Das Journal der Staatsoper Hannover
seitenbühne 11.12
seitenbühne . November / Dezember 2012
PROSZENIUM
JAHRESZEITEN Dass es Menschen gibt, die die dunkle Jahreszeit den (vermeintlich) warmen Monaten vorziehen, konnte ich bis vor paar Jahren nicht nachvollziehen. Seit einiger Zeit jedoch kann auch ich mich immer mehr am Herbst und Winter erfreuen und entdecke viele Dinge, die zu dieser Jahreszeit eigentlich genauso schön oder sogar noch viel schöner sind. Sei es der kuschelige Sofa-Abend mit guter Musik oder einem spannenden Buch, der ausgedehnte Waldlauf bei Schnee oder ein anregender, (ent-)spannender Theaterabend, wenn es draußen eisig kalt ist. Bei uns im Opernhaus stehen vielversprechende Opern- und Ballettpremieren in den Herbstund Wintermonaten auf dem Programm und auch das alljährliche Kinderfest im Januar und der heiß begehrte Opernball im Februar gehören zu den besonderen Winter-Events, denen ich freudig entgegenblicke. Sie sind vor allem auch für meine Tätigkeit als Verantwortliche des Bereichs Sponsoring von großer Bedeutung, werden diese Veranstaltungen doch zu einem großen Teil durch oftmals langjährige Partnerschaften und Sponsorships unterstützt und ermöglicht. Wenn ich an den Herbst denke, dann kommen mir auch fröhliche Kinderscharen in den Sinn, die stolz mit ihren selbst gebastelten Laternen durch die Straßen ziehen. Am 9. November ist es auch bei uns wieder so weit, und der zweite große »Vereint für Hannover«Laternenumzug findet am Opernhaus statt. Mehrere hundert Kinder sind im vergangenen Jahr mit ihren Eltern gekommen, um gemeinsam vom Opernplatz zur AWD-Arena zu laufen. Dieser Laternenumzug, begleitet von St. Martin hoch zu Ross und dem Musikzug BurgdorfHänigsen, verbindet symbolisch die beiden Initiatoren von »Vereint für Hannover«: das Niedersächsische Staatstheater Hannover und Hannover 96. Im Januar 2011 haben wir diese einmalige Kooperation zwischen einem Bundesliga-Fußballverein und einem Staatstheater gegründet, um uns gemeinsam mit finanzstarken Partnern aus der Wirtschaft für Hannover und die Region zu engagieren. So haben wir seitdem bereits zahlreiche soziale Einrichtungen und Projekte unterstützen können und verschiedene Veranstaltungen organisiert, um für den guten Zweck zu sammeln. Auch der Laternenumzug soll Gutes bewegen, wenn die drei Partner Johnson Controls, Hannoversche Volksbank und ZAG Personal & Perspektiven je einen Euro für jedes teilnehmende Kind an die Ökumenische Essenausgabe spenden. Wir hoffen auch deshalb auf rege Teilnahme und freuen uns auf einen stimmungsvollen Laternenumzug. Sie sind alle herzlich willkommen! Ich wünsche Ihnen gemütliche und schöne Herbst- und Wintermonate. Ihre Nina Georgi Sponsoring & Vertriebsmarketing
T S E F F O H L L A B S A D IT D IE S P IE L Z E N E N F F Ö R E S C H A U S P IE L S E G N N U J D UN A HAGEMAN S IN IN F JUNGE OPER A R E R E R FOTO G S N U N E N IO IM P R E S S
BALLETT
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BALLETT
BRIGITTE KNÖSS
JAGDSZENEN Zur Uraufführung des Balletts SISSI von Jörg Mannes
Weg ist er. Der Hirsch stand genau im Visier, Franz-Joseph war schussbereit. Doch plötzlich sprang das Wild auf, davongejagt von einem lauten Niesen. Sissi schaut ganz verwirrt, obwohl sie innerlich jubiliert: Hat sie doch gerade das schöne Tier vor dem Tod bewahrt. Ob Hoheit etwas ahnen? Aber der Kaiser ist zu verliebt, und die Prinzessin viel zu süß, als dass er ihr böse sein könnte. Romy Schneider an der Seite von Karl-Heinz Böhm erschafft mit solchen Filmszenen das Bild Elisabeths von Österreich als schöne, gute und verehrte Märchenkaiserin. Sissi strahlt in den 1950er Jahren von Plakatwänden und von den Titelseiten der Illustrierten. Mit dem Film ist Ernst Marischka der große Coup gelungen: Bis heute haben weltweit etwa 25 Millionen Kinobesucher und unzählige Fernsehzuschauer Sissi gesehen. Rosemarie Magdalena Albach alias Romy Schneider wird 1938 in Wien als Tochter von Magda Schneider und Wolf Albach-Retty geboren. Die Eltern sind – neben Willy Fritsch und Lilian Harvey – das Liebespaar des deutschen Films. Viel beschäftigt in Adolf Hitlers Unterhaltungsindustrie sind sie meist unterwegs, und Romy wächst bei ihren Großeltern im idyllischen Oberbayern auf. In einem katholischen Internat wird ihr Disziplin beigebracht. Im Schultheater entdeckt Romy ihren Freiraum und beginnt, von einer Filmkarriere zu träumen. Früher als erwartet wird Wirklichkeit daraus, denn
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Magda Schneiders Stern sinkt, und sie nimmt systematisch die Karriere ihrer Tochter in Angriff. Gerade 15 Jahre alt, frisch und ungezwungen, spielt Romy in Wenn der weiße Flieder wieder blüht neben ihrer Mutter ihre erste Rolle. Mit untrüglichem Instinkt erkennt der Regisseur und Produzent Ernst Marischka das Potential des jungen Mädchens. Er macht sie zu Sissi, und Romy macht Elisabeth von Österreich zur Ikone. In den Augen des Publikums verschmelzen Romy und Sissi zu einer Person, ein Phänomen, das Ernst Marischka, Magda Schneider und deren zweiter Ehemann Hans Herbert Blatzheim zu schüren wissen. Die Nachkriegszeit giert nach dem schönen Leben, und die Medien wollen es zeigen: Sie machen die junge, ambitionierte Rosemarie Albach zur öffentlichen Person Romy Schneider, die sich lächelnd fügt. Das Unbehagen, das sie schon früh dabei spürt, kaschiert sie gut. Bereitwillig posiert sie immer und überall für die Fotografen, zur Freude der Medien, die mit ihr Auflage machen. Man ist rundum zufrieden mit ihr, und dabei soll es bleiben. Deshalb sind alle Filmangebote im selben Genre angesiedelt: Das süße Mädel darf nicht zur Frau werden! Aber der junge Star beginnt, sich zu wehren. Bisher hat Romy Schneider in Deutschland und Österreich dreizehn Filme gedreht, zusehends fühlt sie sich in eine Rolle gepresst und von der Öffentlichkeit bedrängt. Sie wünscht sich ein Privatleben und sucht nach neuer schauspielerischer Herausforderung. Nur noch mit Mühe gelingt es Ernst Marischka im Verein mit Hans Herbert Blatzheim und Magda Schneider, Sissi – Schicksalsjahre einer Kaiserin durchzusetzen. Romy Schneider will erwachsen werden und weiß, dass sie das in Deutschland nicht darf. 1958 – drei Jahre nach Sissi – dreht sie mit Alain Delon Christine nach Arthur
Schnitzlers Novelle Liebelei. Die beiden werden ein Paar und gehen gemeinsam nach Paris. Romy Schneider gibt deutlich zu erkennen, dass dies eine Absage an ihr bisheriges Filmimage, eine Flucht aus den Zwängen ist. Die deutschsprachige Presse macht sie zur Verräterin – und behält sie in den Schlagzeilen. Jetzt sind es Romys angebliche Skandale und Niederlagen, die genüsslich ans Licht gezerrt werden, und das heimatliche Publikum nimmt begierig Anteil. Die Fotografen liefern gerne Details, die Leser moralisieren über die neue Freizügigkeit ihrer Sissi. Für die Franzosen ist Romy Schneider zunächst nur Alain Delons neue Freundin. Doch das ehrgeizige »deutsche Fräulein« eignet sich schnell die französische Sprache an und überrascht mit ihrer ersten Bühnenrolle. An der Seite Alain Delons gelingt ihr unter Luchino Viscontis Leitung in Schade, dass sie eine Dirne ist ein erfolgreiches Debüt in Paris. Sie ist 23, als ihr Visconti mit einer Rolle in Boccaccio eine weitere Chance bietet. Die Kamera zeigt ihre Rückenansicht als erotisches Versprechen – die deutliche Abkehr einer verführerischen Frau vom SissiImage. Kurz darauf unterschreibt Romy Schneider einen Vertrag bei Columbia Pictures in Hollywood. Ihre eigentliche Heimat findet sie im französischen Film. Sie geht ganz in ihrer jeweiligen Rolle auf, verausgabt sich in ihrer Arbeit am Set, um am Ende der Dreharbeiten oft ausgelaugt zusammenzubrechen. Wandlungsfähig spielt Romy Schneider die Geheimnisvolle, Begehrenswerte, Verführerische, Kokette, Mutige, Engagierte, Verzweifelte – und bleibt doch unverkennbar. Franzosen und Französinnen sehen Mademoiselle Schneider als eine der ihren an. Noch in einer Umfrage zur Jahrtausendwende wird sie von ihnen zur größten Schauspielerin des 20. Jahrhunderts gewählt. >> WEITER AUF SEITE 6
JÖRG MANNES UND SISSI Mit Sissi macht Jörg Mannes eine Ikone zum Zentrum seines Balletts. Er sucht seinen eigenen Weg zu ihr und stellt Klischee und Realität, Historie und Gegenwart, Kino und Leben nebeneinander. Elisabeth von Österreich – oder Sisi, wie ihre Familie sie nannte – hat mich immer interessiert. Das Bild, das wir von ihr im Kopf haben, ist ja völlig von den Sissi-Filmen geprägt und hat wenig mit der historischen Kaiserin zu tun. Die wirkliche Sisi war eine sehr eigenwillige Frau, die sich dem Hofzeremoniell verweigert hat, um ihren eigenen Weg zu gehen. Sie verfügte auch über die nötigen Mittel, das zu tun, aber sie wurde nicht glücklich. Elisabeths Leben weist im Übrigen erstaunliche Parallelen zu ihrem Alter Ego Romy Schneider auf: Beide waren schöne Frauen, wurden bewundert und beneidet. Beide wollten aus Zwängen ausbrechen und sich als Person neu erfinden. Beide haben unter dramatischen Umständen Kinder verloren und sehr darunter gelitten. Trotzdem erzähle ich nun in meinem Ballett keine tragische Geschichte, und ich versuche auch nicht, »die Wahrheit über Sisi« ans Licht zu bringen. Es geht um Traumwelten, und ich frage nach dem Realitätsgehalt unserer sogenannten realen Welt. Auf der Bühne gibt es viele Sissis und eine Romy, die um das wahre Bild von sich ringen. Das kann tragisch sein oder komisch, eitel und verführerisch. Ich schaue dabei gelegentlich ein bisschen durchs Teleobjektiv auf einzelne Episoden, Szenen und Bilder – durchaus ernsthaft, aber auch sarkastisch. (Jörg Mannes)
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>> FORTSETZUNG VON SEITE 5 Nicht zuletzt das Verschmelzen ihrer Leinwandfiguren mit der Privatperson machen Romy Schneider zum Medienstar. Neue Lieben und Ehen, schmerz volle Trennungen, alkoholreiche Ausschweifungen, ihre Mutterschaft werden ebenso wie der Selbstmord ihres ersten Ehemannes Harry Meyen öffentlich verhandelt. An guten Tagen bekommen die Paparazzi freiwillig Futter, an schlechten fühlt sich Romy Schneider von ihnen gejagt. Sie wird ausgespäht und heimlich fotografiert, als sie sich einer Operation unterziehen muss. Ihr Haus ist von einer Horde Journalisten umlagert, nachdem ihr Sohn David bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Ihren letzten Film Die Spaziergängerin von Sans Souci widmet Romy ihrem toten Sohn und dessen Vater Daniel Biasini. Wenige Wochen nach der Kinopremiere stirbt sie allein in ihrer Pariser Wohnung an Herzversagen. Auf ihrem Grabstein steht Rosemarie Albach – doch für Deutsche und Österreicher bleibt sie »ihre« Sissi.
SISSI Ballett von Jörg Mannes Musik von Gustav Mahler, Arthur Honegger und Johann Strauss
MUSIK ALISCHE LEITUNG GR APHIE
Jörg Mannes
Alexandra Pitz Elana Siberski
VIDEO
Benjamin Reiners
CHOREO
Florian Parbs
KOSTÜME
BÜHNE
Philipp Contag-Lada
DR AMATURGIE
LICHT
Brigitte Knöß
Ballett der Staatsoper Hannover . Gritt Gnauck / Nicole Pieper (Mezzosopran) . Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
UR AUFFÜHRUNG
17. November 2012, 19.30 Uhr
ÖFFENTLICHE GENER ALPROBE WEITERE VORSTELLUNGEN
23.12.2012
16.11.2012, 18.30 Uhr
21.11., 30.11., 08.12 und
»Mannes nutzt virtuos die vielfältigen Möglichkeiten, die ihm der Tanz bietet, spielt mit Licht und Schatten und mit Groß und Klein, bündelt Szenen, vereinzelt sie zu ausdrucksstarken Soli und fügt seine Tänzer wieder zu wirbelnden Gruppen mit unterschiedlichen Tanzsequenzen zusammen.« Cellesche Zeitung »Wer magische Momente im Theater mag, ist hier richtig. Jörg Mannes hat das Weltmärchen ›Alice im Wunderland‹ in eine bildschöne Choreografie verwandelt, die die vielen seit Kindertagen bekannten Motive und Figuren aufnimmt.« Neue Presse
ALICE IM WUNDERLAND Ballett von Jörg Mannes nach Lewis Carroll Musik von Erik Satie und Antonín Dvorˇ ák MUSIK ALISCHE LEITUNG GRAPHIE
Benjamin Reiners
CHOREO
Jörg Mannes BÜHNE Florian Parbs KOST ÜME
Alexandra Pitz
VIDEO
Philipp Contag-Lada
Ballett der Staatsoper Hannover Niedersächsisches Staatsorchester Hannover WIEDER AUFNAHME
28. Dezember 2012, 19.30 Uhr
WEITERE VORSTELLUNGEN
31.12.2012, 17.01.,
23.01. und 26.01.2013, jeweils um 19.30 Uhr
OPER
STAATSOPER DOPPELT FÜR DEN FAUST NOMINIERT
Die Staatsoper Hannover gratuliert gleich zweimal zur Nominierung für den Deutschen Theaterpreis DER FAUST: Nicole Chevalier wurde in der Kategorie »Beste Sängerdarstellerin Musiktheater« für ihre Violetta Valéry in La traviata und Tobias Ribitzki in der Kategorie »Beste Regie Kinder- und Jugendtheater« für seine Inszenierung Freunde! an der Jungen Oper nominiert. Wir freuen uns sehr und drücken die Daumen! Der Deutsche Theaterpreis DER FAUST wird am 10. November 2012 zum siebten Mal verliehen, in diesem Jahr findet die Vergabe im Theater Erfurt statt. Ausgezeichnet werden Künstlerinnen und Künstler, deren Arbeit wegweisend für das deutsche Theater ist. DER FAUST ist ein nationaler, undotierter Theaterpreis, der auf die Leistungskraft und künstlerische Ausstrahlung der Theater aufmerksam macht und diese würdigt.
Nicole Chevalier
Tobias Ribitzki
08.09
OPER
KATHARINA ORTMANN
CHAOS DER GEFÜHLE Zur Premiere von Così fan tutte von Wolfgang Amadeus Mozart Zwei junge Männer, Ferrando und Guglielmo, streiten mit dem wesentlich älteren Don Alfonso. Ferrando und Guglielmo sind sich absolut sicher, dass ihre Frauen ihnen treu sind, egal was passiert. Den durch Lebenserfahrung ernüchterten Alfonso stachelt dieser Idealismus zu einer Wette an, deren Gegenstand eben jene Treue sein soll. Die beiden Männer verkleiden sich und machen ihren Frauen inkognito den Hof. Und tatsächlich: die beiden Schwestern erkennen ihre Verlobten nicht und verlieben sich zufällig jeweils in den Partner der anderen. Als Beweis des Treuebruchs soll die Hochzeit der Frauen mit den neuen Männern dienen. Die inszenierte Treueprobe endet mit der »Rückkehr« der Verlobten, die Frauen werden öffentlich der Untreue überführt. Am Schluss wird, trotz allem, geheiratet. Zugegeben, diese Geschichte ist nicht nur aus heutiger Perspektive ziemlich unglaubwürdig, was dem Stück auch seit seiner Uraufführung vorgeworfen wird. Es wäre dennoch zu einfach anzunehmen, dass zwei erfahrenen Theatermachern wie Mozart und dem Librettisten da Ponte nicht auch aufgefallen wäre, was jeder Zuschauer auf den ersten Blick bemerkt. Così fan tutte war nach Don Giovanni und Figaros Hochzeit immerhin ihre dritte Zusammenarbeit. Wenn beide die Oper trotzdem so schrieben, wie sie uns vorliegt, kann das nur darauf hindeuten, dass die Frage nach der Glaubhaftigkeit den Kern des Stückes verfehlt. Hier werden aus der Opera buffa- bzw. Comedia dell’arte-Tradition kommende Theaterverabredungen gesetzt und akzeptiert, um anderes ins Visier zu nehmen. Mozart selbst macht klar, worum es in dieser Oper geht: Um Erschütterungen und Gefühlsverwüstungen, die in seiner Musik hinter dem vermeintlich heiteren Verwechslungsspiel her-
vortreten. Der Musikwissenschaftler Stephan Kunze zeigt zudem in seiner Analyse von Musik und Text auf, dass man auch hinsichtlich des Librettos keinesfalls von »einer poetischen und dramatischen Sorglosigkeit« bei da Ponte ausgehen sollte. Mozart und da Ponte nutzen einmal mehr die Gelegenheit, das menschliche Herz zu ergründen – mittels eines Sujets, das sie auch schon in ihren beiden Vorgängerwerken beschäftigt hatte: das Phänomen der Liebe im Spannungsfeld von Verrat und Treue, Selbstaufgabe und Freiheit. Mehr noch als Don Giovanni und Figaros Hochzeit scheint diese Oper dabei die Grenzen eines Dramma giocoso zu sprengen. Komödientypische Verwirrungen und Intrigen stellen nur den Rahmen für eine Handlung um die Desillusionierung von Sehnsüchten und Hoffnungen junger Liebender.
Wer unter die Oberfläche dringt, tut es auf eigene Gefahr. Oscar Wilde Das Thema Treue bzw. Untreue entsprach ganz dem Geist der Zeit der Uraufführung. Der Lebensstil der adeligen Wiener Gesellschaft war weit entfernt vom bürgerlichen Moralkodex des 19. Jahrhunderts. Man erfreute sich an erotischen Gesellschaftsspielen wie dem Wadenmessen, es gehörte zum guten Ton, dass die höheren Damen einen Hausfreund hatten. Der Kaiser höchst persönlich soll geäußert haben, man müsse über Wien nur ein Dach errichten, dann habe man das größte Bordell der Welt. Dementsprechend erfolgreich war das Sujet der Untreue auch auf der Opernbühne. Così vorangegangen war eine ganze Serie von Opern zum Thema. Frivole Stücke mit Titeln wie Die Schule der Eifersüchtigen
oder Die unbeständige Frau dominierten den Spielplan in Wien in den 1780er Jahren. Als Così fan tutte ossia La Scuola degli Amanti (So machen es alle oder Die Schule der Liebenden) am 26. Januar 1790 im Wiener Burgtheater uraufgeführt wurde, hätte es also eigentlich ein Erfolg werden können. Aufgrund der Trauerzeit um Kaiser Joseph II am 20. Februar wurde das Stück jedoch nach einer kurzen Aufführungsserie abgesetzt. Der anfängliche Erfolg des Werkes stellte sich danach nicht mehr ein. Die politische und gesellschaftliche Situation änderte sich und damit auch Geschmack und Humor. Waren erotische Verwirrungen auch zuvor Gegenstand von Komödien, führten sie vor da Pontes und Mozarts Così fan tutte nie so unumschränkt an die Grenzen menschlicher Wahrnehmung und Wirklichkeit. Bei Mozart wird aus dem Spaß von Beginn an Ernst. Noch bevor das erste Wort gesungen ist kündigt schon die Ouvertüre an, dass die folgenden Ereignisse die Welt der Figuren aus den geregelten Bahnen werfen wird, gerade auch die der Männer: Ein Liebender, der den anderen mit aller Gewalt auf die Probe stellt, so scheint Mozart uns zu sagen, ist schon ein anderer. Er verrät und verändert auch sich selbst. Seine Musik dringt schonungslos unter die Oberfläche der Figuren und schildert hinter dem Spiel ihre individuellen Gefühle. Keine der Figuren, einschließlich dem Intrigenspinner Don Alfonso, ist hier in der Lage, die eigenen Gefühle oder die der anderen zu bestimmen oder zu reglementieren. Gnadenlos entfaltet diese Oper ein Kraftfeld der Gefühle, dem sich keiner der Handelnden mehr entziehen kann. Und so verlieren sich die Figuren im Verlauf des Stückes in einem Labyrinth der Gefühle zwischen Wahrheit und Lüge, Spiel und Wirklichkeit, Liebe und Leidenschaft.
OPER
Was ist in der Oper schon glaubwürdig? Die Wette ist ein Experiment, eine Versuchsanordnung, die vielleicht falsch und erfunden ist. Die Gefühle, die dabei herauskommen und die von da Ponte und vor allem Mozart geschildert werden, die sind echt. Und darum geht es.
Die komplizierte (erotische) Beziehung zwischen Mann und Frau bewegt seit jeher die Gemüter – hier den Rokoko-Maler Antoine Watteau (Der Fehltritt, 1719)
DREI FRAGEN AN DEN REGISSEUR ALEXANDER CHARIM Was interessiert dich an Così fan tutte? Mich interessiert vor allem die Aktualität, die Nähe zu uns. Così erzählt von jungen Menschen, von ihrer ersten Liebe, die kaputt geht, weil sie selbst achtlos damit zu spielen beginnen, vom Erwachsenwerden und davon, wie man klüger, aber nicht unbedingt glücklicher wird, von der Lust des Experiments und vom tiefen Absturz danach. Es gibt kein anderes Stück des Musiktheaters, das mich so unmittelbar berührt wie dieses. Das, was in dem Stück verhandelt wird, liegt sehr nahe an den Erfahrungen meiner Generation. Wir müssen so viele Fragen beantworten wie keine Generation vor uns. Wir leben in den Häusern und im Wohlstand unserer Eltern, aber nichts zwingt uns so zu sein wie sie. Nichts zwingt uns zu einer
heterosexuellen, lebenslangen Bindung. Und doch suchen viele von uns genau das. Paradoxerweise können wir uns nur nicht dazu entschließen – weil wir es eben nicht müssen und Angst haben, etwas zu versäumen, glauben, dass es irgendwo immer noch den für uns perfekteren Partner gibt. Wir dürfen alles, wollen auf keinen Fall erwachsen werden und uns entscheiden. Doch auch das Ausprobieren hat seinen Preis. Irgendwann schauen wir mit Sehnsucht auf das Glück und die Naivität, die wir darüber verloren haben. Ein Chaos der Gefühle, aus dem es schwer ist, zu entkommen. Genau davon erzählt für mich Mozarts Così fan tutte.
Ist Treue denn (noch) ein Liebesbeweis? Wir können nicht ohne Treue leben, in welcher Ausformung auch immer. Wir alle haben ein tiefes Bedürfnis nach Sicherheit. Wir definieren uns zu einem großen Teil über unsere Beziehung, unsere Sexualität, über den Menschen, den wir lieben. Was bleibt von uns, wenn dieser Bezugsrahmen zusammenbricht? Die tiefen Krisen, von denen Così fan tutte erzählen, sind Krisen des Ichs. Sie entstehen, weil mit der Sicherheit der Liebesbeziehung die ganze Existenz in Frage gestellt wird.
COSÌ FAN TUTTE Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Dramma giocoso in zwei Akten (1790), Libretto von Lorenzo da Ponte In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
MUSIKALISCHE LEITUNG Karen
Alexander Charim CHOR
Kamensek
INSZENIERUNG
Ivan Bazak
BÜHNE UND KOSTÜME
Dan Ratiu DRAMATURGIE Katharina Ortmann
FIORDILIGI
Dorothea Maria Marx
Morr / Monika Walerowicz Tonkin
FERRANDO
DESP INA Carmen
DORABELLA
GUGLIELMO
Mareike
Christopher
Philipp Heo / Sung-Keun Park
Fugiss
DON ALFONSO
Michael Dries /
Frank Schneiders Chor der Staatsoper Hannover Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
Zwei Frauen werden von ihren Verlobten per Wette einer Treueprobe unterzogen. Kann man diese Wette glaubwürdig machen? Muss man es?
PREMIERE
22. Dezember 2012, 19.30 Uhr
ÖFFENTLICHE GENER ALPROBE WEITERE VORSTELLUNGEN
20.12.2012, 18.30 Uhr
29.12.2012, 10.01., 12.01.,
19.01. und 25.01.2013, jeweils um 19.30 Uhr
10.11
JUNGE OPER
KATHARINA ORTMANN
DEN AUFSTAND PROBEN! Ein Gespräch mit der Regisseurin Andrea Schwalbach zur nächsten Produktion der Jungen Oper Vor dem Aufstand
Katharina Ortmann Die aktuelle Produktion der Jungen Oper Vor dem Aufstand beschäftigt sich mit der Zeit der Romantik. Was interessiert dich an dieser Epoche? Andrea Schwalbach Für dieses Projekt interessiert uns die Romantik als Zeit des politischen Aufbruchs. Was waren das für Menschen, von denen wir heute Sätze wie »Friede den Hütten und Krieg den Palästen!« kennen? In was für einer Welt lebten sie?
Dahinter steckt auch meine persönliche Begeisterung für unsere Demokratie – trotz aller Krisen und Missstände. Wie sind wir Deutschen eigentlich dazu gekommen? Da lohnt sich der Blick in die Romantik! Im Gespräch mit den Jugendlichen, die an der Produktion mitwirken, ist mir aufgefallen, dass das, wofür die Romantiker gekämpft haben, heute als selbstverständlich angesehen wird. Das ist auch gut so: Freiheit, Gleichheit, all das, was in unseren Grundge-
setzen steht, das ist etwas, was nicht mehr hinterfragt wird oder was als etwas angesehen wird, das wir nicht mehr beschützen müssen. Andererseits werden diese Debatten in eine andere Realität, ins Internet, übertragen. Hier spielt Meinungsfreiheit eine große Rolle, das betrifft die Welt von Jugendlichen unmittelbar. Ortmann Es ist eine unglaubliche Errungenschaft, dass Werte, wie beispielsweise die
JUNGE OPER
persönliche Freiheit, als etwas Selbstverständliches gelten. Zugleich ist es aber auch eine Gefahr. Denn wenn wir Dinge als zu selbstverständlich hinnehmen, merken wir gar nicht, wenn sie plötzlich weg sind. Schwalbach Um sie zu bewahren, müssen wir es hinbekommen, uns und vor allem auch Jugendliche dafür zu sensibilisieren, dass diese Rechte eben nicht selbstverständlich sind. Und deshalb ist es aus meiner Sicht spannend, zu schauen, wo sie überhaupt herkommen und wer sie erkämpft hat. Wir wollen, dass sich im Verlauf des Abends ein Bewusstsein dafür einstellt, dass es eine unmittelbare Verbindung gibt zwischen der Zeit der Romantik und unserer Zeit. Vereinfacht gesagt: Wir haben heute alles, was die damals gewollt haben. Und was passiert jetzt? Ist das alles gut so oder nicht? Ortmann Das Projekt heißt nicht Aufstand!, sondern Vor dem Aufstand! Warum? Schwalbach Wir Deutschen haben ein eher defensives Verhältnis zum »Aufstand«, damals wie heute. Irgendwie bleiben wir immer mitten im Protest stecken. Wenn man überlegt, dass es 1848 mit der Frankfurter Paulskirchenverfassung schon einmal für kurze Zeit eine demokratisch gewählte, gesamtdeutsche Verfassung gegeben hat, ist das dennoch revolutionär. Nur leider hielt sie sich nur wenige Wochen. Hier wurden Rechte formuliert wie die Unverletzlichkeit des Eigentums, die Aufhebung der Todesstrafe, die Freiheit der Person, das Briefgeheimnis, die Freiheit von Wissenschaft und Lehre, die Versammlungsfreiheit und die Redefreiheit – alles Rechte, die 100 Jahre später in unser Grundgesetz übernommen wurden.
Ortmann Aber wie kriegt man so etwas in einer Musiktheaterproduktion erzählt? Schwalbach Bei unserem Romantik-Projekt geht es natürlich nicht um eine Geschichtsstunde. Ganz im Gegenteil. Eher um eine Art Zeitreise, eine Begegnung mit der Welt der Romantik, mit seinen Menschen und deren Gefühlen, ihrer Musik. Neben diesen »romantischen« Figuren sind Jugendliche aus Hannover auf der Bühne, die mitten in dieser Welt leben – und sich nach und nach mit ihr auseinandersetzen, und die Romantiker mit ihnen. Was ist politisches Engagement? Wie sieht »Aufstand« aus? Wie artikuliert sich eine freie Meinung? Für die Brüder Grimm etwa war das Sammeln von Märchen ein politischer Akt. Dahinter standen Gegenentwürfe zur damaligen Gesellschaft. Die Grimms sammelten so etwas wie einen deutschen Kulturschatz, der eine gemeinsame Identität stiften sollte. Die Deutschen waren eine zerfletterte, feudalistische Gesellschaft. Bei dem Wort Nation kriegen wir heute ja sofort Schluckauf. Zu Recht, mit unserer Geschichte. Damals war diese Idee eine Errungenschaft. Es ging darum, eine Nation zu werden, um letztlich freier zu sein, unabhängiger von der Willkür der vielen kleinen Herrscher, die ihre kleinen Staaten aufrechterhalten wollten, um an der Macht zu bleiben. Märchenerzählen und Musikmachen war eine Möglichkeit, seine Meinung frei zu äußern – in einer Zeit, in der man alles zensierte, was öffentlich ausgesprochen oder niedergeschrieben wurde. Das haben Brentano und von Arnim sogar genauso formuliert im Vorwort zu ihrer Volkslied-Sammlung Des Knaben Wunderhorn. Wir können uns das heute, knapp 25 Jahre nach Ende der DDR, gar nicht mehr vorstellen: dass man nicht sagen darf, was man denkt. Aber schauen wir nur mal nach Russ
land: Meinungsfreiheit gibt es da nicht mehr. Dafür proben Künstler umso offensiver den Aufstand: Über Kunstaktionen und Musik wird Kritik an Putin geübt. Die jungen Musikerinnen der Punkband Pussy Riot, die jetzt im Gefängnis sitzen, sind dafür das berühmteste und aktuellste Beispiel. Ortmann Die Gründe für einen »Aufstand« sind heute viel diffuser als damals. Man merkt das im Umgang mit der Occupy-Bewegung, der häufig vorgeworfen wird, sie habe keine konkreten Inhalte. Schwalbach Das sehe ich anders. Natürlich formiert sich diese Art von Widerstand und Protest erst, sowohl strukturell als auch inhaltlich. Aber egal ob wir die Bürgerproteste in Stuttgart, die Occupy-Bewegung im Frankfurter Bankenviertel oder Protest im Internet nehmen – all das ist Ausdruck eines allgemeinen Unbehagens auch hierzulande. Oftmals geht die Reaktion darauf aber in die Richtung, dass wir anfangen, uns wieder mehr zu beschneiden, indem wir dem Staat mehr Rechte übertragen, neue Gesetze verlangen. Wir können uns als Gesellschaft nicht darauf einigen bzw. finden es anstrengend, permanent Verantwortung zu übernehmen. Unsere Zivilgesellschaft funktioniert aber nur so. In den Gesprächen auf den Proben fand ich es spannend, dass sich diese jungen Menschen für die ganze Welt verantwortlich fühlen. Gleichzeitig haben sie das Gefühl, doch nichts ändern zu können. Dieses diffuse Gefühl von Schuld und Machtlosigkeit muss man ernst nehmen, es ergibt sich daraus, wie wir heute erwachsen werden: Mit den Konflikten der ganzen Welt im Kinderzimmer und auf dem iPhone. Wir haben darüber diskutiert, ob es überhaupt noch die Möglichkeit gibt, eine Grenze zu ziehen: Unsere Gesellschaft bietet ja die
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JUNGE OPER
Möglichkeit, hierzulande gegen Ungerechtigkeit vorzugehen und durch unsere Gesetze zu reagieren. Darf man so schlicht denken? Fühlt man sich als Jugendlicher überhaupt noch einer Gesellschaft zugehörig? Eine Landesgrenze gibt es ja gar nicht mehr. Und schon ist man bei der Debatte um Nation, Deutschsein, auch bei der Frage, ob unsere Demokratie ein Wert an sich ist, den man verteidigen sollte. Da hilft es, sich auf die Wurzeln zu besinnen, etwas bescheidener zu werden. Das beruhigt die Seele (lacht). Ortmann Was heißt heute für dich »Deutschsein«, eine Nation sein? Schwalbach Die Grenzen verschwimmen, Nationen verbinden sich, was »typisch deutsch« meint, verändert sich natürlich. Für mich ist es die Verabredung, das Versprechen, dass wir hier eine Freiheit leben, die in unserem Grundgesetz ihren Ausdruck findet. Für mich hat das etwas sehr Befreiendes, Positives. Ortmann Der Hauptteil unserer Musik für Vor dem Aufstand sind Lieder von Franz Schubert und Robert Schumann. Das sind nicht unbedingt Komponisten, mit denen man Aufstand assoziiert … Schwalbach Wir haben kaum Aufstandsmusik aus der Zeit gefunden, abgesehen von patriotischen Liedern der Studentenverbindungen, die uns aber zu deutschtümelnd waren. Texte gab es, von Büchner oder Heine, aber Musik? Hymnen, Märsche oder Fanfaren – da haben wir in der deutschen Romantik wenig gefunden. Dass, was für uns das »Aufständische« wurde, ist genau das, was man in der Liedkultur der Romantiker findet: das Hochindividualisierte, der Mensch an sich als Wert, der Blick auf den Einzelnen. Allein herauszubekommen, dass der Mensch als Individuum wertvoll ist und so sein darf, wie er ist und der andere ihn
akzeptieren muss, diese Entdeckung der Romantiker führte zu den Forderungen einer modernen Gesellschaft: wie Toleranz und dem Anspruch, dass alle Menschen gleich sind, auch gleich wertvoll, dass die Würde des einzelnen unantastbar ist. Für mich ist das hochrevolutionär. Und genau das findet in diesen Liedern statt: Das sind Miniaturen, kurze Stücke von vielleicht zwei Minuten, in denen ein Mensch sich und seinen Zustand beschreibt. Da wird ein ganzer Kosmos aufgemacht, und alle müssen ihm zuhören, wenn er uns seine Empfindungen und seinen Blick auf die Welt mitteilt. Manche von diesen Liedern sind wie Schreie. In Liedern der Singer-Songwriter zum Beispiel findet man heute noch Spuren dieser Form.
Für die Frankfurter Regisseurin Andrea Schwalbach steht neben der Inszenierung des klassischen Repertoires immer wieder die Arbeit an Projekten sowie Uraufführungen und Erstaufführungen vergessener Werke im Mittelpunkt ihres Interesses: Ob Eugène d`Alberts »Der Golem« an der Oper Bonn, »Nerone« von Boito bei den Antikenfestspielen Trier, Salvatore Sciarrinos »Superflumina« am Nationaltheater Mannheim oder ein Strawinsky-Projekt an der Oper Frankfurt – Schwalbach begibt sich gerne auf die Suche nach Neuem. In Hannover inszenierte sie bereits »La Cenerentola« von Rossini (2009) sowie »Il Prigioniero« und »L´enfant et les sortileges« (2007).
Ortmann Die Suche nach dem Individuellen war in der Romantik oft ein schmerzhafter Prozess, der mit Abgrenzung zu tun hatte, mit einem Blick, der sich ins eigene Innenleben, aber auch als Außenstehender auf die Welt, die Gesellschaft richtet, dabei aber eine Grenze zwischen beidem zieht.
Ein Romantik-Projekt der Jungen Oper
Schwalbach Das wird zum Beispiel in Schuberts Winterreise ganz deutlich: In dem Lied »Im Dorfe« geht einer nachts durch einen Ort und beschreibt dem Zuhörer nicht nur, was er objektiv sieht, sondern er beschreibt einen gesellschaftlichen Zustand und grenzt sich, den Wanderer, gleichsam gegen die Schlafenden ab. Diese Lieder, vor allem von Schubert, sind oftmals politischer, als man denkt. Die Aussage der Figur erreicht den Zuhörer zudem in Verbindung mit einer sehr starken Emotion, die durch die Musik transportiert wird. Durch diese Lieder kann man in die Zeit der Romantik eintauchen, sie im wahrsten Sinne des Wortes nachempfinden. Man bekommt eine Ahnung davon, wie die Menschen damals gelebt, welche Defizite sie gefühlt und wofür sie gekämpft haben. Die Lieder von Schumann und Schubert ermöglichen uns, wie durch ein Fenster in diese Zeit zu schauen.
VOR DEM AUFSTAND Mit Musik von Franz Schubert, Robert Schumann u.a. Texte von Heinrich Heine, Georg Büchner u.a. Musikalische Bearbeitung: Daniel Spogis Für alle ab 14 Jahren Siegmund Weinmeister
MUSIK ALISCHE LEITUNG ZENIERUNG
Andrea Schwalbach
Nora Johanna Gromer Katharina Ortmann
INS
BÜHNE UND KOSTÜME
DR AMATURGIE
Katja Leclerc /
MUSIKTHEATERPÄDAGOGIK
Eva
Harrison Tiina Lönnmark, Stella Motina, Anna Bineta Diouf, Michael Chacewicz, Nicolas Kröger, Klaus Brantzen und Jugendliche aus Hannover: Wassilissa List, Sophia Hüls, Melanie Lippmann, Giovanni Cardillo, Lynn Michel, Mischa Indenbaum, Vivienne Richter Niedersächsisches Staatsorchester Hannover PREMIERE
02. November 2012, 19.30 Uhr,
Ballhof Eins WEITERE VORSTELLUNGEN
11.11., 14.11., 25.11. und
18.12.2012, jeweils um 19.30 Uhr
JUNGE OPER
2. KINDERKONZERT Unterwegs in England – Heini unterm Schirm Gummistiefel an, den Regenschirm aufgespannt und raus in die neblig-nasse Nieselstimmung! Die gehört bei einem Streifzug durch Großbritanniens dumpfig-sumpfige Moorlandschaft und die luftigkluftigen Meeresklippen einfach dazu! Ich hätte mich auch auf traditionell englisches Gruselgeheul und Kettengerassel gefreut, aber der Geisterjammer wird gegenüber den tollen Stimmen des Kinderchores der Staatsoper Hannover, der uns auf unserer Reise begleitet, sofort verstummen. Wir dürfen gespannt sein auf die jungen Sängerinnen und Sänger, die schon seit Wochen für uns im reichen Sagenund Mythenschatz der Inseln stöbern: Lieder von Benjamin Britten, stehen auf dem Programm, ebenso wie Musik von Edward Elgar – hoffentlich zu einer wärmenden Tasse englischen Tees! Ich freu mich auf euch! Euer Heini, der kleine Vampir
UNTERWEGS IN ENGLAND – HEINI UNTERM SCHIRM MIT
Heini, dem kleinen Vampir (Britt Wolfgramm, Figurentheater Marmelock)
und dem Kinderchor der Staatsoper Hannover (LEITUNG Dan Ratiu)
DIRIGENT
Siegmund Weinmeister . Niedersächsisches Staatsorchester Hannover Montag, 05. November 2012 Sonntag, 09. Dezember 2012 jeweils um 11 Uhr Mit freundlicher Unterstützung
DER TEUFEL MIT DEN DREI GOLDENEN HAAREN Musiktheater von Stefan Johannes Hanke Für alle ab 7 Jahren »Märchenhaft.« Neue Presse »Höllisch gut.« Hannoversche Allgemeine Zeitung MUSIK ALISCHE LEITUNG
Pablo Mendizábal
Benjamin Reiners INSZENIERUNG Tobias Ribitzki BÜHNE
KOSTÜME
Elvira Freind
MUSIKTHEATERPÄDAGOGIK
Mihaela
Iclodean WIEDER AUFNAHME
08. Dezember 2012, 15 Uhr, Ballhof Eins
WEITERE VORSTELLUNGEN
11.12. (11 Uhr), 12.12., (11 Uhr), 21.11. (11 Uhr) und
23.12.2012 (15 Uhr) Mit freundlicher Unterstützung der Gesellschaft der Freunde des Opern hauses Hannover e. V.
14.15
KONZERT
MIRIAM KONERT
DREI HOCHZEITEN UND EIN DUDELSACK Kulturelle Tradition im Spiegel des 20. Jahrhunderts Neoklassizisten, Traditionalisten und Spätromantiker, und nicht wenige Künstler der Epoche lassen sich im Laufe ihres Schaffens mehreren dieser Stile zuordnen. Hochzeitsfeste eignen sich hervorragend zur Auseinandersetzung mit dem eigenen kulturellen Erbe. Sie sind wahre Schatzkammern, prall gefüllt mit Bräuchen, Ritualen und Musik. Sie überliefern religiöse, legislative und soziale Werte und stehen dabei selbst immer im Spannungsverhältnis von Tradition und Moderne.
Hochzeitsrituale sind in allen Teilen der Welt mit Klang und mit Musik verbunden. Bei Trauungen im westlichen Kulturkreis haben sich der Brautchor aus Wagners Lohengrin und auch der Hochzeitsmarsch aus Mendelssohns Bühnenmusik zum Sommernachtstraum etabliert. Während das 19. Jahrhundert noch die Kompositionen zur Zeremonie lieferte, wird im 20. Jahrhundert die Hochzeit selbst zum Gegenstand musikalischer Reflektion. In der Moderne, in einer Zeit, in der sich in der Musik die Form auflöst und erneudert, Struktur zerfällt und keine einheitliche Tonsprache mehr auszumachen ist, scheinen sich einige Komponisten fast sehnsuchtsvoll auf althergebrachte Werte zu besinnen. Folkloristische Elemente, Volkstänze und Volkslieder erleben eine Renaissance. Sie werden in neue Kontexte gestellt, integriert, provokant kombiniert, teilweise aber auch mit ihren Traditionsbezügen verarbeitet. Das Neben- und Übereinander von Stilen, Formen und Besetzungen bildet ein komplexes Geflecht aus vertrauten und fremdartigen Erscheinungen. Avantgardisten prägen das 20. Jahrhundert ebenso wie die
Im dritten Sinfoniekonzert stehen Werke dreier Komponisten aus verschiedenen Phasen des 20. Jahrhunderts auf dem Programm, die traditionelle Hochzeitsfeste ihrer Heimatländer auf unterschiedlichste Weise einer musikalischen Betrachtung unterziehen: Strawinskys Les Noces (Die Hochzeit) oder »Choreographische Szenen aus Russland«, wie der Untertitel der definitiven Partitur lautete, ist ein ungewöhnliches Werk für vierstimmigen gemischten Chor mit Soloquartett, vier Klavieren und PercussionEnsemble. Nach Texten des russischen Folkloristen Pyotr Vasilievich Kireevsky (1808 –1856) verarbeitet das Werk eine bäuerliche altrussische Hochzeit in vier rituellen Szenen, die christliche und heidnische Rituale miteinander verschränken. Entstanden ist das Werk in Strawinskys Schweizer Jahren zwischen 1914 und 1920 und fällt damit genau in die Zeit seiner kreativen Freundschaft zu Diaghilew, dem Impresario und Initiator der Ballets russes, die mit ihrer Synthese des altrussischen Erbes und der westeuropäischen Avantgarde maßgeblich dazu beitrugen, die russische Kunst der Jahrhundertwende auch im westlichen Ausland bekannt zu machen. Der gemeinsame Erfolg begann mit Der Feuervogel 1910. Es
folgte Pétrouschka 1911 und mit Le Sacre du Printemps 1913 einer der größten Skandale der Musikgeschichte. Les Noces hatte Diaghilew bereits 1914 beauftragt, doch der erste Weltkrieg, die ereignisreichen und sensiblen Jahre des Übergangs Russlands in die Sowjetunion, möglicherweise auch die Verarbeitung der vorangegangenen Erfolge, verzögerten die Fertigstellung und Herausgabe um fast zehn Jahre. Erst 1923 sollte Les Noces in der Choreographie von Bronislava Nijinska, der Schwester des berühmten Sacre-Choreographen Vaslav Nijinsky, in Paris, der neuen Heimat des Komponisten, uraufgeführt werden und bildet damit den Abschluss der »Russischen Phase«. Aaron Copland (1900 –1990), einer der wichtigsten Vertreter der amerikanischen Moderne, hat in seinem bekannten Werk Appalachian Spring (1944) ebenfalls das Thema Hochzeit verarbeitet. Nach sei nen frühen expressionistisch-experimentellen Kompositionen schlug bei ihm das Pendel in den 40er Jahren in Richtung bekannter Formen und Verständlichkeit zurück. Appalachian Spring ist ebenfalls ein Ballett, aber in starkem Kontrast zu Les Noces ist es ein traditionalistisches Werk. Copland schrieb es für die Tänzerin und Choreographin Martha Graham und erhielt dafür wenige Jahre später den Pulitzer-Preis für Musik. In acht Szenen handelt das Werk von der amerikanischen Pionierzeit um 1800 in Penn syl vania. Wir begleiten ein frisch vermähltes Paar, das gerade ein Farmhaus gebaut hat, bei ihrem Aufbruch in ein neues Leben. Squaredance, Folkmusic, Country Fiddler und eine Shaker-Melodie prägen die amerikanisch-patriotische Atmosphäre. Deutliche Einflüsse des Jazz zeugen aber auch von Coplands fortdauernder Offenheit gegenüber neuen musikalischen Formen.
KONZERT
Die schottische Avantgarde liefert ebenfalls einen Beitrag zum Programm: Mit seiner Komposition An Orkney Wedding, with Sunrise (1985) macht uns Peter Maxwell Davies, 1935, dessen Œuvre Werke sämtlicher Gattungen umfasst, mit den Traditionen und Hochzeitsritualen der Okney-Insel Hoy im Norden Schottlands vertraut. Seine Beobachtungen beschreiben einen ganzen Tag, von der Ankunft der Gäste bis zu deren Aufbruch in der Nacht und dem endgültigen Ausklang des Festes bei Sonnenaufgang. Die Insel Hoy spielt in der Biographie Davies‘ eine wichtige Rolle. 1970 siedelte er sich dort an und ließ es sich nicht nehmen, die starken Traditionen der Insel mit seinem leidenschaftlichen Engagement für zeitgenössische Musik zu konfrontieren. Seit der Gründung des St. Magnus-Festivals 1977 bringt er jährlich internationale Künstler und die Einwohner der Insel zusammen; Neue Musik findet dabei ebenso Beachtung wie das reiche musikalische Erbe Schottlands. Bis heute eine gut funktionierende Ehe.
3. SINFONIEKONZERT IGOR STR AWINSK Y
Les Noces (1923)
PETER MA X WELL DAVIES
Appalachian Spring (1944)
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover Chor der Staatsoper Hannover SOLISTEN
Evelina Dobraceva (Sopran), Julie-Marie
Sundal (Mezzosopran), Edward Mout (Tenor), Taras Konoshchenko (Bass), Gunther Haußknecht (Dudelsack)
DIR IG ENTIN
JOHN CAGE FIVE
(für 5 Instrumente),
Sonate für Klarinette DOUGL AS S. MOORE JEAN FR ANCAIX
Klarinettenquintett
Quintett Nr. 2 für Flöte,
Karen Kamensek
Sonntag, 25. November 2012, 17 Uhr Montag, 26. November 2012, 19.30 Uhr Kurzeinführungen jeweils 45 Minuten vor dem Konzert
MIT
Hanni Liang (Klavier), Tivadar Kiss (Tenor) und
Mitgliedern des Niedersächsischen Staatsorchesters Hannover Dienstag, 11 Dezember 2012, 19.30 Uhr, Kulturzentrum Faust, Kunsthalle
Streichtrio und Harfe MAURICE R AVEL
Introduction et Allegro für Flöte,
Klarinette, Streichquartett und Harfe
WEIHNACHTSKONZERTE IN HERRENHAUSEN JOSEPH HAYDN Sinfonie
MIT
Alexander Stein (Flöte), Uwe Möckel (Klarinette),
ANTONIO VIVALDI
C-Dur Hob. I:20
Konzert für Violoncello, Streicher
Annette Mainzer-Janczuk, Yoojung Kwak (Violine),
und B.c. a-Moll RV 418
Gudula Stein (Viola), Marion Zander (Violoncello),
IGOR STR AWINSK Y
Ruth-Alice Marino (Harfe)
JOSEPH HAYDN Sinfonie
Sonntag, 04. November 2012, 11 Uhr, Gebäude der
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
VGH Versicherungen (Eingang: Warmbüchenkamp)
SOLISTIN
Christine Balke (Violoncello)
DIRIGENT
Jonathan Stockhammer
Danses concertantes d-Moll Hob. I:80
3. KAMMERKONZERT Streichtrios
Samstag, 15. Dezember 2012, 20 Uhr*
MIT WERKEN VON FR ANZ SCHUBERT, WOLFGANG AMADEUS
Sonntag, 16. Dezember 2012, 17 Uhr
MOZART UND LUDWIG VAN BEETHOVEN
Galeriegebäude Herrenhausen * ZUGUNSTEN DER STIFTUNG STA ATSOPER HANNOVER
MIT
Angela Jaffé (Violine), Hristo Paskalev (Viola),
Christine Balke (Violoncello)
»GUTE VORSÄTZE«
Sonntag, 02. Dezember 2012, 11 Uhr, Gebäude der
Das Neujahrskonzert des Niedersächsischen Staatsorchesters Hannover
VGH Versicherungen (Eingang: Warmbüchenkamp)
An Orkney Wedding,
with Sunrise (1985) A ARON COPL AND
2. KAMMERKONZERT
PORTRAITKONZERT MANFRED TROJAHN Mit seinen bislang sechs Opernwerken ist Manfred Trojahn (Komponist der Oper Orest, Premiere im Februar 2013) einer der bedeutendsten Gegenwartskomponisten speziell im Bereich des Musiktheaters. Unser Programm zeigt mit den Préludes für Klavier, den Kaspar Hauser-Liedern und dem Streichquartett Fragmente für Antigone die vielfältigen Facetten von Trojahns Schaffen. Der Komponist wird anwesend sein.
Immer wenn ein neues Jahr beginnt, soll alles anders und besser werden. Deshalb wollen wir Ihnen in unserem Neujahrskonzert mit Anregungen helfen, guten Willen zu zeigen und zumindest einige gute Vorsätze zu fassen. Mit Werken von Johann Strauß bis Musik aus den Harry Potter-Filmen wird es Ihnen hoffentlich leichter fallen, Ihre guten Vorsätze auch in die Tat umzusetzen. Niedersächsisches Staatsorchester Hannover MODER ATION DIRIGENTIN
Klaus Angermann
Karen Kamensek
Dienstag, 01. Januar 2013, 12 Uhr und 19.30 Uhr
16.17
OPER
WELTSTARS ZU GAST
FESTTAGE
an der Staatsoper Hannover
an der Staatsoper In der sechsten Spielzeit in Folge präsentiert die Staatsoper Hannover Stars der interna tionalen Opernszene Seite an Seite mit Sängern aus dem Ensemble der Staatsoper in hauseigenen Inszenierungen.
25. Dezember 2012, 18 Uhr
Puccinis Madame Butterfly, die berühmte musikalisch-exotische Tragödie über die fatalen Folgen einer Liebesgeschichte ist der erste Festliche Opernabend der aktuellen Saison.
Oper von Gioachino Rossini
Mit Paoletta Marrocu als Cio-Cio-San freut sich die Staatsoper auf eine italienische Star-Sopranistin, deren Stimme sich durch die Einzigartigkeit ihres Klanges und ihrer Farbe auszeichnet. Regelmäßig gastiert sie an den Theatern in Barcelona, Berlin, Bologna, Brüssel, Florenz, Hamburg, Madrid, Mailand, München, Seoul, Shanghai, Tokio, Turin, Wien und Zürich.
29. Dezember 2012, 19.30 Uhr
Für die Partie des Pinkerton konnte Mario Malagnini, einer der gefragtesten italienischen Tenöre der großen Opernhäuser der Welt – von Wien über Paris und London bis New York – verpflichtet werden. In Deutschland tritt er vor allem an der Bayerischen Staatsoper München und der Deutschen Oper Berlin auf. Malagnini arbeitete mit vielen der bedeutendsten Dirigenten zusammen, wie zum Beispiel Giuseppe Patané, Giuseppe Sinopoli, Riccardo Muti, Claudio Abbado, Anton Guadagno und Nello Santi und Marcello Viotti.
Ballett von Jörg Mannes
HÄNSEL UND GRETEL Oper von Engelbert Humperdinck 26. Dezember 2012, 18.30 Uhr
DIE REISE NACH REIMS
Paoletta Marrocu
28. Dezember 2012, 19.30 Uhr
ALICE IM WUNDERLAND Ballett von Jörg Mannes
COSÌ FAN TUTTE Oper von Wolfgang Amadeus Mozart 30. Dezember 2012, 18.30 Uhr
DIE REISE NACH REIMS Oper von Gioachino Rossini 31. Dezember 2012, 19.30 Uhr
ALICE IM WUNDERLAND
FESTLICHER OPERNABEND »MADAME BUTTERFLY«
ADVENT, ADVENT Der lebende Adventskalender Wir öffnen auch in diesem Jahr wieder die Türen eines Adventskalenders der besonderen Art: Jeden Abend wartet eine kleine Überraschung auf die Besucher. Mitglieder des Ensembles (Orchestermusiker, Tänzer, Sänger und »backstage«-Kollegen) präsentieren Geschichten, Gedichte und Lieder – mal bekannte, heitere und besinnliche Weihnachtsklassiker, mal eher Unbekanntes, Ungewöhnliches und Komisches.
von Giacomo Puccini Mario Malagnini
Samstag, 15. Dezember 2012, 19.30 Uhr
Täglich vom 1. bis 22.12.12 (außer sonntags) um 17 Uhr im Foyer – Eintritt frei
KANTINENPLAUSCH
KLAUS ANGERMANN
VON MOZART BIS MODERNE Mit Frank Schneiders
Als Impresario Fallito brannte er kürzlich in Gassmanns L’Opera seria mit der Theaterkasse durch, als Doktor Bartolo wird er in Rossinis Barbier von Sevilla kräftig einge seift, und als versoffener Alfred P. Doolittle schlägt er in My Fair Lady Profit aus dem unerwarteten gesellschaftlichen Aufstieg seines Töchterchens. Kein Zweifel, Frank Schneiders hat ein ausgeprägtes komödiantisches Talent, was bei einem »kölschen Jung« auch nicht weiter überraschend ist. Zum Gesang kam der Sohn einer Handwerkerfamilie fast beiläufig. Nach dem Abitur begann er zunächst ein Germanistikstudium und schrieb sich an der Kölner Musikhochschule für Schulmusik ein. Seinem Klavierlehrer fiel jedoch auf, dass er eine ganz passable Stimme hatte, und so vermittelte er ein Vorsingen bei Josef Metternich, der damals in Köln unterrichtete. Schon einen Tag später wurde er aufgenommen, Metternich
schätzte an der Stimme seines neuen Schülers die unverbildete Natürlichkeit. Bald nach seiner Gesangsausbildung erhielt er als junger Bassbariton sein erstes Festengagement im Opernstudio der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf. Nach Stationen am Stadttheater Oberhausen und am Staatstheater Darmstadt wurde er 1992 an die Staatsoper Hannover engagiert. Hier reicht sein umfangreiches Repertoire von Papageno bis Wozzeck, von Leporello über Alberich bis zum Musical. Dabei mag er vor allem die Figuren der Mozart-Opern, deren zeitlose Menschlichkeit er bewundert. Schon immer galt sein Interesse auch der Moderne, wobei er an Komponisten wie Alban Berg, Bernd Alois Zimmermann oder Benjamin Britten die Verbindung von Konstruktion und Emotionalität besonders mag. Bei der Menge an Rollen, die Frank Schneiders verkörpert hat, gibt es jedoch eine Wunschpartie, die er gerne noch einmal singen würde: den Don Pasquale. Was ihn an
dieser Rolle fasziniert, ist die Verbindung von Komik und Tragik, auf der die Glaubwürdigkeit der Figur beruht. Denn Komik ist für ihn nicht gleichbedeutend mit bloßem Klamauk: »Man spielt keine Komik, sondern eine Figur, die sich in einer bestimmten Situation falsch verhält und dadurch komisch und anrührend zugleich ist.« Auch in seiner Freizeit beschäftigt sich Schneiders intensiv mit dem Musiktheater. Seine Sammlung an Opernaufnahmen ist rekordverdächtig, wobei ihm seine Computerkenntnisse zugute kommen, mit denen er in der Lage ist, die von ihm besonders geschätzten historischen Schallplattenaufnahmen zu digitalisieren. Frank Schneiders ist bekennender Fan des 1. FC Köln, was ihm nicht immer nur glückvolle Momente bereitet. Da Frank Schneiders ein leidenschaftlicher Koch ist, tröstet ein gutes Essen über den Frust hinweg, wenn die Kölner wieder einmal verloren haben.
KÜRBISCREME MIT WIRSINGROULADE Für die Roulade: 1 Wirsingkopf, 80 g Kalbsbrät,1 EL geräucherte Speckwürfelchen, 1 EL geschlagene Sahne, Sojasprossen, ein paar Spritzer Fisch- und Sojasauce, Salz und weißer Pfeffer aus der Mühle Vom Wirsing die schönsten Blätter abnehmen, waschen, den unteren Strunk herausschneiden und in kochendem Salzwasser etwa zwei Minuten blanchieren. In Eiswasser abschrecken. Auf ein Tuch die Blätter ganz dicht auslegen und trocken tupfen. Fleischpüree, Sojasprossen, Speckwürfel, Sahne, Soja- und Fischsauce vermischen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und auf dem Wirsing verstreichen. Blätter von der Seite her möglichst dünn aufrollen. Die Rolle in Alufolie einrollen, die Enden fest bonbonartig verdrehen und in Wasser knapp unter dem Siedepunkt zehn Minuten abgedeckt garen. Herausnehmen und in der Folie beiseite stellen. Für die Creme: 1 kg Kürbisfleisch, 3/4 l Geflügelfond oder -brühe, 100 ml Weißwein, 500 ml Sahne, 50 g kalte Butterwürfel, Salz und weißer Pfeffer aus der Mühle, 1 EL geschlagene Sahne, eine Scheibe Ingwer, eine kleine Zwiebel, eine Knoblauchzehe, eine kleine Möhre, etwas Chili aus der Mühle, schwarzer Pfeffer, Salz Ingwer, Zwiebel, Knoblauch und Möhre in kleine Würfel schneiden und in einer Mischung aus Sesamöl und etwas Butter bei mittlerer Hitze etwa 10 Minuten anbraten. Das Kürbisfleisch klein schneiden, dazugeben und andünsten lassen. Dann Geflügelfond, Wein, Sahne und etwas Chili zugeben. Den Kürbis weich kochen und anschließend pürieren. Die Suppe noch einmal vorsichtig aufkochen lassen und ein paar eiskalte Butterwürfelchen unterrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Wirsing-Roulade aus der Alufolie nehmen, in etwa fingerdicke Scheiben schneiden und in vorgewärmte tiefe Teller legen. Die Kürbiscreme darüber gießen.
18.19
ORCHESTER
MERLIND GRUEN
REINGEHÖRT! Mit Maja Pawelke
»Das Klavier spielen war mir immer ein bisschen zu einsam«, so begründet Maja Pawelke ihren musikalischen Wechsel vom Klavier, welches sie schon im Alter von sechs Jahren erlernte, hin zur Klarinette, die sie mit 13 Jahren zu spielen begann. Von da an konnte sie genauso wie ihr Bruder, der Geige im Orchester spielte, zusammen mit Musikerfreunden proben. Wie es zu der Klarinette kam? »Letztendlich war das ein Zufallsprodukt« erzählt Maja Pawelke. Ihr Onkel brachte ihr von einer Geschäftsreise aus Hongkong eine Klarinette mit und so begann die musikalische Liebe zum Instrument und dessen Klang. Die aus Wuppertal stammende Maja Pawelke kam schon früh mit der Musik in Berührung: Im Hause der Pawelkes wurde eigentlich immer Musik gemacht, ihre Mutter und ihr
Bruder waren beide leidenschaftliche Hobbymusiker. Maja Pawelke begann 2001 zunächst mit dem Diplomstudiengang »Instrumentalpädagogik«, den sie im Jahr 2006 abschloss. Für die Spielzeit 2006/2007 ging sie als Stipendiatin der Orchesterakademie an die Komische Oper Berlin. Im April desselben Jahres begann sie ihre Studien im Fach »Konzertexamen« an der Musikhochschule Köln. Im September 2007 unterbrach sie das Studium, um mithilfe des Gerd Bucerius-Stipendiums für zwei Jahre an der Juilliard School in New York zu studieren. Die Juilliard School ist eines der führenden Musikkonservatorien in Amerika und berühmt für seine, aus dem Institut hervorgehenden, herausragen den Künstlerinnen und Künstler.
Zudem unternahm sie zusammen mit ihrem Musiktrio, das sich am Anfang des Studiums gegründet hatte, eine dreiwöchige Reise nach Südostasien, unter anderem nach Indonesien, wo sie mit ihren Kollegen MusikWorkshops anbot. Worauf sich Maja Pawelke am meisten freut in dieser Spielzeit, verrät sie uns auch: Sie hat ihren ersten Soloklarinettenauftritt, da sie Katharina Ahrend während ihrer Elternzeit vertritt. Und wo lässt sich dieser Auftritt besser vorbereiten als im neuen Orchesterprobenraum? Frau Pawelke kommt ins Schwärmen: »Ich bin begeistert vom neuen Probenraum. Er bietet eine wunderschöne Atmosphäre und ist durch seine einzigartige Akustik sehr ehrlich – genau richtig für einen Probenraum. Man lernt noch mal ganz anders und neu zu hören.« Aber nicht nur im Orchesterprobenraum wird musiziert, auch in ihrer Freizeit trifft sich Maja Pawelke mit ihren Kollegen zum Musik machen. Darüber hinaus kocht und schwimmt sie gerne. In ihrer neuen Wahlheimat Hannover fühlt sich Maja Pawelke sehr wohl und hat hier auch einiges vor: Obgleich das Orchester für sie immer an erster Stelle stehen wird, möchte sie sich auch wieder mehr Zeit nehmen um eigene Projekte zu realisieren. Zu ihrer New Yorker Zeit hat sie viel in sozialen Einrichtungen gespielt und unterrichtet. Die Arbeit mit Jugendlichen macht ihr sehr viel Spaß und erfüllt sie. Deswegen könnte sie sich auch gut vorstellen bald einen Workshop in Hannover anzubieten und »ihre Fühler in dieser Stadt auszustrecken«.
DIE AUFNAHMEN ++ New York Gypsy Allstars – ROMANTECH ++ Francois Leleux – Mozart Werke für Oboe und Orchester ++ Schorn Puntin Duo – Elephants’ Love Affair
AUS DEN ABTEILUNGEN
EVA HARRISON
KULTUR VERKAUFEN ... ... und den Zuschauern zu einem schönen Theaterabend verhelfen
364 Tage im Jahr sind die Mitarbeiterinnen des Vertriebs – hausintern charmant »Kassendamen« genannt – für ihre Kunden da: Nur an Heiligabend sind die Theaterkassen geschlossen. Wer dennoch last minute ein »Theatererlebnis« verschenken möchte, kann dieses seit einigen Jahren über den Webshop im Internet tun. Besonders in den Wochen vor Weihnachten herrscht zu den Kassenöffnungszeiten viel Trubel in den Verkaufsstätten des Staatstheaters, wo das Team um Leiterin Veronika Gudat die Kunden mit Karten versorgt. Dabei leisten die Damen weitaus mehr als Karten zu verkaufen: Sie bearbeiten die Eingangspost, Internetbestellungen, Lehrerkarten- und Schulgruppenanfragen, sind immer auf dem neuesten Stand der sich stetig verändernden Rabattaktionen, der Vorkaufsrechte und Spielstätten-Veränderungen, haben stets die richtige Verkaufsart bereit, behalten die Reservierungen im Auge und haben im Callcenter ein offenes Ohr für Fragen und Nöte rund um das Thema Kartenbestellungen. Der Bereich der Abendkasse ist am engsten mit dem Theatergeschehen verknüpft: »So kurz vor der Vorstellung, wenn hinter der Bühne
die letzten Vorbereitungen laufen: das ist der ›Kribbel‹.« Und zwar nicht nur in der Vorweihnachtszeit, sondern das ganze Jahr über – Wochentags wie an Sonn- und Feiertagen. »Trotzdem macht es großen Spaß, schließlich haben wir das Glück, etwas so Besonderes wie ›Kultur‹ zu verkaufen!« Oft überlegen die Damen zusammen mit den Kunden, welche Vorstellung die richtige sein könnte. »Wir möchten den Menschen zu einem schönen und positiven Theatererlebnis verhelfen!« Auf diese Weise entstehen mitunter anregende Gespräche – die nicht selten sehr persönlich werden. So kommt neben dem Serviceanteil auch eine psychologische Komponente dazu: Oftmals ist ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen gefordert, um schnell zu erfassen, was dem einzelnen Kunden wichtig ist. Deshalb gehört es unbedingt auch dazu, die Sicht der Regisseure auf die Stücke vermitteln zu können und zu klären »Was macht ein Theatererlebnis eigentlich aus«. Die Zuschauer sollen gerne wiederkommen! Man hat beim Kartenverkauf einen gewissen Einfluss auf die Stückauswahl der Kunden, indem man sie eventuell zur Wahl einer anderen Vor-
stellung umzuleiten versucht. Um dergestalt agieren zu können, müssen die Damen die verschiedenen Stücke kennen. Da es bei fünf verschiedenen Spielstätten und 36 Premieren und noch mehr Repertoire-Stücken pro Spielzeit schwer möglich ist, jedes Stück gesehen zu haben, informieren sich die Kolleginnen untereinander. Innerhalb des Teams haben sich sehr unterschiedliche Charaktere verschiedenster Bereiche zusammen gefunden: Einige mit kaufmännischer Biographie, andere wiederum mit künstlerischem Hintergrund. Und jeder bringt eine spannende Geschichte mit. »Hier macht das Arbeiten richtig Spaß!«, schwärmt eine der Damen und erhält sofort einheitliche Zustimmung von den Kolleg innen: »Wir sind wirklich ein super Team! Gerade wenn viele Frauen aufeinander treffen, ist das ja nicht selbstverständlich.«, fügt eine andere verschmitzt hinzu. Dadurch dass in rotierenden Schichten gearbeitet wird, kommen immer neue Konstellationen zusammen – das wiederum setzt eine akkurate Zuarbeit voraus damit alle jederzeit auf dem aktuellen Stand sind. »Darüber hinaus stimmt aber vor allem das Zwischenmenschliche. Eine der Damen stellt abschließend fest: »Was unsere Arbeit ausmacht, ist der Spagat zwischen der schönen Materie Thea ter mit samt seiner Disposition auf der einen Seite und dem Menschen mit dessen persönlicher Historie, der in diese Materie eintauchen möchte, auf der anderen. Es steckt eben doch mehr dahinter, als ›nur‹ eine Karte zu verkaufen!« Wer übrigens noch das passende Weihnachtsgeschenk sucht: Neben den traditionellen Weihnachtsgeschenk-Abos gibt es – neu seit dieser Spielzeit – die TheaterCards, die sich besonders für Vieltheatergeher lohnen. Das Team der Kassendamen erwartet Sie mit den Details!
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FUNDUS
THEATERRÄUME VON MARINA HELLMANN Das Bühnenbild aus der Serviette – Ausstellung 29.11.2012 bis 21.01.2013 – Eintritt frei Geöffnet jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn
Theater ist lebendig. Theater ist vergänglich. Theater ist Leben. Was bleibt, sind Erinnerungen, Fotografien und Aufzeichnungen. Ab dem 29. November 2012 zeigt die Staatsoper Hannover in verschiedenen Räumen des Opernhauses Arbeiten der im vergangenen Dezember plötzlich verstorbenen serbischen Bühnenbildnerin Marina Hellmann: Querschnitte der wunderbaren letzten sechs hannoverschen Opernbälle, für deren Ausstattung sie verantwortlich zeich-
nete, ebenso wie Bilder, Skizzen und Entwürfe von Opern- und Schauspielproduktionen. Ausstellungseröffnung: Donnerstag, 29. November 2012, 18.30 Uhr, Foyer der Staatsoper Hannover. Eintritt frei 19.30 Uhr, Opernhaus: Wiederaufnahme von Gioachino Rossinis Die Reise nach Reims (Inszenierung: Matthias Davids)
OPERNRÄTSEL
Diesmal entführen wir Sie in eine exotische Welt. Der Ursprung der Lösung liegt fast 8000 km entfernt von unserer Opernstadt Hannover. Gesucht wird eine Opernart, die auf eine 200 Jahre lange Geschichte zurückblicken kann. Sie ist eine umfassende Vorführkunst und vereint Akrobatik, Gesang, Kampfkunst, Schauspiel, Pantomime und Tanz in ihren Vorstellungen. Die Vorstellung wird typischerweise mit Schlaginstrumenten eingeleitet, die den Anfang des Stückes verkündigen. Die wichtigsten Inhalte dieser Opernart nehmen traditionelle Mythen und Sagen ein, die dortzulande genauso bekannt sind wie hierzulande die Märchen der Brüder Grimm. Die Hauptrollen auf der Bühne teilen sich hauptsächlich in vier Metiers (Rollentypen) auf.
Unsere Frage(n): 1. Nach welcher oben beschrieben Opernart suchen wir? 2. Wie heißen die 4 Metiers in die sich die Hauptrollen unterteilen? Ihre Antwort schicken Sie bis 23.11.12 per Postkarte an die Staatsoper Hannover . Öffentlichkeitsarbeit . Opernplatz 1 . 30159 Hannover, oder per Email an presse-oper@staatstheater-hannover.de Vergessen Sie nicht Ihren Absender und Ihre Adresse! Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir 5 x 2 Karten für die Aufführung von Lady Macbeth von Mzensk am 07.12.12 um 19.30 Uhr. In der seitenbühne 03/04.2012 wurde der Komponist Igor Strawinsky gesucht.
ORCHESTER
IMPRESSUM
HERAUSGEBER Niedersächsische Staatstheater Hannover GmbH, Staatsoper Hannover, Opernplatz 1, 30159 Hannover INTENDANT Dr. Michael Klügl Andrea Bartsch TEXTE Dramaturgie, Öffentlichkeitsarbeit, Musiktheaterpädagogik GESTALTUNG María José Aquilanti, Philipp Baier, Birgit Schmidt DRUCK Steppat Druck FOTOS Thomas M. Jauk (Titel, 1, 7 rechts, 10), Insa Hagemann (2/3), Gert Weigelt (4–6), Maurice Korbel (7 links), Iris Lauterbach, Taschenverlag, 2008 (9), Thilo Nass (13 links), Daniel Kunzfeld (13 rechts), René Gamsa (14), Marek Kruszewski (17), Eva Harrison (19), Judith Schlosser (20), privat (16, 18) TITELBILD L'Opera seria, Stefan Adam, Tadeusz Galczuk, Mark Bowman-Hester. REDAKTION
seitenb端hne . November / Dezember 2012