Ballettzeitung N°2

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Februar 24 – Juli 24 William Forsythe S. 2

Klassische Grenzüberschreitung

Overture S. 6

Surreale Bilderbögen

Tanz ist KLASSE! S. 10

Next Generation S. 12

N°2

Erstklassige Education

Choreographischer Zukunftsblick

Die Welten des Marcos Morau

Balle�, reloaded

Für seine verstörend schönen Bildwelten wird Marcos Morau gefeiert. Jetzt probt der spanische Choreograph als «Artist in Residence» sein erstes Werk mit dem Staatsballett.

William Forsythe ist einer der innovativsten Erneuerer der Ballett-Tradition und befreit den Körper aus dem Korsett der Vorgaben.


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STAATSBALLETT BERLIN

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William Forsythe

«Rather than doing it, try inventing it!» William Forsythe im

Gespräch mit Intendant

Christian Spuck

Er ist eine Legende, weltweit verehrt als einer der kreativsten und innovativsten Erneuerer der Ballett-Tradition. In dem dreiteiligen Ballettabend William Forsythe tanzt das Staatsballett Berlin drei wegweisende Stücke des amerikanischen Choreographen. Christian Spuck (CS) Ich erinnere mich, dass

CS Wenn ich deine Stücke sehe, dann sehe

du den Tänzer*innen in Zürich vor ihrer Premiere gesagt hast: «When you go out tonight, rather than doing it, try inventing it!». William Forsythe (WF) Also, ‹doing› würde implizieren, dass es eine verpflichtende Ausführung ist. ‹Invent it› suggeriert vielleicht etwas, das die eigene Perspektive auf die unmittelbar zur Verfügung stehenden Möglichkeiten widerspiegelt. CS In den meisten deiner Arbeiten sehe ich einen starken Einfluss von George Balanchine. Gleichzeitig ist es auch eine Kombination mit absolut nicht-klassischen Bewegungen und sehr zeitgenössischen Elementen. In deinen Produktionen sieht es immer so aus, als käme es aus einer Welt. Wie gelingt es dir, diese völlig unterschiedlichen Welten zu vereinen? WF So gut wie alles kommt aus dem Ballett. Man kann sich Ballett als einen Übersetzungsprozess vorstellen, bei dem der oder die Tänzer*in sein verinnerlichtes Modell dieser visuellen Sprache physisch manifestiert. Für sie besteht Ballett aus Ideen, die sich körperlich ganz konkret anfühlen. Auf der Bühne kann Ballett für sie nicht wie etwas aussehen, sondern sich nur wie etwas anfühlen ein tief eingeprägter Zustand. Meine Aufgabe ist es, verschiedene Wege und Gründe zu finden, um diesen Zustand mit ihnen zu realisieren.

ich, dass du auf der Bühne gedankliche Vorgänge sichtbar machst. Wie gehst du damit um, oder wie gehst du vor, solche komplexen Gedankenprozesse in Tanz und Bewegung umzusetzen? WF Um eine Sache zu beschreiben, gehe ich mit den Tänzer*innen in der Regel einen vielschichtigen Ansatz durch. Man beginnt damit, eine Idee vorzuschlagen, zu der der Tänzer oder die Tänzerin eine getanzte Bewertung abgibt. Das Hin und Her geht weiter, wobei die Tänzer*innen Perspektiven aufzeigen, die schließlich den ursprünglichen Vorschlag verfeinern... CS Besonders in deiner Zeit in Frankfurt hatte ich immer das Gefühl einer Premiere, wenn ich eine Vorstellung von euch gesehen habe. Jeder läuft zur Höchstform auf, und ich habe nie eine Routine gespürt. Das ist etwas, das sehr selten zu finden und sehr schwer herzustellen ist. Wie hast du das geschafft? WF Es ist wichtig zu verstehen, dass die Tänzer*innen immer einen kreativen Anteil an der Arbeit haben. Ich möchte diese Perspektive unterstützen. Ich meine, wenn du darüber nachdenkst, ohne sie haben wie gar keine sichtbaren Ideen. Jeder Tänzer und jede Tänzerin wird eine andere Sichtweise auf eine Rolle haben. Ich möchte, dass sie den Arbeitsprozess für sich nutzen, um ihre Inte-

Approximate Sonata 2016 Approximate Sonata heißt so viel wie «Beinahe Sonate» und verweist damit auf die musikwissenschaftliche Formen­lehre einer Sonate. In ähnlicher Weise setzt William Forsythe den Regelkanon des klassischen Balletts voraus, um die Elemente des Pas de deux in verschiedenen Varianten zu beschreiben, nicht ohne Ironie und nicht, ohne seine Interpret*innen herauszufordern. Das besondere ist der Frei­raum, den er ihnen lässt, um das Unvorhersehbare der Partnerarbeit im Moment der Aufführung als Teil des choreographischen Konzepts vorauszusetzen. Das Staatsballett Berlin tanzt Approximate Sonata in der Version von 2016, die Forsythe für das Ballett der Pariser Oper geschaffen hat.

ressen und ihren Wunsch nach Erfahrung auf ihre eigene Weise zu fördern. CS Du hast dir erlaubt, z. B. in Approximate Sonata in Zürich ein ganzes Pas de deux zu verändern. Das heißt du denkst also immer wieder neu über deine Stücke nach? WF Es gibt die Züricher Version oder die Berliner Version, da die Tänzer*innen unterschiedliche Ergebnisse vorschlagen. Sie eröffnen so verschiedene Wege, um zu verstehen, wie ein Werk funktioniert. Letztendlich machen also sie die Geschichte des Werks, nicht der Choreograph. Ich bin in den Probenprozessen so auf sehr eigenwillige Lösungen gestoßen, die Ballette in sehr unerwartete Richtungen geführt haben. Ich habe auch festgestellt, dass, wenn man seinen Probenprozess auf das intuitive Gespür der Tänzer*innen für Möglichkeiten von Ver-

änderungen ausrichtet, sie sich letztendlich mehr mit einem Werk identifizieren können, weil es sich durch die Art ihrer Wahrnehmung verändert hat. Es ist ihre Version, und sie haben das möglich gemacht! CS Also könnte es sein, dass du mit den Tänzer*innen des Staatsballetts auch eine eigene Version erarbeitest? WF Auf jeden Fall! Jeder Tänzer und jede Tänzerin hat andere Stärken und ich passe mich ihnen an und bestehe nicht darauf, dass sie etwas tun, was dem nicht entspricht. Ich möchte die immense Arbeit, die sie bereits in ihre Fähigkeiten investiert haben, in den Dienst der Sache stellen und anhand dieser herausfinden, was aus dem Werk werden kann. Ich bin aufgeregt was da entstehen kann! Ich denke da vor allem an Approximate Sonata. Es macht Spaß, daran zu arbeiten, weil es in diesem Stück so viele Variationsmöglichkeiten gibt. CS Was sind denn die Fähigkeiten, die ein «Forsythe-Tänzer» generell mitbringen oder individuell entwickeln muss? WF Nun, das ist der Punkt: Es gibt keinen «typischen» Forsythe-Tänzer. Das würde mich einschränken. Die einzigartigen Qualitäten der Tänzer*innen regen zum Nachdenken über die Möglichkeiten innerhalb bestehender Werke und für zukünftige kreative Lösungen an, das mag ich. CS Glaubst du eigentlich, dass Ballett jemals eine überholte Kunstform sein wird? WF Hängt es nicht letztlich von einem sehr komplexen Zusammenspiel globaler Systeme ab? Wird es nicht darum gehen, ob es wirtschaftlich und gesellschaftlich Sinn macht, oder werden die Theater vielleicht sogar vor dem Ballett sterben? Ich weiß es nicht. Wir haben bereits die Abwanderung unzähliger Arten von Tanz in die sozialen Medien erlebt, also liegt die Zukunft des Balletts vielleicht in einem anderen Format, wenn überhaupt...

One Flat Thing, reproduced Für sein Stück One Flat Thing, reproduced beschreibt Forsythe selbst als wesentlich, dass drei Systeme interagieren: Bewegungsmaterial, Auslöser (‹Cueing›) und Ausrichtung (‹Alignment›). Außerdem liegt die Verantwortung bei den Tänzer*innen, festgelegtes Bewegungsmaterial mit strukturierter Improvisation zu verbinden. Sie sind aufgefordert, spezifische Eigen­ schaften der Bewegungen anderer Performer in Echtzeit in ihre eigenen zu übersetzen. Auf der Bühne agieren jedoch nicht nur Menschen, sondern auch bewegliche Tische, scharfkantig und spiegelnd, die das komplexe Geschehen umso aufregender und, ganz konkret, auch gefährlich machen.


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Balle� und Pop William Forsythe

choreographiert zur Musik von James Blake Ballett und Pop auf der Bühne zu vereinen, ist für Choreograph William Forsythe seit jeher ein inspirierendes Unterfangen. 1979 choreographierte er unter anderem zur Musik von Aretha Franklin und Dionne Warwick sein Stück Love Songs und auch für sein 1980 entstandenes Say bye-bye machte sich Forsythe die Musik von Little Richard zu eigen und kreierte so ein eklektisches Amalgam aus Tanz und Musik. Als eklektisch lässt sich auch James Blakes musikalischer Werdegang beschreiben, zu dessen Musik Forsythe eine seiner jüngsten Arbeiten, Blake Works I, choreographierte. Mit sechs Jahren lernte der im Londoner Vorort Enfield aufgewachsene Songwriter und Produzent klassisches Klavierspiel. Während seines Musikstudiums zählte u.a. Singer-Songwriterin Joni Mitchell zu seinen Einflüssen, wohingegen es ihm zugleich die Dubstep-Szene der britischen Metropole angetan hatte. Das von Drum and Bass, Reggae und HipHop inspirierte und in Südlondon entstandene Genre Dubstep zeichnet sich besonders durch düstere Klänge aus, komplexe Beats und schwere Bässe. Das Genre sollte er maßgeblich unter dem weiterentwickelten Label Post-Dubstep prägen. Er verschmolz den typischen Bass und die verspielten Beats mit minimalistischen Klavierarrangements, die er stets mit seiner souligen Baritonstimme gefühlvoll anreicherte. Einem breiteren Publikum wurde er zunächst 2011 mit seinem James Blake betitelten Debütalbum und der Singleauskopplung «Limit to Your Love» bekannt, einer souligen Ballade mit minimalistisch platzierten Klavierakkorden und halligem Beat. Für die einzigartige Klangästhetik seines zweiten Albums Overgrown gewann er daraufhin 2013 den in der Musikszene prestigeträchtigen «Mercury Prize». In den Folgejahren kollaborierte er überdies mit der R&BSängerin Beyoncé auf ihrem Album Lemonade und er produzierte Tracks auf Jay-Zs Album 4:44 oder Frank Oceans Blonde. Seinen ersten Grammy kassierte er 2018 für die Mitarbeit an dem Rapsong «King’s Dead». Im September 2023 veröffentlichte Blake nun sein sechstes Studioalbum Playing Robots Into Heaven. Für seine Arbeit Blake Works I aus dem Jahr 2016 ließ sich William Forsythe von dem damals gerade veröffentlichten dritten Album James Blakes, The Colour In Anything, Inspirieren. Sieben Songs unterschiedlichster Stilrichtungen wählte Forsythe aus, um diese zu vertanzen: von der reduzierten Klavierballade «The Colour In Anything» über den von Synthesizern und Bassdrums getriebenen Track «I Hope My Life (1-800 Mix)» bis hin zu den R&BVersatzstücken von «I Need A Forest Fire». Eine Verknüpfung die aufgeht: Blakes komplexe Klanglandschaften fungieren perfekt als maßgeschneiderte Kulisse für Forsythes choreographische Bewegungssprache.

Foto links: Julian Gabriel Richter

Text: Michael Hoh

Foto rechts oben: Florian Hetz Foto rechts unten: Josh Stadlen / Universal Music

Blake Works I William Forsythe

Choreographien von William Forsythe

Approximate Sonata 2016 One Flat Thing, reproduced Blake Works I EINFÜHRUNGSMATINEE 4. Feb 2024 | 11 Uhr PREMIERE 16. Feb 2024 19. | 23. Feb 2024 4. | 10. | 13. | 14. März 2024 1. | 6. | 9. Apr 2024 Deutsche Oper Berlin

Auch in Blake Works I setzt Forsythe sich mit dem Vokabular des Balletts auseinander, um es auf eine andere Ebene zu katapultieren. Er verbindet es mit komplexen Bewegungsmustern, die wiedererkennbar sind, aber vollkommen neu und anders erscheinen, weil sie auf der Grundlage der Musik von James Blake und seinem evokativen Gesang eine neue Wirkung entfalten. Durch die Freiheit der Interpretation, die Forsythe den Tänzer*innen lässt, erscheint das Stück immer wieder neu, es entwickelt sich weiter, nicht nur im Repertoire eines jeden Ballett-Ensembles, sondern auch mit jeder Aufführung. Das ist Teil des Konzepts, aufregend nicht nur für die Tänzer*innen.


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William Forsythe

Forsythe tanzen

Vom großen Glück, über Grenzen zu gehen Fast alle Tänzer*innen empfinden es als Geschenk, Choreographien von William Forsythe tanzen und mit ihm persönlich arbeiten zu dürfen. Doch die Herausforderungen an Technik, Kondition und Experimentierfreude sind dabei extrem hoch. Wir haben ehemalige und aktuelle Ensemblemit­ glieder befragt: Was bedeutet es, Forsythe zu tanzen?

Bettina Thiel Eva Dewaele

Ballettmeisterin beim Staatsballett Berlin, ehemalige Solotänzerin «Ich habe Forsythes Arbeiten in Frankfurt so oft gesehen, und es war mein absoluter Wunsch, das selbst zu tanzen. Mich hat immer sehr beeindruckt, wie frei die Tänzer*innen waren, es gab kein Zurückhalten. Die Herausforderungen sind immer anders. In Antwerpen hatte ich dann ein kleines Solo, da hat mich seine Umgangsweise mit Dynamik, Schnelligkeit und Musik sehr fasziniert. Bei One Flat Thing, reproduced ist der Teamgeist unfassbar wichtig. Es ist ein total spannender Prozess, zuerst lernt man die eigenen Schritte und danach geht es fast ausschließlich um das Zusammenarbeiten der Gruppe. Man darf keinen Anschluss, keine Übergabe verpassen. Aber daraus entsteht auch so eine starke Energie, das habe ich vorher noch nie erlebt. Wie tausend Feuerwerke! Ich hoffe und wünsche mir für alle Tänzer*innen, dass etwas von Forsythe in ihr Repertoire kommt. Sie müssen das erleben und auskosten. Es ist einzigartig.»

Tanztherapeutin, Ballettpädagogin beim Staatsballett Berlin, ehemalige Erste Solotänzerin «Die größte Herausforderung besteht darin, aus der gewohnten Komfortzone zu kommen, was den klassischen Tanz betrifft. Sprich, die Grenzen meiner (gedachten) Bewegungsmöglichkeiten mutig zu überschreiten. So habe ich das damals erlebt. In The Second Detail war ich nur vier Minuten lang auf der Bühne. Aber ich hatte das Gefühl, dass darin das ganze Stück kompakt enthalten war, alle Bewegungen, die es überhaupt in diesem Vokabular gab. Ich hatte die Aufgabe, das Bewegungsmaterial von den Tänzer*innen, die gerade auf der Bühne waren, zu nehmen, um daraus was zu machen, dann wieder zu stoppen und wieder neues Material zu finden. Das konnte ich selbst entscheiden. Ich kannte die Reihenfolge gar nicht, sondern ich habe mir nur aus dem Moment bestimmte Sequenzen genommen, damit gespielt und wieder verändert. Das fand ich eine sehr spannende Arbeit. Was ich auch spannend finde, ist die Improvisationstechnik, die Forsythe in den 90er Jahren entwickelt hat. Da sehe ich auch eine Parallele zu Labans Bewegungsstudien, die ich in meiner Ausbildung zur Tanztherapeutin kennengelernt habe. Es wird nicht nur der Fokus auf den Körper gesetzt, sondern auch ein Fokus auf die Beziehung des Körpers zum Raum und zur Zeit.»

Oliver Wulff Michelle Willems

Solotänzerin beim Staatsballett Berlin «Es fühlt sich ganz anders an, als andere Choreographien. Als ich jung war, habe ich das nicht ganz verstanden, aber es war irgendwie befreiend. Und diese Distanz hat mich auch dazu gebracht, die Grenzen meines Körpers auszutesten. Ich hatte das Gefühl, dass man Dinge entdecken kann, von denen man nicht wusste, dass man sie tun kann. Man versucht, seinen Körper bis an die Grenzen zu treiben und zu experimentieren. Und es gibt Raum, um Fehler zu korrigieren, während sie passieren. Es gibt Raum für Interpretationen. Wenn man zu spät oder zu früh dran ist, kann man z.B. die Musik auf der einen Seite schneller ziehen und auf der anderen Seite schneller mit den Armen drehen. Das ist der sehr interessante Teil der Arbeit, und deshalb wird jeder Mensch Forsythe anders tanzen.»

Ballettinspektor beim Staatsballett Berlin, ehemaliger Solotänzer «Ich habe Anfang 1989, noch in der Staatsoper im damaligen Ostberlin, zwei Stücke von Forsythe getanzt, Love Songs und Steptext. Das war damals eine absolute Neuheit, auch hatten wir bis dahin meistens mit russischen Choreographen zusammengearbeitet. Forsythe war moderner als alles was ich kannte, auch wenn bei ihm sehr viele klassische Elemente enthalten sind. Es war etwas ganz Anderes, mich so zu bewegen, und vor allem mental und emotional war es anders. Forsythe forderte uns als Persönlichkeiten viel mehr ab. Alles sollte total präsent und expressiv sein. Du legst also in jede Bewegung die volle Power, so dass sogar ein einfaches Anfassen sehr, sehr kraftvoll sein kann. Man gibt sich emotional mit dem ganzen Körper, der ganzen Seele in die Bewegung hinein. Und es hat ein hohes Tempo und viele Tempowechsel, das ist extrem fordernd.»


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Jan Casier

Solotänzer beim Staatsballett Berlin «Je älter man wird, desto mehr versteht man, worum es Forsythe wirklich geht. Als Student habe ich mich in seinen Stil verliebt, weil er so extrem war, vor allem in Bezug auf Dynamik und Musikalität. Das ist für einen jüngeren Tänzer sehr ansprechend. Und je mehr ich seine Arbeit kennenlernte, desto mehr veränderte sich das, was mich interessierte. Ich habe definitiv das Gefühl, dass ich auch an seiner Arbeit gewachsen bin. Sie basiert auf dem klassischen Ballett, was die schwierigste Technik überhaupt ist. Und es geht noch darüber hinaus: seine Emotionen und seine Musikalität, seine Dynamik. Alles bis zum Äußersten. Wie musikalisch kann man sein, wie sehr kann man mit der Dynamik spielen? Und ich liebe seine Partnerarbeit sehr, weil es ein Tanz zwischen zwei Menschen ist und nicht nur der Mann die Frau unterstützt. William Forsythe mag Adaptionen seiner eigenen Stücke. Es gibt die Pariser Version von Approximate Sonata und er wird jetzt sicher die Berliner Version machen. Ich glaube, er freut sich, wenn er sieht, dass Leute sein Material nehmen und er sieht, was sie daraus machen. Er möchte mit den Vorschlägen spielen und diese Personen anspornen. Es macht Spaß, das zu erleben. Ich bin also neugierig, was er dieses Mal damit anstellen wird.»

Linke Seite oben: The Second Detail (2006), Maria Seletskaja (links), Elena Pris (rechts) Foto: Sandra Hastenteufel Rechte Seite oben links: Herman Schmerman Pas de deux (2013), Nadja Saidakova und Federico Spallitta Foto: Bettina Stöß Rechte Seite oben rechts: Steptext (1988, Ballett der Deutschen Staatsoper Berlin), Ralf Stengel (links) Oliver Wulff (rechts) Foto: Wolfgang Hilse Rechte Seite Mitte: The Second Detail (2019), Weronika Frodyma Foto: Yan Revazov Rechte Seite unten: Herman Schmerman (2012), Polina Semionova Foto: Bettina Stöß Portraits: Anastasia Muna


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STAATSBALLETT BERLIN Overture

Der Wach- und Aufrü�ler

Der spanische Choreograph Marcos Morau ist seit dieser Spielzeit «Artist in Residence» beim Staatsballett Berlin. Bis 2026 wird der international gefeierte Künstler drei Choreographien mit dem Ensemble kreieren. Den Anfang dieser Zusammenarbeit macht Overture mit Musik von Gustav Mahler, die Uraufführung ist im Rahmen des gleichnamigen zweiteiligen Ballettabends am 28. April in der Staatsoper Unter den Linden zu sehen. Es gibt wenige Choreographen der jüngeren Generation, die eine ähnlich furiose Karriere gemacht haben: Marcos Morau, der selbst nie als Tänzer ausgebildet wurde, hat in der Tanzwelt einen regelrechten Hype ausgelöst. Publikum und Presse schwärmen von der starken fotografischen Intensität seiner Bilder, von seiner Gestaltung faszinierender Körper-Kaskaden und Fresken. Schnell, filigran und witzig, so heißt es, ist das Vokabular, mit dem er seine expressionistischen Tableaus ausstattet. Morau ist Preisträger des Sebastián Gasch Awards, ein wichtiger Preis der «FAD – Foundation for Arts and Design» – und gewann bei internationalen Choreographie-Wettbewerben zahlreiche Auszeichnungen. 2013 brachten ihm seine Kreationen den nationalen Tanzpreis Spaniens und eine Einladung zur Biennale nach Venedig ein. Er choreographiert für renommierte Kompanien etwa in Rotterdam, Göteborg, Kopenhagen, Lyon und Zürich. Mit seiner Truppe La Veronal ist er weltweit auf Bühnen und Festivals zu Gast, unter anderem in Paris, Amsterdam, Berlin, Rom, Seoul und London. Als die Zeitschrift tanz 2023 Marcos Morau zum «Choreographen des Jahres» kührte, schrieb die Laudatorin Bettina Trouwborst: «Marcos Morau ist ein Wach- und Aufrüttler. Seine surrealen, bewegten Bilderbögen spitzen historische sowie aktuelle Krisen der Gesellschaft grotesk zu. Aus ‹Monstrosität und Schönheit›, wie es der 40-Jährige selbst ausdrückt, komponiert er eine Ästhetik, die in ihrer Schonungslosigkeit bisweilen erschrecken kann. Geformt wird sie aus Tanz, Musik, bildender Kunst, Literatur, Film und Fotografie.» Tanz an der Schnittstelle von Film und Theater: Die Art und Weise, wie Morau all diese Elemente kühn in seinem Universum verbindet, macht seine Kreationen so außergewöhnlich. Das Berliner Publikum hat Marcos Morau mit seinen Gesamtkunstwerken längst für sich gewonnen. Viermal gastierte La Veronal beim Festival «Tanz im August», jedesmal mit sensationellem Erfolg. Siena (2014), Voronia (2015), Pasionaria (2018) und Sonoma (2022) – ganz unterschiedliche Stücke, jedoch immer von Moraus typischer Handschrift geprägt. Virve Sutinen, die damalige Kuratorin des Festivals, ließ

sich immer wieder gern von seinen visuell reichen Kreationen überraschen: «Er erschafft erstaunliche theatralische Welten voller kultureller Bezüge, und oft gibt es Humor, was im Tanz sehr beängstigend ist. Viele seiner Werke haben etwas Unheimliches an sich. Es gibt phantasmagorische Szenen, sogar Magie, was ihn mit der surrealistischen Kunst und dem Absurdismus verbindet.» Nach Moraus eigener Einschätzung ist es gerade die Tatsache, dass er kein ausgebildeter Tänzer ist, sondern Fotografie, Theaterwissenschaften und Dramaturgie studiert hat, die es ihm erlaubt, frei und aus anderen Blickwinkeln auf die Bühne zu schauen. «Ich finde, heutzutage ist alles mehr miteinander verbunden als je zuvor. Ich bin in dieser verrückten Welt beeinflusst von Kino, Literatur, Fotografie, Tanz, Oper – alles zusammen. Aber ich versuche nicht, die Welt zu reproduzieren. Die Realität ist nicht genug auf der Bühne. Ich möchte

eine neue Welt erschaffen, Menschen motivieren und inspirieren, denn ich leide auch an dieser Welt. Deshalb kreiere ich gern neue Universen, neue Landschaften. Dafür nutze ich die Bühne. Es ist der Ort, wo ich ständig meine Ängste und Wünsche in Bezug auf die Welt erkunde. Ich habe viele Fragen, und ich versuche nicht, Antworten zu finden.» Zu Moraus ganz eigener Art virtuosen Tanz zu kreieren, gehört ein Stil, der strenge Technik und lebendige Bewegung kombiniert. Er selbst nennt das von ihm entwickelte Werkzeug, um Bewegungsmaterial zu generieren, «Kova». Durch ein strenges Regelwerk tänzerischer Aktionen erzeugt Kova ständig Hindernisse und Probleme für den Körper des Tänzers. In diesem Kontext kann der Tänzer, der ständig darum kämpft, die Herausforderungen zu lösen, die er sich selbst auferlegt hat, ein ansprechendes Gefühl von Freiheit und

großen Möglichkeiten vermitteln. Der Zuschauer findet sich vor einem komplexen und reichhaltigen choreografischen Panorama wieder, in einem Labyrinth der Körpersprache, frei von Themen und vorgegebenen erkennbaren Formen innerhalb eines figurativen Rahmens. «Kova ist eine Sprache für mich, und sie entwickelt sich ständig weiter. Ich nehme sie überall mit hin, und sie verändert sich mit mir, passt sich an, je nach Kontext. Wenn ich jetzt mit dem Ensemble des Staatsballetts arbeite, einer wundervollen Mischung von Künstler*innen und jungen Talenten, werden sie nicht einfach nur meine Sprache lernen. Es ist auch ein Ort der Kreation, an dem man akzeptiert, dass alles passieren kann. Kova ist vielleicht eher wie ein Kostüm, das sie tragen können. Es geht mir dabei mehr um den Rhythmus, meinen Zugang zu den Themen, den Figuren oder zur Realität.» Angebote bekommt Marcos Morau inzwischen von renommierten Kompanien aus aller Welt. «Er ist einer der produktivsten Choreographen, die ich kenne, immer in Bewegung, immer neue Werke schaffend», sagt Virve Sutinen, die seinen Erfolg auch dieser langjährigen harten Arbeit zuschreibt. Dabei sucht Morau in seinen Arbeitsbeziehungen nach einer Qualität, die er nicht überall findet. «Ich muss zu vielen Orten ‹nein› sagen, und ich möchte ‹ja› sagen zu den Orten, wo die Leute sind, denen ich vertraue. Man will sich gut fühlen, beschützt und geliebt. Man will spüren, dass man eine langfristige Beziehung aufbauen kann. Heute ist alles, auch die Beziehungen, sehr flüchtig und fließend. Ich finde es schön, Boden unter den Füßen zu spüren.» Beim Ballett Zürich, wo er auf Einladung von Christian Spuck 2022 seine spektakuläre Produktion Nachtträume kreierte, fand Marcos Morau was er suchte – und das Interesse war beidseitig. Christian Spuck wusste, dass er mit diesem Choreographen das Programm seiner ersten Saison als Intendant des Staatsballetts Berlin gestalten wollte. Als Morau ihm vorschlug, sich nicht nur für eine Produktion, sondern gleich für mehrere Jahre zu verabreden, war er begeistert. «Ich schätze Marcos sehr und bin ein Bewunderer seiner Arbeit. Es freut mich sehr, dass er als ‹Artist in Residence› neben seinen anderen Verpflichtungen drei Jahre in Folge mit dem Ensemble des Staatsballetts ein Stück erarbeiten wird. Diese Kontinutität ist eine große Bereicherung für alle, für die Tänzer*innen, für uns als Institution, für den Choreographen und auch für die Werke selbst.» Overture ist Moraus erste Kreation mit dem Staatsballett Berlin zur ikonischen Musik aus der 5. Sinfonie von Gustav Mahler, interpretiert von der Staatskapelle Berlin unter der Leitung von Marius Stravinsky, und rückt den Neubeginn ins Zentrum. «Mich beschäftigt die Frage, wie lange eine Kultur und eine Gesellschaft, ohne Veränderung überleben kann. Was passiert, wenn die neue Generation keinen Wandel mehr anstößt?» Das Bühnenbild transportiert diesen Gedanken in Form antiker Tempelsäulen, die für ihn den Beginn der Zivilisation repräsentieren. «Wir bauen Tempel, dann zerstören wir sie, bauen und zerstören Zivilisationen und auch uns selbst… und dann beginnen wir, wieder neue Säulen aufzurichten.» Auch das Kostümdesign zitiert Anknüpfungen an Tradition und Folklore: «Wenn man die Vergangenheit versteht und neugierig ist, was andere vor uns gemacht haben, versteht man die Gegenwart. Ich finde es schön, subtile Folklore-Anspielungen mit Modernem zu verbinden. Ich möchte die Vergangenheit und die Gegenwart mischen und in die Zukunft springen.» Lassen wir uns überraschen. Da Marcos Morau seinem Stil treu bleibt, der dem Publikum einzigartige Erfahrungen bietet, ist eines sicher: Es wird ein Fest für alle Sinne!

Text: Maren Dey, Interview Marcos Morau: Katja Wiegand


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«Die Realität ist nicht genug auf der Bühne. Ich möchte eine neue Welt erscha�en, Menschen motivieren und inspirieren.» Marcos Morau

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Linke Seite Foto: Rita Antonioli Rechte Seite Foto: Salvador Sunyer

Overture Overture

Choreographie von Marcos Morau

Angels’ Atlas

Choreographie von Crystal Pite

EINFÜHRUNGSMATINEE 14. Apr 2024 | 11 Uhr URAUFFÜHRUNG 28. Apr 2024 30. Apr 24 3. | 5. | 18. | 24. | 25. Mai 2024 1. | 5. Jun 2024 Staatsoper Unter den Linden


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«Ich arbeite gern in einer Form, die immer im Begri� ist, zu verschwinden.» Choreographin Crystal Pite im Gespräch

Staatsballett Berlin (SBB) Wie kam es zu deiner

Kreation Angels’ Atlas? Welche Rolle spielten dabei die Bühne und das Lichtdesign? Crystal Pite (CP) Der Anstoß für Angels’ Atlas kam von meinem Partner und Bühnenbildner Jay Gower Taylor. Durch unsere letzten Kreationen hat Jay ein System entwickelt, das es ihm ermöglicht, reflektiertes Licht zu manipulieren. In Zusammenarbeit mit dem Lichtdesigner Tom Visser hat er zahlreiche Möglichkeiten entdeckt, Licht auf eine Oberfläche zu bringen. SBB Kannst du mehr über das von Jay entwickelte System erzählen, das mit reflektiertem Licht arbeitet? Wie beeinflusst diese Technik deine künstlerische Kreation? CP Das System ist analog und besteht aus einfachsten Materialien, erzeugt jedoch komplexe, malerische Bilder, die die Illusion von Tiefe und einen Hauch von Natur vermitteln. Es hat eine Qualität von kontrolliertem Chaos. Das Licht tanzt auf einer schwenkenden, reflektierenden Oberfläche und schafft Bedingungen, unter denen Unerwartetes auftauchen kann. Diese Wand aus sich veränderndem, sich bewegendem Licht ist für uns eine Grenze, ein Portal, ein Porträt des Unbekannten. SBB Das klingt sehr philosophisch. Woher kam die Inspiration dazu? CP Als ich ein kleines Kind war, sprachen mein Onkel und mein Vater viel mit mir über das Universum. Manchmal erlebte ich in kurzen Momenten der körperlichen Erfassung einen schwindelerregenden Nervenkitzel: Es fühlte sich an, als würde ich fallen, in eine Weite. Sie inspirierten mich, über gewaltige Ideen jenseits meiner Vorstellungskraft nachzudenken, und große, unbeantwortbare Fragen mit Vorstellungskraft und Kreativität anzugehen. SBB Und Licht ist dafür ein perfektes Medium? CP Die Arbeit mit Licht auf diese Weise erinnert mich an dieses Gefühl des Staunens und an meine Sehnsucht danach, sich ins Unergründliche zu lehnen. Das Licht wirkt intelligent, großartig. Das Chaos und seine Schönheit lassen mich auf eine aufregende Weise wie destabilisiert fühlen, und klein angesichts von Fragen zu Liebe, Tod und dem Unendlichen, die nicht zu beantworten sind. SBB Tanz wird oft als ephemere Kunstform beschrieben. Inwiefern siehst du Parallelen

zwischen der Bewegung des Lichts und der Kunstform Tanz? CP Die Bewegung des Lichts ist flüchtig und vergänglich, ähnlich wie Choreographie. Es erinnert mich an etwas, das der Schriftsteller und Kritiker Max Wyman über den Tanz gesagt hat: «Es ist eine Kunstform, die die Vergänglichkeit des Daseins definiert und ihr gleichzeitig trotzt. Wir haben nichts als den Körper, und bald werden wir nicht einmal den Körper haben. Aber es ist diese Körperlichkeit, die so eloquent über die Auswirkungen der Sterblichkeit spricht und gleichzeitig unseren Trotz zum Ausdruck bringt. Keine andere Kunstform spricht so direkt über die zerbrechliche, vorübergehende Qualität des Lebens oder über den menschlichen Instinkt, diese Bindungen zu überwinden und den perfekten Moment der Selbstverwirklichung anzustreben.» SBB Das Zitat klingt wunderbar. Wie integriert sich dieses Konzept der Vergänglichkeit in deine künstlerische Arbeit? Was möchtest du mit der Choreographie hervorrufen und beim Publikum bewirken? CP Ich betrachte den Körper als einen Ort, an dem das Sein gehalten und geformt wird. Auf diese Weise verleiht der Tanz dem Unbekannten Gestalt. Im tanzenden Körper erscheint das Unbekannte als etwas gleichzeitig Vertrautes und Außergewöhnliches. Wir könnten möglicherweise einen Blick auf etwas Ewiges erhaschen. Aber sowohl die Tänzer*innen als auch der Tanz sind vorübergehend: Ihre Schönheit schwingt aufgrund ihrer Vergänglichkeit mit Bedeutung. Das ist für mich kraftvoll. Ich arbeite gern in einer Form, die immer im Begriff ist, zu verschwinden. SBB Wie gelingt es dir, in einer Kunstform, die ständig verschwindet, eine Bedeutung zu schaffen, die über die Flüchtigkeit hinausgeht? CP Ich versuche, etwas zu erschaffen, das von unserer Vergänglichkeit spricht und «unseren Widerstand ausdrückt», wie Wyman sagt. Etwas, das einen wilden Lebenspuls hervorruft. Der flüchtige Teil wird sich von selbst ergeben. Das Gespräch führte Katja Wiegand.


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Angels’ Atlas

Angels’ Atlas schuf Crystal Pite 2020 für das National Ballet of Canada. Das Ballett entfaltet sich vor einer sich ständig verändernden Lichtinstallation, einer weiten, unerkennbaren Landschaft aus Licht und Materie. Angels’ Atlas inszeniert sie für ein großes Ensemble mit den Mitteln des klassischen und modernen Tanzes, ohne sich vor der Herausforderung zu scheuen, komplexe und tiefgründige Menschheitsthemen visuell und emotional greifbar zu machen.

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Die kanadische Choreo­graphin Crystal Pite besitzt ein besonderes Gespür für krisenhafte Entwicklungen der Gegenwart und rückt diese ins Zentrum ihrer Inszenierungen. Ihre Choreographie Angels’ Atlas bildet den zweiten Teil des Ballettabends Overture. Für ihre eindrucksvollen Arbeiten wurde sie 2018 von der Zeitschrift tanz zur «Choreographin des Jahres» gekürt. Mit dem Choreographieren begann sie sehr früh: bereits nach einem Jahr als professionelle Tänzerin am Ballett British Columbia kreierte sie dort ihr erstes Stück Between the Bliss and Me (1989), das dem Repertoire der Kompanie hinzugefügt wurde. Es folgten weitere Auftragswerke für andere Kompanien. Schnell wurde sie auch außerhalb Kanadas bekannt. 1996 ging sie zu William Forsythes Ballett Frankfurt und tanzte fünf Jahre in seiner Kompanie. Auch hier entstanden neben ihrer Tätigkeit als Tänzerin zahlreiche eigene Stücke. 2001 kehrte Crystal Pite zurück nach Kanada und gründete in Vancouver ihre eigene Kompanie Kidd Pivot. Die architektonische Klarheit ihrer Choreographien mögen aus ihrer Zeit in Frankfurt stammen, ihre Stücke zeichnen sich jedoch insbesondere durch eine entfesselte emotionale Dramatik aus. Sie schwanken zwischen formaler Strenge und künstlerischem Wagemut. So bezeichnet sie selbst das Spannungsfeld, in dem sich die geordnete Mehrstimmigkeit ihrer Kreationen entfaltet. Crystal Pite ist eine der wenigen zeitgenössischen Choreographinnen, die immer wieder herausragende Werke für große Ensembles kreiert. Alle ihre Stücke zeichnen sich durch eine beeindruckende Dringlichkeit aus, doch vor allem bleibt die außerordentliche Schönheit ihrer Werke in Erinnerung. Von dieser magischen Schönheit ist auch ihr Stück Angels‘ Atlas durchdrungen. Der Titel suggeriert es bereits, hier vermessen Engel den Himmel – und sie tun dies in einer eisigen Landschaft aus Licht. Bühnenbildner Jay Gower Taylor und Lichtdesigner Tom Visser erzeugen Illusionswelten, in denen sich Eislandschaften verschieben und Eisschluchten sich öffnen. Es ist ein Ballett des Lichts, wie auch der Körper, und es handelt von Vergänglichkeit und den Metamorphosen des Lebens. Eingespielt werden Peter I. Tschaikowskys «Cherubinische Hymne» aus der Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomos sowie Musik von Morten Lauridson und Owen Belton. Crystal Pites Musikalität zeigt sich nicht zuletzt in der sorgfältigen Zusammenstellung der Klanglandschaften, die den klassischen Ausbildungshintergrund der Choreographin nicht verleugnen, sondern sie vielmehr in eine zeitgenössische Ästhetik einbetten. Nähert sich Pite den großen menschlichen Themen an, lässt sie sich und ihre Tänzer*innen zunächst in den Sog der Gefühle hineinziehen, bevor sie ihnen Form und logische Gestalt verleiht. Dies wird etwa deutlich in ihrem Stück Betroffenheit (2015), in dem der Protagonist (der kanadische Schauspieler Jonathon Young) eine Tragödie reproduziert, die ihm im wahren Leben widerfahren ist: der Feuertod seiner Tochter und zweier anderer Kinder, den er nicht verhindern konnte. In solchen Stücken wird deutlich, wie Pite dramaturgisch experimentiert und es versteht, die schiere emotionale Wucht in Gesten und eine körperliche Präsenz zu kanalisieren, die persönliche Schicksalsschläge in universelles Leid überführen. Die prachtvoll-geschmeidigen Körper-Architekturen, die Crystal Pite auf der Bühne errichtet, transportieren mehr als abstrakte Ideen von Linien und Kurven, die in Raum und Zeit Verwandlungen unterworfen werden. Man spürt vom ersten Augenblick an den essenziellen menschlichen Kern der übergeordneten, wie ein einziger Organismus pulsierenden Gruppenstruktur. Individuelle Empfindungen von Nähe oder Verwirrung teilen sich dem Publikum im großen choreographischen Gesamtgeschehen mit. Dabei weicht Crystal Pite schönen Bildern nicht aus, sondern treibt sie ins Extreme, mitunter auch ins Prekäre. Auf ihren Gratwanderungen zwischen Leidenschaft und Mitgefühl scheut die Kanadierin auch die Tuchfühlung mit dem Unaussprechlichen nicht. Text: Katja Wiegand

Linke Seite Crystal Pite Foto: Rolex by Anoush Abrar Rechte Seite Bühnenbild zu Angels’ Atlas Fotos: Tom Visser


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STAATSBALLETT BERLIN Tanz ist KLASSE!

Die Vermi�ler*innen Eine der größten Abteilungen innerhalb des Staatsballetts Berlin ist die Education Abteilung in Form des Vereins Tanz ist KLASSE!. Vier Tanzpädagog*innen verantworten die kulturelle Vermitt­ lungsarbeit. Philomena Witt, die in dieser Spielzeit ihr FSJ Kultur beim Education Programm absolviert, hat mit Elinor Jagodnik, Bettina Thiel, Kathlyn Pope und Stefan Witzel gesprochen.

Philomena Witt (PW) Wie schafft ihr es, Kinder

und Jugendliche für Ballett zu begeistern? Bettina Thiel (BT) Also, ich arbeite zum Beispiel Tanzstil-übergreifend. Ich gucke, was die Kinder und Jugendlichen wollen, und versuche, das erst einmal aufzunehmen. Meine Devise ist dabei: Es geht nicht nur um Tanz, es geht auch um jede*n Einzelne*n in der Gruppe. Es geht um die Gemeinschaft, es geht darum, Beziehungen aufzubauen und das aufzugreifen, was die Kinder eigentlich im Alltag beschäftigt. Elinor Jagodnik (EJ) Ich erkläre den Kindern, was Tanz ist, lasse sie es selbst spüren. Wir bieten Workshops an, in denen die Teilnehmer*innen sich die Studios mit den Profitänzer*innen teilen. Dort, wo sonst die Profis trainieren, üben nun die Besucher*innen, das ist etwas sehr Besonderes. Sie können den Trainingsalltag der Tänzer*innen hautnah miterleben. Da passiert es immer wieder, dass die Kinder, die am Anfang lachen und glauben, Tanz ist nichts für sie, am Ende begeistert herausgehen. Stefan Witzel (SW) Das stimmt. Es gibt ganz oft Jungs, die zunächst Ressentiments haben. Und selbst die, die große Vorurteile hatten, sagen dann relativ schnell, wie beeindruckend die Tänzer*innen sind. Vor allem die Jungs sagen dann oft, dass Ballett eine merkwürdige Kombination aus sportlicher Höchstleistung und Kunst ist. Ich selbst komme aus der Pantomime und Fechtkunst, komme also nicht aus dem klassischen Tanz. Diese Mischung aus Sport und Kunst kann manchmal auch helfen, Laien einen Zugang zum Tanz zu verschaffen. BT Manchmal erinnern sie sich auch: «Ah, das machen wir ja auch beim Fußball!» – Hopserlauf, Seitgalopp, solche Sachen. PW Welche Auswirkungen habt ihr bei den Kindern festgestellt? Welche Erfahrungen machen sie durch den Tanz? BT Ich werde zum Beispiel nicht vergessen, wie die Kinder das erste Mal zusammen mit uns auf die große Bühne der Deutschen Oper kamen, wo sie ein paar Tage später selbst auftreten sollten. Dieses Staunen und dieses Überwältigtsein, auf einmal auf

der anderen Seite zu stehen und in den Zuschauerraum zu gucken. Ich weiß nicht, ob es bei euch auch so war, aber mich hat dieser Moment schon sehr beeindruckt. Kathlyn Pope (KP) Ich hatte so einige besondere Momente, zum Beispiel mit einem Jungen, der im Rollstuhl saß. Wir haben dann gemeinsam einen Spiegel-Tanz entwickelt, an dem er ganz selbstverständlich teilnahm. Manchmal gewinnen die Kinder so viel Selbstbewusstsein durch diese Erlebnisse, dass sie dieses neue Bewusstsein auch in ihren Alltag nehmen und sich plötzlich mehr zutrauen. Solche Erlebnisse bleiben hängen und beeinflussen die Kinder nachhaltig positiv. BT Manchmal kommen so Fähigkeiten zutage, die vielleicht vorher nie jemand erwartet hat. Wir gehen ja völlig unvoreingenommen in die Klassen, kennen die Schüler*innen nicht und wissen nicht, was sie innerhalb einer Gruppe vielleicht für Schwierigkeiten haben. Und auf einmal stehen die vorne, und alle staunen eigentlich nur. Und jede*r Einzelne nimmt dann für sich dieses Erlebnis mit: „Ich bin wertvoll!“ EJ Viele junge Menschen kommen hier her und hätten sonst unter Umständen nie die Gelegenheit, irgendwas mit Tanzen zu tun zu haben und ein Teil davon zu sein. Vielleicht denken sie auch später noch an das, was wir zusammen erlebt haben. Es macht mich glücklich zu sehen, wie viel Freude sie am Tanzen haben. SW Ich glaube, das Wichtigste ist, dass man den Kindern vermittelt, dass sie es schaffen können. Die meisten Sachen kann man nicht einfach so, das ist immer so. Erfolg im Leben zu haben, bedeutet auch, an Sachen dranzubleiben, auch wenn es mal ätzend oder langweilig ist, eine Choreographie ständig zu wiederholen. Aber am Schluss steht man auf der Bühne. Und dann sagen die Kinder eigentlich alle, dass es gut war, so lange zu üben und dranzubleiben. PW Das Besondere ist ja auch, dass ihr mit den Schüler*innen nicht nur tanzpädagogisch arbeitet, sondern sie die Möglichkeit haben, ihr Gelerntes zu präsentieren. In diesem Jahr in der Tischlerei, der Nebenspiel-

stätte der Deutschen Oper Berlin. Welche Herangehensweisen habt ihr bei der choreographischen Stückentwicklung mit Laien? BT Wir legen ein Thema fest und machen uns schon mal erste Ideen dazu. Konkrete Ideen kommen dann von den Schüler*innen. Wir machen Brainstorming, schreiben auf, und es wird diskutiert. Wenn ich weiß, ich will ein cooles Finale mit komplizierten Schritten und merke, das können die Kinder, dann fange ich damit an, damit sie das gut draufhaben. KP Ich glaube, wir haben alle verschiedene Herangehensweisen, letztendlich ist der Kern der Sache, dass wir versuchen, ihnen alles zu geben, was auch ein*e Tänzer*in mit sich bringt. Das ist Musikalität, das ist Technik, Disziplin, Flexibilität, das ist Freude am Tanz, Improvisationsfähigkeiten etc. Zuerst bringen wir ihnen das alles näher und führen dann in das aktuelle Thema der Aufführung ein. PW Bemerkt ihr Unterschiede bei der Kreativität, je nach Alter der Schüler*innen? EJ Die jüngeren Kinder, mit denen ich arbeite, haben viele Ideen. Meine älteren Schüler*innen hingegen brauchen mehr Anleitung. Ich zum Beispiel beginne immer mit der Vermittlung von etwas Technik, einem ‹Tanz-Vokabular›, das sie verwenden können, wenn wir mit Improvisationsübungen beginnen. Dann erst haben wir über das diesjährige Thema ‹Wunsch und Wirklichkeit› geredet. Die Jüngeren haben Millionen Wünsche, Millionen Antworten auf die Frage: Was kann man sich wünschen? Was ist ein Wunsch? Das gleiche für den Begriff ‹Wirklichkeit›, das war super süß: Schule, Zähneputzen und ganz viele verschiedene Sachen. Bei den Älteren hat es schon länger gedauert. Aber insgesamt ist es bei mir so, wenn wir ein Stück entwickeln, habe ich eine Idee, oftmals auch ausgehend von der Musik, wir machen ein paar Schritte, und dann machen sie weiter, und wir setzen die einzelnen Ideen der Schüler*innen nach und nach zusammen. PW Lehrt ihr nur klassische Ballettschritte oder auch andere Stile? Zum Beispiel Aspekte aus der Pantomime, denn Stefan, du kommst ja aus dem Pantomimebereich.

SW Ich glaube, es gibt mit anderen Sport- und Tanz-

arten doch mehr Überschneidungen als man denkt. Auch wenn die Kinder das manchmal vielleicht im ersten Moment nicht so können, dann übt man das. Es wird dann Stück für Stück besser, so dass sie irgendwann an dem Punkt sind, an dem es klappt. BT Ihnen auch zu sagen: «Du musst das jetzt nicht können». Ich habe auch Kinder, die sagen, wenn ich etwas vorzeige: «Ich kann das nicht». Und da gehe ich dann erst einmal rein und sage ihnen: «Du musst das jetzt noch nicht können, du bist hier um zu lernen». Klassisches Ballett hat auch was mit Haltung zu tun, präsent zu sein, den Körper zu nutzen, und das sind genau die Dinge, die wir auch mit reinbringen. KP Die ‹Technik›, die wir vermitteln wollen, ist einfach, wie man seinen Körper bewegen kann und nicht, dass wir den Kindern klassisches Ballett beibringen. Diejenigen, die wirklich klassisches Ballett lernen möchten, können nachmittags an unseren Ballettkursen teilnehmen. PW Vielen Dank für die spannenden Einblicke in eure Arbeit und viel Erfolg für die Auftritte im Mai in der Tischlerei.


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In Kürze Tanz ist KLASSE! wurde 2007 gegründet. Vier Tanzpädagog*innen bieten Workshops, Tanzkurse, Ferienangebote und vieles mehr an. Pro Schuljahr werden rund 210 Workshops angeboten, daneben gibt es 15 Tanzkurse am Nachmittag und 12 Kooperationen mit Schulen und Kitas. Allein durch Workshops haben seit 2007 über 50.000 Kinder und Jugendliche einen ersten Blick hinter die Kulissen des Staatsballetts werfen können. Im Mai 2024 präsentieren rund 100 Schüler*innen der Kooperationsschulen ihre eigenen Choreographien zum Thema ‹Wunsch und Wirklichkeit› in der Tischlerei der Deutschen Oper Berlin. Bettina Thiel mit jungen Tanzschüler*innen, Foto: Junior Demitre

Erste Tanzschritte mit Kindern mit körperlichen Einschränkungen, Foto: Yan Revazov

Workshopteilnehmer*innen, Foto: Henriette Köpke

Tanz ist KLASSE! On Stage PREMIERE 21. Mai 2024 22. | 24. Mai 2024 Deutsche Oper Berlin, Tischlerei

Tanzpädagog*innen im Gespräch. V.l.n.r. Bettina Thiel, Philomena Witt, Stefan Witzel, Elinor Jagodnik, Kathlyn Pope. Foto: Henriette Köpke

«Ich glaube, das Wichtigste ist, dass man den Kindern vermi�elt, dass sie es scha�en können.»


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STAATSBALLETT BERLIN Next Generation

Rollenwechsel: Tänzer*innen der Kompanie entwickeln eigene Choreographien

9 Choreograph*innen und 1000 Ideen

Neun Tänzer*innen des Staatsballetts Berlin werden im Rahmen der Produktion Next Generation im Mai 2024 in der Tischlerei der Deutschen Oper Berlin eigene Choreographien präsentieren. Wie sieht sie wohl aus, die Zukunft des Tanzes? Von Morddrohungen an Flamingos über einen Tanz auf dem Tätowierstuhl bis zu politischen Themen wie Frauenrechte und Klimawandel.

Die Choreograph*innen beim Gruppenfoto (v.l.n.r.): Vivian Assal Koohnavard, Shaked Heller, Dominik White Slavkovský, Alexander Abdukarimov (unten), Gustavo Chalub, Clotilde Tran, Théo Just, Ross Martinson und Aurora Dickie, Foto: Admill Kuyler


STAATSBALLETT BERLIN Die Stimmung ist gelöst im Kulissenmagazin der Deutschen Oper Berlin an einem Montag im Dezember. Hier, wo die Kulissen für alle laufenden Produktionen lagern, haben sich neun Tänzer*innen des Staatsballetts für ein schnelles Gruppenfoto getroffen. Sie alle möchten im Rahmen der Produktion Next Generation eigene Choreographien präsentieren. Noch werden die Ideen hauptsächlich in den Köpfen gewälzt. Erste Proben finden aber bereits statt wann immer es der straffe Probenplan erlaubt. Mit dabei sind Neulinge, die zum ersten Mal in die Rolle des Choreographierenden schlüpfen, aber auch «alte Hasen», die bereits mehrere Arbeiten entwickelt haben und auch schon auf großen Bühnen im In- oder Ausland Werke gezeigt haben. Gustavo Chalub ist einer derjenigen, die zum ersten Mal ein eigenes Werk entwickeln. «Ich habe nun schon in drei Kompanien getanzt in Werken von so vielen verschiedenen Choreograph*innen, dass sich bei mir die Lust entwickelt, auch einmal etwas Eigenes zu choreographieren.» Der Brasilianer erhielt seine Ballettausbildung an der Académie de danse Princesse Grace in Monaco und tanzte danach beim Ballett Zürich und im Semperoper Ballett. Seine Landsfrau Aurora Dickie wagt sich ebenfalls zum ersten Mal ins Unbekannte und möchte die Gelegenheit nutzen um herauszufinden, ob diese Profession vielleicht auch für das Leben nach der aktiven Tänzerinnenkarriere eine Option wäre. «Das ist die beste Gelegenheit um auszuprobieren, ob das etwas ist, was zu mir passt und was auch in der Zukunft etwas für mich wäre. Aber da es das erste Mal für mich ist, muss ich sehen, wie sich der Prozess anfühlt und es einfach ausprobieren.» Doch wie beginnt man, eine Choreographie zu entwickeln? Da hat jeder seine eigene Herangehensweise. Clotilde Tran liebt den Beginn dieses Prozesses am meisten. «Ein Konzept zu entwickeln, etwas zu verfassen, sich die verschiedenen Elemente vorzustellen, das mag ich sehr.» Dieses Mal umso mehr, denn sie arbeitet mit ihrem Lebensgefährten zusammen. «Er ist Bühnenbildner und nun auch für mein Bühnenbild und das Licht zuständig, darauf freue ich mich besonders.» Kollaborationen mit unterschiedlichen Künstler*innen sind auch für Vivian Assal Koohnavard ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsprozesses und des künstlerischen Ergebnisses. «Ich möchte andere Künstler*innen in diese Institution und unsere Staatsballett-Welt einladen, um gemeinsam etwas Interessantes zu entwickeln.» Dabei setzt sie sich mit einem Thema auseinander, das schon in früheren Arbeiten Ausgangspunkt war: die Situation von Frauen im Iran, ihre Rechte und ihre Kämpfe. Politische und gesellschaftliche Themen bewegen auch andere Ensemblemitglieder zur Entwicklung eigener Werke. Der Franzose Théo Just setzt sich mit dem Thema ‹Wasser› auseinander. «Ich liebe dieses Element und die Bewegungsqualität, die es mit sich bringen kann. Der Mensch besteht ja hauptsächlich aus Wasser, es ist also etwas, das uns alle eint. Wenn man bedenkt wie viele Krisen gerade in der Welt die Menschen auseinandertreiben, dann möchte ich mit meiner Choreographie Kunst kreieren, die die Menschen zusammenbringt und an ihren gemeinsamen Ursprung erinnert.» Und auch neue Technologien machen nicht vor der Ballettwelt Halt und führen zu anderen Arten des Choreographierens. Alexander Abdukarimov setzt sich damit schon länger auseinander. Im September 2020 präsentierte er die Arbeit Control Shift, die mit einem digitalen Armband arbeitete, mit dem die Tanzenden die Musik ‹komponieren› und Lichteffekte steuern konnten. «Ich arbeite wieder mit dieser Technologie, allerdings ist sie mittlerweile viel fortgeschrittener, so dass ich mich noch eingehender mit den Bewegungsabfolgen beschäftigen kann. Ich habe schon fünf Jahre an Entwicklung in diese Art des Choreographierens gesteckt.» Und was passiert, wenn man dann zum ersten Mal im Studio steht? Ross Martinson hat bisher vier Soloarbeiten entwickelt und kennt diesen Moment gut. «Ich arbeite viel mit Improvisation. Ich starte mit dem Text, ich spreche ihn und schaue, welche Gesten ganz natürlich dazu entstehen. Diese kleinen Gesten werden dann vergrößert und darauf baue ich die Bewegungen auf.» Der Brite kombiniert in seinen Arbeiten das

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FORUM

gesprochene Wort mit Tanz. Nun arbeitet er erstmals mit vier Tänzer*innen und ist gespannt, wie die individuellen Ausdrucksweisen seine Arbeit beeinflussen werden. Auch Shaked Heller möchte eine Soloarbeit auf eine Choreographie für zwei Tanzende ausweiten. Er setzt sich tänzerisch mit seiner eigenen schweren Geburt auseinander, aber da er ein Zwilling ist, wollte er die Choreographie für eine weitere Tänzerin öffnen. Außerdem sind noch zwei besondere Protagonisten von Bedeutung: zwei Tätowierstühle, deren Glieder beweglich sind und mit denen die Tanzenden interagieren. «Die Arbeit an dieser Choreographie ist ungewohnt für mich, denn ich arbeite mit Objekten. Ich habe noch nie für eine Person und ein Objekt etwas kreiert. Es ist fast, als ob ich mit vier Körpern arbeite.» Die Choreograph*innen sind also nicht nur für den Tanz zuständig, sondern auch für Bühnenbild, Licht und Kostüme. Hierfür kann jedes Ensemblemitglied in den Fundus der Deutschen Oper gehen und sich bei abgespielten Bühnenelementen oder Kostümen bedienen. Das kann Dominik White Slavkovský gut gebrauchen, denn er liebt es bunt und surreal: «Mir erscheint die Realität des Klimawandels manchmal wie ein Horrorfilm: alle wissen, wer der Mörder ist, aber niemand tut etwas. Mein Stück zieht dazu eine Parallele. Es heißt Phoenicopterus, das bedeutet Flamingo auf Lateinisch. Eine Gruppe dieser bedrohten Spezies erhält Telefonanrufe von einem Mörder, der sie umbringen möchte. Es ist Satire, aber es ist auch real! Außerdem liebe ich Pop Art, darum freue ich mich am meisten darauf, in den Fundus zu gehen und in den alten Kostümen zu stöbern. Ich bin mir sicher, dass zwölf Tänzer*innen in pinkfarbenen Spitzenschuhen super Flamingos sein werden!» Wie jede Produktion werden auch die jungen Choreograph*innen bei Fragen zu Musik, Dramaturgie und Budgetplanung vom Team des Staatsballetts unterstützt. Um Fragen nach der konkreten Umsetzung zu beantworten, steht außerdem Mathias Hofmann, Technischer Produktionsleiter beim Staatsballett, den Kreierenden mit Rat und Tat zur Seite. «Die größte Herausforderung für mich besteht darin, die Choreograph*innen auf ihrem Entstehungsprozess zu begleiten und Wege aufzuzeigen, wie die vielfältigen und manchmal auch verrückten Ideen in einen für alle umsetzbaren und überzeugenden Abend münden können.» Welches Licht lässt die Flamingo-Kostüme noch knalliger leuchten? Darf Wasser auf der Bühne eingesetzt werden und wo bekommt man zwei günstige Tätowierstühle? Für die darauffolgende technische Umsetzung von neun künstlerischen Konzepten gibt Steffen Hoppe, Technischer Leiter der Tischlerei, alles: «Ich habe schon einige Abende mit jungen Choreograph*innen begleitet. Das ist immer eine Herausforderung, denn es sind viele kurze Arbeiten mit den unterschiedlichsten Settings. Letztendlich können wir aber die meisten Wünsche umsetzen und es entstehen tolle Produktionen.» Von abstrakt und theoretisch bis narrativ und abgedreht: beim Next Generation-Abend zeigen die jungen Choreograph*innen die Bandbreite der Zukunft des Tanzes. Und die ist so abwechslungsreich wie das Leben selbst.

Gewalt

Teil 2 der Gesprächsreihe von und mit Mariama Diagne

Text: Corinna Erlebach

Mit freundlicher Unterstützung der Europäischen Stiftung der Rahn Dittrich Group für Bildung und Kultur, der Friede Springer Stiftung, Heike Zimmermann und der Freunde und Förderer des Staatsballett Berlin e.V..

Next Generation

Choreographien aus dem Ensemble

URAUFFÜHRUNG 11. Mai 2024 12. | 14. | 15. Mai 2024 Deutsche Oper Berlin, Tischlerei

Nach dem Abend Schönheit widmet sich der zweite Teil der Gesprächsreihe Forum unter dem Reihentitel Gefühle diesmal der Gewalt im Kontext des Tanzes und setzt damit den Dialog zwischen Theorie und Praxis fort. Das Schlüsselwerk der europäischen Tanzmoderne erzählt nicht nur von Kunst, sondern auch von Gewalt: Im Stück Le Sacre du printemps (1913), einer Auftragsarbeit der Pariser Oper, choreographiert von Vaslav Nijinsky und komponiert von Igor Strawinsky, wurde durch den Opfer-Tanz nicht nur Gewalt und Sterben auf der Bühne präsentiert. Auch löste der Premierenabend Publikumsgewalt in Form von Buhrufen und Beschimpfungen aus. Die einwärtsgedrehten Füße und Körperbewegungen in der Choreographie wichen für den Geschmack der damaligen Zuschauenden zu stark vom auswärtsrotierten der Füße, sanfte Farben und feenhafte Kostüme präsentierenden Ballett ab. Auch in der Interpretation des Sacre werden Grenzen überschritten. Manchmal ist dies für die Darbietung erforderlich. Davon berichtet in ihren Memoiren nicht nur Bronislava Nijinska, Tänzerin und Schwester Nijinskys. Auch Tanzende, die auf staubigem Torfboden Pina Bauschs Version des Frühlingsopfers (1975) darstellen, erzählen von einer unerbittlichen Härte der Musik in Verbindung mit der Choreographie. Tänzer*innen begegnen ihrem Körper mit Gewalt, wenn sie sich Bewegungsabläufen widmen, die etwa Gelenke oder Muskeln belasten. Schmerzen signalisieren Grenzen, und Verletzungen sind Zeugen dieser Gewalt, so Sacha Males, Tänzer am Staatsballetts Berlin. In der Ausbildung, wie auch hinter der Bühne müssen Berufstanzende einen Umgang mit den Grenzen der eigenen Verletzlichkeit finden. Lässt sich ein gerissenes Kreuzband kitten? Wann heilen Brüche im Schienbein? Wer tritt mit Fieber auf die Bühne? In welcher Weise Gewalt eine Aufmerksamkeit im Moment ihrer Antizipierung, im Vollzug sowie im Nachwirken verlangt, analysierten Schreibende wie der jüdische Schriftsteller und Philosoph Walter Benjamin. Mit seinem berühmten Essay «Kritik der Gewalt» (1921) stellt er unter anderem die Frage nach dem Stellenwert und Wirkungsgrad sittlicher Mittel von erzieherischer Gewalt. Die Kulturtheoretikerin Iris Därmann blickt in ihrem Buch Undienlichkeit: Gewaltgeschichte und politische Philosophie (2020) auf Weltordnungen stiftende wie erschütternde Ereignisse, Haltungen und politische Entscheidungen. Das Verständnis der auch historischen Ursachen und Folgen von Gewalt ist eine wesentliche Voraussetzung für die gewaltfreie Auseinandersetzung mit Konflikten im menschlichen Zusammensein. Das Forum lädt zum 21. Februar 2024 Gäste ein, die sich dem Thema aus unterschiedlichen Perspektiven widmen. Im Gespräch sind: Sacha Males, der als Tänzer am Staatsballett Berlin engagiert ist, und aktuell gleich zwei der schwersten Knieverletzungen auskuriert, Anneli Chasemore, Tänzerin und Spezialistin für Verletzungsprävention, die am Staatsballett Tanzende in Heilungsprozessen begleitet und zu Folgen der Grenzüberschreitung berät, Birgit Eusterschulte, die als Kunsthistorikerin Fragen des Reparierens und Erzählens von Gewalt durchzogener Vergangenheit und antikolonialer Perspektiven untersucht, sowie Elke Lehrenkrauss, die als Dokumentarfilmerin mit den ethischen Grenzen der mitunter gewaltvollen Bildproduktion von verletzlichen Körpern konfrontiert ist. Konzeption und Moderation: Mariama Diagne Gäste: Anneli Chasemore, Birgit Eusterschulte, Elke Lehrenkrauss, Sacha Males 21. Februar 2024 19.30 Uhr -> Deutsche Oper Berlin, Foyer


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KOLUMNE

Zum Sterben schön. Eine Ästhetik der Vergänglichkeit

WIEDERAUFNAHMEN Giselle Messa da Requiem

Liebe und Verrat – das sind die großen Themen dieses Klassikers, bis heute eines der Meisterwerke des romantischen Ballettrepertoires. In der zeitlosen Fassung von Patrice Bart, die sich eng an die Orginalchoreographie anlehnt, kehrt Giselle zurück In Giuseppe Verdis Messa da Requiem, einem vergangenen Spielzeit seinen Einstand in Berlin. In den Kulissen des künstlerischen Schaffens tanzt auf die Bühne der Staatsoper Unter den Linden. seiner bedeutendsten Kompositionen, geht es um Gemeinsam mit den Tänzer*innen des Staatsbalder Tod eine bedeutende Rolle. Von dramatischen die großen Fragen: Wer sind wir? Wo kommen wir letts Berlin bringen namhafte Gesangsolist*innen Theaterstücken bis hin zu opulenten Aufführunher? Wo gehen wir hin? Christian Spucks Zürcher und der renommierte Rundfunkchor Berlin (Chefgen der Oper ist das Motiv des Bühnentods der Erfolgsinszenierung erzählt in bildgewaltigen Sze- dirigent Gijs Leenaars) dieses bewegende Werk Dreh- und Angelpunkt unzähliger Produktionen. nen von Gefühlen wie Angst, Zorn, Schmerz, Trauer, in der Deutschen Oper im Juni und Juli wieder Häufig ist es der klassische Grundkonflikt, der die aber auch Trost und setzt sich mit den Grenzen zur Aufführung. Handlung vorantreibt: eine Dreiecksgeschichte, zwischen Leben und Tod auseinander. Mit Messa eine verhinderte oder unmögliche Liebe, die zu da Requiem gab der neue Intendant bereits in der Rivalität und Rache, Verzweiflung, Wahnsinn oder zum Selbstmord führt. In der Oper erfüllt der Tod die Szenerie mit seiner eigenen musikalischen Sprache. Aber auch im Ballett wird der Tod auf eine einzigartige Weise inszeniert. Hier wird er im klassischen Ballett nicht nur als tragische Figur dargestellt, sondern vor allem als ästhetischer Ausdruck. Das Ballett haucht dem Tod eine beinahe greifbare Lebendigkeit ein und lotet gleichzeitig die Zerbrechlichkeit des Lebens sowie die tiefen Emotionen aus, die es begleiten, denken wir dabei nur an Anna Pawlowas Interpretation von Michail Fokins ChoreoKsenia Ovsyanick in Giselle, Foto: Mariia Kulchytska graphie des «Sterbenden Schwans». Das Ballett nutzt dabei nicht nur die tänzerische Ausdruckskraft, sondern auch die künstlerische Gestaltung von Kostümen, insbesondere die des ikonischen Tutus, um die Darstellung des Todes zu verstärken. Das transparent weiße, wadenlange, so genannte romantische Tutu hat seinen Ursprung im 19. Jahrhundert und war mit der Erfindung des Spitzenschuhs und dem Spitzentanz von der Tanzbühne nicht mehr wegzudenken. Zu dieser Zeit wurden Theaterkulissen zunehmend mit Gaslichtern und den ersten elektrischen Lampen beleuchtet, die das Polina Semionova und David Soares in Messa da Requiem, Foto: Carlos Quezada Spiel mit Licht und Schatten, mit der Transparenz von halbtransparenten Vorhängen ermöglichte und zu illusionistischen Darstellungen inspirierte. Diese mystische Kulisse, in der das Tutu fast wie ein schwebender Schleier erschien, beflügelte nicht nur die Fantasie des Publikums, sondern über die Rolle der Giselle auch Librettisten, Komponisten, Regisseure und Giselle ist in der Karriere einer jeden Ballerina wie Bühnenbildner im Romantischen Zeitalter. Die Hamlet für Schauspieler. Es stellt einen sowohl Transparenz und Leichtigkeit des Tutus verstärkten künstlerisch als auch technisch auf die Probe und den Effekt, indem es den Eindruck erweckte, dass bietet einen erstaunlichen Spielraum für Interpredie Tänzerin förmlich durch den Raum schwebe – tationen. Es gibt so viele Möglichkeiten, wie man eine Anmutung, die an Geister oder übernatürliche sich der Geschichte nähern kann. Es kann um Wesen erinnerte. Es unterstrich die Ästhetik des Vergebung, Selbstlosigkeit, die Naivität der Liebe Todes oder einer übernatürlichen Erscheinung, wie gehen oder darum, was Liebe wirklich bedeutet. die von Geistern, Feen oder anderen spirituellen Die Herausforderung, vor allem in der ikoWesen. nischen Wahnsinnsszene, besteht darin, jeden In diesem kulturellen Kontext wurde der Tod Gefühlswechsel zu verstehen und zu spielen, so nicht mehr als das endgültige Ereignis betrachtet, dass das Publikum einem folgen und glauben kann. sondern als ein ästhetisches Konzept verstanden, Ich könnte wahrscheinlich ewig an dieser mit dem menschliche Endlichkeit mit dem Jen- Rolle arbeiten, um alle Elemente in meinem Tanz seitigen verbunden wurde. Im Ballett Giselle führt loszuwerden, die die Geschichte und die Surredie Liebe an sich zum Tod. Die Ästhetisierung des alität von Giselles Präsenz stören könnten. Man Todes manifestierte sich als kulturelle Tendenz in perfektioniert die Technik so, dass jeder sie ververschiedenen künstlerischen Ausdrucksformen, gisst und stattdessen der Reise folgt, die Giselle Berliner Morgenpost, April 2023 einschließlich des klassischen Balletts. Sie spielte und Albrecht durchmachen, und den wichtigen sich nicht nur als zentrale Frage auf der Bühne Emotionen, die wir zu vermitteln haben. Mehr als ab, sondern auch als eine existenzielle Frage des alles andere lehrt uns dieses Ballett etwas über wirklichen Lebens im 19. Jahrhundert. Selbstlosigkeit (und die Folgen, wenn man nur an sich selbst denkt). Und ich glaube, es ist wichtig, das zu vermitteln. Schließlich wollen wir ja alle die Welt ein wenig besser machen.

Katja Wiegand

«Mehr als alles andere lehrt uns dieses Balle� etwas über Selbst- losigkeit» Ksenia Ovsyanick

Text: Ksenia Ovsyanick, Erste Solistin

Giselle

«Es ist ein Gesamtkunstwerk, das vom Zusammenspiel vieler großartiger Einzelleistungen lebt. Die Produktion gehört zweifellos zu den Highlights dieser Berliner Spielzeit.»

Messa da Requiem

Choreographie und Inszenierung Christian Spuck

Ballett von Patrice Bart nach Coralli und Perrot

Eine Koproduktion des Staatsballetts Berlin mit dem Rundfunkchor Berlin

8. | 16. | 17. | 22. | 23. März 2024 2. |5. | 11. Jul 2024

8. | 9. | 21.| 25. | 27. Jun 2024 6. | 9. Jul 2024

Staatsoper Unter den Linden

Deutsche Oper Berlin


STAATSBALLETT BERLIN

Impressum Herausgeber Staatsballett Berlin – Stiftung Oper in Berlin Intendant Christian Spuck Geschäftsführerin Jenny Mahr Konzept Eps51 und Staatsballett Berlin, Dramaturgie und Marketing Redaktion/Lektorat Maren Dey, Corinna Erlebach, Annegret Gertz, Michael Hoh, Henriette Köpke, Mia Kasja Krüger, Katja Wiegand, Philomena Witt Gestaltung Eps51 Druck Sportflieger Berlin Fotos Cover Links: Yan Revazov Rechts: Marina Rodriguez Die Zeitung des Staatsballetts Berlin erscheint zweimal pro Spielzeit. Bestellung und Anregungen bitte an marketing@staatsballett-berlin.de Das Staatsballett Berlin dankt den Freunden und Förderern des Staatsballetts Berlin e.V. und dem Hauptsponsor Weberbank

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Half Life auf Vinyl

Save the Date!

20 Jahre Staatsballe� Berlin

Produzent

Ori Lichtik

Jubiläumsgala am 7. Juli 24 in der Deutschen Oper Berlin

veröffentlicht Musik zu Technoballett

Das Staatsballett Berlin wird 20 Jahre alt! Ein Anlass, den wir mit einer glanzvollen Gala gemeinsam mit den Tänzer*innen, Gästen und dem Berliner Publikum feiern möchten. Intendant Christian Spuck wird persönlich durch das Programm führen, die musikalische Leitung des Orchesters der Deutschen Oper Berlin übernimmt Maria Seletskaja, selbst einst Solotänzerin im Ensemble des Staatsballetts Berlin (zu sehen auf dem Foto in dieser Zeitung auf Seite 4) und heute gefragte Dirigentin. Am Geburtstagswochenende wird die Gala von Giselle in der Staatsoper, Messa da Requiem in der Deutschen Oper und einer Sonderausgabe des Ballettgesprächs umrahmt. Feiern Sie mit uns! Karten für alle Veranstaltungen sind bereits im Verkauf.

Die Tanzstücke Sharon Eyals entwickeln nicht nur durch ihre einzigartige Bewegungssprache einen Sog, der das Berliner Tanzpublikum seit der ersten Aufführung von Half Life im Herbst 2018 in seinen Bann zieht. Es sind die hypnotischen Technoklänge Ori Lichtiks, die mit der Choreographie eine einmalige Symbiose eingehen und bei Vorstellungen von weiteren Repertoirestücken der Choreographin wie STRONG oder 2 Chapters Love zu frenetischem Jubel führen. Für die Clubatmosphäre im heimischen Wohnzimmer veröffentlichte Ori Lichtik bereits im Dezember 2019 ausgewählte Musikpassagen auf diversen digitalen Plattformen. Für Analogfans folgt nun die Veröffentlichung auf Vinyl. Half Life von Ori Lichtik kann ab März auf vaxrecords.com vorbestellt werden und ist anschließend in Plattenläden erhältlich. Text: Michael Hoh

Ob Parkett oder Rang: Unsere Auswahl ist die Primaballerina auf fünf Etagen. Bücher. Musik. Filme. Im KulturKaufhaus am Bahnhof Friedrichstraße.

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Kalender Februar

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Di 21.18:00 Tanz ist KLASSE! On Stage

DOB Tischlerei

12/6€

Tanz ist KLASSE! On Stage

DOB Tischlerei

12/6€

2 Chapters Love

SOB

Mi 22. 18:00 19:30

Fr 24. 11:00 Tanz ist KLASSE! On Stage

So 4. 11:00

Einführungsmatinée William Forsythe DOB Parke�foyer

Fr 16. 19:30

William Forsythe PREMIERE

DOB

C2

Mo 19. 19:30

William Forsythe

DOB

B2

Mi 21. 19:30

Forum Diskussionsreihe

DOB Rangfoyer

5€

Fr 23. 19:30

William Forsythe

DOB

C2

Sa 24. 12:00

Konzert der Kompositionsund Choreographiewerkstatt

SOB Apollosaal

5/3€

Mo 4. 19:30

William Forsythe

DOB

B2

Juni

Fr 8. 18:00

Giselle Wiederaufnahme

SOB

D1

So 10. 18:00

William Forsythe

DOB

Mi 13.19:30

William Forsythe

Do 14.19:30 Sa 16. 19:30

DOB Tischlerei

B1 12/6€

20:00

Overture

SOB

C1

Sa 25. 20:00

Overture

SOB

C1

Staatliche Ballett- und Artistikschule Berlin zu Gast

DOB

A2

So 26. 11:00

Ballettgespräch

SOB Apollosaal

5€

Mi 29. 19:30

2 Chapters Love

SOB

B1

Do 30. 19:30

Staatliche Ballett- und Artistikschule Berlin zu Gast

DOB

A2

Sa 1. 20:00

Overture

SOB

C1

B2

Mi 5. 20:00

Overture

SOB

B1

DOB

B2

Sa 8. 19:30

Messa da Requiem Wiederaufnahme DOB

D2

William Forsythe

DOB

B2

So 9. 16:00

Giselle

SOB

D1

18:00

SOB

5€

Giselle Familienvorstellung

SOB

Fr 22. 19:30

Giselle

Sa 23. 19:30

März

19:30

DiY-Workshop Messa da Requiem

DOB

5€

Messa da Requiem Familienvorstellung DOB

C2

Fr 14.19:30

2 Chapters Love

SOB

C1

C1

Fr 21.19:30

Messa da Requiem

DOB

D2

SOB

D1

Di 25. 19:30

Messa da Requiem

DOB

C2

Giselle

SOB

D1

Do 27. 19:30

Messa da Requiem

DOB

C2

Fr 29. 19:30

2 Chapters Love

SOB

C1

So 30. 11:00

TanzTanz Workshop

SBB

25€

So 31. 19:30

2 Chapters Love

SOB

C1

So 17. 14:00 16:00

Familienworkshop Giselle

April

Juli Di 2. 19:30

Giselle

SOB

C1

DOB

5€

Fr 5. 19:30

Giselle

SOB

D1

William Forsythe Familienvorstellung DOB

C2

Sa 6. 20:00

Messa da Requiem

DOB

D2

Sa 6. 19:30

William Forsythe

DOB

C2

So 7. 11:00

Balle�gespräch Special Edition DOB Parke�foyer

5€

Di 9. 19:30

William Forsythe

DOB

B2

18:00

GALA – 20 Jahre Staatsballett DOB

D2

So 14.11:00

Einführungsmatinée Overture

SOB Apollosaal

Di 9. 19:30

Messa da Requiem

DOB

C2

Do 11.19:30

Giselle

SOB

C1

Mo 1. 16:00 18:00

DiY-Workshop William Forsythe

TanzTanz Workshop

SBB

25€

So 28. 18:00

Overture URAUFFÜHRUNG

SOB

C1

Di 30. 20:00

Overture

SOB

B1

Overture

SOB

C1

11:00

Mai Fr 3. 20:00 So 5. 12:00

DiY-Workshop Overture

SOB

5€

14:00

Overture Familienvorstellung

SOB

B1

18:00

Overture

SOB

B1

Mi 8. 19:30

2 Chapters Love

SOB

B1

Sa 11.19:30

Next Generation URAUFFÜHRUNG

DOB Tischlerei 20/10€

So 12.15:00

Next Generation

DOB Tischlerei 20/10€

19:00

Next Generation

DOB Tischlerei 20/10€

Di 14.19:30

Next Generation

DOB Tischlerei 20/10€

Mi 15. 19:30

Next Generation

DOB Tischlerei 20/10€

19:30

Forum Diskussionsreihe

DOB Rangfoyer

5€

Do 16. 19:30

2 Chapters Love

SOB

B1

Sa 18.20:00

Overture

SOB

C1

Preisgruppen Staatsoper Unter den Linden (SOB) A1 12€­ – 47€ B1 15€­ – 65€ C1 21€ – 80€ D1 25€ – 100€ Deutsche Oper Berlin (DOB) A2 16€ – 70€ B2 20€ – 86€ C2 24€ – 100€ D2 26€ – 136€ KOB = Komische Oper im Schillertheater Berlin SBB = Staatsballett Berlin = Veranstaltungen des Education Programms Tanz ist KLASSE!

Weitere Informationen und Tickets unter staatsballett-berlin.de

Kartenservice Unter den Linden 7 10117 Berlin tickets@staatsballett-berlin.de Tel +49 (0)30 20 60 92 630 Fax +49 (0)30 20 35 44 83 Tickets erhalten Sie außerdem an den Theater­ kassen der Staatsoper Unter den Linden, der Deutschen Oper Berlin und der Komischen Oper Berlin sowohl im Vorverkauf als auch jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn an der Abendkasse.

www. staatsballe�berlin.de


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