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Süße Nachhaltigkeit
SÜSSE NACHHALTIGKEIT
die ernährunG sPrAch Mit MAG. AndreAs Kutil, ceo JoseF MAnner & coMP. AG, über seine neuen AuFGAben in Zeiten Von coronA und nAchhAltiGKeit, über die entWicKlunG des exPorts, WerbeVerbote und reGulierunGsWünsche Von besteuerunG bis Zu herKunFtsKennZeichnunG.
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Die Ernährung: Gerade im
Zusammenhang mit Lebensmitteln steht immer wieder das Thema Nachhaltigkeit im Mittelpunkt. Welche konkreten Maßnahmen setzen Sie?
Andreas Kutil: Gerade als Lebensmittelproduzent mit über 130-jähriger Tradition ist das Thema Nachhaltigkeit seit jeher im Fokus. Wir produzieren ausschließlich in Österreich, gestalten unsere Produktion energieeffizient und setzen auf nachhaltige Rohstoffe. Wir fokussieren uns bei unseren Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit auf jene, mit denen wir den größten Impact erzielen können. Unser wichtigster Rohstoff ist Kakao, Manner verarbeitet ihn von der Bohne weg. Hier haben wir bereits 2020 auf 100 % nachhaltig zertifizierten Kakao umgestellt – 2021 erhalten alle Manner Waffel- und Schnittenprodukte darüber hinaus das Fairtrade-Cocoa- Siegel.
Warum haben Sie sich für Kakao von Fairtrade entschieden?
Kutil: Uns ist es wichtig, dass die Kakaobauern einen fairen Preis erhalten, das wollen wir mit dem FairtradeLogo auf der Verpackung auch unseren Konsumenten kommunizieren. Auf dem Weg hin zu 100% nachhaltigem Kakao bis 2020 gab es zahlreiche Meilensteine. 2015 wurde die Schokobananen-Range auf Fairtrade umgestellt mit dem All-that-can-be-Siegel, da sowohl Zucker als auch Banane sowie der Kakao aus Fairtrade-Anbau sind. 2020 erhielt die gesamte Victor Schmidt Mozartkugel-Range das Fairtrade-Siegel und 2021 folgt eben der nächste Schritt bei Manner Waffel- und Schnittenprodukten.
Wie sind die Erfahrungen bei den anderen Produkten wie Schokobananen und Victor Schmidt Mozartkugeln? Können die Mehrkosten verdient werden?
Kutil: Die Umstellung der Schokobananen-Range auf Fairtrade konnte die Umsätze ankurbeln, vor allem in Österreich und Deutschland. Der Konsument achtet – gerade auch in unsicheren Krisenzeiten – auf nachhaltigen Konsum und darauf, wie das Produkt hergestellt wird und was hinter dem Unternehmen steht. Manner kann hier mit Authentizität punkten.
Wie versuchen Sie höhere Planbarkeit bei Rohstoffen zu erzielen?
Kutil: Die Rohstoffpreis-Entwicklung ist zurzeit sehr herausfordernd. Im Bereich der Haselmüsse, deren Qualität und Verfügbarkeit für Manner wesentlich ist, gehen wir einen innovativen Schritt in Richtung Versorgungsicherheit und Preisstabilität. 2019 wurden aus Überlegungen der Rückwärtsintegration erste Anbaugebiete in Aserbaidschan erworben. Der Landkauf ist nun abgeschlossen, insgesamt haben wir 318 Hektar Agrarland
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(ca. 445 Fußballfelder) für ca. 200.000 Haselnusspflanzen im Norden Aserbaidschans gekauft. Wenn alles nach Plan läuft, können wir im Spätsommer 2024 mit einer ersten, kleinen Ernte rechnen. Bei voller Auslastung können wir zukünftig rund 20–25 % unseres Bedarfs an Haselnüssen von unserer Manner Haselnuss-Farm decken.
Welchen Aspekt von Nachhaltigkeit halten Sie persönlich für besonders wichtig?
Kutil: Manner hat sich zum Ziel gesetzt, die gesamte Produktion klimaneutral zu gestalten. Neben laufender Optimierung der Prozesse und Systeme setzen wir auch wichtige Schritte im Bereich der Energieeffizienz. 2016 ging gemeinsam mit Wien Energie die „Schnitten-Heizung“ in Betrieb.
Wie sehen Sie die zunehmenden Ansätze zur Regulierung von Lebensbereichen, speziell im Hinblick auf Lebensmittel (z. B. Stichworte Zucker, Fett und Salz)?
Kutil: Wir integrieren aktuelle Ernährungstrends in die Produktentwicklung, um die Gesundheits- und Ernährungsbedürfnisse der Verbraucher zu berücksichtigen und in neuen, marktreifen Produkten umzusetzen. Produkte, die daraus
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Zum Unternehmen
Josef Manner I. gründete die Süßwarendynastie im Jahre 1890. Am Stephansplatz verkaufte er Schokoladen und Feigenkaffee. Josef Manner war Erzeuger, Verkäufer und Werbeagent in einer Person und lieferte oft auch selbst die Ware aus. Noch im Gründungsjahr zog Josef Manner aus Platzmangel in das Haus seiner Eltern in Wien XVII, Uniongasse 8, später Kulmgasse 14. Bald entstand rund um das Elternhaus eine Fabrik. 1897 zählt der Betrieb erstmals 100 Mitarbeiter. Der Aufstieg der Firma setzte sich unter Josef Manner und dem 1900 eingestiegenen Kompagnon Johann Riedl stetig fort. Modernste Maschinen wurden angeschafft und Manner wurde zum führenden Süßwarenunternehmen der österreichisch-ungarischen Monarchie. Am Ende dieser Entwicklung stand die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Die weltberühmte Schnitte wurde 1898 erstmals als „Neapolitaner Schnitte No. 239“ urkundlich erwähnt. Die Produktion findet ausschließlich in Österreich statt. Manner Produkte werden weltweit in ca. 50 Ländern vertrieben. Manner ist der größte rein österreichische Süßwarenbetrieb, der die Schokolade noch von der Bohne weg verarbeitet. Qualität und Nachhaltigkeit werden bei Manner seit über 130 Jahren großgeschrieben. Das Unternehmen ist IFS-zertifiziert und verwendet Rohstoffe, die z. B. Fairtrade, RSPO-Siegel tragen. Manner erzielte mit rund 800 Mitarbeitern 2020 einen Umsatz von rund 217,22 Millionen Euro und stellte ca. 50.000 Tonnen Süßwaren her.
Mit der Abwärme unseres Backprozesses werden etwa 600 umgebende Haushalte geheizt. Am Dach der Manner-Produktionsstätte Wolkersdorf wurde dieses Jahr auf 6.000 Quadratmetern ein riesiges Solarkraftwerk in Betrieb genommen. Die Photovoltaikanlage erzeugt mit 500 Kilowattpeak Leistung etwa 500.000 Kilowattstunden Ökostrom jährlich und liefert so den Strombedarf, mit dem zum Beispiel die gesamte Produktion der beliebten Napoli Drageekeksi erfolgen kann.
entwickelt wurden, sind bereits am Markt erhältlich, wie etwa die Manner Vollkorn Schnitten. Als Genussmittel-Hersteller kommunizieren wir aber diesen kleinen rosa Glücksmoment, den man sich ab und an gönnt. Zusätzlich setzen wir auf Kommunikation eines aktiven Lebensstils wie etwa durch unsere Aktivitäten rund um unser Sportsponsoring. Regulierungen und Besteuerungen stehen wir kritisch gegenüber, da der Erfolg solcher Maßnahmen nicht gegeben ist.
Erst kürzlich gab es eine Diskussion über mögliche Verbote für Werbung für bestimmte Lebensmittel, die sich an Kinder richtet. Wie sehen Sie diese Diskussionen?
Kutil: Lebensmittelwerbung ist in Österreich und generell der Europäischen Union streng geregelt, und wir unterliegen als Süßwarenproduzent zahlreichen Vorschriften. Seit über zehn Jahren hält sich Manner darüber hinaus an ein Selbstregulierungssystem in diesem Bereich. Auch der neue Ethik-Kodex der Werbewirtschaft, der Anfang des Jahres umgesetzt wurde, legt besonderes Augenmerk auf verantwortungsvolle Lebensmittelwerbung auf digitalen Kanälen. Nährwertprofile zur Beschränkung von Werbung oder gar Werbeverbote für bestimmte Lebensmittel stellen für unser Traditionsunternehmen eine drastische Einschränkung und einen Wettbewerbsnachteil dar. Wir halten uns an die Selbstverpflichtung und hatten hier auch in der Vergangenheit keinerlei Beanstandungen. Gerade in der wirtschaftlich sehr angespannten Coronakrise ist für Manner dieses drohende Werbeverbot sehr kritisch und kostet letztendlich Arbeitsplätze.
Die österreichische Politik plant eine nationale Herkunftskennzeichnung. Wie stehen Sie zu solchen Vorhaben?
Kutil: Eine nationale Herkunftskennzeichnung, die über bereits geltendes EU-Lebensmittelrecht hinausgeht und nur für österreichische Hersteller wie Manner gilt, ist für uns ein klares „Gold Plating“, was für unser Unternehmen einen deutlichen Wettbewerbsnachteil auf ausländischen Märkten bedeutet. Als österreichisches Unternehmen mit Schriftzug „Manner Wien“, Stephansdom im Logo und Produktion in Österreich sind wir sehr daran interessiert, heimische Rohstoffe für die Produktion heranzuziehen. Allerdings sind wesentliche Agrarrohstoffe in Österreich tagtäglich nicht ausreichend für uns verfügbar. Konkret in der Umsetzung müssen wir auch Rohstoffe aus Österreich
als „EU“ kennzeichnen, um bei immer wieder auftretenden Engpässen bei österreichischen Rohstoffen unsere Lieferfähigkeit zu gewährleisten. Daraus ergibt sich kein Vorteil für die österreichische Landwirtschaft.
Welche Bedeutung hat für Ihr Unternehmen der Export?
Kutil: Manner ist mit einer Exportquote von über 60% sehr gut im Export unterwegs. Wir haben Niederlassungen in Deutschland, Slowenien sowie Tschechien und sind in einigen Ländern Marktführer im Waffelbereich. Wir können in den Märkten aber nur weitere 130 Jahre erfolgreich sein, wenn wir faire Wettbewerbsbedingungen und einheitliche „Spielregeln“ vorfinden.
Wie sehen Sie den österreichischen Markt? Gibt es hier spezielle Entwicklungen oder Tendenzen im internationalen Vergleich?
Kutil: Die Handelskonzentration, aber auch der Fokus auf Regionalität und Nachhaltigkeit sowie zahlreiche Herzensmarken prägen den österreichischen Lebensmittelmarkt.
Wie wird sich das Produktportfolio aus Ihrer Sicht entwickeln? Wo sehen Sie die größten Potentiale?
Kutil: Manner sieht die Kernkompetenz in der Marke bei Waffeln und Schnitten. Hier gibt es eine große Spielwiese, in der sich unsere Innovationsabteilung sozusagen „austobt“. Aber auch andere Kategorien können interessant sein, wie wir mit unserem Müsli sehen.
Wie schätzen Sie die Entwicklung bei veganen und vegetarischen Produkten ein? Wird sich der Aufwärtstrend fortsetzen?
Kutil: Im Zuge einer Kampagne haben wir ausgelobt, dass die Mannerschnitte schon vegan war „bevor man wusste, was das überhaupt war“. Denn die Mannerschnitte beinhaltet seit jeher keine tierischen Produkte, das loben wir auch mit dem Vegan-Logo aus. Ich denke, dass der vegane Lebensstil auch in Zukunft immer mehr Anhänger gewinnt.
Wie haben Sie die Coronakrise erlebt? Welche Auswirkungen hatte diese (z. B. die Lockdowns) auf die Umsätze?
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Zur Person
Biographie Mag. Andreas Kutil (51) schloss sein Studium der Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien 1995 ab. Nach zwei Jahren im Bereich Garten- und Landschaftsplanung sowie einer Gartenbaugenossenschaft startete er 1997 seine Lebensmittel-Karriere bei Kraft Foods als Key Account Manager im Bereich Schokolade. 2002 übernahm er die Verantwortung für das Österreichische Trade Marketing und nur zwei Jahre später für den gesamten Süßwarenvertrieb. Maßgeblich für den Erfolg des österreichischen Geschäfts mitverantwortlich, fungierte er ab 2009 als Managing Director von Mondelez Österreich. Im selben Jahr wurde er auch Vizepräsident des Österreichischen Markenartikelverbands sowie Bundesvorstand der Österreichischen Industriellenvereinigung. Ab 2015 kam bei Mondelez Österreich die Führungsverantwortung der Län-
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derorganisationen Ungarn, Schweiz, Tschechien und Slowakei dazu. Seit 2018 war Mag. Kutil als Director European Growth Projects im Schweizer Headoffice von Mondelez tätig. Mit 1. März 2021 übernahm er als CEO den Vorstandsbereich Marketing und Vertrieb der Josef Manner & Comp. AG. Er ist zweifacher Familienvater.
Kutil: Manner ist sicherlich kein Krisengewinner, wenn man sich die Geschäftsergebnisse ansieht. Gerade in den Bereichen unserer Manner-Shops fehlten die Touristen und sie fehlen leider noch auf unbestimmte Zeit. Zudem haben verschiedene Genuss-Anlässe nicht stattgefunden, bei denen „Mitbringsel“ auf dem Einkaufszettel standen wie z.B. Pralinen, das haben wir vor allem bei unseren Ildefonso und Victor Schmidt Mozartkugeln gemerkt. Dennoch sind wir vorsichtig optimistisch und gehen mit zahlreichen Innovationen wie etwa unseren Winterwaffeln in drei Sorten (à la Spekulatius, Bratapfel-Zimt und gebrannte Mandeln) in die kalte Jahreszeit.
Wie zufrieden sind Sie generell mit dem Standort Österreich?
Kutil: Seit Firmengründung sind wir mit dem Standort Österreich verbunden, die österreichische Süßwaren-Kultur ist weltberühmt und mit der Marke Wien schwingen sehr positive Attribute mit. Unser innerstädtischer Produktionsbetrieb hat zahlreiche Vorteile wie die Nähe zu Ausbildungsstätten und die gute öffentliche Erreichbarkeit. Momentan haben wir aber Schwierigkeiten, Fachpersonal zu rekrutieren, gerade im technischen Bereich. Hier muss Österreich aufholen.
Haben Sie Wünsche an die Bundesregierung?
Kutil: Weniger Gold-Plating, um Wettbewerbsnachteile im Export zu vermeiden. Aber auch mehr Sicherheit bzgl. arbeitsrechtliche Regelungen in der Coronakrise – oftmals befinden sich Unternehmen in einer Grauzone wie zurzeit mit der innerbetrieblichen Umsetzung der 3G-Regeln.
Was ist Ihr Lieblingsessen?
Kutil: Kaiserschmarrn.