BIANCO Alpine Lifestyle Magazine Summer 2011

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BIANCO SOMMER 2011

EDITORIAL

LEBEN MIT DEM BERG Liebe Alpenbewohner, liebe Zeitreisende im Alpenraum «Die Alpen», meinte der amerikanische Skirennfahrer Bode Miller, als wir ihn im Früjahr auf der Lenzerheide trafen, «verkörpern für mich Geborgenheit und Geschichte.» Man spüre hier, dass alles einen Ursprung habe und eine über Jahrhunderte gewachsene Tradition. Hier sei alles kondensiert. Was weiter als ein paar Kilometer weg sei, werde fast als Bedrohung empfunden. Paradoxerweise gebe ihm genau das Sicherheit. Die Widersprüchlichkeit lasse Platz für neue Widersprüche. Nicht wie in Amerika, wo man von den in den Tiefebenen gelegenen Städten viele Stunden hinauf in die Berge fahre und sich diese dann gedanklich nach den eigenen Bedürfnissen zurechtlege. Spannend, dass einer vom anderen Kontinent, dieselbe Erfahrung gemacht hat wie wir. Vielleicht ist es auch nur die innere Verbundenheit und das Verständnis eines Berglers für die Bergwelt und die Welt der Bergler, wenn Bode Miller vom «Respekt vor dem Berg» spricht, dem man zwar einen gewissen Komfort abtrotzen könne, aber niemals verständnislos begegnen dürfe. Denn, so meinte der Amerikaner philosophisch: «Man findet den richtigen Zugang zur Natur nur, wenn man darin nichts Überhöhtes sucht, sondern ganz einfach mittendrin lebt und sich dabei nicht so wichtig nimmt.»

COVER Christof R. Schmidt Neuentdeckung des Matterhorns, vergleiche Artikel Seite 36

Besser können wir das auch nicht sagen. Wir wünschen Ihnen spannende Alpenlektüre mit frisch herausgepickten Geschichten zwischen Wien und Monaco – aber immer deutlich über Normalnull.

Philipp Bitzer und Dario Cantoni BIANCO Chefredaktion

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content

BIANCO SOMMER 2011

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Content Sommer 2011 MAGAZINE 006 sensor Sommer 2011 018

CUISINE

Pesce di Lago

022 CUISINE Mauro Buffo Kochen wie Frank Zappa 028

Living

Maximal reduziert

Eine Alph端tte f端r Puristen

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PORTRAIT

Martin Brunner: Schmuckdesigner und Bergler

036

LANDSCAPE

Fotos von Christof R. Schmidt

044

INTERVIEW

048

REPORT

Snowboard the Streets

Querdenker Neuentdeckung des Matterhorns

Bode Miller Zero Compromise

Asphalt Heroes

056 LIVING Schlicht alpin

Wohnen in Klosters

060 SPOTLIGHTS

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Zeitlos, Der bessere Supermarkt, Alpaufzug im Toggenburg

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REPORT

Ein Duft f端r die Welt

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PORTRAIT Unter Strom Giovanni Leonardi, CEO von Alpiq

070

ART

Michel Comte und sein Faible für die Berge

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PORTRAIT

Die ladinische Band Ganes

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ART

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FASHION

090

NATURE

096

ART

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TRAVEL

Swiss Historic Hotels

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MOBILITY

Mit Classic Cars über Alpenpässe

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PORTRAIT

Der vergessene Superstar

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GUIDE Hotels, Restaurants & Shopping

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Rund um Gstaad Zauberhafte Stimmen

+ 1000 m

Fotografie in den Begen

Chip & Pitch mit Anoush und Aimée Flächenbrand

Gipfeltreffen

mit Lois Hechenblaikner

Geschichte (er)leben Easy Rider John Lemm

120 AGENDA Bergsommer x 7 124 contributors Zwischensaison

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BIANCO E NERO

Comix von Andrea Caprez und Christoph Schuler

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kolumne

Das letzte Wort von Stefan Bühler Sommer 2011

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SOMMER 2011

Sensor Sommer 2011

DESIGN

PLAKATHITS

MARKE ST. MORITZ Sie passen an jede Chalet-Wand und in jedes Stadtbüro: Alte Touristikplakate von Alpenorten sind gefragt wie nie. St.Moritz hat bereits sehr früh die

AC C E S S O I R E S

Werbewirkung von Plakaten erkannt und Topkünstler

Jubiläums

für seine Werbung angeheuert. Der örtliche Kur- und

kollektion

Verkehrsverein hat mittlerweile Dutzende nostalgische Plakate an Lager, die er in die ganze Welt verkauft. Ganz frisch sind die Poster auch im neuen Onlineshop auf stmoritz.ch erhältlich – als preiswerte Poster oder als hochwertige, gerahmte Reproduktionen. (fa)

Auf stolze 160 Jahre Handwerkskunst in Sachen Schuhe und Luxuslederwaren darf Bally heuer zurückblicken. Nicht schlecht – vor allem, weil die neusten Kreationen ausser der zeitlosen Stilsicher-

www.stmoritz.ch

heit so gar nichts Verstaubtes an sich haben. (pk)

www.bally.com

AC C E S S O I R E S

SIGG OUTDOOR Die bunten SIGG-Bottles aus Alu kennt jeder. Im Öko-Test wurde die Travellerflasche kürzlich gar als beste ausgezeichnet. Nun trumpft das Schweizer Traditionsunternehmen mit einer neuen Outdoor-Kollektion auf: stylische Lunchboxen mit farblich abgestimmten klassischen AluFlaschen, Thermo-Bottles sowie ein Besteckset aus Edelstahl. Dieses besteht aus einem Messer, einer Gabel mit integriertem Flaschenöffner sowie einem Löffel und lässt sich auf die Grösse eines Taschenmessers zusammenklappen. Die eloxierten Alu-Boxen bieten genug Platz für Obst, Gemüse, Wurst, Käse und alles, was zu einem Picknick gehört. Und sie sorgen für langanhaltende Frische. Die kultigen Produkte sind leicht, langlebig und in einer farbenfrohen Palette vom mädchenhaften Pink bis zum schlichten Silber zu haben. (dc)

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www.sigg.com

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LIVING

WILDWECHSEL

Springende Hirsche und rankende Blüten sind ein

FA S H I O N

geschnitzten Holzstempeln auf schweres Leinen gedruckt.

ALP APPEAL

Noch heute bezaubern die zeitlos harmonischen Kompositionen

Sex-Appeal bezeichnet die erotische Anziehungskraft zwischen den

Markenzeichen der Traditionsfirma JORDIS in Salzburg. Die erfolgreichen Designs wurden bereits vor 300 Jahren mit

und verleihen selbst modern eingerichteten Räumen alpine Behaglichkeit zwischen Tradition und Zeitgeist. (dc)

Geschlechtern. In ihrer neuen Kollektion mixen die Designer von MALOJA diese mit der Faszination der Berge: Das Resultat heisst AlpAppeal. Eine alpine Kollektion, die in der Tradition verhaftet ist, sich aber zur Modernität öffnet. Naturverbundenheit, bewährte Materia-

www.alpenweit.de

lien und althergebrachte Details kombiniert mit modernen Schnitten und Hightech. Dies funktioniert beim Gipfelstürmen ebenso wie in der suburbanen Kultur. (dc)

www.maloja.de

A RT

ALPenflug Die Alpen von oben entdecken: ein lange gehegter Plan des holländischen Fotografen Arthur Mebius. In einer alten Piper Cub aus den 1940er-Jahren flog er im Februar 2009 im Gebiet rund um das Finsteraarhorn. Entstanden ist eine Reihe fantastischer Bilder von entrückter Ästhetik. Diese sind nun als kleines, aber feines Postkartenset mit neuen Motiven aufgelegt worden. (dc)

(Vergl. auch Geschichte im BIANCO Winter 2009/10).

www.pizbube.ch

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SOMMER 2011

S P O RT S

das perfekte Bike für Alpenländer

Stöckli präsentiert: Morion, das perfekte Bike für Alpenländer. Die wichtigsten Zutaten: Ein extrem leichter Rahmen für möglichst mühelose Aufstiege, ein Federweg von 120 bis 130 mm sowie ein konisches Steuerrohr und breitere Tretlagergehäuse für hohe Steifigkeit und somit komfortable und sichere Abfahrten. (pk) www.stoeckli.ch

DESIGN

77 Special Edition

FA S H I O N

Design und Stil prägen seit Anfang Jahr die neuen 77-cl-

Skandinavische

authentisch und klar repräsentiert das kunstvolle Glasobjekt

Klassiker

die hohe Wertigkeit der beiden Mineralwasser. «Unser Ziel

Mit J. Lindberg muss sich niemand auf der

war, eine unauffällig auffällige Flasche zu entwerfen, die auf

Driving Range verstecken: Die Golfkollektion mit

einen eleganten Tisch zu Hause oder im Restaurant passt»,

dem klassischen Look und den technischen Details

erklärt der bekannte Bündner Architekt und Designer

kann sich überall sehen lassen. Das Highlight der

Valerio Olgiati. Die kultverdächtige Designflasche passt

Saison: Der funktionale Golf-Blazer für Männer –

denn auch perfekt in die gepflegte, klassische Gastronomie.

classy und ziemlich sexy. Die Golfsaison kann also

Und in Trendlokale oder stilvolle Privathaushalte und ist

ruhig beginnen! (pk)

Flaschen von Passugger und Allegra. Formvollendet,

charaktervoller Ausdruck eines bewussten Lebensstils zwischen Design und Lifestyle. (dc)

www.passugger.ch

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www.jlindeberg.com


FA S H I O n

für kleine

Damen Dass Trachten nicht von gestern sind, hat die junge Münchner Designerin Alexandra Melachrinos schon

AC C E S S O I R E S

mit früheren Couture-Kollektionen ge-

Duftnote 6

zeigt. Nun kommen auch kleine Damen zwischen 2 und 6 Jahren in den Genuss

Die Schweizer Luxushotelkette Swissôtel war auf

ihrer ausgefallenen Kreationen: Zucker-

der Suche nach einem eigenen Duft und schrieb

süsse Klassiker neu verpackt und lieblich

einen Corporate Scent aus. Erstaunlicherweise

verspielt kombiniert. (pk)

machte kein grosser Duftanbieter das Rennen, sondern eine kleine Bauerngenossenschaft aus dem Oberaargau. Mit ihrem «Duft der Schweiz» über-

www.amsel-fashion.com

zeugten sie und entwickelten den «Swissôtel Scent». Dieser fliesst unter anderem in die Produkte ein, die den Swissôtel-Gästen weltweit auf den Zimmern zur Körperpflege zur Verfügung stehen. (pb)

www.suissessences.ch www.swissotelathome.com

DESIGN

WANDER KARTEN

L I T E R AT U R E

WRITERS IN RESIDENCE 37 Autorinnen und Autoren aus dem In- und Ausland werden dieses Jahr drei Tage in einem der 37 Swiss Deluxe Hotels

Die Schweiz ist ein Wanderparadies. Die

verbringen, sich vom Hotel als Gesellschaftsbühne inspirieren

über 60’000 km einheitlich signalisierten

lassen und eine Kurzgeschichte schreiben. Mit ihrem Projekt

und gepflegten Wanderwege sind weltweit

«Writers in Residence» nimmt die Vereinigung der

einzigartig. Das Postkarten-Set «Wander-

besten Schweizer Fünfsternehäuser eine Tradition auf und

karten» von Mijoux zeigt die weiss-roten

erneuert sie. Die Liste der Literaten, die in den letzten drei

Markierungen der Wanderwege in ihrer

Jahrhunderten in den besten Schweizer Hotels gastierten,

abstrakten Ästhetik – klimaneutral auf

umfasst namhafteste Vertreter wie Voltaire, Wolfgang von

FSC-Papier gedruckt. Doch auch die hand-

Goethe, Honoré de Balzac, Victor Hugo, Leo Tolstoi, Mark

bedruckten Bierdeckel können sich sehen

Twain, Rainer Maria Rilke oder Thomas Mann. Aber auch

lassen. Mit viel Liebe zum Detail und Sorg-

die Namen der jetzt ausgewählten Autorinnen und Autoren

falt fertigt Miriam Müntener Kleinserien und Unikate, die einen unaufgeregten Charme versprühen. (dc)

kann sich sehen lassen und verspricht spannende, interessante und überraschende Texte. Die Kurzgeschichten werden im April 2012 publiziert. (dc) Nabokov in Montreux

www.mijoux.ch

www.swissdeluxehotels.com

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LIVING

Schweizer Design mit

Charakter Nur weil wir sie jeden Tag mit Füssen treten, muss das nicht heissen, dass Teppiche nicht allerhand zum geschmackvollen Wohnen beitragen können. So sehen das jedenfalls die Schweizer Designerin Rahel Felix und ihr Kreativteam. Und liefern als Beweis gleich die dritte Serie ihrer neuen Teppichkollektion. Mit dem Thema Quelle greifen sie die wellenförmigen Linien, Hochs und Tiefs, hell und dunkel

FA S H I O N

des Lichtspiels in einer sprudelnden Bergquelle auf. Jeder Teppich

Streetstyle

ist ein Unikat, handgefertigt aus ökologischer

für Skater

Leine oder Schurwolle. (pk)

Was macht eigentlich ein Snowboarder im Sommer?

www.rahelfelixdesign.com

Er skatet – oder steigt aufs Freebord. Den perfekten Style dafür liefert Adidas mit der «Originals Skate Lifestyle»Kollektion. Selbst Neider müssen zugeben: Die Adidas Originals haben in all den Jahren kein bisschen an Stil eingebüsst. Es lebe das Dreiblatt! (pk)

www.adidas.com

FOOD

BIRRIFICIO SPLUGA Das erste Brauerei Italiens war in Chiavenna am Fusse des Spluga wie dann auch das Bier hiess. Vielleicht wegen des guten Wassers und der Grotti, die als natürliche Kühlschränke fungierten. Die Anfänge der legendären Marke gehen auf das Jahr 1840 zurück, nach dem Krieg wurde die Birra Spluga dann vom Poretti-Konzern übernommen. Vor einigen Jahren liess Giandomenico Marocchi, ein junger einheimischer Braumeister,

die Biertradition des Valchiavenna neu aufleben. Unter dem Label «Birrificio Spluga» produziert er auf natürlicher Basis Bier nach der traditionellen Methode des «Slowbrewing». Dies in den Geschmacksnoten Pils, Monaco, Vienna, Bock und Weizen. Absolut einzigartig ist ein Bier auf Basis von Buchweizen mit dem Namen Tellis. Dies in Anlehnung an Teglio, den ehemaligen Hauptort des Veltlins und der eigentlichen Geburtsstätte der Pizzoccheri, die aus dem gleichen Mehl hergestellt werden. (dc) www.birrificiospluga.com

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© 2011. Digital Image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence

Geniessen Sie Hoppers «Gas», ohne an Ihre Energietitel denken zu müssen.

ZKB Private Banking ist die Kunst, Ihr Vermögen nach Ihren Zielen zu vergrössern – und dabei stets Ihre Erwartungen zu übertreffen. Mit exzellentem Know-how und höchstem Engagement ist Ihr persönlicher Betreuer in allen Belangen für Sie da. Willkommen an der Bahnhofstrasse 9 in Zürich und an ausgewählten Standorten im Wirtschaftsraum Zürich, Telefon +41 (0)44 292 24 00.

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SOMMER 2011

LIFESTYLE DESIGN

Ferien ohne Facebook

Praktischer

Ferien sind zur Erholung da. Doch immer öfter nehmen

Dieser stapelbare Hocker des italienischen Metallmöbel-

kontrapunkt

stressgeplagte Menschen ihren Laptop und ihr Handy mit in die

herstellers EMU ist das mittlerweile neuste Element der

Ferien, lesen geschäftliche Mails und sind auch in den Ferien

Kollektion «Pattern» aus der Feder von Stardesigner Arik

online. Darunter leidet die Erholung. Damit diese Leute für ein-

Levy. Alle Produkte des umbrischen Unternehmens, das

mal echte, erholsame Ferien machen können, verlost Schweiz

inzwischen zum Luxusgüterkonzern Louis Vuitton Moët

Tourismus diesen Sommer Ferien ohne Internet- und

Hennessy gehört, werden mit einem hochtechnologischen

Handyempfang – in einer abgelegenen Berghütte. Die «Ferien

Verfahren aus einzelnen Blechplatten hergestellt und pas-

ohne Facebook»-Kampagne richtet sich an Onlinejunkies und

sen als witzig-verspielter und farbiger Kontrapunkt auch

findet deshalb auch online statt – mit den zum Kult avancierten

bestens ins modern eingerichtete Chalet. (pb)

Milchbauern Sebi und Paul. Peinlich: nach drei Tagen wurde die App von Facebook abgestellt. (dc)

www.emu.it

www.ferienohneinternet.ch

AC C E S S O I R E S

Schmuck für Rebellen Lust auf etwas anderen, schwereren, rebellischeren, individuelleren Schmuck? Dann sind Sie bei der Werkstatt:München an der richtige Adresse: Starke Symbole werden hier in edle, handgefertigte Schmuckstücke aus Silber, Gold und Leder verarbeitet. In der führenden Avantgarde-Modeszene ist der Münchner Schmuckdesigner Klaus Lohmeyer längst ein Begriff. (pk) www.werkstatt-muenchen.com

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S P O RT S

Skins

Fashionable Function Ausdauersportler, die etwas auf sich halten, tragen

heute Skins. Das ist das wirklich enge Zeug, das die AC C E S S O I R E S

Muskeln gezielt und an den richtigen Stellen komprimiert, um diese

JAGDMESSER

zirkulation zu verbessern und so Ausdauer, Kraft und Regeneration zu

Sehr schön und handgefertigt sind die Gamsmesser

steigern. Und weil die Fummel gar nicht mal so schlecht aussehen, hat

aus dem Hause DENIFL. Jedes Stück ein Unikat,

neben den Muskeln hat auch das Sehorgan was davon. (pk)

optimal zu stabilisieren, deren Sauerstoffzufuhr zu erhöhen, die Blut-

jeder Griff anders. Die Messer werden seit 140 Jahren im Stubaital gefertigt. Perfekt und höchst dekorativ

www.skins.ch

zum Aufschneiden von Trockenwürsten. Entdeckt wurde das Kleinod auf www.alpenweit.de, einem Online-Shop für die alpine Lebensart. Hier findet der Schöngeist mit viel Verstand und Liebe ausgewählte Lebensmittel, Weine und Destillate sowie authentische Handwerksprodukte aus 190’000 Quadratkilometer Alpenwelt. (dc)

www.alpenweit.de

AC C E S S O I R E S

im Kreis

der Besten Der Bikerucksack «Tracer» von Vaude hat jetzt einen roten Punkt. Wieso das etwas Besonderes sein soll? Weil die heiss begehrten roten Punkte des Red Dot Awards ein weltweit anerkanntes Qualitätssiegel für Design sind und Dinge, wie den besagten Bikerucksack, in den Kreis der Besten küren. Der Bikerucksack «Tracer» ist in verschiedenen Grössen erhältlich und mit jeder Menge praktischer Features versehen. Daneben gibts in der neuen Vaude-Kollektion eine Reihe weiterer Highlights zu bestaunen: Freche Karohosen, Shirts und Hoody-Jacken, die trotz gutem Aussehen nicht auf Funktionalität verzichten, umweltfreundliche Produkte aus bluesign approved fabrics, Bio-Baumwolle und recycelten Materialien und, und, und ... (pk)

www.vaude.com

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LIVING

Schlicht & einfach Schlicht und einfach ist edel und gut. Die Möbel von ZEITRAUM sind nicht nur Möbel, sondern eine Haltung, dem Leben und den Dingen gegenüber. Das Credo der Macher: «Die Dinge, die uns begleiten, sollen Charakter haben, im Alltag bestehen können und sich wechselnden Lebenslagen anpassen. Sie sind Spiegel und Ausdruck ihrer Besitzer, sie sind Diener und Freunde. Unsere Möbel machen Eindruck, weil sie gut sind, nicht weil sie mit Schnörkel protzen. Sie fallen auf, ohne zu dominieren.» So spannend kann Einfachheit sein. Wie das Beispiel dieses Daybeds (Modell «Mellow») zeigt. (pb)

www.zeitraum-moebel.de

LIVING C U L I N A RY

GOLDENE FEE Der Studer Original Swiss Absinthe ist eines der jüngsten und zugleich ältesten Produkte der Escholzmatter Distillerie. Basierend auf einem über 120-jährigen Originalrezept, wurde der Absinth aus dem Hause Studer vor fünf Jahren «neu aufgelegt». Bereits in den Jahren 2007 und 2008 wurde er in Deutschland und der Schweiz mit Gold ausgezeichnet. Beim Absinthe Masters 2011 in

Auf den Spuren der Eames

In den Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts gelang Charles Eames erstmals der Übergang von zwei- zu dreidimensionaler Verformung von Sperrholz, was körpergerechte, organisch geformte Sitzmöbel ermöglichte, aber nie eine einteilige Sitzschale. Die Faszination für die skulpturale Ausdruckskraft dieser frühen Plywood-Prototypen ist in vielen von

London erhielt Studers Absinthe nun endgültig den «Ritterschlag»:

Alfredo Häberlis Entwürfen spürbar. Mit Jill bezieht sich

Als einziger in seiner Klasse wurde er mit dem Master-Award ausge-

der Schweizer Produktdesigner nun formal auf die damalige Zeit

zeichnet. Und für das Produktedesign gab es Gold. (dc)

und setzt diese mit Vitra auf dem neuesten Stand der PlywoodTechnologie in einer organisch geformten Sitzschale um. (pb)

www.distillery.ch www.vitra.com

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LIVING

BAGNO SASSO

Die Bündner Firma Bagno Sasso ist bekannt für Interior Design und Raumgestaltung mit Schwergewicht Bad und Wellness. In Zusammenarbeit mit international renommierten Designern entwickelt Bagno Sasso regelmässig eigenständige Produkte fürs Bad. Diese wurden mehrmals mit Preisen ausgezeichnet, wie zum Beispiel den international begehrten «Red Dot Design Award Best of the Best». Für den Mobimo Tower und die Etihad Towers, die Wahrzeichen von Zürich und Abu Dhabi, liefert die Firma Designs und exklusive Produkte. Im neuen Show Apartment in Arosa zeigt Bagno Sasso Architektur und Design für Wohnraum und Bad, darunter auch die eigene Möbellinie «Collezione Segato». Weitere Showrooms befinden sich in Landquart, Zürich und Dubai-Marina. (pb)

LIVING

Der Duft

einer Alpwiese Da sich die Gäste von Swissôtel während ihres Hotelaufenthaltes immer wieder für bestimmte Artikel begeistern, die sie auf den Zimmern antreffen, und

www.bagnosasso.ch

diese kaufen möchten, hat sich die Schweizer Luxushotelkette Anfang des Jahres zur Einrichtung eines FA S H I O N

Coolness

eigenen Online-Shops entschlossen. Das Sortiment reicht von eleganter Bettwäsche, Handtüchern oder Bademänteln, wie sie auch in allen Swissôtels verwendet werden, bis hin zu schönen

auch im Sommer

Kerzen, die angezündet den Duft einer Alpenwiese

Dass man Sorel in Sachen Winterboots nichts vormachen muss, wissen

verströmen. Dieser Duft wurde von Bauern aus dem

wir. Dass das kanadische Label auch mit Sommerschuhen ganz gut klarkommt, beweist es erst seit diesem Sommer: Die Sentry Sneakers sind 100% sommertauglich und die kreative Kombination von Noblesse,

Oberaargau hergestellt und wird auch sonst in den Hotels zur Raumbeduftung verwendet (siehe auch den Artikel dazu auf Seite 63). (pb)

Robustheit, Vintage und Frische. (pk) www.swissotelathome.com www.sorel.com

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SOMMER 2011

Alpenprosa

J ü rg B uschor

Fondation B eyeler ( H rsg. )

M oni k a Kellermann

Singletrails

SEGANTINI

GARDASEE

Die Schweiz ist ein veritables Eldorado

Anhand bedeutender Gemälde und

Trentino, Veneto, Lombardei – der kuli-

für Mountainbiker. Kaum ein zweites

Zeichnungen präsentiert die reichhal-

narische Dreiklang Norditaliens: Monika

Land ist durch ein derart dichtes Wegnetz

tige Publikation Leben und Werk des

Kellermann präsentiert kulinarische Ver-

erschlossen und bietet mehr Möglichkeiten.

vom Licht begeisterten Divisionisten

führungen der besten norditalienischen

Insbesondere die helvetischen Singletrails

und Symbolisten Giovanni Segantini

Küchenmeister und ihre Lieblingsrezepte

lassen die Herzen von Mountainbikern

(1858–1899). Sein Wunsch, das in der Höhe

der klassischen italienischen Küche,

höher schlagen, und auf der Suche nach

der Bergwelt erlebte, strahlend klare Licht

wie sie bis heute zur Freude zahlloser

den schönsten davon hat der Autor die ge-

in seine Werke zu übertragen, führte zu

Urlauber in der Region um den Gardasee

samte Schweiz durchkämmt. Aus unzäh-

einer enormen malerischen Entwicklung,

in unvergleichlichen Trattorien gelebt

ligen Touren hat er in allen Landesteilen

die in all seinen Schaffensphasen deutlich

wird. Ergänzend stellt sie regionale

seine Lieblinge zusammengestellt. Neben

wird – angefangen mit der Zeit in der

Produkte und ihre Produzenten, Weine

einigen wenigen einfacheren Routen

Lombardei in Brianza über die Bilder des

sowie Restaurants vor, die allesamt einen

richtet sich das Buch in erster Linie an die

Savogniner Bauernlebens bis hin zum

Ausflug wert sind. Abgerundet wird das

erfahrenen und ambitionierten Mountain-

Höhepunkt seiner Malerei, die durch

Buch durch ein Lexikon der wichtigsten

biker, die immer wieder neue Heraus-

die hell strahlende Engadiner Bergland-

Begriffe, Speisen und Produkte sowie

forderungen an Technik, Kondition und

schaft geprägt wurde. Wissenschaftliche

durch informatives Kartenmaterial und

Ausdauer suchen – hauptsache, die Tour

Beiträge und literarische Essays würdigen

ein umfassendes Adressverzeichnis.

führt mehrheitlich über die begehrten

Segantinis Bedeutung als Erneuerer der

Die kulinarische Vielfalt Norditaliens und

Singletrails. Neben einem kurzen beschrei-

Landschaftsmalerei und Vorbereiter der

des Gardasees, vereint in einem opulent

benden Text, begleitet von attraktiven Bil-

Moderne und geben ihm als Maler des

fotografierten und kenntnisreich ver-

dern, sind die Touren mit allen praktischen

Lichts einen neuen Platz in der inter-

fassten Bildband. 100 leicht nachvollzieh-

Angaben versehen: Anreise, detaillierte

nationalen Geschichte der Kunst.

bare, klassische und moderne Gerichte.

Streckenbeschreibung, Kartenausschnitt, Höhenprofil, Schwierigkeitsgrad und Dauer. Dies ermöglicht eine optimale Planung ohne böse Überraschungen und unfreiwillige Umwege und macht das Buch auch zum praktischen Führer. Jürg Buschor Singletrails in den Schweizer Alpen AT Verlag, März 2011 ISBN: 978-3-03800-467-7

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Fondation Beyeler (Hrsg.) Segantini Katalog zur Sonderausstellung in der Fondation Beyeler, 2011 www.artshop.beyeler.com

Einkaufstipps, Adressen, zahlreiche Insider-Informationen. Monika Kellermann Gardasee. Das Kochbuch Collection Rolf Heyne, Mai 2011 ISBN: 978-389910-493-6


J ö rg M aurer

S tephan P ö rtner ( H rsg. )

N icola F ö rg

NIEDERTRACHT

HOSENLUPF

HÜTTENGAUDI

In der Gipfelwand hoch über einem

Vom alten Zweikampf für kräftige Sennen

Kommissarin Irmi Mangold ärgert sich:

idyllischen alpenländischen Kurort findet

und Älpler hat sich das Schwingen

Warum hat sie sich nur von ihrer Nach-

die Bergwacht eine Leiche. Wie kam der

heute zu einem Hochleistungssport für

barin zu dieser albernen Schrothkur in

Mann ohne Kletterausrüstung überhaupt

durchtrainierte Athleten gewandelt. Und

Oberstaufen überreden lassen? Und dann

hierher? Kommissar Jennerwein ermit-

doch haben sich beim Schwingen und den

steht sie am Urlaubsort plötzlich vor

telt mit seinem Team zwischen Höhen-

traditionellen Schwingfesten Bräuche und

einem Toten, der ihr mehr als bekannt

angst und Almrausch, während sich die

Rituale erhalten, die eng mit der Schweizer

vorkommt: ihrem Exmann Martin

Einheimischen in düsteren Vorhersagen

Identität verbunden sind. Für die einen

Maurer ... Währenddessen hat es Kollegin

über weitere Opfer ergehen. Was hat

ist dieser Sport daher ein Stück gute alte

Kathi Reindl in Garmisch mit dem toten

derweil die merkwürdige Mückenplage

Schweiz, für die anderen eine Spielwiese

Liftmann Xaver Fischer zu tun, der zu

in Gipfelnähe zu bedeuten, warum besitzt

ewig Altgestriger! Aber was ist es wirk-

Lebzeiten im Skiklub mitmischte. Ein

ein alter Imker auf einmal viel Geld,

lich? Autoren wie Peter Bichsel, Christoph

arger Dorn im Auge war ihm die moderne

und wieso hilft ein Mafioso, ein Kind aus

Simon und Milena Moser gehen dem

Skihütte, deren Wirte er so piesackte,

Bergnot zu retten? Jennerwein hat einen

Mythos auf den Grund. In zahlreichen

dass sie schliesslich verkaufen wollten.

steilen Weg vor sich. Der neue Alpen-

Essays und Interviews kommen heutige

Zwei Mordfälle an zwei verschiedenen

krimi des erfolgreichen Krimiautors und

und frühere Schwingerkönige, Kampf-

Orten, aber beide Male dieselbe Todes-

Musikkabarettisten ist der dritte seiner

richter und Verbandsaktive zu Wort. Ein

ursache – alles nur Zufall?

Art. Bisher erschienen sind «Föhnlage»

Blick in die Geschichtsbücher fördert

Der neue Alpenkrimi der Erfolgsautorin

(2009) und «Hochsaison» (2010).

zudem zahlreiche skurrile, unterhaltsame

bereitet mit Witz, Charme, authen-

und höchst interessante Anekdoten und

tischen Protagonisten, Lokalkolorit

Fakten zutage. Illustriert wird das Buch von

und jeder Menge Leichen vergnügliche

bekannten Schweizer Comic-Künstlern

Lesestunden.

Jörg Maurer Niedertracht Fischer Verlag, April 2011 ISBN: 978-3-596-18894-9

und Illustratoren wie Noyau, Paula Troxler oder Chrigel Farner. Mit dem Buch legt der innovative, junge Verlag gleich noch ein T-Shirt auf mit dem augenzwinkernden

Nicola Förg Hüttenzauber Piper Verlag, April 2011 ISBN: 978-349226-496-9

Aufdruck: «Ich bin ein Böser!» Stephan Pörtner (Hrsg.) HOSENLUPF – Eine freche Kulturgeschichte des Schwingens Walde+Graf Verlag, 2010 ISBN 978-3-03774-017-0

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CUISINE

PESCE DI LAGO

Lago

pescE di

Juliette Chrétien, Pepe Ragazzi

Juliette Chrétien

Mit einer Fläche von 212 Quadratkilometern, 66 Kilometern Länge, bis zu 10 Kilometern Breite und 372 Meter Tiefe ist der Lago Maggiore einer der grössten Alpenseen … und auch einer der schönsten. Malerische Dörfer und Palmen säumen das tiefe Blau. Wir begleiten Walter, einen der letzten originalen Berufsfischer des Gambarogno, bei seinem Tageswerk.

Es ist 4 Uhr in der früh, als der Wecker klingelt. Die sommerliche Morgenluft ist noch frisch und duftet nach Träumen. Der Lago Maggiore liegt vor uns – still, weit, unbeweglich. Irgendwo da draussen in der tiefsten Dunkelheit wartet Walter bereits auf uns. Er ist einer der letzten echten Dorffischer des Gambarogno. Treffpunkt ist mitten im Dunkelblau des grossen und tiefen Gewässers. Walter ist ungeduldig, er kann es kaum erwarten, die Netze einzuholen, die er tags zuvor in mühevoller und leidenschaftlicher Handarbeit geflickt hat. Nach langem Suchen und Spähen in der Dunkelheit entdecken

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wir endlich die Boje, die auch Fischer Walter als Markierung zum Auffinden der am Vorabend ausgelegten Netze dient. Träfe Sprüche eines richtigen Tessiner Originals brechen die Stille, die während der Morgenstunden auf dem See regiert. Verschiedene Eimer werden bereitgestellt und die Netze zum Hochziehen vorbereitet. Die Spannung steigt. Trotz über 20-jähriger Berufserfahrung ist Walter jedesmal aufgeregt und voller Erwartung, welche Überraschungen aus den Tiefen des Verdano geborgen werden können. Heute sind die Netze voll. Agone glitzern wie in Regenbogenpapier gehüllt. Der Agone oder Maifisch ist ein typischer Fisch aus den südlichen Alpengewässern. Wenig dran, aber eignet sich bestens für das Tessiner Traditionsgericht «Pesce in Carpione» – ein in Rotwein und Essig gekochter Fisch mit Zwiebeln, Lauch, Sellerie, Karotten und vielen frischen Kräutern. Der «Pesce in Carpione» wird kalt als herrlich erfrischende Vorspeise genossen. An anderen Tagen finden sich auch Zander, Egli, Trüsche, Aale, ein kapitaler Hecht oder die leckeren Seeforellen in den kunstvoll geflochtenen Netzen.


Pesce di Lago With a surface area of 212 square kilometres, a length of 66 kilometres, a width of up to 10 kilometres and depth of 372 metres, Lago Maggiore is one of the largest Alpine lakes … and without doubt one of the most beautiful. Its deep blue waters are lined by picturesque villages and palm trees. We

Langsam schiebt sich die Sonne über den Horizont und taucht die prächtige Bergkulisse des oberen Lago Maggiore in ein zartes Rosa. Alle Fische sind aus den Netzen gelöst, sortiert und fein säuberlich in den verschiedenen Boxen und Kübeln versorgt. Walters Arbeitstag ist aber noch lange nicht vorbei – jetzt beginnt der wohl etwas weniger poetische Teil seines Alltags. Der ganze Fang muss ans Ufer gebracht und für den Verkauf im kleinen Fischladen im idyllischen Dorfkern von Vira Gambarogno vorbereitet werden. Das heisst die Fische ausnehmen, putzen, entgräten, filetieren oder auch als ganze Prachtstücke kühlen und präsentieren. Jeden Tag leiden die Netze und bekommen undichte Stellen. Diese werden von Walters geschickten Händen geflickt und für den nächsten Tag gebrauchsfertig gemacht. Erst später, wenn der Laden schliesst, doch noch bevor die Sonne untergeht, sieht man Walter wieder auf dem See: Netze auswerfen voller Erwartung, was der nächste Morgen bringen wird.

accompany Walter, one of the last original Gambarogno fishermen, as he goes about his daily work.

Die Fotos stammen aus dem Projekt «Ticino ti cucino». Die kulturelle und gastronomische Entdeckungsreise führt durch das Tessin, zu einheimischen Produzenten, stellt Gerichte und Produkte aus dem Terroir vor, erzählt Geschichten und verrät typische Rezepte. Das Buch dazu erscheint 2012 im AT Verlag.


CUISINE

PESCE DI LAGO

TROTA DI LAGO AL CARTOCCIO Seeforelle aus dem Lago Maggiore mit Pilzen, Tomaten, Oliven, Schalotten, Peperoncino und frischen mediterranen Kr채utern in Backpapier gegart. Leicht, aromatisch und super gut.


Ich liebe die Herausforderung, f端r meine Kunden stets die Extrameile zu gehen. Gerade jetzt gilt es, wieder Schwung in parkierte Verm旦gen zu bringen. Mit erstklassigen Ideen und nachhaltiger Orientierung. Wir handeln nach soliden Werten f端r Ihre

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CUISINE

MAURO BUFFO

Kochen wie Frank Zappa

Kochen

wie Frank Zappa

Dario Cantoni

Filip Zuan

Seit einem Jahr kocht Mauro Buffo im Restaurant 1500 auf dem Vigiljoch. Nach Stationen in Barcelona und New York zapft er die Quellen seiner unterschiedlichen Lebensstationen an und giesst sie in eine kulinarisch intelligente Form, die nicht nur durch den Bauch, sondern auch durch den Kopf geht. «Was bringt einen erfolgreichen New Yorker Küchenchef dazu, in die totale Abgeschiedenheit des vigilius mountain resort zu wechseln?» Mauro Buffo schmunzelt. «Ich liebe Kontraste! New York liegt auf Meereshöhe, hier kochen wir auf 1500 m ü. M., in New York leben 12 Millionen Menschen, Lana im Tal unten hat gerade mal 12’000 Einwohner, in New York fuhr ich mit der Subway zur Arbeit, hier nehme ich die Gondelbahn.» Dass der gebürtige Veroneser auf Kontraste steht, werden wir noch später erfahren, wenn er seine kulinarischen Kompositionen auftischt. «Eigentlich verdanke ich es einer Verkettung von Zufällen, dass ich hier gelandet bin.» Mauro Buffo hat in jungen Jahren eine ganze Reihe aussergewöhnlicher Stationen durchlaufen, arbeitete in bekannten Dreisternerestaurants wie etwa dem Le Calandre von Massimo Alajmo oder in Barcelona bei Ferran Adria im El Bulli.

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Nach vielfältigen Erfahrungen in Europa wagte er den Sprung über den grossen Teich, liess sich von den kulinarischen Tendenzen in New York inspirieren und entwickelte als Chef - zuletzt im Falai-Restaurant in Manhattans Lower East Side – seinen eigenen Stil. «Während ich in Europa zuerst das Handwerk erlernte und mir ein solides Fundament als Koch erarbeitete, öffnete mir New York den Geist für Neues. Die Metropole ist voller Emotionen und Leidenschaft, Kulturen treffen aufeinander und befruchten sich, alles ist offen, die Leute sind wissbegierig, und das Leben dort liefert einen unerschöpflichen Pool an Ideen und Inspirationen. Du lernst aber auch, dich durchzusetzen. Du musst es selber packen. Ich habe mich in der Zeit in New York wohl weniger als Koch, denn als Persönlichkeit entwickelt, lernte interessante Leute kennen, wurde vielseitiger und dadurch reif für meine eigene Handschrift als Küchenchef.» Die Denk- und Arbeitsweise von Mauro Buffo, seine Art zu kochen, zeugt von einer differenzierten Perspektive. Er folgt einem ganzheitlichen gastronomischen Konzept, bekennt sich zur zeitgemässen Küche. Es entstehen Gerichte, die voller Heiterkeit, Herzlichkeit, Farbenpracht, Witz und tiefgründiger Komplexität stecken, ohne jemals die Bodenhaftung zu verlieren. Den kulinarischen Reichtum der Region erweitert Buffo mit fremden Zubereitungsarten und Zitaten seiner Lehrmeister sowie der kulinarischen Fantasie eines international erfahrenen Küchenchefs. Vielleicht hat in dem Jahr auf Vigiljoch eine avantgardistische Weiterentwicklung der klassischen Südtiroler Küche stattgefunden. «Ich will niemanden beeindrucken oder Preise gewinnen», sagt Buffo. «Ich sehe mich als Suchenden, experimentiere gerne mit Geschmacksnoten, möchte mit meiner Küche Gefühle vermittlen oder auch provozieren. Ausgangspunkt



CUISINE

MAURO BUFFO

Kochen wie Frank Zappa


ist der wahre Geschmack, die Qualität der Produkte und die klassische Küche. Minimalismus gefällt mir. Das passt auch zum Vigilius. Less is more. Einfachheit kann aber auch komplex sein.» Das erinnert irgendwie an Frank Zappa. Kochen wie Frank Zappa: tiefsinnig, eigenständig, meisterhaft. Das gefällt mir. Auch die lockere Art, der verspielte Umgang in allem, der Schalk in seinen Augen. Das gesamte Küchenteam mit Carlo, Vincenzo und seiner israelischen Frau Gal ist ihm von New York gefolgt. Auch das will etwas heissen. Er fühlt sich wohl hier. Ulrich Ladurner, Besitzer, Unternehmer und Pionier in der Produktion von glutenfreien Nahrungsmitteln, ist ein Guter. Seine Ansichten sind fundiert, er weiss, wo er hin will und lässt den nötigen Spielraum. «Die Saisonalität und das Terroir sind wichtig», sagt er. «Wenn alles immer verfügbar ist, wird es langweilig, auch wenn immer nur das Erwartete eintrifft.» Das zeugt von Geist. Mit der Kochkunst von Mauro Buffo ist es ihm gelungen, den Esprit des vigilius moutain resort, die Authentizität des besonderen Ortes in inspirierender und abwechslungsreicher Weise zu bereichern. Es wird zu Tisch gebeten. Kulinarische Reise «Vom Vigiljoch in die Lagunenstadt», begleitet von ausgesuchten Weinen aus der Region. Das Menü beginnt auf 2300 Metern mit einer Latschenkiefergranita, schwimmt dann als marinierte Bachforelle mit Granny Smith, Rotkohl und Espuma von der Gurke den Bergbach runter und kommt als Kartoffelgnocchi mit Bärlauch, Wildragout und Ferrarisauce im Talgrund an. Zehn Punkte für die Gnocchi. Buffos Heimatort Verona ehrt das zur Hochform auflaufende Küchenteam mit Kalbsfilet und Spargel, Morcheln (eigenhändig gesammelt) an Marsala und Ziegenkäsekrokette mit Kamille. Das Dessert ist eine Referenz an die alte Handelsstadt Venedig: Bonbon von Trockenfürchten und leicht gesalzener Toffee Coffee. Süsssalziger Kontrast. Mauros Küche spricht nicht nur den Gaumen, sondern auch den Geist an. Man könnte fast von einer kulinarisch intelligenten Form des Genusses sprechen. Ein weiterer Beweis lässt nicht lange auf sich warten. Am nächsten Abend kosten wir «Mauro’s Favorites». Mille Feuille mit Austern und Avocado. Für einmal nicht die süsse Pampe. Tiefgrüner Petersilienrisotto mit Bourguignonne-Schnecken, Lammcôtelette umhüllt von Lardo und Schwarze-Oliven-Pâte, Selleriepüree und HonigLavendel-Sauce. Bravo! Dann Zwischengang und Offenbarung: Mauro Buffos IngwerMargarita – bevor die Komposition aus süssen Früchten und Gemüse mit Holderblüteneis und Rote-Beete-Baiser zur Diskussion führt, ob die Tomate nun eigentlich ein Gemüse oder eine Frucht ist. «Der Liebesapfel ist ein Nachtschattengewächs», lassen wir uns belehren, «und damit eng mit der Kartoffel und der Tollkirsche verwandt.» Die Früchte dieses Gemüses sind demnach Beeren. Oder wie Frank Zappa schon sagte: «Ohne Abweichung von der Norm ist Fortschritt nicht möglich.»

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CUISINE

MAURO BUFFO

Kochen wie Frank Zappa

Mauro Buffo: Cooking like Frank Zappa Mauro Buffo has been chef at the Restaurant 1500 on the Vigiljoch for a year. He taps into the various stages of his life and pours them into an intelligent culinary shape, which passes not only through the stomach but also through the head. In his younger years, he ran through a whole row of unusual posts, working in well-known three-star restaurants such as the Le Calandre of Massimo Alajmo and with Ferran Adria at the El Bulli in Barcelona. He then took the plunge and ventured across the big pond, took inspiration from the culinary trends in New York and developed his own style as a chef – lastly in the Falain Restaurant in Manhattan’s Lower East Side. «I enjoy experimenting with aromas and flavours and like to convey or even provoke emotion with my cuisine. The starting point is the authentic taste, the quality of the products and classic cooking. I like mini-malism. It also suits Vigilius. Less is more. But simplicity can also be complex», says the man from Verona. And somehow this sounds like Frank Zappa.

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Golf ambassador Camilo villeGas


LIVING

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MAXIMAL REDUZIERT

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Eine Alph端tte f端r Puristen


maximal reduziert eine alphütte für puristen Philipp Bitzer

Romeo Polcan

Kurt Alexander Engelhorn hat sich auf einem Hochplateau im Oberengadin seinen ganz persönlichen Traum erfüllt. In einer absolut puristischen Alphütte findet der 63-Jährige den perfekten Ausgleich zum nervenaufreibenden Alltag als millIionenschwerer Finanzfachmann.

Wo früher das heu eingelagert wurde, wird heute gelebt. IN ABSOLUTER SCHLICHTHEIT.

Wir schreiben das Jahr 1899. Winter ists. Das wenige, was der karge Boden hergegeben hat, geht viel zu schnell zur Neige. Das Wasser ist eiskalt und muss zuerst aus dem Brunnen geholt und ins Haus geschleppt werden. Die Mutter erhitzt es über dem grossen Herdfeuer. Ein warmes Bad im Zuber ist, würde man das Wort bereits kennen, absoluter Luxus und wird höchstens alle paar Wochen genommen. Elektrifiziert sind im Engadin zu dieser Zeit nur die wenigsten Gebäude, weit unten im Tal in den grossen Dörfern. Die staatlichen Repräsentationsbauten. Und natürlich die grossen Hotelkomplexe, wo die reichen Engländer absteigen, die sich alle Schaltjahre mal hierher verirren. Als Behausung dient eine wacklige Hütte und schützt vor den Launen der gewaltigen Natur, beleuchtet wird drinnen mit Kerzen, deren Flammen nicht nur flackern, wenn die Tür aufgeht und zusammen mit dem Vater gleich auch ein Schneevorhang ins Haus fällt. Der Biswind pfeift auch so durch alle Ritzen. Die Kinder kauern sich unter einer Decke zusammen. Richtig warm ists nur in Herdnähe und dort, wo die Kühe dampfen. Die Wahl ist nicht einfach. Gefahr oder Gestank? Nein, das Leben war kein Schleck vor hundert Jahren, und hier oben, in dieser Einöde aus Schnee und Fels, schon gar nicht.

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LIVING

MAXIMAL REDUZIERT

Eine Alphütte für Puristen

Ein Einfacher Blockbau. Mit Ritzen und Öffnungen. beim umbau wurde nur das nötigste gemacht, um den Geist des gemäuers möglichst unangetastet zu lassen.

Trotzdem möchte Kurt Alexander Engelhorn genau so leben. Zumindest für ein paar Tage, wenn es ihn wieder einmal, in lezter Zeit auch etwas öfter, ins Oberengadin verschlägt. Engelhorn liebt sie, seine Hütte, fährt hinauf in seinem Hafliger – mit Spezialbewilligung, grüsst lässig mit der Hand seine Nachbarn, die hier oben noch bauern. Wenn er oben anegekommen ist, liest er. Oder kocht. Bekocht seine Familie, die oft nachkommt, da sie weiss, dass er hier oben gerne alleine ist. Deshalb stapft er auf seinen Schneeschuhen von Sils her auch schon mal im Winter hier rauf, weil es dann keine Wanderer hat, versinkt einmal bis zu den Schultern in einer Schneewehe, denkt, sein letztes Stündlein hat geschlagen, bis er sich, klatschnass vor Schweiss und Anstrengung, befreien kann aus dieser prekären, ja lebensbedrohlichen Situation. Und macht es trotzdem wieder, alleine hier hochkommen, bei jedem Wetter. Jeweils zwei Nächte braucht er, um wieder das Gefühl von zu Hause zu erleben. Dieses Gefühl, richtig angekommen zu sein in dieser anderen Welt. Wenn ihm das Einfache seinen ureigenen Sinn erschliesst, und das Komplizierte seine Schatten verliert. Der 63-Jährige hat schon vieles gesehen in seinem Leben. Mit seinem Segelschiff umschippert er die Welt. Immer wieder. Etappe um Etappe. Land um Land. Kontinent um

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Die klause ist nicht ganz ohne komfort: die badewanne beispielsweise und der ofen zeugen von höchster qualität. Und wer doch einmal frieren sollte, hüllt sich in einen pelzmantel.

Kontinent. Und er kennt auch die mondänen Treffpunkte des internationalen Jetsets. Um schnell wieder daraus zu flüchten, in einfachere Gefilde, denn er hat rasch genug von den fünf-, sechs- und siebensternigen Hotelanlagen und Resorts, die auf der ganzen Welt für die Superreichen aus dem Boden geschossen sind. Denn obwohl auch er zu denen gehört, die auf der ForbesListe der reichsten Menschen stehen, weiss er nie so recht, ob er sich davon angezogen oder abgestossen fühlen soll. Kurt Alexander Engelhorn entstammt einer der reichsten Familien Deutschlands. Seine Vorfahren waren die Gründer von BASF. Und die Lenker von Boehringer Mannheim. Und deren Verkauf an die Roche hat die Familie Ende der 1970er-Jahre nicht nur reich, sondern auch berühmt gemacht. Durch die Klatschhefte wird sie gereicht, der junge Engelhorn zieht mit seiner Frau weg aus Deutschland, nimmt Wohnsitz im steuergünstigen Zug, wo die vier Töchter aufwachsen und Engelhorn

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LIVING

MAXIMAL REDUZIERT

Eine Alphütte für Puristen

Auch in der puristischsten hütte dürfen persönliche gegenstände und liebhabereien nicht fehlen. Der Köcher zeigt, dass der hausherr ein passionierter bogenschütze ist. Und auch der gekonnte mix aus alt und neu zeugt von einer offenen geisteshaltung.

noch heute einen kleinen, aber feinen Hausteil in der Vorstadt besitzt. Und auch dieser ist in seiner Art puritanisch. Wie alles, was Engelhorn in letzter Zeit angefasst hat an Bauten. Das La Rösa im Puschlav, das Lej da Staz zwischen St. Moritz und Pontresina, das Rough Luxe Hotel in London. Die grosse Finca, welche die Familie in Spanien im Raum Gerona besitzt. Doch hier oben in der Hütte hat sich alles kondensiert. Einfacher geht es fast nicht. Und doch möchte es Engelhorn noch einfacher haben. Reduced to the max, sozusagen. Auf dass das Nichts den Sinn des Lebens erschliesst.

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As in bygone days Kurt Alexander Engelhorn is fascinated by domestic life in the mountains as it existed 100 years ago. He also wants to live and experience such simplicity and clarity in his own dwelling. The 63-year-old multimillionaire has fulfilled a very personal dream in his explicitly puristic alp hut on a high plateau in the Upper Engadin, and finds the perfect balance to his nerve-jangling daily routine as a finance expert.


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Portrait

QUERDENKER

Martin Brunner

QUER DENKER Annette Marti

Erich Häsler

Schmuckdesigner Martin Brunner ist ein Exot in der Kitsch-Welt Interlakens. Trotzdem geniesst seine kleine Bude Kultstatus. Und dies, obwohl Brunner lieber Bergführer als Künstler geworden wäre. Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Laden. Er gehört nicht dahin. Ein Querschläger in einer Welt von Kuckucksuhren und Schweizer Sackmesser. Die Zeitzone 35 in Interlaken ist die Werkstatt von Kunstschmied Martin Brunner. Hier stehen Schmuckstücke zum Verkauf, für die sich die Szene im Zürcher Kreis 5 die Füsse wund treten würde. Und doch kann dieser Laden nirgends anders sein als in Interlaken, im Herzen der Berner Oberländer Bergwelt. Martin Brunner ist in den Bergen aufgewachsen, in Innertkirchen, zwischen Susten- und Grimselpass. Klettern und Bergsteigen gehören seit je zu seinen liebsten Tätigkeiten. Aus rein praktischen Gründen dürfen die Berge nicht zu weit weg liegen, damit es vor der Arbeit noch für eine Skitour reicht. In der alpinen Welt holt sich Brunner auch die Inspiration und noch viel wichtiger, die innere Ruhe und die Gewissheit, «nicht vom Weg abzukommen.»

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Die Zeitzone 35 ist ein stollenförmig angeordnetes Raumsystem – eine ehemalige Schlachterei – über das man etappenweise ins Schaffen von Martin Brunner vordringen kann. Zuvorderst, mit Blick zur Strasse hin, liegen Showraum und Werkstatt. Hier spielen die eigenwilligen Schmuckstücke die Hauptrolle. Sie sind von einer schlichten, rohen Schönheit. Dann kommt als sanfter Gegenpol das Nähatelier von Christa Bähler. Vorbei an schönen Stoffen und eleganten Schnitten geht es weiter hinein ins Ladeninnere, wo die Fundstücke lagern. Alles Mögliche schleppt Brunner aus den Bergen zurück in die Werkstatt: Steine, Schwemmholz, Teile von alten Maschinen, Geweihe, Hörner oder ein rostiges Velo. Diese Dinge stehen hier dicht beieinander und werden mit der Zeit zu Skulpturen oder Möbeln.

Design- und Schmuckmessen sind ihm ein Gräuel. Er macht das, was er will und das, was er gut findet. Zur Kunst ist er aus purem Zufall gekommen – ein schwerer Kletterunfall zwang ihn, seinen Wunschberuf Bergführer zu vergessen. So begann er eine Lehre als Goldschmied und die Kunstgewerbeschule. Seit 17 Jahren ist Martin Brunner selbständig, entwickelt seinen Stil weiter und überlegt stets von Neuem sehr genau, was er will. Gewisse Dinge wird er nie machen: zum Beispiel einen Ring polieren oder eine E-Mail-Adresse einrichten. Lustigerweise trifft er den Zeitgeist trotzdem bestens. Unterdessen hat seine kleine Bude Kultstatus erlangt. Es kommen Paare aus Solothurn oder Chur, um Eheringe zu kaufen. In verschiedenen Hotels der ganzen Schweiz hängen Brunners Bilder und Fotografien, hauptsächlich Landschaftsaufnahmen, die er von seinen Bergtouren zurückbringt. Trotz seinem Desinteresse für die Designwelt ist Brunner ein Menschenfreund. Die Schmuckstücke, die er fertigt, sind auf die Kunden zugeschnitten. Er nimmt sich Zeit, will herausfinden, was hinter den Menschen steckt, was ihnen gefallen könnte und was nicht. «Ich liebe es, mit meinen Kunden zu reden, ich will sie kennenlernen.» In der Regel trifft er die Wünsche sehr genau. So geht Brunner mit einer gewissen Leichtigkeit zur Sache, die ansteckend ist. Die Ideen kommen von innen heraus. Diese Eigenständigkeit pflegt er mit allen Mitteln. «Mein Stil ist mein Wesen», sagt er. «Was zählt, ist, ein Freigeist zu bleiben.»

The maverick Jewellery designer Martin Brunner is an exotic figure in Interlaken’s world of kitch. A maverick in the realm of cuckoo clocks and Swiss Army knives. Zeitzone 35 is both a workshop and salesroom. The jewellery sparkling here would also create a sensation in Zurich or New York. And yet this shop can be nowhere else but in Interlaken, in the heart of the Bernese Oberland. Martin Brunner grew up in the mountains, in Innertkirchen, between the Susten and Grimsel Passes. Climbing and

Die Polaritäten zwischen urbanem Lifestyle und dem Bergler-Dasein kümmern Martin Brunner wenig. Böse gesagt, interessiert es ihn nicht, was andere tun.

mountaineering have long been among his favourite activities. And for purely practical reasons, the mountains should not be too far away. Because it’s there that Brunner draws his inspiration, and even more important, the inner peace and certainty of not losing his way. “My style is my essence,” he says. “Remaining a free spirit is what matters.”


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DIE NEUENTDECKUNG DES MATTERHORNS

Christof R. Schmidt


matterhorns

DIE Neuentdeckung des

Dario Cantoni

Christof R. Schmidt

Das Matterhorn ist einer der bekanntesten Berge der Welt, Schweizer Wahrzeichen und die meistfotografierte Touristenattraktion. Soll man das Matterhorn also ßberhaupt noch abbilden? Oder anders gefragt: Wie kann man eine neue, unverbrauchte Sichtweise auf das Matterhorn finden? – Vielleicht braucht es dazu einen aus Rostock.


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DIE NEUENTDECKUNG DES MATTERHORNS

Christof R. Schmidt ist aus Rostock, doch seine Fotografien des Gebietes rund um das Matterhorn gehören zum Dichtesten und Eindrücklichsten, was wir punkto Bergfotografie in letzter Zeit gesehen haben. Hier kann er mit den ganz Grossen mithalten. Rostock liegt am anderen Ende von Deutschland. MecklenburgVorpommern an der Ostsee, und gerade Mal knapp 13 Meter über Normalnull. Rundherum nichts als Wiesen und Felder, alles arschflach. Vielleicht liegt aber gerade hier der Ursprung seiner Faszination für die Berge. Angefangen hat alles im Jahre 2004. Christof R. Schmidt lebt zwischenzeitlich in Hannover, ist freier Assistent in den Volkswagen-Fotostudios. Zum ersten Mal geht es auf Vorschlag der Freundin zum Snowboarden ins Salzburgerland. Es packt ihn sofort – Schneelandschaften bis 2200 Meter Höhe sind schon das Grösste. Der Samen ist gepflanzt, die Begeisterung wächst, und

Christof R. Schmidt

von nun an geht es jedes Jahr nach Österreich zum Snowboarden. Anfang 2009 erhält Schmidt einen zweimonatigen Fotoauftrag in der Region Bodensee. Anstatt an den Wochenenden an seinen neuen Wohnort nach Hamburg zurückzufahren, zieht es ihn in die Höhe: zum Pizol, auf die Flumserberge oder ins Toggenburg. Noch im gleichen Jahr bekommt seine Freundin von ihrer Firma ein Jobangebot in der Schweiz. Welche Fügung! Nächste Etappe Alpenland. Kaum angekommen, packt Schmidt eine unvorbereitete Abenteuerlust. Spontan setzt er sich ans Steuer, um die Berge zu erkunden – auf Richtung Sustenpass, und auch das Wetter zeigt sich von der Sonnenseite. Doch je näher das Ziel kommt, umso unerreichbarer scheint es. Ein Wetterumsturz bringt dunkle Wolken, heftigen Regen und dann Schneefall. Kurz nach Wassen ist Schluss – eine Barriere verriegelt die Passstrasse. Plötzlich ist tiefster Winter,


Christof R. Schmidt steht da wie bestellt und nicht abgeholt – mit Sommerreifen. Doch der Fotograf ist beeindruckt von der Szenerie, verweilt, atmet den Moment, bevor er sich auf den Rückweg macht. Ein neues Projekt ist geboren. Kaum sind im nächsten Frühjahr die Wintersperren aufgehoben, unternimmt Christof R. Schmidt ausgedehnte Passtouren. Zwei Monate macht er nichts anderes als Passtrassen fotografieren. Susten, Grimsel, Furka, Klausen, Pragel, Nufenen, dann Albula, Flüela, … Die Nächte verbringt er teilweise im Auto unter einer Decke und erlebt so die grossartige Alpenwelt hautnah. Das Quecksilber fällt auf dieser Höhe über Nacht gerne unter null. Früh morgens durch das Fenster steil nach oben schauend, erblickt er zuerst die schemenhaften Bergkulissen im Mondschein, bevor die Gipfel von der Sonne eingefärbt werden und das Licht langsam ins Tal fliesst. Grosse Gefühle.

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DIE NEUENTDECKUNG DES MATTERHORNS

Christof R. Schmidt

Rediscovering the Matterhorn The Matterhorn is one of the world’s most famous mountains, a Swiss landmark and the country’s most widely photographed tourist attraction. So, is it still necessary to portray the Matterhorn? Or put another way: how would it be possible to find a new, fresh view of the Matterhorn? Christof R. Schmidt comes from Rostock. At the other end of Germany, on the Baltic Sea and exactly 13 metres

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above sea level. And yet his images of the area around the Matter-

to the mountains and his themes; the view of a child discovering

horn are among the most impressive that we have seen of late in

the world for the very first time, curious and open-minded. The

terms of mountain photography. Christof R. Schmidt is fascinated

fresh view of a talented beginner, of a greenhorn in the mountains.

by mountains. By the limitless freedom, by the vastness that opens up in the heights and by the unique quality of the natural lands-

The photographs will be exhibited this summer in the Parkhotel

capes. The young photographer has found an individual approach

Beau Site in Zermatt.


LANDSCAPE

DIE NEUENTDECKUNG DES MATTERHORNS

Von diesen ersten überwältigenden Eindrücken geprägt, geht es Ende August nach Zermatt und rauf auf den Gornergrad. Für Schmidt das erste Mal in dieser Höhe, umringt von Dutzenden mächtiger 4000er. Er ist ein Wahnsinniger. Ausgerüstet mit Stativ und einer teuren Mittelformatkamera taumelt er durch die Landschaft. Er hat nur einen groben Plan. Auf der Suche nach dem besten Standort verlässt er die markierten Wege, klettert über steiniges, loses Gelände, balanciert nahe am Abgrund. Er ist ein Besessener, vom Höhenrausch Getriebener. Manchmal kommt er kaum vorwärts oder legt dann Kilometer zurück, um an einen Ort zu gelangen, wo ihm die Aussicht, der Auschnitt perfekt scheint. Drei Tage ist er unterwegs. Allein. Fotografiert. Scheut keine Strapazen. Es entstehen faszinierende neue Bilder vom Matterhorn – Bilder mit dem unverbrauchten Reiz des noch nicht Gesehenen.

Christof R. Schmidt

Christof R. Schmidt ist fasziniert von den Bergen. Von der grenzenlosen Freiheit, von der Weite, die sich oben öffnet und von der Einzigartigkeit des Naturbildes. Ein Berggang bedeutet für ihn Spannung, Anstrengung und Abenteuer, aber auch Erholung für den Geist mit Nachwirkung. Der junge Fotograf hat einen ganz eigenen Zugang zu den Bergen und zu seinen Themen gefunden. Es ist die Sichtweise eines Kindes, das die Welt zum ersten Mal entdeckt, neugierig und offen. Es ist der frische Blick des begabten Debütanten, des Greenhorns in den Bergen. Darum braucht es wohl einen aus Rostock, der die Alpen in ein anderes Licht rückt.

Ausstellung in Zermatt Die Bilder sind im Zeitraum vom 31. August bis 5. September 2010 im Gebiet rund ums Matterhorn entstanden. Diesen Sommer werden sie als Kunstdrucke auf Aluminium im Parkhotel Beau Site in Zermatt ausgestellt. Ausserdem können sie auf der Website des Fotografen bestellt werden. www.CRS-gallery.com www.parkhotel-beausite.ch

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Presenting Partner

14. Juli – 14. August 2011 Marcos Valle Monty Alexander Othella Dallas Till Brönner The Manhattan Transfer Richard Galliano Giora Feidman Gino Paoli Giorgio Conte Al Di Meola Paul Kuhn Klaus Doldinger Ahmad Jamal Dieter «Yello» Meier McCoy Tyner Lily Dahab Irène Schweizer George Gruntz Daniel Schnyder Pierre Favre Tobias Preisig Bibi Vaplan Tania Maria Anna Rossinelli China Moses Maria Markesini Marianne Faithfull Linard Bardill Gershwin Piano Quartet www.festivaldajazz.ch Main Partners

Sponsors


INTERVIEW

ZERO COMPROMISE

Bode Miller

Mit seiner unbändigen Leidenschaft und seiner ungezügelten Lust, neue Linien und Wege zu finden, elektrisiert Bode Miller seit Jahren die Massen. BIANCO traf den amerikanischen Skirennfahrer anlässlich des Weltcupfinales 2011 in Lenzerheide zu einem Gespräch über Gott und die Alpen.

ZERO

Compromise BODE MILLER

Philipp Bitzer

Stefan Schlumpf

BIANCO Wir legen unseren Fokus klar auf die Alpen. Wenn Sie in wenigen Sätzen diese Region beschreiben müssten, wie sähe das aus?

Bode Miller: Im Gegensatz zu den Bergen, wo ich herkomme, verkörpern die Alpen für mich Geborgenheit – und Geschichte. Man spürt hier, dass alles einen Ursprung hat und eine über Jahrhunderte gewachsene Tradition. Ich meine längst nicht nur die Dörfer, die durch ihre Architektur, ihre erstaunliche Erreichbarkeit oder ihre zuweilen schräge Folklore bestechen. Ich meine mehr, und zwar unabhängig vom jeweiligen Land, dass diese engen Täler, diese steilen Berge, eine absolute Konzentration auf das Wesentliche darstellen. Alles ist so kondensiert hier. Und trotzdem wird das Nachbardorf, das Nachbartal, alles, was weiter weg ist als ein paar Kilometer, als Bedrohung empfunden. Und genau das gibt, zumindest mir, eine gewisse Sicherheit. Denn die Widersprüchlichkeit lässt Platz für neue Widersprüche. Nicht wie bei uns in Amerika, wo man von den Städten, die sich in den Tiefebenen befinden, viele Stunden hinauf in eine völlig andere Zivilisation fährt und diese sich dann gedanklich so zurechtlegt, wie sie einem grad passt. Die Alpen versperren sich einem so banalen Zugang. Sie wuchsen fernab vom urbanen Kontext auf. Wie entscheidend war das für Ihre persönliche Entwicklung?

Ich lebte nicht auf oder unter, sondern mit dem Berg. Wir hatten kein Auto. Kein fliessendes Wasser. Keinen Strom. Wir trotzten

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dem Berg einen gewissen Komfort ab. Und die Natur trotzte uns ein beträchtliches Verständnis, oder besser gesagt, Respekt ab. Im Unterschied zu den meisten Menschen, die einen Zugang zur Natur suchen, gingen wir nicht zu ihr, um darin irgendetwas Überhöhtes zu finden, sondern wir lebten mittendrin. Und wir taten das, was zu tun war. Das heisst, wir arrangierten uns mit dem, was uns umgab. Und wir gaben uns Mühe, das richtig zu tun, weil wir wussten, dass wir nicht so wichtig waren und nur gut leben konnten, wenn wir das nicht nur empfanden, sondern auch danach lebten. Lassen Sie uns zurückblicken auf die Anfänge Ihrer sportlichen Karriere: Sie waren jung, sie kamen aus einer, wie man sagt, Hippiefamilie, die irgendwo «in the middle of nowhere» lebte. War das, im Rückblick betrachtet, eher ein Vorteil oder ein Nachteil?

Es war eindeutig von Vorteil. Wir lebten outdoor, weil wir ständig draussen waren – und nicht aus einer Mode heraus. Wir lebten die Bewegung, weil ohne sie kein Fortkommen war. Und wir trieben Sport, ohne dass wir das als Sport oder gar Lifestyle empfunden hätten. Wir lebten einfach unser Leben. Es war da. Vor unserer Tür. Und ich mag es, ehrlich gesagt, nicht mehr hören, dass ich anders sei als andere. Ich hörte das mein ganzes Leben lang. Ohne dass es jemals gestimmt hätte. Denn ich vergleiche nie. Was soll das? Das bringt doch nichts. Ich war einfach, wie ich war und wie ich bin. Und das tun die anderen ja nicht anders, oder?



INTERVIEW

ZERO COMPROMISE

Bode Miller

Als Teenager waren Sie auch ein aussergewöhnlich begabter Tennisspieler. Und dennoch entschieden Sie sich für den Skirennsport. Und waren darin äusserst erfolgreich. Haben Sie damit eine Karriere als Tennisspieler vergeben? Oder anders gefragt: Was denken Sie

einzupassen. Und trotzdem tat ich die letzten 25 Jahre meines Lebens nichts anderes als genau das. Letztendlich deshalb, weil es ums Skifahren ging. Weil das Skifahren mir erlaubt, mich auszudrücken.

wieviel Anteil am Erfolg hat das Talent?

Das hängt ganz davon ab, wie man das Talent auslebt. Schauen Sie sich Roger Federer an. Er lebt Tennis. Für ihn ist es keine Kunst, sondern die Möglichkeit, sich optimal auszudrücken. Und deshalb tut er es auch. In Vollendung. Ausserdem ist Federer im Gleichgewicht mit sich selbst und ganz offensichtlich auch mit seiner Familie. Der Sport ist also nicht etwas Losgelöstes von der Persönlichkeit, sondern Teil derselben «Box» Mensch. Man kann das nicht einfach separieren. Oder mein Beispiel. Ob ich mehr Talent habe als andere, das kann man so nicht sagen. Aber ich mache keine Kompromisse. Weder im Sport noch im Privatleben. Natürlich braucht es auch Glück, in beidem, um das Richtige oder den Richtigen zu treffen. Ich habe allerdings auch die Erfahrung gemacht, dass man nicht so viel entscheiden kann, wie man das gerne hätte. Ich stand zum Beispiel als Bub jeden Morgen früh auf und tat das, was ich tun wollte. Als ich dann mit acht oder neun Jahren für mich völlig unerwartet zur Schule musste, war das wie ein Schlag mit dem Dampfhammer. Erstmals in meinem Leben mochte ich etwas nicht. Ich fühlte mich richtig schlecht. Vor allem, weil ich zum ersten Mal überhaupt etwas nicht gut konnte. Beim Skifahren war das anders. Der Erfolg kam dann praktisch von alleine. Nach sehr guten Resultaten in Nordamerika kamen Sie als blutjunger Skirennläufer in den FIS Weltcup. Sie waren gezwungen, viel zu reisen – auch ins Ausland. Wie war das für Sie, so alleine auf Tour?

Trotz des maximalen Kulturschocks war das eine Riesensache! Ich legte riesige Distanzen zurück – auch mental. Ich musste offen sein für Neues. Und lernte deshalb wirklich viel dazu. Auch dass es keine so grosse Rolle spielt, wo man auf dem Berg ist. Denn hier tat ich, was ich gerne tue. Hier fühlte ich mich entspannt. Und war frei. Unabhängig davon, wo wir uns gerade auf der Tour befanden. Aber ich gebe zu, es ist eine Herausforderung, wenn du ständig woanders bist als dort, wo dein Zuhause ist. Im Gegensatz zu den meisten meiner Kollegen war das Herumtouren für mich kein Stress. Im Gegenteil. Ich nahm auf Reisen mit, was ich für mich brauchte. Mein Gefährt, mein Essen, meine Freunde und was sonst noch zu einem guten Grundgefühl gehört. Legendär, wie Sie aus dem engen Korsett der offiziellen US-Skiverbandes ausbrachen und mit ihrem eigenen Team im Wohnmobil unterwegs waren. Sind Sie so etwas wie ein moderner Nomade?

Nein, überhaupt nicht. Ich mag das Herumziehen überhaupt nicht. Es ist paradox: Ich mag die Kälte nicht. Ich mag nicht früh am Morgen aufstehen. Und ich mag es nicht, mich in ein System

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Kommen wir noch einmal auf Ihre Karriere zurück. Dabei stechen vor allem drei Eigenschaften heraus: Sie nehmen immer volles Risiko. Sie gehen immer ihren eigenen Weg. Ihre Comebacks kommen immer dann, wenn man denkt, das sei es jetzt gewesen mit dem Bode Miller. Wo, denken Sie, liegt der Schlüssel zu dieser roten Linie oder besser gesagt zu diesen drei roten Linien?

Um diese Frage zu beantworten, muss ich etwas ausholen. Zunächst einmal sehe ich Risikobereitschaft nicht als unabdingbaren Faktor für den Erfolg. Denn schauen Sie, einmal geht man volles Risiko ein und verliert alles. Ein anderes Mal halten Sie sich bewusst zurück und gewinnen völlig unerwartet. Und beim dritten Mal dümpeln Sie irgendwo im Mittelmass, obwohl Sie mehr Risiken eingegangen sind und das Gefühl hatten, viel schneller unterwegs gewesen zu sein als jene, die auf dem Podest stehen. Aber dann ist da noch etwas anderes. Man hat mir immer nachgesagt, ich ginge mehr Risiken als andere ein. Das stimmt nicht. Mein Fahrstil schaut zwar nach Risiko aus, ist es aber nicht. Es ist einfach die Art, wie ich skifahren will. Ich möchte darin aufgehen. Mit jeder Faser meines Körpers. Wie ein Maler, der ja auch nicht mit einer einzigen Farbe malt und sich hingibt. Ich gebe Ihnen am besten ein Beispiel: Ich mag Physik, Technik, denke gerne logisch und bin überzeugt, dass sich sinnvolle Dinge und Gedanken durchsetzen. Das alles hat dazu geführt, dass ich zu den Carvern der allerersten Stunde gehöre. Oder besser gesagt bin ich eigentlich der erste Carver überhaupt. Denn ich entdeckte beim Snowboarden, dass es da noch etwas anderes geben müsse als diese langen, geraden Skier. Wenn man sich nämlich auf ein Snowboard stellte, konnte man ungebremst Kurven fahren, während man bei den Skiern in der Kurve stets querstellen und abbremsen musste, um sie zu kriegen. Das hatte mit nichts anderem als der taillierten Formlegung der Kanten zu tun. Ich betrieb eigene Studien und stritt mich ganze zwei Jahre mit meinem damaligen Ausrüster, einem kleinen amerikanischen Skiproduzenten, der zwar ebenfalls Forschung in dieser Richtung betrieb, aber nicht richtig vorankam. Als wir den Durchbruch erzielten, waren wir auf einen Schlag zwei Sekunden schneller als die gesamte Konkurrenz. Leider galt das nur für wenige Rennen, denn wir kamen mit der Neuerung erst spät in der Saison. Und über die Sommerpause zogen dann die grossen Skihersteller nach und machten es besser. So war aus unserem Vorteil über Nacht ein Nachteil geworden (lacht aus vollem Hals). Nein, im Ernst: Das Carven ist eine völlig neue Ausdrucksform des Skilaufens. Es kam meiner Philosophie entgegen. Und nicht nur meiner. Deshalb hat es sich auch im Breitensport durchgesetzt. Und das ist gut so.


Sie sagten einmal, es wäre viel einfacher, wenn man das Doping im Sport zulassen würde.

Wo treffen wir Bode Miller morgen, in einem

Nicht alle waren – verständlicherweise – happy über Ihre Aussage. Was wollten Sie denn

Jahr und in zehn Jahren?

damit erreichen?

(denkt kurz nach) Morgen werde ich in Kalifornien sein. Auf dem Flughafen zunächst, später dann auf meinem Boot. In einem Jahr, das ist schon schwieriger. Wenn ich gesund bin und mein Körper fit, dann könnte es gut sein, dass Sie mich nochmals an einem solchen Anlass wie heute antreffen werden. Was in zehn Jahren ist, nun, da habe ich keine Ahnung. Und möchte es auch (noch) nicht wissen.

Naja, ein grosser Teil der einst verbotenen Substanzen wurde ja inzwischen legalisiert. Ich denke da an Vitamine, Tabletten gegen Krankheiten et cetera. Meine Aussage war mehr ein Statement gegen die Doppelmoral. Denn was ist schon Fairness im Sport. Die österreichischen Skirennläufer beispielsweise haben viel die besseren Rahmenbedingungen, um ihren Sport auszuüben, als Rennfahrer aus anderen Weltgegenden. Das fängt bei der Ausrüstung an, geht über die Ernährung und endet weiss wo auch immer. Sport ist hochgradig unfair. Mit meinem Statement wollte ich den Finger auf einen wunden Punkt in der Dopingdiskussion legen. Denn es wird meiner Meinung nach viel zu wenig unterschieden zwischen gefährlichen und ungefährlichen Substanzen. Nehmen wir beispielsweise Kreatin. Das ist legal, obwohl niemand weiss, ob es für denjenigen, der es einnimmt, gefährlich ist oder nicht. An solchen Beispielen zeigt sich, dass wir ein schlechtes System haben. Sie sind 33-jährig und stehen am Ende einer äusserst erfolgreichen Sportlerkarriere ...

(unterbricht) Bin ich das? ... darf ich das als Indiz dafür verstehen, dass Sie noch eine weitere Saison anhängen wollen?

(zuckt vielsagend mit den Schultern und schmunzelt) Wie auch immer, Ihr Bekleidungsausrüster Kjus hat den Vertrag mit Ihnen in einem für Skirennfahrer doch recht fortgeschrittenen Alter verlängert. Wie erklären Sie sich das?

Offenbar ist für Kjus nicht das Alter, sondern die richtige Philosophie massgebend, der Stil, die Inspiration. Und das beruht auf Gegenseitigkeit. Ich lebe meinen Sport mit jeder Faser meines Ichs. Und da bin ich nicht der Einzige. Eine Lara Gut verkörpert das ähnlich wie ich und ist wohl deswegen auch bei Kjus untergekommen.

Welche Persönlichkeit, die aus den Bergen kommt, hat Sie am meisten beeindruckt?

Das ist Hermann Maier. Er war für mich der einzige Europäer, der sein innerstes Ich auf Skiern ausdrücken konnte. Seine Aggressivität, seine Wut – selbst im Siegestaumel – waren einzigartig. Er war der erste im Skizirkus, der so war. So finster. Natürlich war auch ein Alberto Tomba einzigartig. Oder in einem anderen Sinne eine Lara Gut. Sie hat so viel Intensität. Und ist immer happy, strotzt nur so vor Lebensfreude. Aber Hermann war wirklich krass. Und in seiner Art absolut eindrücklich. Bode Miller, vielen Dank für das Gespräch.

Bode Miller Bode Miller und Lara Gut Botschafter von KJUS Der US Skistar Bode Miller ist seit Herbst 2007 Botschafter der Marke KJUS (LK International AG). Im Frühjahr wurde sein Ausrüstervertrag mit dem 2000 gegründeten Sportswear-Label verlängert. Neu als Botschafterin dabei ist seit diesem Winter auch das Schweizer Ausnahmetalent Lara Gut, welche die «Spirit Collection» der Kultmarke in ihrer Freitzeit tragen wird. Die Zusammenarbeit der Akteure ist nichts als folgerichtig, denn alle drei sind sportlich, erfolgreich, professionell und immer bemüht, die Grenzen auszuloten. Weg vom Mainstream. Dafür mit umso mehr Spass an der Sache. www.kjus.com – www.kjusklub.com

Bode Miller’s roots lie in the forests of the American state of New Hampshire. At home there was neither electricity nor running water, and he was educated by his parents until his fourth school year. And so he was often portrayed as a “hippie child”. However, he’s far more a true “child of nature”. One with an inborn feeling for movement and balance. The small boy has become one of the all-time greats of the ski circus. Now 33 years old, he has over 30 World Cup victories to his name and that in all disciplines (a feat as yet achieved by very few athletes). At the 2010 Olympic Games in Vancouver, he achieved another coup: gold in the combination, silver in the Super G and bronze in the downhill.

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REPORT

ASPHALT HEROES

Snowboard the Streets

snowboard the streets

ASPHALT Dario Cantoni

Filip Zuan

Heroes

Ein hoher alternierender Ton, einem Jodel nicht unähnlich, verkündet, dass die Bahn frei ist. Drei, vier, fünf Freeborder rauschen vorbei, ziehen in scheinbar halsbrecherischen Manövern ihre Schleifen in den Asphalt, driften in die Kurve und verschwinden mit einem Three-sixty hinter der nächsten Felskuppe. Freeborden ist Snowboarden auf der Strasse. Auf einem speziellen Brett entdeckt eine kleine Gruppe den Alpenraum als riesigen Freeride-Park.

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REPORT

ASPHALT HEROES

Snowboard the Streets


LINKE SEITE DIE BEIDEN CENTER WHEELS ERLAUBEN EIN SEITLICHES RUTSCHEN ÜBER DIE KANTE WIE BEIM SNOWBOARD UNTEN GEFAHREN WIRD IN DER GRUPPE. IM HINTERGRUND DAS VAL D’ISÈRE IM MORGENNEBEL LINKS DIE TRICKS WERDEN VOM SKATEBOARD ÜBERNOMMEN MITTE ARNAUD AUF GROSSER FAHRT RECHTS RÉMY MACHT SICH EINEN SPASS DARAUS, DAS KREUZENDE AUTO ZU BERÜHREN

Mit über sieben Stunden blattgefedertem Jeep Wrangler in den Knochen kommen wir in Theys an. Das liegt in der HautDauphiné bei Grenoble. Arnaud und Nils warten bereits. Arnaud, der Smarte, 25 Jahre, ist einer der ersten Importeure von Freebords in Europa und betreibt einen kleinen Shop. Rund um diesen hat sich eine eingeschworene Szene von Freebordern gebildet. Fünfzehn Mitglieder zählt der harte Kern von CHoE, den «Crazy Hills of Europe». Jede freie Minute sind sie zusammen unterwegs – immer auf der Suche nach dem perfekten Ride. Auch Nils, 23, der Bodenständige, teilt diese Leidenschaft. Er ist Schneekanonen-Mechaniker. Für ihn ein Traumjob. Oft ist er die ganze Woche in den Bergen, mitten in der Natur. Wir haben uns zum Abendessen verabredet. In der Auberge les Palatières tischt uns Gastgeberin Claire Eymin Biofleisch vom eigenen Hof auf, dazu Bohnen und einen typischen Teigauflauf. Im Internet haben wir einige Clips gesehen. Absolut crazy! Wir wollen mehr wissen vom Freeborden. «Eigentlich ist es wie Snowboarden auf der Strasse. Der Flow, die Moves, das Sliden, Driften und Stoppen sind gleich. Der Unterschied: die Unterlage ist Asphalt. Wir wollten das gleiche Gefühl wie beim Snowboarden auch im Sommer erleben, oder wenn es zu wenig Schnee hat.» Der Alpenraum mit all seinen Pässen, Kurven und Steigungen ist für den Freeborder ein gigantischer

Playground. Interessant wird es, sobald es Gefälle zeigt und asphaltiert ist. «Plötzlich bekommt man eine ganz andere Sichtweise auf die Alpen. Oft brüten wir stundenlang über Landkarten. Suchen neue Strecken, geeignete Ziele für die Ausflüge.» Die ersten Freebords wurden 1996 von Steen Strand in Palo Alto, Kalifornien entwickelt. Während seines Masters in Produktedesign an der Stanford University suchte der Student nach einem Weg, das Snowboard-Feeling auf die Strasse zu bringen, und entwickelte Prototypen von Skateboards mit denen man rutschen, driften und stoppen konnte wie auf Schnee. Dies gelang ihm mittels zweier zusätzlicher, flexibler Rollen (Center Wheels) in der Mitte des Brettes. Steen liess das Design patentieren und begann in einer Garage die ersten Freebords zu verkaufen. Schnell entwikkelten sie sich, wurden kürzer, wendiger, leichter und bekamen eine einfache Bindung, um die Füsse des Riders beim Carven und Sliden etwas zu fixieren. Heute findet die Sportart vor allem in San Francisco, wo sich auch der Hauptsitz der Firma befindet, in Kalifornien allgemein und in Colorado ihre Anhänger. In Europa gibt es bisher erst kleine Splittergruppen. Neben Frankreich auch in Österreich. In der Schweiz beginnt es erst. Das Freeborden befindet sich noch in der Pionierphase. Es ist recht schwierig abzuschätzen, wie stark und in welche Richtung (Freeride, Freestyle, Speed oder eine Kombination davon) es sich entwickeln wird.

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REPORT

ASPHALT HEROES

Snowboard the Streets

MIT DEM QUERSTELLEN KANN GESCHWINDIGKEIT WEGGENOMMEN WERDEN. VOLLE KONTROLLE IN JEDER SITUATION IST LEBENSWICHTIG.

«Asphalt ist alles! Je nach Beschaffenheit fühlt er sich an wie frischer Pulverschnee, Sulz, Harsch oder nasser Neuschnee. Wir lieben die Schweizer Strassen, dort ist der Asphalt viel feiner als in Frankreich, fühlt sich an wie reinster Powder. Oder San Francisco, Lombard Street und die steilen Häuserschluchten – das ist wie durch ein offenes Tannenwäldchen Carven, nur dass alle Bäume sich bewegen. Etwas vom Genialsten ist das Fahren bei Regen: das Freebord dreht viel leichter, und man kann meterweit sliden. Vielleicht tönt das jetzt komisch, aber die Radfahrer sind unsere besten Freunde! Natürlich, was den Asphalt betrifft. In ihren Führern beschreiben sie jede Strasse im Detail mit Beschaffenheit und Zustand des Belages, Gefälle, Verkehrsaufkommen – für uns die beste Vorbereitung und eine wahre Fundgrube.» Ich zücke die letzte Ausgabe des Alpenstrassenführers von Denzel. Darin sind über 700 Pässe in Wort und Bild beschrieben. Ein entzückter Aufschrei: «Mais c’est du Freebord Porn!»

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Am nächsten Morgen weckt uns das gewaltige Panorama. Direkt gegenüber der Auberge taucht die Morgensonne die senkrechten Felswände der Chartreuse in farbiges Morgenlicht. Unten im breiten Tal der Isère liegt dichter Restnebel, aus dem üppige Baumkronen ragen. Der perfekte Tag, um die umliegenden Pässe zu erkunden. Punkt halb acht prescht das Freebord-Mobil vor: ein dunkler, abgewrackter Peugeot 806. Voller Sticker. «Freebord – Snowboard the Streets», steht da etwa zu lesen. Heute ist auch Ben mit von der Partie. Ben, 29 und Elektriker. Vor drei Jahren aus Paris in die Gegend gezogen. «Bezüglich Lebensqualität ein tolles Upgrade.» Gemeinsam gehts hinauf auf verschiedene Anhöhen, und die Jungs zeigen uns Freebord unplugged. Wegen der beiden Center Wheels kann man das Skate kippen, der Rider hat so viel mehr Kontrolle über das Board als bei einem reinen Skate- oder Longboard. Die Geschwindigkeit lässt sich besser kontrollieren, man kann abbremsen und anhalten. Das reizt natürlich auch zu


HELM IST PFLICHT. EIN EINFACHER BÜGEL GIBT HALT BEIM DREHEN. DIE CENTER WHEELS MACHEN DEN GROSSEN UNTERSCHIED ZUM LONGBOARD.

schnellerem Fahren. «Geht es eigentlich um Geschwindigkeit?» «Nein. Vielmehr ist es das Erlebnis in der Gruppe, das Gemeinschaftsgefühl, zusammen den Pass runterbrettern, die Tricks, der ganze Lifestyle. Wir gehen jedes Wochenende auf Tour, meistens drehen wir dann auch einen Clip und stellen ihn auf Vimeo. Für uns die einzige Möglichkeit, den Sport bekannt zu machen.» «Und das Gesetz?» «Hier in Frankreich drücken die ‹Poulles›, wie die Gendarmen von der Szene neckisch genannt werden, meistens ein Auge zu. Das Freebord bewegt sich noch in einem rechtlosen Raum, ist noch nicht so richtig in den Gesetzbüchern angekommen. In der Schweiz ist es strenger, die Leute alarmieren sofort die Polizei. Wir waren kürzlich in Lausanne. Eine geniale Stadt voller anspruchsvoller Abfahrten und super ausgebautem öffentlichem Verkehr, der einen wieder ruck zuck nach oben bringt. Aber du musst schnell sein. Verdammt schnell.

Auch mit den Ami-Cops ist nicht zu spassen. Sowieso hat die Polzei aus Reflex die Mode, ihre Autos querzustellen, um uns aufzuhalten. Für uns der blanke Horror. So schnell kommen auch wir nicht zum Stillstand und nach zwei drei solcher Manöver kann man die Wheels wegwerfen. Obwohl die Cracks Vollprofis sind und ihre Bretter aus dem effeff beherrschen, kommt es manchmal zu brenzligen Situationen. «Wenn ein Auto auf dich zukommt, gibts nur eins, dich hauchdünn machen und seitlich vorbei … oder gleich ab in die Büsche.» Tragisch war der Unfall eines australischen Profifahrers, er stürzte in einer Standardsituation so unglücklich, dass er auf der Stelle verstarb. «Das ist ganz schlecht für den Sport. Darum tragen wir immer Helme.» Am Nachmittag gehts tiefer hinein ins Massif de Belledonne und hinauf auf den Col des Mouilles. «Einer unserer Lieblingsspots in der Umgebung. Mehr wegen der Landschaft. Du fährst durch

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REPORT

ASPHALT HEROES

Snowboard the Streets

Asphalt Heroes A high-pitched alternating sound signals that the track is free.

all die kleinen Dörfer, und die Landschaft wechselt ständig.» Als letzter stösst Rémy zur Gruppe, 26 Jahre, der Tüftler und Draufgänger. Sein Brett hat er selbst geshaped und gebaut – aus Carbon, viel leichter. Freeborden hat sicher etwas Unvernüftiges, darum gibt es wohl auch keine Mädchen, die den Sport ernsthaft betreiben. Auf dem Niveau der Jungs von CHoE ist ihm aber die Faszination nicht abzusprechen. Es ist ein berauschender Mix aus Asphalt und Adrenalin, Geschwindigkeit, Geschicklichkeit und Abhängen mit Freunden. Arnaud, Nils, Ben und Rémy bringt man jedenfalls nicht mehr davon los. Das Virus hat sie befallen, es ist ihr Lifestyle, ihre Art, sich auszudrücken und sich zu verwirklichen.

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Three, four, five freeborders whizz past, making loops on the asphalt in what seem like breakneck manoeuvres, drifting into the bends and disappearing with a three sixty behind the next rocky outcrop. Freebording is snowboarding on the road. The flow, moves, slides, drifts and stops are exactly the same. The difference: the surface is asphalt. The first freebords were designed by Steen Strand in Palo Alto, California, in 1996. Now a small group has discovered the Alpine region as a gigantic freeride park. The fascination comes from the intoxicating mix of asphalt and adrenalin, speed, skill and hanging out with friends. For Arnaud, Nils, Ben and Rémy it’s lifestyle, their way of expressing and fulfilling themselves.



LIVING

SCHLICHT ALPIN

Wohnen in Klosters

schlicht alpin Wohnen in Klosters Mirko Beetschen

Martin Guggisberg

Das erfolgreiche Zürcher Innenarchitekturbüro Atelier Zürich hat im bündnerischen Klosters bewiesen, dass man alpine Wohnwelten ganz ohne die gängigen Chaletklischees kreieren kann. Eigentlich wollte die Bewohnerin nur rasch ein paar Einkäufe erledigen, doch dann entdeckte sie das Chaletneubauprojekt im Schaufenster eines Architekturbüros in Klosters. Schon seit Jahren besassen sie und ihre Familie eine Ferienwohnung in dem Bündner Dorf, das sich gerade mal anderthalb Autostunden von Zürich, ihrem Wohnort, befindet. Doch für zwei Erwachsene und drei Kinder wurde der Platz allmählich knapp. Das ausgeschriebene Apartment in einem Chaletneubau kam deshalb wie gerufen. Grösse und Aufteilung der fertig geplanten Wohnung waren perfekt, nur beim Innenausbau mochte die Familie nicht auf die vorgeschlagene Variante eingehen und zog dafür die Innenarchitektinnen von Atelier Zürich heran. Mit diesen hatte die Bewohnerin schon länger beruflich zu tun, kannte deren Stil und Arbeitsweise, sodass sie ihnen den kompletten Innenausbau übertrug. Claudia Silberschmidt hatte ihr Büro form.c bereits 1999 gegründet. Drei Jahre später stiess Flavia Spahr dazu und wurde 2009 Partnerin von Atelier Zürich, wie das Büro, das in der gleichnamigen Stadt zu Hause ist, seitdem heisst. Hier hat es sich mit diversen Projekten einen Namen gemacht, unter anderem mit der Gestaltung des vor zwei Jahren eröffneten Stadthotels Helvetia. Daneben hat das Innenarchitekturbüro, das heute zehn Angestellte beschäftigt, zahlreiche Privathäuser renoviert und eingerichtet. Für das Projekt in Klosters wollte sich die Bauherrschaft ein anderes Chalet, das Atelier Zürich ausgebaut und eingerichtet hatte, zum Vorbild nehmen, doch Copy-Paste gibt es bei Claudia Silberschmidt und Flavia Spahr nicht. «Jede Bauherrschaft ist einzigartig», sagt Erstere, «und braucht somit ein einzigartiges Projekt.»

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OBEN LINKS Die Holzschiebewand des Einbauschranks im Büro des Besitzers liessen die Innenarchitektinnen mit einem Bild des berühmten Bündner Künstlers Alois Carigiet verschönern. OBEN RECHTS Die Bewohnerin im Wohnzimmer ihrer Familienchaletwohnung in Klosters. UNTEN LINKS Die Sitzbank im Wohnzimmer zieht sich über die ganze Vorderfront und lädt zum Geniessen der Aussicht ein. UNTEN RECHTS Warme Grau- und Holztöne dominieren auch das Elternschlafzimmer. Dieses wurde mit einem extratiefen Einbauschrank aus Arvenholz ausgestattet.



LIVING

SCHLICHT ALPIN

Wohnen in Klosters

Die Familie wünschte sich eine Ferienwohnung fern vom gängigen Chaletlook. «Wir stellten uns die Wohnung warm, gemütlich und zeitlos vor», erklärt die Bewohnerin. «Dabei wollten wir weder auf Holz verzichten, noch dem Bild vieler zeitgenössischer Alpenwohnungen mit Plattenboden und weissen Wänden verfallen.» Und so machten sich die Frauen von Atelier Zürich ans Werk. «Es war eine ziemliche Gratwanderung», erzählt Claudia Silberschmidt. «Wir versuchten, Alpenklischees zu umschiffen und Eleganz und Ruhe reinzubringen, ohne dabei an alpinem Wohnfeeling zu verlieren oder in reduzierte Urbanität abzudriften.» Hinzu kamen die unterschiedlichen Bedürfnisse der Bewohner – vom Spielzimmer für die Kleinen über den Arbeitsraum für den Hausherrn bis zum praktischen Ablauf für die Mutter –, welche unter einen Hut gebracht werden mussten.

OBEN LINKS Im Wohnbereich vertieft sich die Kassettentäfelung zu einem Buchregal. OBEN RECHTS Wohn-, Essraum und Küche gehen nahtlos ineinander über. UNTEN Das Kajütenbett im Kinderzimmer bietet reichlich Schlaf- und Spielplatz. Tisch und Bank stammen von dem deutschen Designer Olaf Schröder.

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Atelier Zürich entschied sich für einen Ausbau mit viel hellem Holz, modernen Stoffen und warmen Grautönen. Als Holzart wählte sie mit der Arve eines der typischsten Materialien im traditionellen alpinen Innenausbau. Um sicher zu gehen, dass das Holz der Belastung durch eine fünfköpfige Familie und deren Gäste standhalten würde, probte man erst einmal mit


Den vorderen Teil der Wohnung nimmt das grosse, offene Wohnzimmer ein. Den Kamin mit Metallhaube sowie die Fensterbank aus Granit haben die Innenarchitektinnen selbst entworfen.

einem grossen Muster. Die Arve bestand auch den härtesten Test, als die Bauherrin darauf in Stilettos tanzte, ohne Schaden zu nehmen, und so entschied man sich für die auch Zirbelkiefer genannte Holzart. Der Schreinerbetrieb von Markus Egger aus dem Engadiner Ort Scuol hat Atelier Zürich schon längst von seinem Können überzeugt und kam auch dieses Mal wieder zum Zug. Er und sein Team fertigten die breiten Riemenböden ebenso wie die Kassettentäfelung der Wände, Einbauschränke, Betten und Tische sowie die Badezimmermöbel nach den Zeichnungen von Atelier Zürich und tüftelten, wenn nötig, bis für ein Detail die beste Lösung gefunden war. Das helle Holz der Arve kombinierten die Innenarchitektinnen mit einem Wand- und Deckenanstrich in einem warmen, hellen Grauton sowie zeitgemässen Tweed- und Leinenstoffen in erdigen Tönen. Ganz bewusst wurden insgesamt nur wenige Materialien und Farben verwendet, sodass eine optische Ruhe und räumliche Grosszügigkeit entstand. Das Mobiliar liess Atelier Zürich zum Teil selber anfertigen, schlug der Bewohnerschaft den Kauf zeitgenössischer Designstücke vor und forschte im Fundus der Familie. So wanderten etwa eine ganze Gruppe spanischer Leuchten mit braunem Metallfuss und hellem Stoffschirm, aber auch ein dunkelbrauner Wollpouf, der die Gestalterinnen an ein Alpenschaf erinnerte, aus der Stadt in die Berge, um das Interieur dort optimal zu ergänzen. Typisch für die Arbeit von Atelier Zürich sind die liebevollen Details. So wachsen die Deckleisten der Kassettentäfelung im

Korridor zu praktischen Ablagen, der Bauherr erhielt in seinem Arbeitszimmer einen Carigiet auf den Schrank gepinselt, und die Mosaikkacheln im Badezimmer wurden im Muster eines Norwegerpullis verlegt. «Wir fanden dieses Sternmuster treffend für die weltoffene Familie», sagen die Innenarchitektinnen, während die Familie, die ihr neues Bergrefugium ausgiebig nutzt, schwärmt: «Wir fühlen uns hier einfach sehr, sehr wohl!» Ein schöneres Kompliment gibt es für einen Innenarchitekten eigentlich nicht.

Alpine chic In Klosters, Graubunden, the successful Zurich interior design office Atelier Zürich has proved that it is perfectly possible to create an Alpine home completely free of the current chalet cliché. The three women have successfully attempted to introduce elegance and tranquillity without losing the feel of Alpine living or drifting into a condensed form of urban life. The differing needs of the occupants have also been considered, from a playroom for the little ones and an office for the master of the house to a practical workflow for the mother. Atelier Zürich decided on internal finishes with plenty of light wood, modern materials and warm shades of grey. With the choice of Swiss stone pine as the type of wood, the designers have selected one of the most typical materials used for traditional Alpine interior fittings.


SPOTLIGHT

ZEITLOS

STüHLe AUS ETERNIT VON DESIGNERIN JULIA VON SPONECK

ZEITLOS

Philipp Bitzer

Daniel Hauri

1901 wars, als der Österreicher Ludwig Hatschek die Herstellung von Asbestzement patentieren liess. Er taufte seine Erfindung «Eternit», abgeleitet vom lateinischen «Aeternitas», was so viel bedeutet wie Unvergänglichkeit. Für die Verbreitung seiner Erfindung vergab Ludwig Hatschek jeweils pro Land eine Lizenz. So entstanden weltweit innert weniger Jahre zahlreiche von einander unabhängige Unternehmen, die in ihrem Namen die Bezeichnung Eternit führten und Produkte gleichen Namens herstellten. 1903 war es dann auch in der Schweiz so weit, als Alois Steinbrunner die Schweizerische Eternitwerke AG gründete. Der Ort, den er für seine neue Fabrik aussuchte, war sorgfältig ausgewählt. Niederurnen im Bergkanton Glarus. Hier, im Armenhaus der Schweiz, gab es aufgrund des Rückgangs der Stoffdruckerei brachliegende industrielle Anlagen. Und noch entscheidender: billige Arbeitskräfte. Schon nach kurzer Zeit eroberten Steinbrunners Produkte die Märkte, und man exportierte bis nach Afrika, Asien und Südamerika. Selbst der König von Siam war ein Abnehmer und deckte mit Eternit seine Lusthäuser ein. 1910 stellte das Unternehmen die ersten Blumenkisten aus zusammengeschraubten Platten her, doch das änderte nichts daran, dass 1913 der Heimatschutz des Kantons Graubünden eine Kampagne gegen Eternit als «Landschaftsverschandler» startete. Eternit wurde damit noch bekannter, und der Absatz nahm markant zu. Die Erfolgsstory ging über Jahrzehnte weiter, und so kam es nicht von ungefähr, dass sich ab den 1950er-Jahren auch vermehrt Industriedesigner mit Eternit zu befassen begannen. Willy Guhl, der erste Industriedesigner der Schweiz, gestaltete Blumengefässe und mehrere Designklassiker, darunter einen genialen Strandstuhl in Form einer Schlaufe. Unlöblichen Ruhm erlangte Eternit allerdings wegen der gesundheitlichen Schäden, welche die Asbestfasern insbesondere bei den Arbeitern verursachte, welche die Produkte verarbeiteten.

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Bereits Ende der 1970er-Jahre war beschlossen worden, auf die Herstellung von asbesthaltigen Produkten zu verzichten. In einem Wettrennen mit der Zeit – zeitweise waren daran über hundert Leute beteiligt – wurden im Labor neue Fasermischungen entwickelt, die ohne Asbest auskamen. Nach vier Jahren waren die ersten Produkte serienreif, doch es dauerte noch einmal 20 Jahre, bis das letzte asbesthaltige Rohr 1994 das Werk verliess. Alle heutigen Produkte von Eternit sind absolut gefahrenfrei und finden weit über die Schweiz hinaus Verwendung im Hausbau und im Garten. Diese zweite Schiene wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut. Junge Designer üben sich in der Nachfolge Willy Guhls und erarbeiten teilweise bestechende Entwürfe, die sich an die Arbeiten des Designpioniers anlehnen. Wie der hier abgebildete Stuhl «Sponeck» mit dem dazugehörigen und gleichnamigen Beistelltisch.


SPOTLIGHT

Der bessere

SUPERMARKT

Dario Cantoni

Thomas Jantscher

Kann ein Supermarkt sexy sein? Ja. Dies gilt auf jeden Fall für MPreis. Die Tiroler Supermarktkette zieht mit ihren Bauten die Blicke auf sich, schafft Aufmerksamkeit und Neugierde. Dies in einer Art, dass auch nach mehrmaligem Hinschauen, keine Langeweile aufkommt. Ausserdem macht es auch Spass, dort einzukaufen. MPreis bricht Konventionen und strebt stattdessen individuelle Lösungen an. Die Führung ist überzeugt, dass langfristiger Erfolg nur durch ständiges Infragestellen von scheinbar gesicherten Positionen erreicht werden kann. Anstelle der Gleichförmigkeit erhebt MPreis die Vielfalt zum Markenzeichen – auch in der architektonischen Formensprache. Jeder Markt ist anders und wird speziell auf den konkreten Ort massgeschneidert. Über 30 Architekten durften bereits für den Nahversorger Projekte entwickeln. Ein ganz besonderer Ansporn, und einer, der internationale Anerkennung findet und mit zahlreichen Auszeichnungen honoriert wird. Wie etwa dem «Internationalen Arichtekturpreis für neues Bauen in den Alpen», dem «Österreichischen Staatspreis für Architektur» oder Auszeichnungen für ein «Nachhaltiges Wirtschaften». Die Supermärkte können auch mit inneren Werten aufwarten. Dienstleistung, Qualität, Atmosphäre und ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis werden grossgeschrieben. Das breite Sortiment umfasst 8000 Artikel und über 500 Bio-Erzeug-

nisse. Dazu sehr viele heimische und ländertypische Spezialitäten und erlesene Weine. Die Verbundenheit mit der Alpenregion ist ein prägendes Element bei allen Entscheidungen. Durch die enge Zusammenarbeit mit heimischen Landwirten, regionalen Produzenten und Handwerkern wird der lokale Wirtschaftsraum gestärkt. Begonnen hat alles in den 1920er-Jahren. Frau Therese Mölk eröffnete in Innsbruck ein kleines Lebensmittelgeschäft. Knapp hundert Jahre später erzielt das Tiroler Traditionsunternehmen in 192 Filialen mit rund 5000 Mitarbeitern 616 Millionen Euro Bruttoumsatz. Noch heute befindet sich MPreis im Besitz der Familie Mölk. Diese lenkt die Geschicke der Firma bereits in der dritten und vierten Generation mit ungebrochenem Pioniergeist, Herz, Verstand und frischen Ideen.

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EINER VON 192: MPREIS IN TELFS, ARCHITEKT PETER LORENZ

DER BESSERE SUPERMARKT


SPOTLIGHT

ALPAUFZUG IM TOGGENBURG

Alpaufzug

im Toggenburg

Stephan Bösch

Heute ist ein besonderer Tag für die Familie Ammann. Bereits um fünf Uhr morgens sitzt die ganze Familie am Frühstückstisch. Jeden Frühling ziehen die Bergbauern im Toggenburg mit den Tieren auf eine höher gelegene Alp. Die Wiesen im Tal sind von den Kühen bereits abgegrast. Oben auf der Alp aber warten saftige Matten auf die Tiere. Durch die Bergkräuter wird die Milch gehaltvoller, was sich positiv auf den Käse und die anderen Milchprodukte auswirkt. Die Alpauffahrt wird nach uraltem Brauch zelebriert. Die Bauern kleiden sich in ihre Sonntagstracht. Die drei schönsten Kühe tragen das «Geschellt». Es besteht aus drei grossen Schellen, welche klanglich fein aufeinander abgestimmt sind. Ein wichtiger Bestandteil ist auch das «Zäuerle» oder «Jodeln», der typische alpenländische Gesang ohne Text. Nachdem der Zug die Strasse verlassen hat, führen steile Serpentinen hinauf zur Alp. Zwischendurch werden die Älpler am Wegesrand verpflegt. Nach einem Glas «Gespritztem» und kurzem Wortwechsel geht es mit schnellem Schritt weiter. Beim Alpaufzug zeigt sich der Zusammenhalt der Familie. Die Kinder haben schulfrei. Alle helfen mit. In der Alphütte sitzen nach getaner Arbeit alle gemütlich beisammen und essen Brot, Käse und Wurst. Die erste Kuh wird gemolken, damit man Milch für den Kaffee hat. Nach diesem ereignisreichen Tag kehrt Stille ein und der anstrengende Alltag auf der Alp beginnt.

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“Alpaufzug” in Toggenburg Every spring, the farmers in Toggenburg move their animals up to a higher alp. The meadows in the valley have already been grazed bare by the cattle but up there lush pastures are waiting. The “Alpaufzug”, the procession of cows up to their summer pasture, is celebrated according to an age-old custom. For Stefan Bösch, photography is a means of taking a closer look at certain events, things and people, and to gain an understanding of them. He is not interested in superficial beauty.


EIN DUFT FÜR DIE WELT

Bauern kreieren den «Swissôtel Scent»

REPORT

Ein Duft für die Welt Bauern kreieren den «Swissôtel Scent» David Eppenberger (lid.ch), Philipp Bitzer

iStockphoto.com

Eine kleine Schweizer Bauerngenossenschaft stellt aus Kräutern und Tannennadeln ätherische Öle her und macht daraus Kosmetikprodukte. Damit erobert sie nicht nur die Drogerien in der Schweiz, sondern überzeugt auch die Schweizer Luxushotelkette Swissôtel, die sich einen eigenen Duft, den «Swissôtel Scent» kreieren lässt. Eine Erfolgsgeschichte der besonderen Art.

OBEN BLÜHENDER LAVENDEL VON LINKS NACH RECHTS MUSKATELLERSALBEI, fichte, ZITRONENMELISSE, RAPS

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REPORT

EIN DUFT FÜR DIE WELT

Bauern kreieren den «Swissôtel Scent»

Der «Swissôtel Scent» basiert auf dem Duft einer Alpenwiese und wird mit Zitronenmelisse, Muskatellersalbei und Lavendel abgeschmeckt. Obwohl er erst seit kurzem eingeführt worden ist, spricht Jean Pierre Schirach, Director Product & Services von Swissôtel und damit verantwortlich für den «Swissôtel Scent», von einem durchschlagenden Erfolg. «Wir setzen unseren Duft mittlerweile weltweit an allen Standorten ein, einerseits zur Beduftung der Aufenthaltsräume vor den Liften (den sogenannten Lift-Landings, Anm. d. Red.) und in den Zimmern in Form von Amenities, also Seife, Shampoo, Duschgel, Conditioner und Body Lotion. Ausserdem verwenden wir in den Spa-Bereichen Pürovel-Massageöle in zwei unterschiedlichen Duftrichtungen. Und nicht zuletzt kann man all diese Produkte in unserem Onlineshop erstehen.» Dass es einmal so weit kommen würde, das hätte sich Bauer Fritz Hess wohl in seinen kühnsten Träumen nicht zu erhoffen gewagt. Vorsichtig öffnet er die Glasflasche mit dem gelblichen Zitronenmelissenöl und atmet die entweichenden Dämpfe ein. Er schliesst kurz die Augen, wer weiss, was er jetzt sieht: Schweizer Landschaften, eine Blumenwiese oder gar einen Wald?

Nie hätte der Bauer aus Wangen an der Aare gedacht, dass er dereinst ein Näschen für feine Düfte entwickeln würde. Da lag ihm der derbe Stallgeruch doch bedeutend näher. Bis zu jenem legendären Abend im zur Sauna umfunktionierten Bienenhaus in seinem Garten, als er den Aufguss auf die heissen Steine kippte und sich der Dampf mit dem finnischen Fichtengeschmack ausbreitete. «Können wir diesen Duft eigentlich nicht selbst herstellen», fragten sich Fritz Hess und seine Kameraden aus einer Eingebung heraus. Und die Idee liess sie nicht mehr los. Schon so manches hatte der neugierige Fritz Hess in früheren Jahren angerissen. Doch dieses Projekt mit den Düften aus Schweizer Kräutern war auch für ihn absolutes Neuland. Er machte sich in Büchern schlau und konnte mehrere Bauernkollegen in der Region überzeugen, mitzumachen. Jeder brachte ein paar Aren Land ein. Keiner von ihnen hatte je Kräuter angebaut, geschweige denn ein Öl daraus hergestellt. Fritz Hess kaufte sich eine kleine Destillationsmaschine und führte erste Versuche mit Fichtennadeln aus dem nahen Wald durch. Es gelang auf Anhieb, die Essenzen rochen ansprechend. Der Duft der Schweiz war geboren.

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Doch das Projekt stand aus Kostengründen auf der Kippe: Die Produktion war im Vergleich zur Massenware aus Sibirien viel zu teuer. Gerade noch rechtzeitig erfuhr die Aromafachfrau und Biologin Brigitte Schulthess von der Idee der Bauern aus dem Oberaargau. Sie wusste: ätherische Öle aus der Schweiz, das gab es bisher nicht. Und das machte sie neugierig. Im Auftrag der mittlerweile neun Bauern entwickelte sie erste Muster von Kosmetikprodukten. Als Fettbasis diente einheimisches Rapsöl, auch das ein Novum bei Hautpflegemitteln. Und die neuen Produkte brachten den gewünschten Erfolg.

reines Schweizer Produkt ist, musste die Produktion der Pflegelinie aus lizenzrechtlichen Gründen nach Kanada verlegt werden. Jean Pierre Schirach legt allerdings Wert darauf zu sagen, dass man auch dort ausschliesslich die ätherischen Öle der Bauern aus dem Oberaargau bei der Produktion verwende. Swissness verpflichtet.

A scent for the whole world Nine farmers from the Oberaargau region of Canton Bern are pro-

Heute hängt an der Wand des genossenschaftlichen Showrooms die Urkunde des Agropreises, den die Bauern nur ein Jahr nach der Lancierung ihrer ersten Produkte erhielten. Zuvor hatten sie die Schweizer Drogerien von deren Qualität überzeugt, und schon bald folgte der nächste veritable Coup: Die Schweizer Luxushotelkette Swissôtel war auf der Suche nach einem Corporate Scent. Und die Bauerngenossenschaft stach die grössten der Branche im Pitch aus. Der Rest ist bekannt: Der «Swissôtel Scent» wurde entwickelt. Der Einsatz heute ist global. Der Erfolg galaktisch. Einziger Wermutstropfen: Während der Duft ein

ducing essential oils from herbs and pine needles. Their exclusive cosmetics in the Suissessence natural care line have conquered not only drugstores all over Switzerland but also impressed the Swiss luxury hotel chain Swissôtel. The chain has had its own fragrance created, which is now being successfully introduced throughout the world under the name “Swissôtel Scent”.


Portrait

UNTER STROM

Giovanni Leonardi, CEO von Alpiq

Unter

Strom Bendicht Luginbühl

Markus Senn, Marcel Studer

Der Tessiner Kosmopolit Giovanni Leonardi stammt aus einem Alpental und gestaltet mit dem Stromkonzern Alpiq die Zukunft der Schweiz.

Giovanni Leonardi zögert keine Sekunde: «Die Folgen des verheerenden Tsunamis für das japanische Atomkraftwerk Fukushima Daiichi setzen auch die westlichen Energiekonzerne unter Druck.» Energie ist eines der Megathemen des 21. Jahrhunderts. Nach Japan steht das Energie-Thema unter Hochspannung. «Es geht», so der Alpiq-CEO, «um die Gestaltung der Zukunft der Schweiz, von Europa, der Welt.» Forscher wie etwa der renommierte Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx sprechen vom Energie-Megatrend «Connectivity»: Die Fähigkeit des Menschen, der demokratischen Gesellschaften, sich in Zukunft weiterzuentwickeln, hängt direkt mit der Möglichkeit zusammen, genügend Energie – insbesondere in Form von Strom – zur Verfügung zu haben. Strom für globale und lokale Netzwerke, Strom für Laptops und Spitäler, Strom für Bahnen und Elektroautos, Strom für Haushalte und Industriekomplexe. Das Nutzungsverhalten der Zivilisation basiert auf Energie. Verbrauchertendenz: stark zunehmend. Facebook überholt Google als meistgenutzte digitale Plattform der Erde – Facebook und Google zusammen brauchen stündlich weltweit Strom in den Dimensionen mehrerer grosser Städte. Die Welt dreht sich immer schneller. Strom wird zum geostrategischen Machtfaktor. Der Alpiq-CEO, der die AKW-Debatte in der Schweiz bereits vor Jahren neu lanciert hat, gibt Anschauungsunterricht. Symphatisch, aber faktenbasiert. Ein ETHIngenieur eben, mit klarem Blick auch auf die dunkle Seite des Mondes: «Die Chinesen bauen gegenwärtig 24 neue Kernkraftwerke, weltweit sind mehr als 61 Kernkraftwerke im Bau.» Doch das Power-Stakkato hat noch radikalere Dimensionen: In Asien geht alle zwei Wochen ein Kohlekraftwerk ans Netz. Kohlekraftwerke drohen in Westeuropa zu den «No-gos» der Zukunft zu gehören – weil ethisch nicht mehr machbar, da Dreck- und CO2-Schleudern. Doch das beeindruckt die aufstrebenden BRIC-Staaten nur ansatzweise.

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Machtpolitisches Kalkül geht vor, zumal kein fossiler Energieträger auch nur annähernd so weit verbreitet ist wie die Kohle. Bergbau-Business ist einfach, handfest. Kohle bringt Kohle, in rauen Mengen. Kohle sichert Arbeitsplätze – CO2-Überlegungen wirken dagegen geradezu esoterisch. Brasilien, Russland, Indien und vor allem China streben die wirtschaftliche Vorherrschaft um jeden Preis an. Leonardi hält unmissverständlich fest: «Wir Westeuropäer müssen diese Entwicklungen, die entstehenden Abhängigkeiten, aufmerksam im Auge behalten.» Der bestbezahlte Strommanager der Schweiz, ein Kosmopolit. Mit Wurzeln ennet des Gotthards, Familie und Freunde in der Leventina. Hauptquartier des Alpiq-Konzerns in Olten, im Zentrum der deutschen Schweiz. Leonardi ist ständig unterwegs, von Stromsitz zu Energieschauplatz, von Meeting zu Meeting, auch in der Romandie, im Tessin, in ganz Europa. Leonardi spricht fliessend französisch, englisch, italienisch, deutsch. Der Geist der ETH Zürich, der Spirit von damals. Er ist noch da. 1978 kommt der junge Tessiner nach Zürich. Eine neue Welt, die ETH, der Campus einer der renommiertesten Ingenieurschulen der Welt. Leonardi gelingt ein guter Einstieg – der junge Student kann arbeiten, ist fokussiert und dezidiert. Er schafft ein starkes Vordiplom. Er begreift die

Zusammenhänge rasch, ist pragmatisch. Ein Bergler aus den Südalpen, einer, der schnörkellos ist und schnell entscheidet. Das Studium zum Elektroingenieur absolviert er mit Bravour. Und kommt gut an, a Zurigo: Calvinistische Bildung in Zürich, gepaart mit dem Tessiner Charme des Lateiners. Ein gewinnender Powertyp aus Giornico, dem kleinen Dorf in der Leventina, eingebettet in diese hohen, schroffen Bergflanken. Giornico – da war doch was? 1478, als 800 entschlossene Eidgenossen aus dem Tessin und der heutigen Innerschweiz 10’000 einfallende Mailänder im eisig gefrorenen Tal gnadenlos bekämpften und endgültig vertrieben – nicht weniger als 1400 Italiener bezahlten bei Giornico ihren Expansionsdrang in die Steinwüsten der künftigen Schweiz mit dem Leben. Giornico, das Nest an einem strategischen Durchgang gelegen, war durch diese Schlacht mitbestimmend für den Entscheid, die Schweizerische Eidgenossenschaft nach Süden auszubauen. Giornico steht. Die Südschweiz von heute wurde im 15. Jahrhundert Tatsache. Und wer den Leventinern der hohen Berge wegen etwa Engstirnigkeit nachredet oder einen beschränkten Horizont, der unterschätzt den Einfluss der lateinischen Welt. Der Katholizismus ist zwar allgegenwärtig, die Faszination und die Ehrfurcht vor der Natur umfassend. Doch Mailand und Turin sind nahe. Der wirtschaftliche Erfolg des italienischen Nordens, die kulturelle Klasse

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Portrait

UNTER STROM

Giovanni Leonardi, CEO von Alpiq

der Italiener, hinterlassen auch bei den Tessinern Spuren. Der junge Giovanni wurde katholisch erzogen, war Ministrant, «den Sonntag verbrachte ich in der Kirche.» Die Obrigkeiten waren nicht weit, der Onkel katholischer Geistlicher. Die Energie floss also schon damals von oben, für den Jungen aus Giornico. Damals wars der heilige Strom, der hinunter zur Erde floss. Heute, 30 Jahre später, schiessen aus hochgelegenen Hightech-Stauseen enorme Wasserströme zu Tal und schieben mächtige Turbinen an. Ein einträgliches Geschäft: Dreissig Prozent der AlpiqEnergie wird aus Wasserkraft gewonnen. Der nüchterne Naturwissenschafter Leonardi glaubt an eine höhere Macht – und bleibt dennoch der Ratio verpflichtet. Im Tessin scheint man ihn auf jeder Alp persönlich zu kennen. «Ciao, Giovanni, come va?» Man ist per Du mit dem Grande Capo. Er, der seit der Gründung Konzernchef ist jener fusionierten, neuen Gesellschaft aus der Westschweizer EOS und der Aare-Tessin AG (Atel). Für Schweizer Verhältnisse ist Alpiq ein Energieriese, in 30 europäischen Ländern tätig. Der «Ingegnere», (ausgesprochen wie «Inschenihere»), wie man die Berufsgattung Ingenieur in der Südschweiz und Italien mit Respekt und Ehrfurcht benennt, macht ausdauernde Bergtouren, fährt stark Ski, spielte

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als Jugendlicher Fussball und Eishockey. In Gesprächen macht er seiner Berufsbezeichnung alle Ehre, spricht präzise, hört aufmerksam zu, fragt nach. Kein Zufall: In der lateinischen Sprache bedeutet «ingenium» auch «scharfsinnig» oder «sinnreich». Erfindungen machen, die Dinge weiterentwickeln, gestalten – Giovanni Leonardis Leidenschaft: Für seinen ersten Arbeitgeber, die Radio Corporation of America, die legendäre RCA, entwickelt der junge Ingenieur damals innert weniger Jahren acht noch heute gültige Patente. Die USA prägen den Innovationshorizont des Tessiners, «die Technologieentwicklung in Europa und den USA wird uns zu neuen Horizonten der Energiegewinnung, der Energierückgewinnung und der Energieeinsparungen führen.» Neue, bisher unvorstellbare Dimensionen des Stromverbrauchs machen die Energiepolitik zum Megathema des 21. Jahrhunderts. Und mittendrin Alpiq-CEO Leonardi, der eine weltweite Verknappung des Energieangebots kommen sieht: «Langfristig tun wir Schweizer gut daran, uns in der Schweiz aus eigener Kraft mit Energie zu versorgen.» Die politischen und ökonomischen Dimensionen für die Schweiz wären enorm, würden künftig 9 bis 10 Millionen Schweizer immer stärker auf Strom


aus dem Ausland, womöglich aus anderen Kontinenten und politischen Systemen, angewiesen sein.» Auf dem gesamten Globus wird der Stromverbrauch bis 2030 um geschätzte 50 bis 75 Prozent zunehmen. Die fossile Stromproduktion wird zunehmend zum Monsterproblem mit dem Namen CO2. «Weltweit», so Leonardi, «wird es darum gehen, mehr Strom mit weniger CO2 zu produzieren.» Den Verzicht auf Kernkraftwerke erachtet der Stromboss trotz der Ereignisse in Japan als zweite Option: «Wir müssen zuerst aus der fossilen Energie und dem CO2 aussteigen, das sind wir unserem Planeten einfach schuldig. Die Kernenergie wird auf globaler Ebene trotz Fukushima in der Stromproduktion ihre wichtige Rolle behalten.»

Charged with electricity For Giovanni Leonardi, energy is one of the mega themes of the 21st century. The CEO of the Swiss energy services company, Alpiq, is convinced that the development potential of democratic human society lies with the availability of energy, especially electricity. Despite the events in Japan, he considers that abandonment of nuclear power is a second option: “First of all we must stop using energy from fossil fuels that produce CO2. We owe it to our planet.”

Der Elektroingenieur spricht leise und konzentriert. Er unterscheidet sich auch da von den lauten Tönen anderer: «Die kardinale Frage ist doch: Kommt dereinst noch etwas aus der Steckdose?»

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ART

RUND UM GSTAAD

Michel Comte und sein Faible für die Berge

Rund um

Gstaad

MICHEL COMTE UND SEIN FAIBLE FÜR DIE BERGE

MICHEL COMTE LAUENENSEE, 2009 © Galerie Lovers of Fine Art



ART

RUND UM GSTAAD

Michel Comte und sein Faible für die Berge

Rund um Gstaad Michel Comte hat sich mit seinen Mode- und Portraitaufnahmen an die Weltspitze fotografiert. Jetzt präsentiert er mit Landschaftsaufnahmen der Berner Alpen seine wahre Leidenschaft.

Fabrizio D’Aloisio

Michel Comte

Es gibt nur wenige Persönlichkeiten aus Filmbusiness, Sport und Politik, die noch nicht vor der Kamera von Michel Comte gestanden sind. Auch wenn es diese Bilder sind, die den Schweizer Fotografen berühmt gemacht haben – zu seinen liebsten Fotosujets gehören die Berge und insbesondere die Alpen. Deshalb hat Comte keine Sekunde gezögert, als ihm die Gstaader Kunsthändlerin und Galeristin Irène Schönholzer ein ambitioniertes Projekt vorstellte: die Berner Alpen rund um Gstaad aus neuen Blickwickeln zu fotografieren. Unterstützt wurde das Unterfangen vom Schmuckhaus Chopard, dessen Co-Präsident Karl Friedrich Scheufele Gstaad-Liebhaber ist.

Michel Comte: Around Gstaad With his fashion and portrait photography, Michel Comte has shot himself to the pinnacle of the world’s best. But even though it is these images that have made him famous, among his favourite subjects are mountains, especially the Alps. For this reason, Comte didn’t hesitate for a second when Irène Schönholzer, an art

Der erfahrene einheimische Bergführer Ueli Hauswirth, der die Gegend wie seine Wohnstube kennt, begleitete Comte an Orte, die zu sehen nur wenigen Augen vergönnt ist. Was sich nicht erwandern liess, wurde mit dem Helikopter erflogen. Um die ungewöhnlichsten und aufregendsten Ausblicke und Stimmungen einzufangen, war Michel Comte zu jeder Tages- und Nachtzeit unterwegs. Und zwar mit Begeisterung: «Hier in den Bergen meines Heimatlandes zu fotografieren war eine aufregend andere und ganz besondere Erfahrung. Auch deshalb, weil ich dabei emotional meiner eigenen Vergangenheit wieder begegnet bin. Denn in den Berner Alpen habe ich schon in meiner Kindheit und Jugend viel Zeit verbracht und unzählige Bergtouren unternommen.» Entstanden ist eine Serie atemberaubender Bilder, die mit ihrer Dramaturgie und Symbolkraft das Auge des Betrachters fesseln.

dealer and gallery owner from Gstaad, presented him with an ambitious project: to photograph the Bernese Alps around Gstaad from a different perspective. The undertaking was supported by the jewellery house of Chopard, whose co-president Karl Friedrich Scheufele is a fan of Gstaad. The result is a series of breathtaking pictures that capture the eye of the beholder with their dramatic composition and symbolic power.

Die Fotografien sind als gerahmte Artprints im Format 75 x 100 cm in der Galerie Lovers of Fine Art in Gstaad erhältlich. Die Achterserien sind vom Künstler signiert. Ein Teilerlös aus dem Verkauf fliesst in den Schweizerischen Naturschutz. Einige Werke sind für ausgesuchte Museen und Institutionen reserviert, wo sie der Öffentlichkeit zugänglich bleiben. Die Ausstellung dauert bis zum 31. Oktober 2011. Ab dem 10. Juli zeigt die Galerie zusätzlich eine Folgeausstellung mit Comtes Nachtbildern vom Launensee bei Gstaad. Die Kataloge zu den Ausstellungen sind ebenfalls in der Galerie erhältlich. www.fineartgstaad.com

LINKS DIE GALERISTIN IRÈNE SCHÖNHOLZER, MICHEL COMTE, SEINE FRAU UND CHOPARD-CO-PRÄSIDENT KARL FRIEDRICH SCHEUFELE

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MICHEL COMTE Gryde, 2009 © Galerie Lovers of Fine Art

MICHEL COMTE felsstrukturen im rottal, 2009 © Galerie Lovers of Fine Art


Stimmen

Zauberhafte Dario Cantoni

Max Lautenschläger

Mit ihrem Debütalbum «Rai de sorëdl» und ihren Aufritten verzauberte das ladinische Trio Ganes ihr Publikum. Ein Jahr später sind die drei Songwriterinnen mit ihrem zweiten Album in den europäischen Metropolen angekommen. Auf «Mai guai» ergänzen sie ihre eingängigen, feinen Melodien auf intelligente Weise mit urbanen Beats. Enchanting voices Ganes oder Aguanes sind in der uralten ladinischen Mythologie Wasserwesen, magische Bachbewohnerinnen, Feen und Hexen zugleich. Ganes sind aber auch die beiden Schwestern Elisabeth und Marlene Schuen und ihre Cousine Maria Moling. Alle drei musizieren seit ihrer Kindheit, haben Musik studiert und stammen aus La Val im Abteital in Südtirol. Der Bach, der durch ihr Heimatdorf fliesst, verbindet die Elternhäuser der Cousinen. Und eben in diesem Bach wohnen die sagenumwobenen Ganes, die der Band den Namen geben. Zusammen machen sie populäre aber auch anspruchsvolle und komplexe Musik alpiner Tönung mit Einflüssen aus Jazz, Funk, Soul und Klassik.

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The Ladin trio Ganes enchanted the public with their debut album “Rai de sorëdl” and their appearances on stage. One year later, the three female songwriters have arrived on the global scene with their second album, “Mai guai”, on which they cleverly complement their catchy melodies with urban beats.


ZAUBERHAFTE STIMMEN

Ganes

PORTRAIT

MACHEN DIE LADINISCHE SPRACHE ERLEBBAR: MARLENE SCHUEN, MARIA MOLIG UND ELISABETH SCHUEN VON DER BAND GANES

Gesungen wird ladinisch. Und wer hört, wie sich hier in Solostrophen ebenso wie in ihrem dreistimmigen Harmoniegesang die romanische Sprache in Rhythmus und Melodie fügt, wie sie wellt in weichen Vokalen und kurzen, niemals scharfen Konsonanten, muss sich wundern, warum Maria Moling und Marlene und Elisabeth Schuen die vielleicht ersten Musikerinnen sind, die aus der Wärme ihrer Heimatsprache einfühlsam einnehmend Popmusik schaffen. Die Wahl der Sprache war kein bewusster Schritt. «Das kommt beim Texteschreiben ganz natürlich», sagt Moling. Es ist die Sprache ihrer Kindheit, in der sie immer noch miteinander reden. Rund 30’000 Menschen sprechen diese Sprache. Innerhalb der politisch und vielfach auch kulturell autonomen Region Südtirol bildet das Ladinische noch einmal einen ganz eigenen kulturellen Mikrokosmos. Musik dient dabei jenen, die wegzogen sind und anderswo leben, als eine besondere Identifikation. Moling und die Schuen-Schwestern gingen weg, um Musik zu studieren in Klagenfurt, Salzburg, Innsbruck und München. Liegt der erste Grundstein von Ganes in der gemeinsam verbrachten Kindheit in den Dolomiten, so haben sie 2007 auf dem legendären Konzertschiff von Hubert von Goisern auch musikalisch zueinander gefunden. Marlene Schuen war bereits seit 2002 als Geigerin und Sängerin in der Goisern-Band. Maria Moling, Jüngste des Trios, und Elisabeth Schuen stiessen für von Goiserns Linz-Europa-Tournee als Backgroundsängerinnen dazu. Moling spielte zudem Perkussion, die ausgebildete Mezzosopranistin Elisabeth Schuen wie ihre Schwester Marlene auch Geige. Bei Proben im Bauch des Schiffes entstand aus dem losen, gemeinsamen Singen der Plan für ein Album. «Wir hatten während der Tour viel Zeit, schrieben Songs, probierten», sagt Elisabeth Schuen. «Das Schiff war der Ort, an dem wir am meisten Zeit miteinander verbrachten, seit wir als Kinder zusammen waren», sagt Moling. Zwischen Frühjahr 2009 und Januar 2010 wurden die 14 Songs für das erste Album aufgenommen und gemischt. Seither haben sie sich live wie im Studio stetig weiterentwickelt. Auf dem zweiten Album «Mai guai» befeuert das Trio Ganes seine gewagten Träume mit den urbanen Beats einer nachtaktiven Generation. Selten sind sich Tradition und Moderne auf so aufregende Weise begegnet wie in den elf neuen Liedern der drei Songwriterinnen. Ihre Stimmen sind klar wie die Luft im Hochgebirge. Ihre Melodien künden von einer universellen Sehnsucht nach Geborgenheit und Überschwang zugleich.

Die einfühlsamen ladinischen Texte erzählen vom Zusammenrücken und vom Auseinanderdriften in einer unübersichtlichen Welt. Nach wie vor dominieren die üblichen Instrumente ernst zu nehmenden Songwritings die emotionalen Lieder. Aber die Westerngitarre, die sommerlichen Geigen und das Allwetterpiano werden von behutsam eingesetzter Elektronik angetrieben. Das Ganes-Gefühl hat einen exklusiven Motor bekommen, der auch auf den verschlungensten Klangserpentinen einen klaren Kurs hält. So klingt intelligentes Songwriting an der Schwelle zum ewigen Sommer: Zart und doch zupackend, mal melancholisch und mal manisch, verführerisch luftig oft, hymnisch zuweilen und dann auch wieder getränkt von der Schwere eines unfreiwilligen Abschieds vor der Zeit. Die neuen Ganes klingen mehr denn je, wie das Leben selbst. Sie beherrschen das Spiel mit diesen Nuancen wie nur wenige Künstler ihrer Generation. Es gelingt ihnen, Computerbeats stringent mit hitziger Schweissperkussion zu verschmelzen, Geigen mit Stimmen, und die Ausgelassenheit eines schwerelosen Moments mit der Erfahrung langer musikakademischer Studien, die die jungen Frauen bei Bedarf auch gerne komplett über Bord werfen – genauso wie die neu entdeckte Elektronik, wenn ihnen danach ist. «Wir wissen jetzt ganz genau, wie wir klingen wollen», sagen die Vollblutmusikerinnen, die dem Leben auf «Mai guai» noch entschiedener, noch lustvoller, aber auch schonungsloser zu Leibe rücken als auf ihrem Debütalbum. Wer ihnen zuhört, ahnt, wie viel Schmerz nötig war – aber auch wie viel ungezügelte Freude – um diesem Wissen seine einnehmende Form zu geben.

Die zweite CD der ladinischen Formation Ganes «Mai guai», – das heisst soviel wie «nie Kummer/nie Sorgen» – ist Mitte Mai erschienen. Als Studioversion mit 11 komplett neuen Song, sowie als Deluxe Edition mit einer zusätzlichen Live-CD mit dem Babelsberger Filmorchester. Ganes «Mai guai» (2011), Capriola / Sony www.ganes-music.com, www.blankomusik.de

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ART

+1000 m

Fotografie in den Bergen

+1000 m

Fotografie in den Bergen

+1000 m Festival, Dario Cantoni

Künstler +1000 m Festival

Das junge Festival +1000 m ermöglicht einen Spaziergang durch Werke zeitgenössischer Fotografie. Neben zehn Ausstellungen ist auch das Royal Collage of Art aus Londen zu Gast. Fernab jeglicher Postkartenidylle rufen die Künstler zahlreiche Facetten rund um Berge und Alpenleben auf – mal spektakulär, dann besinnlich, kritisch oder schlicht und einfach erhaben. Nach seiner ersten Auflage im Jahre 2008 entfaltet sich das Festival +1000 m mit völlig neuen Ausstellungen und Veranstaltungen. Rund zwanzig Künstler aus der Schweiz, Deutschland, Grossbritannien, den USA und den Niederlanden verherrlichen und hinterfragen die mit der schwer greifbaren Landschaft der Berge verbundenen Mythen. Jeder auf seine Art: künstlerisch, dokumentarisch oder konzeptionell. Während der Sommermonate wird die regionale Identität des Dörfchens Rossinière, das für seine Bauten aus dem 17. und 18. Jahrhundert – insbesondere das Grand Chalet des Künstlers Balthus – bekannt ist, mit dem fragenden, forschenden oder provozierenden Blick einer Reihe von international renommierten Fotografen konfrontiert. Zusätzlich werden Werke der fünf Preisträger eines Wettbewerbs gezeigt, der 2010 für aufstrebende Fotografen aus der Schweiz und der ganzen Welt organisiert wurde. In der Künstlerresidenz im Naturpark Gruyère Pays-d’Enhaut würdigt das Festival den bedeutenden Landschaftsmaler Olaf Otto Becker (Deutschland, *1959) mit einer separaten Ausstellung.

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Royal Collage of Art London zu Besuch Das Festival zeitgenössischer Fotografie versucht, auch Synergien auf internationaler Ebene zu schaffen. So wurde dieses Jahr das Londoner Royal College of Art, eine der weltweit renommiertesten Schulen für Fotografie, eingeladen. Die Studenten des Fachbereichs Fotografie erhielten die Möglichkeit, eine Arbeit für das Festival zu realisieren. Im April und Mai besuchten sie dafür Rossinière, um ihre Fotoprojekte fertigzustellen. Die alpine Landschaft einer intakten Schweiz, eine Region, die seit dem 19. Jahrhundert Generationen englischer Touristen zum Träumen gebracht hat, wurde so von jungen Künstlern, die im Zentrum einer Metropole leben, neu interpretiert. Sind die Berge immer noch ein Symbol für Stärke? Zeichnen sie sich wirklich dadurch aus, dass die Natur dort unberührt ist? Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, lassen sie uns spüren, dass sie fragiler werden, je weiter der Mensch in sie vordringt. Was bleibt von den Mythen, die den Alpen anhaften? Die Arbeiten der Studenten zeigen mit häufig hybriden Praktiken, dass die Grenzen zwischen Dokumentation und Fiktion mehr als zuvor verwischt sind. Sommer 2011


MATTHIEU GAFSOU Aus der serie «Alpes», 2009–2011

Rossinière ist für seine Bauten aus dem 17. und 18. und die grünen Landschaften des Pays-d’Enhaut bekannt. Das Festival der Fotografie Alt. +1000 verbindet einen Sommer lang die einheimische Identität dieses Bergdorfs mit den Sichtweisen zeitgenössischer Fotografen, die die Berge in ihren zahlreichen Facetten in Erinnerung rufen: spektakulär, erhaben, heimisch, differenziert (sogar künstlich!), unerreichbar oder angsterregend. Rund 20 internationale Künstler, die grösstenteils fernab jeglicher Natur leben, verherrlichen und hinterfragen die mit den Bergen verbundenen Mythen. Alt. +1000 Festival de photographie de montagne 16. Juli – 19. September 2011 Le village, CH-1658 Rossinère www.plus1000.ch

High Altitude Photography in the mountains Alt. +1000, the young festival in Rossinière, makes it possible to take a stroll through contemporary photographic works. In addition to ten exhibitions, this year’s guest is the Royal College of Art in London. Far away from every form of picture-postcard idyll, the artists invoke numerous features to do with mountains and Alpine life: some spectacular, some thought-provoking, critical or quite simply sublime.

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ART

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Fotografie in den Bergen

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Works of the royal college of art, london 1 Michael Hammond, 2011 2 terrence smith, 2011 3 natalija gormalova, 2011 4 margarida gouveia, 2011 5 ute klein, 2011 6 abi sidebotham, 2011


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NATURE

FLÄCHENBRAND

Christophe Chammartin

Flächenbrand

Christina Horisberger

Christophe Chammartin

Das Französische ist eine bildhafte Sprache. Sécheresse de cæur nennen die Franzosen, was wir mit Herzlosigkeit umschreiben. Die folgenden Bilder des Schweizer Fotografen Christophe Chammartin kümmern sich um eine andere sécheresse. Die Geschichte, die Christophe Chammartin in scheinbar sachlicher Nahsicht dokumentiert, beginnt harmlos mit einem wolkenlosen Himmel in den alpes maritimes; zwischen Monaco und Nizza irgendwo.

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Ein traumhafter Tag, freut sich der Wanderer, den es von den überfüllten Stränden der Côte d’Azur hinauf in die Ruhe der Berge gelockt hat. Doch die Idylle trügt. Unter den Trekkingschuhen knistert Schritt für Schritt das dürre Gras. Ein Geräusch, das in den folgenden Bildern in das bedrohliche Knacken eines Buschbrandes übergeht wie ein perfekt abgemischter Soundtrack. Routiniert löscht der pompier darauf das Feuer. Alles im Griff! Das wirkt beruhigend, nicht wahr? Wären da nicht die


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NATURE

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FLÄCHENBRAND

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Christophe Chammartin


untrüglichen Close-ups verkohlter Erde, trostlos und nackt. Anhaltende Trockenheit und sengende Sonne sind eine Bedrohung, allerdings mit der die Bewohner des Südens leben gelernt haben. Denn kaum hat sich die Erde abgekühlt, erobert die Natur die Fläche zurück, für die in den Bildern von Christophe Chammartin sinnbildlich der weisse Schmetterling steht. Waldbrände wären denn auch kein grundsätzliches Problem, würde die Zivilisation nicht ihre Ferienhäuser immer weiter in die Hügelzüge hineinbauen. Was die Bedrohlichkeit der Bilder von Christophe Chammartin indes aufrechterhält, ist die Tatsache, dass sie diesen Frühling genauso an den Seitenhängen des Walliser Rhônetals hätte

entstanden sein können. «Zu wenig Schmelzwasser!» «Leere Stauseen!» «Weniger Strom!» «3 Wochen kein Niederschlag!» «Feuerverbot in 13 Kantonen!» «Bei Visp grösster Waldbrand im Wallis seit Jahren!» Und mit den Newstickern in den Medien die Warnung der Klimaforscher, dass dies kein Jahrhundertereignis bleiben wird. Trockene Jahre sollen zur Regel werden. Vielleicht lässt sich der Grenzübertritt in die Schweiz in naher Zukunft nicht mehr so einfach am Vorhandensein sattgrüner Wiesen ausmachen. Doch gegen Trockenheit und das Knistern dürren Grases unter Vibram-Sohlen lässt sich nicht einfach ein politischer Riegel schieben. Auch wenn weit weg fotografiert, sind die Bilder von Christophe Chammartin mit diesem Frühling plötzlich bedrohlich nahe gerückt.

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NATURE

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FLÄCHENBRAND

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Christophe Chammartin


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ART

GIPFELTREFFEN

Lois Hechenblaikner

GIPFELTREFFEN

Wolfgang Ullrich

Lois Hechenblaikner

Nachdem er mehrmals um die ganze Welt gereist war und sich fast zwei Jahrzehnte lang in vielen Ländern als Fotograf betätigt hatte, kehrte Lois Hechenblaikner Mitte der 1990er-Jahre in seine Heimat, nach Tirol, zurück. Seither sind der tourismusbedingte Wandel der dortigen Landschaft und dessen Folgen für die Menschen das grosse Thema des Fotokünstlers geworden.

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Er ist auf der Suche nach dem Land seiner Kindheit in den 1960er-Jahren – doch die zahlreichen Fotoserien lassen immer nur den unwiederbringlichen Verlust dieses Landes erkennen. Manchmal glaubt man hinter dem genauen und analytischen Blick, den Hechenblaikners Fotos auszeichnen, den Zorn – das blanke Entsetzen – eines Enttäuschten zu spüren; oft aber ist auch einfach nur komisch oder grotesk, was Fremdenverkehr und Eventkultur aus einem ehemaligen Bergbauernland gemacht haben und was Hechenblaikner auf seinen Bildern schonungslos zur Schau stellt. Um seinen Werkansatz zu

charakterisieren, zitiert Hechenblaikner gerne Henri Cartier Bresson, der einmal sagte: «Fotografie ist eine Art zu schreien.» Am eindrucksvollsten und originellsten, auch am ambitioniertesten ist seine seit 2001 entstandene Serie «Diptychen». Hierbei handelt es sich um insgesamt ca. 70 Bildpaare, wobei der Betrachter rasch erkennt, dass links jeweils ein Bild aus der Vergangenheit – in Schwarz-Weiss – zu sehen ist, rechts ein neues Farbfoto. Tatsächlich stammen die Schwarz-Weiss-Bilder aus einem Archiv mit Aufnahmen Tirols, die der Agraringenieur Armin Kniely (1907-1998) zwischen 1936 und 1976 gemacht hat.

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ART

GIPFELTREFFEN

Lois Hechenblaikner

Hechenblaikner studierte die einzelnen Bilder dieses Archivs so genau, dass ihre Motive für ihn zu einer festen Referenz bei seinen fotografischen Streifzügen wurden. Dabei passiert es ihm immer wieder, dass er Konstellationen entdeckt, die denen auf alten Fotos entsprechen, jedoch aus ganz anderen Sujets bestehen: Wie einst Getreide zu Bündeln auf dem Feld geschnürt wurde, so stellt man jetzt unterhalb der Piste die Ski zusammen; die Pose eines Abfahrt-Siegers vor einer Werbefläche ähnelt verblüffend einem alten Kruzifix; wo die Bauern einst stolz ihre Schafe präsentierten, posieren heute Golfspieler mit ihren Trolleys. Die Analogien sind so stark und von Hechenblaikner so präzise fotografiert, dass man bei oberflächlicherer Betrachtung meinen könnte, es handle sich bei der Serie um Vorher-nachherBilder, wie sie gerade in kulturkritischer Literatur gerne

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verwendet werden. Sobald man jedoch bemerkt, dass die Sujets eigentlich gar nichts miteinander zu tun haben, lassen einen die Gegenüberstellungen nicht mehr los: Hechenblaikners Diptychen gehen über das bloss Assoziative hinaus, das in der Kunst sonst so beliebt ist; sie beeindrucken oder schockieren dadurch, dass man den Bezügen, die sie stiften, nicht entgehen kann. Es kommt zu einer Engführung, wie man sie sonst ganz ähnlich aus der Literatur Thomas Bernhards kennt. In der Serie der Diptychen von Hechenblaikner wird diese Erfahrung umso stärker, lässt sich doch feststellen, dass es nicht nur ein zufälliger Schnappschuss ist, wenn ein altes Foto sein Pendant in der neuen Welt erhält. Vielmehr wird unbezweifelbar, dass Regionen wie Tirol im Verlauf weniger Jahrzehnte Stück für Stück in eine andere Welt transformiert wurden: Es ist in ihnen alles wie ehedem – und doch ist nichts wie zuvor.


Summit meeting Lois Hechenblaikner is a provocative person. He was even forbidden to exhibit his photos in Mayrhofen. However, he only shows what actually is. He confronts tourism experts with changes in the Alpine environment, highlights undesirable developments. He contrasts new coloured photos with historic black and white images by agricultural engineer Armin Kniely (1907-1998). The diptychs have been created in a 15-year work cycle and explore the issue of the industrialization of the landscape through the influence of Alpine mass tourism. The resulting analogies are far more than merely the documentation of a before-and-after situation. That which is actually nothing more than an artistic sociogram of changing Alpine experience worlds is perceived as surprising, comical, sarcastic, sinister and damaging. The pairs of images will be on display from the end of July to the beginning of September at the Peter Vann Gallery in S-chanf, as part of the St. Moritz Art Masters event.

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ART

GIPFELTREFFEN

Lois Hechenblaikner

Lois Hechenblaikner Fotografien über den Wert- und Zweckwandel alpiner Welten Im Rahmen der St. Moritz Art Masters erweitert die Galerie Peter Vann ihre Ausstellung mit Landschaftsfotogafien durch Diptychen des aus dem Tirol stammenden Fotografen Lois Hechenblaikner. Seine Bildpaare sind in einem fünfzehnjährigen Arbeitszyklus entstanden und thematisieren die Industrialisierung der Landschaft durch die Einflüsse des alpenländischen Massentourismus. Die dabei entstehenden Analogien sind überraschend, komisch, sarkastisch, tiefschwarz. Manchmal wird als zerstörerisch empfunden, was eigentlich nichts anderes als ein künstlerisches Soziogramm verwandelter alpiner Erlebniswelten ist – das, was am bitteren Ende vom Alpenidyll übrig bleibt. Ausstellung Galerie Peter Vann Somvih 24, CH-7525 S-chanf 23. Juli – 03. September 2011 Mittwoch – Samstag 16 – 19 Uhr www.galeriepetervann.com www.hechenblaikner.at

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TRAVEL

GESCHICHTE (ER)LEBEN

Swiss Historic Hotels

1932 zwischen zwei Staumauern nach der Flutung des alten Hospiz erbaut, war der neubau auch erstes elektrisch beheiztes Hotel in Europa. nach einem kompletten umbau erstrahlt das historische geb채ude heute in neuem glanz.

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geschichte (er)leben Philipp Bitzer

Schweiz Tourismus / Swiss Historic Hotels

Über 40 historische Schweizer Hotels und Gasthäuser haben sich unter dem Markennamen «Swiss Historic Hotels» zu einer einzigartigen Marketing-Kooperation zusammengeschlossen. Neuerdings erschliessen sich die Hotels dem Gast auf fünf themenbezogenen Reiserouten, die quer durch die Schweiz führen.

Die Vision der Initianten von Swiss Historic Hotels ist im Grunde genommen ganz einfach: «Wir möchten», erklärt Geschäftsführerin Barbara Zaugg, «historische Hotels und Gasthäuser verschiedenen Alters und verschiedener Kategorien als Kulturgüter ins Rampenlicht rücken und emotional beleben. Dabei soll ein kulturelles Gesamterlebnis vermittelt werden, das mit allen Sinnen genossen werden kann und das auch das historische Umfeld der Hotels und Gasthäuser umfasst.» Und so engagiert sich die Organisation Swiss Historic Hotels für die Erhaltung und Belebung der kulturellen Substanz historischer Hotelgebäude und Gasthäuser. Und leistet damit ihren Beitrag zur Bekanntmachung der Schweiz als Land mit reichen historischen und kulturellen Sch(aupl)ätzen.

Damit das auch so bleibt, hat Swiss Historic Hotels fünf historische Reiserouten zusammengestellt, die themenbezogen quer durch die Schweiz führen und in die alle angeschlossenen Hotels integriert wurden. So führt eine der Routen von Kandersteg nach Cheserex («Des glaciers aux lacs»), die zweite vom Monte Verità in Ascona bis zur Schatzalp in Davos («Geschichte unter den Füssen»), eine dritte von Soglio ins Val Müstair («Palazzi vivaci»), eine weitere von Eglisau auf die Kleine Scheidegg («Vom Rheinfall zum Jungfraujoch») und die letzte vom Grimsel Hospiz auf den Rorschacherberg («Von Quellen zu Grenzen»).

Experiencing history In den Swiss Historic Hotels gibt es Geschichte zum Anfassen, und dies eingebettet in eine spannende regionale Kultur und eine wunderschöne Natur. Viele der alten Hotels schlummerten bis vor kurzem im Verborgenen. «Historisch» galt lange als verstaubt, unmodern, nicht trendy. In den letzten Jahren entdeckten aber immer mehr Gäste die Ausstrahlung und Anziehungskraft dieser einmaligen Zeitzeugen.

In 2004, over 40 historic hotels and guest houses built between 1519 and 1938 joined forces to form a unique marketing cooperation under the brand name “Swiss Historic Hotels”. With their authentic historic fabric, they offer experiences that are beyond compare. The hotels have recently opened up five themed travel routes for their guests. The routes lead right across Switzerland and award an insight into age-old traditional Swiss features.

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TRAVEL

GESCHICHTE (ER)LEBEN

Swiss Historic Hotels

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Die Etappen der Route 5 – Von Quellen zu Grenzen:

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Etappe 1 Alpinhotel Grimsel Hospiz, Guttannen (Abb. Seite 102) Inmitten karger Felslandschaft und über dem türkisblauen Stausee steht das Grimsel-Hospiz. Das Gebäude wurde 1932 errichtet und war damals das erste elektrisch beheizte Hotel in Europa. Aus dem ehemals trutzigen Bergarbeiterdomizil ist nach einem kompletten Umbau ein geschmackvolles Hotel für Ästheten und Naturliebhaber geworden. Ausflugsziele: Aare-Quellgebiet; Besichtigung der Kraftwerke Oberhasli AG; Fahrt mit der steilsten Standseilbahn der Welt an den Gelmersee. Etappe 2 Grandhotel Giessbach, Brienz (Bild 1) Das legendäre Grandhotel verbindet den Charme der vorletzten Jahrhundertwende mit modernem Komfort. Eine private Schiffstation und eine Standseilbahn machen bereits die Anreise zu einem nostalgischen Erlebnis. Gebäude und Mobiliar wurden aufwendig restauriert, der Charme der Belle Epoque ist überall spürbar. Ausflugsziele: Giessbachfälle und historische Standseilbahn zwischen See und Hotel. Fahrt aufs Brienzer Rothorn.

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Etappe 3 Jugendstil-Hotel Paxmontana, Flüeli-Ranft (Bild 2) Das Hotel liegt frei stehend auf einem Hügel in Flüeli-Ranft, dem Wirkensort des heiligen Bruder Klaus von Flüe. Das Haus wurde nach denkmalpflegerischen Kriterien renoviert und verfügt über schmucke Zimmer. Die 47 Meter lange Veranda mit Fensterfront gibt den Blick frei auf das Sarneraatal und den Glaubenberg. Kulinarisch wählt man zwischen Obwaldner und Schweizer Spezialitäten aus. Ausflugsziele: Kraftort von Bruder Klaus. Etappe 4 Hotel und Kurhaus Flühli, Flühli (Bild 3) Das originelle Land-Jugendstilhaus, 1904 zum Hotel umgebaut, liegt mitten im Dorf und wurde 1988 total renoviert. International bekannt wurde das Hotel durch seine Schwefelbadkuren. 1915 verbrachte Lenin mit seiner Familie Ferien in Sörenberg – war jedoch viel im Kurhaus Flühli zu Gast, wo seine Sekretärin und Geliebte nächtigte ... Ausflugsziele: Kneippanlage Sörenberg; Biosphäre Entlebuch. Etappe 5 Romantikhotel Wilden Mann, Luzern (Bild 4) Das Hotel in der Luzerner Altstadt wurde 1517 erstmals als Pinte erwähnt. Der barocke Baukomplex ist heute ein Konglomerat aus sieben verwinkelten und miteinander verbundenen Häusern. Im 19. Jahrhundert wurde das Hotel Wilden Mann erweitert und aufgestockt und gilt als bedeutender Zeuge der Luzerner Tourismusgeschichte. Das Gästebuch umfasst illustre Namen aus Weltpolitik, Showbusiness und Kultur. Ausflugsziele: Kapellbrücke, Gletschergarten, Verkehrshaus, Bourbaki-Panorama.


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Etappe 6 Hotel Terrasse am See, Vitznau (Bild 5) Das Hotel Terrasse am See wurde 1873 unter dem Namen Hotel Rigi-Bahn eröffnet und befindet sich, ideal für Ausflüge, gleich neben Schiffstation und Rigibahnen. Seine heutige Form erhielt das Gebäude 1930. Markant ist der «Berger Anbau», das über den See ausschwingende Restaurant Rondel im Bauhausstil, das ursprünglich als erstes Dancing am Vierwaldstättersee konzipiert war. Ausflugsziele: Fahrt auf die Rigi mit der ältesten Zahnradbahn Europas, Rütliwiese, Weg der Schweiz, Forum der Schweizer Geschichte in Schwyz. Etappe 7 Romantik Seehotel Sonne, Küsnacht (Bild 6) Das Romantik Seehotel Sonne Zürich-Küsnacht ist ein historisches Vier-Sterne-Superior-Haus an malerischer Lage direkt am Zürichsee. Die Sonne war eine der ersten Gaststätten mit Tavernenrecht in der Schweiz. Der Turm stammt vermutlich aus dem 14. Jahrhundert. 1641 wurde das damalige Wirtshaus zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Prominente Gäste wie C. G. Jung, Thomas Mann, Franz Kafka und Lenin besuchten die Sonne. Ausflugsziele: Schweizerisches Landesmuseum Zürich, ChagallFenster in der Fraumünsterkirche Zürich; Holzbrücke von Rapperswil nach Hurden. Etappe 8 Gyrenbad in Turbenthal (Bild 7) Die Geschichte des Gasthofs beginnt bereits 1364, die aktuelle Bausubstanz stammt aus dem 17. Jahrhundert. 1990 bis 1992 wurde das Haus in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege

vollständig restauriert. Der Gasthof mit sieben lauschigen Zimmern liegt mitten im malerischen Tösstal und ist einer der ursprünglichsten Gasthöfe weit und breit. 1997 wurde das Hotel zum Historischen Hotel des Jahres gewählt. Ausflugsziele: Schloss Kyburg, Industrie-Ensemble Neuthal (mit Spinnereimuseum). Etappe 9 Schloss Wartegg, Rorschachenberg (Bild 8) Das Schloss Wartegg wurde 1557 oberhalb des südlichen Bodenseeufers erbaut. In den 1960er-Jahren fiel es in einen Dornröschenschlaf. 1994 erfolgten die kulturelle Wiederbelebung und der behutsame Umbau zum eleganten Hotel. Einmalig sind der englische Landschaftspark und der Schlossgarten mit alten Nutzpflanzen, die teilweise noch aus alten Bauerngärten stammen. Ausflugsziele: Stiftsbibliothek St. Gallen, Textilmuseum St. Gallen, Wildkirchli Ebenalp, Fliegermuseum Altenrhein. Detaillierte Informationen zu allen historischen Reiserouten inklusive der jeweiligen Ausflugsziele finden Sie unter MySwitzerland.com/historische_routen

Swiss Historic Hotels www.myswitzerland.com/historisch www.swiss-historic-hotels.com

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MOBILITY

EASY RIDER

Mit Classic Cars über Alpenpässe

easy

RIDER

MIT CLASSIC CARS ÜBER ALPENPÄSSE

CHRISTOF R. SCHMIDT UNTERWEGS AUF DEM Col du Lautaret (F)

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Fabrizio D’Aloisio

Petra Dufkova

Oldtimer sind angesagt wie nie zuvor. Mit gutem Grund: Die Alpen bieten dank ihren unzähligen Übergängen die ideale Szenerie für Automobil-Enthusiasten. Die Gründe, sich ein altes Auto zuzulegen, sind vielfältig. Zum einen ist da der Fahrspass, den ein Klassiker bietet. Zum anderen mag es beim einen oder anderen darum gehen, sich von der Gleichförmigkeit moderner Autos abzugrenzen. Dann ist da der Faktor Sympathie – schliesslich kann sich der Ausstrahlung eines Oldtimers selten jemand entziehen. Und zu guter Letzt kommt es eben auch drauf an, wo man zu Hause ist. Je ländlicher die Gegend, desto enger ist in der Regel die emotionale Bindung ans Automobil. Und je kurviger und ursprünglicher die Strassen vor der Haustür, desto besser eignen sich diese für Oldtimer-Ausfahrten. Auskuppeln, gleiten lassen, ein bisschen Gas, und aus der Motorhaube tönt ein «buaaahhh», gefolgt von einem «gurgelgurgel». Wer schon mal mit einem Klassiker einen Alpenpass befahren hat, sucht sich schnell den nächsten. Viele Passstrassen in den Alpen eignen sich perfekt für genussvolle Ausflüge ins Blaue. Das Schöne dabei: Oldtimer-Ausfahrten lassen sich bestens mit einem Halt in einem urigen HospizRestaurant kombinieren. So wird aus einer Klassiker-Fahrt schnell mal ein kulturelles Erlebnis. Was bleibt, ist die Qual der Wahl. Diese Schmerzen halten sich allerdings in Grenzen schliesslich ist ein Alpenpass schöner als der andere. Wir haben auf den nächsten Seiten deren fünf ausgesucht und einen dazu passenden Klassiker gewählt.

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MOBILITY

EASY RIDER

Mit Classic Cars über Alpenpässe

1 Col de Turini (Frankreich) Der Col de Turini in den französischen Seealpen. Ein Mythos. Legendäre Fahrer haben die Rallye Monte Carlo auf dieser berühmten Etappe - «die Nacht der langen Messer» – gewonnen; oder sind kläglich an ihr gescheitert. Der Turini bietet Oldtimer-Fahrern unweit von der französischen Riviera eine 40 Kilometer lange und landschaftlich abwechslungsreiche Bergstrecke. Wegen der vielen Serpentinen und der engen Strasse ist die Strecke eine Herausforderung. An vielen Stellen schützt nur eine winzige Mauer vor dem tiefen Abgrund. Ein Pit Stop empfiehlt sich im Restaurant auf der Passhöhe. Passender Klassiker: Mini Cooper S Weil an der Rallye Monte Carlo 1964 für die ganze Welt völlig überraschend ein Mini die internationale Rallye-Szene tüchtig durcheinanderwirbelte. Der rote Winzling hatte allen PS-starken Konkurrenten die Rücklichter gezeigt und sich den Gesamtsieg der Rallye Monte Carlo gesichert. Zur Not geht übrigens auch ein Mini von heute, schliesslich sind auch die Kurvenfresser.

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2 BERNINAPASS (SCHWEIZ) Bereits 1929 haben in St. Moritz erstmals die «Internationalen St. Moritzer Automobilwochen» stattgefunden. Unbestrittener Höhepunkt des Events war schon damals das Bergrennen über 16 Kilometer von Poschiavo auf den Berninapass. Zu Recht: Der Bernina ist einer der schönsten Schweizer Pässe und verbindet das Oberengadin mit dem italienischen Veltlin. Oben auf dem Hospiz empfiehlt sich ein Einkehrschwung ins Ristorante Cambrena auf eine satte Portion Pizzoccheri. Idealerweise verbinden Freunde klassischer Automobile den Bernina mit einem Aufenthalt im eleganten St. Moritz und können am nächsten Tag gleich die weiteren umliegenden Alpenpässe in Angriff nehmen. Passender Klassiker: Aston Martin DB5 Weil es die Briten waren, die den Wintersport in dieser Gegend erfunden haben. Und weil James Bond im Streifen «Im Geheimdienst Ihrer Majestät» 1969 auch schon nach St. Moritz fuhr. Sein Dienstwagen damals: ein Aston Martin DB5. Der Nachfolger des Super-Sportwagens wird auch heute noch gebaut. Als Zwölfzylinder mit über 500 PS.


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3 Grossglockner (Österreich) Die Grossglockner Hochalpenstrasse ist die Nord-Süd-Verbindung von Salzburg nach Kärnten. Sie ist wie geschaffen für Klassiker: sanfte Anstiege, die den Motor nicht überstrapazieren, viele Kurven und eine hochalpine Landschaft zaubern jedem Oldtimer-Enthusiasten ein Lächeln ins Gesicht. Als Aussichtsstrasse in den Nationalpark Hohe Tauern führt die Hochalpenstrasse den Besucher über 1500 Höhenmeter durch fast alle Vegetationszonen zwischen Wiesen und Gletschern.

GROSSGLOCKNER: VIELE KURVEN MIT SANFTEN ANSTIEGEN

Passender Klassiker: Jaguar E-Type Weil wir die alpenlosen Engländer wenigstens autotechnisch zu Wort kommen lassen möchten: Der Jaguar E-Type, der in den 1960ern auf den Markt kam, glänzt durch einmalige Proportionen und die wohl längste Motorhaube der Welt. Dieses Jahr feiert er übrigens gleich noch seinen Fünfzigsten. Herzlichen Glückwunsch, E-Type!

4 Das Stilfser Joch verbindet Bormio in der Lombardei mit Prad im Südtirol und stellt eine Herausforderung für Mensch und Maschine dar: Autohersteller nutzen das bis zu 15-prozentige Gefälle, um Bremsen auf ihre Standfestigkeit zu prüfen. Nach dem Col de l’Iseran ist der Stelvio mit 2757 Meter Passhöhe der höchste asphaltierte Pass der Alpen. Bei mehr als 80 Kehren ist Langeweile am Lenkrad absolut ausgeschlossen. Am Sattel wird man mit einer Wurst vom Grill und einem grandiosen Panoramablick auf die Ötztaler Alpen belohnt. Passender Klassiker: Alfa Spider Weil uns Alfa Romeo aus Mailand in den Sinn kommt, wenn wir an einen lombardischen Autohersteller denken. Am liebsten würden wir den Stelvio mit einem klassischen Alfa Spider fahren – der ist Frauenliebling, Sportgerät für Männer und das richtige Gefährt für Geniesser in einem. Und einfach eine «bella macchina».

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Passo dello Stelvio (Italien)

PASSO DELLO STELVIO: MIT 2757 METERN DER ZWEITHÖCHSTE ALPENPASS

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MOBILITY

EASY RIDER

Mit Classic Cars über Alpenpässe

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Easy rider Oldtimers are in demand as never before.

Klausenpass (Schweiz)

With good reason: thanks to the numerous passes, the Alps provide the perfect setting

Von 1922 bis 1934 trafen sich auf dem Klausenpass zwischen Uri und Glarus Jahr für Jahr die besten Rennfahrer der Welt. Die Strecke gilt als anspruchsvoll und herausfordernd. In den letzten Jahren fanden verschiedene Memorial-Rennen statt, die die Rennsportgeschichte wieder haben aufleben lassen. Einen der besten Streckenabschnitte bilden die Serpentinen vom Urnerboden durch den «Klus» genannten Felskessel auf der Ostseite. Oben wartet das kultige Gasthaus Bergli auf hungrige und durstige Oldtimer-Freunde.

for automobile enthusiasts. There are many grounds for acquiring an oldtimer. One is the driving pleasure offered by a classic car. Another may be to distance oneself from the uniformity of modern vehicles. And last but not least, it is also a question of where a person lives. As a rule, the more rural the area, the closer the emotional bond to the automobile. And the more curved and unchanged

Passender Klassiker: Porsche 356 B 2000 GS Carrera GT Weil ein Porsche immer eine gute Figur macht. Auch auf dem Klausenpass. Und wenn wir wählen dürfen, nehmen wir einen 356 B 2000 GS Carrera GT aus den frühen Sechzigerjahren. Was für ein Design!

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the roads, the more suitable these are for trips with an oldtimer. On the next pages we’ve selected five of these together with a fitting classic car.


«Jetzt ist mein Schmuckstück optimal versichert.»

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Es gelten die Allgemeinen Vertragsbedingungen. Sommer 2011


PORTRAIT

JOHN LEMM

Der vergessene Superstar

John Lemm

der vergessene Superstar

Franco Item

Archiv Samedan

Alle Welt kennt die besten Sportler Graubündens. Allen voran Olympiasieger im Langlaufen Dario Cologna. Was heut längst vergessen ist: Schon vor hundert Jahren war ein Sportler aus Davos ein Weltstar: John Lemm. Dreifacher Weltmeister im Ringen. «Der stärkste Mann der Welt war ein Davoser», erzählte mir mein Grossvater, während er mich an der Hand hielt und wir die Promenade in Davos entlang spazierten. Ich war damals etwa fünf Jahre alt. Dass diese Geschichte tatsächlich wahr ist, wurde mir erst 30 Jahre später bewusst: Als ich im Heimatmuseum Davos zufälligerweise einen riesigen Gürtel am Boden liegen sah. Ein Gürtel der so breit war, wie der von Schwergewichtsboxer Vitali Klitschko nach einem gewonnenen Weltmeisterschaftskampf. Es handelte sich um den Weltmeistergürtel des Davosers John Lemm. Wie berühmt und stark John Lemm einst tatsächlich war, ahnte ich damals noch nicht. Im Juni 2011 jährt sich sein Todestag zum 50. Mal. Zeit, um sich an den einst weltberühmten Sportler zu erinnern.

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The Swiss Hercules John Lemm wurde 1883 in Davos im Dischma geboren und war schon als Teenager ein begeisterter Turner, Bergsteiger und Schütze. Dass er letztlich der beste Schwergewichts-Ringer der Welt werden würde, konnte niemand ahnen. Denn der junge Johannes, der sich später John nannte, war von kleiner Gestalt. Eigentlich viel zu klein, um gegen die besten Schwergewichts-Ringer der Welt antreten zu können. Als Vergleich: G. C. O’Kelly, der Olympiasieger von 1908 im Ringen der schwersten Gewichtsklasse, war 1,96 Meter gross und 109 Kilo schwer. John Lemm mass bloss 1,69 Meter, brachte jedoch 99 Kilo Kampfgewicht auf die Waage. Dabei hatte Lemm eine Figur wie ein moderner Bodybuilder: Einen Waschbrettbauch und Berge von fein definierten Muskeln.


Ohne Zweifel: John Lemm war ein Naturtalent. Er war extrem flink und unheimlich kräftig. Auch seine Technik war stupend: So sind in Zeitungen wie der «New York Times» immer wieder schier unglaubliche Kampfszenen wie folgende zu lesen: Der kleine «Dandy Lemm» packte seinen viel grösseren Gegner von hinten um den Brustkorb, riss den Gegner aus dem Stand vom Boden hoch und schleuderte ihn – quasi in einem Rückwärtssalto – über sich hinweg. So erging es letztlich auch O’Kelly als er gegen John Lemm antrat: Swiss Herculess, John Lemm, hiess der klare Sieger. Olympiasieger O’Kelly hatte keine Chance. Kämpfe in Davos Lemm galt als furchtloser Kämpfer, der seine Gegner ohne taktisches Vorgeplänkel von der ersten Sekunde an ungestüm attackierte. Dies war für die Gegner unangenehm, aber leider auch für die Zuschauer. Denn seine Kämpfe dauerten meistens bloss wenige Minuten. So war es auch in Davos. Dort verbrachte er mit Vorliebe seine Ferien, um sich von seinen Profi-Kämpfen in England und in Amerika zu erholen. Doch diese Erholung dauerte oft weniger lange als geplant. Denn kaum hatten europäische Profiringer erfahren, dass Lemm in Davos weilte, forderten sie ihn öffentlich – zum Beispiel in Zeitungen – auf, sich ihnen zu stellen. So kam es, dass Davos zum Schauplatz hochkarätiger Kämpfe wurde. Lemm war zu seiner Zeit ein Superstar. Wenn er in Davos gegen einen anderen Profiringer antrat, pilgerte halb Graubünden auf die Eisbahn, um ihrem Idol nahe zu sein: Die Bauernsöhne aus dem Engadin, dem Prättigau und dem Schanfigg nahmen mehrstündige Fussmärsche auf sich, nur um ihren weit gereisten Star für ein paar Minuten kämpfen zu sehen. So auch 1910. Damals wurde John Lemm vom Profiringer Alois Patigler aus Meran zu einem «Match» in Davos herausgefordert: In nur sieben Minuten knallte Lemm seinen Herausforderer zweimal auf die Bretter. Und Herausforderer Patigler konnte die Heimreise antreten. John Lemm bedauerte 40 Jahre später in seinen Memoiren, dass der Kampf gegen Patigler bloss sieben Minuten dauerte. Und darum die tausenden Zuschauer in Davos wohl etwas zu kurz gekommen seien …

Unter seiner Anleitung stemmten junge Männer Gewichte, erlernten das Ringen oder Boxen. Lemm schwärmte noch 40 Jahre später vom grossen Erfolg seines Sportgymnasiums. Doch der Erste Weltkrieg machte ihm einen Strich durch die Rechnung: Die meisten jungen Männer wurden ins Militär eingezogen. Kaum war der Erste Weltkrieg vorbei, pachtete Lemm die ganze Radrennbahn Oerlikon in Zürich und veranstaltete Velorennen und andere Sportwettkämpfe. Radrennen waren damals sehr populär. John Lemm berichtet von bis zu 16’000 Zuschauer, die am Sonntag seine Radrennen sehen wollten. Zehn Jahre später sorgte der umtriebige Lemm erneut für Schlagzeilen. Er reichte in Bern beim Eidgenössischen Eisenbahndepartement ein Konzessionsgesuch für den Bau einer Standseilbahn auf die Davoser Parsenn ein. Zu einem solchen Gesuch gehörten umfangreiche Projektstudien, die Lemm von einem Architekturbüro ausarbeiten liess. Damit ging er als Initiator der Parsennbahnen in die Geschichtsbücher ein. Indes: Lemm bekam die Konzession nicht zugesprochen. Seine Konkurrenz baute schliesslich diese heute noch sehr bekannte Bergbahn. Doch Lemm, wäre nicht Lemm, hätte er sich entmutigen lassen: Er baute zuoberst auf der Parsenn – auf dem Weissfluhgipfel – ein Bergrestaurant hin, in dem sich die immer zahlreicher werdenden Skifahrer vor der Abfahrt stärken konnten. Dieses Restaurant, das Lemm-Hütte genannt wurde, baute dieser in unmittelbarer Nähe des Starts des Parsenn-Derbys. Dieses Abfahrtsrennen galt lange als grosser Klassiker im Abfahrts-Skizirkus und brauchte vor 80 Jahren den Vergleich mit dem Lauberhorn oder dem Hahnenkamm nicht zu fürchten. Und wen wunderts – John Lemm stand auch hier am Start. Und das als bald 50-Jähriger. John Lemm wurde 78 Jahre alt. Er starb im Juni 1961 in Davos. Und irgendwo im Heimatmuseum Davos liegt sein riesiger Weltmeistergürtel – einst gestiftet vom englischen König Edward!

John Lemm – the forgotten superstar The whole world knows Graubunden’s best sportsmen and women.

Unternehmer und Bergbahnpionier Nach seiner aktiven Zeit als Weltklasse-Ringer blieb John Lemm über viele Jahrzehnte eine bekannte Persönlichkeit in der Schweiz. Vor allem, weil er als Unternehmer mit ungewöhnlichen Ideen immer wieder Aufsehen erregte: Um 1912 organisierte der Sportler erstmals eigene Ringkämpfe. In Bern im Variété Maulbeerbaum traten während vier Wochen jeden Abend Ringer gegeneinander an. Anschliessend verwirklichte John Lemm eine andere Geschäftsidee: Er gründete in Zürich das «Sportgymnasium». Dabei handelte es sich ganz einfach um einen der ersten Fitnessclubs der Schweiz.

Especially Olympic Champion in cross-country skiing, Dario Cologna. But another name has long been forgotten. One hundred years ago, a sportsman from Davos was already a world star: John Lemm. Threetimes world champion in wrestling, Lemm had a natural talent. He was extremely agile, incredibly strong and had an astounding technique. In those days, newspapers such as the “New York Times” repeatedly published incredible accounts of wrestling matches. John Lemm reached the age of 78 and died in Davos in June 1961. The Davos Local History Museum displays his huge World Championship belt – once presented by Great Britain’s King Edward VII!

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GUIDE

SOMMER 2011

Hotels & Restaurants Stube Ida, Vigilius Mountain Resort | Lana

Südtiroler Bauernküche

Bergdorf Priesteregg | Leogang

Premium-Hotel-Resort

Direkt unter dem ausschweifenden Restaurant 1500 im Vigilus Mountain Resort liegt die eher introvertierte Stube Ida. Hier spürt das Küchenteam den bäuerlichen Gerichten des Südtirols nach und serviert diese in Kombination mit kulinarischer Authentizität. Die Stube, der Kachelofen, das Holz, die Schank, das Geschirr, das Schneidebrett, die Knödel – alles fühlt sich dem Bäuerlich-Traditionellen verpflichtet – schlicht und ohne Schnörkel. Einfach ein Berggasthof auf dem Vigiljoch. (dc) Stube Ida | Vigilius Mountain Resort Vigiljoch, I-39011 Lana T +39 0473 55 66 00 www.vigilius.it

Weit oben, im Leogang im österreichischen Salzburger Land, schmiegen sich 16 Chalets in die

Airtime Café | Lauterbrunnen

liebliche Berglandschaft ein – was wie ein begeh-

Einmal waschen & kaffee bitte!

bares Heimat-Museum anmutet, ist in Wirklichkeit ein Premium-Hotel-Resort. Ein paar ausgefallene

Das Café Airtime liegt direkt an der Hauptstrasse

Details: teilverglaste Dächer zum «Sterndl schau-

in Lauterbrunnen. Mit Internetservice, Waschma-

en», Trinkbrunnen in den Schlafzimmern, Indoor-

schine und Booking Office für Outdoorerlebnisse

Spa-Bereiche mit frei stehender Badewanne und

ist es eigentlich als Backpacker-Treff gedacht. Es

Kosmetiksessel, kleine Bauerngärten mit Sträuchern

gibt aber auch für Einheimische und Gäste ohne

und Beeren vor jedem Chalet und ein Holzback-

schmutzige Wäsche gute Gründe für einen Besuch

ofen am Dorfteich. (pk)

im Airtime: leckere, hausgemachte Süssigkeiten, grosse Tassen voller Milchkaffee, währschafte

Bergdorf Priesteregg Sonnberg 22, A-5771 Leogang T +43 (0)6583 - 82 55 20 www.priesteregg.at

Suppen und ein gemütliches Ambiente mit einfachen Holztischen sowie alten, ausgesessenen Sofas. (am)

Airtime Café Daniela und Beni Fuhren, CH-3822 Lauterbrunnen T +41 (0)33 855 15 15 www.airtime.ch

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ADVERTORIALS

HOTEL CASTELL | ZUOZ La Rösa | Valposchiavo

rough luxe

Nicht für jedermann, sondern nur für jene, die Qualität in der absoluten Reduktion suchen. Das La Rösa bietet sorgfältige Wiederherstellung, hochwertiges Handwerk, authentische Tafelkunst. Die Seele der einstigen Post- und Säumerstation ist

Kaum ein Hotel ist bei Gästen jeglicher Klasse und jeglichen

Stuckdecke des historischen Saales. Ein eigentliches Kunst-

unverfälscht, das Konzept des Agriturismo neu. Geniessen in

Alters dermassen beliebt wie das Castell in Zuoz. Familien,

werk ist die sinnliche Rote Bar mit der Castell Lounge. Nicht

Betten und Badestuben der Herrschaften und Klulinarisches aus

Paare und Individualisten, Sportler und Kulturreisende,

nur hier lässt es sich tagträumen, im ganzen Haus und

dem Puschlav entdecken: regionale Gerichte «fatte in casa»

Junge wie Gereifte sorgen für einen belebenden Gästemix

zwischen der namhaften Sammlung moderner Kunst verfliegt

oder Prodotti di Capra von den eigenen Geissen. Getafelt wird

auf der Kawamata-Terrasse. In der faszinierenden Hotel-

die Zeit im Nu, und man kann sich herrlich dem Müssiggang

am langen Tisch der Sala da Pranzo mit dem klingenden Namen

welt verschmelzen Kunst, Architektur, Kulinarik und alpiner

hingeben. Eine eigene Welt auf dem anderen Berg bei

«Leonardo da Vinci». Der grosse Meister vermutete in La Rösa

Komfort zu einem einzigartigen Ferienerlebnis.

St. Moritz. Beachten Sie auch die aktuellen Angebote auf

die Quellen der Hauptflüsse Italiens. (pb)

Das Hamam inspiriert mit leuchtenden Farben und bietet

der Website.

orientalische Badekultur mitten in den Engadiner Bergen. La Rösa CH-7724 Valposchiavo T +41 (0)81 832 60 51 www.larosa.ch

Die Castell-Küche ist frisch, saisonal abgestimmt und ideenreich. Stilgerecht, doch unkompliziert speist man unter der

MAIENSÄSS HOTEL GUARDA VAL | Sporz, Lenzerheide

Gleich oberhalb der Lenzerheide, wo die Natur ihren ganzen

Schuhmair aromatische Volltreffer – auf der Terrasse auch mit

Reiz ausspielt, schlummern auf 1600 Meter 11 Maiensässe in der

Traumblick ins Tal. Grossmutters Lieblingsspeisen werden im

Bergwiese. Hinter den sonnenverbrannten Balken der bis zu

rustikalen Crap Naros aufgetischt. Nach ausgiebigen Streif-

300 Jahre alten Hütten liegen alpine Schätze, die das Bergglück

zügen in der Natur, lässt man es sich im Guarda Sana gut gehen.

neu beschreiben: 50 Refugien mit individuellem Grundriss und

Auch hier besinnt man sich auf die Kunst des Weglassens und

stilvollen Akzenten aus der Bündner Bergwelt. Eine Kombination

setzt stattdessen auf Qualität. Das Guarda Val ist ein Maiensäss-

von echtem Bergerlebnis und gekonntem Luxus. Im eleganten

Zuhause mit Charme und Cheminée und ein absoluter Lieblings-

Ambiente des Gourmetrestaurants serviert Sternekoch Karlheinz

platz in geborgener Abgeschiedenheit.

Maiensässhotel Guarda Val CH-7078 Sporz/Lenzerheide T +41 (0)81 385 85 85 www.guardaval.ch

Castell Hotel, Restaurant, Hamam, CH-7524 Zuoz T +41 (0)81 851 52 53 www.hotelcastell.ch


GUIDE

SOMMER 2011

Hotels & Restaurants Bergspa Hotel La Val | Brigels

Viva la vita Forsthofalm | Leogang

sinnliche Alm Der Neubau der Forsthofalm in der Gemeinde Leogang in Salzburg besticht nicht auf den ersten Blick – wohl aber auf den zweiten. Während die Aussenansicht noch nichts Spektakuläres verspricht, kann sich die Innensicht gelinde gesagt sehen lassen. Getreu dem Credo, die «sinnlichste Alm der Welt» zu sein, verführt die Forsthofalm mit einem Spa mit Panoramablick, der Gourmetstube «Sinnreich», einem Bioteich mit Kneippbecken und luxuriösem Alm-Lounge-Feeling. (pk)

Im Bergspa Hotel La Val im bündnerischen Bergdorf Brigels, im Herzen der Surselva auf 1300 Meter über Meer, zieht man sich gerne zurück. Zwei stilvolle Feinschmecker-Restaurants mit Sonnenterrasse, eine Smokerlounge, eine 500Quadratmeter-Wellnessoase, die idyllische, unverblühte Bergwelt und die ganze SommersportPalette lassen auch nichts zu wünschen übrig. Rustikaler «Chalet Chic» mit einer Prise Extravaganz, zwei Löffeln «Alpengroove» und einer grossen Portion Verwöhnprogramm. (pk)

Alm-Hotel Restaurant Forsthofalm Hütten 37, A-5771 Leogang T +43 (0)6583 85 45 www.forsthofalm.com

Hotel La Val CH-7165 Brigels T +41 (0)81 929 26 26 www.laval.ch

Berghaus Niederhorn | Beatenberg

logenplatz auf dem berg Die Terrasse des Berghauses Niederhorn ist eine Art Loge im Welttheater der Berner Oberländer Bergprominenz: Jeder Spitz und jedes Horn ist von hier aus sichtbar. Ausgebreitet, als hätten die Berge nur den einen Zweck zu erfüllen, nämlich schön auszusehen. Die Erneuerung hat dem Haus gut getan, sodass es nun wirklich keinen Grund gibt, das Panorama nicht geniessen zu können. Wer Ruhe und Natur liebt, bucht eines der acht einfachen Hotelzimmer und bleibt über Nacht auf dem Gipfel. (am)

Berghaus Niederhorn CH-3803 Beatenberg T +41 (0)33 841 11 10 www.niederhorn.ch

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Sommer 2011


ADVERTORIALS

HOTEL SARATZ | PONTRESINA Im Vier-Sterne-Superior-Hotel Saratz vereinen sich modernes Lebensgefühl mit Engadiner Hoteltradition, Grandezza mit Design, Architektur mit der einzigartigen Bergwelt des Engadins. Das Saratz ist elegant, aber familiär, modern, aber charmant – und in der Kombination von Alt und Neu verströmt es vor allem eins: Atmosphäre. 93 stilvoll ausgestattete helle Zimmer bieten Design, Komfort und Gletscherblick. Das Jugendstilrestaurant im über 125-jährigen Saal schafft das stimmungsvolle Dekor für die leichte, kreative Küche des Punktekochs Valère Braun. Im angegliederten Gourmetrestaurant wird die klassische französische Küche unter Einbezug lokaler Naturprodukte zelebriert. Der Genuss findet in der gut assortierten AVO-Lounge mit edlen Zigarren und den passenden flüssigen Begleitern seinen krönenden Abschluss. Ungezwungener geht es in der Dorfbeiz Pitschna Scena und im Fonduekeller aus dem 17. Jahrhundert zu und her. Im grosszügigen Wellnessbereich mit Saunen, Dampfbädern und Indoorpool können Sie einfach mal die Zeit vergessen. Für die aktiven Zeiten stehen im 35’000 m² Hotelpark ein Tennisplatz, Golf Pitching- und Putting Green und das beheizte Aussenbecken zur Verfügung. Ein rundum positives Hotelerlebnis! Hotel Saratz CH-7504 Pontresina / St. Moritz T +41 (0)81 839 40 00 www.saratz.ch

TERZA: WOHLBEFINDEN PER FERNBEDIENUNG Rüegg, der Schweizer Marktführer, ist europaweit ein Synonym für technisch-innovative, elegant designte Cheminées. Exemplarisch dafür: das neue Premiummodell «Terza». Es verbirgt moderne Technologie im Innern und besticht äusserlich mit zeitloser Dezenz. So eröffnet sich erst auf den zweiten Blick, weshalb Terza von Anfang an überzeugend wirkt: Es ist die kompromisslose Reduktion auf das Wesentliche – der Verzicht auf alle sichtbaren Komponenten, die vom Zauber des Augenblicks, von der Faszination des Feuers ablenken. Die Ursprünglichkeit dieses magischen Naturelements lässt sich eins zu eins, fast hautnah erleben. Und wenn Sie mal etwas Distanz brauchen, geniessen Sie trotzdem die volle Kontrolle: die edle, rahmenlose Glaskeramikscheibe lässt sich bequem vom Sofa aus per Fernbedienung öffnen und schliessen. Zudem gelten die Rüegg Cheminées, dank dem raumluftgetrennten Verbrennungssystem Air Direct, als ökologisch sinnvolle Wärmequellen, die sich bestens für den Einbau in Niedrigenergie-, Passiv- und Minergie-Häuser eignen.

Rüegg Cheminée Schweiz AG Studbachstrasse 7, CH-8340 Hinwil T +41 (0)44 938 58 58, F +41 (0)44 938 58 38 www.ruegg-cheminee.com


GUIDE

SOMMER 2011

Restaurants & Shopping Gourmet-Restaurant La Stüva | Pontresina

ALTE FICHTE Das A-la-carte-Restaurant im Hotel Walther in Pontresina ist ein wahres Kleinod aus 200-

Grotto America | Ponte Brolla

nostrano

jähriger Fichte im Stil der alten Bündner Patrizierstuben. Mit 15 Punkten «Gault Millau» ist es das Aushängeschild des familiengeführten Hauses und verzaubert die Gäste mit Eleganz, Behaglichkeit und alpinem Chic. Umsorgt und kompetent beraten werden Sie vom langjährigen Chef de Service Dino Martelli. (dc)

La Stüva im Hotel Walther Via Maistra 215, CH-7504 Pontresina T +41 (0)81 839 36 36 www.hotelwalther.ch

Bally | St. Moritz & Davos

Jubiläumskollektion in neuen Boutiquen

Dieses typische Tessiner Grotto ist auch eines der ältesten. Geführt wird das Grotto America von Mitch Buvoli, einem jungen ehemaligen Snowboard-Profi. Aus dem originalen Vorratskeller werden Affetato, Wein und Gazosa aufgetischt. Danach bester Brasato und hausgemachte Gnocchi – einfach und köstlich! Der beliebte Treffpunkt für Kletterer ist auch Geheimtipp für schwüle Tessiner Sommertage. Dann lässt es sich im lauschigen Schatten unter den Bäumen perekt aushalten. Zu finden gleich am Eingang zum Vallemaggia bei Ponte Brolla. (dc)

Auf stolze 160 Jahre Handwerkskunst in Sachen Schuhe und Luxusleder darf Bally heuer zurückblicken. Und seine zeitlose Stilsicherheit mit zwei neuen Bally-Boutiquen im Alpenraum feiern: Die Davoser Filiale wurde eben erst eröffnet, während die St. Moritzer Boutique komplett umgebaut in frischem Glanz erstrahlt. Klare Linien, grosse Schaufenster und offene luxuriöse Ladenflächen sollen die Kunden ins Innere locken. Architektur, Einrichtung und verwendete Materialien widerspiegeln die zeitlose Eleganz des Schweizer Qualitätslabels, markieren aber auch den internationalen Anspruch und das

Grotto America CH-6652 Ponte Brolla T +41 (0)91 796 23 70 www.grottoamerica.com

tiefe Bewusstsein für die Wurzeln. (pk)

Bally St. Moritz Via Maistra 16, CH-7500 St. Moritz Bally Davos Promenade 60, CH-7270 Davos www.bally.com

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Sommer 2011


ADVERTORIALS

EUROPE HOTEL & SPA | ZERMATT Das 4-Sterne-Haus verbindet Zermatter Charme mit modernem Design und gelebter Gastfreundschaft. 16 neue Zimmer vermitteln alpines Lebensgefühl von seiner schönsten Seite. Gradlinige Architektur, natürliche Materialien, hochwertige Stoffe, grosszügige Bäder und viel Liebe zum Detail sorgen für Wohnqualität deluxe. Jeden Abend verwöhnt die aufgestellte Europe-Crew ihre Gäste mit einem 5-Gang-Gourmetmenü. Der Weinkeller bietet eine sorgfältige Auswahl an feinen Tropfen mit starkem regionalem Bezug. Das reichhaltige Walliser Frühstück sorgt dafür, dass Sie Ihre Ausflüge in die Zermatter Bergwelt gestärkt in Angriff nehmen können. Das erstklassige Wellness-Refugium verzaubert durch seine puristische Architektur. Mit auslassendem Relax-Whirlpool, finnischer Sauna, Dampfbad und Bio-Kräutersauna bietet es alles, was es nach einem Tag an der frischen Bergluft braucht. Das Europe Hotel & Spa ist ein kleines Schmuckstück mitten im Dorf … und der ideale Hort für Erholung, Genuss und pures Bergerlebnis.

Europe Hotel & Spa Riedstrasse 18, CH-3920 Zermatt T +41 (0)27 966 27 00 www.europe-zermatt.ch

VOICESONTOP.CH

MILOW * MARLA GLEN EDOARDO BENNATO PHILIPP FANKHAUSER * BÜNDNERFLEISCH * MARCO MASINI DANIEL KANDLBAUER * DANNY BRYANT’S REDEYEBAND * SINA MELONMOON * PAUL ETTERLIN * ESTELLA BENEDETTI * VERA KAA FRIEDLI BÄNZ * ANNAKIN & ADRIAN WEYERMANN * U.V.M.

6.-9. OKTOBER 2011


AGENDA

SOMMER 2011

Red Bull

Bergsommer x 7 – wo in den Alpen der Bär los ist

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LIFESTYLE 18. Juni 2011 | Meiringen to Meiringen

Red Bull Alpenbrevet Leder, Chrom und Zweitakter: Am 18. Juni riden für einmal nicht schwere Motorräder, sondern kultverdächtige Puchs, Ciaos und Maxis über Grimsel, Furka und Susten. Um die 1000 «Töffligiele» und «–meitschi» lassen an der zweiten Rundfahrt des Red Bull Alpenbrevet den Geist der 70er und 80er aufleben. Unter ihnen Grünschnäbel, die ganz frisch ihren Fahrausweis erworben haben, dann Routiniers, die in ihrer Jugendzeit mit dem Töffli ins Tessin und damit in die Freiheit fuhren. Genauso wichtig wie die coolen Öfen sind in Meiringen die zeitgemässen Outfits: Fuchsschwanz, Helm und Brille und viele andere originelle Accessoires machen dem Kult der Stahlponys alle Ehre. Die Rundfahrt startet in Meiringen und führt nach 132 Kilometern über die drei Alpenpässe zurück zum Ausgangsort - wer das Ziel erreicht, sitzt mehr als 4,5 Stunden im Sattel. Gewonnen hat, wer am nächsten an der Richtzeit in Meiringen eintrifft und mit maximal 29 Stundenkilometern Beharrlichkeit beweist. Für ein prämiertes Styling von Pilot und Gefährt, gelungene Fotos, spannende Geschichten und neu gewonnene Fans auf dem Internetprofil gibt es Bonuspunkte zur Annäherung an die Idealzeit. Na dann: Bringt die Hobel auf Vordermann, und schwingt euch in die Sättel! (pk) www.redbullalpenbrevet.ch

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Sommer 2011


AGENDA

SPORTS 04. bis 10. Juli 2011 | Gstaad

1 TO 1 ENERGY BEACH VOLLEY OPEN

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FIVB

Sonne, Sand und Shorts – für einmal nicht an irgendeinem Palmenstrand am Meer sondern umgeben von gepflegten Chalets, inmitten der Gstaader Bergwelt. Das Beach Volley Open Gstaad ist eine der weltweit sechs Stationen der FIVB Beach Volleyball SWATCH World Tour und beherbergt vom 4. bis 10. Juli die besten Beachvolleyspieler und -spielerinnen der Welt. Und weil der Event schon lange kein Geheimtipp mehr ist, bringen am Wochenende jeweils 6000 BeachvolleyFans den ausverkauften Center Court zum Kochen. Wobei die spannenden Duelle der Weltklasseathleten, die anspornenden Tanzeinlagen der Cheerleaderinnen und jede Menge Standing Ovations noch längst nicht alles sind, was das Beach Volley Open zu bieten hat: Nach Spielschluss gibts täglich DJs und jede Menge Food-Stände im Turniervillage, und am Finalwochenende geht an den Konzerten der grossen BeachParty so richtig die Post ab. Für hartgesottene Partygänger steht ausserdem ein Zeltplatz in unmittelbarer Nähe des Beach-Areals bereit – mit Duschen und WC-Anlagen, Grills, einer Lounge mit Bar, Slacklines und einem Volleyballfeld, um sich so richtig in Beach-Laune zu versetzen. Kaum zu glauben, dass das Meer in Wirklichkeit 400 Kilometer weit von diesem Ort entfernt liegt. (pk) www.beachworldtour.ch

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MOON AND STARS AUF DER SCHÖNSTEN PIAZZA Zehn Tage lang Musikacts von internationalen Stars, die im Rockolymp angekommen sind. Dazu die atemberaubende Kulisse der Piazza Grande mitten in Locarno, Tausende Gleichgesinnte und über den Köpfen der Tessiner Sternenhimmel: Vom 8. bis 17. Juli ist das Moon and Stars wieder der «place to be». Passend zum südlichen Flair des Festivals treten dieses Jahr Santana, Zucchero und Gianna Nannini auf. Aber auch der Rest des Programms mit grossen Namen wie Sting, Joe Cocker, Roxette, Bryan Adams, Jack Johnson oder Bligg kann sich sehen lassen. Wir sagen: Santana wegen der wirklich unglaublichen latinoamerikanischen Rhythmussektion und die schlicht umwerfende Amy Winehouse. Auf jeden Fall nichts wie hin. (pk/dc)

Good News

CONCERTS 08. bis 17. Juli 2011 | Piazza Grande, Locarno

www.moonandstars.ch

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AGENDA

SOMMER 2011

4 SPORTS 22. bis 23. Juli 2011 | Ponte Brolla, Valle Maggia

CLIFF DIVING LETZTE HELDEN

Adrian Gerber

Das Valle Maggia wird wieder zum Mekka der Cliff Diver: Am 22. und 23. Juli stürzt sich die Welt-Elite der Klippenspringer todesmutig vom 26 Meter hohen Felsen bei Ponte Brolla in die kalte Maggia. Diese Sprünge sind nicht nur mutig und halsbrecherisch, sondern auch athletisch spektakulär. Perfektion, Körperbeherrschung und Nervenkitzel vor der atemberaubenden Naturkulisse der steilen Granitfelsen und der natürlichen Becken des klaren Flusswassers. (pk) www.whdf.com

EXHIBITION 15. Mai bis 07. August 2011 | Kunsthaus Glarus

Katastrophenbilder sind heute allgegenwärtige Motive der medialen Berichterstattung. Bei ihrer Betrachtung liegen Schrecken, Faszination und Ignoranz meist nahe beieinander. Das Danach erlangt dagegen meist wenig Aufmerksamkeit in der medialen Agenda. Die Gruppenausstellung (RE)CONSTRUCTED, die noch bis zum 7. August im Kunsthaus Glarus gezeigt wird, vereint regionale, schweizerische und internationale Positionen vor dem Hintergrund des Themenkomplexes von Konstruktion, Destruktion und Rekonstruktion. Die Ausstellung zeigt sowohl poetische als auch kritische Statements zum Moment des zivilisatorischen Nullpunktes, des gesellschaftlichen und kulturellen Wiederaufbaus und seiner fiktiv-utopischen Potenziale. Das Ausstellungsthema nimmt Bezug auf die von Mai bis September stattfindenden Gedenkaktivitäten zum 150-jährigen Jubiläum des Brandes von Glarus von 1861. Diese Feuersbrunst zerstörte fast die ganze Stadt. Für ihren Wiederaufbau wurde ein damals äusserst fortschrittliches Stadtplanungskonzept nach dem Vorbild von modernen Industriestädten realisiert. Mit der gegenwärtigen Umweltkatastrophe in Japan erhalten einige der Arbeiten jedoch auch eine besondere Aktualität. (pb) Mit Werken von Sarah Burger, Marina Hauser, Susanne Hauser, Nicole Hoesli, Siro A. Micheroli, Sweeterland, Janet Cardiff / George Bures Miller, Christoph Draeger, Cyprien Gaillard, Sofia Hultéen, Loredana Sperini sowie Wiedemann/Mettler. Kunsthaus Glarus Im Volksgarten, CH-8750 Glarus www.kunsthausglarus.ch

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LOREDANA SPERINI, Untitled 2011, Porzellan, Farbe, 17 x 7 x 7 cm, Courtesy of the artist und Freymond-Guth Fine Arts (Bild: Daniel Kaehr)

(RE)CONSTRUCTED


AGENDA

clubFESTIVAL 14. Juli bis 14. August 2011 | Dracula Club, St. Moritz

FESTIVAL DA JAZZ ENTDECKUNGEN UND LEGENDEN

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The Manhattan Transfer at Dracula 2010. fotoswiss.com/Giancarlo Cattaneo

Marianne Faithful, Till Brönner, Dieter Meier, Al di Meola, The Manhattan Transfer und viele mehr: Mit seiner fünften Austragung bestätigt das Festival da Jazz seinen internationalen Ruf als absoluter Geheimtipp und wird zum führenden Clubfestival Europas. Im legendären Dracula Club von Gunter Sachs begegnet das Publikum weltbekannten Stars und spannenden Neuentdeckungen auf Augenhöhe – wie zu einer musikalischen Affäre. Verteilt auf fünf Wochen finden über 30 Konzerte statt. Eröffnet wird das Festival von Till Brönner, er gehört zu den erfolgreichsten Jazz-Trompetern Deutschlands. Besonders freuen dürfen sich Besucher auf die legendäre Rock-Lady Marianne Faithfull. Mit 64 Jahren ist sie noch lange nicht müde, eben hat sie ihr neues Album fertig und spielt in zwei neuen Kinofilmen mit. Zu den weiteren Highlights gehören die Konzerte von Monty Alexander, der Klaviervirtuose ist Jamaikas Vorzeigejazzer. Mit von der Partie ist wiederum Musiklegende Paul Kuhn, der bereits im letzten Jahr das Publikum begeisterte. Weitere Höhepunkte sind die Auftritte vom Gitarrenvirtuosen Al di Meola, dem legendären Jazzpianisten McCoy Tyner. Oder Richard Galliano, dem vielleicht grössten Akkordeonisten der Welt. In der Swiss-Week wird das einheimische Schaffen präsentiert: von Tobias Preisig, George Gruntz, Franco Ambrosetti, Pierre Favre bis zu Laura de Weck werden etliche bekannte und frische Gemüter zu erleben sein. Eine Rarität birgt einer der seltenen Auftritte von Dieter «Yello» Meier mit seinem Abend «Out of Chaos» – man darf sehr gespannt sein. Nicht nur darauf. (dc) www.festivaldajazz.ch

EXHIBITION 16. Juli bis 16. August 2011 | Kunsthaus Bregenz

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AI WEIWEI – Architektur und Regimekritik Ai Weiwei ist der bekannteste lebende chinesische Künstler, der mit Ausstellungen auf der ganzen Welt international für Furore gesorgt hat. In seinen Arbeiten thematisiert Ai Weiwei kulturelle, soziale und politische Fragestellungen, was immer wieder dazu geführt hat, dass er von der chinesischen Regierung mit Repressionen belegt und kürzlich gar verhaftet wurde. Die chinesische Staatszeitung «Global Times» griff laut der Nachrichtenagentur APA die Festnahme ais als erstes chinesisches Medium auf und gab an, ihre Informationen «von ausländischen Medien» erhalten zu haben. In ihrem Bericht wies die Zeitung den Protest westlicher Staaten gegen die Festnahme zurück. Diese verstünden «die Komplexität» des chinesischen Rechtssystems nicht, hiess es. Nach Einschätzung der «Global Times» habe sich Ai mit seinen Aktionen an der Grenze zur Illegalität bewegt: «Ai Weiwei wird möglicherweise verstehen, dass er sich bei zahlreichen Gelegenheiten äusserst nah an die rote Linie herangewagt hat.» Sollte er seine Aktivitäten fortsetzen, sei es «wahrscheinlich, dass er die Linie überschreiten» werde. Viele seiner Projekte seien «aus rechtlicher Sicht doppeldeutig», hiess es weiter. Laut der Neuen Zürcher Zeitung vom 21. Mai wird dem Künstler offenbar inzwischen Steuerhinterziehung vorgeworfen, was noch absurder erscheint als die bisher bereits erhobenen Anschuldigungen. Zahlreiche Aussenministerien und Künstlerverbände sowie Amnesty International haben denn auch wiederholt die Freilassung Ais gefordert. Bislang ohne Ergebnis. Die Ausstellung im Kunsthaus Bregenz, die vom 16. Juli bis zum 16. August dauert, konzentriert sich auf Ai Weiweis Architekturkooperationen, zu denen die Zusammenarbeit mit Architekturstars wie Herzog und de Meuron zählen. Zu seinen berühmtesten Werken gehört das Olympiastadion in Beijing (Peking), das zusammen mit den Basler Pritzker-Preisträgern entstanden ist. Neben Modellen, Plänen und Videodokumentationen seiner bekannten Kooperationen werden auch viele noch eher unbekannte Architektinnen und Architekten in der Ausstellung des KUB zu entdecken sein, mit denen er zusammengearbeitet hat. Ai Weiwei wird ein spezielles Ausstellungsdisplay entwerfen, das die Funktion hat, die Projekte adäquat zu präsentieren, und gleichzeitig eine autonome Arbeit des Künstlers darstellt. (pb) Kunsthaus Bregenz Karl-Tizian-Platz 1, A -6900 Bregenz www.kunsthaus-bregenz.at

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CONTRIBUTORS

SOMMER 2011

Contributors

michel comte

Juliette Chrétien

Michel Comte ist der international bekannteste lebende Fotograf der Schweiz. In der

Lebt und arbeitet mit eigenem Studio in Zürich. Nach klassischer Foto-

Glamourwelt der Stars in Hollywood, Paris und London ebenso zu Hause wie in den

grafenausbildung, Assistentin bei bekannten Werbefotografen. Verschiedene

Weiten von Tibet oder den Kriegsruinen von Afghanistan. Seine Porträts grosser Stars

Werbekunden, Mitarbeit am Kochbuch «Salz & the City», Ausstellungen in

– für Vogue, Vanity Fair und Interview – sind ebenso berühmt wie seine Dokumentationen

Zürich und London.

(Fotografie)

menschlichen Elends für das Rote Kreuz. In den letzten Jahren hat er sich immer wieder an landschaftliche Projekte herangetastet.

PEPE ragazzi (produktion)

www.michelcomte.org

In Vira Gambarogno am Lago Maggiore aufgewachsen, ist er heute Nationaltrainer von Swiss-Snowboard. Tief verwurzelt in der Tessiner Tradition und Kultur.

Romeo polcan

Mit dem Projekt «Ticino ti cucino» sind die beiden dem «Nostrano», dem

Geboren und aufgewachsen in Davos. Nach kurzen Assistenzjahren in

ursprünglich und authentischen Tessin auf der Spur.

Zürich mehrere Jahre Mitarbeit bei Hans Feurer in Paris. Seit 1990

www. juliettechretien.ch

freischaffender Fotograf in Zürich. Beiträge in Lifestyle - und Modemagazinen wie «Elle» und «Vogue». In den letzten Jahren vermehrt Arbeiten in den Bereichen Reportage, Architektur und Landschaften. Neben Auftragsarbeiten Kamera und Image für verschiedene Dokumentarfilme. Winner of FIPA D’OR, Biarritz 2000. www.romeopolcan.com

LOIS HECHENBLAIKNER Der Fotograf wurde in Reith im Alpbachtal in Tirol geboren, wo er nach langen Jahren

christophe chammartin Arbeitet als unabhängiger Fotograf für die Schweizer und internationale Presse. Seit 2008 sind seine Arbeiten an internationalen Foto-Festivals zu sehen. Für die Reportage «Prisons de Plastique» über Tagelöhner in den Gemüseplantagen von Andalusien erhielt er 2009 den Grand Prix International sur les droits humains, Montréal. Neben dem Dokumentieren und Reflektieren von sozialen und Zeitthemen ist ihm auch die poetische Annäherung wichtig geworden, die vor allem in seinen Bildern über Natur zum Ausdruck kommt.

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www.rezo.ch, www.oeil-sud.ch Sommer 2011

auf Weltreisen, heute wieder lebt. Sein Thema ist die Verwüstung der Landschaft und der Lebenswelt seiner Kindheit durch die Tourismusindustrie. Er gilt als ausdrucksstärkster Dokumentarist heutiger alpiner Realität. www.hechenblaikner.at


CONTRIBUTORS

Anoush & Aimee Anoush Abrar und Aimée Hoving lernten sich an der Kunstschule Lausanne kennen. Seither bringen sie als kreatives Duo frischen Wind in die Modefotografie. In ihren inszenierten Portraits und Modeaufnahmen gelingt es ihnen, den speziellen Moment einzufangen und der porträtierten Person oder dem Modell eine unerwartete oder eigene Ausstrahlung

FILIP ZUAN arbeitet als Grafiker bei SPOT Werbung, St. Moritz. Als passionierter Fotograf stand er europaweit für renommierte

zu verleihen. www.anoushaimee.com

Skateboard-Magazine und weitere Publikationen hinter der Kamera. Privat fährt er leidenschaftlich Snowboard, skatet und bewegt sich gerne in der Natur.

StEPHan bösch Die Fotografie ist für Stephan Bösch

www.filipzuan.com

ein Mittel um Geschehnisse, Dinge und Menschen genauer zu betrachten und verstehen zu lernen. Oberfläch-

christof r. schmidt Geboren 1976 in Rostock. Beginnt 2001 seine fotografische Ausbildung, arbeitet danach lange als freier Assistent in den Volkswagen-Fotostudios. Assistiert bei verschiedenen Fotografen in den Bereichen Auto, Architektur, Segeln, Landschaft. Ab 2008 eigene redaktionelle Arbeiten für «Autobild». 2009 Umzug in die Schweiz, wo er für verschiedene Werbekunden arbeitet und seiner Faszination für die Berge nachgeht.

liche Schönheit interessiert ihn nicht. Er fotografiert Langzeitprojekte, Reportagen und Portraits, bei denen er sich dem Menschen behutsam nähert. Vorzugsweise arbeitet er analog und nutzt vorhandenes, natürliches Licht. Digitaler Technik verschliesst er sich aber nicht. Stephan Bösch lebt und arbeitet in St. Gallen. www.sichtweise.ch

www.christofschmidt.com

Petra Dufkova Die gebürtige Tschechin (1982) lebt seit 9 Jahren in München. Sie arbeitet als freiberufliche Illustratorin, Stylistin und Designerin. Ihre Handschrift ist eine Mischung aus traditionellen Techniken mit Fokus auf Fashion, Beauty und Lifestyle. Zu ihren Kunden gehören Hérmes, «Cosmopolitain» oder «ELLE». www.illustratoren.de

CHRISTINA HORISBERGER Schrieb ihr Lizenziat über die internationale Verbreitung des Schweizer Chalet-Stils, die mit der touristischen Entdeckung der Schweizer Alpen einherging. Fühlt sich inmitten karger Geröllfelder auf über 2500 m ü. M. genauso wohl wie im Lounge Chair von Eames.

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CONTRIBUTORS

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Impressum

Erich häsler ist 1964 in Interlaken geboren. Er ist selbstständiger Fotograf und führt seit über 20 Jahren das moderne Fotofachgeschäft im Berner Oberland. Er hat sich die letzten Jahre vor allem auf Portraitfotografie, Architektur, Events und Gruppenaufnahmen spezialisiert. www.häslerfoto.ch

BIANCO, 4. Jahrgang Ausgabe Sommer 2011 herausgeber BIANCO Verlag GmbH Via Brattas 2, CH-7500 St. Moritz Tel. +41 (0)81 837 30 20 Fax +41 (0)81 837 30 85 www.biancomag.ch chefredaktion Philipp Bitzer (pb), philipp.bitzer@biancomag.ch Dario Cantoni (dc), dario.cantoni@biancomag.ch

FRANCO ITEM

STÄNDIGE MITARBEITER Fabrizio D’Aloisio (fa) Petra Kropf (pk)

Der gebürtige Davoser (1961) textet und filmt manchmal. Er begann seine Laufbahn als Zuckerbäcker, später schrieb er Schlagzeilen für den Blick, war Moderator beim Radio Piz und

Annette Marti

beim Schweizer Fernsehen. Gemeinsam mit

fühlt sich quasi als waschechte Berglerin, obwohl

Ivo Hajnal gründete er die Schweizerische

sie auch nach zwölf Jahren im Berner Oberland

Text Akademie. Diese bildet in Zusammenarbeit mit Hochschulen

noch Züritüütsch spricht. Schreibt als freie

jährlich 300 Schreibprofis aus. Unter dem Label Edition Zauberberg

Journalistin mit Begeisterung Geschichten aus

publiziert er historische Filme, Reportagen und Biografien.

der Provinz, jenem aufregenden Lebensraum

www.textakademie.ch, www.facebook.com/editionzauberberg

zwischen Älplerromantik und internationalem Tummelplatz und führt Regie beim Funky

Wolfgang Ullrich

Kitchen Club.

geb. 1967, ist Professor für Kunstwissenschaft für Gestaltung Karlsruhe. Er befasst sich als Autor

Art Direction & Layout Pia Walser (AD), Filip Zuan (Spot Werbung, St. Moritz)

mit modernen Bildwelten und berät namhafte Firmen in den Bereichen Trends und Design.

coverfoto Christof R. Schmidt

www.ideenfreiheit.de

ANZEIGEN Mediensatellit GmbH Zypressenstrasse 60, CH-8004 Zürich Tel. +41 (0)43 268 50 39 Fax +41 (0)43 540 50 41 www.mediensatellit.ch, info@mediensatellit.ch inserate@biancomag.ch

bendicht luginbühl Bendicht Luginbühl ist Geschäftsleiter und Partner eines Beratungsunternehmens für Informations- und Medienmanagement und verfügt über langjährige operative Führungserfahrung in Medien- und Verlagsunterunternehmen. In

ÜBERSETZUNGEN Hans & Jennifer Abplanalp, CH-3600 Interlaken

seiner Freizeit führt der passionierte Mountainbiker historische Biketouren.

Stefan Bühler Stefan Bühler ist Verleger und Journalist,

Andrea Caprez lebt seit 1988 als Illustrator, Comiczeichner, Sänger und Komponist in Zürich. Er zeichnet für Zeitungen und Zeitschriften im In- und Ausland.

christoph schuler Mitbegründer und Redaktor diverser Fanzines und Zeitschriften («Stilett», «Nizza», «AHA!»). Seit 1987 freier Journalist, Songtexter und Redaktor beim bekannten Comic-Magazin «Strapazin».

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Produktefotos mit freundlicher Genehmigung der Hersteller. Creative direction Dario Cantoni, Spot Werbung

und Medientheorie an der Staatlichen Hochschule

www.repaper.ch, www.rebellentour.ch

Mitarbeit AUSGABE SOMMER 2011 Texte: Mirko Beetschen, Stephan Bösch, Stefan Bühler, David Eppenberger, Christina Horisberger, Franco Item, Bendicht Luginbühl, Annette Marti, Pepe Ragazzi, Christoph Schuler, Wolfgang Ullrich Bilder: Anoush Abrar & Aimée Hoving, Stephan Bösch, Andrea Caprez, Christophe Chammartin, Juliette Chrétien, Michel Comte, Petra Dufkova, Martin Guggisberg, Daniel Hauri, Erich Häsler, Lois Hechenblaikner, Thomas Jantscher, Max Lautenschläger, Romeo Polcan, Stefan Schlumpf, Christof R. Schmidt, Markus Senn, Filip Zuan

Herausgeber verschiedener Zeitschriften und Bücher sowie Inhaber eines Druck- und Verlagsunternehmens in Chur. Als ehemaliger Chefredaktor der grössten Tageszeitung in Graubünden und Publizist befasst er sich kritisch mit den gesellschaftlichen, politischen und baulichen Entwicklungen in seiner Heimat.

KORREKTORAT Heiner Fierz, CH-8049 Zürich Druck AVD GoldachSulzstrasse 10, CH-9403 Goldach auflage SOMMER 2011 20’000 Exemplare Preis Einzelheft CHF 20.– BIANCO erscheint 2x jährlich Alle Rechte vorbehalten www.biancomag.ch www.facebook.com/biancomag

Sommer 2011

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COMIX

Zwischensaison

BIANCO E NERO

Zwischensaison

Das abgebildete Aquarell (Originalformat 40 x 70 cm) gehört zu einer sechsteiligen Serie zum Thema «Zwischensaison». Die Zeichnungen sind im Frühjahr 2010 im Engadin entstanden. Sie können beim Künstler käuflich erworben werden.


KOLUMNE

DAS LETZTE WORT

Freiheit

Freiheit

von Stefan Bühler

«Stadtluft macht frei» hiess im Mittelalter ein Rechtsgrundsatz. Bessere Luft, die gab es aber auf dem Land und in den Bergen. Aber darum ging es auch nicht. Was zählte, war die Freiheit, die man als Leibeigener erhielt, wenn man ein Jahr und einen Tag in einer Stadt gelebt hatte, ohne dass der einstige Dienstherr einen entdeckte. Noch besser, wer sich von seinem Lehensherrn loskaufen konnte, um in einer neuen Gemeinschaft Schutz und Rechte zu erhalten. In Zermatt etwa, wo die Geschichte der Burgergemeinde im Jahre 1618 ihren Anfang nahm, als der letzte Untertan freikam und sich die verschiedenen Siedlungen bald einmal zu einer Talgemeinde zusammenschlossen. Die Freiheit ist unser höchstes Gut. Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen beginnt mit der Freiheit, und der Ruf danach erklingt überall auf der Welt. Ein Blick auf die Geschichte zeigt, dass der Freiheitssinn bei den Berglern ausgeprägter ist als anderswo. Nicht wenige urbane Menschen haben das begriffen, so etwa Philipp Hildebrand, Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, der es so formulierte: «Die Berge schützen uns vor unseren eigenen Illusionen und Überheblichkeiten, indem sie uns immer wieder eine von Kraft und gleichzeitig von Bescheidenheit geprägte Wertewelt vor Augen führen.» So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass sich die freiheitlichen Staatswesen in den Bergen zuerst und nachhaltiger durchgesetzt haben als im Flachland. Daraus entstanden ist die Demokratie, die es uns heute gestattet, frei zu entscheiden, wer an allem schuld sein soll. Den Fehler wie bei «Stuttgart 21» hat man in Garmisch-Partenkirchen nicht gemacht. Die Bürger wurden einbezogen in das Projekt Winterspiele 2018 und sagten mehrheitlich Ja. Ein guter

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Sommer 2011

Entscheid. Die 40% Nein-Stimmen sind gleichzeitig Hinweis darauf, dass zwar eine deutliche Mehrheit für das Grossprojekt ist, die Anliegen der Minderheit aber nicht negiert werden können. So funktioniert eben die Demokratie, und das ist gut so. Auch Garmisch-Partenkichen zeigt, wie die Freiheit höher gewichtet wird. Die Menschen sind eben mehr auf sich selbst angewiesen und entwickeln damit auch einen ausgeprägten Sinn für Eigenverantwortung. Sicher, auch in den Bergen ist die Freiheit nicht grenzenlos. Das Recht, mit der Faust um sich zu schlagen, hört dort auf, wo die Nase des Mitmenschen anfängt. Es gibt aber einen engen Zusammenhang zwischen politischer Freiheit und dem Gebirge. Die Verstädterung in den Alpen ist auch schuld an der Erosion dieses wichtigsten Gutes, das es zu bewahren gilt. Olympische Winterspiele zählen zu den kleineren Herausforderungen, künftig werden wir es mit Grossprojekten für die Energiegewinnung zu tun bekommen und die Wintersportorte haben die Herausforderung wegen des Klimawandels anzunehmen. Die Freiheit für die eigenen Entscheidungen aber sollte erhalten bleiben. Sie wird so schon genug eingeschränkt, ob es Sinn macht oder nicht. Aus der Sicht eines Rauchers etwa ist es schon genug Freiheitsberaubung, wenn er im Stammlokal nicht mehr paffen darf. Heute verpflichten sich grosse Filmstudios, ihre Streifen rauchfrei und damit jugendfrei zu gestalten. Dieser schöne Ansatz für belehrendes, nicht verführendes Kino lässt sich problemlos weiterentwickeln. Der nächste «Tatort» kommt ganz ohne Täter aus, weil Mord in der Regel auch der Gesundheit schadet. So fängt es eben an, unverfänglich und schleichend werden Freiheiten eingeschränkt, die nie mehr zurückkommen. Auch wenn – um beim Beispiel der Raucher-Inquisition zu bleiben – der alte Goethe uns weismachen wollte: «Das Rauchen macht dumm, es macht unfähig zum Denken und Dichten». Da denken wir unweigerlich und wehmütig zurück an Auftritte mit den qualmenden Schriftstellern Frisch, Dürrenmatt, Sartre und Camus, die kaum unfähig zum Dichten und Denken waren. «Man sollte immer erst eine Zigarre rauchen, ehe man die Welt umdreht», sagte der deutsche Reichskanzler Otto Graf von Bismarck. Das war seine Freiheit, den Berglern ist das zu wenig.




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