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Auswirkungen der Inflation
from 02/2023 bioprofi
by SPV-Verlag
Die Inflation in Österreich kletterte im Jahresschnitt 2022 auf rund neun Prozent, das hat auch Folgen für landwirtschaftliche Betriebe, zeigt die Analyse von LEOPOLD KIRNER.
Die zurzeit hohe Inflation speist sich aus mehreren Quellen, daher wird sie so rasch nicht vergehen: Die Corona-Pandemie verursachte den größten Wirtschaftseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg und löste einen Rückgang der globalen Handelsströme aus. Lieferketten wurden unterbrochen, wodurch sich das Angebot bei hoher Nachfrage bei vielen Produkten verknappte. Ein zentraler Verstärker für Preissteigerungen waren im vergangenen Jahr die hohen
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Energiepreise. Und eine andere Ursache liegt in der offenen Geldpolitik der westlichen Zentralbanken, die Märkte mit großen Geldmengen fluteten und die Zinsen lange sehr niedrig hielten.
Hohe
Preissteigerungen
Die Preissteigerungen in der Landwirtschaft fielen noch deutlich heftiger aus. So legten die Getreidepreise 2022 gegenüber dem fünfjährigen Zeitraum 2016 bis 2020 um mehr als das Doppelte zu. Die Preise für tierische Produkte stiegen zwar ebenso markant an, aber nicht so enorm wie jene für pflanzliche Produkte. Für Mastschweine notierte die Schweinebörse 2022 um 24,7 Prozent höhere Preise als im Referenzzeitraum 2016 bis 2020, bei Maststieren betrug der Preisanstieg laut Rinderbörse 21,1 Prozent. Interessant, die Preise für Ferkel und Kälber legten hingegen um weniger als fünf Prozent zu. GVO-freie Milch verzeichnete 2022 um 43,2 Prozent höhere Preise als 2016 bis 2020, bei Bio- milch betrug der Anstieg hingegen nur 29,4 Prozent. Auch die Betriebsmittelpreise legten 2022 deutlich zu, bei Biobetrieben jedoch weniger, außerdem werden viele von ihnen in der biologischen Landwirtschaft nicht eingesetzt.
So wurde gerechnet
Die Auswirkungen der Inflation werden auf der Basis von sechs typischen Betrieben kalkuliert. Diese Modellbetriebe wurden mit Beraterinnen und Beratern festgelegt und stellen für die jeweilige Region typische Betriebe dar (siehe Kasten). Kalkuliert wird mit dem Internet-Deckungsbeitragsrechner der BA für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen.
Abb. 1: Gesamt-Deckungsbeitrag ohne öffentliche Gelder 2016 bis 2020 (jeweils linke Säule) und 2022 (jeweils rechte Säule). Beschreibung der Betriebe siehe Kasten auf Seite 8.
Die Ansätze für Produkt- und Betriebsmittelpreise laut Tab. 1 leiten sich überwiegend aus statistischen Quel - len wie Börsenpreisen oder AMA-Marktpreisberichten ab. Einige Preisansätze wurden mit Experten getroffen, wie z. B. die Festlegung der Preise für Ölsaaten und Eiweißpflanzen. Einige wenige Preisannahmen wie die sonstigen variablen Kosten mussten aufgrund fehlender
Typische Betriebe
MF 95 WV : Marktfruchtbetrieb im Weinviertel mit 95 ha Ackerland, angebaut werden Weizen, Gerste, Zuckerrübe, Winterraps, Sojabohne und Biodiversitätsflächen.
MS 450 LB : Schweinemastbetrieb mit 450 Mastplätzen und 25 ha Ackerland im Leibnitzer Feld. Die Fruchtfolge besteht aus Körnermais, Weizen, Wintergerste, Sojabohne, Ölkürbis und einer Ackerbrache.
RM 150 KL : Rindermastbetrieb mit 150 Stiermastplätzen und 45 ha Ackerland im Klagenfurter Becken. Kultiviert werden Silomais, Körnermais, Weizen, Win-
Datenbasis vom Autor eingeschätzt werden.
Dreifacher Deckungsbeitrag bei konventionellen
Marktfrüchten
Alle Einzel-Deckungsbeiträge erhöhten sich 2022 deutlich gegenüber 2016 bis 2020, wie Tab. 2 bei ausgewählten Produktionsverfahren belegt. Besonders hohe Zuwächse berechnen sich für konventionelle Marktfrüchte: Beispielsweise tergerste, Sojabohne, Kleegras und Biodiversitätsflächen. stieg der Deckungsbeitrag für die Leitkultur Mahlweizen unter den Bedingungen im Weinviertel von 294 auf 988 Euro/ ha, eine Steigerung um 236 Prozent. Bei Körnermais im Leibnitzer Feld betrug der Zuwachs sogar 317 Prozent, also mehr als das Vierfache. Überdurchschnittlich hoch fällt die Zunahme mit 268 Prozent auch für die Zuckerrübe aus, der Deckungsbeitrag erhöhte sich um rund 1.800 Euro/ha. Sojabohne und Winterraps legten um rund 100 Prozent zu.
MI 60 RO : Milchviehbetrieb im Bezirk Rohrbach mit 60 Kühen, 8.800 kg produzierte Milch je Kuh und Jahr, 55 ha landw. Fläche, 115 Erschwernispunkte.
MI 35 FR Bio : Biomilchviehbetrieb im Bezirk Freistadt mit 35 Kühen, 6.800 kg produzierte Milch je Kuh und Jahr, 44 ha landw. Fläche, 95 Erschwernispunkte.
MI17SZ: Milchviehbetrieb im Bezirk Schwaz mit 17 Kühen, 6.750 kg produzierte Milch je Kuh und Jahr, 14,5 ha Grünland und 34 ha Alm, 235 Erschwernispunkte.
Die Deckungsbeiträge in der Tierhaltung nahmen ebenso zu, aber in einem deutlich geringeren Ausmaß im Vergleich zu Marktfrüchten. Sie stiegen je nach Nutztier um 11 Prozent (Schweinemast), 26 Prozent (Rindermast) und je nach Art der Milchviehhaltung zwischen 21 und 42 Prozent. Für den Biomilchviehbetrieb wurde keine Wirtschaftsdüngerleistung berechnet (Annahme einer Kreislaufwirtschaft ohne Düngemittelzukauf), daher die Abweichung gegenüber den beiden konventionellen Betrieben (dafür sind aber auch die Kosten für Wirtschaftsdünger im Futterbau entsprechend geringer, weil diese nicht eingerechnet werden).
Gesamt-DB steigt je nach Betrieb um 8 bis 227 Prozent
Schließlich wurde der Gesamt-Deckungsbeitrag für jeden Betrieb ermittelt, bei der Milchviehhaltung mussten dafür auch die variablen Kosten des Futterbaus eingerechnet werden. So steigen die variablen Kosten für ein Hektar Grünland mit Silage im Bio - milchviehbetrieb in Freistadt von 274 Euro/ha im Zeitraum 2016 bis 2020 auf 350 Euro/ ha im Jahr 2022, eine Zunahme um 28 Prozent. Beim konventionellen Betrieb in Rohrbach steigen die variablen Kosten der Silageproduktion hingegen um mehr als das Doppelte. Die Ergebnisse für alle sechs Betriebe und beide Betrachtungszeiträume zeigt Abbildung 1. Der Gesamt-Deckungsbeitrag ohne öffentliche Gelder erhöht sich durch die Inflation um über 6.000 Euro im Heumilchbetrieb in Tirol (MI-17-SZ) bis auf 68.774 Euro im Marktfruchtbetrieb im Weinviertel (MF-95WV).
Fazit
Sowohl Einzel-Deckungsbeiträge als auch Gesamt-Deckungsbeiträge stiegen in allen hier berechneten Betrieben im Jahr 2022 deutlich an, wobei Marktfruchtbetriebe stärker profitieren als tierhaltende Betriebe. Es ist somit davon auszugehen, dass der überwiegende Anteil der landwirtschaftlichen Betriebe 2022 höhere Einkommen erwirtschaftete als in den Jahren davor. Bei Biobetrieben dürfte das Plus etwas geringer ausfallen, weil die Biopreise im Verhältnis zu konventionellen Preisen weniger stark gestiegen sind. Aber Achtung: 2023 werden die Einkommen wieder sinken, weil die Produktpreise in vielen Fällen den Plafond erreicht haben und die Kosten hoch bleiben oder weiter steigen, vor allem dann auch die fixen Kosten für z. B. Abschreibungen oder Versicherungen. Für Biobetriebe dürfte dann der Rückgang etwas geringer ausfallen, auch weil Biopreise weniger volatil sind als konventionelle Preise.
Beschreibung der Betriebe siehe Kasten oben. Deckungsbeiträge ohne Einrechnung von Grundfutter bei Milchkühen. Keine Einrechnung der Wirtschaftsdüngerleistung beim Biomilchviehbetrieb (MI-35-FR-Bio).
Tab. 2: Zunahme des Deckungsbeitrags pro Einheit für ausgewählte Produktionsverfahren