BühnenSeiten Mai - Sept 2019

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VON DER KUNST DES MOZARTGESANGS DER SÜDAFRIKANISCHE TENOR KOBIE VAN RENSBURG

COME TO THE DANCE FLOOR DIE ,ROCKY HORROR SHOW‘ LÄDT ZUM TANZ

MITARBEITER*INNENZAHL AM STAATSTHEATER RASANT GESTIEGEN EINE BIENE BERICHTET

THEATERPÄDAGOGISCHES NETZWERK OLDENBURG DIE MACHER*INNEN DER JUGENDTHEATERTAGE STELLEN SICH VOR

ERKLÄRUNG DER VIELEN AMELIE DEUFLHARD ÜBER DIE SITUATION AUF KAMPNAGEL

MAI–SEP

2019



EDITORIAL

Liebes Publikum, und schon sind wir wieder gemeinsam in den (hoffentlich) sonnigen Mai getanzt. Wer sich an Bewegungen noch nicht sattgesehen hat, kann auf den folgenden Seiten genüsslich durch die Bilder der 14. Internationalen Tanztage blättern. Auch im Frühsommer wird bei uns weitergetanzt: Mit Richard O’Brien’s ‚The Rocky Horror Show‘ zieht das Kult-Musical der 70-er Jahre ins Große Haus ein. Jonas Hennicke gibt einen ersten Einblick in die Vorbereitungen des Schauspielteams um Regisseur Robert Gerloff und erklärt, warum Sie als Publikum für die Special Effects besonders wichtig sind und wie Sie Teil des Spektakels werden können. Dass man nicht nur mit Bewegung den Raum formen kann, beschreibt der Stimmkünstler Gunnar Brandt-Sigurdsson. Als „Bildhauer der Töne“ gestaltet er die Klangarchitektur für Antoine Jullys Choreografie ‚Die Kunst der Fuge‘. Telse Hahmann sprach mit ihm über Johann Sebastian Bachs letzte und unvollendete Komposition, Obertöne, perkussive Anschläge und darüber, wie es dem Sänger gelingt, als Ein-Mann-Chor einen polyphonen Satz zum Klingen zu bringen. Rund 300 Jugendliche stürmen im Juni anlässlich der Jugendtheatertage die Bühnen in der Exerzierhalle, der Kulturetage und im Internationalen Jugendprojektehaus. Was am Oldenburgischen Staatstheater mit einer einzelnen Theaterpädagogin begann, ist in den vergangenen zehn Jahren zu einem Verbund verlässlicher Förderer und Kooperationspartner gewachsen. Lea Schreiber hat das Theaterpädagogische Netzwerk zu seinen Erinnerungen und Visionen befragt. Ins weitverzweigte Geflecht der Stoffgeschichte entführt uns Stephanie Twiehaus. Sie spürt der mythologischen Gestalt des Nibelungen Alberich nach und entdeckt, wie er sich in der romanischen Welt zum Elfenkönig Oberon entwickelt, der anstatt List und Intrigen seine Zauberkräfte einsetzt. Blühende Landschaften in der Großstadt sind für viele kleinste Stadtbewohner*innen längst kein logischer Widerspruch mehr. Ob Paris, New York oder Berlin, Bienen haben während der warmen Monate in den Metropolen eine viel bessere Aussicht auf gute Ernte, denn Waldstücke, Bach- und Feldränder sind auf dem Land nur noch selten. Seit diesem Frühling starten gut 8.000 Theaterbienen vom Dach des Staatstheaters in den Oldenburger Schlosspark und die umliegenden Alleen. Lilian Schepermann gibt uns einen Einblick. Gesine Geppert lädt Sie in diesem Heft ein, mit ihr und 72 Expert*innen für einen Abend ins Niemandsland aufzubrechen. Auf dem ‚Schwarzmarkt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen‘ begegnen Sie einer Kapitänin, einem Dokumentarfotografen, einem Komponisten, einer Gamerin und vielen anderen. Und ich möchte Ihnen dieses Mal unsere letzte Seite besonders ans Herz legen. Amelie Deuflhard, Künstlerische Leiterin von Kampnagel, beschreibt auf unserer Kommentarseite ihre Erfahrungen mit strukturellem Rassismus und berichtet von der Hamburger Erklärung der Vielen. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Ihr

Christian Firmbach Generalintendant

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Inhalt Seite 6

Seite 34

KULISSENGEFLÜSTER Neuigkeiten aus dem Theater

OPERNSEITEN Erhabene Höhen des Irrsinns Richard Wagners Umgang mit der Sprache

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Seite 36

OPERNSEITEN Von der Kunst des Mozart-Gesangs Ein Interview mit Kobie van Rensburg

7SEITEN Der Schwarzmarkt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen Lizenz© Nr. 6 Niemandsland — Migration und Grenzarbeit an den Rändern der Ordnung

Seite 10 SCHAUSPIELSEITEN Come to the Dance Floor, Rocky Horror commands

Seite 12 BALLETTSEITEN „Ein neues Licht drauf werfen“ Gunnar Brandt-Sigurdsson im Gespräch

Seite 14 BALLETTSEITEN 14. Internationale Tanztage Ein Bilderbogen

Seite 16

Seite 24

Seite 38

NIEDERDEUTSCHE SEITE Platt maakt – Platt gemacht!

BÜHNENSEITEN Aus dem Stück gefallen ...

Seite 26

Seite 39

OPERNSEITEN Sommernachtstraum mit Oberon

BÜHNENSEITE Premierenübersicht 19/20

Seite 28

Seite 40

BÜHNENSEITEN Region Nordwest — Erklärung der Vielen

KINDERSEITE Finde die Unterschiede!

Seite 30

BIENENSEITEN Mitarbeiter*innenzahl am Staatstheater ist rasant angestiegen

BÜHNENSEITEN Wissen Sie eigentlich ...?

Seite 18

Seite 32

JUNGESEITEN Das Theaterpädagogische Netzwerk Oldenburg stellt sich vor

SEITENBÜHNE Sketch Art — Vom Schreibtisch einer Dramaturgin

Seite 41 BÜHNENSEITE Auszeit mit ...

Seite 42 GASTSEITEN „... eine aufmerksame Solidargemeinschaft“ Kampnagel und die Hamburger Erklärung der Vielen


NEWS

KULISSENGEFLÜSTER

Neue Klänge Mit ihrem Orchesterwerk ‚Mechanics of Flying‘ präsentierte sich die estnische Komponistin Liisa Hirsch, die 2019 im Rahmen des oh-ton-Projekts a.i.r. in Oldenburg wirkt, erstmals am Oldenburgischen Staatstheater. Nun dürfen wir uns auf die Uraufführung eines neuen Stückes freuen, das als Auftragswerk für das Haus entstand und zusammen mit Strawinskys ‚Die Geschichte vom Soldaten‘ im Beisein der Komponistin im 6. Kammerkonzert erstmals erklingen wird. Wer Lust auf weitere neue Klänge hat, sollte sich den 15. Juni im Kalender markieren. Dann nämlich präsentiert sich die Kunstmusik der Gegenwart bei der „kleinen LANGEN NACHT DER MUSIK“ des Netzwerks klangpol entlang der Peterstraße in all ihrer Vielfalt. Kurz-Konzerte, Performances und vieles mehr laden ein zum Lauschen, Flanieren und Diskutieren. Das Programm wird unter www.klangpol.de bekanntgegeben. Wir sind dabei!

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BBC Cardiff Singer of the World Für Opernstars wie Anja Harteros, Dmitri Hvorostovsky oder Bryn Terfel war er das Sprungbrett für die internationale große Karriere – der alle zwei Jahre stattfindende Gesangswettbewerb BBC Cardiff Singer of the World. Und in diesem Juni haben gleich zwei Mitglieder des Opernensembles die Chance, die renommierte und mit 20.000 Pfund dotierte Auszeichnung „Cardiff Singer of the World“ zu gewinnen. Gegen hunderte internationale talentierte Bewerber*innen setzte sich in der Vorauswahl Sopranistin Sooyeon Lee durch, die seit der Spielzeit 16/17 das Oldenburger Publikum u. a. als Marie in ‚La fille du régiment‘, Konstanze in ‚Die Entführung aus dem Serail‘ und zuletzt als Gilda in ‚Rigoletto‘ sowie in der Titelpartie in ‚Lucia di Lammermoor‘ begeisterte. Ebenso Bariton Leonardo Lee, der als Gast in Oldenburg u. a. bereits als Monterone in ‚Rigoletto‘ sowie Alberich in ‚Siegfried‘ zu erleben war und ab der Saison 19/20 fest zum Ensemble gehört. Vom 15. bis 22. Juni 2019 werden sie gemeinsam mit 18 Finalisten in den live im BBC übertragenen Finalrunden gegeneinander antreten.


KULISSENGEFLÜSTER

Schwarzmarkt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen Am 24. Mai findet in der Exerzierhalle der ,Schwarzmarkt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen‘ statt, ein Projekt der Mobilen Akademie Berlin. Die Veranstaltung versteht sich als interdisziplinäre Recherche über das Lernen und Verlernen und ist ein Schau- und Produktionsraum, in dem erzählerische Formen der Wissensvermittlung angeboten werden. Schwarzmärkte wurden u. a. in Riga, Paris, Warschau, Wien, Berlin, Istanbul und Hamburg gezeigt. Titel und Thema des Oldenburger Schwarzmarktes ist „Niemandsland – Migration und Grenzarbeit an den Rändern der Ordnung“. In einer maschinisierten Arena, getaktet im Rhythmus administrierter Zeit, im Rausch der Simultanität und Kollektivität bieten Expert*innen in 180 Gesprächen ihr spezifisches Wissen an. Das Publikum kann 30-minütige Einzelsitzungen buchen oder sich über das Schwarzmarktradio in die Gespräche zuschalten. Mehr Informationen auf S. 36

Martin Schläpfer zu Gast beim Ballett Im Mai wird Martin Schläpfer eine Woche lang als Gasttrainer mit den Tänzer*innen der BallettCompagnie Oldenburg arbeiten und das morgendliche Training leiten. Der Künstlerische Direktor und Chefchoreograf des Ballett am Rhein Düsseldorf Duisburg ist dem Ensemble von Antoine Jully in Oldenburg sehr verbunden und hat hier bereits in den Spielzeiten 16/17 seine Choreografien ‚Ramifications‘ und ‚Quartz‘ sowie 17/18 ‚Violakonzert‘ einstudiert. Antoine Jully war zunächst am ballettmainz, später in Düsseldorf Duisburg einer von Schläpfers führenden Tänzern. Der vielfach ausgezeichnete Schweizer Choreograf Martin Schläpfer wird zur Spielzeit 20/21 vom Rhein an die Donau wechseln und die Leitung des Wiener Staatsballetts übernehmen.

TanzBar FSK 50+ Ende Mai hat sich ein neues Veranstaltungsformat in den Spielplan unseres Hauses geschmuggelt: Die TanzBar FSK 50+. Der Tradition der Freiwilligen SelbstKontrolle folgend, heißen wir all die Semester willkommen, die die Weltkarriere von ABBA mitverfolgt haben oder während der Ölkrise die Autobahnen entlangspaziert sind. Wer Lust hat, zur Pop-Geschichte der letzten 40 Jahre zu tanzen, für den oder die ist die TanzBar 50+ genau richtig. Die erste Ausgabe am 31. Mai in der Exerzierhalle heißt Sie bereits um 18 Uhr willkommen. Ab 18.30 Uhr bringt die Band THE TRAMPS den Abend in Bewegung und im Anschluss sorgt DJ Jan Bunte für das richtige Disco-Gefühl. Mit Blick auf die gute Nachbarschaft am Pferdemarkt geht es bis 22 Uhr laut, danach etwas leiser zu.

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OPERNSEITEN

VON DER KUNST DES MOZART-GESANGS In einem Meisterkurs bereitete der südafrikanische Tenor Kobie van Rensburg die Sänger*innen des Ensembles auf ‚La clemenza di Tito‘ vor. Ein Interview. Sie haben selbst den Titus gesungen. Welche spezifischen Anforderungen sehen Sie in dieser Rolle? Kobie van Rensburg: Ich habe es besonders genossen, ‚Tito‘ zu singen, weil die Partie einerseits Gelegenheit gibt, virtuose Koloraturen und Verzierungen einzusetzen, und anderseits wunderbare Secco- und Accompagnato-Rezitative beinhaltet, womit ein Sänger ein dreidimensionales, facettenreiches, psychologisches Charakterprofil darstellen kann. Wie alle ursprünglichen Metastasio-Libretti handelt es sich hier primär um den emotionalen Konflikt von Pflicht und Liebe, aber ich glaube, dass Tito noch interessanter als Figur wird, wenn die politisch-strategischen Elementen in seinen Entscheidungen auch untersucht werden. Seine „clemenza“ spricht nicht nur von „Milde“, wie es so oft auf Deutsch übersetzt wird. Politischen Feinden in der Öffentlichkeit zu vergeben ist eine schlaue machtpolitische Handlung, die nicht unterschätzt werden sollte! Die Psychologie der Figur ist für mich also sehr modern und hochaktuell. Wie erleben Sie die Arbeit mit jungen Sänger*innen und was ist Ihnen dabei besonders wichtig? KvR: Es ist eine große Freude, mit begabten jungen Sängern zu arbeiten und Erfahrungen weiter geben zu können. Es ist vor allem sehr erfüllend, wenn ich einen Gedankenanstoß platzieren kann. Oper ist entstanden aus dem Wunsch, effektiver zu kommunizieren als durch das gesprochene Wort. Eine gute Stimme und eine gute Technik sind für mich also kein Ende in sich, sondern erst der Anfang. Wie kann ich als Sänger auf effektivste Weise mit dem Publikum kommunizieren? Ich glaube, dass Musik eine Sprache ist, bei der der Einsatz und die Handhabung von gewissen musikalischen Stilelementen unentbehrlich ist für effektive Kommunikation. Deswegen ist die historisch informierte Aufführungspraxis für mich auch sehr wichtig. Wir wissen heute viel mehr darüber, wie Musiker in Mozarts Zeit gespielt und gesungen haben als vor 50 Jahren, und wir sollten dieses Wissen einsetzen in unserem Gesang oder unserer Regiearbeit, um effektiver mit einem hoffentlich nachwachsenden Publikum zu kommunizieren. Eine wichtige Aufgabe für mich ist es auch, diese Arbeit in den Townships in meinem Heimatland zu machen. Seit 2015 leite ich die Umculo Opera Incubator, die es sich 8

zum Ziel setzt, junge südafrikanische Sänger auszubilden und Oper in den Townships zugänglich zu machen. Ich bin sehr stolz, dass unsere Arbeit in diesem Bereich bereits mehrmals für internationale Auszeichnungen wie The International Opera Awards und den Yama Award (Jeunesses Musicales/Reseo) nominiert und mit dem Rotterdam-Operadagen-Preis ausgezeichnet wurde. Höchsten Wert legen Sie auf die Arbeit an den Rezitativen, die nicht selten vernachlässigt wird. Könnten Sie diese ein wenig erläutern? KvR: Bedauerlicherweise fällt die Arbeit an Rezitativen während der Studienzeit viel zu oft in das schwarze Loch zwischen den Hoheitsbereichen der Gesangslehrer und der Person, die für Schauspielunterricht zuständig ist. Sogar die Fachliteratur im 17. und 18. Jahrhundert beklagt schon, dass Sänger sich leider viel zu ungern mit den Rezitativen beschäftigen! Es ist aber das tatsächliche Fundament von jeder Oper. Ohne die Erfindung von Rezitativen im 17. Jahrhundert hätten wir heute keine Oper! Ich versuche Sänger dafür zu begeistern, die Rezitative nicht als sprichwörtliche Stiefkinder zu behandeln, sondern als Gelegenheiten zu sehen, wahrlich runde dreidimensionale Figuren auf der Bühne zu gestalten. In den Rezitativen, wo alle Handlungen in den Opern stecken, haben Sänger enorme Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten. Selbst die kleinsten und feinsten Nuancen in der Interpretation von einem Rezitativ können das Hörerlebnis von Zuschauern stark beeinflussen und sogar komplett bestimmen. Rezitative gut zu gestalten ist meiner Meinung nach eine hohe Kunst, und wer sie beherrscht, beschert dem Publikum ein spannendes Theatererlebnis. Sie haben sich intensiv mit der Urbesetzung von Mozarts Opern befasst. Welche Schlussfolgerungen lassen sich Ihrer Meinung nach daraus im Falle von ‚La clemenza di Tito‘ für heutige Besetzungen ableiten? KvR: Die Besetzung ist Alpha und Omega für einen erfolgreichen Opernabend! Daran kann selbst die beste oder schlechteste Regiearbeit oder das beste oder schlechteste Dirigat nun mal nicht viel ändern. Im 18. Jahrhundert war es für einen selbstbewussten professionellen Sänger undenkbar gewesen, Musik zu singen, die für jemand


anderen komponiert worden war! Wenn eine Sängerbesetzung bei einer Wiederaufnahme geändert wurde, war es üblich, dass der Komponist (oder sogar ein anderer, wenn der ursprüngliche nicht anwesend war) neue Musik passend zu der Stimme, den Fähigkeiten und dem Geschmack der neuen Sänger komponierte. Wie Mozart an seinen Vater am 3. Dezember 1778 aus Mannheim schrieb, musste eine Arie für eine Sängerin so „accurat“ gemacht und zugeschnitten sein „wie ein Kleid auf den Leib“. In diesem Sinne ist die oft verwendete pauschale Aussage, dass jemand ein „Mozarttenor“ ist, nicht wirklich haltbar. Die Partien, die Mozart z. B. für Anton Raaff, Valentin Adamberger und Antonio Baglioni schrieb, sind für wirklich unterschiedliche Stimmen mit unterschiedlichen Farben, Umfang und Fähigkeiten komponiert worden. Bevor die Revolution der historisch informierten Aufführungspraxis in den 1970er- und 80er-Jahren Fuß fassen konnte, haben sich aber in deutschen Repertoiretheatern bereits sehr merkwürdige Besetzungstraditionen breitgemacht. Vielleicht, weil die Tempi oft viel zu langsam genommen worden waren und sich ein mangelndes romantisiertes Verständnis für eine „Andante“-Tempoanweisung im klassischen Stil verbreitet hat, wurden Partien wie Tito und Idomeneo absurderweise als jugendliche Heldentenöre eingestuft! Tito ist nun mal deutlich als eine Rolle für eine wendige und koloraturfähige Tenorstimme geschrieben. Antonio Baglioni, der Prager Tito, sang auch den ersten Don Ottavio, und dessen Arie ,Il mio tesoro‘ erfordert genau dieselbe wendige und energiegeladene Koloraturvirtuosität wie Titos letzte Arie ,Se al impero‘! Umgekehrt werde ich auch deswegen argumentieren, dass Don Ottavio nicht das larmoyante, hinter Donna Anna herdackelnde Weichei ist, wie es viele Interpretationen glauben ließen. Don Ottavios langsame Arie ,Dalla sua pace‘ wurde übrigens für einen anderen Tenor, Francesco Morella, geschrieben, der nicht ,Il mio tesoro‘ singen wollte, da es nicht zu ihm passte! Abschließend noch ein kurzer Ausblick jenseits von Mozart: Sie werden 19/20 am Oldenburgischen Staatstheater Jonathan Doves Oper ‚Flight‘ inszenieren und zu Ihrer Inszenierung auch die Ausstattung und das Video entwerfen. Was reizt Sie an diesem zeitgenössischen Stück besonders? KvR: Oper war eigentlich immer als kontemporäre Kunst konzipiert worden. Ich freue mich, dass ich mit ,Flight‘ eine erfolgreiche kontemporäre Oper inszenieren darf, die zu sehr aktuellen Themen wie Migration spricht. Die irrwitzigen Verstrickungen von Bürokratie und Migran-

tentum habe ich auch am eigenen Leib erleben dürfen und freue mich vor allem, dass der Komponist sich dem Thema mit Humor nähert. Ich arbeite gerne mit modernen multimedialen Mitteln in dem Versuch, ein breites Publikum zu erreichen, und ,Flight‘ ist dazu ein besonders geeignetes Stück. Ich freue mich auch, mit den jungen Sängern des Mozartkurses dann eine ganze Inszenierung zu machen! Die Fragen stellte Annabelle Köhler.

Der Meisterkurs mit Kobie van Rensburg wurde ermöglicht durch die freundliche Unterstützung der ErnaSchlüter-OpernGesellschaft.

LA CLEMENZA DI TITO

Opera seria in zwei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart Musikalische Leitung — Hendrik Vestmann Regie — Laurence Dale Premiere am 04. Mai 2019, 19.30 Uhr, Großes Haus

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SCHAUSPIELSEITEN

COME TO THE DANCE FLOOR, ROCKY HORROR COMMANDS Die Sterne standen nicht unbedingt günstig, als Richard O’Brien am 16. Juni 1973 seine ,Rocky Horror Show‘ auf die nur 63 Gäste fassende Nebenbühne „Upstairs“ des Royal Court Theatres im Londoner Stadtteil Chelsea hievte. Der staatlich geprüfte Viehzüchter und Schauspieler O’Brien hatte zusammen mit dem für experimentelle Inszenierungen bekannten Regisseur Tim Sharman Zutaten zu einer Melange zusammengerührt, von der nicht unbedingt zu erwarten war, dass sie breiten Publikumsschichten schmecken würde: Science Fiction, viktorianische Schauerromane, HorrorB-Movies, Popkultur und Männer in Strapsen. Dazu gab es schrägen Gesang und derbe Rock’n’Roll-Musik, die so gar nichts gemeinsam hatten mit den wohl gesetzten Musicalnummern eines Andrew Lloyd Webber. Das Ganze hatte mehr den Anschein einer burlesken Paro-

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die als den einer ernstgemeinten Unternehmung. Doch das Experiment gelang: Die Show mit Tim Curry in der Rolle des unheimlichen Dr. Frank N. Furter zog in die größeren Theatersäle des Londoner Westends um und wurde letztendlich von Lou Adler, einem einflussreichen US-amerikanischen Filmproduzenten, für das Kino entdeckt. Adler sicherte sich die Filmrechte und produzierte zusammen mit Sharman und O’Brien 1975 den LowBudget-Film ,The Rocky Horror Picture Show‘ in nur sechs Wochen für $1.000.000. In den Hauptrollen waren neben Tim Curry die damals völlig unbekannte Susan Sarandon als Janet Weiss und der noch nicht zum Rockstar avancierte Meatloaf als Rock’n’Roll-Zombie Eddie zu sehen. Richard O’Brien selbst gab, wie schon in der Musicalpremiere, den Butler Riff Raff.


SCHAUSPIELSEITEN

Doch nach der US-Premiere drohte der Film zunächst ein absoluter Flop zu werden. Kein Mensch wollte das absurd trashige Crossover-Machwerk sehen. Die Produktionsfirma unternahm dennoch einen zweiten Versuch und zeigte den Film nur noch in für die damalige Zeit neuartigen Midnight-Vorstellungen. Hier erst, quasi im Schutz der Nacht, entfaltete der Streifen seine Sogwirkung und entwickelte sich nach einigen Monaten zum absoluten Geheimtipp in der amerikanischen LGBT*-Gemeinde. Der ungezwungene Umgang mit Sexualität als Kampfinstrument gegen ein biederes Establishment passte gut in die aufgewühlte gesellschaftliche Stimmung Mitte der 70er-Jahre, und es entstand eine hartnäckige Fan-gemeinde, die immer wieder – teilweise in passender Kostümierung – die Mitternachtsvorstellungen des Films besuchte. Hierbei entwickelten sich auch die ersten Publikumsinteraktionen, die die Show so berühmt machen sollten: Die Leute kommentierten die Texte, pöbelten die Leinwand-Darsteller*innen an, sangen und tanzten im Kinosaal. Bald bildeten sich Fanclubs, und die ersten Requisiten für eigene „Special Effects“ wie Taschenlampen, Wasserpistolen und Reis tauchten in den Filmvorführungen auf. Diese Praxis wurde bald auch in den Theatern kopiert. Diejenigen, die bisher noch nicht vom Musical und seiner zugegeben etwas abstrusen Handlung angelockt waren, wurden es nun, und zwar von der zunehmend anarchischer werdenden Situation im Zuschauersaal, die so gar nichts mit herkömmlichem Theater gemein hatte. Ein Kult-Phänomen war geboren und zog immer weitere Kreise. Heute, gute 40 Jahre später, hat das Musical etwas von seinem subversiven Charakter verloren. Die Zeiten haben sich geändert und Vieles ist besser geworden. Die Anerkennung von Menschen mit nicht heterosexueller Orientierung ist in weiten Teilen der Gesellschaft gewachsen, und auch Theater mit Publikumsinteraktion schockiert nur noch die wenigsten. Was bleibt, ist das Musical mit seinen schrägen Figuren, seiner Bühnenanarchie und seinen zu Hymnen gewordenen Ohrwürmern. Und es bleibt der Kult – der Ritus, der gemeinsam gefeiert werden will, so wie Ostern oder der Kölner Karneval. Das Team um Regisseur Robert Gerloff, das am Oldenburgischen Staatstheater mit dem Projekt betraut ist, kennt sich mit Theater als Feier des gemeinsamen Moments aus. Als in vergangenen Spielzeiten das (Erste-Klasse-) Publikum von Bord der Titanic evakuiert wurde oder eine Gruppe von wackeren Zuschauer*innen die kleine

Alice aus dem Uferpalast rettete, waren solche Momente da. Auch diesmal ist wieder geplant, Theater zum Fest werden zu lassen. Und dieses Vorhaben hört nicht schon beim Verkauf von Mitmach-Requisiten, den Fan-Bags, auf. Der Zuschauersaal soll noch weiter eingebunden werden, als es ohnehin schon üblich ist: Mittels eines vier Meter langen Steges, der quer über die ersten Parkettreihen verläuft, können Rocky Horror und seine Mitstreiter*innen dem Publikum so nah wie noch nie sein. Doch damit nicht genug: Bei allen Vorstellungen, die an einem Montag stattfinden, wird der Orchestergraben, welcher sich direkt vor der Bühne befindet, abgesenkt und zur „Dance-Area“ ausgerufen, wie man es auf der nebenstehenden Skizze sehen kann. 80 Zuschauer*innen haben damit die Möglichkeit, wie bei einem Live-Konzert direkt Teil der Show zu werden und mitzutanzen, wenn es heißt: Let‘s do the timewarp again. Jonas Hennicke

*Die Bezeichnung LGBT für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender war in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts noch kein Begriff, wird aber dennoch hier verwendet. RICHARD O’BRIEN’S THE ROCKY HORROR SHOW

by arrangement with BB Group GmbH and The Rocky Horror Company Ltd. Regie — Robert Gerloff Premiere am 21. Juni 2019, 19.30 Uhr, Großes Haus

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BALLETTSEITEN

„EIN NEUES LICHT DARAUF WERFEN“ Für seine Choreografie ,Die Kunst der Fuge‘ hat Antoine Jully, Ballettdirektor und Chefchoreograf der BallettCompangie Oldenburg, ein neues musikalisches Arrangement der berühmten letzten Komposition Johann Sebastian Bachs in Auftrag gegeben. Der in Oldenburg lebende Sänger und Stimmkünstler Gunnar Brandt-Sigurdsson hat es umgesetzt und Telse Hahmann hat mit ihm über seine Arbeit gesprochen. Sie erstellen das musikalische Arrangement für An- Alltagslebens. Ich las John Eliot Gardiner: ,Music in the toine Jullys Choreografie ,Die Kunst der Fuge‘. Was Castle of Heaven – a Portrait of Johann Sebastian Bach‘. Das Buch nähert sich Bach als Menschen an und beschäfkönnen wir uns als Publikum darunter vorstellen? Gunnar Brandt-Sigurdsson: Es ist eine Klang- tigt sich vorwiegend mit der Kirchenmusik – ,Die Kunst gestaltung. ,Die Kunst der Fuge‘ von Johann Sebas- der Fuge‘ kommt daher nicht vor. Man erfährt ganz viel tian Bach ist ein in sich geschlossenes Werk, ein über Bach selbst und auch die Bedingungen, unter denen Zyklus von 14 Fugen und vier Kanons. Antoine er gearbeitet hat. Das hat für mich das Bild dieser Person Jully wünschte sich, diesen möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Ich habe einige Stücke gesungen, obwohl die Komposition ja nicht ursprünglich für Stimme gemacht ist, sondern für Cembalo oder die Orgel, das weiß man nicht ganz genau. Ich habe die Herausforderung angenommen, etwas mit Stimme daraus zu machen für vier bis fünf der Stücke. Die anderen habe ich mit Aufnahmen gefüllt. Großenteils mit extra für unser Projekt eingespielten, aber auch mit einigen bereits vorhandenen. So habe ich das Ventapane Quartett des Oldenburgischen Staatsorchesters und Tobias Götting, den Kantor und Organisten der Lamberti-Kirche, aufgenommen und den Klang jeBühnenbildmodel ‚Die Kunst der Fuge‘, Antoine Jully (Idee), Georgios Kolios (Umsetzung) weils so gestaltet, dass er im Kleinen Haus als Surround-Aufnahme abgespielt werden kann. vervollständigt: Ein unglaublich harter Arbeiter, wahnEs ist für mich eins der ersten Projekte, bei dem ich mei- sinnig diszipliniert muss er gewesen sein. Was er auch ne gestalterischen Ideen als Sänger und als Tontechniker an Lärm um sich gehabt hat und an Widrigkeiten und kombinieren kann. Wie ein Bildhauer kann ich das Gan- Armut, dass er sich dabei so dermaßen konzentrieren konnte! Es war eine sehr rein gehaltene Welt, die er sich ze so lange gestalten, bis ich zufrieden bin. da freigeschoben hat. Natürlich habe ich außerdem viele Wie haben Sie sich dieser Aufgabe genähert? ,Die Interpretationen seiner Komposition angehört. Kunst der Fuge‘ hat ja für manche fast so etwas wie eine „Aura des Mystischen“, weil sie das letzte und Was ist denn eigentlich unter einer Fuge zu verstehen? unvollendete Werk von Bach ist. GB-S: Ich habe mich zunächst eingelesen in Leben und GB-S: Es ist erstmal eine Kompositionstechnik, bei der Werk von Bach, um seine Arbeitsweise und Motivati- es verschiedene Elemente gibt, mit denen gespielt wird. on zu verstehen. Es ist fast unglaublich, wie produktiv Zunächst wird ein Thema vorgestellt, das kann auch reund kreativ er war, trotz der widrigen Umstände seines lativ einfach sein, wie das erste Thema im Contrapunkt 1 12


BALLETTSEITEN

der ,Kunst der Fuge‘, und mit diesem Thema wird dann gespielt. Man kann sich das ganz optisch vorstellen, es wird z. B. gespiegelt und das mit ganz verschiedenen Spiegelachsen, entweder in der Mitte durch Umdrehung. Es kann auch horizontal gespiegelt und umgedreht werden, dadurch entstehen verschiedene Melodien, die aber doch ein Grundthema gemeinsam haben. Der Kanon ist im Grunde die einfachste Form einer Fuge. Hier wird das Thema einfach verschoben oder versetzt. Bach ist in seiner Zeit auch schon dafür bekannt gewesen, dass er einen unheimlichen Ideenreichtum entwickelt hat, mit Melodien zu spielen. In einer Fuge von Bach werden die Themen auf alle erdenklichen Weisen höchst komplex verarbeitet. Sie werden auf anderen Tonstufen wiederholt, gespiegelt oder die Notenwerte werden vergrößert oder verkleinert. Das System der Fuge ist hier bis an die Grenzen der Spielbarkeit geführt. Da setzen die Themen auch dreifach oder vierfach ein, damit wird gespielt und es wird immer komplexer. Das Tolle daran ist, dass es bei den Kombinationen, die zwischen den Stimmen entstehen, ab einem bestimmten Punkt ein bisschen dem Zufall überlassen ist, was da so rhythmisch passiert oder sich überlagert! Das kann man sich vielleicht vorstellen wie geometrische Muster, die man übereinander lagert und dann gibt es Moiré-Effekte und es changiert und spielt. Natürlich hat der Komponist das bis zu einem bestimmten Punkt unter Kontrolle, aber ich glaube nicht in Gänze, und das ist das Tolle daran, dass dann Kombinationen passieren, die Bach selbst vielleicht überrascht haben mögen. Wenn ich der Musik zuhöre, entsteht bei mir ein fast visueller Eindruck, wie eine Architektur. Ich war z. B. in der Alhambra bei Granada, da gibt es diese alten arabischen Verzierungen mit Gittern und Mustern, durch die man durchgucken kann, und dann überlagern sich zwei schöne Muster zu etwas ganz Neuem. Das hat für mich auch etwas von der ,Kunst der Fuge‘. Hinter der Bühnenbildidee von Antoine Jully, die von Georgios Kolios für den Abend umgesetzt wird, steht die Idee der Unendlichkeit. Ist es wirklich so, dass theoretisch unendliche Fugen-Variationen möglich sind? GB-S: Sicher geht es in diese Richtung! Man kann ja immer wieder an anderen Punkten der Fuge spiegeln, drehen und die Achsen kippen. Die Grenzen der Spielbarkeit sind aber sicher auch irgendwann überschritten. Das Thema einer Fuge ist wie der Grundbaustein eines Rhizoms, eines wurzelartigen Geflechtes, welches keine Hierarchie mehr besitzt. Dieser Baustein geht ein in den großen

Organismus und taucht zwischendurch mehr oder weniger verdeckt immer wieder auf. Die Tatsache, dass Johann Sebastian Bach keine Instrumentierung für sein letztes Werk angegeben hatte, lieferte viel Spielraum für Spekulationen, für welche Instrumentengruppe es gedacht sei. Inzwischen haben aber mehrere Musikwissenschaftler nachgewiesen, dass die Komposition für die Finger von zwei Händen angefertigt wurde und also für Cembalo, Orgel oder gar das damals ganz neue Hammerklavier sein müsse. Wie haben Sie da mit Ihrer Stimme gearbeitet? GB-S: Für die Stimme eignet sich ,Die Kunst der Fuge‘ auf den ersten Blick nicht so sehr, weil da auch große Intervallsprünge drin sind, die natürlich für die Hände gemacht sind. Ich musste sehr lange probieren, bis ich mit der Stimme Klänge gefunden habe, die in gewisser Weise instrumental klingen. Es ist ja kein Text dabei und ich wollte auch nicht die Vokale zu sehr abwechseln. Auch der Tonverlauf war wichtig zu entdecken. Ich suchte nach einem perkussiven Anschlag. Teilweise habe ich mit Obertönen gespielt, aber im Zentrum steht der perkussive Anschlag, denn damit stimmt das rhythmische Gerüst. Diese Elemente wollte ich erhalten und auch notengetreu singen. Ich nähere mich diesem großen Werk respektvoll und bin bestrebt es nicht zu sehr zu verfremden, auch wenn ich klanglich gelegentlich Aspekte und gewisse Elemente von heute hinzufüge. Haben Sie alle Stimmlagen selber gesungen? GB-S: Ja, alle Stimmen, die man hört. Sowohl die Chöre mit bis zu 25 Stimmen als auch die einzelnen Klanglinien, da ist niemand anders dabei, das ist alles gesungen, so wie es ist. Das ist alles „Handarbeit“! Die reine Stimmung, die sich in einem Chor eher selbst organisiert, war für mich als „Ein-Mann-Chor“ natürlich eine Herausforderung. Dies habe ich gelöst, indem ich mehrere Aufnahmen gemacht und die besten Teile zu einem großen Ganzen zusammengesetzt habe.

DIE KUNST DER FUGE

Choreografische Uraufführungen Choreografie — Antoine Jully Premiere am 15. Juni 2019, 20.00 Uhr, Kleines Haus Soiree am 05. Juni 2019, 19.00 Uhr, Kleines Haus, Eintritt frei

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BALLETTSEITEN

14. INTERNATIONALE TANZTAGE Auch in diesem Jahr warten die Tanztage vom 10. bis 19. Mai wieder mit herausragenden Tänzer*innen und begeisternden Choreografien, zahlreichen Workshops für das Publikum, Foyerkonzerten und Partys auf. Ein Blick in das Programm auf https://staatstheater.de/14.internationaletanztage.html lohnt sich! BALLETTCOMPAGNIE OLDENBURG — ,Le Sacre du Printemps‘

BALLETT DORTMUND — Gala ,Ballett braucht Zukunft‘

DIE COMPAGNIEN:

ALONZO KING LINES BALLETT — ,Figures of Speech‘

NATIONAL DANCE COMPANY WALES — ,Tundra‘

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ALONZO KING LINES BALLET San Francisco COMPAGNIE JEAN-CLAUDE GALLOTTA, Grenoble BALLETTCOMPAGNIE OLDENBURG TOIHAUS THEATER SALZBURG MAVIN KHOO, London CRISTIANA MORGANTI, Italien NATIONAL DANCE COMPANY WALES, Cardiff VIRPI PAHKINEN DANCE COMPANY Stockholm BALLETT DORTMUND DANCEWORKS CHICAGO DANTZAZ, San Sebastián

VIRPI PAHKINEN DANCE COMPANY — ,Deep Time‘


BALLETTSEITEN

DANCE WORKS CHICAGO — ,Pack: And for all the lost ones‘

CRISTIANA MORGANTI — ,Jessica and Me‘

GROUPE ÉMILE DUBOIS / COMPAGNIE JEAN-CLAUDE GALLOTTA — ,My Rock‘

MAVIN KHOO — ,Man to monk — Part 1 — Man‘

DANTZAZ — ,Growing young‘

TOIHAUS THEATER SALZBURG ,Du, ein Sandkorn und ich‘

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BIENENSEITEN

MITARBEITER*INNENZAHL AM STAATSTHEATER IST RASANT ANGESTIEGEN! Zu unseren 450 Mitarbeiter*innen am Theater haben wir vor kurzem auf einen Schlag 8.000 kleine Helfer*innen dazu bekommen. Von den insgesamt 805 durchnummerierten Bienenvölkern, die es in Oldenburg gibt, sind Volk vier und fünf nun auf dem Dach des Staatstheaters eingezogen. Die Imkerin Dörthe Heuer vom Imkerverein Oldenburg e. V. hat die Bienen „angeliefert“ und wird diese auch in Zukunft einmal wöchentlich versorgen. Für interessierte Mitarbeiter*innen gab es nach dem Einzug der Bienen auch noch eine Informationsveranstaltung, bei der Dörthe Heuer u. a. auch Fragen beantwortete. Um ein bisschen mehr über das Leben unserer „Theaterbienen“ zu erfahren, haben wir eine der Bienen aus ihrer Perspektive berichten lassen: Zunächst gebe ich einen kleinen Einblick in meine Herkunftsgeschichte. Ich gehöre der Art der „Carnica Bienen“ (zu Deutsch: „Kärntner Bienen“) an. Ursprünglich stamme ich aus Tirol und bin im Allgemeinen sehr verbreitet in Österreich. Schlank gebaut, mittelgroß

Die Bienen bei der Arbeit

und die Farbe meines Hinterleibs sehr dunkel gehalten, mit lederbraunen Ecken und einem Ring – das sind die Merkmale, an denen man mich vielleicht wiedererkennen könnte. In unserem Stock gibt es Drohnen, das sind die männlichen Bienen, und Arbeiterinnen, das sind die weiblichen, sowie natürlich das wichtigste Mitglied unter uns: die Königin. Ich bin übrigens leider keine, aber vielleicht hat das auch einen Vorteil. Als Königin würde ich nämlich nur einmal in meinem Leben den Stock von außen sehen, zu meinem Hochzeitsflug. Ich hingegen kann die schöne Natur erkunden und muss nicht nur drinnen hocken. Nun aber weiter zum eigentlichen Thema. Ich bin Mitte März an einem ziemlich regnerischen und stürmischen Tag mit meiner Betreuerin Frau Heuer im Staatstheater angereist und wurde kurzerhand mit meinen Mitbewohner*innen auf dem Dach des Theaters abgestellt. Hier sind wir ziemlich hoch oben, aber der Ausblick ist gigantisch. Von hier aus kann ich fast in die Fußgängerzone sehen. Natürlich müssen auch wir uns wie alle anderen Lebewesen erst einmal an unserem neuen Ort einleben. Das dauert bei uns ungefähr einen halben Tag, da wir zunächst einmal rückwärts aus dem Flugloch herausfliegen, um zu begutachten, wo wir uns gerade befinden. Dann kann es auch schon losgehen, auf Entdeckungsreise in die Stadt. Sturm und Regen machen mir eigentlich nichts aus, aber es muss schon über zehn Grad Celsius warm sein, damit ich losfliege. Alles andere ist mir entschieden zu kalt. Ich war also nun schon in einigen Gärten – denen der Bewohner*innen Oldenburgs zum Beispiel –, bin zum Schlossgarten geflogen und habe ein bisschen die sonstige Umgebung des Theaters begutachtet. Normalerweise fliege ich nämlich immer nur zwei Kilometer weit. Eventuell besuche ich in den nächsten Tagen einmal den Süden Oldenburgs und die Hunte. Bis zu acht Kilometer weit zu fliegen, ist aber nur etwas für die Mutigeren unter uns. Anders, als man vielleicht denkt, freue ich mich sehr, in der Stadt zu leben und nicht auf dem Land. Hier finde ich nämlich viel leichter mein Futter. Auf dem Land gibt es

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BIENENSEITEN

dagegen nur in der Frühtrachtzeit auf den Feldern der Landwirt*innen reichlich Nahrung, in der Stadt ist das Angebot sehr viel vielfältiger, da in den Gärten, den Parks und auf den Wegen zu jeder Zeit viele Blumen wachsen und blühen. Jedoch werden die meisten meiner Freundinnen und ich erst richtig losfliegen, wenn die Gärten wieder bunter werden, alles blüht und die Sonne auch öfter scheint. Man glaubt es kaum, aber schon Mitte Mai können wir die erste Abschleuderung des bis dato entstandenen Honigs erleben. Insgesamt werden von uns etwa 50 – 60 Kilogramm Honig produziert. Wir, die „Theaterbienen“, hoffen natürlich, dass die Besucher*innen des Theaters unseren Honig ab Herbst auch fleißig probieren und genießen. Leider kann ich aber noch nicht sagen, wie der Honig am Ende schmeckt. Das hängt ganz davon ab, wo meine Kolleginnen und ich uns gerne aufhalten und die Pollen aufsammeln werden. Zieht es mich eher in den Wald, wird der Honig etwas kräftiger und würziger schmecken und bekommt eine dunklere Farbe. Wo es mich hier in Oldenburg hintreibt, entscheide ich spontan, je nach Angebot und wo ich mich wohlfühle. Jeder Honig wird also ganz einzigartig und eine Überraschung für jede*n von uns. Ungefähr bis Juni finden wir noch genügend Futter in der Natur. Von da an müssen wir dann zusätzlich mit Zucker-

wasser gefüttert werden, um unseren Bedarf zu decken. Dafür wird dann Frau Heuer, unsere Imkerin, sorgen. Gerne würde ich schließlich diesen Bericht nutzen, um noch einen Mythos zu widerlegen: Ich bin nicht diejenige, die sich auf das Nutellabrot der Oldenburger*innen setzt, die im Sommer gerne im Garten frühstücken möchten. Ich störe auch nicht die gemütlichen Grillabende. Das sind nur die Wespen und Fliegen, mir ist das alles wirklich nicht süß genug. Ich steche auch nicht gern zu. Lässt man mich also in Ruhe auf den Blüten, den Bäumen und in der Natur arbeiten, störe ich auch die anderen in ihren Lebensräumen nicht, versprochen. Das Staatstheater heißt die neuen Mitarbeiter*innen herzlich willkommen und freut sich auf den Honig, den es ab Herbst im Theatercafé zu kaufen geben wird! Lilian Schepermann

Hobbyimkerin Dörthe Heuer kontrolliert die Bienenvölker auf dem Dach des Staatstheaters.

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JUNGESEITEN

DAS THEATERPÄDAGOGISCHE NETZWERK IN OLDENBURG STELLT SICH VOR Bald ist es wieder soweit. Die Jugendtheatertage (JTT) starten am 22.06.19, und bis zum 28.06.19 zeigen Jugendtheatergruppen ihre aktuellen Inszenierungen, nehmen an Workshops teil, diskutieren über Gesehenes und feiern zusammen. Das Festival wird ausgerichtet vom Theaterpädagogischen Netzwerk. Doch was ist das überhaupt? Welche Menschen verbergen sich dahinter? Warum treffen sie sich regelmäßig? Und was sind ihre Aufgaben? Lea Schreiber hat nachgefragt. Wie lange gehört ihr schon zum Theaterpädagogischen Netzwerk Oldenburg? Hanna Puka: Von Beginn an, ich gehöre zusammen mit Jörg Kowollik und Uwe Fischer zum Gründungsteam. Als ich in der Spielzeit 06/07 als erste Theaterpädagogin am Oldenburgischen Staatstheater engagiert wurde, war mir von Anfang an klar, dass ich mit anderen Institutionen und freischaffenden Theaterpädagog*innen zusammenarbeiten wollte. Was kann schon eine einzelne Person im Vergleich zu einem ganzen Netzwerk von engagierten Menschen erreichen? Jörg Kowollik: Wir haben das Netzwerk dann 2008 gegründet. Im Jahr 2009 starteten die ersten Jugendtheatertage als Nachfolgeeinrichtung der Schultheatertage. Bodo Rode: Ich gehöre seit September 2015 dazu. Dario Köster: Ich bin erst seit der Spielzeit 18/19 Teil des Theaterpädagogischen Netzwerks. Bevor ich am Oldenburgischen Staatstheater als Theaterpädagoge angefangen habe, wusste ich nicht, dass es ein Netzwerk gibt. Das hat mich echt begeistert. Ich find’s ja sehr gut, dass wir zusammen Projekte/Veranstaltungen/Feste organisieren. Was bringt ihr mit ein? (persönlich und/oder als Institution) HP: Ich bin überzeugt von der theaterpädagogischen Arbeit mit (jungen) Menschen und deren besonderer Wirkung für die eigene Bildung und Persönlichkeitsentwicklung. Ich liebe es, eigene Theaterstücke gemeinsam mit immer wieder neuen Ensembles zu entwickeln und sich mit verschiedenen Themen auseinander zu setzen. Dabei steht für mich die Begegnung mit Menschen im Vordergrund. Auch ist mir Qualität sehr wichtig, die Inszenierungen mit Jugendlichen nehme ich genauso ernst wie Inszenierungen im Repertoire des Staatstheaters, und ich gebe gerne mein theaterpädagogisches und künstlerisches Handwerk weiter. Ob aus Handwerk Kunst wird, ist dann aber eine weitere, andere Frage.

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DK: Kreativität und eine unersättliche Motivation daran, zu lernen, übers Theater, über meine Mitmenschen, übers Leben. BR: Ich bin freiberuflicher Theaterpädagoge aus dem Verein Jugendkulturarbeit e. V. In diesem Rahmen arbeite ich mit im Theaterpädagogischen Netzwerk. JK: Innerhalb des Vereins Jugendkulturarbeit vertrete ich als Teil der Geschäftsleitung die theaterpädagogische Netzwerkarbeit und kommuniziere in beide Richtungen. Der Verein Jugendkulturarbeit ist Gründungsinstitution der Jugendtheatertage. Im internationalen Projektehaus Weiße Rose 1 wird in der Regel im Herbst der Fachtag des Netzwerkes ausgerichtet, während der Festivaltage wird mindestens ein Theaterstück in der Weißen Rose 1 gezeigt und die Festivalparty „Feierabend“ findet dort auch statt. Uwe Fischer: Zunächst war ich als Studienleiter Kulturelle Bildung mit der Evangelischen Akademie Oldenburg dabei. Seit 2016 bin ich als Dozent für Kulturarbeit im Evangelischen Bildungshaus Rastede tätig. Entsprechend ist jetzt das Evangelische Bildungshaus Rastede Kooperationspartner. Ich begleite den inhaltlichen und organisatorischen Prozess des Netzwerkes und beteilige mich an der Auswahl der Theatergruppen. Was macht diese Zusammenarbeit zu einem Alleinstellungsmerkmal bzw. was ist für euch das Besondere daran? BR: Alleinstellungsmerkmal ist für mich, dass wir es schaffen, mit unserer Kooperation zwischen dem Verein Jugendkulturarbeit, dem Oldenburgischen Staatstheater und dem Bildungshaus Rastede ein wirklich breites Netz theaterpädagogischer Arbeit in der Region Oldenburg zu spannen. Wir schaffen es, verschiedenste junge Menschen zusammenzubringen und Theater erleben und machen zu lassen. JK: Das Theaterpädagogische Netzwerk Oldenburg ist beispielhaft in seiner Kooperation. Der Zusammenschluss der unterschiedlichen Organisationen stärkt die theaterpädagogische Arbeit innerhalb der Gruppen,


JUNGESEITEN

v. l. n. r.: Dario Köster, Uwe Fischer, Hanna Puka, Lea Schreiber, Jörg Kowollik, Bode Rode

schafft Räume für inhaltlichen und persönlichen Austausch der Jugendlichen und der Spielleitungen. Methoden und Arbeitsansätze werden reflektiert und insgesamt wird eine qualitätsvolle Weiterentwicklung aller Beteiligten ermöglicht. HP: Die Kooperation setzt auf Kontinuität und Beständigkeit. Vor allem aber sind fast alle Mitglieder des theaterpädagogischen Netzwerkes künstlerisch tätige Menschen: Wir alle arbeiten als Theaterpädagog*innen und entwickeln jährlich eigene Theaterprojekte. Jede bzw. jeder von uns ist ein Mensch mit Visionen und Idealen – das ist wohl unsere größte Stärke. Das Netzwerk besteht nun schon seit der Spielzeit 08/09, also seit 11 Jahren. Was hat sich im Verlauf der Jahre verändert? HP: In den vielen Jahren sind die Jugendtheatertage stetig gewachsen und wurden zur Plattform für junges Theater im Nordwesten. Wir konnten die Jugendtheatertage von drei Tagen auf sieben Tage verlängern und haben es geschafft, dass das Festival nicht nur die Bühne für junges Theater öffnet, sondern dass sich die teilnehmenden Jugendlichen und Spielleiter*innen im Rahmen eines Workshopprogramms auch untereinander austauschen und voneinander lernen. Mittlerweile sind die Jugendtheatergruppen der Stadt eng miteinander verbunden.

UF: Im Sinne der Partizipation sind die Jugendlichen immer mehr in den Fokus gerückt (siehe Jugendkonferenz 2018). JK: Die Kooperation zwischen den beteiligten Partnerinstitutionen ist intensiver geworden. Die Oldenburgische Landschaft konnte als fester Kooperationspartner gewonnen werden. Inzwischen gibt es jahresbezogene inhaltliche Ausrichtungen und z. T. sehr intensive gruppenübergreifende Austauschprogramme (Workshops, Theaterbesuche, Gruppenbesuche, gemeinsame Theatertage). Welche Einflüsse hat die Netzwerkarbeit auf die Stadt Oldenburg? Und umgekehrt — welche Einflüsse hat die Stadt auf das Netzwerk? BR: Auf den Jugendtheatertagen 2017 hatte ich ein kurzes Schlüsselerlebnis. Ich sah bei unserem sogenannten „Feierabend“, wie viele Jugendliche aus unterschiedlichen Theatergruppen gemeinsam voller Freude den Abend verbrachten. Das waren einerseits Jugendliche, die seit Jahren in den Theatergruppen der Stadt unterwegs sind, aber auch neue Jugendliche, die die Jugendtheatertage zum ersten Mal erlebten. Was ich sah: eine starke Theaterjugend Oldenburg, die mit Begeisterung auch ganz neue Menschen zusammenbringt.

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JUNGESEITEN

UF: Nicht ohne Grund sind der Präventionsrat in Oldenburg und die Oldenburgische Landschaft in den letzten Jahren verlässliche Förderer und Partner unserer Arbeit gewesen. Die Anerkennung und Wahrnehmung der Jugendtheatertage durch die Stadt Oldenburg stärkt unsere Motivation die Arbeit fortzusetzen und weiter zu entwickeln. Was ist euer persönliches Highlight aus der gemeinsamen Arbeit? BR: Mein Highlight ist meistens der eben angesprochene „Feierabend“. Wenn der Donnerstag der Festivalwoche gekommen ist, ist die organisatorische Arbeit, die Begleitung der Jugendtheatertage und die Anspannung bei uns im Team meistens fast verflogen. Wenn man dann mit den Kolleg*innen den Jugendlichen bei der Open Stage zuschauen kann, darf man sich immer ein bisschen auf die Schulter klopfen, denn das Jahr ist geschafft, die Arbeit ist anscheinend gut. UF: Die Umsetzung und die Elemente des Themas 2018, „Theater und Geschichte – Erinnerung, Verantwortung“ hat mich sehr überzeugt. Die Exkursion zu einem historischen Theaterort der Region, „Stedingsehre“, der Theaterpädagogische Tag und der Jugendkongress zum Thema „Zukunft“ waren gelungene Möglichkeiten, Jugendliche zu sensibilisieren und im Sinne von Demokratie zu stärken, Teilhabe zu ermöglichen. DK: Ich bin ja noch nicht so lange mit dabei. Also, was mir jetzt spontan einfällt, ist die Theaterpädagogische Fachtagung. Die haben wir alle gemeinsam organisiert und das hat schon Spaß gemacht. Ich finde, dass wir sehr gut zusammengearbeitet haben. Wenn ihr an die Jugendtheatertage denkt — gilt für euch „Denk ich an die JTT in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht“? UF: Nein, gewiss nicht! Selten habe ich ein so gut funktionierendes, professionell arbeitendes Team erlebt. Die wertschätzende Zusammenarbeit macht einfach Spaß. Und im Schlaf habe ich eher angenehme Träume voller Erwartung auf eine wunderbare Festivalwoche. HP: Mit den Jugendtheatertagen verbinde ich eine tolle, lebendige, anstrengende und vielfältige Woche im Sommer. Ich selbst bringe meinen Jugendclub zum Abschluss und eröffne mit den Premieren das Festival, und zum anderen organisiere ich im Team mit den anderen alles, was so ansteht. Wir haben tolle Gespräche, feiern gemeinsam und lernen neue Theatergruppen der Region kennen. Unvergessen bleibt dabei einmal ein heftiges Gewitter 20

über der Exerzierhalle, wie ich es nie zuvor erlebt habe: Sowohl während der Vorstellung als auch nach der Vorstellung gewitterte und donnerte es so stark, dass kaum einer mehr ein Wort verstand. Nach der Vorstellung waren alle gezwungen, das Gewitter mit anschließendem Regenguss abzuwarten … wir haben dann einfach alle getanzt und viel gelacht … das war ein toller Moment, eine tolle Begegnung. JK: Die gute kooperative und verlässliche Teamarbeit schafft Vertrauen und trägt dazu bei, die jährlichen großen Herausforderungen der Organisation gelassen anzugehen. DK: (Lacht) Also eigentlich kann ich immer gut schlafen. Wobei ich schon aufgeregt bin, ist ja für mich das erste Mal, dass ich die JTT mitorganisiere. Ich bin schon gespannt darauf zu sehen, was die anderen Gruppen so erarbeitet haben. Wie viele Personen haben durch das Netzwerk direkt oder indirekt Zugang zu Theater und Theaterspiel bekommen? BR: Da müsste ich mal rechnen und ich als ehemaliger Physikstudent mag ja Formeln: Anzahl der teilnehmenden Gruppen x Anzahl der Teilnehmenden in den Gruppen x 5 [1 Freund*in, ein Familienmitglied, ein*e Unbekannt*e und eine Dunkelziffer] x Anzahl der stattgefundenen Jugendtheatertage – das macht einen direkten Zugang von 13.500 Menschen. Nehmen wir indirekt an, dass diese 13.500 Personen nun jeweils noch zwei Personen von diesem Erlebnis erzählen, landen wir bei einer Reichweite von 40.500 Personen. Wie seid ihr zum ersten Mal mit Theater in Berührung gekommen? JK: Zu Hause haben wir eine Verkleidungskiste gehabt und immer wieder kleine Aufführungen gemacht. Dann im Krippenspiel, dann Fantasy-Rollenspiele und dann im DS*-Kurs. HP: Ich hatte das Glück, das Theater über mein Elternhaus kennen zu lernen, meine Eltern besuchten mit mir Theatervorstellungen, Konzerte und Ballettvorführungen. Und natürlich habe ich dann zum ersten Mal in der Grundschule Theater gespielt, ich habe nur noch in Erinnerung, dass ich irgendein Tier verkörpert habe. Richtig geflasht war ich dann während meines Studiums der Szenischen Künste.

*DS = Darstellendes Spiel


JUNGESEITEN

BR: Also Theater gespielt habe ich eigentlich von Klasse 1 an bis zur Klasse 13. Aber mein initiales Erlebnis, welches mich im Nachhinein nie wieder losgelassen hat vom Theater, war 2006 die Inszenierung ‚Hedda Gabler‘ an der Schaubühne Berlin, die ich auf unserer Theaterfahrt vom Gymnasium Westerstede gesehen habe. Das Theater sowas kann, was ich da gesehen habe, das hat mich gefesselt. UF: Ich durfte in der dritten Klasse den Hasen bei ‚Hase und Igel‘ spielen. Das Theaterstück erlebte die Premiere beim Sommerfest der Volkschule Ohmstede. DK: Ich bin in Bremen aufgewachsen und habe dort bei den Jungen Akteuren angefangen Theater zu spielen. Wir hatten eine Menge Spaß, und wenn es dann zur Aufführung kommt, ist man schon ziemlich stolz. Die Erfahrungen haben sicherlich dazu beigetragen, dass ich nun selbst an einem Theater arbeite. Menschen fürs Theaterspielen zu begeistern macht Freude und gibt einem ein gutes Gefühl. Welche „Wunschträume“ habt ihr für die Netzwerkarbeit in der Zukunft? UF: Die Jugendtheatertage dürften zwischendurch auch mal internationaler werden. Und eine Verlängerung um zwei bis drei Tage könnte ich mir auch gut vorstellen. An-

sonsten heißt es: Weiter offen für Veränderungen bleiben und möglichst vielen Jugendlichen dieses Forum bieten. HP: Ja, gerade in heutigen Zeiten. Wie machen Jugendliche in Afrika, Frankreich, Israel, Albanien usw. Theater? Was können wir voneinander lernen? Und wie können wir gemeinsam zu Welt-Gestalter*innen werden? BR: Und wenn man nicht jedes Jahr akribisch für die Finanzierung sorgen müsste, sondern die Jugendtheatertage auf Jahre „abgesichert“ wären, das fänd ich super. JK: Wenn wir eine ausreichende und verlässliche Förderung hätten, könnten wir uns noch mehr auf die Inhalte und Formate konzentrieren. Vielen Dank für das Interview und für eure offenen und auch persönlichen Antworten. Das Interview führte Lea Schreiber

JUGENDTHEATERTAGE

Eine Veranstaltung des Theaterpädagogischen Netzwerkes Oldenburg 22. — 28. Juni 2019, Exerzierhalle, Kulturetage, Internationales Jugendprojektehaus

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22 ‚Le Sacre du Printemps‘, Choreografie Antoine Jully


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NIEDERDEUTSCHESEITEN

PLATT MAAKT — PLATT GEMACHT! Plattdeutsch lernen, Theater spielen und RAP-Songs schreiben — passt das alles unter einen Hut?

Sprachpatin Annemarie Penningroth mit dem Jugendclub Platt’n’Studio 14+

„Liebes Tagebuch“, so beginnt eine der Szenen, die im niederdeutschen Jugendclub von den Jugendlichen selbst geschrieben und entwickelt werden. „Was heißt das auf Plattdeutsch?“, will Florina wissen. Das ist der Moment, wo die Sprachpatin Annemarie Penningroth von der August-Hinrichs-Bühne zum Einsatz kommt. Da es für das Wort „Tagebuch“ keine direkte Entsprechung in der plattdeutschen Sprache gibt, entsteht eine Wortneuschöpfung: „Leevet Dagbook“. „Und wie sage ich auf Platt ,Ich habe gute Laune, wenn ich tanze'?", fragt Franziska. Annemarie Penningroth überträgt ins Plattdeutsche: „Ik heff gode Lunn, wenn ik danzen do.“ „Plattdeutsch geht mir voll ins Herz“, sagt Connor spontan, als die ersten „platt gemachten“ Texte im Jugendclub geübt werden: „Platt geiht mi vull in’ t Hart.“ Leona erzählt: „Ich habe so lange kein Platt mehr gehört. Ich denke da immer an meine Oma.“ Hier im Jugendclub wird zweisprachig gearbeitet. Es entstehen Theaterszenen und RAP-Songs, die alle aus der Feder der teilnehmenden Jugendlichen stammen. Ein erster Auftritt auf dem Plattart-Festival im März 2019 war ein voller Erfolg.

überzeugt. „Nur durch positives Bestärken können wir junge Leute als Nachwuchs für die niederdeutsche Sprache und die Bühne gewinnen. Ich selbst habe für das Theaterspielen auch erst Niederdeutsch lernen müssen. Es verändert sich eben alles. Wir spielen heute ja auch ganz anders Theater als früher. Und das ist auch gut so.“ Dorothee Hollender

Auftritt des niederdeutschen Jugendclubs auf dem PlattArtFestival 2019 im Oldenburgischen Staatstheater

Platt’n’Studio 14+

R(h)APSODIE — Out of the box Jugendtheatertage

„Die plattdeutsche Sprache können wir am besten spielerisch vermitteln.“ Davon ist Annemarie Penningroth 24

22., 30. Juni, 03. Juli 2019, jew. 18.00 Uhr 02. Juli 2019, 19.30 Uhr, Exerzierhalle


NIEDERDEUTSCHESEITEN

In einer kleinen Rolle muss man ein großer Künstler sein, um gesehen zu werden. August Strindberg

Oder man hat die richtige Werbeagentur. www.feinrot.de

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OPERNSEITEN

SOMMERNACHTSTRAUM MIT OBERON Während im Probengebäude die Vorproben zur ,Götterdämmerung‘ — dem feurigen Finale der ‚Ring‘-Tetralogie — laufen, treibt der Nibelung Alberich in Gestalt des Elfenkönigs Oberon auch in einer Oper am Klavier und einem Sinfoniekonzert sein (Un-)Wesen. Der im hohen Mittelalter erstmals in europäischen Sagenkreisen auftauchende Alberich alias Oberon erwies sich schon früh als gespaltene Persönlichkeit: Während die germanische Mythologie den zwielichtigen Zwergenkönig Alberich als fluchenden Hüter des Nibelungenhortes manifestierte, mauserte sich die Gestalt in der romanischen Welt zum freundlichen christlichen Elfenkönig Auberon. Dort bestand auch keinerlei Zweifel über seine entsprechend edle Herkunft: Seine Eltern waren keine Geringeren als Cäsar und die Fee Morgana, die einander am Hofe König Artus’ begegnet sein sollen. (In der Sagenwelt gehorcht bekanntlich auch die Zeit eigenen Gesetzen …). Die Geschichte des französischen Auberon ist schon früh mit dem Schicksal eines gewissen Huon von Bordeaux eng verknüpft. Der erschlug versehentlich einen Sohn König Karls des Kahlen und wurde mit einer schweren Buße belegt: In Bagdad sollte er dem Emir einige Barthaare und Backenzähne abnehmen, dessen Tochter küssen und einen vornehmen Sarazenen erschlagen – drei Aufgaben, die offenbar im Rahmen der Kreuzrittermentalität als gottgefällig galten und nur dank der Hilfe des in magischen Dingen bewanderten Elfenkönigs zu bewältigen waren. Nachdem Auberon also schon früh problemlos zwischen Orient und Okzident umherschweifte, erweiterte er im 16. Jahrhundert seinen Dunstkreis auch bis nach England, wo er die Feenkönigin Titania zur Frau nahm und dergestalt – als Oberon – zu einer führenden Figur in Shakespeares ‚Sommernachtstraum‘ wurde.

kongenial und beeinträchtigte Webers Arbeit bereits dadurch, dass der Komponist die zu vertonenden Texte nur häppchenweise erhielt und kaum Gelegenheit hatte, das große Ganze künstlerisch zu überdenken. Und auch Planché selbst fehlte offenbar der dramaturgische Überblick: Bis heute wird vor allem dem Libretto die Schuld am langjährigen Misserfolg der 1826 uraufgeführten Oper zugeschrieben, der eigentlich erst endete, als man begann, Webers großartige Musik vom Text zu lösen. Dieses Vorgehen gipfelte u. a. 2005 in einer Londoner Produktion unter John Eliot Gardiner, die auf jegliche Dialoge verzichtete und die Musiknummern durch einen Erzähler zu einer spannenden Geschichte verband. Auf diese Weise präsentieren wir Webers Meisterwerk auch in unserer Reihe ‚Oper am Klavier‘, indem wir die Musiknummern durch Erzählung verknüpfen und die Ereignisse etwas komprimieren: Hier nun soll der in Ungnade gefallene Hüon die Tochter des Kalifen von Bagdad namens Rezia küssen und ihren (ungeliebten) Ehemann erschlagen. Aus Pflicht wird Liebe: Hüon und Rezia finden ebenso zueinander wie ihre Diener Fatime und Scherasmin. Als Hüon Rezias Gemahl erschlägt, ist schon schnell Oberons Hilfe vonnöten, der mit seinem Zauberhorn die gesamte Palastgesellschaft erstarren lässt und nur so dem Quartett die Flucht ermöglicht. Hier endet die

Carl Maria von Weber: Oberon Webers letzter Oper liegt ein Versepos von Christoph Martin Wieland aus dem Jahre 1780 zugrunde, das sich einerseits wieder auf die Geschichten um Huon von Bordeaux besinnt, aber auch – schließlich kannte ein gebildeter Literat seinen Shakespeare – Titania einbaut. Das kam vermutlich dem britischen Dramatiker James Planché sehr entgegen, der den Auftrag erhielt, für Weber eine Libretto-Fassung aus Wielands Epos zu erstellen. Auf einen Briten war die Wahl deshalb gefallen, weil Weber seine Romantische Oper für das Londoner Covent Garden schrieb und das Textbuch mithin englischsprachig sein sollte. Leider erwies sich Planchés Arbeit nicht gerade als 26

Während Oberon Zauberkraft einsetzt ...


OPERNSEITEN

Geschichte also glücklich? Nein! Hier geht sie erst richtig los: Die Schiffsreise zurück nach Europa verläuft natürlich nicht so problemlos wie erhofft; nach einer Havarie führt der Weg die vier Liebenden auf eine einsame Insel, zu einem tunesischem Palast, durch Sklaverei, Eifersucht und in höchste Todesgefahr – bis in letzter Minute abermals Oberons Hornruf die Dinge zum Guten wendet – und Hüon von Kaiser Karl wieder in Gnaden aufgenommen wird. Bei alledem hält Oberon die Fäden in der Hand: Er führt per Zauberstab Hüon und Scherasmin nach Bagdad, er lässt das rettende Schiff kentern, bietet Hilfe in letzter Minute – und all das, um seiner Frau Titania zu beweisen, dass es doch noch wahre Liebe und Treue gibt …

Ein Sommernachtstraum Diskussionen über eheliche Grundsatzfragen führen auch Oberon und Titania zu Beginn des Mendelssohn’schen ‚Sommernachtstraums‘, der im letzten Sinfoniekonzert dieser Spielzeit auf dem Programm steht. Ihr Verhältnis ist ziemlich zerrüttet: Sie werfen sich wüste Schimpfworte an den Kopf und diverse außereheliche Liebschaften vor und entzünden ihre jüngste Streiterei an einem indischen Knaben, den Titania vor Oberons Gelüsten schützen möchte. Oberon nutzt nun seine Zauberkraft nicht zum Erkenntnisgewinn oder gar Tugendbeweis, sondern vor allem aus rein fleischlichen Beweggründen: Er sorgt dafür, dass Titania sich in einen Esel verliebt und darüber ganz vergisst, ihm den Jungen vorzuenthalten. Sein Plan geht zunächst auf, doch als die durch Zauberei gestiftete Verwirrung noch weitere Kreise zieht, hält er es für ratsam, die Ordnung der Verhältnisse wieder herzustellen und sich mit seiner Gattin zu versöhnen. Im Sommer eben jenes Jahres 1826, in dem Webers ‚Oberon‘ in London ur- und im Dezember in Leipzig erstaufgeführt wurde, ließ sich auch der 17-jährige Leipziger Felix Mendelssohn von der Lektüre des Shakespeare’schen ‚Sommernachtstraums‘ zur Komposition einer Konzertouvertüre inspirieren, der erst 16 Jahre später auf Wunsch des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. eine ganze Schauspielmusik folgte. Grundlage für die Vertonung war die damals gängige Schlegel-Übersetzung, die Mendelssohn in weiten Teilen mit seiner Musik verflocht. Und so bietet auch unser Sinfoniekonzert nicht nur Musik, sondern in einer eigens eingerichteten Fassung eine musikalisch-dramatische Kurzform des ‚Sommernachtstraums‘, die von Mitgliedern des Opern- und Schauspielensembles präsentiert wird.

Der Nibelung Und was tat Alberich, während sein Alter Ego von Bagdad bis Britannien mit Zauberkraft die Grenzen der Liebe austestete? Der hat seit ‚Siegfried‘, dem dritten Teil von Wagners ‚Ring des Nibelungen‘, seinen nicht minder verschlagenen Sohn Hagen in die Welt gesetzt und damit eine Entwicklung vorangetrieben, die in Oldenburg Ende September ihren Höhepunkt erreicht: Dann wird Hagen hinterrücks Siegfried töten, und die ebenso entrüstete wie weitsichtige Brünnhilde wird kurzentschlossen die Dinge in die Hand nehmen, indem sie die alte, verfluchte Welt auslöscht und den unheilvollen Ring wieder an die Rheintöchter zurückgibt. Mag also Alberich einst noch so sehr die Liebe verflucht haben – sie siegt am Ende auch hier … Stephanie Twiehaus

... baut Alberich auf List und Intrige

OPER AM KLAVIER

OBERON

von Carl Maria von Weber Mitglieder des Opernensembles und Carlos Vázquez am Klavier Moderation — Stephanie Twiehaus 20. Mai 2019, 20.00 Uhr, Kleines Haus 8. SINFONIEKONZERT

EIN SOMMERNACHTSTRAUM Felix Mendelssohn und William Shakespeare

Musikalische Leitung — Vito Cristofaro Mitglieder des Opern- und Schauspielensembles Damenchor des Oldenburgischen Staatstheaters Oldenburgisches Staatsorchester 30. Juni 2019, 11.15 Uhr und 01. Juli 2019, 19.30 Uhr, Großes Haus

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BÜHNENSEITEN

REGION NORDWEST — ERKLÄRUNG DER VIELEN Mit dieser Erklärung wollen die Unterzeichnenden den Zusammenhalt in Kunst und Kultur als Teil der Zivilgesellschaft gegen populistische sowie völkisch-nationale Strömungen deutlich artikulieren. Wir Kunst- und Kulturschaffende setzen mit dieser Erklärung ein gesellschaftspolitisches Signal, das in unsere tägliche Praxis eingreift.

KUNST SCHAFFT EINEN RAUM ZUR VERÄNDERUNG DER WELT Als Aktive der Kulturlandschaft in Deutschland stehen wir nicht über den Dingen, sondern auf einem Boden, von dem aus die größten Staatsverbrechen der Menschheitsgeschichte begangen wurden. Kunst wurde als „entartet“ diffamiert und Kultur flächendeckend zu Propagandazwecken missbraucht. Millionen Menschen wurden ermordet oder gingen ins Exil, unter ihnen auch viele Künstler*innen. Als Kulturschaffende in Deutschland tragen wir deshalb eine besondere Verantwortung. Heute begreifen wir die Kunst- und Kultureinrichtungen als offene Räume, die Vielen gehören. Unsere Gesellschaft ist plural. Viele unterschiedliche Interessen treffen aufeinander und finden sich oft im Dazwischen. Demokratie muss täglich neu verhandelt werden – aber immer unter einer Voraussetzung: Es geht um Alle, um jede*n Einzelne*n als Wesen der vielen Möglichkeiten! Der rechte Populismus, der die Kultureinrichtungen als Akteure dieser gesellschaftlichen Vision angreift, steht der Kunst der Vielen feindselig gegenüber. Rechte und nationalistische Gruppierungen und Parteien stören Veranstaltungen, wollen in Spielpläne und Programme eingreifen, polemisieren gegen die Freiheit der Kunst und arbeiten an einer Renationalisierung der Kultur. Ihr verächtlicher Umgang mit Menschen auf der Flucht, mit engagierten Kulturschaffenden, mit Andersdenkenden verrät, wie sie mit der Gesellschaft beabsichtigen umzugehen, sobald sich die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten verändern würden. Wir als Unterzeichnende

der Kunst- und Kultureinrichtungen der Region Nordwest, ihrer Interessensverbände und freien Kunst- und Kulturschaffenden begegnen diesen Absichten mit einer klaren Haltung: Die Unterzeichnenden führen den offenen, aufklärenden, kritischen Dialog über Strategien, die die Gesellschaft der Vielen angreifen und dadurch die demokratischen Grundwerte untergraben. Sie gestalten diesen Dialog mit Mitwirkenden und dem Publikum in der Überzeugung, dass die beteiligten Institutionen den Auftrag haben, unsere Gesellschaft als eine demokratische fortzuentwickeln. Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung sind Alltag. Wir setzen uns deswegen mit den eigenen Strukturen auseinander und stellen diese zur Diskussion. Wir, die Unterzeichnenden, fördern im Sinne der Demokratie Debatten, bieten aber keine Foren für völkischnationalistische Propaganda. Wir, die Unterzeichnenden, wehren die Versuche der Rechtspopulist*innen ab, Kultur für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Wir, die Unterzeichnenden, solidarisieren uns mit Menschen, die durch rechte Ideologien ausgegrenzt und bedroht werden.

SOLIDARITÄT STATT PRIVILEGIEN. ES GEHT UM ALLE. DIE KUNST BLEIBT FREI! REGION NORDWEST — ERKLÄRUNG DER VIELEN Kontakt über Gesine Geppert gesine.geppert@staatstheater-ol.niedesachsen.de

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BÜHNENSEITEN Liste der Erstunterzeichner*innen: ARBEITSBEREICH INTERKULTURELLE BILDUNG (ABIB) UNIVERSITÄT BREMEN • Prof. Dr. Yasemin Karakasoglu (Leiterin) ARBEITSKREIS GEDENKEN DER STADT NIENBURG • Thomas Gatter / Andrzej Bojarsk / Conny Kramer ASTA DER CARL VON OSSIETZKY UNIVERSITÄT OLDENBURG • Maximilian Schulz (Stellvertr. f. d. Allgem. Studierendenausschuss) AUGUST-HINRICHS-BÜHNE AM OLDENBURGISCHEN STAATSTHEATER E.V. • Petra Bohlen (Bühnenleiterin) BAU_WERK. OLDENBURGER FORUM FÜR BAUKULTUR • Dr.-Ing. Frank Pantel (1. Vorsitzender), Dipl.-Ing. Rainer Heimsch (2. Vorsitzender) BLAUSCHIMMEL ATELIER E.V. • Theresa Ehmen (Vorstand) / Bo Howell (Vorstand) / Jessica Leffers (Geschäftsführung) CENTER FOR MIGRATION, EDUCATION AND CULTURAL STUDIES, CARL VON OSSIETZKY UNIVERSITÄT OLDENBURG • Prof. Dr. Paul Mecheril (Direktor des CMC) CINE K GBR • Team CSD NORDWEST E. V. • Vorstand DERMÄDCHEN&DASJUNGE • Friederike Mondry / Jens Meier DEUTSCHER TONKÜNSTLERVERBAND - REGION NORDWEST • Irmgard Asimont ENSEMBLE ARTISTIQUE GRAND-Z • Jacques Zamblé FRAUEN- UND MENSCHENRECHTE-AKTIV • Marita Blessing GDBA LOKALVERBAND OLDENBURG • Marne Ahrens / Volker Röhnert GESELLSCHAFT FÜR ZEITGENÖSSISCHE KUNST OSNABRÜCK E.V. – HASE29 GLOBALE - FESTIVAL FÜR GRENZÜBERSCHREITENDE LITERATUR • Libuse Cerna (Festivalleiterin) JUGENDKULTURARBEIT E. V. OLDENBURG KARL AUA KOLLEKTIV • Jan Heyken Frerichs / Jannik Kirchner / Simon Fischer KLANGPOL - NETZWERK NEUE MUSIK NORDWEST • Eckart Beinke (Kuratoriumssprecher) / Annabelle Köhler (stellvertretende Kuratoriumssprecherin) KOBE E. V. • Dipl.-Ing. Rainer Heimsch (1. Vorsitzender) / Dr.-Ing. Johann Zimmer (2. Vorsitzender) KREISVOLKSHOCHSCHULEN AURICH-NORDEN (EIGENBETRIEB) • Andreas Epple KULTUR NORD • Uwe Schwettmann KULTURETAGE GGMBH • Team KULTURZENTRUM SEEFELDER MÜHLE E.V. • Cornelia Iber-Rebentisch (Vorstand) / Gesche Gloystein (Geschäftsführung) KUNSTSCHULE ZINNOBER DER STADT PAPENBURG • Petra Wendholz (Leitung) / Dr. Viola Tallowitz-Scharf

(Stellvertr. Leitung) KVHS NORDEN GGMBH • Irina Eifert KVHS AURICH GGMBH • Günter Fahle LANDESBÜHNE NIEDERSACHSEN NORD GMBH • Olaf Strieb (Intendant und Geschäftsführer) / Torben Schumacher (Verwaltungsdirektor) LOKALSENDER OLDENBURG E. V. • Wiebke Schneidewind (Geschäftsführerin Lokalsender Oldenburg e. V. (Oldenburg Eins)) LOKALSENDER OLDENBURG EINS, PROJEKT RADIO GLOBALE • Dörthe Bührmann MEDIENBÜRO OLDENBURG E. V. • Team NIEDERDEUTSCHE BÜHNE WATERKANT, BREMERHAVEN E. V. • Meike Wiemken (stellv. Bühnenleiterin) NIEDERDEUTSCHER BÜHNENBUND NIEDERSACHSEN UND BREMEN E. V. • Präsident Arnold Preuß (Präsident) / Herwig Dust (Vizepräsident und Leiter der Geschäftsstelle) OLDENBURG TOURISMUS UND MARKETING • Silke Fennemann OLDENBURGISCHES STAATSTHEATER • Christian Firmbach (Generalintendant) / Peter Hailer (Schauspieldirektor) / Gesine Geppert (Leiterin Sparte 7) RADIO RIO OLDENBURG • Christian Lohmann (Ltd. Redakteur) SCHWARZSEHER GMBH • Amon Thein / Diana Weilepp / Markus Blumenthal THEATER AM MEER – NIEDERDEUTSCHE BÜHNE WILHELMSHAVEN E. V. • Arnold Preuß (Theaterleiter, Vorstandsvorsitzender) THEATER IN OHZ – SCHARMBECKER SPEELDEEL • Astrid Gries (Theaterleiterin) / Tina Stelljes (stellv. Theaterleiterin) THEATER LABORATORIUM / LIMONADENFABRIK Esther Vorwerk / Beatrice Bader THEATER UNIKUM • Jürgen Boese (Kulturreferent Studentenwerk Oldenburg) THEATER WREDE + • Marga Koop / Mareike Urfels / Winfried Wrede UMBAUBAR – BERND FEEKEN PROJEKTBAU • Bernd Feeken VOLKSHOCHSCHULE OLDENBURG E. V. • Andreas Gögel (Geschäftsführender Vorstand) VOLKSHOCHSCHULE UND MUSIKSCHULE FRIESLAND-WITTMUND GGMBH • Heike Horn WERKSCHULE – WERKSTATT FÜR KUNST UND KULTURARBEIT E. V. • Wolfgang Heppner WERKSTATT ZUKUNFT • Canan Barski / Andreas Büttner / Barthel Pester KULTURSCHAFFENDE: • Irmgard Asimont (Flötistin) • Bi-Z (Künstler) • Uwe Fischer (Theaterpädagoge) • Thomas Gatter (Autor)

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BÜHNENSEITEN

WISSEN SIE EIGENTLICH ...? Das Oldenburgische Staatstheater bietet viele Services rund um Ihren Theaterbesuch. Starten Sie bestens informiert in die neue Spielzeit!

THEATERFAHRTEN FÜR GRUPPEN AUS DER REGION — BEQUEMER GEHT ES NICHT! In vielen Orten des Oldenburger Umlands gibt es Abonnementgruppen, die regelmäßig gemeinsam mit dem Bus zum Oldenburgischen Staatstheater fahren. Neben den allgemeinen Vorzügen eines Abonnements bietet Ihnen der Theaterbesuch in der Gruppe weitere Vorteile: Sie haben eigene Ansprechpartner*innen, die sich vor Ort um Sie kümmern. Die Anreise findet bequem mit dem Bus statt. Während der Fahrt erhalten Sie eine Stückeinführung über das Audiosystem im Bus. Neue Mitfahrer*innen sind immer herzlich willkommen. Informationen und Kontakte zu bestehenden Abonnementgruppen in der Region erhalten Sie bei unserem Besucherservice. Wir sind stets auf der Suche nach weiteren Theaterbegeisterten, die in ihrem Heimatort mit unserer Unterstützung eine neue Theatergruppe gründen möchten. Als Dankeschön für ihre Mühen erhalten Gruppen-Leiter*innen ein Freiabonnement. Aktuell wird für die Theatergruppe aus Wiesmoor eine Regionalleitung gesucht! Bei Interesse wenden Sie sich bitte an: Kontakt Ulrike Steenemann Tel 0441. 2225-500 ulrike.steenemann@ staatstheater-ol.niedersachsen.de

THEATER MIT GENUSS Sie planen eine besondere Gruppenfahrt oder möchten anlässlich eines Geburtstages, einer Firmenfeier oder eines Jubiläums Ihrem Theaterbesuch einen besonderen Rahmen geben? Wir inszenieren für Sie und Ihre Gäste Ihre individuelle Feierlichkeit! Unser Gastronomie-Team stellt für Sie die passenden Speisen und Getränke zusammen und begleitet den Abend mit erstklassigem Service. Unter dem Motto „Theater mit Genuss“ sorgen wir für eine entspannte Atmosphäre und kümmern uns um alles, was notwendig ist, damit Ihr Theaterabend zu einem 30

besonderen Erlebnis wird. Ein entsprechendes Angebot erstellt Ihnen gerne unsere Theatergastronomie. Kontakt Susanne Diekmann Tel 0441. 2225-251 susanne.diekmann@ staatstheater-ol.niedersachsen.de

MOBILECONNECT Zur Hörunterstützung für Menschen mit und ohne Hörgerät bieten wir ab der Spielzeit 19/20 im Großen und Kleinen Haus die Streaming-Technologie von Sennheiser an. Diese können Sie mit der kostenlosen MobileConnectApp nutzen, entweder mit Ihrem eigenen Endgerät oder mit einem unserer Leihgeräte. Die Technologie ist kompatibel mit Hörgeräten, Cochlea-Implantaten oder Ihren eigenen Kopfhörern. Eine Kurzanleitung zur Nutzung von MobileConnect finden Sie unter www.staatstheater.de sowie beim Gästeservice vor Ort. Dieser stellt auch eine Anzahl Leihgeräte, Kopfhörer und persönliche Induktionsschleifen gegen Pfand zur Verfügung.

EIN ABONNEMENT — VIELE MÖGLICHKEITEN Ihre Vorteile als Abonnent*in Sie möchten gerne regelmäßig zu uns kommen, interessieren sich für eine Sparte besonders, möchten auf keinen Fall etwas verpassen oder einfach bequem auf immer demselben Platz sitzen? Nichts leichter als das: Sie haben die Wahl! Und viele weitere Vorteile … • Preisvorteil bis zu 20 % gegenüber dem regulären Ein­t rittspreis • Abo-Kartenversand nach Hause • feste Plätze und Termine • bis zu viermal die Möglichkeit zum Vorstellungstausch (1,50 € Tauschgebühr) • Vergünstigungen in weiteren deutschen Theatern • Vorkaufsrecht für ausgesuchte Veranstaltungen (vgl. Infokasten unter Vorverkauf )


BÜHNENSEITEN

Bonus für Abonnent*innen Sie können über Ihr Abonnement hinaus einmalig zwei Gutscheine für Vorstellungen des Staatstheaters zum exklusiven Bonus-Tarif erwerben. Ausgenommen sind Sonderveranstaltungen und Gastspiele. Der Bonus-Tarif gilt nicht für Wahlabonnements. Allgemeine Information Alle Abonnements (außer Wahlabonnements) werden verbindlich für eine Spielzeit abgeschlossen und verlängern sich auto­matisch, wenn sie nicht bis zum 31. Mai der laufenden Spielzeit schriftlich gekündigt werden. Ratenzahlung Der Abonnementpreis für das Große und Kleine Abonnement, das Musiktheater-, Schauspiel- und Sonntagnachmittag-Abonnement kann in vier Raten bezahlt werden: 1. Rate: bei Ausgabe des Ausweises 2. Rate: 01. 11. 2019 3. Rate: 02. 01. 2020 4. Rate: 01. 03. 2020

Das Sinfoniekonzert-Abonnement kann in zwei Raten bezahlt werden: 1. Rate: bei Ausgabe des Ausweises 2. Rate: 02. 01. 2020 Abonnementberatung an der Theaterkasse im Foyer des Theaters Theaterwall, 26122 Oldenburg Di  – Fr 10  – 18 Uhr Sa 10 – 14 Uhr Tel 0441. 2225-225 kasse@staatstheater-ol.niedersachsen.de VVK ab 26. April 2019

Bühne frei... für meine

Einrichtungswelt auf 20.000m²

Der Weg lohnt sich in das schöne Ammerland

Druckfehler und Irrtümer vorbehalten!

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Bad Zwischenahn Oldenburg

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Edewecht B4

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SEITENBÜHNE

SKETCH ART — VOM SCHREIBTISCH EINER DRAMATURGIN

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SEITENBÜHNE

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OPERNSEITEN

ERHABENE HÖHEN DES IRRSINNS? Wenn sich im September mit der ‚Götterdämmerung‘ der Oldenburger ‚Ring‘ schließt, wird der kollektive Wortschatz wieder um ein paar weitere — zu Unrecht willkürlich wirkende — Wörter erweitert. Im 1. Sinfoniekonzert hingegen erzählt nur das Orchester die Geschichte vom ‚Ring‘ — ganz ohne Worte.

Richard Wagner 1871

Mit seinem Anspruch, Wort- und Tondichtung als gleichwertige Bestandteile eines Gesamtkunstwerkes zu verbinden, eroberte Richard Wagner musikhistorisches Neuland. Und seine umfangreiche Bibliothek beweist, dass er nicht nur in dichterischer, sondern auch in linguistischer Hinsicht dafür bestens gewappnet war: Seine Dresdner AUSGEWÄHLTE WAGNER-WÖRTER AUS DEM ‚RING‘

bass – gut, sehr gut Huie – eiliger, hastiger Mensch jach – jäh, plötzlich, sofort Klinze – Spalt, kleine Öffnung Mage – Blutsverwandte/r, Mitglied einer Sippschaft selbander – zu zweit, miteinander Stich halten – standhalten, durchhalten traun – fürwahr, in der Tat Wag – bewegtes Wasser Wal – gefallener Krieger auf dem Schlachtfeld 34

Doppelseitiges Bild in der Heftmitte. BU Gotham Bold 6 pt

Privatbibliothek enthielt zahlreiche Dichtungen des germanischen Mittelalters, einschlägige mediävistische und sprachhistorische Untersuchungen, darunter mehrere Ausgaben und Übersetzungen des ,Nibelungenliedes‘ und der Lieder-Edda, Jacob Grimms ,Deutsche Mythologie‘, ,Deutsche Grammatik‘ und ,Geschichte der deutschen Sprache‘ sowie das führende Mittelhochdeutsche Wörterbuch von Adolf Ziemann. Zudem war Wagner Stammgast in der Königlichen Öffentlichen Bibliothek und Abonnent der Zeitschrift für deutsches Alterthum. Er setzte sich also nicht nur (kultur-)historisch, sondern auch linguistisch mit der Vergangenheit auseinander, sodass er ebenso wie in der Handlung seiner Musikdramen auch bei deren Sprache aus einer langen Tradition schöpfen konnte. So wird schnell deutlich, dass Wagner mit seinem oftmals sehr archaisch anmutenden Vokabular – anders als meist vermutet – so gut wie keine Eigenkreationen schuf, sondern fast immer auf altes, längst vergessenes Sprachgut zurückgriff. Viele der Wörter germanischen Ursprungs sind zudem nur aus dem deutschen Sprachgebrauch verschwunden und mit ähnlicher Bedeutung aber noch beispielsweise in der niederländischen Sprache zu finden. Manchmal bediente sich Wagner auch lediglich alter grammatikalischer Formen, wenn er z. B. „pflag“ als – wie im Mittelhochdeutschen üblich – stark gebeugte Vergangenheitsform für „pflegte“ verwendete.

„Sinnliches Gesamtbilde“ Auch der Stabreim, eine Dichtungsform, die Wagner leidenschaftlich betrieb, stieß und stößt immer wieder auf Befremden: Wagner habe ihn „auf der Suche nach dem Gesamtkunstwerk in die erhabenen Höhen des Irrsinns geführt“, hieß es beispielsweise 1975 in der ZEIT. Damit wird man Wagners Ansatz allerdings nicht gerecht, denn auch der Stabreim wurzelt in der Sprachgeschichte: Bis ins 9. Jahrhundert war er die gängige germanische Dichtform, die dann vom romanischen Endvers abgelöst wurde, sich aber in verschiedenen nordischen Epen wie ‚Beowulf‘ oder ‚Edda‘ noch bis ins späte Mittelalter hielt. Wagner maß dem Stabreim zudem eine entscheidende tiefere Bedeutung bei: „Im Stabreime werden die verwandten Sprachwurzeln in der Weise zu einander gefügt,


OPERNSEITEN

Besonders intensiv konsultierte Wagner Werke der Brüder Grimm.

daß sie, wie sie sich dem sinnlichen Gehöre als ähnlich lautend darstellen, auch ähnliche Gegenstände zu einem Gesamtbilde verbinden, in welchem das Gefühl sich zu einem Abschlusse über sie äußern will.“ Wer kann leugnen, dass „garstig glatter glitschiger Glimmer!“ geradezu körperliches Unbehagen hervorruft, während „Winderstürme wichen dem Wonnemond“ eher sinnliches Wohlbefinden bewirkt?

Das Orchester als „Urquell“ Umso interessanter ist der Umstand, dass Richard Wagners Enkel Wieland ein knappes Jahrhundert später dem gesprochenen Wort in den Musikdramen eine eher untergeordnete Bedeutung beimaß: „Im Orchester – da liegt doch das Wesentliche. Das ist der Text unterm Text, das ist das universale Unterbewusstsein, welches die Wagner’schen Figuren untereinander verbindet.“ Für Wieland Wagner war das Orchester der „Urquell“ des Musikdramas. Diese Worte hatte der Dirigent und Komponist Lorin Maazel noch im Ohr, als er 1987 gefragt wurde, ob er sich vorstellen könnte, eine rein instrumentale Fassung des ‚Ring‘ einzuspielen. Auch er sah dessen entscheidende Bedeutung des im Orchester: „Die Orchesterpartitur selbst ist der ,Ring‘, verschlüsselt in einen Klang-Code.“ Und er fragte sich, „ob es wohl gelingen könnte, mittels einer symphonischen Synthese des ‚Rings‘ die wesentlichen Bestandteile seines Klang-Codes aufzuzeigen?“

Mit diesem Vorsatz und in dem Bestreben, so wagnergetreu wie irgend möglich zu bleiben, richtete Maazel die ‚Ring‘-Partitur so für den Konzertsaal ein, dass diese symphonische ‚Ring‘-Synthese nun frei und ohne jede Unterbrechung in chronologischer Reihenfolge von der ersten Note des ,Rheingolds‘ bis zum Schlussakkord der ,Götterdämmerung‘ fließt. Dabei sind die Übergänge harmonisch und periodisch schlüssig. Um diesen Fluss nicht zu hemmen, griff Maazel nur an wenigen Stellen ein: Wagner hatte die Gesangsstimmen oft durch Orchesterinstrumente verdoppelt und gestützt. Wo dies nicht erfolgt war, sich aber als notwendig erwies, deutet Maazel die Gesangspartien durch zusätzliche (die melodischen Linien verdoppelnde) Instrumente an, die einzelnen Personen zugeordnet sind: So steht die Flöte für Sieglinde, die Posaune für Siegmund und Siegfried und die Bassklarinette für Fafner. Doch auch hier gilt: Jede einzelne Note stammt von Wagner. Ob also in fünf Stunden ‚Götterdämmerung‘ oder in 75 Minuten ‚Ring ohne Worte‘: Wagner zeigt sich stets von großer Eloquenz. Stephanie Twiehaus

Der ‚Ring‘ — Wortreich oder ohne Worte

GÖTTERDÄMMERUNG von Richard Wagner

Musikalische Leitung — Hendrik Vestmann Regie — Paul Esterhazy Premiere am 28. September 2019, 17.00 Uhr, Großes Haus

1.SINFONIEKONZERT Richard Wagner: ‚Der Ring ohne Worte‘ Anton Webern: Sommerwind Musikalische Leitung — Hendrik Vestmann 01. September 2019, 18.00 Uhr, Weser-Ems-Hallen

STEFAN MICKISCH LÜFTET GEHEIMNISSE DER ‚GÖTTERDÄMMERUNG‘ 22. September 2019, 11.15 Uhr, Großes Haus

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SEITEN

SCHWARZMARKT FÜR NÜTZLICHES WISSEN UND NICHT-WISSEN LIZENZ© NR. 6 NIEMANDSLAND — MIGRATION UND GRENZARBEIT AN DEN RÄNDERN DER ORDNUNG

Was haben Jochen Schimmang (Autor), Daniela Raabe-Driesen (Gebärdensprachdolmetscherin), Hendrik Simon (Seenotretter), Dr. Rami Chahin (Komponist), Nadja Köppen (Kapitänin), Prof. Dr. Christiane Brors (Rechtswissenschaftlerin), Dr. Dorothe Poggel (Neuropsychologin), Manik Chander (feierliche Aktivistin), Aisha Abo-Mostafa (Filmregisseurin und Autorin), Said Tirai (bildender Künstler), Dr. Kea Wieland (Bildwissenschaftlerin), Ilir Tsouko (Dokumentarfotograf) und Jennifer Tadge (Ethnologin) gemeinsam? Sie und 59 andere Expert*innen reden über ihren Bezug zum Thema „Niemandsland – Migration und Grenzarbeit an den Rändern der Ordnung“ auf dem ,Schwarzmarkt für Nützliches Wissen und Nicht-Wissen‘ am 24. Mai ab 18 Uhr in der Exerzierhalle. „Das ist ja wie Speed-Dating für Wissen“ ist wohl die häufigste Zuschreibung, die wir in den vergangenen Monaten bei Expert*innen-Interviews hörten. Und da-

Gesprächssituation eines Schwarzmarktes in Wien

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mit liegen sie letztlich nicht falsch: Der ,Schwarzmarkt für Nützliches Wissen und Nicht-Wissen‘ ist ein Wissensvermittlungsformat, das in seiner Form Orte der Wissensaneignung wie Archive, Wikipedia oder Bibliotheken imitiert und diese mit Kommunikationsformen und -situationen, wie sie vom Markt, der Börse oder einem Beratungsgespräch bekannt sind, kombiniert. Das Wissen wird bei jedem Schwarzmarkt im Dialog durch individuelle, je 30-minütige Einzelgespräche angeboten.


SEITEN

Am 24. Mai werden in der Exerzierhalle 72 Expert*innen in 180 Dialogen ihr spezifisches Wissen als Gespräch, Übung oder Nacherzählung in drei Runden anbieten. Das Publikum hat als „Klient*innen“ die Möglichkeit, sich pro Runde eines dieser Gespräche am Check-In-Schalter der Kulturhalle am Pferdemarkt zu kaufen und sich in die mechanisierten Arenen auf den Bühnen der Exerzierhalle zu begeben. Der Rhythmus administrierter Zeit und die eifrigen Hostesses zeigen Ihnen an, wann Sie sich an Ihrem Tisch einzufinden haben. Sobald der Gong ertönt und die Lampen flackern, fließt im Rausch der Simultanität und Kollektivität spezifisches Wissen. Sollten Sie Ihr Wunschgespräch nicht bekommen haben oder zunächst zuhören wollen, können Sie auf der Tribüne Platz nehmen und sich über ausgeteilte Radiosender live übertragene Gespräche anhören. Entwickelt wurde das Konzept der Mobilen Akademie Berlin von der Dramaturgin Hannah Hurtzig. Schwarzmärkte gab es bereits in 21 Städten wie Riga, Paris, Warschau, Berlin, Istanbul und Tel Aviv. Die Stiftung Niedersachsen überträgt das international erprobte Konzept der Schwarzmärkte seit Herbst 2017 auf Niedersachsen und hat durch die Projektleiterin der Stiftung, Dr. Gesa Schönermark, dem Konzept ausrichtenden Oldenburgischen Staatstheater eine der Lizenzen übergeben. Jeder Schwarzmarkt hat einen eigenen Themenschwerpunkt mit lokalen Expert*innen aus unterschiedlichsten Disziplinen und Fachrichtungen, die das Wissen um das spezifische Thema vor Ort repräsentieren. Dementsprechend sind wir froh, mit Prof. Dr. Paul Mecheril und der Diplom-Pädagogin Antonia Kiel von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und dem Center for Migration, Education and Cultural Studies Kooperationspartner*innen gewonnen zu haben, die Expert*innen für die Themen Einwanderungsgesellschaft, Migration und die Migrationsgesellschaft sind. Der Oldenburger Schwarzmarkt zoomt in die Ränder von Ordnungen hinein, wirft ein Licht auf unsere Migrationsgesellschaft und beleuchtet andere Niemandsländer: aus historischer, politischer, religiöser, wirtschaftlicher, rechtlicher, literarischer, philosophischer, künstlerischer, sozialer, zwischenmenschlicher und alltäglicher Perspektive. In den vergangenen Monaten haben sich die Kooperationspartner*innen, die Kuratorinnen Annegret Bauer und Gesine Geppert sowie das Team, bestehend aus Gesche Hambach, Amelie Jansen und Sophie

Östrovsky, in Workshops und vielen Gesprächen intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt, um schließlich den Themenschwerpunkt und den Titel „Niemandsland – Migration und Grenzarbeit an den Rändern der Ordnung“ zu finden. Durch Recherchen und die Auseinandersetzung mit der Stadt und dem thematischen Wissen vor Ort konnten Expert*innen aus verschiedensten Disziplinen und Fachbereichen eingeladen werden. Deren Wissen wird dabei völlig demokratisch betrachtet, Expert*in kann jede*r sein, unabhängig von Ausbildungsgrad, Titel oder Fachbereich. Assoziationsräume wurden eröffnet und rhizomartig ergab sich ein weites Feld an Themen und Kategorien, welches die Kontaktaufnahme mit immer neuen Expert*innen zur Folge hatte. Wir führten Interviews zu der Balkanroute und den Gettos Europas, lernten etwas über das Niemandsland in unserem Hirn, trafen zivile Seenotretter, deren Engagement kriminalisiert wird, führten Gespräche zur Euthanasie in Wehnen und Blankenburg und dazu, dass den Toten ihre Namen zurück gegeben werden müssen, um sie in die Gesellschaft zurück zu holen; wir trafen einen Studenten, der sich auf seiner Flucht nach Schweden in Aurich verliebt hat und lernten etwas über die kolonialen Wurzeln hinter unserer Pathologisierung von „krank“ und „gesund“. Das und noch mehr können Sie sich am 24. Mai am Check-InSchalter buchen oder im Schwarzmarktradio hören. Halten Sie Ausschau nach den gedruckten Faltplänen, auf denen Sie all unsere Themen und Gespräche finden, und freuen Sie sich auf eine unbeschreibliche Bandbreite an Wissen, das Sie an diesem Abend erwerben, anhören und aufnehmen können. Gesine Geppert

SCHWARZMARKT FÜR NÜTZLICHES WISSEN UND NICHT-WISSEN Lizenz Nr. 6: Niemandsland — Migration und Grenzarbeit an den Rändern der Ordnung 24. Mai 2019, 18.00 Uhr, Exerzierhalle

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M E D AUS STÜ

CK

N E L L A F GE

Keine Requisite und kein Kostüm, weder ein Klang noch ein Bühnenbildteil sind hier verloren gegangen. Nein, gleich eine ganze Figur ist aus einem unserer Premierenstücke gefallen. Glückwunsch: Sie haben die Figur gefunden und müssen jetzt nur noch erkennen, um wen es sich hier handelt und in welche Produktion dieser Spielzeit sie zurückgebracht werden muss! Nach dem Knobeln finden Sie die Lösung in der nächsten Ausgabe der Bühnenseiten. Samstag ist mein Geburtstag, dann bin ich endlich volljährig! Es soll ne Party geben, aber dafür muss ich mir Geld schnorren, woher soll ich die ganze Kohle nehmen? Bestimmt nicht aus meinem Nebenjob in der Bäckerei. Ist eh schwarz und mache ich nur für die Familie, ist mir auch egal. Meine Familie nervt echt so krass, meine Mutter drängt mich immer, aber nen Ausbildungsplatz zu finden, ist verdammt schwer, ich schreib nen Haufen Bewerbungen und es nützt ja doch nichts. Sie meint ernsthaft, ich soll die Putze in nem Frisörsalon werden, das könnte ich bestimmt gut. Geht’s noch? Wenn ich abends mit meinen Freundinnen losziehe, muss ich mir ne gute Ausrede einfallen lassen, sonst gibt’s krass Stress mit meinen Eltern. Meine beiden besten Freundinnen sind wie die Schwestern, die ich nie hatte. Mit zwölf haben wir Wodka trinken gelernt, wir kaufen beim Shoppen Kleider mit tiefem Ausschnitt und wollen am Wochenende in die Clubs der Stadt. Leider sind die Türsteher so benebelt, die lassen uns nicht rein. Wir haben so viel Wut in uns und besonders mein ganzes beschissen komisches Leben fühlt sich 38 38

so vergiftet an! Ich hab keine Kohle, schon früher konnte sich meine Freundin was leisten, und ich? Ok, hab ich halt nen Lippenstift aus dem Laden mitgenommen, einfach, um ihn zu besitzen. Sind alle voll ausgerastet, dabei habe ich doch nicht geklaut, hab nur vergessen zu bezahlen … Ich hab jetzt auch nen Freund, den hab ich über Facebook kennengelernt und er hat die blauesten Augen auf der Welt. Gestern hat er mich gefragt ob ich sein „Baby“ sein will. Hoffentlich treffe ich ihn mal in echt und er mag mich auch, davor hab ich echt Schiss. Hier in meiner verpesteten Umgebung habe ich aus der Familie echt nur meine coole Tante, die als einzige locker drauf ist. Aber wenn ich erstmal 18 bin, dann werd ich machen, was ich will, dann ist Schluss mit nach außen immer voll brav sein und alles, was Spaß macht, immer nur heimlich machen, sind ja schließlich meine Menschenrechte. Amelie Jansen

Lösung der letzten Ausgabe: Glass aus ,Die Mitte der Welt‘


PREMIEREN 19/20 OPER — 31.08.2019

VENUS AND ADONIS Masque in drei Akten von John Blow

DIDO AND AENEAS Oper in drei Akten von Henry Purcell Kleines Haus

28.09.2019

GÖTTERDÄMMERUNG

Dritter Tag des Bühnenfestspiels ‚Der Ring des Nibelungen‘ von Richard Wagner Großes Haus

18.10.2019

LA SONNAMBULA

Melodramma in zwei Akten von Vincenzo Bellini konzertant Großes Haus

10.01.2020

MISSION MARS (UA) von Björn SC Deigner Exerzierhalle

29.02.2020 FREIRAUM! Kleines Haus

07.  0 3.2020

FAUST. EINE TRAGÖDIE.

von Johann Wolfgang von Goethe Großes Haus

08.  0 5.2020

ÜBER MEINE LEICHE

Lyrisches Märchen in drei Akten von Antonín Dvořák Großes Haus

05.  0 4.2020 FLIGHT

Oper in drei Akten von Jonathan Dove Großes Haus

FLAUSEN+ BANDEN! Oldenburgisches Staatstheater / Theater Wrede +

BALLET T — 12.10.2019

QUANTUM LEAP (UA) / PIERROT LUNAIRE (UA) / AN DEN UFERN DES SEES (UA) Choreografien von Lester René, Hae-Kyung Lee, Antoine Jully Großes Haus

DER RING DES NIBELUNGEN von Richard Wagner Großes Haus

SCHAUSPIEL — 14.09.2019

DINGE, DIE ICH SICHER WEISS von Andrew Bovell Kleines Haus

03.10.2019 MEDEA

Dramatisches Gedicht frei nach Franz Grillparzer Kleines Haus

23.11.2019

HERR PUNTILA UND SEIN KNECHT MATTI Volksstück von Bertolt Brecht Kleines Haus

16.11.2019

von Finegan Kruckemeyer

ORPHEUS UND DIE ZAUBERHARFE (UA) Kindermusiktheater mit Musik von Gluck, Haydn, Monteverdi und Telemann Spielraum

08.07.2020 Ballett für Kinder

APARTMENT 7A von Alessandra Corti Kleines Haus

JULI2020

JUGENDTHEATERTAGE Exerzierhalle

Großes Haus

28.03.2020

von Hans Balzer

Choreografie von Antoine Jully

ZYKLUS I

Großes Haus

NIEDERDEUTSCHES SCHAUSPIEL — 05.11.2019

Singspiel von Wolfgang Amadeus Mozart

26. 0 6. — 04.07.2020

von Thomas Freyer nach den Gebrüdern Grimm

13.05.2020

25.01.2020

Kleines Haus

DER GESTIEFELTE KATER

Exerzierhalle

07.  0 6.2020

Oper am Klavier: ZAIDE

10.11.2019

Großes Haus

Allianz performativer Künste

RUSALKA

Spielraum

von Ferdinand von Schirach

GOTT

Melodramma in drei Akten von Giuseppe Verdi

15.  0 2.2020

nach dem Roman von Felix Salten

13.  0 5.2020

Kleines Haus

14. – 17.05.2020

Großes Haus

BAMBI. EINE LEBENSGESCHICHTE AUS DEM WALDE.

EINE LACHT, EINE WEINT, EINE BLEIBT IN 20 JAHREN UM DIE WELT

von Stefan Hornbach

07.12.2019

UN BALLO IN MASCHERA

20.10.2019

VANITAS (UA)

OGAMI (UA) /HARMONIC LANGUAGE (WA) /WILD HEARTS (UA)

Choreografien von Guillaume Hulot, Antoine Jully, Jonas Vlerick Kleines Haus

28.05.2020

BALLETT IMPULSIV II/ JURASSIC TRIP (WA)

Repertoire-Highlights der BallettCompagnie Oldenburg und Ausschnitte aus Klassikern der Ballettgeschichte Großes Haus

HEIN GODENWIND Kleines Haus

02.02.2020

DE RUUM-MATEN/ THE ROOMMATE (DE/NDE) von Jen Silverman Kleines Haus

03.04.2020

TEEMLICH BESTE FRÜNNEN/ZIEMLICH BESTE FREUNDE (NDE)

Komödie nach dem gleichnamigen Film von Éric Toledano und Olivier Nakache Kleines Haus

JUNGES STA ATSTHEATER — 06.09.2019 KEINE PANIK! (UA) von Marc Becker Exerzierhalle

SPARTE 7 — 22.02.2020

THE BLACK PERFORMANCE von Bosmos Spielraum

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KINDERSEITE

Finde die Unterschiede Beide Bilder sind gleich? Da muss man schon genauer hinsehen: Findet heraus, welche 10 Fehler sich in Bild Nummer 2 geschlichen haben!

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BÜHNENSEITE

AUSZEIT MIT ... ... Erica Back In der Rolle des Liebesgottes Cupido in Jacques Offenbachs Operette ,Orpheus in der Unterwelt‘ gab Erica Back im Januar 2019 ihr Oldenburg-Debüt – nach nur einer einzigen Bühnenprobe. Erfahrungen mit Sprüngen ins kalte Wasser konnte die Mezzosopranistin bereits während ihrer Studienzeit an der Musikhochschule im nordschwedischen Piteå machen. Dort suchte der bekannte schwedische Bariton Peter Mattei für eine international hochkarätig besetzte Produktion von Mozarts ,Le nozze di Figaro‘ noch eine Sängerin für die Rolle der Barbarina. Die Herausforderung an diesem Projekt: Peter Mattei hatte für die Inszenierung nur drei Tage Probenzeit angesetzt. Erica, die zu diesem Zeitpunkt gar nicht Opernsängerin werden wollte, sondern ihre berufliche Zukunft in der Musikpädagogik sah, bewarb sich aus reiner Neugierde für die Partie und wurde genommen. „Wir hatten zwar nur drei Tage Probenzeit für das Stück, aber in diesen drei Tagen habe ich gelernt und verstanden, was Oper ist. Und ich beschloss, Opernsängerin zu werden. Und jetzt bin ich hier …“ Aufgewachsen ist Erica Back an der finnischen Westküste in der kleinen Gemeinde Närpes, die zu den rund 30 Gemeinden in Finnland zählt, in der die Muttersprache der Bevölkerungsmehrheit nicht Finnisch, sondern

Schwedisch ist. Für ihr Engagement als Mitglied des Opernstudios zog Erica nun im Januar von Finnland nach Oldenburg. Hier ließ ihr ihr voller Terminkalender aber bisher kaum Zeit, die neue Heimat richtig kennenzulernen. Zwischen Vorstellungen von ‚Dead Man Walking‘, szenischen und musikalischen Proben für ‚La clemenza di Tito‘ und die Vorbereitung auf die Produktionen der nächsten Saison ist Freizeit eher Mangelware. In den wenigen freien verbleibenden Stunden lautet die Devise vor allem: Abschalten! Und das kann Erica Back – typisch skandinavisch – am besten draußen in der Natur, z. B. beim Joggen durchs Eversten Holz – oder wie am ersten warmen Frühlingswochenende im April lesend im Schlossgarten. Auf diese Weise erschließt sich Erica Back Oldenburg nun nach und nach … Christina Schmidl

IMPRESSUM Spielzeit 18/19 Herausgeber: Oldenburgisches Staatstheater Generalintendant: Christian Firmbach Redaktion: Dramaturgie und Öffentlichkeitsarbeit Chefredaktion: Dorothee Emsel, Christine Post Bildnachweise: Titelbild — Foto Hans Benn/pixabay.com, Seite 6/7 —Foto Liisa Hirsch: Marije van den Berg, Foto Leonardo Lee: mit freundlicher Genehmigung von Leonardo Lee, Foto Sooyeon Lee: Stephan Walzl, Foto Schwarzmarkt: Dorothee Wimmer (auch S. 36), Motiv TanzBar: Zeichnung: Pia Kleinichen, Foto: Stephan Walzl, S. 9 — Foto Kobie van Rensburg: Kobie van Rensburg, S. 10/11 — Zeichnung: Dorothee Emsel, Typographie Stücktitel & Autor: Menso von Ehrenstein, S. 12 — Foto: Georgios Kolios, S. 14/15 — Foto Alonzo King Lines Ballet: Chris Hardy, Foto Danceworks Chicago: Quinn Wharton, Foto Mavin Khoo: Dolly Brown, Foto Toihaus Salzburg: Ella Grieshaber, Foto Ballett Dortmund: Bettina Stöss, Foto BallettCompagnie Oldenburg: Stephan Walzl, Foto National Dance Company Wales: Rhys Cozens, Foto Christiana Morganti: Claudia Kempf, Foto Groupe Èmile Dubois/Compagnie Jean-Claude Gallotta: Stephanie Para, Foto Dantzaz: Bianca Razquin, Foto Virpi Pahkinen Dance Company: Jose Figueroa, S. 24 — Foto Sprachtraining: André Kozma, Foto PlattArt-Festival: Jörg Hemmen, S. 32/33 — Zeichnung Dorothee Emsel, S. 34 — Foto Richard Wagner: Franz Seraph, S. 41 — Foto Erica Back: Laura Mendelin, S. 42 — Foto Amelie Deuflhard: mit freundlicher Genehmigung von Kampnagel, alle weiteren: Stephan Walzl. (Wir haben uns bemüht, alle Inhaber*innen von Bildrechten zu recherchieren. Sollten Sie als Rechteinhaber*in nicht aufgeführt sein, nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf.) Layout und Satz: Gerlinde Domininghaus, Christine Post Druck: Prull-Druck GmbH & Co. KG, Oldenburg Stand der Drucklegung: 18.04.2019, Änderungen vorbehalten www.staatstheater.de | Theaterkasse 0441. 2225-111

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Kampnagel und die Hamburger Erklärung der Vielen

„ ... EINE AUFMERKSAME SOLIDARGEMEINSCHAFT“ Am 9. November 2018 veröffentlichte eine große Zahl von Kulturinstitutionen in Hamburg — zeitgleich mit Berlin, NRW und Dresden — die Erklärung der Vielen. Seitdem haben sich diverse Städte, Regionen und Bundesländer der Kampagne angeschlossen, so auch die Region Nordwest (s. S. 28). Wir haben Amelie Deuflhard, Künstlerische Leiterin von Kampnagel und Initiatorin der Hamburger Erklärung der Vielen, um ein kurzes Interview gebeten. Was war der Impuls, die Erklärung der Vielen in Hamburg zu initiieren? Amelie Deuflhard: Der erste Impuls war eine Anfrage der Berliner VIELEN, ob ich in Hamburg eine Erklärung der Vielen initiieren und organisieren wolle. Nach Rücksprache mit meinem Team habe ich spontan zugesagt. Die VIELEN sind aus meiner Sicht eine aufmerksame Solidargemeinschaft, die sich für Diversität und für die Freiheit der Kunst einsetzt und jederzeit bei Übergriffen spontan eingreifen kann. Welche Entwicklung haben Sie bezüglich rechtspopulistischer Anfeindungen gegenüber der Kulturlandschaft in Hamburg in den letzten Jahren beobachtet? AD: Es gibt zahlreiche kleine Anfragen im Senat und es gab eine große Senatsaussprache zu den VIELEN. Die AfD versucht mit diesen Anfragen in das kulturelle Leben zu intervenieren und Institutionen zu verunsichern. Wie ist die Situation hinsichtlich Kampnagel? AD: Entspannt. Die AfD hatte im Dezember 2015 eine Strafanzeige gegen mich gestellt, die niedergeschlagen wurde. Es gab einen kleinen Übergriff von Identitären auf unserem Gelände und ab und an gibt es Schmierereien an unseren Außenwänden. In den kleinen schriftlichen Anfragen zur Kultur werden immer auch Anfragen zu Kampnagel gestellt, die typischerweise wenig Substanz haben.

Teil des künstlerischen und des Diskursprogramms. Am 19. Mai rufen die VIELEN in Hamburg zu einer großen Demonstration gegen Nationalismus und für Kunstfreiheit auf. Wie reagiert Ihr Publikum auf die Kampagne? AD: Ich denke, dass unser Publikum die Kampagne in größten Teilen unterstützt. Hamburg ist eine weltoffene und liberale Stadt, in der Rechtspopulist*innen wenig Zustimmung haben. Unser Publikum ist divers und offen, kunstaffin und diskussionsfreudig. Auf Kampnagel wird Demokratie lebendig praktiziert. Kampnagel ist ein weltweit bekanntes internationales Produktionshaus, das neben zeitgenössischen darstellenden Künsten auch Konzerte, Konferenzen und eine Vielzahl unterschiedlicher Festivals und Themenschwerpunkte präsentiert. Auf den sechs Kampnagel-Bühnen werden die Arbeiten internationaler Künstler*innen und die der

Gibt es in Hamburg und bei Kampnagel konkrete Aktionen und Veranstaltungen, die den Inhalt der Erklärung der Vielen sichtbar machen? AD: Auf Kampnagel haben wir eine Reihe zu institutionellem Rassismus gestartet, die in Vorträgen von Expert*innen strukturellen Rassismus in verschiedensten Institutionen beleuchtet. Im Kampnagel-Programm sind Diversität, Flucht, Migration verbunden mit Fragen zum Postkolonialismus während der gesamten Spielzeit 42

lokalen Hamburger Szene gezeigt. Das Programm bildet ein breites Spektrum an ästhetischen Positionen und wegweisenden Tendenzen ab, nicht nur in Theater, Tanz und Performance, sondern auch in Musik, Bildender Kunst und Architektur. Kampnagel ist ein produktives Labor für Ideenentwicklung, ein Think Tank und Ort für Kontroversen, der sich in die Gesellschaft öffnet und die ihn umgebende Realität in der Kunst verarbeitet. Das Haus ist deutschlandweit im Bündnis internationaler Produktionshäuser vernetzt und arbeitet global und lokal mit einer Vielzahl unterschiedlicher Kooperationspartner. Insgesamt finden auf Kampnagel über 900 Veranstaltungen pro Spielzeit statt, die 180.000 Besucher*innen auf das Gelände lockt.


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