelt zu sichern und Jungen und Mädchen ausreichende Bewegungsmöglichkeiten zu bieten.
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